Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Nov. 2011 - 1 StR 528/11
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Nach Verwerfung der Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO macht der Verteidiger vergeblich eine Gehörsverletzung geltend, weil er von einer Erwiderung auf den Antrag des Generalbundesanwalts nur abgesehen habe, weil dort keine Frist hierfür gesetzt worden sei und auch der Senat hierzu keine Gelegenheit eingeräumt habe.
- 2
- Nach Zugang des Antrags bestand gemäß § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO die (hier nicht genutzte) Gelegenheit zur Gegenerklärung binnen zwei Wochen. Ebenso wenig wie diese Frist verlängert werden kann (BGH, Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 StR 8/07, wistra 2007, 231 mwN), muss der Generalbundesanwalt über sie belehren. Entsprechend hatte der Senat ohne weiteres nach Fristablauf zu entscheiden. Dies muss ein Verteidiger wissen (vgl. BGH aaO).
- 3
- Eine, hier auch nicht beantragte, Wiedereinsetzung wegen dem Angeklagten nicht anzulastenden Verteidigerverschuldens käme (auch abgesehen von der nicht nachgeholten Stellungnahme) nach dem rechtskräftigen Verfah- rensabschluss nicht mehr in Betracht (BGH, Beschluss vom 19. November 2008 - 1 StR 593/08 mwN).
Jäger Sander
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Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Nov. 2011 - 1 StR 528/11 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Senat hat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 24. Mai 2006 mit Beschluss vom 14. Februar 2007 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der darauf gerichtete Antrag des Generalbundesanwalts war dem Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt F. , am 26. Januar 2007 zugestellt worden. Mit einem beim Bundesgerichtshof am 22. Februar 2007 eingegangenen Schriftsatz hat Rechtsanwalt F. eine Anhörungsrüge nach § 356a StPO erhoben und trägt hierzu vor: Die Gegenäußerungsfrist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO sei zwar gewahrt, das Gebot des fairen Verfahrens erfordere es hier jedoch - insbesondere angesichts der zugrunde liegenden Problematik der Amtsträgereigenschaft -, der Verteidigung eine längere Frist zur Abgabe einer Gegenerklärung zu gewähren , zumal der Generalbundesanwalt seit der Ausführung der Sachrüge zwei Monate zur Bearbeitung zur Verfügung gehabt habe.
- 2
- Die Rüge ist unbegründet. Ein Fall des § 356a StPO liegt nicht vor. Der Verteidiger hatte, nachdem ihm der Antrag des Generalbundesanwalts am 26. Januar 2007 zugestellt worden war, von Gesetzes wegen bis zum 9. Februar 2007 Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO). Der Senat war deshalb nicht gehindert, am 14. Februar 2007 - auch bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich Rechtsanwalt F. nicht mehr geäußert - über die Revision zu entscheiden. Die Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO kann nicht verlängert werden (Senat, Beschluss vom 6. Dezember 2006 - 1 StR 532/06; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 349 Rdn. 17). Es entspricht der - verfassungsrechtlich gebotenen (vgl. BVerfG NJW 2006, 668, 669; 672, 673; 1336, 1337 f.) - Praxis des Senats, baldmöglichst nach Ablauf der Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO zu entscheiden. Dies muss ein Strafverteidiger wissen und, wenn er größeren Arbeitsaufwand für eine Gegenäußerung sieht, sich entsprechend einrichten.
- 3
- Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. Senat aaO m.w.N.). Nack Wahl Boetticher Kolz Elf
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Senat hat durch den beanstandeten Beschluss die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 18. Juni 2008 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
- 2
- Die Revision hält rechtliches Gehör für verletzt. Die Revisionsbegründung vom 27. August 2008, ein weiterer Schriftsatz vom 26. September 2008 und die Erwiderung vom 4. November 2008 auf den Antrag des Generalbundesanwalts (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) - bei den Schriftsätzen vom 26. September 2008 und 4. November 2008 handelt es sich um Auszüge handschriftlicher Schreiben des Angeklagten an seine Verteidigerin, die diese dem Senat ohne weitere Ausführungen mit dem Bemerken vorlegte, sie übernehme für den Inhalt die Verantwortung - enthielten „erhebliche Rügen“. Daraus, so folgert sie, ohne dies freilich mit konkreten Erwägungen nachvollziehbar darzulegen, ergebe sich, dass der Senat das „tatsächliche Vorbringen offensichtlich überhaupt nicht“ zur Kenntnis genommen und erwogen habe.
- 3
- Hinsichtlich der Revisionsbegründung und des Schriftsatzes vom 26. September 2008 ist dies falsch.
- 4
- Die Gegenerklärung vom 4. November 2008 hat die Verteidigerin beim Landgericht eingereicht, obwohl § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO ausdrücklich bestimmt , dass eine etwaige Gegenerklärung „beim Revisionsgericht“ einzureichen ist. Dies führte dazu, dass sie dem Senat nicht vorlag, als er nach Ablauf der Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO über die Revision entschied. Die Gegenerklärung ging erst einen Tag vor Eingang der Anhörungsrüge beim Bundesgerichtshof ein.
- 5
- Der Senat konnte bei seiner Entscheidung jedoch nur berücksichtigen, was ihm vorlag (vgl. BGH NStZ 1993, 552). Er hat nicht dadurch rechtliches Gehör verletzt, dass die Verteidigerin ihre Gegenerklärung nicht an die im Gesetz vorgeschriebene Stelle gerichtet hat (vgl. auch Kuckein in KK 6. Aufl. § 356a Rdn. 6).
- 6
- Eine, hier auch nicht beantragte, Wiedereinsetzung unter dem Gesichtspunkt vom Angeklagten nicht zu vertretenden Verteidigerverschuldens käme nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nicht mehr in Betracht (BGH aaO; BGHR StPO § 33a Anhörung 1 m.w.N.).
- 7
- Der Senat bemerkt jedoch, dass der Inhalt des Briefes des Angeklagten an seine Verteidigerin die Verwerfung der Revision als unbegründet auch dann nicht in Frage gestellt hätte, wenn die Gegenerklärung der Verteidigerin dem Senat rechtzeitig vorgelegen hätte. Selbst wenn also - was aus den dargelegten Gründen nicht der Fall ist - hinsichtlich der Gegenerklärung rechtliches Gehör verletzt wäre, wäre dies daher, anders als dies ein erfolgreicher Antrag gemäß § 356a StPO voraussetzt, nicht in entscheidungserheblicher Weise geschehen (vgl. Kuckein aaO Rdn. 5 m.w.N.).
- 8
- Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 465 StPO (vgl. Kuckein aaO Rdn. 14 m. w. N.). Nack Wahl Elf Graf Sander