Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2018 - 2 StR 176/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts – zu Ziffer 2. auf dessen Antrag – am 28. März 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
a) die Angeklagten jeweils wegen Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig sind,
b) die Angeklagten N. , P. , Ng. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt werden,
c) der Angeklagte Ph. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt wird. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen. 3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten D. , N. , P. , Ng. und Ph. jeweils wegen Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig gesprochen und die Angeklagten N. , P. , Ng. zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren und drei Monaten, den Angeklagten D. zu einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe von zwei Jahren und den Angeklagten Ph. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Außerdem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen ein unbekannt gebliebener Chinese und der vietnamesische Staatsangehörige T. im Juni/Juli 2014 überein, gemeinsam mit dem gesondert verfolgten A. N. und weiteren Personen in Gewinnerzielungsabsicht eine illegale Cannabisplantage zu betreiben. Der Mitangeklagte X. N. war in diese Abrede eingebunden; er sollte gegen finanzielle Beteiligung am Aufbau der Plantage mitwirken und den Kontakt zwischen den vor Ort tätigen „Pflanzhelfern“ und den Hintermännern halten.
- 3
- A. N. wandte sich bei der Suche nach einem geeigneten Gebäude an den mit ihm befreundeten V. N. , der einen Kontakt zu dem ihm seit langem bekannten Mitangeklagten G. herstellte. G. wiederum sprach Ende Oktober/Anfang November 2014 den Mitange- klagten Ne. an, dem ein großes Gewerbeobjekt in S. mit teilweisemLeerstand gehörte und der G. noch einen Betrag von 6.000 € schuldete. Nach Besichtigung des Objekts und weiteren Treffen der Beteiligten wurde vereinbart, dass der Angeklagte Ne. die Räumlichkeiten auf unbestimmte Zeit überlassen und für jede Ernte einen Betrag von 70.000 € erhalten sollte. Spätestens ab 20. November 2014 wurde nach vorangegangener Planung die Anlage in den Kellerräumen des Objekts technisch eingerichtet. Darin waren jedenfalls X. N. , G. und auch Ne. beteiligt. In sechs Aufzuchträumen pflanzten und pflegten ab 12. Dezember 2014 die Angeklagten D. , N. , P. , Ng. und Ph. in zwei Anbauvorgängen insgesamt 2201 Cannabispflanzen. Der Anbau für die zweite Ernte begann, noch bevor die erste Anpflanzung abgeerntet war, am 21. Januar 2015. Der Betrieb der Plantage vor Ort wurde im Übrigen von V. N. , X. N. und dessen Lebensgefährtin sowie von G. organisiert. Ne. wurde in wichtigen Fragen zum Aufbau und laufenden Betrieb der Anlage einbezogen. Alle Genannten waren auch um Weihnachten 2014 herum an der Beseitigung eines aufgetretenen Wasserschadens beteiligt.
- 4
- 2. Die Verurteilung der als Erntehelfer tätigen Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält rechtlicher Nachprüfung stand. Hingegen begegnet die Annahme des Landgerichts durchgreifenden rechtlichen Bedenken, die Angeklagten hätten sich insoweit wegen zweier tatmehrheitlicher Fälle der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge strafbar gemacht.
- 5
- a) Zwar stellen die beiden in der Plantage durchgeführten Anbauvorgänge für sich genommen jeweils rechtlich selbständige Taten des (bandenmäßigen ) Handetreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge dar (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 407/12), woran auch der Umstand , dass die Anbauvorgänge sich zeitlich überschnitten haben, nichts ändert (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2015 – 3 StR 546/14, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 2). Nach den Feststellungen des Landgerichts hat allerdings weder einer der als Mittäter abgeurteilten Mitangeklagten in seiner Person (vgl. dazu Urteil und Beschluss des Senats vom heutigen Tag – 2 StR 176/17) noch ein weiterer Tatbeteiligter (vgl. insoweit auch Senat, Beschluss vom 22. Februar 2017 – 2 StR 291/16) zwei selbständige Taten des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens in nicht geringer Menge begangen, zu denen die Angeklagten D. , N. , P. , Ng. und Ph. als Pflanzhelfer Beihilfe geleistet haben könnten. Die Strafbarkeit wegen Beihilfe ist akzessorisch und setzt eine rechtswidrige, vom Haupttäter vorsätzlich begangene Tat voraus (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 27, Rn. 3). Haben die als Haupttäter in Betracht kommenden Personen jeweils nur eine Tat begangen, weil sich ihre Tatbeiträge jeweils auf beide Anbauvorgänge bezogen und entsprechend ausgewirkt haben, können damit auch die Angeklagten D. , N. , P. , Ng. und Ph. nur Beihilfe zu einer Tat des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens begangen haben.
- 6
- Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht dem nicht entgegen. Die Angeklagten hätten sich nicht anders als geschehen verteidigen können.
- 7
- b) Die Korrektur des Schuldspruchs führt bei den Angeklagten N. , P. , Ng. und Ph. jeweils zum Wegfall der festgesetzten Einzelstrafen. Der Senat setzt jedoch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die im Übrigen ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten gebildeten Gesamtfreiheitsstrafen als Einzelstrafe fest. Die geänderte konkurrenzrechtliche Bewertung lässt den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat unberührt. Der Senat schließt deshalb aus, dass der Tatrichter bei Annahme von Tateinheit statt Tatmehrheit auf niedrigere Strafen erkannt hätte. Die abweichende konkurrenzrechtliche Bewertung lässt im Übrigen den beim Angeklagten D. festgestellten Erziehungsbedarf unberührt, so dass die darauf abgestellte Jugendstrafe Bestand hat.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.