Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2015 - 2 StR 317/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts - zu Ziffer 3. auf dessen Antrag - und des Beschwerdeführers am 2. Dezember 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Gegen die Verurteilung richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Die von dem Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen haben aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 7. August 2015 keinen Erfolg.
- 3
- 2. Der Schuldspruch weist keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
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- 3. Der Strafausspruch hat keinen Bestand. Gemäß § 46 Abs. 2 StGB hat das Tatgericht die Umstände gegeneinander abzuwägen, die für oder gegen den Täter sprechen. Eine ungewöhnlich hohe Strafe bedarf dementsprechend einer besonderen Rechtfertigung in den Urteilsgründen, die die Abweichung vom Üblichen vor dem Hintergrund der Besonderheiten des jeweiligen Falles verständlich macht (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2012 - 5 StR 264/12, StraFo 2012, 419, und vom 20. September 2010 - 4 StR 278/10, NStZRR 2011, 5 mwN). Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. In Anbetracht der gravierenden mildernden Faktoren - der Angeklagte handelte spontan , alkoholisch enthemmt und affektiv erregt; die Verletzungen der geschädigten Zeugin G. , die zum Tatzeitpunkt mit ihm in einer langjährigen Beziehung gelebt hat, sind bis auf eine Narbe folgenlos ausgeheilt; der Angeklagte ist lediglich wegen Beleidigung unwesentlich vorbestraft und Erstverbüßer - hätte die Festsetzung der angesichts vergleichbarer Fälle ungewöhnlich hohen Freiheitsstrafe eingehender Begründung bedurft. Dies gilt auch eingedenk des erheblichen Unrechtsgehalts der Straftat.
- 5
- Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht zudem ausgeführt, dass „nach Auffassung der Kammerwährend des Verlaufs des Verfahrens zu unterschiedlichen Zeitpunkten seitens der Familie des Angeklagten wiederholt versucht worden ist, auf die Zeugin G. einzuwirken und diese in ihrem Aussageverhalten zu beeinflussen. Dieses Ausüben von Druck war jedoch nicht zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen, da insoweit nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Angeklagte seinerseits […] Einfluss genommen hätte“ (UA S. 54).
- 6
- Der Senat kann nicht nur nicht ausschließen, dass diese gänzlich überflüssigen Erwägungen, aus denen andererseits nicht ersichtlich wird, inwieweit die vielfältigen und ambivalenten Aussagen der Geschädigten (vgl. UA S. 15 f., 18 f., 21, 23 f.,32 f., 35), die wiederholt darauf gedrungen hat, dass der Angeklagte nicht bestraft wird, ausreichend berücksichtigt worden sind, und sich somit für den Angeklagten letztlich doch nachteilig bei der Bemessung der Freiheitsstrafe ausgewirkt haben. Sofern das mangelnde Bestrafungsinteresse der Geschädigten (auch) selbstmotiviert gewesen sein sollte, dürfte dieses zudem als weiterer mildernder Faktor in die Strafzumessung einzustellen sein.
- 7
- Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da lediglich Wertungsfehler vorliegen. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese den bisherigen nicht widersprechen.
- 8
- Nach Wegfall der Zuständigkeit des Schwurgerichts verweist der Senat die Sache entsprechend § 354 Abs. 3 StPO an eine allgemeine Strafkammer zurück (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 354 Rn. 42 mwN).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.