Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Mai 2015 - 1 StR 429/14

published on 20/05/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Mai 2015 - 1 StR 429/14
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 4 2 9 / 1 4
vom
20. Mai 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Mai 2015 beschlossen:
Die Revision desAngeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 31. Januar 2014 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift bemerkt der Senat: 1. Soweit geltend gemacht wird, die Angaben des Zeugen Ö. in der Hauptverhandlung hätten nach dessen Erklärung, nunmehr von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen zu wollen, nicht verwertet werden dürfen, verkennt die Revision die Reichweite des § 252 StPO. Der Widerruf des Verzichts auf das Zeugnisverweigerungsrecht in der Hauptverhandlung führt nicht zur Unverwertbarkeit der davor getätigten Angaben des Zeugen in der Hauptverhandlung (BGH, Urteile vom 15. Januar 1952 – 1 StR 341/51, BGHSt 2, 99, 107; und vom 28. Januar 2004 – 2 StR 452/03, NJW 2004, 1466, 1467). Soweit die Rüge hingegen mit der Angriffsrichtung geführt wird, aufgrund dieses Widerrufs hätten Angaben des Zeugen bei einer nichtrichterlichen Zeugenvernehmung nicht über die Vernehmungsbeamten eingeführt werden dürfen, genügt sie schon nicht den Vortragserfordernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Denn der Inhalt der Vernehmung, deren Verwertung beanstandet wird, ist nicht vorgetragen. Ihr Inhalt ergibt sich auch nicht mit der erforderlichen Klarheit aus den Urteilsgründen, auf die wegen der zulässig erhobenen Sachrüge zurückgegriffen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 3. September 2014 – 1 StR 145/14, NStZ 2015, 227, 229). Jedenfalls kann ein Beruhen des Urteils auf den diesbezüglichen Angaben der Vernehmungsbeamten ausgeschlossen werden. Nach den Urteilsgründen hat der Zeuge selbst in der Hauptverhandlung die Erstellung von Scheinrechnungen umfassend und für die Strafkammer glaubhaft geschildert, was durch zahlreiche objektive Umstände Bestätigung erfahren hat.
2. Die Rüge nicht vorschriftsmäßiger Gerichtsbesetzung (§ 338 Nr. 1 StPO) ist bereits unzulässig. Die Revision versäumt es, den in dem die Besetzungsrüge zurückweisenden Beschluss in Bezug genommenen weiteren Präsidiumsbeschluss betreffend die Entlastung der Strafkammer XV vorzutragen. Dessen Kenntnis wäre jedoch erforderlich, um abschließend beurteilen zu können , ob das Präsidium seiner Pflicht zur umfassenden, nachvollziehbaren Dokumentation und Darlegung der Gründe (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 9. April 2009 – 3 StR 376/08, BGHSt 53, 268) für die Entlastung der Strafkammer XV nachgekommen ist. Jedenfalls aber belegt der von der Revision vorgetragene Präsidiumsbeschluss, der zu Details der Belastung auf den Vermerk des Vorsitzenden der Strafkammer verweist, in noch ausreichender Weise mit Tatsachen die Überlastung der Strafkammer XV. Zum Zeitpunkt der Entlastung zeichnete sich neben der Einarbeitung in zahlreiche anhängige Verfahren auch das Erfordernis der Fortsetzung eines bereits vor der Strafkammer XV verhandelten Verfahrens auch über den November 2013 hinaus konkret ab. Auch handelte es sich danach um keine unzulässige Einzelfallzuweisung.
3. Die Rüge einer Verletzung des § 265 Abs. 3 StPO versagt ebenfalls. Der die Aussetzung ablehnende Beschluss der Strafkammer ist nicht zu bean- standen. Auch die Revision behauptet nicht, dass die der Berechnung der Steuerschuld zugrunde liegenden Tatsachen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. Dezember 2009 – 1 StR 167/09, wistra 2010, 154) sich gegenüber der Anklage verändert hätten.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.