Bundesfinanzhof Beschluss, 23. Juli 2010 - IV B 12/09

published on 23/07/2010 00:00
Bundesfinanzhof Beschluss, 23. Juli 2010 - IV B 12/09
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Gericht

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Gründe

1

Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.

2

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

3

a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig sein muss (z.B. Senatsbeschlüsse vom 2. Dezember 2005 IV B 62/04, BFH/NV 2006, 543, unter 1. der Gründe, und vom 21. April 2010 IV B 32/09, juris, Rz 21, m.w.N.). Ein im allgemeinen Interesse liegendes Bedürfnis nach Klärung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sich diese Frage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt, wenn sie nicht bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist oder wenn neue Gesichtspunkte zu Unsicherheiten in der Beantwortung der Rechtsfrage führen und eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (z.B. Senatsbeschlüsse vom 27. Januar 2004 IV B 135/01, BFH/NV 2004, 783, und vom 21. April 2010 IV B 32/09, a.a.O.).

4

b) Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hält zum einen die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob bei einem betrieblich veranlassten Überpreis eine Teilwertabschreibung vom aktivierten Überpreis möglich ist, wenn sich der Erwerb im Nachhinein als Fehlmaßnahme herausstellt, weil die Entwicklung nach dem Erwerb zu einer Senkung des Teilwerts geführt hat. Diese Rechtsfrage ist nicht in dem genannten Sinne klärungsbedürftig. Nach dem Senatsurteil vom 7. Februar 2002 IV R 87/99 (BFHE 197, 550, BStBl II 2002, 294), das auch das Finanzgericht (FG) seiner Entscheidung zugrunde gelegt und auf das der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zu Recht hingewiesen hat, rechtfertigt ein beim Erwerb eines Grundstücks gezahlter Überpreis allein keine Teilwertabschreibung auf den niedrigeren Vergleichswert zu einem späteren Bilanzstichtag. Denn die Teilwertvermutung gilt auch bei Zahlung eines Überpreises; die Berufung auf eine Fehlmaßnahme allein im Hinblick auf die Zahlung eines überhöhten Kaufpreises ist ausgeschlossen. Der Überpreis nimmt jedoch an einer aus anderen Gründen gerechtfertigten Teilwertabschreibung in dem Verhältnis teil, das dem gegenüber dem Anschaffungszeitpunkt gesunkenen Vergleichswert entspricht. Jenem Senatsurteil lässt sich nicht entnehmen, dass die darin benannten Grundsätze nur für die dort entschiedenen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft Bedeutung haben (vgl. auch Kanzler, Finanz-Rundschau 2002, 628). Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass eine Fehlmaßnahme bei Änderung der wertbestimmenden Faktoren nach Anschaffung eines Wirtschaftsguts vorliege, beanstandet sie sinngemäß die Würdigung des FG, dass sie --die Klägerin-- unter den im Streitfall vorliegenden Umständen bewusst einen Überpreis vereinbart habe und eine die Teilwertabschreibung rechtfertigende Fehlmaßnahme nur insoweit vorliege, als sie aufgrund eines Irrtums über die kurzfristige Bebaubarkeit der streitbefangenen Grundstücke nicht den für Bauerwartungsland üblichen Preis bezahlt habe. Mit Einwendungen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des FG und der damit gerügten unzutreffenden Anwendung materiellen Rechts kann indes die Zulassung der Revision (auch) wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht erreicht werden (z.B. BFH-Beschluss vom 4. September 2007 VI B 53/06, BFH/NV 2007, 2326, m.w.N.).

5

c) Soweit die Klägerin die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam hält, ob ein Marktpreis notwendig voraussetzt, dass verschiedene Bieter das Wirtschaftsgut zu denselben Konditionen erwerben wollen, ist bereits nicht ersichtlich, dass diese Frage im Streitfall klärungsfähig wäre. Denn das FG ist bei seiner Sachverhaltswürdigung davon ausgegangen, dass die Klägerin offensichtlich die einzige Bieterin gewesen sei. Zutreffend weist deshalb das FA darauf hin, dass die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich sei, weil andere ernsthafte Bieter, die einen abweichenden höheren "Marktpreis" gezahlt hätten, nicht vorhanden gewesen seien.

6

2. Auch die geltend gemachten Verfahrensfehler (§§ 115 Abs. 2 Nr. 3, 119 Nr. 3 FGO) rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

7

a) Gegen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) aufgrund einer Überraschungsentscheidung des FG sprechen bereits die Ausführungen in der Beschwerdebegründung. Eine Überraschungsentscheidung ist nur anzunehmen, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht rechnen musste (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 1. Juli 1998 IV B 152/97, BFH/NV 1998, 1511; BFH-Beschluss vom 27. April 2010 VIII B 142/09, juris, jeweils m.w.N.). Die Klägerin hat indes vorgetragen, ihr Vertreter habe in der mündlichen Verhandlung um Frist für einen Schriftsatz zur Frage gebeten, ob ein Überpreis vorliege. Außerdem hat die Klägerin ausgeführt, sie habe erst am Ende der mündlichen Verhandlung erfahren, dass das FG den Kaufpreis nicht als Marktpreis ansehen könnte. Schon dies spricht --ungeachtet der in der Niederschrift vom 9. Dezember 2008 festgehaltenen Erörterungen in der mündlichen Verhandlung-- dagegen, dass die Klägerin die im Übrigen mit der streitbefangenen Teilwertabschreibung eng zusammenhängenden Fragen des Vorliegens eines Überpreises und der Ermittlung eines Marktpreises der streitbefangenen Grundstücke bis zur Kenntnis der angefochtenen FG-Entscheidung nicht in Betracht hätte ziehen können. Es kommt hinzu, dass das FG ein Sachverständigengutachten zum Verkehrswert der streitbefangenen Grundstücke zum Zeitpunkt ihres Erwerbs und des Bilanzstichtags eingeholt hat und dieses auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. Schließlich ist ein Urteil auch nicht deshalb eine Überraschungsentscheidung im Rechtssinne, weil es nicht den Erwartungen oder Hoffnungen eines Beteiligten entspricht (z.B. BFH-Beschluss vom 3. Mai 2010 VIII B 72/09, juris). Dies gilt auch dann, wenn das FG in einem vorangegangenen Gerichtsbescheid --wie hier hinsichtlich der Zahlung eines Überpreises-- noch eine andere Auffassung vertreten hat, die Sach- und Rechtslage jedoch nach einem Antrag auf mündliche Verhandlung (§ 90a Abs. 3 FGO) neu erörtert wird.

8

b) Des Weiteren ergeben sich auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das FG gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen haben könnte. Ein derartiger Verstoß setzte eine Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO dadurch voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der schriftlich festgehaltenem Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht oder eine nach den Akten eindeutig festgestellte Tatsache unberücksichtigt lässt (z.B. BFH-Beschlüsse vom 11. Februar 1999 III B 51/98, BFH/NV 1999, 970, und vom 27. August 2008 IX B 207/07, BFH/NV 2008, 2022). Nach diesen Maßstäben zeigt die Rüge der Klägerin, dass das FG anders als in seinem früheren Gerichtsbescheid die Bodenleitwertkarte in dem angegriffenen FG-Urteil nicht erwähnt habe, keinen Verfahrensfehler auf, ungeachtet dessen, dass die Klägerin ein Beruhen der FG-Entscheidung auf dem behaupteten Fehler lediglich für "wahrscheinlich" hält. Denn das FG hat erst nach seinem früheren Gerichtsbescheid ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Verkehrswerts der streitbefangenen Grundstücke eingeholt. Anschließend lag es nahe, dass sich das FG in seiner Urteilsbegründung vorrangig auf dieses Gutachten gestützt hat. Auch ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt im Übrigen nicht bereits deshalb vor, weil --worauf das FA zutreffend hinweist-- das FG den ihm vorliegenden Akteninhalt nicht entsprechend den klägerischen Vorstellungen gewürdigt hat oder die Würdigung fehlerhaft erscheint. Auch insoweit handelt es sich um materiell-rechtliche Fehler, nicht indes um einen Verfahrensverstoß (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 12. September 1996 X B 76/96, BFH/NV 1997, 246, und vom 24. April 2007 VIII B 251/05, BFH/NV 2007, 1521, jeweils m.w.N.).

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung
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Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde am 21. Juli 1997 von der M-GmbH und RH gegründet. Die M-GmbH war zu 51 v.H. und RH zu 49
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Annotations

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Das Gericht kann in geeigneten Fällen ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Hat das Finanzgericht in dem Gerichtsbescheid die Revision zugelassen, können sie auch Revision einlegen. Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestands und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.