Bundesfinanzhof Beschluss, 23. Sept. 2010 - III R 64/09
Gericht
Gründe
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Die Revision ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 124 Abs. 1, § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat die Frist für die Einlegung der Revision versäumt.
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Nach § 120 Abs. 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25. März 2008 zugestellt, so dass die Frist zur Einlegung der Revision mit Ablauf des 25. April 2008 endete. Allerdings war der Kläger zu diesem Zeitpunkt wegen Mittellosigkeit an der Einlegung der Revision gehindert. Das Hindernis entfiel jedoch mit Zustellung des Beschlusses über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH), d.h. am Donnerstag, dem 17. September 2009 (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. März 2003 VII B 196/02, BFHE 201, 425, BStBl II 2003, 609, unter II.1.a; Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 29. Mai 2008 IX ZB 197/07, BGHZ 176, 379).
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Ist wie im Fall des Klägers das für die Einhaltung einer gesetzlichen Frist verantwortliche Hindernis weggefallen, so ist nach § 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (z.B. BFH-Beschluss in BFHE 201, 425, BStBl II 2003, 609, unter II.1.b; Senatsbeschluss vom 12. Juli 2005 III S 1/05 (PKH), nicht amtlich veröffentlicht; vgl. auch BGH-Beschluss in BGHZ 176, 379, zu § 234 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Daher hätte die Revision als die versäumte Rechtshandlung spätestens am Donnerstag, dem 1. Oktober 2009 beim BFH eingehen müssen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 3, § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Die Revision war danach verspätet, denn sie ging beim BFH erst am 2. Oktober 2009 ein.
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2. Dem Kläger kann hinsichtlich der danach versäumten Frist für die Wiedereinsetzung in die versäumte Revisionseinlegungsfrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
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a) Wiedereinsetzung ist zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung einer gesetzlichen Frist verhindert war (§ 56 Abs. 1 FGO). Dies setzt voraus, dass innerhalb der in § 56 Abs. 2 FGO festgelegten Frist die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen können, vollständig, substantiiert und in sich schlüssig dargelegt werden. Beruft sich ein Prozessbevollmächtigter auf ein von ihm nicht zu vertretendes Büroversehen, so muss er darlegen, dass kein Organisationsfehler vorliegt. Hierzu hat er u.a. darzulegen, dass er alle Vorkehrungen dafür getroffen hat, die nach vernünftigem Ermessen die Nichtbeachtung von Fristen auszuschließen geeignet sind (z.B. BFH-Beschluss vom 5. November 2008 VII B 15/08, BFH/NV 2009, 589). Ein Prozessbevollmächtigter ist verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen sind. Dazu ist unerlässlich, dass ein Fristenkontrollbuch (Fristenkalender) oder eine vergleichbare Einrichtung zur Wahrung von Fristen geführt wird. In diesem Buch muss der Fristablauf für jede einzelne Sache vermerkt sein. Die Einhaltung der laufenden Fristen muss durch tägliche Einsichtnahme in den Fristenkalender gesichert werden. Die notierte Frist darf frühestens gelöscht werden, wenn das zur Fristwahrung bestimmte Schriftstück abgesandt oder zumindest postfertig gemacht worden ist (z.B. BFH-Beschluss vom 8. November 2006 VII R 20/06, BFH/NV 2007, 469).
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b) Aus der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags und der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung geht nicht hervor, dass in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten durch organisatorische Maßnahmen eine wirksame Posteingangs- und Fristenkontrolle generell sichergestellt war. Weder wurde behauptet, dass ein Fristenkontrollbuch geführt wurde, noch wurde dargelegt, dass im vorliegenden Fall überhaupt vorgesehen war, zu wahrende Fristen in eine vergleichbare Einrichtung einzutragen. Ungeachtet der Frage, was tatsächlich Gegenstand der behaupteten Einzelweisung des Bevollmächtigten an den Referendar gewesen ist (lediglich Einarbeitung in die Materien der PKH und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand? Oder "durcharbeiten" der Akte - und mit welchem Ziel? Oder selbständige Einlegung der Revision? Wiedervorlage unmittelbar nach Durchsicht der Akte, nach Bearbeitung "und umgehend vor Ablauf der dem Referendar bekannten Einlegungsfrist" oder sogar erst nach selbständiger Revisionseinlegung?), war auch der Referendar jedenfalls nicht zur Eintragung der einzuhaltenden Fristen angewiesen. Wären entsprechende Eintragungen in ein Fristenkontrollbuch erfolgt, so wäre das behauptete Versehen des Referendars noch rechtzeitig aufgefallen und eine Fristversäumung verhindert worden. Ein generelles Organisationsverschulden des Bevollmächtigten als Ursache der Fristversäumnis ist daher nicht auszuschließen.
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c) Ohne Erfolg beruft sich der Kläger unter Bezugnahme auf Entscheidungen des BGH darauf, dass es aufgrund einer Einzelanweisung seines Bevollmächtigten gegenüber dem Referendar auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in der Kanzlei nicht mehr angekommen sei. Denn auch der BGH geht in den zitierten Entscheidungen von der Verpflichtung eines Rechtsanwalts aus, durch entsprechende Organisation seines Büros dafür zu sorgen, dass Fristen ordnungsgemäß eingetragen und beachtet werden (vgl. BGH-Beschlüsse vom 9. Dezember 2009 XII ZB 154/09, Monatsschrift für deutsches Recht 2010, 400; vom 15. April 2008 VI ZB 29/07, Das juristische Büro 2009, 54; vom 15. November 2007 IX ZB 219/06, Neue Juristische Wochenschrift 2008, 526). Es ging in den zitierten Entscheidungen allein darum, ob ein Rechtsanwalt darauf vertrauen darf, dass eine gerade mit Fristensachen betraute und darin geschulte, bislang zuverlässige Mitarbeiterin eine konkrete Einzelweisung im Zusammenhang mit der Eintragung einer Frist korrekt ausführt. Darum geht es hier jedoch nicht. Denn der Referendar war jedenfalls nicht damit beauftragt, im vorliegenden Fall einzuhaltende, konkret bezeichnete Fristen in ein dafür vorgesehenes Fristenkontrollbuch einzutragen.
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(1) Der Bundesfinanzhof prüft, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision unzulässig.
(2) Der Beurteilung der Revision unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar sind.
(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.
(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.
(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof
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in der Sache selbst entscheiden oder - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.
(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.
(1) Die Revision ist bei dem Bundesfinanzhof innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen. Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils soll beigefügt werden, sofern dies nicht schon nach § 116 Abs. 2 Satz 3 geschehen ist. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Revisionseinlegung.
(2) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen; im Fall des § 116 Abs. 7 beträgt die Begründungsfrist für den Beschwerdeführer einen Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Frist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden.
(3) Die Begründung muss enthalten:
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die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Revisionsanträge); - 2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts oder der Entscheidung oder mit dem Zeitpunkt, an dem die Bekanntgabe als bewirkt gilt.
(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozessordnung.
(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.
(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.
(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.
(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.