Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2017 - 2 StR 536/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 6. Juni 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) in den Gesamtstrafenaussprüchen sowie
b) im Adhäsionsausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten I. wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung einer weiteren Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt, zugleich die Sicherungsverwahrung angeordnet und ihn im Übrigen freigesprochen. Den Angeklagten D. hat die Strafkammer ebenfalls wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung einer weiteren Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Zudem hat es eine den Angeklagten D. betreffende Adhäsionsentscheidung getroffen. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Rechtsmittel haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Die jeweiligen Schuldsprüche sowie die verhängten Einzelstrafen und die Anordnung der Sicherungsverwahrung sind frei von Rechtsfehlern. Hingegen begegnet der Gesamtstrafenausspruch hinsichtlich beider Angeklagter durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
- 3
- Das Landgericht hat wegen des abgeurteilten Tatvorwurfs gegen den Angeklagten I. eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und gegen den Angeklagten D. eine solche von sieben Jahren verhängt. Bei beiden Angeklagten hat es Strafen aus Vorverurteilungen zur Gesamtstrafenbildung herangezogen , beim Angeklagten I. eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten und beim Angeklagten D. eine solche von drei Jahren undsechs Monaten. Bei der Gesamtstrafenbildung hat die Strafkammer zwar den vom jeweiligen Vorderrichter angestellten Strafzumessungsgesichtspunkten „ausschlaggebende Bedeutung“ zugemessen, hat es aber versäumt, diese in den Urteilsgründen darzulegen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 – 4 StR 658/10). Damit ist es dem Senat nicht möglich, die getroffenen Gesamtstrafenentscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Dies führt – auch eingedenk des beschränkten Prüfungsmaßstabs bei der Überprüfung von Strafzumessungsentscheidungen – zur Aufhebung der Gesamtstrafenaussprüche.
- 4
- 2. Auch die Adhäsionsentscheidung hat keinen Bestand. Der Adhäsionsantrag ist nicht rechtzeitig nach § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO gestellt worden, was von Amts wegen zu beachten ist. Der Generalbundesanwalt hat hierzu zutreffend ausgeführt:
- 5
- „Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2016 hat der Vertreter der Nebenkläge- rin Adhäsionsanträge gegen die Angeklagten gestellt und zugleich unter seiner Beiordnung Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Adhäsionsverfahrens beantragt (Bd. XI, Bl. 370 d.A.). Die Anträge sind den Verteidigern der Angeklagten am 19. Februar 2016 zugestellt worden (Bd. XI, Bl. 93 d.A.). In der Hauptverhandlung vom 25. März 2015 erklärte der Nebenklägervertreter jedoch , dass die Adhäsionsanträge nur bedingt für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt seien (PB Bl. 25). Nachdem der Nebenklägerin mit Beschluss des Landgerichts vom 1. März 2016 Prozesskostenhilfe bewilligt wurde (Bd. XI, Bl. 104), erfolgte bis zum Beginn der Schlussvorträge keine weitere Antragstellung. Wird aber ein Adhäsionsantrag unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt, so ist nach erfolgter Bewilligung noch eine Antragstellung gemäß § 404 Abs. 1 StPO erforderlich. Denn das Prozesskostenhilfeverfahren führt weder zur Rechtshängigkeit der Anträge noch macht es die Fristenregelung des § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO gegenstandslos (BGH, Beschluss vom 23. Juli 2015 – 3 StR 194/15).“
- 6
- Dies führt zur Aufhebung der Adhäsionsentscheidung und – da auch hinsichtlich der Gesamtstrafenaussprüche zurückzuverweisen ist – auch hinsichtlich des zivilrechtlichen Teils des Urteils zur Zurückverweisung an das Landgericht (vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 2011 – 3 StR 255/11). Krehl Eschelbach Zeng Bartel Grube
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.
(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.
(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.
(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.
(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.