Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 StR 186/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:110117B1STR186.16.0
bei uns veröffentlicht am11.01.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 186/16
vom
11. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
ECLI:DE:BGH:2017:110117B1STR186.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 11. Januar 2017 beschlossen :
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 24. November 2015 werden als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO). Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Die durch den Angeklagten C. erhobene Verfahrensbeanstandung, mit der er die Verwertung von Beweisstoff rügt, der aufgrund einer u.a. die A. P. AG, einer Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts, deren Verwaltungsrat er war, betreffenden „Supraprovisorischen Verfügung“ der früheren Eidgenössischen Bankenkommission gewonnen worden ist, dringt nicht durch. Die Verfahrensrüge genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an die Angabe der den behaupteten Verfahrensmangel enthaltenden Tatsachen.

a) Jedenfalls aufgrund des Schriftsatzes vom 29. Juni 2016, der zur Auslegung der Angriffsrichtung der zuvor erhobenen Verfahrensrüge heranzuziehen ist (vgl. Gericke in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 344 Rn. 35 mwN), ergibt sich, dass die Revision ausschließlich die Verwertung von die A. P. AG betreffendem „Beweisstoff“ beanstandet. Die Unverwertbarkeit wird auf den „Akt der Beweisgewinnung“ gestützt. Die Revision beanstandet in
diesem Zusammenhang, die die A. P. AG betreffenden Unterlagen hätten die deutschen Ermittlungsbehörden außerhalb eines geregelten Rechtshilfeersuchens an die Schweiz erlangt. In diesem Zusammenhang trägt sie vor, lediglich die die A. P. GmbH bzw. nach deren Umfirmierung die A. P. M. GmbH betreffenden Unterlagen seien aufgrund eines Rechtshilfeersuchens der deutschen Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz gesichert und später an die zuständigen deutschen Behörden übergeben worden , nicht jedoch die von der A. P. AG stammenden Unterlagen. Vortrag des genauen Inhalts des vom Landgericht verwerteten, die AG betreffen- den „Beweisstoffs“ bedürfe es nicht, weil bereits die Rechtswidrigkeit der Be- weisgewinnung insoweit insgesamt beanstandet werde.

b) Die zu dieser Verfahrensbeanstandung von der Revision angegebenen Tatsachen treffen so nicht zu und genügen deshalb nicht § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2011 – 4 StR 584/10, StraFo 2011, 318 und vom 15. Juni 2005 – 1 StR 202/05, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Beweisantragsrecht 8).
Ausweislich eines an die Staatsanwaltschaft Mannheim gerichteten Schreibens der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug vom 30. November 2010 wurden den deutschen Strafverfolgungsbehörden „in Erledigung des Rechtshil- feersuchens“ die im Anhang des Schreibens aufgeführten Dokumente am 18. November 2010 ausgehändigt (Bl. 44 und 45 Sonderordner Rechtshilfe). Aus dem genannten Anhang ergibt sich bereits nach der – groben – Inhaltsbeschreibung der übergebenen Kartons mit Beweismaterial, dass sich zumindest in einem von ihnen auch die A. P. AG betreffenden Unterlagen befunden haben (siehe Bl. 46 Sonderordner Rechtshilfe). Das ebenfalls im Sonderordner Rechtshilfe enthaltene Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft
Karlsruhe vom 30. November 2007, gerichtet an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, beinhaltet u.a. das Ersuchen um Durchsuchung, Beschlagnahme und Herausgabe von Unterlagen (Bl. 1 ff. Sonderordner Rechtshilfe). Gestützt auf einen dem Ersuchen beiliegenden Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 30. November 2007 (31 Gs ), der die Durchsu- chung u.a. der „Geschäftsräume mit Nebenräumen“ der A. P. AG zwecks Auffindung von Geschäfts- und Buchführungsunterlagen anordnet (Bl. 27-30 Sonderordner Rechtshilfe), wird die Staatsanwaltschaft Zug um die Durchführung der vorgenannten Untersuchungshandlungen gebeten.
Angesichts dieser das Ersuchen um und die Gewährung von auch die A. P. AG betreffende(r) Rechtshilfe durch die Schweiz hätte ein § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügender Tatsachenvortrag diese Umstände zum Gegenstand haben müssen. Zudem hätten auch diejenigen im Urteil verwerteten, die A. P. AG betreffenden Informationen genau bezeichnet werden müssen, die allein aufgrund der Untersuchungen der (früheren) Eidgenössischen Bankenkommission erlangt und den deutschen Strafverfolgungsbehörden nicht im Wege der – von der Revision selbst nicht beanstandeten – Rechtshilfe zur Verfügung gestellt worden sind. Wird die Unverwertbarkeit zur Grundlage des Urteils gemachter Informationen wegen Rechteverletzungen bereits bei der ursprünglichen Beweiserhebung gerügt, muss die Revision die Möglichkeit der rechtmäßigen Erlangung in den durch § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO gebotenen Tatsachenangaben ausschließen.
2. Die Verurteilung des Angeklagten L. wegen mittäterschaftlich begangenen Betruges hält rechtlicher Überprüfung stand. Entgegen der mit Schriftsatz vom 5. Januar 2017 näher ausgeführten Sachrüge tragen die vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu der Einbindung des
Angeklagten in das Tatgeschehen die tatgerichtliche Wertung, dieser habe durch sein Tun, nicht nur die Tat des Angeklagten C. und der nicht revidierenden Mitangeklagten Ah. gefördert, sondern seine Tatbeiträge derart in die gemeinschaftliche Tat eingefügt, dass seine Beiträge als Teil der Tätigkeit der anderen und umgekehrt deren Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint (zu den Kriterien z.B. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2016 – 5 StR 255/16, NStZ-RR 2017, 5 f. mwN).
Raum Graf Cirener Radtke Bär

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 StR 186/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 StR 186/16

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R
Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 StR 186/16 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 StR 186/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 StR 186/16 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Juni 2005 - 1 StR 202/05

bei uns veröffentlicht am 15.06.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 202/05 vom 15. Juni 2005 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Juni 2005 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des L

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Mai 2011 - 4 StR 584/10

bei uns veröffentlicht am 10.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 584/10 vom 10. Mai 2011 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 10. Mai 201

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2016 - 5 StR 255/16

bei uns veröffentlicht am 25.10.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 255/16 vom 25. Oktober 2016 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub u.a. ECLI:DE:BGH:2016:251016U5STR255.16.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sit
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 StR 186/16.

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 20. Dez. 2017 - 2 BvR 2312/17

bei uns veröffentlicht am 20.12.2017

Tenor Der Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. September 2017 - 3 Ws 565/17 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 584/10
vom
10. Mai 2011
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 10. Mai 2011 gemäß § 206a
Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 26. Mai 2010
a) aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen zwei im Oktober 1990 und im September 1993 begangener Taten des sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden ist; insoweit wird das Verfahren eingestellt ; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des sexuellen Missbrauchs von Kindern in 33 Fällen schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels und die im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenklägerin trägt der Angeklagte.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 35 Fällen zu der Gesamtfreiheits- strafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die mit einer Verfahrensrüge und der Sachbeschwerde begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Soweit der Angeklagte wegen zwei im Oktober 1990 und im September 1993 begangener Missbrauchstaten verurteilt worden ist, ist das Verfahren jeweils wegen Vorliegens eines Verfahrenshindernisses einzustellen. Während hinsichtlich der möglicherweise vor dem 3. Oktober 1990 begangenen Tat Verfolgungsverjährung eingetreten ist, wird die im September 1993 - nicht ausschließbar - vor Ende des kalendarischen Sommers verübte Tat von der Eröffnungsentscheidung der Strafkammer nicht erfasst.
3
a) Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte im Zeitraum von Oktober 1990 bis einschließlich April 1993 sowie vom September 1993 bis Ende des Jahres 1993 jeden Monat eine Missbrauchstat zum Nachteil seiner Tochter J. R. beging. Nähere Feststellungen zu den jeweiligen Tatzeitpunkten waren nicht möglich. Bei der Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen ist daher zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass die Tat im Oktober 1990 vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland und der im September 1993 verübte Missbrauch während des kalendarischen Sommers begangen wurde.
4
b) Die im Oktober 1990 vor dem Wirksamwerden des Beitritts verübte Tat, auf welche gemäß Art. 315 Abs. 1 EGStGB i.V.m. § 2 Abs. 3 StGB die Strafvorschrift des § 148 Abs. 1 StGB-DDR mit einer Strafandrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe Anwendung findet, ist verjährt. Die nach der Unterbrechung der Verfolgungsverjährung in Folge des Beitritts gemäß § 315a Abs. 1 Satz 3 EGStGB maßgebliche fünfjährige Verjährungsfrist des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, die nach der auch Missbrauchstaten nach dem Recht der ehemaligen DDR erfassenden Regelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Tatopfers am 18. August 2000 ruhte, war bei der Einleitung des Ermittlungsverfahrens bereits abgelaufen.
5
c) Hinsichtlich der im September 1993 vor Ende des kalendarischen Sommers begangenen Tat fehlt es an einer wirksam Eröffnungsentscheidung (§ 203 StPO), da die Strafkammer in ihrem Eröffnungsbeschluss vom 4. Februar 2010 im Sommer 1993 begangene Taten von der Eröffnung des Hauptverfahrens ausdrücklich ausgenommen hat.
6
d) Durch den Wegfall von zwei Einzelstrafen von jeweils einem Jahr in Folge der Teileinstellung des Verfahrens wird der Bestand des Gesamtstrafenausspruchs nicht in Frage gestellt. Mit Blick auf die verbleibenden 33 Einzelstrafen von je einem Jahr kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer ohne die eingestellten Fälle auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
7
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten ist unbegründet. Insoweit hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
8
Die Verfahrensrüge, mit der geltend gemacht wird, die Hauptverhandlung im Fortsetzungstermin am 10. Mai 2010 sei unter Verletzung des § 231 Abs. 2 StPO in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt worden, ist nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil die Revision zu den Verfahrenstatsachen in einem maßgeblichen Punkt objektiv falsch vorgetragen hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. August 2010 - 5 StR 312/10; vom 15. Juni 2005 - 1 StR 202/05, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Beweisantragsrecht 8). Während die Revision behauptet, der Vorsitzende habe in der Hauptverhandlung am 20. April 2010 den Beginn des Fortsetzungstermins am 10. Mai 2010 auf 15.00 Uhr festgesetzt, die im Protokoll vermerkte Uhrzeit von 14.00 Uhr sei dem Angeklagten und seinem Verteidiger "so" nicht mitgeteilt worden, ergibt sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll, der vom Senat eingeholten dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden sowie aus der Gegenerklärung der Nebenklägerin , dass der Beginn des am 10. Mai 2010 vorgesehenen Fortsetzungstermins vom Vorsitzenden der Strafkammer in der Hauptverhandlung am 20. April 2010 auf 14.00 Uhr bestimmt wurde. Auf einen Irrtum in Folge eines Fehlverständnisses der mündlichen Anordnung des Vorsitzenden hat sich der Beschwerdeführer zur Begründung seiner Verfahrensrüge nicht berufen. Auf Grund des unzutreffenden Sachvortrags bietet die Revisionsrechtfertigung keine ausreichende Grundlage für die Prüfung der Eigenmächtigkeit der Abwesenheit des Angeklagten durch das Revisionsgericht (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1984 - 5 StR 997/83, StV 1984, 326; Beschluss vom 10. April 1981 - 3 StR 236/80, StV 1981, 393).
9
3. Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).

Ernemann RinBGH Roggenbuck befindet Franke sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Ernemann Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 202/05
vom
15. Juni 2005
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Juni 2005 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 31. Januar 2005 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Ergänzend bemerkt der Senat: Die Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 3 StPO (Antrag auf Nachbegutachtung des Angeklagten durch den Sachverständigen Prof. Dr. S. ) hat der Generalbundesanwalt zu Recht als unzulässig bewertet. Zur Begründung dieser Rüge behauptet die Revision , der Sachverständige habe, als er sein Gutachten erstattete und daraufhin entlassen wurde, noch keine Kenntnis von dem Inhalt eines Sozialberichts der Suchthilfe D. in Da. sowie eines ärztlichen Anamnesebericht gehabt, die beide von der Zeugin N. anläßlich ihrer Vernehmung vorgelegt wurden. Wie sich aus der von der Revision nicht widersprochenen Dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden der Strafkammer ergibt, war der Sachverständige während der gesamten Aussage der Zeugin zugegen, die die beiden Schriftstücke zum Gegenstand ihrer Aussage machte und ausführlich erläuterte. Indem die Revision die- sen Umstand verschweigt, erweist sich ihr Rügevorbringen als unwahr und entspricht nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an eine zulässige Verfahrensrüge (vgl. BGH NStZ 2005, 222, 223). Nack Wahl Boetticher Kolz Elf

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 255/16
vom
25. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:251016U5STR255.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Oktober 2016, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander als Vorsitzender,
Richterin Dr. Schneider, Richter Dr. Berger, Richter Bellay, Richter Dr. Feilcke als beisitzende Richter,
Staatsanwältin als Gruppenleiterin als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 20. November 2015 mit den Feststellungen aufgehoben
a) in den Fällen II.A.2 und A.3 der Urteilsgründe und
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben
a) im Fall II.B.2 der Urteilsgründe und
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

4. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub, wegen Beihilfe zum schweren Raub und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision, die vom Generalbundesanwalt weitgehend vertreten wird, in den Fällen II.A.2 und II.A.3 der Urteilsgründe eine Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlicher Tatbegehung und im Fall II.B.2 der Urteilsgründe seine Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG. Die Revisionen erzielen jeweils den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte war gut bekannt mit dem früheren Mitangeklagten und gesondert Verurteilten G. , dem er mehrfach Betäubungsmittel geliefert hatte. Er schlug G. , der Geld durch Raubtaten erlangen wollte, in zwei Fällen Tatobjekte vor, ohne selbst bei der Tatausführung in Erscheinung treten zu wollen.

a) Zunächst gab der Angeklagte ihm den Tipp für einen Raubüberfall auf
4
das Juweliergeschäft „D. “ in K. . Beide fuhren dorthin und be- obachteten das Geschäftslokal, das danach auch G. als Tatobjekt für geeignet hielt. Dieser gewann für die Tatbegehung drei Mittäter. Mit dem gesondert verfolgten Mittäter Sc. begab er sich erneut nach K. , um dort die Öffnungszeiten und die Arbeitsgewohnheiten des Geschäftsinhabers auszukundschaften. Er plante den Raubüberfall so akribisch, dass der Angeklagte aufgrund des Zeitablaufs mehrmals nachfragte, wann nun die Tat stattfinden solle. Nach der ursprünglichen Planung des von G. und seinen Komplizen am Vormittag des 9. März 2013 schließlich durchgeführten Überfalls sollte dabei eine Gaspistole des Mittäters Sc. verwendet werden. Da dieser seine Pistole jedoch nicht dabei hatte, erklärte sich der Angeklagte morgens auf telefonische Anfrage G. s bereit, ihm eine Waffe für den Überfall zur Verfügung zu stellen. G. holte bei ihm eine mit scharfer Munition geladene Pistole ab, die er anschließend an Sc. übergab, damit dieser sie zur Drohung einsetzen konnte.
Bei dem nachfolgenden Überfall auf das Juweliergeschäft, dessen Inha5 ber die Schusswaffe vorgehalten wurde, erbeuteten G. und seine Komplizen Gold, Schmuck und Bargeld im Gesamtwert von 33.000 Euro. Auf der Flucht vom Tatort gab Sc. einen Schuss in Richtung des ihn verfolgenden geschädigten Geschäftsinhabers ab und verfehlte ihn knapp. Das erbeutete Bargeld wurde zwischen G. und seinen drei Komplizen geteilt. Das Gold veräußerte G. und beteiligte an dem Erlös nur noch Sc. . Der Angeklagte , der als Tippgeber grundsätzlich an der Beute beteiligt werden sollte, erhielt kein Geld. G. übergab ihm einen Teil des erbeuteten Schmucks zur Veräußerung , ohne dass G. hierfür später einen Erlös erhielt (Fall II.A.2 der Urteilsgründe).

b) Weiterhin machte der Angeklagte dem früheren Mitangeklagten
6
G. den Vorschlag, ein Internetcafé in A. zu überfallen, in dem sich ein Filialgeschäft des Geldtransferunternehmens W. U. befand. Er wusste, wo dort Geld aufbewahrt wurde, und ihm war bekannt, dass insbesondere freitags größere Geldmengen vorhanden wären und dann eine Beute von etwa 10.000 Euro in Aussicht stehen würde. Er gab seine Informationen an G. weiter, und es wurde der Plan entwickelt, das Internetcafé an einem Freitag zu überfallen. G. , der die Tat gemeinsam mit den gesondert verfolgten Mittätern Sc. und M. begehen wollte, kundschaftete zunächst mit dem Angeklagten und M. die Örtlichkeit des geplanten Überfalls aus, bei dem eine Schreckschusswaffe benutzt werden sollte.
7
Nach einer weiteren Erkundung der Geschäftsräume durch G. und M. begaben sich beide gemeinsam mit Sc. zur Ausführung der Tat am 3. Mai 2013, einem Freitag, zum Internetcafé. Wegen der zu großen Anzahl von Besuchern verschoben sie die Tatbegehung jedoch um zwei Tage. Bei ihrem Raubüberfall am Abend des 5. März 2013 wurde der geschädigte Geschäftsinhaber mit einer Pistole bedroht, die – was dem Angeklagten nicht bekannt war – mit scharfer Munition geladen war. Die Beute betrug lediglich 300 Euro. Als G. und M. am nächsten Tag hiervon dem Angeklagten berichteten, verlangte dieser gleichwohl seinen zuvor verabredeten Anteil von 20 % an der Beute; sie wurde letztlich aber nur unter den Mittätern M. und Sc. aufgeteilt (Fall II.A.3 der Urteilsgründe).

c) Die Strafkammer hat den Angeklagten in beiden Fällen jeweils als Ge8 hilfen angesehen und ihn im Fall II.A.2 wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub gemäß §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1, 27 StGB und im Fall II.A.3 wegen Beihilfe zum schweren Raub gemäß §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 1 Nr. 1b,
27 StGB verurteilt. Sie hat bei ihrer Bewertung der Beteiligungsform maßgeblich darauf abgestellt, dass der Angeklagte, der nicht mehr in die weitere Ablaufplanung oder die Auswahl von Mittätern eingebunden gewesen sei, abgesehen von der Übergabe der Waffe im Fall II.A.2 weder den genauen Zeitpunkt noch die Art der Tatausführung beeinflusst habe. Dies spreche gegen eine üblicherweise einem Mittäter zukommende Tatherrschaft.
9
2. a) In einer von ihm angemieteten und allein genutzten Dachgeschosswohnung , die ihm zur Lagerung und Portionierung sowie als „Drogenkü- che“ zur Streckung von Betäubungsmitteln diente und bis auf eine Küchenzeile und einen Werkstattwagen unmöbliert war, verwahrte der Angeklagte insgesamt 1.425 g Marihuana (THC-Wirkstoffanteil 80,5 g) und 1.248 g Amphetamin (114 g Amphetaminbase) nebst 3 kg Streckmittel und Verpackungsmaterial. Die Betäubungsmittel, die er gewinnbringend verkaufen wollte, wurden bei einer Durchsuchung am 8. Dezember 2014 sichergestellt. Dabei wurden in einem unverschlossenen Schrank im Hausflur vor der Wohnung auch Haschischplatten mit einem Gesamtgewicht von 997 g gefunden, bei denen sich eine mit elf Patronen geladene Pistole befand (Fall II.B.2 der Urteilsgründe).
10
b) Eine eindeutige Zuordnung der im Vorflur der Wohnung gefundenen Haschischplatten nebst Schusswaffe hielt die Strafkammer nicht für möglich, da dieses Rauschgift in einem unverschlossenen Schrank gelagert habe, der sich im Hausflur in einem über das Treppenhaus für mehrere Personen zugänglichen Bereich befunden habe. Sie hat daher zu Gunsten des Angeklagten angenommen , dass das Haschisch und die Waffe dort von einer dritten Person deponiert worden sein könnten.

II.


11
Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zur Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen II.A.2 und II.A.3 Insoweit hält die revisionsgerichtlicher Kontrolle nur begrenzt zugängliche Beweiswürdigung des Landgerichts rechtlicher Überprüfung nicht stand. Im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
12
1. Die Beweiswürdigung zu Fall II.A.2 erweist sich als lückenhaft.
13
In den Urteilsgründen wird die Aussage des als Zeugen vernommenen Mittäters Sc. nur am Rande mit der Feststellung erwähnt, er habe zu einer Beteiligung des Angeklagten an der Tat in K. nichts bekunden können (UA S. 20). Damit lässt sich dem Urteil nicht entnehmen, ob sich dieser Zeuge zu der Behauptung des einzigen Belastungszeugen G. geäußert hat, Sc. habe am Morgen der Tat seine beim Überfall als Waffe vorgesehene Gasdruckpistole vergessen, sodass er, G. , kurzfristig eine andere Waffe habe beschaffen müssen, die er Sc. danach ausgehändigt habe. Diese Dar- stellung hat das Landgericht seiner Feststellung zugrunde gelegt, dass der Angeklagte die Tatwaffe zur Verfügung gestellt habe. Eine Hinterfragung dieser eine Tatbeteiligung des Angeklagten betreffenden Schilderung G. s hat insbesondere deshalb nahe gelegen, weil ihr zufolge der Mittäter Sc. entgegen der ursprünglichen Planung nunmehr eine scharfe Waffe verwendet und mit ihr auch geschossen hatte. Auch versteht es sich nach den Urteilsgründen nicht von selbst, weshalb G. gemeinsam mit seinen Mittätern zur Beschaf- fung einer Tatwaffe einen Umweg zum Tatort in Kauf genommen haben will, statt Sc. veranlasst zu haben, seine „vergessene" Waffe noch zu holen. Eine nähere inhaltliche Auseinandersetzung mit der Aussage des ZeugenSc. , in dessen Wahrnehmungsbereich die gemeinsame Fahrt mit G. zum Tatort und die Umstände einer Beschaffung der Tatwaffe fielen, ist hier angesichts der auch vom Landgericht bei Würdigung der Beweislage angenommenen Aussage -gegen-Aussage-Konstellation geboten gewesen, zumal das Landgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass bei dem Zeugen G. , der mit seinen früheren Aussagen in den Genuss einer Strafmilderung nach § 46b StGB kommen wollte, die Gefahr einer Falschbelastung des Angeklagten bestanden habe.
14
Hinzu kommt, dass das Landgericht bei den Schilderungen des Zeugen G. , denen es „eine hohe Konstanz“ beigemessen hat, eine erhebliche Divergenz in seinen Angaben zur Fahrt zum Tatort und zur Reihenfolge von Beschaffung der Waffe und Fahrtantritt unzureichend gewürdigt hat: Während G. nach seiner Zeugenaussage in der Hauptverhandlung die Waffe auf der gemeinsamen Fahrt zum Tatort beim Angeklagten besorgt haben will (UA S. 17), schilderte er in seiner früheren Einlassung als Angeklagter in seinem eigenen Verfahren, erst die Waffe beim Angeklagten inA. besorgt und sich hernach mit den Mittätern in seiner Wohnung in Ka. getroffen zu haben , um sodann zum Tatort nach K. zu fahren (UA S. 18). Diese Abweichung hat das Landgericht verkürzend allein unter dem Gesichtspunkt der Fahrt zum Tatort als eine nur unterlassene Erwähnung eines „Zwischenstopps" gewürdigt (UA S. 19). Bei der Erörterung dieses Aspekts hat es zudem nicht erkennbar den Umstand aussagekritisch bedacht, dass bei der von G. als Zeugen behaupteten Komplikation einer erst „kurzfristig“ am Morgen des Tattages von ihm zu beschaffenden anderen Tatwaffe trotz eines erheblichen Umwegs mit zwei Zwischenhalten auf dem Weg vonKa. nach K. , bei denen auch eine längere Fahrtstrecke in einer zum Tatort entgegengesetzten Richtung zurückzulegen war, die ursprünglich geplante Tatzeit von 9:30 Uhr (UA S. 17) mit der tatsächlich festgestellten Tatzeit von 9:40 Uhr (UA S. 9) nahezu eingehalten wurde.
2. Auch hinsichtlich des Falls II.A.3 beruhen die Feststellungen auf keiner
15
tragfähigen Beweiswürdigung.
Zwar hat sich das Landgericht bei seiner Überzeugungsbildung nicht nur
16
auf die Aussage des Zeugen G. , sondern auch auf die des weiteren Mittäters M. stützen können. Zudem hatte der Angeklagte zu diesem von ihm ebenfalls bestrittenen Tatvorwurf eingeräumt, mit G. und M. den späteren Tatort in A. einmal aufgesucht und von G. erfahren zu haben, dass dieser dort Geld an sich bringen wolle. Im Rahmen seiner Gesamtwürdigung hat das Landgericht jedoch ausgeführt, dass sich bereits „ein Muster im straf- rechtlichen Verhalten“ des Angeklagten abzeichne, der sich als Tippgeber für Überfälle im Hintergrund halte und sich für seine Informationen entlohnen lasse (UA S. 26). Insoweit hat das Landgericht allerdings maßgeblich auf die indizielle Bedeutung der festgestellten ersten Tatbeteiligung beim Überfall inK. abgestellt und damit auf einen Umstand, der – nach den vorstehenden Ausführungen zu II.1 – nicht berücksichtigt werden durfte.
17
3. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II.A.2 und II.A.3 zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.

III.


Die Revision der Staatsanwaltschaft führt überdies zur Aufhebung der
18
Verurteilung im Fall II.B.2 der Urteilsgründe (dazu unter III.2). Darauf, dass das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft in den Fällen II.A.2 und II.A.3 der Urteilsgründe auch zu Gunsten des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO), kommt es nach dem diesbezüglichen Erfolg der Revision des Angeklagten nicht mehr an(vgl. BGH, Urteile vom 23. Januar 2003 – 4 StR 412/02, NJW 2003, 2036, 2037; vom 11. März 2003 – 1 StR 507/02, NStZ-RR 2003, 186, 189; vom 15. Juli 2008 – 1 StR 144/08; vom 28. September 2011 – 2 StR 93/11; vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 55/12, BGHSt 58, 102, 110, und vom 14. August 2014 – 4 StR 163/14, NJW 2014, 3382, 3384 mwN). Im Übrigen ist das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft unbegründet, soweit sie sich zu Ungunsten des Angeklagten gegen die Schuldsprüche in den Fällen II.A.2 und II.A.3 wendet (dazu nachfolgend unter III.1).
19
1. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen in den Fällen II.A.2 und II.A.3 hält die Bewertung der Beteiligung des Angeklagten an den beiden Raubtaten lediglich als Beihilfe rechtlicher Prüfung stand.
20
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Mittäter , wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den von seiner Vorstellung umfassten gesamten Umständen in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein, sodass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (BGH, Urteil vom 15. Januar 1991 – 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291; Beschlüsse vom 29. September 2005 – 4 StR 420/05, NStZ 2006, 94; vom 26. März 2014 – 5 StR 91/14, und vom 14. Juli 2016 – 3 StR 129/16, StraFo 2016, 392, 393). In Grenzfällen hat der Bundesgerichtshof dem Tatgericht für die ihm obliegende Wertung einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Lässt das angefochtene Urteil erkennen, dass das Tatgericht die genannten Maßstäbe erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, so kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (BGH, Urteile vom 17. Juli 1997 – 1 StR 781/96, NJW 1997, 3385, 3387; vom 20. Januar 1998 – 5 StR 501/97, NStZ-RR 1998, 136; vom 31. Oktober 2001 – 2 StR 315/01, NStZ-RR 2002, 74, 75; vom 17. Oktober 2002 – 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; vom 10. November 2004 – 5 StR 403/04, NStZ-RR 2005, 71; vom 27. September 2012 – 4 StR 255/12, NStZ-RR 2013, 40, 41, und vom 10. Dezember 2013 – 5 StR 387/13).
21
b) Dem angefochtenen Urteil ist zu entnehmen, dass die Strafkammer diese Maßstäbe erkannt und ihrer Beurteilung der Tatbeiträge des Angeklagten zugrunde gelegt hat. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie unter ausdrücklicher Darstellung der vorgenannten Abgrenzungskriterien im Rahmen der rechtlichen Würdigung der Raubtaten eine differenzierende Betrachtung der jeweiligen Tatbeiträge des Angeklagten vorgenommen hat. Dabei hat die Strafkammer berücksichtigt, dass der Angeklagte an der konkreten Tatplanung und unmittelbaren Tatausführung durch G. und dessen Mittäter nicht beteiligt war. Umstände, die für mittäterschaftliches Handeln sprechen könnten, hat sie nicht außer Acht gelassen, deren Gewicht jedoch mit vertretbaren Erwägungen relativiert.
So hat das Landgericht im Hinblick auf eine Beteiligung an der Beute ge22 sehen, dass der Angeklagte im Fall II.A.2 keinen festen prozentualen Anteil erhalten sollte und von G. erst nach Teilung zwischen ihm und seinen Mittätern beteiligt wurde, die von dem Angeklagten als Tippgeber auch nichts wuss-
ten (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2001 – 2 StR 315/01, NStZ-RR 2002, 74, 75). Im Fall II.A.3 erhielt er letztlich nicht den vereinbarten prozentualen Anteil an der Beute, der für die mittäterschaftliche Beteiligung eines Tippgebers sprechen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1990 – 4 StR 143/90, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Tatherrschaft 4). Soweit der Angeklagte im Rahmen der Tatvorbereitung vor beiden Raubtaten die Örtlichkeiten mit G. in Augenschein nahm, machte es dessen weiteres eingehendes Auskundschaften mit anderen Tatgenossen zur näheren Tatplanung nicht entbehrlich. Die Zurverfügungstellung der Tatwaffe durch den Angeklagten im Fall II.A.2 war zwar eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Durchführung des geplanten Überfalles , jedoch erfolgte dies nicht aufgrund eigener Initiative des Angeklagten. Im Rahmen seiner Gesamtwürdigung hat das Landgericht die Nähe der Tatbeiträge des Angeklagten zur Beteiligungsform der Mittäterschaft nicht verkannt, allerdings maßgeblich darauf abgestellt, dass vor allem die fehlende Tatherrschaft für Teilnahmehandlungen in Form der Beihilfe sprechen.
23
Das Landgericht hat das Beweisergebnis danach umfassend gewürdigt und sich bei der Einordnung der Beteiligung des Angeklagten noch im tatrichterlichen Beurteilungsspielraum gehalten. Dass eine andere Bewertung möglich gewesen wäre, macht das gefundene Ergebnis nicht rechtsfehlerhaft.
24
2. Die Verurteilung im Fall II.B.2 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung hingegen nicht stand. Die Revision wendet sich mit Recht gegen die Beweiswürdigung, die der unterlassenen Zuordnung der Haschischplatten und der Schusswaffe zum Betäubungsmittelhandel des Angeklagten zugrunde liegt, und gegen den Schuldspruch nur wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

a) Das Revisionsgericht hat es allerdings grundsätzlich hinzunehmen,
25
wenn das Tatgericht Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten nicht zu überwinden vermag; dies gilt auch für die Verwirklichung der Voraussetzungen einer Qualifikation. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob ihm Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht etwa der Fall, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft ist oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit übertriebene Anforderungen gestellt worden sind. Insbesondere ist es weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, NJW 1995, 2300, 2301, und vom 3. Juni 2015 – 5 StR 55/15, NStZ-RR 2015, 255, 256 mwN).
26
b) Hier hat das Landgericht die Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche richterliche Überzeugungsbildung überspannt. Schon angesichts der räumlichen Nähe des unverschlossenen Schranks zu der allein vom Angeklagten genutzten Dachgeschosswohnung war es wahrscheinlich, dass er das Haschisch und die Waffe dort abgelegt hatte, zumal sich in diesem Obergeschoss keine weitere Wohnung befand. In die gebotene Gesamtwürdigung aller Umstände wäre weiter einzustellen gewesen, dass der Angeklagte erhebliche Mengen Rauschgift auch in dieser Wohnung lagerte, ohne sämtliche in seinem Besitz befindlichen Betäubungsmittel dort zu konzentrieren, wie die in seiner Privatwohnung zeitgleich am 8. Dezember 2014 sichergestellten 78 g Marihuana belegen. Demgegenüber entbehrt die Annahme des Landgerichts, das Haschisch und die Waffe könnten ungesichert von einer anderen, unbekannten Person im Vorflur vor der Wohnung des Angeklagten aufbewahrt worden sein, einer realen Anknüpfungsgrundlage. Es handelt sich um eine rein theoretische Überlegung, auf die das Tatgericht vernünftige Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten nicht stützen kann.
3. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II.B.2 der Urteilsgründe zieht
27
die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.
4. Das neue Tatgericht wird, um seiner Kognitionspflicht (§ 264 Abs. 1
28
StPO) hinsichtlich des dem Angeklagten mit der Anklageschrift vom 14. Januar 2015 vorgeworfenen Betäubungsmitteldelikts zu genügen, den im Tatkomplex II.B der Urteilsgründe festgestellten Sachverhalt auch hinsichtlich der am 8. Dezember 2014 in der Privatwohnung des Angeklagten sichergestellten 78 g Marihuana zu würdigen haben, die das Landgericht der zum Handeltreiben bestimmten Menge nicht zugerechnet hat (UA S. 29). Insoweit kommt bei erneuter Feststellung, dieses Rauschgift habe seinem Eigenkonsum gedient, eine Verurteilung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in Betracht.
Sander Schneider Berger
Bellay Feilcke