Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2005 - 1 StR 523/04

published on 26/01/2005 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2005 - 1 StR 523/04
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 523/04
vom
26. Januar 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Januar 2005 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Karlsruhe vom 23. April 2004 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zu der das Selbstleseverfahren betreffenden
Verfahrensrüge:
Zu Recht rügt die Revision eine Verletzung der Vorschriften über
das Selbstleseverfahren (§ 249 Abs. 2 StPO). Die Schöffen hatten
der Sitzungsniederschrift zufolge nur "Gelegenheit", das schriftliche
Gutachten von Prof. Dr. F. zur Kenntnis zu nehmen.
Nach § 249 Abs. 2 StPO ist jedoch erforderlich, daß die Schöffen
tatsächlich vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis nehmen, diese also
lesen. Der Vorsitzende muß die entsprechende Feststellung
über die Kenntnisnahme in das Protokoll aufnehmen (§ 249
Abs. 2 Satz 3 StPO). Dabei handelt es sich um eine wesentliche
Förmlichkeit im Sinne des § 273 StPO (vgl. BGHR StPO § 249
Kenntnisnahme 1; BGH, Beschluß vom 21. September 1999 -
1 StR 389/99 = NStZ 2000, 47; BGH, Beschluß vom 7. Juni 2000 -
3 StR 84/00 - unter Ziff. IV. 1.; Beschluß vom 24. Juni 2003
Der Senat schließt jedoch aus, daß das Urteil auf diesem verfahrensrechtlichen
Mangel beruhen kann. Das Selbstleseverfahren
war hinsichtlich der "Äußerungen des Angeklagten" angeor dnet
worden, die im schriftlichen Gutachten des Prof. Dr. F. festgehalten
sind. Diese werden in der Beweiswürdigung - jedenfalls
nicht ausdrücklich mit dieser Quellenangabe - nicht aufgeführt.
Die Feststellungen zum Werdegang des Angeklagten und zu seinen
persönlichen Verhältnissen beruhen vielmehr den Urteilsgründen
zufolge auf seiner eigenen Einlassung (vgl. UA S. 25).
Dabei können ihm durchaus auch Vorhalte aus seinen Angaben
bei Prof. Dr. F. gemacht worden sein, die nicht protokollierungspflichtig
sind. Jedenfalls dem Sachverständigen Dr. S.
ist das vorläufige schriftliche Gutachten von Prof. Dr. F. in
der Hauptverhandlung teilweise vorgehalten worden (UA
S. 40/41). Die Besonderheiten in der Entwicklung des Angeklagten
und in seiner Persönlichkeit sind in den Urteilsgründen wiedergegeben.
Der Sachverständige hat narzißtische Persönlichkeitszüge
gefunden und weiter ausgeführt, der Angeklagte leide
an "keinerlei psychiatrisch relevanter Erkrankung"; auch liege
"keine psychiatrisch relevante Persönlichkeitsstörung" vor.
Selbst wenn - wie die Revision meint - hinzugenommen würde,
daß man ihm "eine zutiefst zerrissene Persönlichkeit", "Züge
zwanghaften Verhaltens" und "Depressionen" attestieren würde,
was die Revision dem schriftlichen Gutachten von Prof.
Dr. F. entnehmen möchte, ist sicher auszuschließen, daß
dann die besondere Schwere der Schuld von der Strafkammer
nicht angenommen worden wäre. Darauf aber will die Revision
hinaus. Da der Angeklagte seinen Tatentschluß bereits am Vortag
faßte und ihn am nächsten Morgen konsequent umsetzte, weiter
eingedenk dessen, daß er nicht nur heimtückisch
K. mit seinem Samuraischwert erschlug und anschließend
dasselbe bei weiteren Frauen versuchte, die nur knapp und
aufgrund glücklicher Umstände dem Tod entrinnen konnten und
zum Teil fortan für ihr Leben auf das Schwerste gezeichnet sind,
steht die besondere Schwere der Schuld nach revisionsrechtlichen
Maßstäben außer jeder Frage (vgl. im übrigen auch § 354
Abs. 1a Satz 1 StPO).
Nack Wahl Boetticher
Schluckebier Elf
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesu

(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind. (2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesu

(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind. (2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen
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published on 26/01/2005 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 523/04 vom 26. Januar 2005 in der Strafsache gegen wegen Mordes u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Januar 2005 beschlossen : Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts K
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind.

(2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen werden, wenn die Richter und Schöffen vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu Gelegenheit hatten. Widerspricht der Staatsanwalt, der Angeklagte oder der Verteidiger unverzüglich der Anordnung des Vorsitzenden, nach Satz 1 zu verfahren, so entscheidet das Gericht. Die Anordnung des Vorsitzenden, die Feststellungen über die Kenntnisnahme und die Gelegenheit hierzu und der Widerspruch sind in das Protokoll aufzunehmen.

(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.

(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.

(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind.

(2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen werden, wenn die Richter und Schöffen vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu Gelegenheit hatten. Widerspricht der Staatsanwalt, der Angeklagte oder der Verteidiger unverzüglich der Anordnung des Vorsitzenden, nach Satz 1 zu verfahren, so entscheidet das Gericht. Die Anordnung des Vorsitzenden, die Feststellungen über die Kenntnisnahme und die Gelegenheit hierzu und der Widerspruch sind in das Protokoll aufzunehmen.