Bundesfinanzhof Beschluss, 05. März 2012 - III B 236/11

bei uns veröffentlicht am05.03.2012

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) --eine diplomierte Textilingenieurin (Studienrichtung Bekleidungstechnik)-- übte im Streitjahr 2006 eine als "Marketingberaterin für Musik, Kunst und Mode" bezeichnete Tätigkeit aus. Ihre hieraus erzielten Einkünfte erklärte sie als solche aus selbständiger Arbeit (§ 18 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung --EStG--). Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) wertete die Tätigkeit der Klägerin demgegenüber aufgrund der von ihr eingereichten Beschreibung als "Beratung im Bereich der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit (Public-Relations-Berater)" und demzufolge als gewerblich i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Darüber hinaus erkannte er verschiedene Aufwendungen, u.a. für eine zweiwöchige Reise nach Thailand, nicht als Betriebsausgaben an. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Die anschließende Klage wurde von der X-Steuerberatungsgesellschaft mbH (GmbH) im Namen der Klägerin eingereicht.

2

Nach Ladung der GmbH als Prozessbevollmächtigte der Klägerin zur mündlichen Verhandlung am 18. Januar 2011 war am 13. Januar 2011 ein Schriftsatz von Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsanwalt K beim Finanzgericht (FG) eingegangen, in dem dieser u.a. darauf hinwies, er bestelle sich in Untervollmacht für die Klägerin. Am 17. Januar 2011 bat K um Terminsaufhebung. In einem beigefügten Attest wurde ihm bescheinigt, aufgrund eines akuten Infekts weder arbeits- noch reisefähig zu sein. Den Verlegungsantrag lehnte der Senatsvorsitzende noch am selben Tag unter Verweis auf die fortbestehende Bevollmächtigung der GmbH und die mögliche Teilnahme am Termin durch diese ab. Die Ablehnung wurde sowohl K als auch der GmbH übermittelt. In einem weiteren Fax vom 17. Januar 2011 wies K nun darauf hin, er sei deshalb von der GmbH mandatiert worden, weil er als Jurist die Grundsätze des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Aufteilungs- und Abzugsverbot besser würdigen könne als ein reiner Steuerberater. Außerdem würden sich Juristen bekanntermaßen auch besser im Prozessrecht auskennen. Das FG führte die mündliche Verhandlung durch und wies die Klage ab.

3

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sowie Verfahrensfehlern (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) begehrt.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit ihre Darlegung überhaupt den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt, nicht vor.

5

1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen.

6

a) Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO) durch die ohne die Anwesenheit der Klägerin oder eines ihrer Prozessbevollmächtigten durchgeführte mündliche Verhandlung liegt nicht vor.

7

aa) Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann das Gericht einen Termin aus "erheblichen Gründen" vor seiner Durchführung aufheben oder (unter Bestimmung eines neuen Termins) verlegen. Sind die geltend gemachten Gründe i.S. des § 227 ZPO erheblich, so verdichtet sich die in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht. Welche Gründe als erheblich anzusehen sind, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. In der ungerechtfertigten Ablehnung der Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten Termins liegt im Allgemeinen die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und damit ein Verfahrensmangel (z.B. BFH-Beschluss vom 5. Juni 2007 VI B 132/06, BFH/NV 2007, 1701).

8

Ein erheblicher Grund für eine Änderung des Termins liegt zwar regelmäßig in einer kurzfristigen, überraschenden Erkrankung eines Prozessbevollmächtigten, falls diese den Prozessbevollmächtigten an der Wahrnehmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung hindert (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 8. März 2006 VII B 266/05, BFH/NV 2006, 1316). Dies gilt jedoch nur, falls eine Vertretung nicht in Betracht kommt oder als nicht zumutbar erscheint (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Januar 2010 VIII B 221/09, juris, m.w.N.).

9

Kann der Prozessbevollmächtigte deshalb einen anberaumten Termin nicht wahrnehmen, so ist das Gericht gleichwohl nicht an der Durchführung des Termins gehindert, wenn die Prozessvollmacht auf eine Sozietät ausgestellt ist und der Termin durch ein anderes Mitglied der Sozietät sachgerecht wahrgenommen werden kann. Hinderungsgründe für eine Wahrnehmung des Termins durch eine andere Person müssen in einem solchen Fall, sofern sie nicht offenkundig sind, im Einzelnen vorgetragen werden; ohne einen solchen Vortrag darf das Gericht von dem Bestehen einer Vertretungsmöglichkeit ausgehen und demgemäß das Vorliegen "erheblicher Gründe" für eine Terminsverlegung verneinen (vgl. BFH-Beschluss vom 7. April 2004 I B 111/03, BFH/NV 2004, 1282, sowie Senatsbeschluss vom 25. November 2008 III B 161/07, BFH/NV 2009, 406, jeweils m.w.N.).

10

bb) Danach ist die Ablehnung der Terminsverlegung durch das FG nicht zu beanstanden. Die Klägerin wurde vor dem FG aufgrund Vollmachtserteilung durch die GmbH als Prozessbevollmächtigte und bei weiter geltender Hauptvollmacht kraft Untervollmacht durch K vertreten. Entgegen ihrer Ansicht gilt die Vertretungsmöglichkeit nicht nur im Fall der Beauftragung einer Sozietät, sondern auch bei separater Beauftragung von mehreren Bevollmächtigten bzw. --wie im Streitfall-- bei Haupt- und Unterbevollmächtigung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. November 1987 IX R 56/83, BFH/NV 1988, 317, zur Verhandlung in Abwesenheit des Unterbevollmächtigten; BFH-Beschluss vom 13. Mai 2011 V B 60/10, BFH/NV 2011, 1886). Denn auch der Unterbevollmächtigte eines Prozessvertreters ist Vertreter der Partei, in deren Namen er handelt (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. März 1981 III ZR 60/80, Neue Juristische Wochenschrift 1981, 1727). Eine Terminsabsetzung war deshalb allein aufgrund der geltend gemachten Erkrankung des Unterbevollmächtigten K nicht zwingend angezeigt, worauf sowohl die GmbH als auch K durch den Senatsvorsitzenden hingewiesen wurden.

11

Es hätte vielmehr der Darlegung gegenüber dem FG bedurft, weshalb eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung sowohl der GmbH als auch K nicht möglich war. Eine diese Anforderungen erfüllende Begründung des Antrags auf Terminsverlegung wurde gleichwohl nicht gegeben. Insbesondere reichte die pauschale Behauptung, K sei als Jurist besser in der Lage, die vom Großen Senat des BFH aufgestellten Grundsätze zum Aufteilungs- und Abzugsverbot zu würdigen ebenso wenig aus wie der Hinweis, es gehe zudem "um die Anwendung des Prozessrechts, bei der sich Juristen bekanntermaßen besser auskennen" würden.

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b) Soweit die Klägerin als "weiteren Verfahrensfehler" geltend macht, der 8. Senat des FG sei in der Sache von vornherein befangen gewesen, kann sie damit im Beschwerdeverfahren wegen der Nichtzulassung der Revision nicht gehört werden.

13

Ein Verfahrensverstoß nach § 119 Nr. 2 FGO liegt nur vor, wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. Es genügt nicht, wenn ein Beteiligter erstmals mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision die Befangenheit der Mitglieder des erkennenden Senats des FG geltend macht (BFH-Beschluss vom 8. Oktober 2008 II B 42/08, BFH/NV 2009, 46). Denn die Besorgnis der Befangenheit kann nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung innerhalb des dafür vorgesehenen Zwischenverfahrens (vgl. § 51 FGO i.V.m. §§ 42 ff. ZPO) geltend gemacht werden (BFH-Beschlüsse vom 10. Juni 1998 IV B 114/97, BFH/NV 1999, 57; vom 18. Mai 2005 X B 107/04, BFH/NV 2005, 1617; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 51 Rz 29, m.w.N.).

14

2. Auch eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kommt nicht in Betracht. Insoweit fehlt es bereits an der ordnungsgemäßen Darlegung des Zulassungsgrundes.

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a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, genügt dafür nicht. Der Beschwerdeführer muss vielmehr konkret auf die Rechtsfrage und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. BFH-Beschluss vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).

16

b) Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Sie macht geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, da ihre --vom FG als gewerblich angesehene-- Tätigkeit als Textilingenieurin symptomatisch für die Modebranche sei, "derartige Tätigkeiten" einem ständigen Wandel unterlägen und modernen Entwicklungen anzupassen seien, weil sie sonst nicht erfolgreich geführt werden könnten. Für Berufe im Bereich der Modeentwicklung mit dem Hintergrund Textilingenieur sei deshalb festzulegen, welche Einkunftsart einschlägig sei. Forciert werde die grundsätzliche Bedeutung noch dadurch, dass sich das FG mit ihrer aktuellen Situation nicht auseinandergesetzt habe.

17

Hieraus ergibt sich jedoch weder eine bestimmte Rechtsfrage, die der BFH in einem Revisionsverfahren klären könnte, noch eine über die Besonderheiten des Einzelfalls aufgrund der von der Klägerin konkret ausgeübten Tätigkeit hinausgehende Bedeutung für die Allgemeinheit.

18

Letztlich wendet sich die Klägerin gegen die --ihrer Ansicht nach unzutreffende-- Würdigung durch das FG, wonach die von ihr im Streitjahr ausgeübte Tätigkeit gerade nicht dem eines Textilingenieurs mit dem Fachbereich Bekleidungstechnik entsprach. Mit Einwänden gegen die materielle Richtigkeit des Urteils kann die Zulassung der Revision jedoch grundsätzlich nicht erreicht werden (z.B. BFH-Beschluss vom 4. November 2010 VII B 60/10, BFH/NV 2011, 869).

Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 05. März 2012 - III B 236/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 05. März 2012 - III B 236/11

Referenzen - Gesetze

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Bundesfinanzhof Beschluss, 05. März 2012 - III B 236/11 zitiert 12 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Einkommensteuergesetz - EStG | § 15 Einkünfte aus Gewerbebetrieb


(1) 1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind 1. Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen. 2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 96


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 155


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz

Zivilprozessordnung - ZPO | § 227 Terminsänderung


(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht1.das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür

Einkommensteuergesetz - EStG | § 18


(1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind 1. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. 2Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätig

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 119


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn 1. das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2. bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 51


(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozessordnung sinngemäß. Gerichtspersonen können auch abgelehnt werden, wenn von ihrer Mitwirkung die Verletzung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses ode

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Gründe 1 Die Beschwerde ist begründet. 2 Das angefochtene U

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(1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind

1.
Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit.2Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.3Ein Angehöriger eines freien Berufs im Sinne der Sätze 1 und 2 ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.4Eine Vertretung im Fall vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht entgegen;
2.
Einkünfte der Einnehmer einer staatlichen Lotterie, wenn sie nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind;
3.
Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, z. B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied;
4.
Einkünfte, die ein Beteiligter an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht, als Vergütung für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- oder Gemeinschaftszwecks erzielt, wenn der Anspruch auf die Vergütung unter der Voraussetzung eingeräumt worden ist, dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahltes Kapital vollständig zurückerhalten haben; § 15 Absatz 3 ist nicht anzuwenden.

(2) Einkünfte nach Absatz 1 sind auch dann steuerpflichtig, wenn es sich nur um eine vorübergehende Tätigkeit handelt.

(3)1Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehört auch der Gewinn, der bei der Veräußerung des Vermögens oder eines selbständigen Teils des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen erzielt wird, das der selbständigen Arbeit dient.2§ 16 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 und Absatz 1 Satz 2 sowie Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(4)1§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem der selbständigen Arbeit dienenden Betriebsvermögen gehört hat.2§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, Absatz 1a, Absatz 2 Satz 2 und 3, §§ 15a und 15b sind entsprechend anzuwenden.

(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Gründe

1

Die Beschwerde ist begründet.

2

Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger); die Sache wird deshalb unter Aufhebung des Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

3

1. Die Entscheidung des FG ohne die von den Klägern beantragte Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung verletzt deren Anspruch auf rechtliches Gehör.

4

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist ein Gericht verpflichtet, anberaumte Verhandlungstermine zu verlegen, wenn hierfür erhebliche Gründe i.S. des § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO vorliegen (BFH-Beschlüsse vom 23. November 2001 V B 224/00, BFH/NV 2002, 520; vom 1. Februar 2002 II B 38/01, BFH/NV 2002, 938; vom 18. März 2003 I B 122/02, BFH/NV 2003, 1584). Zu den erheblichen Gründen gehören schon vor der Terminbekanntgabe geplante Urlaubsreisen (BFH-Beschluss vom 24. September 2008 VIII B 190/07, juris), anderweitig wahrzunehmende Gerichtstermine (BFH-Beschluss vom 12. Januar 2004 VII B 122/03, BFH/NV 2004, 654, m.w.N.) oder Erkrankungen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. August 2005 II B 47/04, BFH/NV 2005, 2041, und vom 10. Juni 2008 I B 211/07, BFH/NV 2008, 1697), wenn eine Vertretung nicht in Betracht kommt oder als nicht zumutbar erscheint (vgl. BFH-Beschluss vom 24. September 2008 VIII B 190/07, juris; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 91 Rz 4, m.w.N.).

5

b) Ob im Einzelfall solche Gründe für eine Terminsverlegung gegeben sind, muss das FG anhand der ihm bekannten Umstände beurteilen. Die Voraussetzungen durch Vortrag entsprechender Tatsachen zu schaffen, ist Aufgabe desjenigen, der die Verlegung beantragt (BFH-Beschluss vom 28. August 2002 V B 71/01, BFH/NV 2003, 178, m.w.N.). Das gilt insbesondere dann, wenn der Antrag --wie hier-- erst kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellt wird (BFH-Beschluss vom 24. September 2008 VIII B 190/07, juris).

6

c) Hält das FG die Begründung für die Terminsverlegung nicht für ausreichend, muss es den Beteiligten aber regelmäßig zur Ergänzung seines Vortrags auffordern. Auch kann es verlangen, dass der Vortrag glaubhaft gemacht wird (§ 227 Abs. 2 ZPO; vgl. auch BFH-Beschlüsse vom 29. Juni 1992 V B 9/91, BFH/NV 1993, 180, und vom 16. November 2006 IX B 83/06, BFH/NV 2007, 476).

7

aa) Dies gilt nicht nur, wenn der Antrag auf Terminsänderung mehrere Tage vor dem anberaumten Termin beim FG gestellt wird, sondern auch --wenngleich mit Einschränkungen-- für Anträge "in letzter Minute" vor dem Termin, wie hier am Tag vor der anberaumten Verhandlung (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1697). In diesen Fällen ist ein --mit eingetretener Erkrankung begründeter-- Verlegungsantrag nach der ständigen BFH-Rechtsprechung nur beachtlich, wenn der Beteiligte die Gründe für die Verhinderung so darlegt und untermauert, dass das Gericht die Frage, ob die betreffende Person verhandlungs- und reiseunfähig ist oder nicht, selbst ohne Rückfrage beurteilen kann (BFH-Beschluss vom 1. April 2009 X B 78/08, Zeitschrift für Steuern und Recht --ZSteu-- 2009, R 674, m.w.N.).

8

Ist indessen der vorgetragene Verhinderungsgrund --wie im Streitfall eine bereits terminierte Fortbildungsveranstaltung-- seiner Art nach den Gründen i.S. des § 227 ZPO zuzurechnen, muss das FG Zweifel, ob der angegebene Grund tatsächlich gegeben ist, durch die in Abs. 2 der Vorschrift vorgesehene Aufforderung ausräumen, den Vortrag glaubhaft zu machen, soweit dies zeitlich möglich und zumutbar ist.

9

bb) Diese zeitliche Zumutbarkeit ist unabhängig von der Tatsache, dass ein Beteiligter vor Bekanntgabe einer positiven Bescheidung seines Verlegungsantrags grundsätzlich von einer Durchführung des anberaumten Termins auszugehen hat (vgl. BFH- Beschlüsse vom 12. November 1998 V B 30/98, V B 41/98, V B 99/98, BFH/NV 1999, 647; in ZSteu 2009, R 674), allein danach zu beurteilen, ob das Gericht in der Zeit zwischen Eingang des Antrags und Eröffnung der mündlichen Verhandlung die tatsächliche Möglichkeit einer solchen Aufforderung zur Glaubhaftmachung hat.

10

2. Nach diesen Grundsätzen kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben.

11

a) Mit dem am Vortag der mündlichen Verhandlung um 15:16 Uhr eingegangenen Fax haben die Prozessbevollmächtigten der Kläger Terminverlegung unter Hinweis auf eine zuvor "übersehene" Überschneidung "mit einer nicht verschiebbaren Fortbildungsveranstaltung" begründet. Auf dieser Grundlage musste aus der Sicht des FG von einer bereits vorher terminierten Fortbildungsveranstaltung ausgegangen werden, die ihrer Art nach umso mehr als erheblicher Grund i.S. des § 227 Abs. 1 ZPO anzusehen ist, als bereits terminierte Urlaubsreisen zu diesen Gründen gezählt werden.

12

b) Denkbare Zweifel daran, ob diese Veranstaltung tatsächlich für den gesamten Verhandlungstag ein zeitliches Hindernis darstellte, ggf. aufgrund kurzfristiger Planung unbeachtlich gewesen sein könnte (BFH-Beschluss vom 27. September 1988 VII B 95/88, BFH/NV 1989, 379) oder der Verhandlungstermin auch durch ein anderes Mitglied der prozessvertretenden Sozietät hätte wahrgenommen werden können (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Dezember 1997 X B 23/96, BFH/NV 1998, 726), betreffen nicht die von den Beteiligten unmittelbar und ohne Aufforderung zu leistende substantiierte Darlegung eines Vertagungsgrundes, sondern dessen Glaubhaftmachung.

13

Das Fehlen dieser Glaubhaftmachung kann nach der Regelung in § 227 Abs. 2 FGO den Beteiligten regelmäßig nur nach entsprechender erfolgloser Aufforderung durch das Gericht bzw. dessen Vorsitzenden entgegengehalten werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 23. August 2006 V B 171/04, juris; vom 5. März 2008 I B 109, 111-113/07, juris). Der Ausnahmefall, dass dies wegen der Kurzfristigkeit des Verlegungsantrags zeitlich nicht möglich ist, liegt im Streitfall ersichtlich nicht vor, weil der Antrag bereits am frühen Nachmittag des Vortages zur mündlichen Verhandlung einging und weder zu diesem Zeitpunkt noch vor dem Beginn der mündlichen Verhandlung ein erkennbares Hindernis für eine Aufforderung per Fax (über die gerichtsbekannte Fax-Nummer der Bevollmächtigten) oder Telefon bestanden hätte.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) macht sämtliche Nichtzulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend.

3

1. Soweit der Kläger grundsätzliche Bedeutung der Sache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) geltend macht, ist diese schon nicht in der von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Art dargelegt. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes muss die Beschwerdebegründung konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Es ist dazu eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Ferner bedarf es substantiierter Angaben, inwieweit die aufgeworfene Frage im Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch klärungsfähig ist (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Oktober 2010 II B 39/10, BFH/NV 2011, 206, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BFH). Vorliegend fehlt es schon an der Herausarbeitung einer abstrakten Rechtsfrage.

4

2. Die Beschwerdeschrift wird auch den Anforderungen an die Darlegung von Divergenz nicht gerecht. Es fehlt bereits an der hinreichenden Darlegung des von dem Finanzgericht (FG) aufgestellten abstrakten Rechtssatzes, der von den vom Kläger in Bezug genommenen BFH-Entscheidungen abweichen soll.

5

3. Darüber hinaus macht der Kläger aber Verfahrensfehler geltend:

6

Das FG habe die Verfahren wegen Einkommensteuer 1998 einerseits und Umsatzsteuer 1996 bis 1998 nicht voneinander trennen dürfen; der von den beiden Berichterstatterinnen gemeinsam durchgeführte Erörterungstermin stelle einen Besetzungsmangel dar. Das FG habe gegen den Grundsatz der Mündlichkeit verstoßen, indem es mit Einverständnis des Beklagtenvertreters auf den Vortrag des wesentlichen Inhalts der Akten verzichtet habe. Es bestünden Zweifel daran, dass die ehrenamtlichen Richter in der Beratung ausreichend über den Inhalt der Akten informiert worden seien. Das FG habe den Antrag des neuen Prozessbevollmächtigten auf Vertagung des Termins zur mündlichen Verhandlung zu Unrecht abgelehnt und damit die Gewährung rechtlichen Gehörs verweigert. Auch habe das FG das Verfahren nach § 74 FGO aussetzen müssen. Das FG habe über das Verfahren wegen Einkommensteuer nicht vor einer abschließenden Entscheidung über eine gesonderte Feststellung entscheiden dürfen.

7

4. Die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.

8

a) Die Trennung der Verfahren wegen Einkommensteuer und Umsatzsteuer führt nicht zur Zulassung der Revision. Beschlüsse über die Verbindung und Trennung von Verfahren können nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden und unterliegen daher grundsätzlich nicht der Beurteilung der Revision (§ 124 Abs. 2 FGO). Eine Verfahrenstrennung begründet allenfalls dann einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, wenn das FG sie willkürlich --also ohne sachlichen Grund-- erlassen hat oder wenn der Steuerpflichtige dadurch prozessual in der Wahrnehmung seiner Rechte behindert wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 18. Mai 2010 IX B 33/10, BFH/NV 2010, 1647; vom 3. April 2008 I B 77/07, BFH/NV 2008, 1445, m.w.N.). Der Kläger hat keinen Anhaltspunkt dafür vorgetragen, inwiefern die Trennung des Rechtsstreits wegen Umsatzsteuer vom Rechtsstreit wegen Einkommensteuer und die Abgabe der Umsatzsteuersache vom 11. Senat des FG an den 14. Senat des FG willkürlich oder sachwidrig sein konnte. Dessen hätte es schon deshalb bedurft, weil es sich zwar um den gleichen Sachverhalt, aber um dessen steuerrechtliche Beurteilung bei unterschiedlichen Steuerarten handelte.

9

b) Die Durchführung eines Erörterungstermins durch den Berichterstatter stellt keinen absoluten Revisionsgrund i.S. des § 119 Nr. 1 FGO dar. Das folgt schon unmittelbar aus dem Gesetz, denn gemäß § 79 Abs. 1 FGO hat der Vorsitzende oder der Berichterstatter schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Dabei kann er insbesondere gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 FGO die Beteiligten zur Erörterung des Sach- und Streitstandes und zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits laden. Der Rechtsschutz des Klägers wird auch nicht dadurch verkürzt, wenn an einem Erörterungstermin statt einem zwei Richter teilnehmen, die jeweils Berichterstatter der für die umsatz- und einkommensteuerrechtlichen Beurteilung des gleichen Sachverhalts im jeweils zuständigen Senat sind.

10

c) Zwar darf nicht ohne wirksamen Verzicht auf den Vortrag des wesentlichen Inhalts der Akten verhandelt werden (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. April 1983  9 B 2337/80, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1984, 304). Es kann dahingestellt bleiben, ob bei Ausbleiben eines Beteiligten auf den Aktenvortrag verzichtet werden kann. Selbst wenn hierin ein Verfahrensmangel zu sehen wäre, beruht das auf die mündliche Verhandlung ergangene Urteil nur dann auf diesem Mangel, wenn dadurch entweder den Beteiligten das rechtliche Gehör versagt oder den mitwirkenden (ehrenamtlichen) Richtern eine ausreichende Unterrichtung über den Prozessstoff vorenthalten wird. Beides kommt vorliegend nicht in Betracht. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hatte auf den Aktenvortrag verzichtet und der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter waren, obwohl ordnungsgemäß geladen, nicht erschienen. Im Unterbleiben des Aktenvortrags kann daher keine Versagung des rechtlichen Gehörs der Beteiligten liegen. Anhaltspunkte dafür, dass die ehrenamtlichen Richter weder vor der mündlichen Verhandlung noch während der Beratung ausreichend unterrichtet worden sind, sind nicht erkennbar (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 25. Oktober 2000 I B 117/00, BFH/NV 2001, 470; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 92 FGO Rz 49). Hierfür bietet die Entscheidung keine Anhaltspunkte. Der Hinweis des Klägers auf den geringen Zeitraum von 41 Minuten zwischen Eröffnung der mündlichen Verhandlung und Verkündung des Urteils begründet keine derartigen Zweifel. Der Zeitraum ist ausreichend, um in einem Fall wie dem vorliegenden, Sachverhalt und Rechtsproblem darzulegen und zu entscheiden. Sonstige Zweifel ergeben sich aus dem Vortrag des Klägers nicht.

11

d) Ausweislich der FG-Akten hat das FG den Kläger mit Schreiben vom 24. März 2010 zur mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2010 geladen und auf die Regelung in § 91 Abs. 2 FGO hingewiesen. Am 14. Mai 2010 meldete sich Dr. X beim FG mit der Mitteilung, die Prozessbevollmächtigte habe ihm Untervollmacht erteilt und beantragte die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung. Das FG lehnte die Terminsverlegung mit der Begründung ab, der Kläger habe über fünf Wochen mit der Bestellung eines zweiten Prozessbevollmächtigten und Einarbeitung gehabt, und führte die mündliche Verhandlung ohne den Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten durch. Hierin ist kein Verfahrensmangel zu sehen. Nach § 155 FGO, § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann aus erheblichen Gründen eine mündliche Verhandlung aufgehoben oder verlegt werden. Die Ablehnung eines Antrags auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung kann zwar im Einzelfall eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen und damit ein Grund für die Zulassung der Revision i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sein. Selbst bei Beauftragung eines neuen Prozessbevollmächtigten besteht ein erheblicher Grund zur Terminsverlegung i.S. von § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO aber nur dann, wenn substantiiert dargelegt wird, dass angesichts der besonderen Schwierigkeiten des Streitfalls in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht entgegen dem Regelfall eine Vorbereitung in der verbleibenden Zeit nicht möglich erscheint und der Wechsel nicht verschuldet oder aus schutzwürdigen Gründen erfolgt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 1. August 2008 VIII S 22/08 (PKH); vom 13. August 2007 III B 159/06, BFH/NV 2007, 2284). Zu besonderen Schwierigkeiten des Falls hat der Kläger nichts vorgetragen. Hinzu kommt, dass vorliegend kein Mandatswechsel stattgefunden hat, sondern eine Untervollmacht erteilt wurde. Es hätte deshalb der Darlegung gegenüber dem FG bedurft, weshalb sowohl der Prozessbevollmächtigte als auch der Unterbevollmächtigte an der Teilnahme der mündlichen Verhandlung gehindert waren. Eine diese Anforderungen erfüllende Begründung des Antrags auf Terminsverlegung ist gegenüber dem FG nicht erfolgt.

12

e) Das FG musste das Verfahren wegen der hier streitigen Umsatzsteuer auch nicht aussetzen, um eine Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b der Abgabenordnung (AO) abzuwarten. Die Festsetzung der Umsatzsteuer hängt nicht i.S. des § 74 FGO von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Zur örtlichen Zuständigkeit weist das FA im Übrigen zu Recht auf die Regelung in § 21 Abs. 1 AO hin.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozessordnung sinngemäß. Gerichtspersonen können auch abgelehnt werden, wenn von ihrer Mitwirkung die Verletzung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses oder Schaden für die geschäftliche Tätigkeit eines Beteiligten zu besorgen ist.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter, als ehrenamtlicher Richter oder als Urkundsbeamter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozessordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört oder angehört hat, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) meldete zwischen Januar 2007 und September 2008 aus Drittländern eingeführte TFT-Farbmonitore mit Flüssigkristallanzeigen (LCD) unter der Unterpos. 8528 51 00 (Zollsatz: frei) der Kombinierten Nomenklatur (KN) zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an.

2

Auf eine Zollanmeldung vom 12. September 2008 hin untersuchte die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt X die Monitore und kam in einem Gutachten vom 1. Dezember 2008 zu dem Ergebnis, dass die Waren in die Unterpos. 8528 59 90 KN (Zollsatz: 14 %) einzureihen seien. Deshalb erhob der Beklagte und Beschwerdeführer (das Hauptzollamt --HZA--) mit zwei Bescheiden vom 12. Dezember 2008 den Zoll nach.

3

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin gegen die Nacherhebung Klage. Weil die Mehrzahl der angemeldeten Monitore doch in die Unterpos. 8528 51 00 KN einzureihen seien, erließ das HZA in der Folge insoweit den Zoll; die Hauptsache wurde insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

4

Bei den streitig gebliebenen Farbmonitoren handelt es sich um Flachbildschirme, die eine Bildschirmdiagonale von 21, 24, 26 oder 27 Zoll sowie ein Bildschirmformat von 16:10 aufweisen. Sie haben eine Auflösung von 1 920 x 1 200 bzw. 1 680 x 1 050 Pixel. Sie verfügen teilweise über eine PiP-Funktion (Bild in Bild-Darstellung) sowie über Audioanschlüsse und eingebaute Lautsprecher. Die Monitore sind mit Anschlussmöglichkeiten ausgestattet, die es gestatten, sowohl von einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine als auch von anderen Geräten, wie z.B. einem DVD-Abspielgerät, stammende Bilder wiederzugeben. Über einen Anschluss zur Wiedergabe von Fernsehsignalen verfügen sie nicht. Einige Modelle sind in der Lage, über analoge Videoschnittstellen unter bestimmten Übertragungsfrequenzstandards zu arbeiten. Sämtliche noch in Rede stehenden Monitore haben geringe elektromagnetische Feldemissionen, verstellbare Drehgelenke und spiegelungsfreie Oberflächen, die eine flimmerfreie Darstellung ermöglichen.

5

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und hob die Nachforderungsbescheide auf. Die fraglichen Monitore seien zwar nicht von der ausschließlich, aber von der hauptsächlich in einem automatischen Datenverarbeitungssystem verwendeten Art im Sinne der Unterpos. 8528 51 KN. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 19. Februar 2009 C-376/07 --Kamino-- (Slg. 2009, I-1167, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2009, 217) hielt es das FG für unschädlich, dass die Monitore sowohl von einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine als auch von anderen Geräten, wie z.B. einem DVD-Abspielgerät, stammende Bilder wiedergeben könnten. Auch die Art und die Anzahl der Anschlüsse seien nicht allein ausschlaggebend. Für die Entscheidung, ob Monitore hauptsächlich in einem automatischen Datenverarbeitungssystem verwendet würden, seien weitere technische Merkmale zu berücksichtigen. Im Einzelnen überprüfte das FG die Monitore anhand der vom EuGH gewürdigten und in den Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS) zu Pos. 8528 aufgeführten Merkmale. Insbesondere stünden danach die Audioanschlüsse und eingebauten Lautsprecher der Einreihung in die Unterpos. 8528 51 00 KN nicht entgegen.

6

Mit der Beschwerde will das HZA die Zulassung der Revision erreichen, da die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordere und die Rechtssache darüber hinaus grundsätzliche Bedeutung habe. Zu klären sei die Rechtsfrage, welche Kriterien für die Einreihung von Monitoren relevant seien. Insbesondere sei das Vorhandensein eines Audioschaltkreises ein entscheidendes Kriterium, wie die Europäische Kommission im Rahmen der 17. Sitzung des Ausschusses für den Zollkodex vom 30. September bis 2. Oktober 2009 bestätigt habe. Klärungsbedarf bestehe deshalb, weil der EuGH sich zwar mit der Einreihung von Monitoren als Einheiten von der hauptsächlich in automatischen Datenverarbeitungssystemen verwendeten Art auseinandergesetzt, aber keine verbindlichen Aussagen über die Einreihungsrelevanz der hier in Rede stehenden Einreihungskriterien getroffen habe und weil aufgrund der Ausführungen der Kommission im Rahmen der 17. Sitzung des Ausschusses für den Zollkodex davon auszugehen sei, dass die Anwendung dieser Kriterien zu einer unterschiedlichen Einreihungspraxis innerhalb der Europäischen Union führe.

7

Das FG habe entgegen der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden ErlHS zu Pos. 8528 (A) nicht sämtliche, sondern nur einzelne der dort aufgeführten Merkmale gewürdigt, während es die übrigen als nicht tarifierungserheblich bezeichnet habe. Bei gehöriger Prüfung (insbesondere der Anschlussmöglichkeit zur Wiedergabe von Fernsehsignalen, des Vorhandenseins von Audioschaltkreisen und bestimmter Übertragungsfrequenz-Standards, des Bildformats, der Auflösung und der Bildschirmgröße) sei aber gerade nicht festzustellen, dass es sich bei den Monitoren um solche handele, die hauptsächlich in automatischen Datenverarbeitungssystemen verwendet werden, sondern lediglich, dass die Monitore mehrere Funktionen erfüllen können. Das FG habe versäumt, zur Frage der Hauptsächlichkeit bei mehreren Funktionsmöglichkeiten Stellung zu nehmen.

8

Die Klägerin ist der Beschwerde entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die aufgeworfenen Fragen sind weder von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) noch bedarf es insoweit der Rechtsfortbildung.

10

1. Geht es --wie im Streitfall-- allein darum, ob die Zollverwaltung die betreffende Ware zutreffend in den Zolltarif eingereiht hat, beschränkt sich also die Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommen soll, auf die Frage der zutreffenden Tarifierung, so kommt, wie der beschließende Senat in seinem Beschluss vom 11. Februar 2002 VII B 136/01 (BFHE 198, 242, ZfZ 2002, 229) ausgeführt hat, der Klärungsbedürftigkeit der Tarifierungsfrage und ihrer Klärungsfähigkeit entscheidende Bedeutung zu.

11

2. Das HZA will mit der Zulassung der Revision erreichen, dass der Senat die Einreihungsrelevanz der hier in Rede stehenden Einreihungskriterien --insbesondere die Anschlussmöglichkeit zur Wiedergabe von Fernsehsignalen, das Vorhandensein von Audioschaltkreisen und bestimmter Übertragungsfrequenz-Standards, das Bildformat, die Auflösung und die Bildschirmgröße-- rechtsverbindlich und allgemein klärt, um zu vermeiden, dass die Anwendung dieser Kriterien zu einer unterschiedlichen Einreihungspraxis innerhalb der Europäischen Union führt.

12

Insoweit besteht kein Klärungsbedarf, weil durch die Entscheidung des EuGH in Slg. 2009, I-1167, ZfZ 2009, 217 sowie durch das Senatsurteil vom 23. September 2009 VII R 42/07 (BFHE 226, 570, ZfZ 2010, 51) klargestellt ist, dass Monitore, die sowohl Signale von einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine als auch von anderen Quellen darstellen können, Einheiten von der "hauptsächlich" in automatischen Datenverarbeitungssystemen verwendeten Art im Sinne der Unterpos. 8528 51 KN (Unterpos. 8471 60 90 KN in der vom EuGH anzuwendenden Fassung) sein können. Eine dem widersprechende Auslegung der ErlHS zu Pos. 8528 (damals zu 8471 KN) dahin, dass sie eine Einreihung aller solcher Monitore in die Unterpos. 8471 60 90 KN ausschließt, müsse --so der EuGH-- zum Anwendungsausschluss dieser ErlHS führen, weil diese Auslegung eine Einschränkung der Tragweite der Anmerkung 5 C (damals 5 B Buchst. a) zu Kap. 84 KN bewirke. Konkretisierend führt der EuGH dazu aus, dass die Anzahl und die Art der Anschlussmöglichkeiten, mit denen solche Monitore ausgestattet sind, nicht die allein ausschlaggebenden Kriterien für die Tarifierung sein können; bei dieser Tarifierung seien sowohl der Grad der Fähigkeit der Monitore, mehrere Funktionen auszuführen, als auch das von ihnen in Ausführung dieser Funktionen erreichte Leistungsniveau auch im Vergleich zu anderen Kriterien und unter Berücksichtigung ihrer objektiven Merkmale und Eigenschaften zu prüfen, wobei die ErlHS zu Pos. 8471 (im vorliegenden Streitzeitraum ErlHS zu Pos. 8528 (A), heranzuziehen seien.

13

Verallgemeinert und zusammengefasst heißt das: Die Feststellung, ob ein Monitor von der hauptsächlich in einem automatischen Datenverarbeitungssystem verwendeten Art ist, hängt von einer Einzelfallbewertung der verschiedenen Funktionen und Merkmale ab, die nach den genannten Anmerkungen und Erläuterungen zu den Pos. 8471 und 8528 KN maßgeblich sind, wobei eine nicht der automatischen Datenverarbeitung dienende Funktion nicht von vornherein dazu führen darf, dass ein Gerät nicht als Teil eines automatischen Datenverarbeitungssystems angesehen wird.

14

Auch die Kommission geht ausweislich des vom HZA vorgelegten Ausschussprotokolls davon aus, dass sich die Tarifierung eines auch in der Datenverarbeitung einsetzbaren Monitors nicht zwingend durch Abarbeitung einer den ErlHS zu entnehmenden "check-list" ergibt. Vielmehr sei eine umfassende Einzelfallbeurteilung der Ware "case by case" notwendig, wobei das Vorhandensein eines Audioschaltkreises nur eines unter mehreren Parametern darstelle, die jeder für sich genommen die Datenverarbeitungsfunktion weder bestimme noch ausschließe.

15

Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, welche grundsätzlichen Erwägungen der Senat zu dieser weitgehend auf den Einzelfall gerichteten Betrachtung hinzufügen könnte. Nach alledem ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht zu bejahen und es ist auch kein Rechtsfortbildungsbedarf ersichtlich.

16

3. Mit dem Vorbringen, das FG habe einzelne Kriterien, die nach den ErlHS bei der Tarifierung der Monitore zu beurteilen gewesen seien, außer Acht gelassen (die Anschlussmöglichkeit zur Wiedergabe von Fernsehsignalen, das Vorhandensein von Audioschaltkreisen und bestimmter Übertragungsfrequenz-Standards, das Bildformat, die Auflösung und die Bildschirmgröße) legt das HZA keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dar, sondern rügt in der Art einer Revisionsbegründung fehlerhafte Rechtsanwendung des FG. Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des finanzgerichtlichen Urteils einschließlich der Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls sind revisionsrechtlich aber grundsätzlich unbeachtlich. Denn die Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.

17

Im Übrigen ist der Vorhalt nicht gerechtfertigt. Das FG hat ausdrücklich festgestellt, dass die Monitore nicht über einen Anschluss zur Wiedergabe von Fernsehsignalen verfügen. Mit den übrigen genannten Kriterien hat es sich mit der Feststellung befasst, dass sämtliche Merkmale auch bei den vom EuGH beurteilten Monitoren vorgelegen und dort nicht zur Ausweisung aus der Unterpos. 8471 60 90 KN --im Streitzeitraum Unterpos. 8528 51 00 KN-- geführt hätten (FG-Urteil S. 7, 8).