Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2014 - 2 StR 514/13

published on 08/01/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2014 - 2 StR 514/13
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 514/13
vom
8. Januar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. Januar 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 10. Juni 2013 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) im Strafausspruch im Fall II. 1. der Urteilsgründe,
b) im Gesamtstrafenausspruch,
c) im Maßregelausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen" Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. a) Die Strafzumessungserwägungen im Fall II. 1. der Urteilsgründe halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
Das Landgericht hat strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte "einen nichtigen Anlass gesucht (habe), um sein Gewaltpotential auszuleben" (UA S. 16). Das Landgericht hat dabei ersichtlich nicht gesehen, dass nach den Urteilsfeststellungen die Tat ihre Ursache in der erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten hat und dem Angeklagten daher der Umstand besonderer krimineller Energie auch nur eingeschränkt anzulasten ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 94/04, NStZ-RR 2004, 332, 333; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 46 Rn. 32 mwN).
4
Die weitere strafschärfende Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte sei zu der Tat durch das Opfer nicht provoziert worden, lässt zudem besorgen , dass dem Angeklagten – rechtsfehlerhaft – das Fehlen eines Strafmilderungsgrunds angelastet wird (vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 350).
5
b) Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zum Wegfall der im Fall II. 1. der Urteilsgründe verhängten Einsatzstrafe und zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Würdigung zu einer niedrigeren Einzelfreiheitsstrafe und auch zu einer geringeren Gesamtstrafe gelangt wäre.
6
Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird entsprechend den Ausführungen des Generalbundesanwalts bei der Gesamtstrafenbildung zu beachten haben, dass dem Strafbefehl des Amtsgerichts Mühlhausen vom 19. August 2011 Zäsurwirkung zukommt.
7
2. Der Maßregelausspruch hält ebenfalls rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) sind nicht hinreichend belegt.
8
Wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, mangelt es schon an einer hinreichend klaren Feststellung, welches Eingangsmerkmal des § 20 StGB erfüllt sein soll. Das Landgericht beschränkt sich auf die Mitteilung der vom Sachverständigen vorgenommenen Diagnose und der Symptome der festgestellten Störung. Allein die Diagnose des Sachverständigen ist aber nicht mit einem Eingangsmerkmal des § 20 StGB gleichzusetzen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Mai 2013 – 1 StR 71/13 und vom 12. November 2004 – 2 StR 367/04, BGHSt 49, 347, 352). Vielmehr sind der Ausprägungsgrad der Störung und ihr Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit entschei- dend. An einer tragfähigen Darlegung entsprechender Beurteilungsgrundlagen fehlt es.
Fischer Schmitt Mutzbauer
Eschelbach Zeng
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.