Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2019 - 1 StR 235/19

bei uns veröffentlicht am19.09.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 235/19
vom
19. September 2019
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:190919B1STR235.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 19. September 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 11. Januar 2019 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 51 Fällen und schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.
2
Das Rechtsmittel hat mit der auf §§ 337, 22 Nr. 5 analog, § 258 Abs. 1 StPO gestützten Verfahrensrüge, der in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommene Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft habe unzulässigerweise umfassend den Schlussvortrag gehalten und die abschließende Beweiswürdigung vorgenommen, Erfolg. Eines Eingehens auf die weitere Verfahrensrüge und die Sachrüge bedarf es daher nicht.

I.

3
Der genannten Verfahrensrüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde :
4
Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten – sexueller Missbrauch von Kindern und schwerer sexueller Missbrauch von Kindern an den Söhnen seiner damaligen Lebensgefährtin, den Zeugen He. und H. – nicht eingeräumt. Seine Überzeugung von den die Strafbarkeit des Angeklagten begründenden Tatsachen hat das Landgericht maßgeblich auf die Angaben der Geschädigten, der Zeugen He. und H. , gestützt. Diese haben den Sachverhalt in der Hauptverhandlung im Wesentlichen wie von der Strafkammer festgestellt geschildert. Zu den Aussagen der Zeugen im Ermittlungsverfahren hat die Strafkammer polizeiliche Vernehmungsniederschriften verlesen und den die damaligen staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen durchführenden Staatsanwalt (GrL) S. als Zeugen vernommen.
5
Da Staatsanwalt (GrL) S. im vorliegenden Verfahren mit der Sitzungsvertretung betraut war, wurde die Staatsanwaltschaft während dessen Zeugenaussage vor der Strafkammer durch Oberstaatsanwalt V. vertreten; danach übernahm wiederum Staatsanwalt (GrL) S. die Vertretung der Staatsanwaltschaft und hielt auch für diese den Schlussvortrag.
6
Die Revision rügt das Halten des Schlussvortrags durch Staatsanwalt (GrL) S. nach dessen Vernehmung als Zeuge als verfahrensfehlerhaft und macht dabei geltend, Staatsanwalt (GrL) S. habe im Schlussvortrag unzulässigerweise auch seine eigene Zeugenaussage gewürdigt.

II.

7
Die Revision rügt zu Recht als verfahrensfehlerhaft, dass Staatsanwalt (GrL) S. umfassend den Schlussvortrag gehalten und in diesem Rahmen das Beweisergebnis gewürdigt hat, obwohl er zuvor von der Strafkammer als Zeuge zur staatsanwaltschaftlichen Vernehmung der Zeugen He. und H. vernommen worden war; die beanstandete Verfahrensweise verletzt § 22 Nr. 5 analog, § 258 Abs. 1 StPO337 Abs. 2 StPO).
8
1. Die Rüge ist zulässig erhoben. Das Revisionsvorbringen entspricht insbesondere den Anforderungen, die nach der Rechtsprechung an eine Verfahrensrüge zu stellen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Februar 2018 – 4 StR 550/17 mwN; KK/Gericke, StPO, 8. Aufl., § 344 Rn. 38 f. mwN; LöweRosenberg /Franke, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 78 mwN); der Angeklagte hat sämtliche Verfahrenstatsachen vorgetragen, die erforderlich sind, um das Revisionsgericht in die Lage zu versetzen, allein anhand des Rügevorbringens das Vorliegen des behaupteten Verfahrensfehlers festzustellen.
9
2. Die Rüge ist auch begründet. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft war mit der Stellung des Staatsanwalts im Strafverfahren unvereinbar und deshalb unzulässig.
10
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Staatsanwalt, der in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen worden ist, insoweit an der weiteren Wahrnehmung der Aufgaben als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gehindert, als zwischen dem Gegenstand seiner Zeugenaussage und der nachfolgenden Mitwirkung an der Hauptverhandlung ein unlösbarer Zusammenhang besteht (BGH, Beschlüsse vom 31. Juli 2018 – 1 StR 382/17 Rn. 12 und vom 14. Februar 2018 – 4 StR 550/17; Urteile vom 19. Oktober 1982 – 5 StR 408/82 Rn. 6 und vom 13. Juli 1966 – 2 StR 157/66 Rn. 20, BGHSt 21, 85, 89 f.). Nimmt der Staatsanwalt im Rahmen der weiteren Sitzungsvertretung eine Würdigung seiner eigenen Zeugenaussage vor oder bezieht sich seine Mitwirkung auf einen Gegenstand , der mit seiner Aussage in einem untrennbaren Zusammenhang steht und einer gesonderten Bewertung nicht zugänglich ist, liegt ein relativer Revisionsgrund nach § 337 StPO vor (Beschlüsse vom 31. Juli 2018 – 1 StR382/17 Rn. 12 und vom 14. Februar 2018 – 4 StR 550/17; Urteil vom 3. Mai 1960 – 1 StR 155/60 Rn. 7, BGHSt 14, 265), der zur Aufhebung des Urteils führt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil hierauf beruht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 31. Juli 2018 – 1 StR 382/17 Rn. 12 und vom 14. Februar 2018 – 4 StR 550/17; Urteile vom 15. April 1987 – 2 StR 697/86 Rn. 24, BGHSt 34, 352 und vom 3. Mai 1960 – 1 StR 155/60 Rn. 7, BGHSt 14, 265).
11
b) Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsprechung war Staatsanwalt (GrL) S. vorliegend aus Rechtsgründen gehindert, den Schlussvortrag umfassend zu halten und das Beweisergebnis zu würdigen, soweit dieses mit den durch seine eigene Aussage eingeführten Aussagen der Zeugen He. und H. in Zusammenhang stand.
12
aa) Die Aussage von Staatsanwalt (GrL) S. vor der Strafkammer war ausweislich der Urteilsgründe (z.B. UA S. 14) gerade nicht darauf beschränkt , über Fragen der Verfahrensgestaltung oder sonstige Umstände Auskunft zu geben, die in keinem unlösbaren Zusammenhang mit dem maßgeblichen Tatgeschehen stehen und daher Gegenstand einer gesonderten Betrachtung und Würdigung sein können. Vielmehr betraf die Zeugenaussage von Staatsanwalt (GrL) S. in der Hauptverhandlung den Inhalt von Angaben , die die maßgeblichen Belastungszeugen in früheren Vernehmungen zu den hier verfahrensgegenständlichen Taten des Angeklagten gemacht hatten. Diese Anga- ben der Zeugen He. und H. waren ausweislich der Urteilsgründe für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussagen, die unter anderem auf eine Konstanzanalyse gestützt war, wesentlich und damit für die Überzeugungsbildung des Landgerichts von Bedeutung.
13
bb) Staatsanwalt (GrL) S. hätte somit zwar auch nach seiner Zeugenvernehmung weiter als Sitzungsvertreter am Verfahren teilnehmen können , er hätte aber im weiteren Verlauf der Verhandlung und vor allem im Schlussvortrag zum Ergebnis der Beweisaufnahme insoweit nicht Stellung nehmen dürfen, als er dabei auch seine eigene Aussage zu würdigen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1988 – 2 StR 377/88 Rn. 6; Beschluss vom 7. Dezember 2000 – 3 StR 382/00 Rn. 3).
14
Dass Staatsanwalt (GrL) S. , wie sich aus dem von der Staatsanwaltschaft unwidersprochenen Revisionsvortrag zum Verfahrensgeschehen ergibt, umfassend den Schlussvortrag gehalten und dabei die in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise erörtert und bewertet, mithin auch zumindest konkludent die eigene Aussage gewürdigt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2018 – 1 StR 382/17 Rn. 10), ist damit verfahrensfehlerhaft im Sinne des § 337 StPO.
15
c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Verurteilung des Angeklagten auf dem aufgezeigten Verfahrensfehler beruht. Für den Tatnachweis waren die Angaben der Zeugen He. und H. und deren Glaubhaftigkeit von ausschlaggebender Bedeutung. Dass die Ausführungen des Staatsanwalts (GrL) S. zur Beweiswürdigung – auch diejenigen, die die Aussagen des Zeugen He. und H. betrafen, die Gegenstand seiner eigenen Aussage waren – Einfluss auf die Überzeugungsbildung des Gerichts gehabt haben , ist jedenfalls nicht auszuschließen, nachdem sich das Landgericht im Rahmen seiner Würdigung eingehend mit der Konstanz der Aussagen der beiden Zeugen auseinander gesetzt und dabei auch die Angaben der Zeugen in den staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen herangezogen hat (UA S. 9 f., 14 ff., 25, 27 ff.), die allein durch die Aussage des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft in die Hauptverhandlung eingeführt und von diesem im Schlussvortrag gewürdigt wurden.
Raum Jäger Bellay RinBGH Dr. Hohoff Pernice ist im Urlaub und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2019 - 1 StR 235/19

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Strafprozeßordnung - StPO | § 258 Schlussvorträge; Recht des letzten Wortes


(1) Nach dem Schluß der Beweisaufnahme erhalten der Staatsanwalt und sodann der Angeklagte zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort. (2) Dem Staatsanwalt steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort. (3) Der A
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Nach dem Schluß der Beweisaufnahme erhalten der Staatsanwalt und sodann der Angeklagte zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort.

(2) Dem Staatsanwalt steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort.

(3) Der Angeklagte ist, auch wenn ein Verteidiger für ihn gesprochen hat, zu befragen, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 550/17
vom
14. Februar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. Februar 2018 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen
vom 10. April 2017 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung
des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler
zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
ECLI:DE:BGH:2018:140218B4STR550.17.0

Ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Auch soweit der Beschwerdeführer beanstandet, dass Staatsanwältin B. nach ihrer Zeugenvernehmung weiter als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft an der Hauptverhandlung mitgewirkt hat, bleibt die Verfahrensrüge ohne Erfolg.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Staatsanwalt , der in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen worden ist, insoweit an der weiteren Wahrnehmung der Aufgaben als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gehindert, als zwischen dem Gegenstand seiner Zeugenaussage und der nachfolgenden Mitwirkung an der Hauptverhandlung ein unlösbarer Zusammenhang besteht (vgl. BGH, Urteile vom 13. Juli 1966 – 2 StR 157/66, BGHSt 21, 85, 89 f.; vom 18. Mai 1976 – 5 StR 529/75; vom 20. Juli 1976 – 1 StR 327/76; vom 7. Dezember 1993 – 5 StR 171/93, NStZ 1994, 194; vom 3. Februar 2005 – 5 StR 84/04, bei Becker, NStZ-RR 2006, 257; Beschluss vom 30. Januar 2007 – 5 StR 465/06, BGHR StPO § 24 Staatsanwalt 7; enger BGH, Urteile vom 7. Juni 1956 – 3 StR 148/56, bei Dallinger, MDR 1957, 16; vom 3. Mai 1960 – 1 StR 155/60, BGHSt 14, 265; zweifelnd BGH, Urteil vom 25. April 1989 – 1 StR 97/89, NStZ 1989, 583; Beschluss vom 24. Oktober 2007 – 1 StR 480/07, StV 2008, 337; vgl. Rogall in SK-StPO, 5. Aufl., vor § 48 Rn. 51 ff.). Nimmt der Staatsanwalt im Rahmen der weiteren Sitzungsvertretung eine Würdigung seiner eigenen Zeugenaussage vor oder bezieht sich seine Mitwirkung auf einen Gegenstand , der mit seiner Aussage in einem untrennbaren Zusammenhang steht und einer gesonderten Bewertung nicht zugänglich ist, liegt ein relativer Revisionsgrund nach § 337 StPO vor (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 1960 – 1 StR 155/60 aaO), der im Falle eines gegebenen Beruhenszusammenhangs zur Aufhebung des Urteils führt (vgl. BGH, Urteile vom 5. Mai 1976 – 2 StR 709/75; vom 19. Oktober 1982 – 5 StR 408/82, StV 1983, 53; Beschluss vom 7. Juni 1983 – 5 StR 854/82, StV 1983, 497;
Urteile vom 15. April 1987 – 2 StR 697/86, NJW 1987, 3088, 3090; vom 21. Dezember 1988 – 2 StR 377/88, BGHR StPO § 24 Staatsanwalt 2). Soweit sich die Aufgabenwahrnehmung in der Hauptverhandlung inhaltlich von der Erörterung und Bewertung der eigenen Zeugenaussage trennen lässt, ist der Staatsanwalt dagegen von einer weiteren Sitzungsvertretung nicht ausgeschlossen.
In Fällen, in denen – wie hier – nach der Zeugenvernehmung der vernommene Staatsanwalt und ein weiterer hinzugezogener Staatsanwalt gemeinsam als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft auftreten, liegt ein Verfahrensfehler nur dann vor, wenn der vernommene Staatsanwalt bei seiner weiteren Aufgabenwahrnehmung die dargestellten Grenzen einer zulässigen Mitwirkung nicht beachtet. Mit der Verfahrensrüge , die eine verfahrensfehlerhafte Wahrnehmung der Sitzungsvertretung durch den als Zeugen vernommenen Staatsanwalt geltend macht, muss daher im Rahmen des nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erforderlichen Tatsachenvortrags konkret dargetan werden, dass der Staatsanwalt bei der Aufgabenwahrnehmung in der Hauptverhandlung seine eigenen zeugenschaftlichen Bekundungen gewürdigt oder in sonstiger Weise die Grenzen einer zulässigen Mitwirkung überschritten hat (vgl. BGH, Urteile vom 25. Oktober 1983 – 5 StR 736/82, NStZ 1984, 182; vom 10. Juli 1996 – 3 StR 50/96, BGHR StPO § 24 Staatsanwalt 5; Beschluss vom 30. Januar 2007 – 5 StR 465/06, BGHR StPO § 24 Staatsanwalt 7; Häger in Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer, 1990, S. 170, 180 f.).
2. Dass Staatsanwältin B. im Rahmen der weiteren Wahrnehmung der Aufgaben als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft bis zu den Schlussvorträgen eine Würdigung der eigenen Zeugenvernehmung vorgenommen oder ihre Mitwirkung sonst einen mit der Aussage untrennbar verbundenen Gegenstand betroffen hat, wird von der Revision nicht vorgetragen. Soweit die Revisionsbegründung auf Stellungnahmen zu von der Verteidigung gestellten Beweisanträgen und auf einen von der Staatsanwältin gestellten Antrag auf Aufrechterhaltung und weitere Vollstreckung
des Haftbefehls gegen den Angeklagten verweist, wird deren Inhalt ebenso wenig mitgeteilt, wie das der Stellungnahme zur Haftfrage vorausgegangene Verfahrensgeschehen. Auch dem Vorbringen zur Beteiligung von Staatsanwältin B. an dem von der Strafkammervorsitzenden angeregten Verständigungsgespräch lässt sich eine Würdigung des Beweisergebnisses durch die Staatsanwältin nicht entnehmen. Die hierbei im Zusammenhang mit einer bei der Strafhöhe zu vermeidenden Schlechterstellung des gesondert Verfolgten K. von ihr zum Ausdruck gebrachte Einschätzung von dessen Einlassungsverhalten in seiner Hauptverhandlung war so bereits Gegenstand der Anklage und beinhaltete keine Stellungnahme zur Beweisaufnahme.
Zu den Schlussvorträgen führt die Revision selbst aus, dass die Bewertung der Zeugenaussage der Staatsanwältin B. durch die weitere an der Hauptverhandlung mitwirkende Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft erfolgt ist. Ob mit dem weiteren Vortrag der Revision, wonach sich Staatsanwältin B. auch einer Würdigung der Aussagen der zu den Angaben des gesondert Verfolgten K. in dessen Hauptverhandlung als Zeugen vernommenen Richter F. und Dr. H. hätte enthalten müssen, was nicht der Fall gewesen sei, eine unzulässige Wahrnehmung der Aufgaben als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft durch Staatsanwältin B. ausreichend dargetan wird, kann schließlich offenbleiben, weil auszuschließen ist, dass das angefochtene Urteil hierauf beruht. Die Verurteilung gründet auf dem im Rahmen einer Verständigung abgelegten, umfassenden und von der Strafkammer als uneingeschränkt glaubhaft bewerteten Geständnis des Angeklagten. Zur Bestätigung dieses Geständnisses hat sich die Strafkammer – neben einer mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Angeklagten zuzuordnenden DNA-Spur auf dem Bett des Opfers und den Bekundungen des Tatopfers zum Tatgeschehen – auch auf die Angaben der Zeugen F. und Dr. H. gestützt, nach denen der gesondert Verfolgte K. in der ihn betreffenden Hauptverhandlung den Tathergang und die Tatbeiträge des Angeklagten in Übereinstimmung mit dem Geständnis des Angeklagten schilderte. Angesichts dieser eindeutigen Beweislage schließt der Senat aus,
dass Staatsanwältin B. durch eine unzulässige Würdigung der Aussagen der Zeugen F. und Dr. H. in entscheidungserheblicher Weise auf die Überzeugungsbildung des Landgerichts Einfluss genommen hat.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin
12
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Staatsanwalt, der in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen worden ist, insoweit an der weiteren Wahrnehmung der Aufgaben als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gehindert, als zwischen dem Gegenstand seiner Zeugenaussage und der nachfolgenden Mitwirkung an der Hauptverhandlung ein unlösbarer Zusammenhang besteht (BGH, Urteil vom 13. Juli 1966 – 2 StR 157/66, BGHSt 21, 85, 89 f.; Beschluss vom 14. Februar 2018 – 4 StR 550/17, NStZ 2018, 482 mwN). Nimmt der Staatsanwalt im Rahmen der weiteren Sitzungsvertretung eine Würdigung seiner eigenen Zeugenaussage vor oder bezieht sich seine Mitwirkung auf einen Gegenstand, der mit seiner Aussage in einem untrennbaren Zusammenhang steht und einer gesonderten Bewertung nicht zugänglich ist, liegt ein relativer Revisionsgrund nach § 337 StPO vor (BGH, Urteil vom 3. Mai 1960 – 1 StR 155/60, BGHSt 14, 265; Beschluss vom 14. Februar 2018 – 4 StR 550/17 mwN), der zur Aufhebung des Urteils führt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil hierauf beruht (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 1987 – 2 StR 697/86, NJW 1987, 3088, 3090; Beschluss vom 14. Februar 2018 – 4 StR 550/17, NStZ 2018, 482 mwN). Soweit sich die Aufgabenwahrnehmung in der Hauptverhandlung inhaltlich von der Erörterung und Bewertung der eigenen Zeugenaussage trennen lässt, ist der Staatsanwalt dagegen von einer weiteren Sitzungsvertretung nicht ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 25. April 1989 – 1 StR 97/89, NStZ 1989, 583; Be- schlüsse vom 7. Dezember 2000 – 3 StR 382/00, NStZ-RR 2001, 107 und vom 14. Februar 2018 – 4 StR 550/17, NStZ 2018, 482 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 550/17
vom
14. Februar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. Februar 2018 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen
vom 10. April 2017 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung
des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler
zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
ECLI:DE:BGH:2018:140218B4STR550.17.0

Ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Auch soweit der Beschwerdeführer beanstandet, dass Staatsanwältin B. nach ihrer Zeugenvernehmung weiter als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft an der Hauptverhandlung mitgewirkt hat, bleibt die Verfahrensrüge ohne Erfolg.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Staatsanwalt , der in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen worden ist, insoweit an der weiteren Wahrnehmung der Aufgaben als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gehindert, als zwischen dem Gegenstand seiner Zeugenaussage und der nachfolgenden Mitwirkung an der Hauptverhandlung ein unlösbarer Zusammenhang besteht (vgl. BGH, Urteile vom 13. Juli 1966 – 2 StR 157/66, BGHSt 21, 85, 89 f.; vom 18. Mai 1976 – 5 StR 529/75; vom 20. Juli 1976 – 1 StR 327/76; vom 7. Dezember 1993 – 5 StR 171/93, NStZ 1994, 194; vom 3. Februar 2005 – 5 StR 84/04, bei Becker, NStZ-RR 2006, 257; Beschluss vom 30. Januar 2007 – 5 StR 465/06, BGHR StPO § 24 Staatsanwalt 7; enger BGH, Urteile vom 7. Juni 1956 – 3 StR 148/56, bei Dallinger, MDR 1957, 16; vom 3. Mai 1960 – 1 StR 155/60, BGHSt 14, 265; zweifelnd BGH, Urteil vom 25. April 1989 – 1 StR 97/89, NStZ 1989, 583; Beschluss vom 24. Oktober 2007 – 1 StR 480/07, StV 2008, 337; vgl. Rogall in SK-StPO, 5. Aufl., vor § 48 Rn. 51 ff.). Nimmt der Staatsanwalt im Rahmen der weiteren Sitzungsvertretung eine Würdigung seiner eigenen Zeugenaussage vor oder bezieht sich seine Mitwirkung auf einen Gegenstand , der mit seiner Aussage in einem untrennbaren Zusammenhang steht und einer gesonderten Bewertung nicht zugänglich ist, liegt ein relativer Revisionsgrund nach § 337 StPO vor (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 1960 – 1 StR 155/60 aaO), der im Falle eines gegebenen Beruhenszusammenhangs zur Aufhebung des Urteils führt (vgl. BGH, Urteile vom 5. Mai 1976 – 2 StR 709/75; vom 19. Oktober 1982 – 5 StR 408/82, StV 1983, 53; Beschluss vom 7. Juni 1983 – 5 StR 854/82, StV 1983, 497;
Urteile vom 15. April 1987 – 2 StR 697/86, NJW 1987, 3088, 3090; vom 21. Dezember 1988 – 2 StR 377/88, BGHR StPO § 24 Staatsanwalt 2). Soweit sich die Aufgabenwahrnehmung in der Hauptverhandlung inhaltlich von der Erörterung und Bewertung der eigenen Zeugenaussage trennen lässt, ist der Staatsanwalt dagegen von einer weiteren Sitzungsvertretung nicht ausgeschlossen.
In Fällen, in denen – wie hier – nach der Zeugenvernehmung der vernommene Staatsanwalt und ein weiterer hinzugezogener Staatsanwalt gemeinsam als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft auftreten, liegt ein Verfahrensfehler nur dann vor, wenn der vernommene Staatsanwalt bei seiner weiteren Aufgabenwahrnehmung die dargestellten Grenzen einer zulässigen Mitwirkung nicht beachtet. Mit der Verfahrensrüge , die eine verfahrensfehlerhafte Wahrnehmung der Sitzungsvertretung durch den als Zeugen vernommenen Staatsanwalt geltend macht, muss daher im Rahmen des nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erforderlichen Tatsachenvortrags konkret dargetan werden, dass der Staatsanwalt bei der Aufgabenwahrnehmung in der Hauptverhandlung seine eigenen zeugenschaftlichen Bekundungen gewürdigt oder in sonstiger Weise die Grenzen einer zulässigen Mitwirkung überschritten hat (vgl. BGH, Urteile vom 25. Oktober 1983 – 5 StR 736/82, NStZ 1984, 182; vom 10. Juli 1996 – 3 StR 50/96, BGHR StPO § 24 Staatsanwalt 5; Beschluss vom 30. Januar 2007 – 5 StR 465/06, BGHR StPO § 24 Staatsanwalt 7; Häger in Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer, 1990, S. 170, 180 f.).
2. Dass Staatsanwältin B. im Rahmen der weiteren Wahrnehmung der Aufgaben als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft bis zu den Schlussvorträgen eine Würdigung der eigenen Zeugenvernehmung vorgenommen oder ihre Mitwirkung sonst einen mit der Aussage untrennbar verbundenen Gegenstand betroffen hat, wird von der Revision nicht vorgetragen. Soweit die Revisionsbegründung auf Stellungnahmen zu von der Verteidigung gestellten Beweisanträgen und auf einen von der Staatsanwältin gestellten Antrag auf Aufrechterhaltung und weitere Vollstreckung
des Haftbefehls gegen den Angeklagten verweist, wird deren Inhalt ebenso wenig mitgeteilt, wie das der Stellungnahme zur Haftfrage vorausgegangene Verfahrensgeschehen. Auch dem Vorbringen zur Beteiligung von Staatsanwältin B. an dem von der Strafkammervorsitzenden angeregten Verständigungsgespräch lässt sich eine Würdigung des Beweisergebnisses durch die Staatsanwältin nicht entnehmen. Die hierbei im Zusammenhang mit einer bei der Strafhöhe zu vermeidenden Schlechterstellung des gesondert Verfolgten K. von ihr zum Ausdruck gebrachte Einschätzung von dessen Einlassungsverhalten in seiner Hauptverhandlung war so bereits Gegenstand der Anklage und beinhaltete keine Stellungnahme zur Beweisaufnahme.
Zu den Schlussvorträgen führt die Revision selbst aus, dass die Bewertung der Zeugenaussage der Staatsanwältin B. durch die weitere an der Hauptverhandlung mitwirkende Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft erfolgt ist. Ob mit dem weiteren Vortrag der Revision, wonach sich Staatsanwältin B. auch einer Würdigung der Aussagen der zu den Angaben des gesondert Verfolgten K. in dessen Hauptverhandlung als Zeugen vernommenen Richter F. und Dr. H. hätte enthalten müssen, was nicht der Fall gewesen sei, eine unzulässige Wahrnehmung der Aufgaben als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft durch Staatsanwältin B. ausreichend dargetan wird, kann schließlich offenbleiben, weil auszuschließen ist, dass das angefochtene Urteil hierauf beruht. Die Verurteilung gründet auf dem im Rahmen einer Verständigung abgelegten, umfassenden und von der Strafkammer als uneingeschränkt glaubhaft bewerteten Geständnis des Angeklagten. Zur Bestätigung dieses Geständnisses hat sich die Strafkammer – neben einer mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Angeklagten zuzuordnenden DNA-Spur auf dem Bett des Opfers und den Bekundungen des Tatopfers zum Tatgeschehen – auch auf die Angaben der Zeugen F. und Dr. H. gestützt, nach denen der gesondert Verfolgte K. in der ihn betreffenden Hauptverhandlung den Tathergang und die Tatbeiträge des Angeklagten in Übereinstimmung mit dem Geständnis des Angeklagten schilderte. Angesichts dieser eindeutigen Beweislage schließt der Senat aus,
dass Staatsanwältin B. durch eine unzulässige Würdigung der Aussagen der Zeugen F. und Dr. H. in entscheidungserheblicher Weise auf die Überzeugungsbildung des Landgerichts Einfluss genommen hat.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 550/17
vom
14. Februar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. Februar 2018 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen
vom 10. April 2017 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung
des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler
zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
ECLI:DE:BGH:2018:140218B4STR550.17.0

Ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Auch soweit der Beschwerdeführer beanstandet, dass Staatsanwältin B. nach ihrer Zeugenvernehmung weiter als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft an der Hauptverhandlung mitgewirkt hat, bleibt die Verfahrensrüge ohne Erfolg.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Staatsanwalt , der in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen worden ist, insoweit an der weiteren Wahrnehmung der Aufgaben als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gehindert, als zwischen dem Gegenstand seiner Zeugenaussage und der nachfolgenden Mitwirkung an der Hauptverhandlung ein unlösbarer Zusammenhang besteht (vgl. BGH, Urteile vom 13. Juli 1966 – 2 StR 157/66, BGHSt 21, 85, 89 f.; vom 18. Mai 1976 – 5 StR 529/75; vom 20. Juli 1976 – 1 StR 327/76; vom 7. Dezember 1993 – 5 StR 171/93, NStZ 1994, 194; vom 3. Februar 2005 – 5 StR 84/04, bei Becker, NStZ-RR 2006, 257; Beschluss vom 30. Januar 2007 – 5 StR 465/06, BGHR StPO § 24 Staatsanwalt 7; enger BGH, Urteile vom 7. Juni 1956 – 3 StR 148/56, bei Dallinger, MDR 1957, 16; vom 3. Mai 1960 – 1 StR 155/60, BGHSt 14, 265; zweifelnd BGH, Urteil vom 25. April 1989 – 1 StR 97/89, NStZ 1989, 583; Beschluss vom 24. Oktober 2007 – 1 StR 480/07, StV 2008, 337; vgl. Rogall in SK-StPO, 5. Aufl., vor § 48 Rn. 51 ff.). Nimmt der Staatsanwalt im Rahmen der weiteren Sitzungsvertretung eine Würdigung seiner eigenen Zeugenaussage vor oder bezieht sich seine Mitwirkung auf einen Gegenstand , der mit seiner Aussage in einem untrennbaren Zusammenhang steht und einer gesonderten Bewertung nicht zugänglich ist, liegt ein relativer Revisionsgrund nach § 337 StPO vor (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 1960 – 1 StR 155/60 aaO), der im Falle eines gegebenen Beruhenszusammenhangs zur Aufhebung des Urteils führt (vgl. BGH, Urteile vom 5. Mai 1976 – 2 StR 709/75; vom 19. Oktober 1982 – 5 StR 408/82, StV 1983, 53; Beschluss vom 7. Juni 1983 – 5 StR 854/82, StV 1983, 497;
Urteile vom 15. April 1987 – 2 StR 697/86, NJW 1987, 3088, 3090; vom 21. Dezember 1988 – 2 StR 377/88, BGHR StPO § 24 Staatsanwalt 2). Soweit sich die Aufgabenwahrnehmung in der Hauptverhandlung inhaltlich von der Erörterung und Bewertung der eigenen Zeugenaussage trennen lässt, ist der Staatsanwalt dagegen von einer weiteren Sitzungsvertretung nicht ausgeschlossen.
In Fällen, in denen – wie hier – nach der Zeugenvernehmung der vernommene Staatsanwalt und ein weiterer hinzugezogener Staatsanwalt gemeinsam als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft auftreten, liegt ein Verfahrensfehler nur dann vor, wenn der vernommene Staatsanwalt bei seiner weiteren Aufgabenwahrnehmung die dargestellten Grenzen einer zulässigen Mitwirkung nicht beachtet. Mit der Verfahrensrüge , die eine verfahrensfehlerhafte Wahrnehmung der Sitzungsvertretung durch den als Zeugen vernommenen Staatsanwalt geltend macht, muss daher im Rahmen des nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erforderlichen Tatsachenvortrags konkret dargetan werden, dass der Staatsanwalt bei der Aufgabenwahrnehmung in der Hauptverhandlung seine eigenen zeugenschaftlichen Bekundungen gewürdigt oder in sonstiger Weise die Grenzen einer zulässigen Mitwirkung überschritten hat (vgl. BGH, Urteile vom 25. Oktober 1983 – 5 StR 736/82, NStZ 1984, 182; vom 10. Juli 1996 – 3 StR 50/96, BGHR StPO § 24 Staatsanwalt 5; Beschluss vom 30. Januar 2007 – 5 StR 465/06, BGHR StPO § 24 Staatsanwalt 7; Häger in Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer, 1990, S. 170, 180 f.).
2. Dass Staatsanwältin B. im Rahmen der weiteren Wahrnehmung der Aufgaben als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft bis zu den Schlussvorträgen eine Würdigung der eigenen Zeugenvernehmung vorgenommen oder ihre Mitwirkung sonst einen mit der Aussage untrennbar verbundenen Gegenstand betroffen hat, wird von der Revision nicht vorgetragen. Soweit die Revisionsbegründung auf Stellungnahmen zu von der Verteidigung gestellten Beweisanträgen und auf einen von der Staatsanwältin gestellten Antrag auf Aufrechterhaltung und weitere Vollstreckung
des Haftbefehls gegen den Angeklagten verweist, wird deren Inhalt ebenso wenig mitgeteilt, wie das der Stellungnahme zur Haftfrage vorausgegangene Verfahrensgeschehen. Auch dem Vorbringen zur Beteiligung von Staatsanwältin B. an dem von der Strafkammervorsitzenden angeregten Verständigungsgespräch lässt sich eine Würdigung des Beweisergebnisses durch die Staatsanwältin nicht entnehmen. Die hierbei im Zusammenhang mit einer bei der Strafhöhe zu vermeidenden Schlechterstellung des gesondert Verfolgten K. von ihr zum Ausdruck gebrachte Einschätzung von dessen Einlassungsverhalten in seiner Hauptverhandlung war so bereits Gegenstand der Anklage und beinhaltete keine Stellungnahme zur Beweisaufnahme.
Zu den Schlussvorträgen führt die Revision selbst aus, dass die Bewertung der Zeugenaussage der Staatsanwältin B. durch die weitere an der Hauptverhandlung mitwirkende Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft erfolgt ist. Ob mit dem weiteren Vortrag der Revision, wonach sich Staatsanwältin B. auch einer Würdigung der Aussagen der zu den Angaben des gesondert Verfolgten K. in dessen Hauptverhandlung als Zeugen vernommenen Richter F. und Dr. H. hätte enthalten müssen, was nicht der Fall gewesen sei, eine unzulässige Wahrnehmung der Aufgaben als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft durch Staatsanwältin B. ausreichend dargetan wird, kann schließlich offenbleiben, weil auszuschließen ist, dass das angefochtene Urteil hierauf beruht. Die Verurteilung gründet auf dem im Rahmen einer Verständigung abgelegten, umfassenden und von der Strafkammer als uneingeschränkt glaubhaft bewerteten Geständnis des Angeklagten. Zur Bestätigung dieses Geständnisses hat sich die Strafkammer – neben einer mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Angeklagten zuzuordnenden DNA-Spur auf dem Bett des Opfers und den Bekundungen des Tatopfers zum Tatgeschehen – auch auf die Angaben der Zeugen F. und Dr. H. gestützt, nach denen der gesondert Verfolgte K. in der ihn betreffenden Hauptverhandlung den Tathergang und die Tatbeiträge des Angeklagten in Übereinstimmung mit dem Geständnis des Angeklagten schilderte. Angesichts dieser eindeutigen Beweislage schließt der Senat aus,
dass Staatsanwältin B. durch eine unzulässige Würdigung der Aussagen der Zeugen F. und Dr. H. in entscheidungserheblicher Weise auf die Überzeugungsbildung des Landgerichts Einfluss genommen hat.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 382/00
vom
7. Dezember 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Dezember 2000
gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 2. Februar 2000 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 23. August 2000 bemerkt der Senat:
Auf der fehlenden Einführung der auf UA S. 34 bis 37 in die Urteilsgründe einkopierten Textpassagen in die Hauptverhandlung beruht das Urteil nicht. In der Beweiswürdigung wird lediglich auf den Umstand abgestellt, daß der Sachverständige H. auf der im "Big Tower" der Computeranlage des Angeklagten gefundenen Festplatte zusätzlich zu den bereits vom Sachverständigen M. gefundenen Textstellen vier weitere Fragmente entdeckt hat, die wiederum Teilen des anonymen Schreibens vom 1. April 1998 entsprächen, wobei insbesondere in der Vergrößerung Schnittkanten und Verschiebungen sichtbar seien (UA S. 33, 38). Es liegt nahe, daß diese Feststellung des Sach-
verständigen, die den Kern seines Gutachtenauftrages betraf, Gegenstand seines mündlich erstatteten Gutachtens war. Auf nähere Einzelheiten dieser Textfragmente , die nur durch eine Inaugenscheinnahme und nicht durch die mündliche Gutachtenerstattung eingeführt worden sein können, hat die Beweiswürdigung nicht abgestellt.
Es stellt keinen Verfahrensfehler dar, daß Staatsanwalt F. den Schlußvortrag gehalten hat, obgleich er als Zeuge vernommen worden war. Die Zeugenvernehmung betraf lediglich die von keinem Verfahrensbeteiligten in Frage gestellte Tatsache der Übergabe von zwei Lederriemen als angebliches Beweisstück durch den Verteidiger an den sachbearbeitenden Staatsanwalt. Eine solche nur die Durchführung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens betreffende Schilderung eines schlichten Übergabevorgangs stand dem weiteren Einsatz dieses Staatsanwaltes in der Hauptverhandlung nicht entgegen (vgl. zur Registrierung und Verwahrung einer beschlagnahmten Urkunde BGHSt 21, 85, 90). Er hatte sich lediglich der Würdigung seiner eigenen Aussage zu enthalten (BGHR StPO § 24 Staatsanwalt 2); daran hat er sich - wie die Revision einräumt - auch gehalten. Die Hinzuziehung eines anderen Vertreters der Anklagebehörde war hier ersichtlich entbehrlich, da die von niemanden in Frage gestellte Übergabe der Lederriemen keiner Aussagewürdigung
bedurfte. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, bestand auch kein unlösbarer Zusammenhang zwischen diesem Aussageinhalt und dem übrigen Beweisergebnis.
Kutzer Miebach Winkler von Lienen Becker
12
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Staatsanwalt, der in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen worden ist, insoweit an der weiteren Wahrnehmung der Aufgaben als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gehindert, als zwischen dem Gegenstand seiner Zeugenaussage und der nachfolgenden Mitwirkung an der Hauptverhandlung ein unlösbarer Zusammenhang besteht (BGH, Urteil vom 13. Juli 1966 – 2 StR 157/66, BGHSt 21, 85, 89 f.; Beschluss vom 14. Februar 2018 – 4 StR 550/17, NStZ 2018, 482 mwN). Nimmt der Staatsanwalt im Rahmen der weiteren Sitzungsvertretung eine Würdigung seiner eigenen Zeugenaussage vor oder bezieht sich seine Mitwirkung auf einen Gegenstand, der mit seiner Aussage in einem untrennbaren Zusammenhang steht und einer gesonderten Bewertung nicht zugänglich ist, liegt ein relativer Revisionsgrund nach § 337 StPO vor (BGH, Urteil vom 3. Mai 1960 – 1 StR 155/60, BGHSt 14, 265; Beschluss vom 14. Februar 2018 – 4 StR 550/17 mwN), der zur Aufhebung des Urteils führt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil hierauf beruht (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 1987 – 2 StR 697/86, NJW 1987, 3088, 3090; Beschluss vom 14. Februar 2018 – 4 StR 550/17, NStZ 2018, 482 mwN). Soweit sich die Aufgabenwahrnehmung in der Hauptverhandlung inhaltlich von der Erörterung und Bewertung der eigenen Zeugenaussage trennen lässt, ist der Staatsanwalt dagegen von einer weiteren Sitzungsvertretung nicht ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 25. April 1989 – 1 StR 97/89, NStZ 1989, 583; Be- schlüsse vom 7. Dezember 2000 – 3 StR 382/00, NStZ-RR 2001, 107 und vom 14. Februar 2018 – 4 StR 550/17, NStZ 2018, 482 mwN).

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.