Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2016 - 2 StR 487/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. März 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte S. des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen sowie des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in weiteren zehn Fällen schuldig ist;
b) im Strafausspruch dahin geändert, dass die im Fall II. 13 der Urteilsgründe verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten entfällt. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einem früheren Urteil zu einer (ersten) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf weiteren Fällen zu einer (zweiten) Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 12.000 Euro angeordnet. Die dagegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu einer Korrektur des Schuldspruchs und dem Entfallen einer Einzelstrafe. Im Übrigen ist die Revision aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
- 3
- 1. Nach den Feststellungen handelte der Angeklagte im großen Umfang mit Rauschgift. Im Mai 2014 erwarb er bei seinem Lieferanten in den Niederlanden 1 kg Marihuana sowie 2 kg Amphetamin. Das gesamte Marihuana sowie 1 kg des Amphetamins veräußerte er unmittelbar an seinen Abnehmer in Deutschland gewinnbringend weiter (Fall II. 11 der Urteilsgründe). Das zweite Kilogramm Amphetamin lagerte er zunächst ein. Im Juni 2014 erwarb und veräußerte er ein weiteres Kilogramm Marihuana in gleicher Weise an denselben Abnehmer (Fall II. 12 der Urteilsgründe). Im Juli 2014 bezog er von seinem niederländischen Lieferanten erneut 1 kg Marihuana, das er im Folgendem zusammen mit dem von ihm zwischengelagerten zweiten Kilo Amphetamin aus dem Einkauf im Mai 2014 weiterveräußerte (Fall II. 13 der Urteilsgründe).
- 4
- 2. Die Annahme des Landgerichts, es habe sich in den Fällen II. 11 bis 13 um jeweils selbständige Taten gehandelt, hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die in den Fällen II. 11 und 13 verkauften Amphetaminmengen bilden - weil im Mai 2014 in einem Vorgang erworben - eine Bewertungseinheit. Alle Betätigungen, die sich auf den Betrieb derselben, in einem Akt erworbenen Menge an Betäubungsmitteln richten, werden als Bewertungseinheit zu einer Tat des Handeltreibens verbunden, weil der Erwerb und der Besitz von Betäubungsmitteln , die zum Zwecke gewinnbringender Veräußerung bereitgehalten werden, bereits den Tatbestand des Handeltreibens in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllen. Zu dieser Tat gehören als unselbständige Teilakte alle späteren Veräußerungsgeschäfte, soweit sie dasselbe Rauschgift betreffen (st. Rspr. vgl. etwa BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 - 3 StR 467/15 mwN).
- 5
- Nach diesen Grundsätzen besteht zwar hinsichtlich der in den Monaten Mai bis Juli 2014 jeweils in gesonderten Akten erworbenen und anschließend gesondert veräußerten Marihuanamengen für sich genommen keine Bewertungseinheit. Indem aber der Angeklagte die aus dem Einkauf im Fall II. 11 stammende Restmenge von 1 kg Amphetamin zusammen mit dem im Fall II. 13 erworbenen Marihuana gemeinsam weiterveräußert hat, ist nach den von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätzen zur Bewertungseinheit eine einheitliche Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gegeben (BGH, Beschluss vom 27. September 2011 - 4 StR 421/11, NStZ-RR 2012, 24, 25 mwN; Körner /Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 313).
- 6
- Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung und zum Entfall der im Fall II. 13 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe. Die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt hiervon unberührt, da die zutreffende Bestimmung des Konkurrenzverhältnisses zu keiner Veränderung des Un- rechts- und Schuldumfangs führt (vgl. Senatsbeschluss vom 8. September 2015 - 2 StR 79/15; BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 - 3 StR 167/14, wistra 2015, 148, 151). Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.