Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Okt. 2017 - 2 StR 334/17
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 26. Oktober 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung und zur tateinheitlich begangenen Zuhälterei unter Einbeziehung der Strafe aus einem früher ergangenen Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr, sechs Monaten und zwei Wochen verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel ist unbegründet, soweit es sich gegen den Schuldspruch und die Strafzumessung richtet (§ 349 Abs. 2 StPO); es führt aber zur Aufhebung des Urteils, soweit das Landgericht von eine Strafaussetzung zur Bewährung abgesehen hat.
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- 1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Vollstreckung der Strafe könne nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, weil bei einer Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten keine besonderen Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB vorlägen. Dafür genüge nicht, dass er nunmehr eine Anstellung im Sicherheitsgewerbe gefunden und nur Beihilfe zur Tat seines Bruders geleistet habe. Auch eine Gesamtschau aller Strafmilderungsgründe ergebe keine besonderen Umstände; denn der Angeklagte habe „in der Hauptverhandlung nicht ansatzweise den Eindruck erweckt, dass er das Unrecht seines strafbaren Verhaltens einsehe und dieses bereue oder dass er auch nur geringes Mitgefühl mit der Geschädigten Zeugin M. entwickelt“ habe.
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- 2. Diese Begründung weist Rechtsfehler auf.
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- a) § 56 Abs. 1 und 2 StGB ermöglicht es dem Gericht, bei Vorliegen einer günstigen Legalprognose und besonderer, in der Tat oder der Persönlichkeit des Angeklagten liegender Umstände auch die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren zur Bewährung auszusetzen. Dabei sind die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 StGB vorrangig zu prüfen (vgl. Senat, Beschluss vom 9. April 2015 - 2 StR 424/14, BGHR StGB § 56 Abs. 2 Sozialprognose 6). Daran fehlt es hier.
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- b) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet ferner die Bewertung des Eindrucks des Angeklagten in der Hauptverhandlung, obwohl dieser keine Angaben zur Sache gemacht hat. Es steht dem Angeklagten frei, sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Macht er von seinem Schweigerecht Gebrauch, darf dies nicht zu seinem Nachteil gewertet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2015 - 3 StR 344/15, NStZ 2016, 220 f. mwN). Der unbefangene Gebrauch des Schweigerechts wäre nicht gewährleistet, wenn der Angeklagte die Prüfung der Gründe hierfür befürchten müsste. Deshalb dürfen aus der Aussageverweigerung keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden. Die Urteilsgründe lassen besorgen, dass das Landgericht dies verkannt hat.
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- 3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Ablehnung einer Strafaussetzung zur Bewährung auf den Rechtsfehlern beruht. Appl Krehl Eschelbach Bartel Grube
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.