Bundesfinanzhof Beschluss, 08. Nov. 2011 - X B 221/10
Gericht
Gründe
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegen nicht vor.
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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen.
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a) Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob ein Versicherungsvertreter, der vertraglich zur Pflege des Bestands an Versicherungsverträgen verpflichtet ist, hierfür eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands auch dann bilden kann, wenn er eine Bestandspflegeprovision erhält, bedarf nicht der grundsätzlichen Klärung.
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Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), dass eine Rückstellung gebildet werden kann, wenn im Rahmen schwebender Geschäfte, zu denen auch Dauerschuldverhältnisse gehören können, ein Erfüllungsrückstand besteht. Das Bestehen eines solchen Erfüllungsrückstands bestimmt sich danach, ob die noch zu erbringende Leistung nicht nur an Vergangenes anknüpft, sondern durch Vergangenes abgegolten wird. Der so definierte Erfüllungsrückstand setzt eine Verpflichtung voraus, die sich als vom Vertragspartner durch dessen erbrachte Vorleistung erdient und eine am Bilanzstichtag des Steuerpflichtigen somit rückständige Gegenleistung darstellt (BFH-Urteile vom 27. Juni 2001 I R 11/00, BFHE 195, 567, BStBl II 2001, 758; vom 5. April 2006 I R 43/05, BFHE 213, 332, BStBl II 2006, 593, und Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 X R 41/07, BFH/NV 2010, 860).
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In Anwendung dieser Grundsätze hat der BFH entschieden, dass eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands zu bilden ist, wenn ein Versicherungsvertreter die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrags erhält (BFH-Urteil vom 28. Juli 2004 XI R 63/03, BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866, und Senatsurteile in BFH/NV 2010, 860, und vom 19. Juli 2011 X R 26/10, BFHE 234, 239).
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Ob eine solche Rückstellung auch gebildet werden kann, wenn der Versicherungsvertreter von der Versicherung nicht nur eine Abschlussprovision, sondern auch eine Bestandspflegeprovision erhält, hat der BFH zwar nicht entschieden. Diese Rechtsfrage bedarf indessen nicht der grundsätzlichen Klärung, weil sie in Anwendung der allgemeinen Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage des Erfüllungsrückstands zu beantworten ist.
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Danach genügt es für die Bildung einer solchen Rückstellung nicht, dass die Versicherung zur Pflege des Versicherungsbestands verpflichtet ist. Vielmehr muss sich auch feststellen lassen, dass die Abschlussprovision von der Versicherung in rechtlicher Hinsicht auch wegen der noch zu erbringenden Bestandspflege geleistet wird, sich also im Hinblick hierauf als Vorleistung darstellt. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach den gegebenen vertraglichen Bestimmungen. Es handelt sich daher um eine im jeweiligen Einzelfall vom FG als Tatsacheninstanz zu beurteilende Frage (BFH-Urteil in BFHE 213, 332, BStBl II 2006, 593, unter II.4.).
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Da es um das Vorliegen eines Verpflichtungsüberhangs geht, kann die erlangte Abschlussprovision nicht allein mit der Begründung als Vorleistung für die zu erbringende Bestandspflege angesehen werden, die vertraglich vereinbarten Bestandspflegeprovisionen seien nicht kostendeckend. Von diesen Grundsätzen geht ersichtlich auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung aus (Finanzgericht --FG-- München, Urteil vom 27. Februar 2008 10 K 1237/07, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 931, und Hessisches FG, Urteil vom 12. Februar 2009 1 K 24/08, nicht veröffentlicht, juris; vgl. auch Schmidt/ Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 5 Rz 550, Stichwort Bestandspflege).
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Soweit die Kläger darauf hinweisen, das FG Rheinland-Pfalz mache in seinem Urteil vom 25. Februar 2010 6 K 1570/07 (EFG 2010, 1592) abweichend hiervon die Anerkennung einer solchen Rückstellung davon abhängig, dass sich die Vermittlungsleistung und die Abschlussprovision nicht ausgeglichen gegenüberstünden, berücksichtigen sie nicht die weiteren Ausführungen des FG. Denn das FG hat darin ausdrücklich betont, dass es (hinsichtlich der Frage der Ausgeglichenheit) auf die Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen und nicht auf eine evtl. wirtschaftliche Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung ankommt.
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b) Grundsätzliche Bedeutung hat auch nicht die weitere von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die Rückstellungsfähigkeit einer Bestandspflegeverpflichtung voraussetze, dass die Verpflichtung mit einer wesentlichen Belastung verbunden sei. Dabei kann dahinstehen, ob diese Rechtsfrage im vorliegenden Rechtsstreit überhaupt klärbar wäre (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 30, m.w.N. aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung). Die Frage ist jedenfalls nicht klärungsbedürftig, denn der erkennende Senat hat sie in seinem Urteil vom 19. Juli 2011 X R 26/10 geklärt. Nach Ansicht des erkennenden Senats gibt es keine rechtliche Grundlage für die Annahme, die Bildung einer Rückstellung sei nur bei wesentlichen Verpflichtungen zulässig.
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2. Das angefochtene Urteil weicht auch nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO von den von den Klägern benannten FG-Entscheidungen ab.
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Eine solche Abweichung liegt nur vor, wenn das angefochtene Urteil und die benannten Divergenzentscheidungen bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen vertreten (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 53, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung). Hieran fehlt es im Streitfall. Die von den Klägern benannten Urteile des FG Münster vom 2. Dezember 2008 9 K 4216/07 K (EFG 2009, 454) und des FG Rheinland-Pfalz in EFG 2010, 1592 betreffen jeweils Gestaltungen, in denen dem Versicherungsvertreter lediglich eine Abschlussprovision, aber keine Folgeprovision gezahlt wurde. Diese Sachverhalte sind nicht mit demjenigen des Streitfalls vergleichbar. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger auch eine Provision für die Bestandspflege erhielt.
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3. Das angefochtene Urteil leidet auch nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO an einem qualifizierenden Rechtsanwendungsfehler. Ein solcher setzt voraus, dass das Urteil greifbar gesetzwidrig ist. Hierfür genügt ein "einfacher Rechtsanwendungsfehler" nicht. Vielmehr darf das Urteil unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sein, und es muss sich daher der Schluss aufdrängen, das Urteil beruhe auf sachfremden Erwägungen (BFH-Beschluss vom 13. Januar 2005 VII B 147/04, BFHE 208, 404, BStBl II 2005, 457). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall ersichtlich nicht vor. Klarstellend weist der angerufene Senat darauf hin, dass sich aus dem von den Klägern zitierten Vertretervertrag (insbesondere § 3 Abs. 2 und § 5 Abs. 2) lediglich ergibt, dass der Kläger zur Bestandspflege verpflichtet ist. Entscheidend ist im Streitfall aber die Beantwortung der Frage, ob die erlangte Abschlussprovision auch (teilweise) die Bestandspflegeverpflichtung abgilt und deshalb insoweit ein Erfüllungsrückstand besteht. Dies hat das FG jedenfalls mit vertretbarer Begründung verneint.
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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.