Bundesfinanzhof Beschluss, 15. Dez. 2011 - II R 16/11

bei uns veröffentlicht am15.12.2011

Tatbestand

1

I. Das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer Steuerberatungsgesellschaft, ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 10. März 2011 zugestellt. Die vom FG zugelassene Revision wurde zwar fristgerecht eingelegt, aber nicht innerhalb der in § 120 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bestimmten und in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils genannten Frist von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils begründet.

2

Nachdem der Senatsvorsitzende die Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 18. Mai 2011 auf die Fristversäumnis und die Möglichkeit, gemäß § 56 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, hingewiesen hatte, beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Mai 2011 die Wiedereinsetzung. Zur Begründung führte sie aus, ihre Prozessbevollmächtigte habe im April 2011 Steuerberater A von B & C OHG (BC) beauftragt, die Revisionsbegründung zu entwerfen und den Rechtsstreit beim Bundesfinanzhof (BFH) weiterzuführen. Ihre Prozessbevollmächtigte habe A dazu die Akten übergeben. A sei zum 30. April 2011 aus der Sozietät BC ausgeschieden und habe sich Anfang Mai 2011 mit der DE Steuerberatungsgesellschaft mbH (DE) selbständig gemacht. Wegen der Mandatsübernahme und der Aktenmitnahme sei es zu Streitigkeiten zwischen A und BC gekommen mit der Folge, dass A die Akten des vorliegenden Verfahrens erst aufgrund einer am 16. Mai 2011 erzielten Einigung ausgehändigt erhalten habe.

3

Die Revisionsbegründung wurde von DE, die am 7. Juni 2011 von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin Prozessvollmacht erhielt, erstellt und ging am 8. Juni 2011 beim BFH ein. Mit Schreiben vom 28. Juli 2011 erläuterte DE die geltend gemachten Gründe für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Revision ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 124 Abs. 1, § 126 Abs. 1 FGO). Die Klägerin hat die Revision nicht rechtzeitig begründet. Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der in § 120 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO bestimmten Frist für die Begründung der Revision ist nicht zu gewähren.

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1. Nach § 56 Abs. 1 FGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Antrag ist bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen (§ 56 Abs. 2 Satz 2 FGO). Die den Antrag begründenden Tatsachen müssen innerhalb der Antragsfrist vorgetragen werden. Nur die Glaubhaftmachung kann noch während des Verfahrens erfolgen (BFH-Beschluss vom 10. Dezember 2010 V R 60/09, BFH/NV 2011, 617, m.w.N.). Innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO ist eine vollständige, substantiierte und in sich schlüssige Darstellung der für die Wiedereinsetzung wesentlichen Tatsachen erforderlich (BFH-Beschluss vom 23. September 2010 III R 64/09, BFH/NV 2011, 54). Dazu muss zumindest der Kern der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen vorgebracht werden. Nach Ablauf der Frist können Wiedereinsetzungsgründe nicht mehr nachgeschoben, sondern nur noch unklare und unvollständige Angaben erläutert oder ergänzt werden (BFH-Beschluss vom 20. Mai 2011 V S 10/11, BFH/NV 2011, 1526, m.w.N.). Bleibt die Verschuldensfrage offen, ist das Wiedereinsetzungsbegehren abzulehnen (BFH-Beschluss vom 18. Februar 2000 I B 136/99, BFH/NV 2000, 1108, m.w.N.).

6

2. Den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag vom 23. Mai 2011 lässt sich nicht entnehmen, dass die Klägerin ohne Verschulden verhindert gewesen sei, die Frist für die Revisionsbegründung einzuhalten.

7

a) Ein Prozessbevollmächtigter ist verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen sind. Dazu ist es unerlässlich, dass ein Fristenkontrollbuch (Fristenkalender) oder eine vergleichbare Einrichtung zur Wahrung von Fristen geführt wird. In diesem Buch muss der Fristablauf für jede einzelne Sache vermerkt sein. Die Einhaltung der laufenden Fristen muss durch tägliche Einsichtnahme in den Fristenkalender gesichert werden. Die Frist darf frühestens gelöscht werden, wenn das zur Fristwahrung bestimmte Schriftstück abgesandt oder zumindest postfertig gemacht worden ist (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2011, 54, und vom 8. Dezember 2010 IX R 12/10, BFH/NV 2011, 445).

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b) Die Klägerin hat im Wiedereinsetzungsantrag vom 23. Mai 2011 und auch im ergänzenden Schreiben vom 28. Juli 2011 keine Angaben dazu gemacht, ob und gegebenenfalls welche Vorkehrungen zur Wahrung von Fristen ihre Prozessbevollmächtigte und A getroffen hatten und ob die Frist zur Begründung der Revision in ein Fristenkontrollbuch oder eine vergleichbare Einrichtung eingetragen war.

9

Bereits dies steht der Gewährung der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegen. Der fehlende Vortrag zu den Maßnahmen zur Fristenkontrolle kann nicht durch die Darstellung der Probleme des A bei dem Ausscheiden aus der Kanzlei BC ersetzt werden. Dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerin A mit der weiteren Führung des Revisionsverfahrens beauftragt hatte, änderte grundsätzlich nichts an der ihr als Prozessbevollmächtigter obliegenden Pflicht, auf die Revisionsbegründungsfrist zu achten (vgl. BFH-Beschluss vom 19. September 1985 V R 29/80, BFH/NV 1986, 472). Ob etwas anderes gelten würde, wenn die Prozessbevollmächtigte und A klar und eindeutig vereinbart hätten, allein A solle für die Einhaltung der Frist verantwortlich sein, kann auf sich beruhen. Dass eine solche Vereinbarung zwischen der Prozessbevollmächtigten und A vorgelegen habe, hat die Klägerin nämlich nicht vorgetragen.

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A hätte zudem der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitteilen müssen, dass er aufgrund der Probleme beim Ausscheiden aus der Kanzlei BC voraussichtlich nicht in der Lage sein werde, die Revisionsbegründungsfrist zu wahren, um so der Prozessbevollmächtigten die Einhaltung der Frist zu ermöglichen. Es hätte dabei genügt, eine Fristverlängerung nach § 120 Abs. 2 Satz 3 FGO zu beantragen. Dass ein Fristverlängerungsantrag ohne Verschulden der Prozessbevollmächtigten und des A nicht habe gestellt werden können, hat die Klägerin nicht vorgebracht. War ein Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist möglich, scheidet ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (BFH-Beschluss vom 27. Juni 2003 IV B 27/02, BFH/NV 2003, 1438).

11

c) Die Klägerin muss sich das Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 445).

Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 15. Dez. 2011 - II R 16/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 15. Dez. 2011 - II R 16/11

Referenzen - Gesetze

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 155


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz
Bundesfinanzhof Beschluss, 15. Dez. 2011 - II R 16/11 zitiert 8 §§.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 56


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 120


(1) Die Revision ist bei dem Bundesfinanzhof innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen. Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils soll beigefügt we

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 124


(1) Der Bundesfinanzhof prüft, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision unzulässig. (2) Der Beurteilung der Revision

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Bundesfinanzhof Beschluss, 15. Dez. 2011 - II R 16/11 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Bundesfinanzhof Beschluss, 20. Mai 2011 - V S 10/11

bei uns veröffentlicht am 20.05.2011

Tatbestand 1 I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Rügeführerin (Klägerin) wendet sich mit ihrer Anhörungsrüge und Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Senats vom 1

Bundesfinanzhof Beschluss, 08. Dez. 2010 - IX R 12/10

bei uns veröffentlicht am 08.12.2010

Tatbestand 1 I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Revisionsklägers (Kläger), mit der er nachträgliche Schuldzinsen und Gebühren aus der früheren Betei

Bundesfinanzhof Beschluss, 23. Sept. 2010 - III R 64/09

bei uns veröffentlicht am 23.09.2010

Gründe 1 Die Revision ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 124 Abs. 1, § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesfinanzhof Beschluss, 15. Dez. 2011 - II R 16/11.

Finanzgericht München Urteil, 10. März 2017 - 12 K 2612/14

bei uns veröffentlicht am 10.03.2017

Tatbestand Streitig ist, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumnis der Klagefrist gewährt werden kann und ob verdeckte Gewinnausschüttungen vorliegen. I. Mit Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 30. Augus

Referenzen

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Der Bundesfinanzhof prüft, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision unzulässig.

(2) Der Beurteilung der Revision unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar sind.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

Gründe

1

Die Revision ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 124 Abs. 1, § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

2

1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat die Frist für die Einlegung der Revision versäumt.

3

Nach § 120 Abs. 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25. März 2008 zugestellt, so dass die Frist zur Einlegung der Revision mit Ablauf des 25. April 2008 endete. Allerdings war der Kläger zu diesem Zeitpunkt wegen Mittellosigkeit an der Einlegung der Revision gehindert. Das Hindernis entfiel jedoch mit Zustellung des Beschlusses über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH), d.h. am Donnerstag, dem 17. September 2009 (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. März 2003 VII B 196/02, BFHE 201, 425, BStBl II 2003, 609, unter II.1.a; Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 29. Mai 2008 IX ZB 197/07, BGHZ 176, 379).

4

Ist wie im Fall des Klägers das für die Einhaltung einer gesetzlichen Frist verantwortliche Hindernis weggefallen, so ist nach § 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (z.B. BFH-Beschluss in BFHE 201, 425, BStBl II 2003, 609, unter II.1.b; Senatsbeschluss vom 12. Juli 2005 III S 1/05 (PKH), nicht amtlich veröffentlicht; vgl. auch BGH-Beschluss in BGHZ 176, 379, zu § 234 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Daher hätte die Revision als die versäumte Rechtshandlung spätestens am Donnerstag, dem 1. Oktober 2009 beim BFH eingehen müssen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 3, § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Die Revision war danach verspätet, denn sie ging beim BFH erst am 2. Oktober 2009 ein.

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2. Dem Kläger kann hinsichtlich der danach versäumten Frist für die Wiedereinsetzung in die versäumte Revisionseinlegungsfrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.

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a) Wiedereinsetzung ist zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung einer gesetzlichen Frist verhindert war (§ 56 Abs. 1 FGO). Dies setzt voraus, dass innerhalb der in § 56 Abs. 2 FGO festgelegten Frist die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen können, vollständig, substantiiert und in sich schlüssig dargelegt werden. Beruft sich ein Prozessbevollmächtigter auf ein von ihm nicht zu vertretendes Büroversehen, so muss er darlegen, dass kein Organisationsfehler vorliegt. Hierzu hat er u.a. darzulegen, dass er alle Vorkehrungen dafür getroffen hat, die nach vernünftigem Ermessen die Nichtbeachtung von Fristen auszuschließen geeignet sind (z.B. BFH-Beschluss vom 5. November 2008 VII B 15/08, BFH/NV 2009, 589). Ein Prozessbevollmächtigter ist verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen sind. Dazu ist unerlässlich, dass ein Fristenkontrollbuch (Fristenkalender) oder eine vergleichbare Einrichtung zur Wahrung von Fristen geführt wird. In diesem Buch muss der Fristablauf für jede einzelne Sache vermerkt sein. Die Einhaltung der laufenden Fristen muss durch tägliche Einsichtnahme in den Fristenkalender gesichert werden. Die notierte Frist darf frühestens gelöscht werden, wenn das zur Fristwahrung bestimmte Schriftstück abgesandt oder zumindest postfertig gemacht worden ist (z.B. BFH-Beschluss vom 8. November 2006 VII R 20/06, BFH/NV 2007, 469).

7

b) Aus der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags und der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung geht nicht hervor, dass in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten durch organisatorische Maßnahmen eine wirksame Posteingangs- und Fristenkontrolle generell sichergestellt war. Weder wurde behauptet, dass ein Fristenkontrollbuch geführt wurde, noch wurde dargelegt, dass im vorliegenden Fall überhaupt vorgesehen war, zu wahrende Fristen in eine vergleichbare Einrichtung einzutragen. Ungeachtet der Frage, was tatsächlich Gegenstand der behaupteten Einzelweisung des Bevollmächtigten an den Referendar gewesen ist (lediglich Einarbeitung in die Materien der PKH und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand? Oder "durcharbeiten" der Akte - und mit welchem Ziel? Oder selbständige Einlegung der Revision? Wiedervorlage unmittelbar nach Durchsicht der Akte, nach Bearbeitung "und umgehend vor Ablauf der dem Referendar bekannten Einlegungsfrist" oder sogar erst nach selbständiger Revisionseinlegung?), war auch der Referendar jedenfalls nicht zur Eintragung der einzuhaltenden Fristen angewiesen. Wären entsprechende Eintragungen in ein Fristenkontrollbuch erfolgt, so wäre das behauptete Versehen des Referendars noch rechtzeitig aufgefallen und eine Fristversäumung verhindert worden. Ein generelles Organisationsverschulden des Bevollmächtigten als Ursache der Fristversäumnis ist daher nicht auszuschließen.

8

c) Ohne Erfolg beruft sich der Kläger unter Bezugnahme auf Entscheidungen des BGH darauf, dass es aufgrund einer Einzelanweisung seines Bevollmächtigten gegenüber dem Referendar auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in der Kanzlei nicht mehr angekommen sei. Denn auch der BGH geht in den zitierten Entscheidungen von der Verpflichtung eines Rechtsanwalts aus, durch entsprechende Organisation seines Büros dafür zu sorgen, dass Fristen ordnungsgemäß eingetragen und beachtet werden (vgl. BGH-Beschlüsse vom 9. Dezember 2009 XII ZB 154/09, Monatsschrift für deutsches Recht 2010, 400; vom 15. April 2008 VI ZB 29/07, Das juristische Büro 2009, 54; vom 15. November 2007 IX ZB 219/06, Neue Juristische Wochenschrift 2008, 526). Es ging in den zitierten Entscheidungen allein darum, ob ein Rechtsanwalt darauf vertrauen darf, dass eine gerade mit Fristensachen betraute und darin geschulte, bislang zuverlässige Mitarbeiterin eine konkrete Einzelweisung im Zusammenhang mit der Eintragung einer Frist korrekt ausführt. Darum geht es hier jedoch nicht. Denn der Referendar war jedenfalls nicht damit beauftragt, im vorliegenden Fall einzuhaltende, konkret bezeichnete Fristen in ein dafür vorgesehenes Fristenkontrollbuch einzutragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Rügeführerin (Klägerin) wendet sich mit ihrer Anhörungsrüge und Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Senats vom 10. Dezember 2010 V R 60/09 (BFH/NV 2011, 617), mit dem der Senat die Revision der Klägerin als unzulässig verworfen und einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abgelehnt hat und auf den der Senat Bezug nimmt.

Entscheidungsgründe

2

II. 1. Die Anhörungsrüge der Klägerin ist unbegründet.

3

a) Nach § 133a Abs. 1 FGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Rüge muss das Vorliegen der genannten Voraussetzungen darlegen (§ 133a Abs. 2 Satz 5 FGO).

4

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes und § 96 Abs. 2 FGO) verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Verfahrensstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Mai 2005 VII S 17/05, BFH/NV 2005, 1614; vom 27. Dezember 2006 V S 24/06, BFH/NV 2007, 1667; vom 16. Juni 2009 XI S 4/09, juris).

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b) Der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör ist durch die Entscheidung über die Unzulässigkeit der Revision nicht verletzt worden.

6

aa) Die Klägerin rügt zu Unrecht, dass sie ihren Vortrag zur Wiedereinsetzung auch noch durch den Schriftsatz vom 20. August 2010, der erst nach Ablauf der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO erstellt wurde, habe ergänzen können. Sie berücksichtigt dabei nicht hinreichend, dass nach der Rechtsprechung des BFH die Wiedereinsetzung in formeller Hinsicht eine in sich schlüssige Darstellung der für die Wiedereinsetzung wesentlichen Tatsachen innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 FGO erfordert und hierfür zumindest der Kern der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen vorgebracht werden muss. Nach Ablauf der Frist können Wiedereinsetzungsgründe nicht mehr nachgeschoben, sondern nur noch unklare und unvollständige Angaben erläutert oder ergänzt werden (BFH-Urteil vom 21. Februar 1995 VIII R 76/93, BFH/NV 1995, 989, und BFH-Beschluss vom 26. April 2005 I B 248/04, BFH/NV 2005, 1591). Dabei ist die Aufgabe zur Post vollständig zu schildern, d.h. es sind die Personen namentlich zu benennen, die mit der weiteren Bearbeitung der Postausgänge an diesem Tag betraut waren (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. April 1989 II B 197/88, BFH/NV 1990, 298; vom 13. Juli 1989 VIII R 64/88, BFH/NV 1990, 577, und vom 19. Januar 1993 X R 82/92, BFH/NV 1993, 611). Lücken in der Begründung des Wiedereinsetzungsbegehrens können nach Ablauf der Frist des § 56 Abs. 2 FGO nicht mehr geschlossen werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 1993, 611).

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Dem genügte der Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin nicht, da sie sich bei ihrem Wiedereinsetzungsantrag vom 15. April 2010 innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist auf die Mitteilung beschränkt hatte, dass die Sekretariatsleiterin des Prozessbevollmächtigten, Frau W., den Brief, der das Schreiben mit der Revisionsbegründung enthielt, am Montag, den 29. März 2010, "in die Mittagspost" gegeben habe, "damit der Brief am gleichen Tag noch der Post zugeführt wurde", ohne aber innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist die eigentliche Aufgabe zur Post zu schildern, die nach dem verspäteten Schriftsatz vom 20. August 2010 darin bestanden habe, dass die Ausgangspost "in einem Postrundgang von dem Mitarbeiter der Poststelle ab ca. 13.30 Uhr eingesammelt und dann ab 14.15 Uhr in der Poststelle bearbeitet" werde, dass ausgehende Briefe dort mit einer verbandseigenen Frankiermaschine frankiert und gegen 15:30 Uhr "zur Abholung durch einen Abholdienst" (Firma X) "an einer verabredeten Stelle in der Tiefgarage" des Verbandsgebäudes "deponiert" würde, dass der Abholdienst "die gegen 16.30 Uhr abgeholte Post bis 20.00 Uhr (Annahmeschluss für Großkunden)" in ein Postverteilzentrum einliefere, dass die Mitarbeiter der Poststelle Herr W und Herr Z bestätigt hätten, dass es sich bei der Firma X um einen "außergewöhnlich zuverlässigen, pünktlichen und korrekten Abholdienst" handele und dass entsprechend dem üblichen "Prozedere" auch am 29. März 2010 verfahren worden sei.

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Die Klägerin beruft sich für ihre Auffassung, der Senat hätte diesen Vortrag berücksichtigen müssen, ohne Erfolg auf das BFH-Urteil vom 27. März 1985 II R 118/83 (BFHE 144, 1, BStBl II 1985, 568), nach dem der Vortrag zur Aufgabe zur Post auch noch nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist ergänzt werden kann. Denn die Klägerin hat im Streitfall innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist keine Ausführungen zur Aufgabe zur Post, sondern nur zu Vorbereitungshandlungen für die Postaufgabe gemacht.

9

bb) Die Klägerin macht geltend, der Senat habe ihren fristgerechten Vortrag zur Vorlage des Postausgangsbuchs nicht beachtet. In ihrem Schriftsatz vom 15. April 2010 verwies sie auf die Kopie eines Fristenbuchs, hat als Anlage zu diesem Schriftsatz tatsächlich aber eine Kopie aus ihrem Postausgangsbuch beigefügt. Hierauf bezieht sich der nicht entscheidungserhebliche Hinweis des Senats. Dass sie nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist einen Auszug ihres Terminsbuchs in Kopie eingereicht hat, ändert hieran nichts.

10

cc) Zur konkret anwendbaren Frist des § 56 Abs. 2 FGO hat sich der Senat in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2010 nicht geäußert, da der Schriftsatz der Klägerin vom 20. August 2010 in jedem Fall verspätet war.

11

2. Die Gegenvorstellung der Klägerin ist nicht statthaft. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 25. November 2008  1 BvR 848/07, BVerfGE 122, 190) und des BFH (Beschlüsse vom 1. Juli 2009 V S 10/07, BFHE 225, 310, BStBl II 2009, 824; vom 19. November 2009 III S 43/09, BFH/NV 2010, 453; vom 28. Mai 2010 III S 11/10, BFH/NV 2010, 1651; vom 14. Oktober 2010 X S 19/10, BFH/NV 2011, 62) kann eine Gegenvorstellung nur noch gegen eine abänderbare Entscheidung des Gerichts erhoben werden. Die Entscheidung über die Zurückweisung der Revision wird hingegen materiell rechtskräftig und ist daher nicht mehr änderbar.

Tatbestand

1

I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Revisionsklägers (Kläger), mit der er nachträgliche Schuldzinsen und Gebühren aus der früheren Beteiligung i.S. von § 17 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. der Streitjahre … geltend machte, abgewiesen.

2

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde wurde die Revision mit dem am 19. März 2010 zugestellten Beschluss des Senats vom 23. Februar 2010 zugelassen. Die Revisionsbegründung ist erst am 25. Mai 2010 und damit verspätet eingegangen (§ 120 Abs. 2 Satz 1, zweiter Halbsatz der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

3

Seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründet der Kläger folgendermaßen: Sein Prozessvertreter habe Ende Januar einen Skiunfall gehabt und sich dabei das Schultergelenk ausgekugelt. Er sei beschränkt arbeitsfähig gewesen und im Büro sei Chaos aufgekommen. Hinzu sei ein Mitarbeiterwechsel gekommen und die elektronische Terminüberwachung sei umgestellt worden, was erhebliche Einarbeitungs- und Umorganisationsschwierigkeiten ausgelöst habe. Die neue Mitarbeiterin habe zwar den Fall eingescannt, dabei aber keinen Termin vorgegeben.

4

Der Kläger beantragt sinngemäß,

ihm wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Er beantragt ferner sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung --jedenfalls wegen Verstoßes gegen rechtliches Gehör (§ 119 Nr. 3 FGO)-- in der Sache zu entscheiden.

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Der Kläger erhebt ferner Restitutionsklage und beantragt überdies die Fortführung des Verfahrens nach § 133a Abs. 1 Nr. 2 FGO.

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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) beantragt,

die Revision wie auch die übrigen Anträge als unzulässig zu verwerfen.

Entscheidungsgründe

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II. 1. Die Revision ist unzulässig und deshalb nach § 126 Abs. 1 FGO zu verwerfen, weil der Kläger die am 19. April 2010 abgelaufene Frist für die Begründung der Revision versäumt hat und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann.

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Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 Abs. 1 FGO kann dem Kläger nicht gewährt werden. Er war nicht ohne Verschulden gehindert, die Frist für die Einlegung der Revision einzuhalten. Der Kläger muss sich das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung --ZPO--).

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a) Beruft sich ein durch einen Prozessbevollmächtigten vertretener Beteiligter --wie im Streitfall der Kläger-- auf ein (nicht zu vertretendes) Büroversehen, so muss er innerhalb der vorgeschriebenen Begründungsfrist (§ 56 Abs. 2 FGO) darlegen, wie die Fristenkontrolle in seinem Büro im Einzelnen organisiert ist und welche organisatorischen Maßnahmen die ordnungsgemäße Überwachung der Frist unter normalen Umständen gewährleisten. Ein Prozessbevollmächtigter ist verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen sind. Dazu ist unerlässlich, dass ein Fristenkontrollbuch (Fristenkalender) oder eine vergleichbare Einrichtung zur Wahrung von Fristen geführt wird. In diesem Buch muss der Fristablauf für jede einzelne Sache vermerkt sein. Die Einhaltung der laufenden Fristen muss durch tägliche Einsichtnahme in den Fristenkalender gesichert werden. Die notierte Frist darf frühestens gelöscht werden, wenn das zur Fristwahrung bestimmte Schriftstück abgesandt oder zumindest postfertig gemacht worden ist (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--, z.B. BFH-Beschlüsse vom 30. September 2008 IX R 91/07, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2009, 449, und vom 8. November 2006 VII R 20/06, BFH/NV 2007, 469, m.w.N.; Söhn in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 56 FGO Rz 135 i.V.m. § 110 AO Rz 265 f.).

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b) Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat weder dargelegt noch durch präsente Beweismittel glaubhaft gemacht, dass im Streitfall die Überwachung und Einhaltung von Fristen durch strukturelle organisatorische Maßnahmen (z.B. das Führen eines Fristenkontrollbuches oder eine vergleichbare Maßnahme) im Grundsatz gewährleistet war und nur infolge eines Versehens der Mitarbeiterin hiervon abgewichen wurde. Er hat --wie das FA in seiner Beschwerdeerwiderung zutreffend hervorhebt-- nichts dazu vorgetragen, ob der konkrete Termin, der sich aus dem Zulassungsbeschluss des BFH ergab, überhaupt vermerkt, ob er eingetragen oder überwacht wurde. Obschon die Schwierigkeiten bei der offenbar elektronisch gestützten Überwachung bekannt waren, wurde ersichtlich keine andere Vorsorge zur Terminüberwachung getroffen. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Schriftsatz vom 12. September 2010, der im Übrigen allenfalls zur Substantiierung des bereits Vorgetragenen herangezogen werden kann (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO), der sich aber auch nicht auf den Termin bezieht, um den es hier geht. Die Begründung des Wiedereinsetzungsantrags ist damit nicht geeignet, die Fristversäumung mit einem entschuldbaren Büroversehen der Mitarbeiterin zu erklären; als Fehlerursache kommt auch ein Organisationsverschulden des Bevollmächtigten in Betracht.

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2. Die Restitutionsklage ist nicht statthaft und deshalb unzulässig. Nach § 134 FGO kann nur ein rechtskräftig beendetes Verfahren nach den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung, §§ 578 ff. ZPO, wieder aufgenommen werden. Daran fehlt es bereits; denn das Verfahren wird erst nach Ergehen dieses Beschlusses rechtskräftig beendet. Zuständig wäre überdies das FG (§ 584 Abs. 1 ZPO). Ferner wäre eine Wiederaufnahme durch Restitution nach § 582 ZPO subsidiär. Der Kläger war imstande, den von ihm behaupteten Verfahrensmangel im Klage- oder Revisionsverfahren geltend zu machen. In der Tat hat der Kläger den Verfahrensmangel im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde (IX B 197/09) geltend gemacht.

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3. Auch die Anhörungsrüge ist nicht statthaft, schon deshalb, weil ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des FG --nämlich die Revision-- gegeben ist (s. § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO). Überdies ist die Anhörungsrüge bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird (§ 133a Abs. 2 Satz 4 FGO). Das wäre hier wiederum das FG.

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4. Der Antrag auf Änderung des Steuerbescheides gemäß § 101 FGO ist unzulässig. Es fehlt hier schon an einer Verpflichtungsklage.

(1) Die Revision ist bei dem Bundesfinanzhof innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen. Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils soll beigefügt werden, sofern dies nicht schon nach § 116 Abs. 2 Satz 3 geschehen ist. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Revisionseinlegung.

(2) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen; im Fall des § 116 Abs. 7 beträgt die Begründungsfrist für den Beschwerdeführer einen Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Frist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden.

(3) Die Begründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Revisionsanträge);
2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.