Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2017 - 1 StR 180/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 26. Juli 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
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- 1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 48 Fällen sowie Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 43 Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den Urteilen der Amtsgerichte Friedberg vom 21. Februar 2012 und Frankfurt am Main vom 20. Juni 2012 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten („wegen der Taten 5 – 14 und 49 – 57“) sowie zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren („wegen der Taten 1 – 4,15 – 48 sowie 58 – 91“) verurteilt und eine Entscheidung über die Anrechnung der in Portugal erlittenen Auslieferungshaft getroffen.
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- 2. Soweit der Beschwerdeführer ein Verfahrenshindernis bezüglich der Tat 49 geltend macht, wird auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts Bezug genommen.
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- 3. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- a) Zum Schuldspruch und zum Ausspruch über die Einzelfreiheitsstrafen hat die Revision des Angeklagten aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.
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- b) Der Ausspruch über die gegen den Angeklagten verhängten Gesamtfreiheitsstrafen hat keinen Bestand.
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- Das Landgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass dem Urteil des Amtsgerichts Friedberg eine Zäsurwirkung zukommt. Es hat aber übersehen, dass Taten nach § 266a Abs. 1, Abs. 2 StGB erst beendet sind, wenn die Beitragspflicht erloschen ist, sei es durch Beitragsentrichtung oder Wegfall des Beitragsschuldners (BGH, Beschlüsse vom 27. September 1991 – 2 StR 315/91, wistra 1992, 23 und vom 28. Oktober 2008 – 5 StR 166/08, BGHSt 53, 24, 31). Dies ist bei den Taten 49 – 57 nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht der Fall.
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- Die Kammer hätte daher die Fälle 49 – 57 in die zweite Gesamtfreiheitsstrafe , die für die nach dem 21. Februar 2012 beendeten Taten gebildet worden ist, einbeziehen müssen.
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- Durch die fehlerhafte Gesamtstrafenbildung ist der Angeklagte beschwert. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht in der Gesamtsumme geringere Gesamtstrafen gebildet hätte oder dass sich der Rechtsfehler in dem Fall, dass ihm weitere Taten zur Last gelegt werden sollten und die Gesamtstrafen erneut aufgelöst und weitere Taten in die dann neu zu bildenden Gesamtstrafen einbezogen werden müssten, zu seinem Nachteil auswirken könnte.
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- Der Ausspruch über die Gesamtstrafe war daher aufzuheben. Die Feststellungen haben Bestand; sie sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen.
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- Wegen des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) darf die Summe der beiden neu zu bildenden Gesamtfreiheitsstrafen nicht höher sein als die Summe der früheren Gesamtfreiheitsstrafen.
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber
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der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder - 2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.
(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
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aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält, - 2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält, - 3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet, - 4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder - 5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.
(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.
(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.