Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2012 - 2 StR 520/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision hat hinsichtlich des Maßregelausspruchs Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
- 3
- a) Die Ausführungen des Landgerichts belegen den erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen Hang und Straftat nicht. Mit der bloßen Bezugnahme auf die Aussage des Sachverständigen, wonach die Tat "wahrscheinlich" darauf zurückgehe, dass der Angeklagte Geld für "seinen Alkoholkonsum benötigte und er durch seinen Lebensstil gruppendynamischen Effekten unterlag" (UA S. 56), ist eine Symptomtat nicht sicher festgestellt. Hinzu kommt, dass die Einschätzung des Sachverständigen durch die Urteilsgründe nicht getragen wird. Vielmehr stellt die Kammer fest, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte die Tat unter Alkoholeinfluss begangen hat (UA S. 48). Auch ansonsten lassen sich den Feststellungen keine Hinweise auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Alkoholabhängigkeit und Anlasstat entnehmen.
- 4
- b) Darüber hinaus ist die auf die Gefahr der Begehung erheblicher rechtswidriger Straftaten zu beziehende Prognose mit der Annahme des Landgerichts , der Alkoholkonsum habe "bereits zu dissozialen Verhaltensformen geführt" (UA S. 56), nicht tragfähig begründet. Auch im Übrigen enthalten die Feststellungen zur Person, zu den Vorstrafen und zur Tat keine ausreichende Grundlage für die Annahme, der Angeklagte werde infolge seines Hangs erhebliche rechtswidrige Straftaten begehen.
- 5
- c) Schließlich hat das Landgericht bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht einer Maßnahme nach § 64 StGB den falschen Maßstab angewendet. Es kommt nicht darauf an, dass die "Entziehungskur" als "nicht aussichtslos im Sinne von § 64 Abs. 2 StGB" erscheint (UA S. 56), sondern es muss nach § 64 Satz 2 StGB eine hinreichend konkrete Aussicht gegeben sein, dass die Behandlung in der Entziehungsanstalt erfolgreich sein wird. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich auch nicht sicher entnehmen, dass das Landgericht bei seiner Beurteilung im Ergebnis von dem zutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen ist.
- 6
- 2. Der Schuldspruch war neu zu fassen, da ein nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 und 3 StGB qualifizierter Raub als "besonders schwer" zu bezeichnen ist (vgl. BGH NStZ 2010, 101; NStZ-RR 2009, 377). Außerdem war in die Urteilsformel (Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 260 Rn. 35 mN) gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB aufzunehmen, dass die in Polen erlittene Auslieferungshaft auf die verhängte Freiheitsstrafe im Verhältnis 1:1 (vgl. Senat, Beschluss vom 16. März 2011 - 2 StR 611/10; Fischer StGB 59. Aufl. § 51 Rn. 19 mwN) angerechnet wird.
- 7
- 3. Zur Frage der Besetzung verweist der Senat auf seine Urteile vom 11. Januar 2012 (2 StR 482/11) und vom 8. Februar 2012 (2 StR 346/11).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.
(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.
(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.
(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.
(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.