Bundesfinanzhof Urteil, 26. Juli 2012 - VI R 10/12
Gericht
Tatbestand
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I. Streitig ist, ob die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung vorliegen.
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Der aus M stammende, im April 1974 geborene und in den Streitjahren 2005 und 2006 ledige Kläger und Revisionskläger (Kläger) nahm im Jahr 2002 ein Studium in L auf. Am 15. Februar 2002 mieteten er und seine damalige Kommilitonin, Frau A, eine Wohnung in L, die sie fortan gemeinsam --nach Klägerangaben in Form einer Wohngemeinschaft-- bewohnten. Ausweislich des Mietvertrages verfügte diese Wohnung über drei Zimmer, Küche und Bad und war insgesamt ca. 86 qm groß. Der Kläger schloss sein Studium 2004 ab und ist seit dem 17. Januar 2005 in L nichtselbständig tätig. Die gemeinsame Wohnung behielten er und A bei. Am 1. November 2005 zog A aus der Wohnung aus; ab diesem Zeitpunkt war der Kläger alleiniger Mieter und Nutzer dieser Wohnung.
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Der Kläger behielt während der gesamten Zeit einen Wohnsitz auf dem elterlichen Grundstück in M bei. Das Grundstück, das zunächst beiden Eltern zu Miteigentum gehörte, war mit einem nicht in separate Wohnungen unterteilten Wohnhaus bebaut. Das Haus verfügte über fünf Wohn- bzw. Schlafzimmer, von denen zwei im Keller gelegen waren, sowie über zwei Badezimmer, von denen sich eines im Keller befand, und eine Küche. Die Kellerräume waren über einen separaten Eingang erreichbar. In dem im Keller gelegenen Bad befand sich die einzige Waschmaschine des Hauses. Der Kläger und seine Eltern bewohnten das Haus in den Streitjahren in der Weise gemeinsam, dass dem Kläger --nach seinen Angaben-- die beiden im Keller gelegenen Räume zur alleinigen, ausschließlichen Nutzung überlassen waren; das Badezimmer stand den Eltern für die Nutzung der Waschmaschine, im Übrigen aber dem Kläger zur Verfügung. Die (einzige) Küche des Hauses nutzte der Kläger gemeinsam mit seinen Eltern; allerdings stand dem Kläger im Keller ein eigener Kühlschrank zur Verfügung. Den einzigen Telefonanschluss im Haus nutzten der Kläger und seine Eltern gemeinsam.
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Ein Entgelt (Miete) für das Nutzen der Räumlichkeiten im Keller zahlte der Kläger an seine Eltern nicht. Es war jedoch vereinbart, dass der Kläger die Kosten für die Gebäudeversicherung, sämtliche im Haus anfallenden Reparaturrechnungen sowie die Grundsteuer zu tragen habe; die Eltern übernahmen demgegenüber für das gesamte Objekt die Betriebskosten (Strom, Heizung, Wasser). Der Kläger erledigte darüber hinaus Einkäufe für sich und für seine Eltern und übernahm körperlich schwere Arbeiten im Garten.
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Am 18. Oktober 2005 übertrug der Vater des Klägers diesem seinen Anteil an dem Grundstück. Seitdem sind der Kläger und seine Mutter Miteigentümer je zur Hälfte.
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In seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte der Kläger die ab dem 18. Oktober 2005 getragenen Aufwendungen für die Wohnung in L sowie für Familienheimfahrten in Höhe von 1.788 € (2005) bzw. 7.713 € (2006) geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte bei der Veranlagung für 2005 mit Bescheid vom 31. August 2006 die Kosten der Unterkunft zunächst an, nicht jedoch die Kosten für die Familienheimfahrten. Der Kläger erhob hiergegen am 7. September 2006 Einspruch. Das FA teilte dem Kläger daraufhin mit, nunmehr auch die Kosten der Unterbringung in L nicht mehr berücksichtigen zu wollen; die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung seien nicht gegeben. Für das Jahr 2006 verweigerte das FA im Bescheid vom 6. Juni 2007 den geltend gemachten Aufwendungen von vornherein die Anerkennung. Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Das FA habe den Aufwendungen im Rahmen der geltend gemachten doppelten Haushaltsführung zu Recht die Anerkennung versagt. Denn bei Würdigung aller bekannten Umstände des Streitfalles könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger in M einen eigenen Hausstand unterhalten habe.
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Mit der dagegen eingelegten Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 14. September 2011 12 K 12092/09 und die Teileinspruchsentscheidungen vom 23. März 2009 aufzuheben sowie den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 vom 31. August 2006 und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom 6. Juni 2007 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 1.788 € für das Jahr 2005 und 8.809 € für das Jahr 2006 berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Mangels Entscheidungserheblichkeit kann offenbleiben, ob die Rüge des Klägers, die Vorinstanz habe den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt, schlüssig erhoben wurde (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Juli 2009 VI R 13/08, BFH/NV 2009, 1986).
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1. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Dies gilt grundsätzlich auch für einen alleinstehenden Arbeitnehmer; auch er kann einen doppelten Haushalt führen (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Urteil vom 21. April 2010 VI R 26/09, BFHE 230, 5, BStBl II 2012, 618, m.w.N.).
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a) Hausstand i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist der Haushalt, den der Arbeitnehmer am Lebensmittelpunkt führt, also sein Erst- oder Haupthaushalt. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer ist entscheidend, dass er sich in dem Haushalt, im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeits- und urlaubsbedingte Abwesenheit, aufhält; denn allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist noch nicht als Unterhalten eines Hausstands zu bewerten. Ebenfalls wird ein eigener Hausstand nicht unterhalten, wenn der Arbeitnehmer die Haushaltsführung nicht zumindest mitbestimmt, sondern nur in einen fremden Haushalt --etwa in den der Eltern oder als Gast-- eingegliedert ist. Dann liegt keine eigene Haushaltsführung vor (BFH-Urteil in BFHE 230, 5, BStBl II 2012, 618, mit Hinweis auf BFH-Urteil vom 14. Juni 2007 VI R 60/05, BFHE 218, 229, BStBl II 2007, 890).
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b) Nach der vorgenannten Senatsrechtsprechung (Urteile in BFHE 230, 5, BStBl II 2012, 618; in BFHE 218, 229, BStBl II 2007, 890) ist insbesondere dann, wenn dem Arbeitnehmer die Wohnung unentgeltlich überlassen wird, zu prüfen, ob der Arbeitnehmer einen eigenen Hausstand unterhält oder in einen fremden eingegliedert ist. Dabei hat der Senat aber dem Merkmal der Entgeltlichkeit lediglich --eine gewichtige-- Indizfunktion beigemessen, ohne die Entgeltlichkeit indessen als unerlässliche Voraussetzung (conditio sine qua non) zu betrachten. Dies gilt sowohl für die Überlassung der Wohnung selbst als auch für die Kostentragung im Übrigen. Zwischen dem Unterhalten eines eigenen Haushalts und der Frage, wer die Kosten dafür trägt, ist zu unterscheiden. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass ein alleinstehender Steuerpflichtiger auch dann einen eigenen Haushalt unterhält, wenn nicht er selbst, sondern Dritte für diese Kosten aufkommen. Denn eine eigene Haushaltsführung des auswärts Beschäftigten ist nicht zwingend ausgeschlossen, wenn sich dessen finanzielle Beteiligung am Haushalt nicht feststellen lässt, wie auch umgekehrt aus einem finanziellen Beitrag allein nicht zwingend auf das Unterhalten eines eigenen Haushalts zu schließen ist (Senatsurteil vom 28. März 2012 VI R 87/10, BFHE 236, 553).
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c) Der Hausstand i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist der Erst- oder Haupthaushalt, den der Steuerpflichtige in einer Wohnung innehat. Ob ein Steuerpflichtiger in einer Wohnung einen eigenen Hausstand führt, kann mithin nur unter Berücksichtigung insbesondere der Einrichtung, der Ausstattung und der Größe eben dieser Wohnung entschieden werden. Wird der Haushalt in einer in sich abgeschlossenen Wohnung geführt, die auch nach Größe und Ausstattung ein eigenständiges Wohnen und Wirtschaften gestattet, wird regelmäßig vom Unterhalten eines eigenen Hausstands auszugehen sein (Senatsurteil in BFHE 236, 553). Allerdings müssen die dem Arbeitnehmer zur ausschließlichen Nutzung überlassenen Räumlichkeiten nicht den bewertungsrechtlichen Anforderungen an eine Wohnung gerecht werden (BFH-Urteil vom 14. Oktober 2004 VI R 82/02, BFHE 207, 292, BStBl II 2005, 98). Der Senat hat es in dieser Entscheidung auch für unerheblich angesehen, dass sich der Arbeitnehmer in der ihm von seinen Eltern überlassenen Wohnung die Sanitäreinrichtung mit seiner Schwester teilen musste, weil ihm die übrigen Räumlichkeiten eine eigenständige Haushaltsführung ermöglichten (vgl. auch BFH-Urteil vom 15. Dezember 2005 III R 27/05, BFHE 212, 376, BStBl II 2006, 561, m.w.N.). Entsprechendes gilt, wenn dem Arbeitnehmer die Küche nicht zur alleinigen Verfügung steht (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 1986). Deshalb kann ein eigener Hausstand auch dann unterhalten werden, wenn der Erst- oder Haupthausstand im Rahmen einer Wohngemeinschaft (mit den Eltern) geführt wird.
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Weiter sind aber auch die persönlichen Lebensumstände, Alter und Personenstand des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. So wird regelmäßig ein junger Steuerpflichtiger, der nach Schulabschluss gerade eine Ausbildung begonnen hat, noch eher in den Haushalt seiner Eltern eingegliedert sein, wenn er im Haus der Eltern wohnt, selbst wenn er dort auch eigene Räume zur Verfügung hat. Hatte der Steuerpflichtige dagegen schon --etwa im Rahmen einer gefestigten Beziehung oder Ehe-- andernorts einen eigenen Hausstand geführt, ist es regelmäßig nicht fernliegend, dass er einen solchen auch dann weiter unterhalten und fortführen wird, wenn er diesen aufgibt und wieder eine Wohnung im Haus seiner Eltern bezieht (Senatsurteil in BFHE 236, 553) oder gar den elterlichen Haushalt über- und seine Eltern wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit in den vormals elterlichen, nunmehr eigenen Haushalt aufnimmt.
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2. Die Entscheidung des FG entspricht diesen Grundsätzen nicht.
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Mit seiner Auffassung, der Kläger unterhalte keinen eigenen Hausstand, weil die Wohnsituation des Klägers am vermeintlichen Haupthausstand und seine finanzielle Beteiligung an diesem eher für einen gemeinsamen mit seinen Eltern betriebenen Haushalt, als für eine von den Eltern getrennte Haushaltsführung sprechen, verkennt das FG, dass ein eigener Hausstand auch dann unterhalten werden kann, wenn der Erst- oder Haupthausstand im Rahmen einer Wohngemeinschaft (mit den Eltern) geführt wird. Zwar sind Kinder zunächst in den Haushalt ihrer Eltern eingegliedert, und zwar regelmäßig auch dann, wenn sie nach Beendigung der Ausbildung --gegen Kostenbeteiligung-- weiterhin im elterlichen Haus eigene Räume bewohnen. Der "kleinfamilientypische" Haushalt der Eltern kann sich aber zu einem wohngemeinschaftsähnlichen, gemeinsamen und mitbestimmten, Mehrgenerationenhaushalt oder gar zum Haushalt des erwachsenen Kindes, in den die Eltern beispielsweise wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit aufgenommen sind, wandeln.
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3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang unter Beachtung der vorgenannten Rechtsgrundsätze entsprechende weitere Feststellungen --gegebenenfalls durch Zeugenbeweis-- zu dem behaupteten Haupthausstand treffen und auf dieser Grundlage erneut zu würdigen haben, ob der Kläger in den fraglichen Räumlichkeiten einen eigenen Hausstand i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG, möglicherweise im Rahmen eines Mehrgenerationenhaushalts, unterhalten hat.
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a) Dabei hat es insbesondere die Ausstattung der dem Kläger zur Verfügung stehenden Räume mit eigenen Möbeln und Haushaltsgegenständen, die Art und Weise der (u.U. gemeinsamen) Haushaltsführung und die persönliche Beteiligung des Klägers am möglichen Mehrgenerationenhaushalt, aber auch die Größe der Zweitwohnung und die erstmals im Revisionsverfahren behauptete Untervermietung am Beschäftigungsort in den Blick zu nehmen. Sollte das FG danach zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger einen eigenen Haupthaushalt führt, hat es zunächst zu prüfen, ob der Zweithaushalt am Beschäftigungsort beruflich veranlasst ist. Das ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer den Zweithaushalt führt, um von dort aus seinen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dann ist es insoweit auch unerheblich, ob der Arbeitnehmer diesen zweiten Haushalt allein oder gemeinsam mit Freunden oder Arbeitskollegen führt. Das Einkommensteuerrecht sieht insoweit keine weitere Motivforschung für die gewählte Wohnform am Beschäftigungsort vor, begrenzt den Werbungskostenabzug jedoch insoweit auf die notwendigen Mehraufwendungen und damit auf den durchschnittlichen Mietzins einer 60-qm-Wohnung (BFH-Urteil vom 28. März 2012 VI R 25/11, BFHE 237, 429, BFH/NV 2012, 1525). Sodann hat das FG festzustellen, ob sich der Lebensmittelpunkt des Klägers noch in seinem Heimatort befand.
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b) Letzteres ist auch dann erforderlich, wenn das FG erneut zu dem Ergebnis kommt, dass eine doppelte Haushaltsführung zu verneinen ist. Denn dann wird gegebenenfalls § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 6 EStG zu beachten sein. Wie der Kläger zutreffend ausführt, können auch Aufwendungen eines Arbeitnehmers für die Fahrten zwischen weiter entfernt liegender Wohnung und Arbeitsstätte gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen sein, sofern der Arbeitnehmer mehrere Wohnungen innehat, der örtliche Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen in der weiter entfernt liegenden Wohnung zu verorten ist und er diese Wohnung nicht nur gelegentlich aufsucht (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 6 EStG).
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Annotations
(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.
(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.
(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof
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in der Sache selbst entscheiden oder - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.
(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.
(1)1Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.2Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.3Werbungskosten sind auch
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Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.2Bei Leibrenten kann nur der Anteil abgezogen werden, der sich nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ergibt; - 2.
Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge, soweit solche Ausgaben sich auf Gebäude oder auf Gegenstände beziehen, die dem Steuerpflichtigen zur Einnahmeerzielung dienen; - 3.
Beiträge zu Berufsständen und sonstigen Berufsverbänden, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist; - 4.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro anzusetzen, höchstens jedoch 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.3Die Entfernungspauschale gilt nicht für Flugstrecken und Strecken mit steuerfreier Sammelbeförderung nach § 3 Nummer 32.4Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird.5Nach § 8 Absatz 2 Satz 11 oder Absatz 3 steuerfreie Sachbezüge für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag; ist der Arbeitgeber selbst der Verkehrsträger, ist der Preis anzusetzen, den ein dritter Arbeitgeber an den Verkehrsträger zu entrichten hätte.6Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, so sind die Wege von einer Wohnung, die nicht der ersten Tätigkeitsstätte am nächsten liegt, nur zu berücksichtigen, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird.7Nach § 3 Nummer 37 steuerfreie Sachbezüge mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag nicht; § 3c Absatz 1 ist nicht anzuwenden.8Zur Abgeltung der Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 2 für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer - a)
von 0,35 Euro für 2021, - b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
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Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 sowie keine Familienheimfahrten sind.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen, können die Fahrtkosten mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind.3Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte (§ 9 Absatz 4) und hat er nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen, gilt Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und Absatz 2 für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet entsprechend.4Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebietes gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. - 5.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen.2Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt.3Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.4Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens 1 000 Euro im Monat.5Aufwendungen für die Wege vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück (Familienheimfahrt) können jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich abgezogen werden.6Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte anzusetzen.7Nummer 4 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden.8Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kraftfahrzeug werden nicht berücksichtigt.9Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 6 eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer - a)
von 0,35 Euro für 2021, - b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
- 5a.
notwendige Mehraufwendungen eines Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Übernachtungen an einer Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist.2Übernachtungskosten sind die tatsächlichen Aufwendungen für die persönliche Inanspruchnahme einer Unterkunft zur Übernachtung.3Soweit höhere Übernachtungskosten anfallen, weil der Arbeitnehmer eine Unterkunft gemeinsam mit Personen nutzt, die in keinem Dienstverhältnis zum selben Arbeitgeber stehen, sind nur diejenigen Aufwendungen anzusetzen, die bei alleiniger Nutzung durch den Arbeitnehmer angefallen wären.4Nach Ablauf von 48 Monaten einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist, können Unterkunftskosten nur noch bis zur Höhe des Betrags nach Nummer 5 angesetzt werden.5Eine Unterbrechung dieser beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte führt zu einem Neubeginn, wenn die Unterbrechung mindestens sechs Monate dauert. - 5b.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer während seiner auswärtigen beruflichen Tätigkeit auf einem Kraftfahrzeug des Arbeitgebers oder eines vom Arbeitgeber beauftragten Dritten im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug für Kalendertage entstehen, an denen der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug entstehen, kann im Kalenderjahr einheitlich eine Pauschale von 8 Euro für jeden Kalendertag berücksichtigt werden, an dem der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte, - 6.
Aufwendungen für Arbeitsmittel, zum Beispiel für Werkzeuge und typische Berufskleidung.2Nummer 7 bleibt unberührt; - 7.
Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung, Sonderabschreibungen nach § 7b und erhöhte Absetzungen.2§ 6 Absatz 2 Satz 1 bis 3 ist in Fällen der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern entsprechend anzuwenden.
(2)1Durch die Entfernungspauschalen sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind.2Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können angesetzt werden, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.3Menschen mit Behinderungen,
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deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt, - 2.
deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind,
(3) Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 bis 5a sowie die Absätze 2 und 4a gelten bei den Einkunftsarten im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7 entsprechend.
(4)1Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.2Die Zuordnung im Sinne des Satzes 1 wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.3Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.4Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft
- 1.
typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder - 2.
je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
(4a)1Mehraufwendungen des Arbeitnehmers für die Verpflegung sind nur nach Maßgabe der folgenden Sätze als Werbungskosten abziehbar.2Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale anzusetzen.3Diese beträgt
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28 Euro für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, - 2.
jeweils 14 Euro für den An- und Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet, - 3.
14 Euro für den Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist; beginnt die auswärtige berufliche Tätigkeit an einem Kalendertag und endet am nachfolgenden Kalendertag ohne Übernachtung, werden 14 Euro für den Kalendertag gewährt, an dem der Arbeitnehmer den überwiegenden Teil der insgesamt mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
(5)1§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b bis 8a, 10, 12 und Absatz 6 gilt sinngemäß.2Die §§ 4j, 4k, 6 Absatz 1 Nummer 1a und § 6e gelten entsprechend.
(6)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.2Eine Berufsausbildung als Erstausbildung nach Satz 1 liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird.3Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn sie auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird.4Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen.5Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch abgeschlossen, wer die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat.