Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Jan. 2005 - 1 StR 563/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt.
Nachdem der Angeklagte zunächst über seinen Verteidiger Revision gegen das Urteil des Landgerichts eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 16. August 2004 begründet hatte, nahm er das Rechtsmittel mit einem am 20. September 2004 beim Landgericht eingegangenen eigenhändigen Schreiben zurück. In dem Schreiben erklärte der Angeklagte: "Ich möchte meine Revision zurücknehmen, da ich mit mein Urteil 1 Jahr 9 Monate einverstanden bin. Ich bitte sie, schicken sie mir mein Urteil. Ich Danke im voraus“. Auf das Schreiben des Vorsitzenden der Jugendkammer vom 22. September 2004 teilte der Verteidiger mit, daß weder die Eltern des Angeklagten als dessen gesetzliche Vertreter noch er selbst Kenntnis von der Revisionsrücknahme hätten. Auch sei eine entsprechende Absprache mit dem Angeklagten nicht erfolgt, weshalb weder die Eltern des Angeklagten noch er mit der Rücknahme der Revision "einverstanden" seien.
Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten ist eindeutig. Damit ist das Urteil gegen den Angeklagten rechtskräftig geworden. Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten erstreckt sich stets auch auf das Rechtsmittel des Verteidigers. Der jugendliche Angeklagte kann sein Rechtsmittel auch ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zurücknehmen (Meyer-Goßner StPO 47. Aufl. § 302 Rdn. 3). Dem steht nicht entgegen, daß die dem Verteidiger erteilte Vollmacht des Angeklagten von dessen Eltern als gesetzliche Vertreter unterschrieben worden war. Zwar stand den Eltern des Angeklagten als gesetzliche Vertreter gemäß § 298 StPO ein eigenes Recht auf Rechtsmitteleinlegung zu. Hiervon haben sie jedoch keinen Gebrauch gemacht. Die vom Verteidiger eingelegte Revision erfolgte ausschließlich namens und in Vollmacht des Angeklagten. Es sind keine Gesichtspunkte dafür ersichtlich, daß der Angeklagte bei Rücknahme des Rechtsmittels verhandlungsunfähig gewesen wäre. Der Angeklagte hatte aktiv an der Verhandlung mitgewirkt und sich, wie den Urteilsgründen entnommen werden kann, umfangreich eingelassen und ein Geständnis abgelegt. Die Rechtsmittelrücknahme führt zum Verlust des Rechtsmittels. Sie kann als Prozeßhandlung nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden. Der nunmehr behauptete Beweggrund, der den Angeklagten zur Abgabe seiner Rücknahmeerklärung veranlaßt haben soll, ist ohne Einfluß auf deren Rechtswirksamkeit (BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 2). Der Senat hat daher ausgesprochen, daß die Revision wirksam zurückgenommen worden ist.
Der Schriftsatz des Verteidigers vom 11. Januar 2005 hat vorgelegen.
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Annotations
(1) Der gesetzliche Vertreter eines Beschuldigten kann binnen der für den Beschuldigten laufenden Frist selbständig von den zulässigen Rechtsmitteln Gebrauch machen.
(2) Auf ein solches Rechtsmittel und auf das Verfahren sind die für die Rechtsmittel des Beschuldigten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.