Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2015 - 2 StR 496/14
published on 05/02/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2015 - 2 StR 496/14
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Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR496/14
vom
5. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 5. Februar 2015 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Marburg vom 1. September 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hatte den Angeklagten in einem ersten Urteil wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt, sichergestellte Betäubungsmittel eingezogen und Wertersatzverfall in Höhe von 291.000,- € angeordnet. Der Senat hat diese Entscheidung mit Beschluss vom 29. April 2014 im Rechtsfolgenausspruch, mit Ausnahme der Einziehungsentscheidung, aufgehoben und die Revision des Angeklagten im Übrigen - unter Ergänzung eines Teilfreispruchs - verworfen. Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und Wertersatzverfall in Höhe von 291.000,- € angeordnet. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in vollem Umfang Erfolg.
- 2
- 1. Der Strafausspruch hält erneut rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 3
- Die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer haben durchweg moralisierenden Charakter, begründen damit die Gefahr einer gefühlsmäßigen, auf unklaren Überlegungen beruhenden Strafzumessung und lassen zudem erneut besorgen, dass das Landgericht das bloße Fehlen strafmildernder Umstände strafschärfend berücksichtigt hat.
- 4
- a) Die Strafkammer wirft dem Angeklagten unter anderem eine „nach wie vor anhaltende Verharmlosung des Konsums von Cannabis“ vor, wobei dies „um so befremdlicher erscheine, als er mit den Endverbrauchern … und deren möglichen Nöten mit schwierigen psychischen Zuständen keine Berührung gehabt , sondern als bloßer Zwischenhändler agiert habe, sich aber zur Legitimation seines Handelns gerade auf die heilsamen Wirkungen des Cannabis berufen habe“. Diese Formulierungen lassen nicht nur besorgen, die Strafkammer werfe ihm damit die bloße Begehung der von ihm eingeräumten Veräußerung von Cannabis vor; sie werden auch nicht von der an anderer Stelle mitgeteilten Erklärung des Angeklagten getragen, der u.a. auf eine Petition zur Entkriminalisierung von Cannabis und eine deutlich geringere Gefährlichkeit dieses Rauschmittels gegenüber dem Alkohol und damit in zulässiger Weise auf eine bestehende Diskussion um den Umgang mit der Droge Cannabis hingewiesen hat. Daraus auf eine dem Angeklagten vorzuwerfende „Verharmlosung des Konsums von Cannabis“ zu schließen, liegt fern.
- 5
- b) Das Landgericht erachtet eine Reihe von Umständen nicht für strafschärfend , misst ihnen allerdings auch keine mildernde Wirkung zu. Die Strafkammer hat in diesem Zusammenhang ausgeführt:
- 6
- „Der Angeklagte hat die Taten aus dem einzigen Grund begangen,um sich zu bereichern; das ist zwar Teil des Merkmals des Handeltreibens, hat aber auch nicht die denkbare mildernde Bedeutung, wie es der Fall wäre, wenn der Angeklagte ohne Motivation gehandelt hätte, Geld zu erlangen, etwa wenn er ohne Gewinnerzielungsabsicht nur für seinen Verbrauch - zumal wenn er sich als süchtig erlebt hätte - und den von wenigen Bekannten oder Freunden, oder gar nur mit dem Motiv, anderer Leute Schmerzen oder Unwohlgefühlen abzuhelfen, gehandelt hätte.“
- 7
- Diese Erwägungen lassen - ähnlich wie schon in der ersten vom Senat aufgehobenen Entscheidung - wiederum besorgen, dass die Strafkammer zu Lasten des Angeklagten das bloße Fehlen der genannten strafmildernden Umstände berücksichtigt hat. Soweit das Landgericht darüber hinaus anführt, die Bereicherungsabsicht des Angeklagten habe nicht die „denkbare mildernde Bedeutung“ wie bei einem Handeln ohne Gewinnerzielungsabsicht, handelt es sich um kaum nachvollziehbare und letztlich unzulässige Erwägungen zu Ungunsten des Angeklagten. Die Gewinnerzielungsabsicht ist Teil des Handeltreibens , eine mildernde Bedeutung kann ihr insoweit nicht zukommen. Ein Handeln ohne Gewinnerzielungsabsicht lässt den Tatbestand entfallen; wird dem Täter angelastet, es hätte sich (stärker) zu seinen Gunsten ausgewirkt, wenn er ohne die Absicht der Gewinnerzielung gehandelt hätte, liegt darin die zweifelhafte Erwägung, es sei „nicht mildernd“, dass der Tatbestand erfüllt sei.
- 8
- c) Die Strafkammer hat zu Gunsten des Angeklagten seine Haftempfindlichkeit berücksichtigt, dies aber nur eingeschränkt, weil dem Angeklagten bekannt gewesen sei, dass ihn im Falle der Aufdeckung eine erhebliche Strafe erwarten würde. Die Kenntnis des Angeklagten von der Strafbarkeit seines Handelns wirkt sich in der Sache demnach strafschärfend aus, ohne dass es hierfür einen rechtfertigenden Grund gäbe. Das Bewusstsein, Unrecht zu tun (vgl. § 17 StGB), ist Voraussetzung für die Strafbarkeit die Strafgesetze verletzender Verhaltensweisen; es gibt demnach keinen Anlass, dem Täter die Kenntnis von der Strafbarkeit seines Tuns strafschärfend anzulasten.
- 9
- 2. Der Ausspruch über den Wertersatzverfall erweist sich als fehlerhaft, weil die Strafkammer es entgegen der vom Senat bindend seiner vorangegangenen Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsansicht versäumt hat, die Verurteilung des Angeklagten als Gesamtschuldner auszusprechen. Dass dies möglich ist, ohne dass der Mitverfügungsgewalt innehabende Mittäter schon verurteilt sein muss oder zumindest gleichzeitig verurteilt wird, ergibt sich ohne Weiteres aus der vom Senat dort in Bezug genommenen Entscheidung (BGH, Beschluss vom 25. September 2013 - 4 StR 351/13).
- 10
- 3. Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Strafausspruches und der Entscheidung über den Wertersatzverfall. Davon erfasst werden auch die von der Strafkammer getroffenen Feststellungen, so dass der neue Tatrichter Gelegenheit erhält, ohne moralisierende Umschreibungen eine § 46 StGB entsprechende Strafe zuzumessen.
Eschelbach Zeng
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(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um
Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
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(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um
Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
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published on 25/09/2013 00:00
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published on 24/08/2017 00:00
Tenor
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Coburg vom 14. Februar 2017 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlu
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Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.