Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Apr. 2018 - 8 N 16.1660

bei uns veröffentlicht am12.04.2018
nachgehend
Bundesverwaltungsgericht, 7 BN 4.18, 03.12.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die Verordnung der Antragsgegnerin über das Überschwemmungsgebiet an der Donau von Flusskilometer 2.372,105 bis Flusskilometer 2.387,660 und am Regen von Flusskilometer 0,000 bis Flusskilometer 4,855 auf dem Gebiet der Stadt R* … (im Folgenden: „Verordnung“) vom 4. August 2015, die am 24. August 2015 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemacht wurde. Die Verordnung trat am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.

Der Festsetzung vorausgegangen war die vorläufige Sicherung des ermittelten Überschwemmungsgebiets an Donau und Regen auf dem Gebiet der Antragsgegnerin, bekannt gemacht im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 19. Januar 2009.

Das durch die Verordnung festgesetzte Überschwemmungsgebiet erstreckt sich innerhalb des Stadtgebiets der Antragsgegnerin auf Flächen beiderseits der Donau und des Regens. Die Festsetzung des Überschwemmungsgebiets dient der Darstellung einer konkreten, von Natur aus bestehenden Hochwassergefahr in dem betroffenen Bereich. Zudem werden Bestimmungen zur Vermeidung von Schäden und zum Schutz vor Hochwassergefahren getroffen.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke FlNr. 2* …, 2* …1, 2* …2 und 2* …3 der Gemarkung R* … Sie erwarb die Grundstücke mit Notarvertrag vom 22. Dezember 2014. Die Grundstücke FlNr. 2* …, 2* …2 und 2* …3 liegen mit dem Großteil ihrer Fläche, das Grundstück FlNr. 2* …1 mit einem nördlichen Teil innerhalb des Überschwemmungsgebiets.

Die Antragsgegnerin gab in ihrem Amtsblatt am 3. März 2014 die Absicht zum Erlass der Verordnung bekannt. Der Entwurf des Verordnungstexts mit Lageplänen und einem fachlichen Erläuterungsbericht wurde in der Zeit vom 18. März 2014 bis einschließlich 17. April 2014 zur allgemeinen Einsichtnahme ausgelegt. Die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin erhob im Verfahren keine Einwendungen.

Die Antragstellerin macht mit ihrem am 22. August 2016 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Normenkontrollantrag die Unwirksamkeit der Verordnung geltend. Sie sei mit ihren Einwendungen nicht präkludiert, weil es der Auslegungsbekanntmachung vom 3. März 2014 an der notwendigen Anstoßfunktion fehle. Die betroffenen Grundstücke hätten darin textlich oder durch Pläne bezeichnet werden müssen. Zudem hätte es eines Hinweises auf die Folgen des § 78 WHG und einer Veröffentlichung in den ortsüblichen Tageszeitungen bedurft. Unabhängig davon könne der Geltendmachung formeller Verstöße die Präklusionswirkung nicht entgegengehalten werden. Die Verordnung sei unbestimmt, weil die betroffenen Grundstücke im Verordnungstext nicht aufgeführt seien und sich anhand der veröffentlichten Übersichtslagepläne im Maßstab 1 : 25.000 auch nicht ermitteln ließen. Die Antragsgegnerin hätte prüfen müssen, ob eine Schließung der Staustufe des Wasserkraftwerks R* … an der Brücke der A 93 über die Donau im Hochwasserfall die Festsetzung entbehrlich machen oder den Umfang des festgesetzten Überschwemmungsgebiets verringern könnte. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei verletzt, weil die Verordnung Zonen für unterschiedliche Wassertiefen, für Abfluss und Retentionsbereiche sowie für Teilbereiche bzw. Risikogebiete mit Relevanz hätte vorsehen müssen. In weniger risikoreichen Randbereichszonen hätte die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen allgemein zugelassen werden müssen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Verordnung der Antragsgegnerin über das Überschwemmungsgebiet an der Donau von Flusskilometer 2.372,105 bis Flusskilometer 2.387,660 und am Regen von Flusskilometer 0,000 bis Flusskilometer 4,855 auf dem Gebiet der Stadt R* … für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragstellerin sei bereits präkludiert, weil sie innerhalb der Einwendungsfrist keine Einwendungen erhoben habe. Mangels UVPbzw. SUP-Pflicht der Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets sei die Präklusion europarechtskonform. Die Auslegungsbekanntmachung könne ohne Bezeichnung der betroffenen Grundstücke im Verordnungstext oder Plan einen Befassungsanstoß bewirken, weil es den Bürgern obliege, sich durch Einsichtnahme der ausgelegten Pläne und des Verordnungs- und Erläuterungstexts zu informieren. Eines Hinweises auf die Rechtsfolgen der Verordnung habe es nicht bedurft. Die Verordnung sei auch nur im Amtsblatt bekannt zu machen gewesen. Sie genüge dem Bestimmtheitsgrundsatz, da die Grenzen des Geltungsbereichs durch den Abdruck von Übersichtskarten grob umschrieben seien und im Übrigen § 2 Abs. 2 der Verordnung auf 10 Detailpläne im Maßstab 1 : 2.500 verweise. Eine Auflistung der betroffenen Flurnummern sei gesetzlich nicht vorgesehen und wäre mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden. Bei der Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets seien Varianten, z.B. andere Betriebsweisen wie die Schließung der Staustufe, nicht zu prüfen. Es bestehe keine gesetzliche Pflicht zur Zonierung des Überschwemmungsgebiets. Aufgrund der geringen Fließgeschwindigkeit der Donau und des Regens sowie der eng stehenden städtischen Bebauung an den Flussufern sei eine Zonierung auch nicht zielführend.

Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 13. März 2018 wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Die Antragstellerin hat sich mit Schriftsatz vom 6. April 2018 ergänzend geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten kann der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden. Der zulässige Normenkontrollantrag ist unbegründet. Die Antragstellerin ist mit ihren Einwendungen wegen einer Eigentumsbeeinträchtigung nach Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG präkludiert. Abgesehen davon weist die Verordnung weder formelle noch materiell-rechtliche Fehler auf.

A.

Der Normenkontrollantrag ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO).

Die Antragstellerin ist antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Sie macht geltend, durch die angegriffene Rechtsvorschrift als Grundstückseigentümerin im Geltungsbereich der Verordnung von rechtswidrigen Nutzungsbeschränkungen betroffen zu sein. Dies genügt für ihre Antragsbefugnis (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, U.v. 29.12.2011 – 22 N 08.190 – BayVBl 2012, 500 = juris Rn. 13; U.v. 5.12.2007 – 22 N 05.194 – juris Rn. 19). Dass sich die Antragstellerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht auf das Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berufen kann, schmälert nicht die aus einfachem Recht herrührende Schutzfähigkeit des Eigentums (vgl. BayVGH, U.v. 4.3.2005 – 2 N 04.2100 – juris Rn. 24 m.w.N.; OVG NW, U.v. 11.9.2000 – 11 D 120/98.AK – juris Rn. 36 und 38).

Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingehalten.

B.

Der Normenkontrollantrag ist unbegründet. Die angegriffene Verordnung leidet an keinen formellen oder materiell-rechtlichen Fehlern.

1. Die Verordnung ist nicht wegen formeller Mängel unwirksam. Insbesondere wurde der Verordnungsentwurf rechtsfehlerfrei ausgelegt (vgl. Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 2 bis 8 BayVwVfG).

1.1 Der im Amtsblatt der Antragsgegnerin am 3. März 2014 veröffentlichte Bekanntmachungstext war ausreichend, um die erforderliche Anstoßwirkung zu erzielen.

Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG verlangen die ortsübliche Bekanntmachung der Auslegung. Der Bekanntmachungstext muss geeignet sein, gegenüber den möglicherweise Betroffenen eine sog. Anstoßwirkung zu erzielen (vgl. BVerwG, U.v. 16.8.1995 – 11 A 2.95 – NVwZ 1996, 267 = juris Rn. 30; U.v. 16.5.1978 – IV C 9.77 – BVerwGE 55, 369 = juris Rn. 24; vgl. auch Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 73 Rn. 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 73 Rn. 46). Die Anforderungen an die Anstoßwirkung der öffentlichen Bekanntmachung der Auslegung von Planungsunterlagen sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. BVerwG, B.v. 17.1.2013 – 7 B 18.12 – juris Rn. 51). Art. 73 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG zielt darauf ab, die im Veröffentlichungsgebiet Betroffenen durch Angabe der räumlichen Lage sowie der Art des Vorhabens zu ermuntern, sich für die Planung zu interessieren und nach Bedarf hieran als Einwender mitzuwirken; es soll ihnen bewusst gemacht werden, dass sie erforderlichenfalls weitere Schritte unternehmen müssen, um ihre Interessen wahrnehmen zu können. Dazu gehört in erster Linie, die Vorhabensunterlagen einzusehen (vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 4 A 2.16 u.a. – DVBl 2017, 1039 = juris Rn. 28; B.v. 17.1.2013 – 7 B 18.12 – juris Rn. 51). Zweck der Auslegung ist es, die möglicherweise Betroffenen über das Vorhaben zu informieren und ihnen Anlass zu der Prüfung zu geben, ob ihre Belange von der Planung berührt werden (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.2006 – 7 C 1.06 – BVerwGE 127, 259 = juris Rn. 18; vgl. auch BVerfG, B.v. 24.10.2017 – 1 BvR 1026/13 – DVBl 2018, 175 = juris Rn. 55). Ihre Aufgabe ist es nicht, über den Inhalt des Vorhabens selbst so detailliert Auskunft zu geben, dass die Einsichtnahme in die Planunterlagen entbehrlich wird (vgl. BVerwG, B.v. 17.9.2008 – 4 BN 22.08 – DVBl 2008, 1511 = juris Rn. 4).

Unter Anwendung dieser Maßstäbe auf den vorliegenden Einzelfall reichte der im Amtsblatt vom 3. März 2014 veröffentlichte Text der Bekanntmachung aus, um eine Anstoßwirkung gegenüber potentiell Betroffenen zu erzielen. Einer zusätzlichen textlichen oder planerischen Darstellung der Überschwemmungsgebietsgrenzen beidseitig der Flüsse bedurfte es hierfür nicht.

1.1.1 Die Art des Vorhabens, der Erlass einer Verordnung zur Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets, lässt sich dem Bekanntmachungstext problemlos entnehmen. Auch die räumliche Lage des Vorhabens wurde beschrieben. Aus der Überschrift („Erlass der Verordnung über das Überschwemmungsgebiet an der Donau von Flusskilometer 2.372,105 bis Flusskilometer 2.387,660 und am Regen von Flusskilometer 0,000 bis Flusskilometer 4,855 auf dem Gebiet der Stadt R* …“) ergibt sich, dass die Verordnung die Gebiete im Stadtgebiet umfasst, die bei Hochwasser der Donau bzw. des Regens voraussichtlich überschwemmt werden.

1.1.2 Ob sich die möglicherweise Betroffenen alleine aufgrund der Beschreibung im Bekanntmachungstext bewusst werden konnten, dass das Vorhaben ihre Aufmerksamkeit verdient und sie sich zum Schutz ihrer Interessen damit befassen sollten (vgl. BayVGH, GB v. 27.10.2010 – 22 A 09.40058 – juris Rn. 19; B.v. 19.3.2010 – 22 ZB 09.3157 – juris Rn. 7), bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Die hierzu vertretene Auffassung der Antragsgegnerin, zur Wahrung der Anstoßfunktion genüge allein die Benennung des Stadtnamens, teilt der Senat nicht. Eine solche Schlussfolgerung lässt sich auch der von ihr angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U.v. 5.10.1993 – 5 S 1266/92 – NVwZ 1994, 1024) nicht entnehmen, da das Gebiet im dortigen Fall zusätzlich durch Aufzählung der Gemarkungen und Gewanne beschrieben wurde (vgl. juris Rn. 14).

1.1.3 Die Anstoßwirkung musste die Eigentümer der Grundstücke im Überschwemmungsgebiet aber hier erreichen. Das Vorhaben traf sie aufgrund dessen vorläufiger Sicherung im Jahr 2009 nicht unvorbereitet (vgl. BVerwG, U.v. 31.7.2012 – 4 A 5000.10 u.a. – BVerwGE 144, 1 = juris Rn. 34). Am 19. Januar 2009 wurde die vorläufige Sicherung des Überschwemmungsgebiets unter Abdruck von Übersichtslageplänen ortsüblich bekannt gemacht (vgl. Amtsblatt vom 19.1.2009, S. 100 f. der Gerichtsakte). Darauf hat die Antragsgegnerin im Bekanntmachungstext vom 3. März 2014 hingewiesen. Die von der vorläufigen Sicherung betroffenen Eigentümer mussten deshalb damit rechnen, dass ihre Grundstücke (auch) im festzusetzenden Überschwemmungsgebiet liegen können. Dem Übersichtslageplan Nr. 2 (vgl. Amtsblatt vom 19.1.2009, S. 101 der Gerichtsakte) war die Lage der Grundstücke der Antragstellerin an der südlichen Grenze des Überschwemmungsgebiets zu entnehmen; eine hinreichende Orientierung ist am Verlauf der A* … S* … Straße und an den Umrissen der dortigen Bebauung möglich.

Aufgrund der vorläufigen Sicherung besaß das Überschwemmungsgebiet eine geographische Bezeichnung, also einen Namen, sodass das bekanntzugebende Vorhaben durch den Verweis auf diesen Namen gekennzeichnet und damit der Bürger ausreichend informiert war (vgl. BVerwG, U.v. 6.7.1984 – 4 C 22.80 – BVerwGE 69, 344 = juris Rn. 16). Der in der Auslegung benutzte Name des Vorhabens war infolge der vorausgegangenen vorläufigen Sicherung allgemein geläufig (vgl. BVerwG, U.v. 6.7.1984 – 4 C 22.80 – BVerwGE 69, 344 = juris Rn. 16; HessVGH, U.v. 8.6.2004 – 3 N 1239/03 – ÖffBauR 2004, 5 = juris Rn. 20). Die dreimalige Aktualisierung der Lagepläne ist unschädlich, da dem interessierten Bürger bewusst sein musste, dass der genauere Umfang des Überschwemmungsgebiets ohnehin nur durch Einsicht in die ausgelegten Vorhabensunterlagen feststellbar ist (vgl. BVerwG, U.v. 6.7.1984 – 4 C 22.80 – BVerwGE 69, 344 = juris Rn. 16).

Der Einwand der Antragstellerin, die Anstoßfunktion könne nicht aus der vorläufigen Sicherung abgeleitet werden, weil das dortige Verfahren rechtsstaatlichen Anforderungen nicht entsprochen habe, geht fehl. Dass im Rahmen der vorläufigen Sicherung im Jahr 2009 keine Auslegung mit der Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen entsprechend der damaligen Rechtslage erfolgt ist (vgl. § 31b Abs. 5 Satz 1 WHG i.V.m. Art. 61g Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BayWG, jeweils in der bis 28.2.2010 gültigen Fassung; vgl. jetzt § 76 Abs. 3 und 4 WHG 2010, Art. 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BayWG 2010), ist insoweit unerheblich. Entscheidend ist vielmehr die Tatsache, dass das Überschwemmungsgebiet im Rahmen der vorläufigen Sicherung öffentlich bekannt gemacht wurde mit der Folge, dass der Name des Vorhabens („Überschwemmungsgebiet an Donau und Regen auf dem Gebiet der Stadt R* …“) im Stadtgebiet der Antragsgegnerin seitdem allgemein geläufig ist. Die hinreichende Bekanntheit des benutzten Namens wird auch durch die von der Antragstellerin vorgelegten Artikel der M* … Zeitung vom 7. Januar 2009 und des W* …blatts vom 8. Januar 2009 belegt.

1.1.4 Für einen „Befassungsanstoß“ bedurfte es auch keines Hinweises in der Auslegungsbekanntmachung auf die für festgesetzte Überschwemmungsgebiete geltenden Schutzvorschriften nach § 78, 78a WHG. Eine darauf gerichtete Hinweispflicht ist in Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 5 Satz 2 BayVwVfG nicht vorgesehen. Weder das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und erst Recht nicht der einfachgesetzliche Eigentumsschutz noch die darin eingeschlossene Garantie auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) erfordern dies. Durch diese Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens wird der Rechtsschutz weder unmöglich gemacht noch unzumutbar erschwert oder faktisch entwertet (vgl. BVerfG, B.v. 24.10.2017 – 1 BvR 1026/13 – DVBl 2018, 175 = juris Rn. 35; U.v. 17.12.2013 – 1 BvR 3139/08 u.a. – BVerfGE 134, 242 = juris Rn. 191). Die Auslegung war vielmehr auch ohne einen solchen Hinweis geeignet, den potentiell Betroffenen die Beurteilung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von dem Vorhaben betroffen werden können (vgl. BVerfG, B.v. 24.10.2017, a.a.O., juris Rn. 55). Dass die Bebaubarkeit von Grundstücken im Überschwemmungsgebiet regelmäßig eingeschränkt wird, um Hochwasserschäden zu vermeiden, liegt auf der Hand. Vorliegend kommt hinzu, dass das Überschwemmungsgebiet seit 19. Januar 2009 vorläufig gesichert war, weshalb nach § 31b Abs. 5 Satz 2 WHG a.F. (bis 28.2.2010 gültige Fassung) die Schutzbestimmungen des § 31b Abs. 4 WHG a.F. schon seitdem galten.

1.2 Die Bekanntmachung der Auslegung im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 3. März 2014 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG haben die Gemeinden, in denen der Verordnungsentwurf auszulegen ist, die Auslegung ortsüblich bekannt zu machen. Die Art und Weise der ortsüblichen Bekanntmachung richtet sich nach dem einschlägigen Orts- und Landesrecht (vgl. BVerwG, U.v. 23.4.1997 – 11 A 7.97 – BVerwGE 104, 337 = juris Rn. 34; BayVGH, B.v. 4.11.2008 – 8 CS 08.2622 – juris Rn. 5; vgl. auch Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rn. 51), hier also nach Art. 27 Abs. 2 und Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO i.V.m. der Verwaltungsanordnung der Antragsgegnerin vom 30. März 2012 (vgl. S. 132 der Gerichtsakte). Insoweit unterscheidet sich die Bekanntmachung der Auslegung nach Art. 73 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG von der öffentlichen Bekanntmachung von Zustellungen nach Art. 74 Abs. 5 Satz 2 BayVwVfG, die eine zusätzliche Bekanntmachung in örtlichen Tageszeitungen verlangt (vgl. auch BVerwG, U.v. 31.7.2012 – 4 A 5000/10 u.a. – BVerwGE 144,1 = juris Rn. 32). Damit genügte die Veröffentlichung im Amtsblatt.

1.3 Auch die Auslegung erweist sich nicht als fehlerhaft. Es ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin nicht alle Unterlagen ausgelegt hat, die – aus der Sicht der potentiell Betroffenen – erforderlich sind, um den Betroffenen das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst zu machen (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 – 9 A 1.13 – BVerwGE 150, 92 = juris Rn. 12). Dass die Antragsgegnerin den Erläuterungsbericht des Wasserwirtschaftsamts mittlerweile – ohne für den Senat nachvollziehbaren Grund – aus der den konkreten Verwaltungsvorgang umfassenden Behördenakte herausgenommen hat (vgl. S. 6 der Sitzungsniederschrift vom 13.3.2018), belegt entgegen dem Vorhalt der Antragstellerin nicht, dass dieser nicht mit ausgelegt wurde. Die Auslegungsbekanntmachung vom 3. März 2014 enthielt vielmehr den Hinweis, dass der Erläuterungsbericht ausgelegt wird (vgl. S. 15 der Behördenakte). Auch in den Anschreiben der sachbearbeitenden Mitarbeiterin der Antragsgegnerin vom 25. Februar 2014 an die beteiligten Ämter war der Erläuterungsbericht als Anlage vermerkt (vgl. S. 39, 46, 54 der Behördenakte). Abgesehen davon kann vorliegend die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin, die keine Einsicht in die Unterlagen genommen hatte, nicht wegen mangelnder Unterlagen an der Erhebung von Einwendungen gehindert gewesen sein. Die Frage nach den Auswirkungen fehlerhafter Auslegungsunterlagen (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 1.4.2014 – 22 ZB 13.995 – BayVBl 2014, 754 = juris Rn. 23), bedarf deshalb vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.

2. Die Antragstellerin ist nach Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG mit allen Einwendungen wegen einer Eigentumsbeeinträchtigung ausgeschlossen, weil die Voreigentümerin der Grundstücke keine Einwendungen erhoben hat. Damit hat die Antragstellerin „präklusionsbelastetes“ Grundeigentum erworben mit der Folge, dass sie sich die Versäumnisse ihrer Rechtsvorgänger entgegenhalten lassen muss (vgl. BayVGH, B.v. 25.7.2011 – 8 ZB 11.543 – BayVBl 2012, 569 = juris Rn. 19; B.v. 17.8.2010 – 8 CS 10.303 – juris Rn. 24, jeweils m.w.N.). Auf den Einwendungsausschluss wurde in der Auslegungsbekanntmachung vom 3. März 2014 ordnungsgemäß hingewiesen.

2.1 Die Anwendung des Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG, auf den Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG verweist, ist im vorliegenden Fall nicht nach § 7 Abs. 4 UmwRG ausgeschlossen. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet in seiner zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017 (BGBl. I, S. 3290) Anwendung (vgl. OVG NW, U.v. 4.9.2017 – 11 D 14/14.AK – juris Rn. 34). Nach der Überleitungsvorschrift des § 8 Abs. 1 UmwRG gilt das Gesetz für nach dem 28. Januar 2013 erhobene Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 UmwRG, die nach dem 25. Juni 2005 ergangen sind. Der Einwendungsausschluss nach Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG ist hiernach u.a. unanwendbar für Zulassungsentscheidungen nach § 2 Abs. 6 UVPG für Vorhaben, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann. Die angegriffene Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets gemäß § 76 Abs. 2 WHG i.V.m. Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayWG ist schon deshalb keine solche Entscheidung, weil sie nicht in der Liste „UVP-pflichtige Vorhaben“ gemäß Anlage 1 des UVPG in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. September 2017 (BGBl. I S. 3370), aufgeführt ist. Für die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten ist im Übrigen auch keine Strategische Umweltprüfung (SUP) durchzuführen (vgl. Anlage 5 des UVPG – Liste „SUP-pflichtiger Pläne und Programme“ sowie Nr. 14 der Anlage zum Beschluss des Bundesrats vom 18.2.2005, BR-Drs. 52/05; vgl. auch Breuer/Gärditz, Öffentliches und Privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1317). Darüber hinaus fände für Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 7 UVPG), Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG ohnehin gemäß § 7 Abs. 4 UmwRG weiter Anwendung.

Nicht entscheidungserheblich ist vorliegend, ob § 7 Abs. 4 UmwRG den unionsrechtlichen Vorgaben für den materiellen Ausschluss von Einwendungen (vgl. EuGH, U.v. 20.12.2017 – C-664/15 - juris Rn. 88 ff.) vollumfänglich genügt. Im Schrifttum wird die Weitergeltung der nationalen Präklusionsregelungen (vgl. BT-Drs. 18/9526 S. 44) auch mit Blick auf Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention teilweise infrage gestellt, soweit nicht UVP-pflichtige, aber umweltrelevante Vorhaben betroffen sind (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 73 Rn. 89; Franzius, NVwZ 2018, 219). Die hier gegenständliche Festsetzung des Überschwemmungsgebiets erweist sich als offensichtlich nicht umweltrelevant, weil sie keine negativen Umweltauswirkungen haben kann.

2.2 Die Präklusion erfasst alle Einwendungen, also sachliches Gegenvorbringen, das auf die Verhinderung oder Modifizierung der Festsetzung abzielt (vgl. BVerwG, U.v. 25.5.2016 – 3 C 2.15 – BVerwGE 155, 218 = juris Rn. 25; U.v. 14.7.2011 – 9 A 14.10 – NVwZ 2012, 180 = juris Rn. 12). Mit ihnen bringt der Einwender zum Ausdruck, bestimmte Beeinträchtigungen von Rechten und Pflichten nicht hinnehmen zu wollen (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2015 – 7 C 11.12 – BVerwGE 151, 213 = juris Rn. 17). Nicht der Präklusion unterliegen dagegen Einwände, die auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften abzielen, die die Behörde unabhängig von den konkreten Rechten und Interessen der Betroffenen und deren Einwendungen von Amts wegen zu berücksichtigen hat, etwa die sachliche Unzuständigkeit (vgl. BVerwG, U.v. 14.7.2011 – 9 A 14.10 – NVwZ 2012, 180 = juris Rn. 12; U.v. 19.2.2015 – 7 C 11.12 – BVerwGE 151, 213 = juris Rn. 17; U.v. 25.5.2016 – 3 C 2.15 – BVerwGE 155, 218 = juris Rn. 25; OVG NW, B.v. 29.7.2010 – 20 B 1320/09 – ZfW 2011, 104 = juris Rn. 28; vgl. auch Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rn. 98).

Vorliegend ist die Antragstellerin mit allen Einwendungen, die eine Beeinträchtigung ihrer im Überschwemmungsgebiet liegenden Grundstücke betreffen, präkludiert. Es spricht viel dafür, dass der Ausschluss auch den Einwand der mangelnden Bestimmtheit des räumlichen Geltungsbereichs der Verordnung erfasst. Der Vorhalt der Antragstellerin, die Präklusionswirkung könne der Geltendmachung formeller Verstöße nicht entgegengehalten werden, überzeugt nicht. Mit dieser Einwendung beruft sich die Antragstellerin in der Sache darauf, die Betroffenheit ihrer Grundstücke – d.h. deren Belegenheit innerhalb oder außerhalb des Überschwemmungsgebiets – aus der Verordnung nicht zweifelsfrei erkennen zu können. Die Einwendung betrifft demnach nicht die Einhaltung von Bestimmungen, die den rechtlichen Rahmen der Festsetzung abstecken (vgl. BVerwG, U.v. 25.5.2016 – 3 C 2.15 – BVerwGE 155, 218 = juris Rn. 25; U.v. 14.7.2011 – 9 A 14.10 – NVwZ 2012, 180 = juris Rn. 12).

3. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Antragstellerin mit ihren Einwendungen nicht präkludiert ist, hätte der Normenkontrollantrag keinen Erfolg. Die angegriffene Verordnung verstößt nicht gegen materielles Recht.

3.1 Die Verordnung genügt dem Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit.

Zu den rechtsstaatlichen Erfordernissen der Normenklarheit gehört die unbedingte Klarheit und Nachprüfbarkeit des räumlichen Geltungsbereiches einer Norm (vgl. BVerwG, U.v. 27.1.1967 – IV C 105.65 – BVerwGE 26, 129/130). Eine Verordnung, die – wie hier – nur Teile des Stadtgebiets umfasst, muss daher ihren räumlichen Geltungsbereich genau beschreiben (vgl. BayVGH, U.v. 28.11.2008 – 22 N 05.332 u.a. – juris Rn. 14; U.v. 13.7.1989 – 22 N 87.870 – BayVBl 1990, 185). Lässt sie hierüber Zweifel, so ist sie zu unbestimmt und wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip ungültig. Denn eine Rechtsnorm, der nicht eindeutig entnommen werden kann, wo sie gilt, lässt den Betroffenen über die Rechtslage im Unklaren (vgl. BayVerfGH, E.v. 10.3.1981 – Vf. 16, 17 und 18-VII-79 – BayVBl. 1981, 462/463 f.).

3.1.1 Art. 51 Abs. 3 LStVG, auf den Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayWG verweist, sieht für die Beschreibung des räumlichen Geltungsbereichs einer Verordnung drei Möglichkeiten vor: Durch wörtliche Beschreibung im Verordnungstext, durch Abdruck einer genauen Karte in der Verordnung oder – wenn die ersten beiden Alternativen ausscheiden – durch grobe Umschreibung unter Bezugnahme auf Karten (Maßstab mindestens 1 : 25.000) oder Verzeichnisse, die von der in der Verordnung bezeichneten Behörde archivmäßig verwahrt werden und allgemein zugänglich sind. § 2 Abs. 2 der angegriffenen Verordnung nimmt die dritte Möglichkeit wahr und bestimmt:

„Die Grenzen des Überschwemmungsgebietes sind in den mitveröffentlichten Übersichtslageplänen vom 06.02.2014 im Maßstab 1 : 25.000 (Anlage 1) sowie im Gesamtübersichtslageplan vom 06.02.2014 im Maßstab 1 : 25.000 (Anlage 2) eingetragen. Für die genaue Grenzziehung sind 10 Detaillagepläne im Maßstab 1 : 2.500 (Anlage 3) vom 06.02.2014, gefertigt vom Wasserwirtschaftsamt R* …, maßgebend.“

§ 2 Abs. 4 der Verordnung regelt ergänzend:

„Der Verordnungstext und die Lagepläne können vom Tag des Inkrafttretens dieser Verordnung an während der Dienststunden bei der Stadt R* …, Umweltamt, Neues Rathaus, M* …weg * * …, Zimmer-Nr. …, kostenlos eingesehen werden.“

3.1.2 Die Bestimmung der Grenzen des Geltungsbereichs der Verordnung nach Art. 51 Abs. 3 Satz 1 Alt. 3 LStVG – grobe Umschreibung der Grenzen in der Verordnung und Bezugnahme auf eine genaue Karte im Maßstab von mindestens 1 : 25.000 – ist vorliegend nicht zu beanstanden. Die dritte Alternative des Art. 51 Abs. 3 Satz 1 LStVG steht nicht gleichrangig neben den beiden ersten, sondern greift nur hilfsweise (vgl. Böhm/Welsch in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand 1.9.2015, Art. 51 Anm. 6). Gerade bei Verordnungen mit einem größeren räumlichen Geltungsbereich liegt es nahe, gemäß Art. 51 Abs. 3 Satz 1 Alt. 3 LStVG zu verfahren (vgl. auch BayVGH, U.v. 20.10.1993 – 19 N 91.1767 – BayVBl 1994, 718/719).

Die beiden ersten Alternativen des Art. 51 Abs. 3 Satz 1 LStVG waren vorliegend nicht vorzuziehen. Eine wörtliche Umschreibung (vgl. Art. 51 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 LStVG) wäre nicht hinreichend anschaulich. Da das Überschwemmungsgebiet nicht nur ganze Grundstücke, sondern auch Teilflächen hieraus betrifft, wären die Grenzen nicht allein durch Angabe der Flurnummern zu beschreiben (vgl. BayVGH, U.v. 21.12.2004 – 4 N 01.959 – BayVBl 2005, 629 = juris Rn. 35). Hinzu kommen die erhebliche Größe des Überschwemmungsgebiets und die Vielzahl der hiervon im Stadtgebiet erfassten Grundstücke (vgl. BayVGH, U.v. 28.11.2008 – 22 N 05.332 u.a. – juris Rn. 18; U.v. 18.5.1999 – 9 N 97.2491 – BayVBl 2001, 402 = juris Rn. 51). Mit der groben Umschreibung durch den Abdruck von Übersichtslageplänen und der Bezugnahme auf die Detailpläne kann vorliegend den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips wohl besser Rechnung getragen werden als durch eine wörtliche Umschreibung (vgl. BayVGH, U.v. 18.5.1999 – 9 N 97.2491 – BayVBl 2001, 402 = juris Rn. 53).

Auch der Abdruck einer genauen Karte im Amtsblatt (vgl. Art. 51 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 LStVG) war vorliegend nicht geboten. Mit einer Karte im Format des Amtsblatts (DIN A4) könnte die Grenzziehung aufgrund der erheblichen Größe des Überschwemmungsgebiets und der Einbeziehung von Grundstücksteilflächen nur sehr ungenau beschrieben werden (vgl. BayVGH, U.v. 28.11.2008 – 22 N 05.332 u.a. – juris Rn. 18). Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin, aus drucktechnischen Gründen und wegen des Gebots der notwendigen Beschränkung des Umfangs des Amtsblatts auf die Mitveröffentlichung einer bzw. mehrerer Karten größeren Maßstabs zu verzichten, ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, U.v. 27.1.1967 – IV C 105.64 – BVerwGE 26, 129/130; BayVGH, U.v. 28.11.2008 – 22 N 05.332 u.a. – juris Rn. 18).

3.1.3 Die Voraussetzungen des Art. 51 Abs. 3 Satz 1 Alt. 3 LStVG liegen hier vor. Nach dem Gesetzeswortlaut genügt es, ist aber zugleich notwendig, dass die Verordnung die Grenze ihres Geltungsbereichs „grob umschreibt“. Die in Bezug genommenen Unterlagen dürfen die Beschreibung des Geltungsbereichs nicht ersetzen, sondern nur präzisieren (vgl. BayVGH, U.v. 28.11.2008 – 22 N 05.332 u.a. – juris Rn. 19; U.v. 5.2.2007 – 22 N 06.2838 – ZfW 2008, 158/160; U.v. 21.12.2004, BayVBl 2005, 629 = juris Rn. 36). Dem wird die Verordnung gerecht.

Die grobe Umschreibung des Geltungsbereichs erfolgt hier mithilfe von im Amtsblatt mitveröffentlichten Übersichtslageplänen im Maßstab 1 : 25.000. Der Verwaltungsgerichtshof hat hierzu entschieden, dass die grobe Umschreibung auch im Abdruck einer Karte gesehen werden kann (vgl. BayVGH, U.v. 5.2.2007 – 22 N 06.2838 – ZfW 2008, 158/159; U.v. 18.5.1999 – 9 N 97.2491 – BayVBl 2001, 434 = juris Rn. 55; vgl. auch Böhm/Welsch in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 51 Anm. 6). Dafür spricht, dass in Art. 51 Abs. 3 Satz 1 LStVG nicht von „beschreiben“, sondern von „umschreiben“ die Rede ist; der Begriff „umschreiben“ lässt eher auf eine zeichnerische Lösung schließen. Dafür spricht weiter die prinzipielle Gleichwertigkeit der wörtlichen Beschreibung und des Abdrucks einer Karte bei den ersten beiden Alternativen des Art. 51 Abs. 3 LStVG (vgl. BayVGH, U.v. 18.5.1999 – 9 N 97.2491 – BayVBl 2001, 434 = juris Rn. 53). Für die dritte Möglichkeit des Art. 51 Abs. 3 Satz 1 LStVG, also die grobe Umschreibung, kann nichts anderes gelten; die in Bezug genommenen Unterlagen haben insofern nicht ersetzende, sondern lediglich präzisierende Funktion (vgl. BayVGH, U.v. 5.2.2007 – 22 N 06.2838 – ZfW 2008, 158/159).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin erfüllen die im Amtsblatt abgedruckten Übersichtslagepläne im Maßstab 1 : 25.000 die Mindestanforderungen für die „grobe Umschreibung“ nach Art. 51 Abs. 3 Satz 1 Alt. 3 LStVG. Mit ihnen ist für den Norm-adressaten – auch ohne einen Blick in die Detaillagepläne – die ungefähre Lage der Grenze des Überschwemmungsgebiets (vgl. BayVGH, U.v. 28.11.2008 – 22 N 05.332 u.a. – juris Rn. 19) bzw. eine grobe räumliche Zuordnung (vgl. Böhm/Welsch in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 51 Anm. 6) noch erkennbar. Insbesondere besteht anhand des mitveröffentlichten Übersichtslageplans Nr. 2 kein Zweifel, dass die Grundstücke der Antragstellerin im Bereich der südlichen Grenze des Geltungsbereichs liegen. Deren Belegenheit südlich des W* …hafens und im Norden angrenzend an die A* … S* … Straße ermöglicht dem Normadressaten eine grobe Orientierung (vgl. auch BayVGH, U.v. 27.10.2006 – 22 N 04.1544 – BayVBl 2007, 465 = juris Rn. 13), ohne dass er auf die Eintragung von Straßennamen angewiesen wäre. Auch durch die Schwarzschraffur, mit der die Flächen des Überschwemmungsgebiets eingezeichnet wurden, wird die Erkennbarkeit des ungefähren Grenzverlaufs nicht unzumutbar erschwert.

3.1.4 Die grobe Umschreibung des Überschwemmungsgebiets unter Angabe seiner Belegenheit im Verordnungstext (vgl. Überschrift und § 2 Abs. 1 der Verordnung) sowie durch den Abdruck der Übersichtslagepläne im Amtsblatt genügt auch den höchstrichterlich aus dem Rechtsstaatsgebot entwickelten Anforderungen (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2001 – 6 CN 2.00 – BVerwGE 112, 373 = juris Rn. 9; B.v. 16.5.1991 – 4 NB 26.90 – BVerwGE 88, 204 = juris Rn. 17).

3.1.5 Der genaue Grenzverlauf ergibt sich – was die Antragstellerin nicht in Zweifel zieht – aus den zehn Detaillageplänen im Maßstab 1 : 2.500, die allgemein zugänglich sind (vgl. Art. 51 Abs. 3 Satz 2 LStVG i.V.m. § 2 Abs. 4 der Verordnung).

3.1.6 Bedenken gegen die Wahrung des Gebots der Normenklarheit ergeben sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht daraus, dass die Detaillagepläne nicht mit dem Verordnungstext verbunden sind, sondern gesondert verwahrt werden. Da die Lagepläne gesondert ausgefertigt wurden, sind Zweifel an der Identität der maßgeblichen Pläne ausgeschlossen; eine körperliche Verbindung mit dem Textteil der Verordnung war deshalb nicht notwendig (vgl. BayVGH, U.v. 4.8.2017 – 15 N 15.1713 – NVwZ-RR 2017, 953 = juris Rn. 20).

3.2 Die Verordnung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Festsetzung des Überschwemmungsgebiets nicht erforderlich gewesen wäre.

Nach § 76 Abs. 2 Satz 1 WHG i.V.m. Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayWG setzen die Kreisverwaltungsbehörden durch Rechtsverordnung Überschwemmungsgebiete fest. Dies gilt innerhalb der Risikogebiete oder der nach § 73 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 WHG zugeordneten Gebiete mindestens für Gebiete, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist sowie für die zur Hochwasserentlastung und Rückhaltung beanspruchten Flächen (vgl. § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 WHG).

3.2.1 Die fachbehördliche Ermittlung des Überschwemmungsgebiets durch das Wasserwirtschaftsamt erweist sich vorliegend als nachvollziehbar und plausibel. Das Wasserwirtschaftsamt hat die Überschwemmungsgrenzen für ein 100-jährliches Hochwasser (HQ100) anhand eines hydraulischen Berechnungsmodells ermittelt, das anhand dreier abgelaufener Hochwasserereignisse (März 1988, Mai 1999, August 2002) angepasst wurde (vgl. Nr. 4 des Erläuterungsberichts vom 6.2.2014, S. 105 ff. der Gerichtsakte). Die Vertreterin des Wasserwirtschaftsamts hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass das beauftragte Fachbüro Dr. … * … … bei der Berechnung des hydraulischen Modells die vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) vorgegebene „Fachliche Vorgehensweise bei der Ermittlung von Überschwemmungsgebieten“ (vgl. S. 135 ff. der Gerichtsakte) angewandt habe (vgl. S. 7 der Sitzungsniederschrift vom 13.3.2018). Zudem seien die Abflussmengen so berechnet worden, dass an keinem Punkt ein 100-jährlicher Abfluss überschritten werde. Dem ist die Antragstellerin nicht substanziiert entgegengetreten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kommt amtlichen Gutachten und Auskünften des Wasserwirtschaftsamts als Fachbehörde nach Art. 63 Abs. 3 BayWG eine hervorgehobene Bedeutung zu. Die Notwendigkeit einer Abweichung oder Beweiserhebung ist erst dann gegeben, wenn sich der Eindruck aufdrängt, dass das Gutachten unvollständig oder widersprüchlich ist, auf einem fehlerhaften Sachverhalt beruht, der Gutachter nicht hinreichend sachkundig oder parteilich war oder ein anderer Gutachter erkennbar über überlegene Forschungsmittel verfügt (vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2016 – 8 ZB 15.1514 – juris Rn. 9; B.v. 16.12.2015 – 8 ZB 14.1471 – juris Rn. 15; B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47 = juris Rn.11 m.w.N.). Dass hier Fehler der vorgenannten Art einschlägig sein könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen.

3.2.2 Die Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts, die Grundstücke der Antragstellerin lägen innerhalb eines Risikogebiets mit signifikantem Hochwasserrisiko (vgl. § 76 Abs. 2 Nr. 1 WHG i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1 WHG), hat diese nicht erschüttert, sondern nur „mit Nichtwissen“ bestritten. Auch ihr – nicht durch Aussagen sachverständiger Personen untermauerter – Vorhalt, ihre Grundstücke fielen wegen der geringen Hochwasserhöhe nicht in diesen Bereich, verfängt nicht. Die Vertreterin des Wasserwirtschaftsamts hat hierzu in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass für die Ermittlung von Überschwemmungsgebieten nicht die Wassertiefe ausschlaggebend sei und dass die Fließgeschwindigkeit maßgeblich von anderen Faktoren, insbesondere dem Gefälle und der Beschaffenheit der Oberfläche, abhänge (vgl. S. 10 der Sitzungsniederschrift vom 13.3.2018).

3.2.3 Die Festsetzung des Überschwemmungsgebiets ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin die Schließung der Staustufe des Wasserkraftwerks R* … als sich aufdrängende Alternative in Betracht hätte ziehen müssen.

Die Schließung der Staustufe im Hochwasserfall stellt keine geeignete Alternative dar, mit deren Realisierung die Festsetzung des Überschwemmungsgebiets entbehrlich würde. Das Wasserwirtschaftsamt hat bei seiner Bewertung rechtsfehlerfrei den bescheidsgemäßen Betrieb der Stauanlage zugrunde gelegt (vgl. S. 8 der Sitzungsniederschrift vom 13.3.2018 und Nr. 2.2 der Handreichung „Ermittlung und Festsetzung von Überschwemmungsgebieten in Bayern“ des StMUG – im Folgenden: Handreichung vom 20.7.2010, S. 119 der Gerichtsakte). Im Übrigen ist weder dargelegt noch sonst erkennbar, wie die Stauanlage in der Lage sein sollte, die im Hochwasserfall anströmenden Wassermassen zurückzuhalten.

3.3 Die Verordnung erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig, weil das Überschwemmungsgebiet nicht in Zonen mit unterschiedlichen Schutzvorschriften eingeteilt wurde. Die Antragsgegnerin war insbesondere nicht gehalten, Zonen nach Wassertiefen bei HQ100 oder nach Abfluss- und Retentionsbereichen festzulegen.

Die Antragstellerin stützt ihre gegenteilige Auffassung auf Nr. 2.6 der Handreichung des Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit (StMUG) vom 20. Juli 2010. Hiernach kann auch nach Wegfall des Art. 61i Abs. 1 Satz 3 BayWG a.F. (bis 28.2.2010 gültige Fassung) eine Zonierung nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erforderlich werden, wenn Schutzvorschriften nicht flächendeckend, sondern nur in Teilbereichen erforderlich sind.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das Ziel der Antragstellerin, die bauliche Entwicklung ihrer Grundstücke durch Nichtanwendung der Schutzvorschriften nach § 78 WHG bzw. durch allgemeine Zulassung nach § 78 Abs. 6 Satz 1 WHG (entspricht § 78 Abs. 3 Satz 2 WHG a.F.) in diesem Bereich offenzuhalten, ist mit einer Zonierung des Überschwemmungsgebiets nicht zu realisieren. Anknüpfungspunkte für Zonen mit unterschiedlichen Schutzanforderungen müssen objektive Kriterien des vorbeugenden Hochwasserschutzes sein. Die Unterteilung in Zonen mit dem Ziel, unterschiedliche bauliche Entwicklungen zu ermöglichen, widerspräche § 78 Abs. 2 WHG, der die Ausnahmen vom – das gesamte Überschwemmungsgebiet in seiner Ausdehnung auf Grundlage des HQ100 erfassende – Verbot der Bauleitplanung nach § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG bundesrechtlich abschließend regelt (vgl. Drost, Das Wasserrecht in Bayern, Stand Juli 2009, Art. 61i BayWG Rn. 11).

Abgesehen davon ist hier nicht erkennbar, dass sich die Hochwassergefahr innerhalb des Überschwemmungsgebiets unterschiedlich auswirkt (vgl. LT-Drs. 15/8876 S. 18 zu Art. 61i BayWG a.F.; Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, BayWG, Stand Juni 2008, Art. 61i Rn. 10). Das Wasserwirtschaftsamt hat eine Zonierung aufgrund der geringen Fließgeschwindigkeit der Donau und der eng stehenden Bebauung an den Flussufern als nicht zielführend erachtet (vgl. Protokoll des Erörterungstermins am 23.4.2015, S. 167 der Behördenakte). Der Vorhalt der Antragstellerin, eine Zonierung sei wegen der geringen Häufigkeit der Überschwemmung ihrer Grundstücke nötig, lässt außer Acht, dass die statistische Hochwasserwahrscheinlichkeit (HQ100) gesetzlich vorgegeben ist (vgl. § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WHG). Dementsprechend bezieht sich die Benennung der Häufigkeit der Überschwemmung als Abgrenzungskriterium für eine Zonierung in der Handreichung vom 20. Juli 2010, auf die sich die Antragstellerin beruft, nicht auf die allgemeinen Schutzvorschriften des § 78 WHG, sondern auf zusätzliche Anforderungen (z.B. zur Gewässerqualität). Auch eine Zonierung nach Wassertiefen erweist sich vorliegend als nicht notwendig. Der niedrigen „Überflutungstiefe“ im Bereich der Grundstücke der Antragstellerin kann ggf. durch Erteilung einer Befreiung von den gesetzlichen Schutzvorschriften Rechnung getragen werden (vgl. Hornfischer/Reith, VBlBW 2014, 401/403).

3.4 Da vorliegend kein Abwägungsdefizit zu erkennen ist, bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob es sich bei der Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets innerhalb der Gebiete, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist (HQ100), um eine Entscheidung mit planerischer Gestaltungsfreiheit oder um eine rechtlich gebundene Entscheidung handelt (vgl. hierzu OVG RhPf, U.v. 30.10.2003 – 1 C 10100/03 – UPR, 2004, 194 = juris Rn. 19; OVG Saarl, U.v. 28.11.2003 – 3 N 1/02 – juris Rn. 60 ff.; VGH BW, U.v. 20.4.1994 – 8 S 2449/93 – ZfW 1995, 88 = juris Rn. 29; Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358/361 m.w.N.).

C.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Apr. 2018 - 8 N 16.1660

Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Apr. 2018 - 8 N 16.1660

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Apr. 2018 - 8 N 16.1660 zitiert 19 §§.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts


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Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen: 1. Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach a) dem Gesetz

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,2. Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,3. Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,4. kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie5.

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 78 Bauliche Schutzvorschriften für festgesetzte Überschwemmungsgebiete


(1) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in Bauleitplänen oder in sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch untersagt. Satz 1 gilt nicht, wenn die Ausweisung ausschließlich der Verbesserung des

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(2) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 1 Satz 1 die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn

1.
keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können,
2.
das neu auszuweisende Gebiet unmittelbar an ein bestehendes Baugebiet angrenzt,
3.
eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu erwarten sind,
4.
der Hochwasserabfluss und die Höhe des Wasserstandes nicht nachteilig beeinflusst werden,
5.
die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
6.
der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird,
7.
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8.
die Belange der Hochwasservorsorge beachtet sind und
9.
die Bauvorhaben so errichtet werden, dass bei dem Bemessungshochwasser nach § 76 Absatz 2 Satz 1, das der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes zugrunde liegt, keine baulichen Schäden zu erwarten sind.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 bis 8 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen.

(3) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten hat die Gemeinde bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen für die Gebiete, die nach § 30 Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuches zu beurteilen sind, in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger,
2.
die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und
3.
die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.
Dies gilt für Satzungen nach § 34 Absatz 4 und § 35 Absatz 6 des Baugesetzbuches entsprechend. Die zuständige Behörde hat der Gemeinde die hierfür erforderlichen Informationen nach § 4 Absatz 2 Satz 6 des Baugesetzbuches zur Verfügung zu stellen.

(4) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches untersagt. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung und des Hochwasserschutzes sowie des Messwesens.

(5) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 4 Satz 1 die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage im Einzelfall genehmigen, wenn

1.
das Vorhaben
a)
die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
b)
den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert,
c)
den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und
d)
hochwasserangepasst ausgeführt wird oder
2.
die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen. Für die Erteilung der Genehmigung gilt § 11a Absatz 4 und 5 entsprechend, wenn es sich um eine Anlage zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen handelt.

(6) Bei der Festsetzung nach § 76 Absatz 2 kann die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen auch allgemein zugelassen werden, wenn sie

1.
in gemäß Absatz 2 neu ausgewiesenen Gebieten nach § 30 des Baugesetzbuches den Vorgaben des Bebauungsplans entsprechen oder
2.
ihrer Bauart nach so beschaffen sind, dass die Einhaltung der Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist.
In den Fällen des Satzes 1 bedarf das Vorhaben einer Anzeige.

(7) Bauliche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur, die nicht unter Absatz 4 fallen, dürfen nur hochwasserangepasst errichtet oder erweitert werden.

(8) Für nach § 76 Absatz 3 ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Gebiete gelten die Absätze 1 bis 7 entsprechend.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, mit dem eine Klage abgewiesen wurde, die im Hauptantrag auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schöne-feld und im Hilfsantrag auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um ein Verbot des unabhängigen Parallelbetriebs beider Start- und Landebahnen gerichtet war. Hintergrund der Verfassungsbeschwerde ist das absehbare Abweichen der angekündigten von der im Planfeststellungsbeschluss prognostizierten Flugroute.

I.

2

1. a) Der Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 sieht, auf der Grundlage des Landesentwicklungsplans Flughafenstandort (GVBl. Bbg. II 2003 S. 594; GVBl. Bln 2003 S. 521) der Länder Brandenburg und Berlin, den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld zum Großflughafen Berlin Brandenburg mit zwei parallelen Start- und Landebahnen vor. In dem Planfeststellungsbeschluss legt die Planfeststellungsbehörde dar, dass die Herstellung eines unabhängig benutzbaren Parallelbahnsystems ein wesentlicher Grund für den Ausbau des Flughafens sei. Um das den Planungen zugrunde liegende Verkehrsaufkommen von 360.000 Flugbewegungen im Jahr bewältigen zu können, sei es erforderlich, dass die beiden Bahnen unabhängig voneinander betrieben werden könnten (Planfeststellungsbeschluss, S. 336 Abs. 1, 409 Abs. 5). Weiter weist der Planfeststellungsbeschluss darauf hin, dass die Flugrouten in einem separaten Verfahren festgesetzt würden. Die dem Datenerfassungssystem (DES) zugrunde gelegten Flugrouten bezeichnet er als "durchaus plausible und auch hinreichend konkrete Grundlage" für die Ermittlung der Auswirkungen des Ausbauvorhabens (Planfeststellungsbeschluss, S. 414).

3

b) In einer von der Planfeststellungsbehörde eingerichteten Arbeitsgruppe, an der die Deutsche Flugsicherung (DFS) und die Projektplanungsgesellschaft (PPS) beteiligt waren, sollten zur Ermittlung der Auswirkungen des Flugbetriebs die erst kurz vor der Inbetriebnahme des Flugplatzes erfolgende Festlegung der An- und Abflugverfahren mit den der Flughafenplanung zugrunde zu legenden Prognosen der An- und Abflugrouten in Einklang gebracht werden. Nach deren Ergebnis sollten die Abflugrouten in beide Betriebsrichtungen zunächst mehrere Kilometer parallel in gerader Verlängerung der jeweiligen Bahnen verlaufen. Die DFS ging bei dieser Grobplanung, ohne hierauf ausdrücklich hinzuweisen, davon aus, dass die beiden Bahnen des Flugplatzes nicht unabhängig voneinander genutzt werden sollten. Die PPS berechnete auf dieser Grundlage die Streckengeometrie für das DES. Im weiteren Verlauf teilte die DFS der Arbeitsgruppe mit, dass die gleichzeitige unabhängige Durchführung von Instrumentenflug-Abflügen (Instrument Flight Rules - IFR-Abflügen) von beiden Pisten unmittelbar nach dem Start eine Divergenz des Abflugkurses von mindestens 15° erfordere. Ebenso müssten die Abflugrouten um mindestens 30° von den Fehlanflugkursen der jeweils anderen Piste abweichen. Gleichwohl erstellte die PPS die Planunterlagen auf der Grundlage paralleler Abflugrouten.

4

Im Anhörungsverfahren wies die DFS darauf hin, dass zur Gewährleistung gleichzeitiger Abflüge von beiden Pisten generell eine Divergenz der Abflugwege von 15° erforderlich wäre. Weiter wies sie darauf hin, dass die Flugverfahren nicht Gegenstand einer Planfeststellung seien, sondern jederzeit optimiert werden könnten. Die Festlegung der für die Inbetriebnahme des neuen Bahnsystems notwendigen Flugverfahren werde erst kurz vor Betriebsaufnahme erfolgen.

5

Die Planfeststellungsbehörde legte die Schutz- und Entschädigungsgebiete auf der Grundlage der hinsichtlich der Start- und Landebahnen und der prognostizierten Flugrouten unveränderten Planunterlagen ebenso fest, wie sie auf dieser Grundlage die Gebiete bestimmte, in denen die Planunterlagen ausgelegt wurden. Sie behielt sich vor, bei geänderten An- und Abflugverfahren die festgelegten Schutz- und Entschädigungsgebiete neu auszuweisen, wenn sich der Dauerschallpegel an der äußersten Grenze des Schutzgebietes an den Schnittpunkten mit den An- und Abflugstrecken um mehr als 2 dB(A) ändere (Planfeststellungsbeschluss, S. 110).

6

c) Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer sind Eigentümer selbstgenutzter Wohngrundstücke. Die Grundstücke der Beschwerdeführer zu 1 und 2 und der Beschwerdeführer zu 5 und 6 liegen jeweils in Zeuthen, zirka 7,5 bzw. 9 Kilometer östlich der Mitte der Südbahn. Das Grundstück der Beschwerdeführer zu 3 und 4 liegt in Mahlow, etwa 7,5 km westlich der Mitte der Nordbahn.

7

Nach der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Abflugroutenprognose waren die Beschwerdeführer nicht von unzumutbarem Fluglärm betroffen. Ihre Grundstücke lagen außerhalb der entsprechenden Schutz- und Entschädigungsgebiete, da es bei den zugrunde gelegten geraden Abflugrouten bei Westwindwetterlagen zu keinem Überfliegen ihrer Grundstücke in geringer Höhe unmittelbar nach dem Start kommen sollte.

8

Nachdem die DFS im September 2010 eine neue Flugroutenplanung vorgestellt hatte, nach der die von der Nordbahn startenden Flugzeuge in Betriebsrichtung Westen um erheblich mehr als 15° abknicken und Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow überfliegen sollten und die Abflüge von der Südbahn in beiden Betriebsrichtungen um etwa 15° nach Süden abknicken sollten, beantragten die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. Dezember 2010 bei der Planfeststellungsbehörde die Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses aus dem Jahr 2004, hilfsweise den unabhängigen Parallelbetrieb im Wege der Planergänzung zu untersagen.

9

d) Gegen die Ablehnung des Antrages erhoben die Beschwerdeführer Klage zum Bundesverwaltungsgericht und beantragten im Hauptantrag die Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld und im Hilfsantrag die Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um ein Verbot des unabhängigen Parallelbetriebs beider Start- und Landebahnen.

10

2. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer ab.

11

a) Der auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Hauptantrag sei zulässig, aber unbegründet. Der Rücknahmeanspruch könne nicht weiter gehen als der Aufhebungsanspruch bei fristgemäßer Anfechtung; die Planerhaltungsvorschriften modifizierten auch den Rücknahmeanspruch. In diesem Sinne weise der Planfeststellungsbeschluss keinen Rechtsfehler auf, der gemäß § 1 Abs. 1 VwVfGBbg in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu einem Anspruch auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses oder zu einem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Planfeststellungsbehörde führe.

12

aa) Zwar leide der Planfeststellungsbeschluss an einem Fehler bei der Öffentlichkeitsbeteiligung und bei der Abgrenzung des Untersuchungsraums Mensch im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung. Diese Fehler seien aber offensichtlich nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen.

13

(1) Die genaue Abgrenzung des Auslegungsgebiets könne offenbleiben, weil nach § 10 Abs. 8 Satz 2 Hs. 2 LuftVG, § 1 VwVfGBbg in Verbindung mit § 46 VwVfG die Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses nicht allein wegen einer Verletzung von Verfahrensvorschriften beansprucht werden könne, wenn offensichtlich sei, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liege vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit bestehe, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; die nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genüge nicht.

14

Ausgehend von dem Abwägungskonzept, das dem Landesentwicklungsplan und der Zulassung des Vorhabens im Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 zugrunde liege, und der im Planfeststellungsverfahren erfolgten Beteiligung der Öffentlichkeit, könne ausgeschlossen werden, dass der Ausbau des Flughafens nach einer Beteiligung der Öffentlichkeit in den bei Vermeidung des Fehlers zusätzlich in Betracht kommenden Gemeinden nicht zugelassen worden wäre oder die Abwägung der in Betracht kommenden Bahnkonfigurationen zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

15

(2) Die Anhörung der Beschwerdeführer sei hingegen nicht zu beanstanden. In ihren Wohnortgemeinden sei der Plan ordnungsgemäß ausgelegt worden. Die ausgelegten Planunterlagen hätten auch die erforderliche Anstoßwirkung entfaltet. Die ausgelegten Unterlagen müssten geeignet sein, den potentiell Betroffenen das Interesse an der Erhebung von Einwendungen bewusst zu machen. Sie müssten Dritten die Beurteilung ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umwelteinwirkungen des Vorhabens betroffen werden könnten (§ 9 Abs. 3 Satz 3 UVPG). Die ausgelegten Unterlagen genügten diesen Anforderungen. Die Möglichkeit, durch den Flugbetrieb abwägungserheblich betroffen zu werden, habe sich aus der Lage der Grundstücke der Beschwerdeführer im Verhältnis zu den Start- und Landebahnen und den für die Grobplanung der Flugrouten dargestellten Lärmkonturen ergeben. Dass die Flugverfahren anders würden festgelegt werden können, habe sich unabhängig von den Anforderungen an die Abflugrouten bei unabhängigem Bahnbetrieb aus der Rechtslage ergeben. Die Flugverfahren seien nicht Gegenstand der Planfeststellung. Ein Hinweis hierauf wäre allerdings wünschenswert gewesen; er hätte Fehlvorstellungen der Betroffenen vermeiden können. Die Rechtslage hätte den Beschwerdeführern allerdings auch ohne einen solchen Hinweis bekannt sein müssen.

16

(3) Die Umweltverträglichkeitsprüfung leide an einem weiteren Fehler, der für die materielle Rechtsposition der Kläger hätte relevant sein können. Der Untersuchungsraum Mensch habe für die betriebsbedingten Auswirkungen des Vorhabens nicht auf der Grundlage der Grobplanung der Flugrouten abgegrenzt werden dürfen. Er hätte den gesamten räumlichen Bereich umfassen müssen, in dem abwägungserhebliche Beeinträchtigungen möglich seien, jedenfalls aber den 15°-Toleranzbereich.

17

Dieser Fehler sei aber für die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld nicht kausal geworden. Es könne ausgeschlossen werden, dass die Einbeziehung des 15°-Toleranzbereichs das Gewicht des Schutzguts Mensch abwägungserheblich verändert hätte.

18

bb) Der Planfeststellungsbeschluss leide nicht an einem Abwägungsfehler, der bei rechtzeitiger Anfechtung zu einem Aufhebungsanspruch der Beschwerdeführer geführt hätte.

19

Die für den abhängigen geraden Parallelbetrieb erstellte Grobplanung der Flugverfahren sei sowohl für die Wahl des Flughafenstandorts auf der Ebene der Landesplanung als auch für die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde über die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld ausreichend gewesen, um die Lärmbetroffenheiten auch bei unabhängigem Bahnbetrieb abzuschätzen. Das Festhalten des Beklagten an dieser Grobplanung beruhe auch nicht auf sachfremden Erwägungen.

20

(1) Die Planfeststellungsbehörde müsse nicht alle realistischerweise in Betracht kommenden Flugrouten auf die zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen untersuchen. Sie könne sich auf die Betrachtung bestimmter Flugrouten beschränken (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4001.10 -, BVerwGE 141, 1 <46 Rn. 147>). Allerdings müsse der Planfeststellungsbeschluss die von dem Planvorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme bewältigen. Hierzu sei er nur in der Lage, wenn die prognostische Flugroutenplanung Art und Ausmaß der zu erwartenden Betroffenheiten in der für die Abwägung relevanten Größenordnungen realistisch abbilde (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 - 4 A 5000.10 u.a. -). Hiervon ausgehend sei die Abwägung des Beklagten nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe zwar bei der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens nicht davon ausgehen dürfen, dass die DFS für den unabhängigem Bahnbetrieb parallele Abflugstrecken planen würde. Er habe auch nicht von einem abhängigen Bahnbetrieb ausgehen dürfen (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4001.10 -, BVerwGE 141, 1 <50 f. Rn. 155>). Für die Frage, ob das Vorhaben am Standort Schönefeld zugelassen werden könne, sei die für den abhängigen Bahnbetrieb erstellte Grobplanung der An- und Abflugrouten jedoch ausreichend gewesen, um die Lärmbetroffenheiten auch bei unabhängigem Bahnbetrieb abzuschätzen.

21

Schließlich gehe auch der Einwand der Kläger fehl, die Standortentscheidung sei schon deshalb fehlerhaft, weil es an einem fehlerfreien Lärmschutzkonzept mangele. Etwaige Fehler des Lärmschutzkonzepts würden die Rechtmäßigkeit der Standortentscheidung nicht infrage stellen. Die Kläger hätten, soweit sie durch den Mangel des Lärmschutzkonzepts in eigenen Rechten verletzt seien, lediglich einen Anspruch darauf, dass dieser Mangel behoben werde. In der Regel genüge hierfür eine Planergänzung.

22

(2) Das Festhalten des Beklagten an der Grobplanung der DFS vom März 1998 habe auch nicht auf sachfremden Erwägungen beruht. Die Planfeststellungsbehörde habe nicht mit Sicherheit voraussehen können, welche Anforderungen ein mit der Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses befasstes Gericht an die Genauigkeit einer Flugroutenprognose stellen würde. Dass andere Flugrouten als prognostiziert festgelegt werden würden, hätte sich allerdings auch dadurch nicht ausschließen lassen. Dass sich die Grundlagen der Abwägung bei gleichbleibenden Anflugrouten aber um mindestens 15° divergierenden und bis zu 15° abknickenden Abflugrouten nicht wesentlich ändern würden, sei aufgrund der Siedlungsstrukturen in der Umgebung des Flughafens bereits damals erkennbar gewesen. Ausgehend hiervon sei es jedenfalls vertretbar gewesen, das Risiko einzugehen und an der bisherigen Grobplanung festzuhalten.

23

(3) Es könne ausgeschlossen werden, dass das Untersuchungsverfahren für die Analyse der möglichen Bahnkonfigurationen (Achsabstand zwischen 1.600 und 2.300 m; Bahnversatz zwischen 800 und 1800 m) bei Berücksichtigung des 15°-Erfordernisses auf Achsabstände so weit über 2300 m hinaus erweitert worden wäre, dass ein unabhängiger Bahnbetrieb ohne Einhaltung des 15°-Erfordernisses möglich gewesen wäre, weil dann topographische Hindernisse aufgetreten wären.

24

(4) Die Planfeststellungsbehörde müsse bei ihrer Abwägung auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) von der Grobplanung abweichende Flugverfahren festlege. Aus derartigen Flugverfahren könnten sich Konflikte ergeben, die der Planfeststellungsbeschluss, soweit dies nicht bereits auf der Ebene der Landesplanung geschehen sei, vorab bewältigen müsse. Hierzu sei es erforderlich, die gesamte Umgebung des Flughafens, die von dem abwägungserheblichen Lärm betroffen werden könnte, in den Blick zu nehmen. Eine von bestimmten Flugrouten ausgehende Ermittlung der Lärmbetroffenheit sei allerdings in aller Regel nicht erforderlich. Denn für die Konfliktbewältigung genüge es, sicherzustellen, dass die Festlegung der An- und Abflugverfahren die Zulassung des Vorhabens an dem vorgegebenen Standort mit der festgelegten Bahnkonfiguration nicht nachträglich als unabgewogen erscheinen lasse. Wenn die Prognose der An- und Abflugverfahren mit dem BAF oder der DFS abgestimmt sei (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4001.10 -, BVerwGE 141, 1 <48> Rn. 151), dürfe die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich davon ausgehen, dass das BAF Flugverfahren festlegen werde, die Art und Ausmaß der im Planfeststellungsverfahren ermittelten Betroffenheiten nicht wesentlich überstiegen.

25

b) Der Hilfsantrag sei unbegründet. Die Beschwerdeführer könnten nicht verlangen, dass die Planfeststellungsbehörde die Nutzung der beiden Start- und Landebahnen für einen unabhängigen Parallelbetrieb untersage. Für die Kläger der Verfahren BVerwG 4 A 7001.11 und 7003.11 dürfte damit eine Anpassung der Schutzgebiete für die Konfliktbewältigung ausreichend sein. Die Lärmbetroffenheit der Kläger des Verfahrens BVerwG 4 A 7002.11 dürfte sich durch die festgelegte, zunächst geradlinige in Verlängerung der Nordbahn verlaufende Route für Abflüge in Betriebsrichtung Westen gegenüber der Prognose auf der Grundlage der Grobplanung nicht verändert haben.

26

Ob nach A II 5.1.9.1 Nr. 1 Satz 1 Planfeststellungsbeschluss auch Umstände, die bereits bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zu seiner Rechtswidrigkeit geführt hätten, eine nachträgliche Anordnung rechtfertigen könnten, könne offenbleiben. Selbst wenn dies der Fall wäre, müsste der Hilfsantrag ohne Erfolg bleiben, denn die Zulassung des Vorhabens im Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 sei auch ohne eine Untersagung des unabhängigen Teilbetriebs der beiden Start- und Landebahnen rechtmäßig; die Zulassungsentscheidung leide nicht an dem von den Klägern geltend gemachten Widerspruch. Unter Berücksichtigung eines Toleranzbereichs von um bis zu 15° nach Norden oder nach Süden abknickenden Abflugrouten sei die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Grobplanung der An- und Abflugrouten mit einem unabhängigen Betrieb beider Bahnen vereinbar. Die geradlinigen Abflugrouten seien geeignet gewesen, auch für den unabhängigen Bahnbetrieb die innerhalb des Toleranzbereichs möglichen Lärmbetroffenheiten in der für die Abwägung relevanten Größenordnung realistisch abzubilden.

27

3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 3 Abs.1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG.

28

a) Das Bundesverwaltungsgericht habe ihre Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt, indem es die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses bejaht habe, obwohl ein nicht gerechtfertigter Eingriff vorliege. Lege man der Planfeststellung nur eine Flugroute zugrunde, könne die Planfeststellungsbehörde nur einen Ausschnitt der tatsächlichen Betroffenheiten individualisiert ermitteln. Betroffenheiten, die bei anderen Flugrouten entstünden, würden nur repräsentativ bestimmt. Dies verstoße gegen den Grundsatz, dass Grundrechtsschutz Individualrechtsschutz sei.

29

b) Indem das Bundesverwaltungsgericht die Standortentscheidung für den Ausbau des Flughafens gebilligt habe, obwohl es festgestellt habe, dass sowohl die Planfeststellungsbehörde als auch die Flughafengesellschaft gewusst hätten, dass die DFS abknickende Flugrouten verlangen würde und die Anhörung und Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Grundlage der fehlerhaften Flugroutenprognose durchgeführt worden sei, verletze es die Grundrechte der Beschwerdeführer aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Abwägungsgebot. Die Planfeststellungsbehörde habe aus sachfremden Gründen an den offensichtlich fehlerhaften und eindeutig widerlegbaren Flugroutenprognosen festgehalten und das Bundesverwaltungsgericht habe diesen Sachverhalt in willkürlicher Weise gewürdigt und darauf abgestellt, dass das Festhalten an der Prognose aus rechtlichen - von der Planfeststellungsbehörde jedoch niemals angestellten - Erwägungen zulässig gewesen sei.

30

c) Durch die Auslegung der Fehlerunbeachtlichkeitsregeln durch das Bundesverwaltungsgericht in Hinblick auf das fehlerhaft gewählte Auslegungsgebiet und die fehlerhafte Umweltverträglichkeitsprüfung verkenne dieses die Reichweite der verfahrensrechtlichen Komponente der Grundrechte der Beschwerdeführer und zugleich die Anforderungen an den fachgerichtlich zu leistenden effektiven Rechtsschutz. Die Auslegung der Vorschrift des § 46 VwVfG verletze die Grundrechte der Betroffenen, denn der formelle Rechtsverstoß sei so gravierend gewesen, dass er den Grundrechtsschutz durch Verfahren aushöhle. Es sei unverhältnismäßig, vorsätzlich herbeigeführte Fehler für unbeachtlich zu erklären. Dies führe zugleich zu der Verletzung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz.

31

d) Indem erst das Bundesverwaltungsgericht - und nicht bereits die Planfeststellungsbehörde - prüfe, ob die betroffene Siedlungsstruktur bei abknickenden Flugrouten mit der Siedlungsstruktur bei geraden Abflugrouten vergleichbar sei, verletze es die Grundrechte der Beschwerdeführer aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Abwägungsgebot und zugleich das Recht der Beschwerdeführer auf effektiven Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit seinem Urteil die Planungsentscheidung der Planfeststellungsbehörde ersetzt, denn es habe einen ausschlaggebenden Teil der Planungsentscheidung selbst getroffen, indem es alle Schritte des Abwägungsvorgangs selbst erstmalig vollzogen habe. Dadurch habe das Bundesverwaltungsgericht auch das Recht der Beschwerdeführer auf effektiven Rechtsschutz verletzt. Das Gericht habe nur die Aufgabe, die Abwägungsentscheidung zu überprüfen, nicht hingegen kompetenzwidrig Exekutiventscheidungen nachzuholen.

II.

32

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie erfüllt nicht die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführer geboten. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

33

Die im Fachrecht vorgesehene Trennung von Planung des Flughafenstandorts und Festlegung der Flugverfahren verletzt die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer nicht in ihrem Eigentumsgrundrecht und der darin eingeschlossenen Garantie auf effektiven Rechtsschutz (1). Auch das angegriffene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist mit diesen Garantien vereinbar, soweit es eine Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses "Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld" vom 13. August 2004 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 im Ergebnis ablehnt, weil der Rücknahmeanspruch nicht weiter gehen könne als ein Anfechtungsaufhebungsanspruch und dieser wegen Unbeachtlichkeit in Bezug auf etwaige Verfahrensfehler und wegen der Unbegründetheit der Angriffe gegen das materielle Abwägungsergebnis erfolglos bleiben müsse (2a und 2c). Soweit das Bundesverwaltungsgericht die Anstoßfunktion der Auslegung der Planunterlagen gegenüber den Beschwerdeführern bejaht hat, ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde jedenfalls nicht angezeigt (2b). Die Angriffe der Verfassungsbeschwerde gegen die Abweisung des Hauptantrags der Klage, soweit sie gegen den Bescheid des Landes Brandenburg vom 21. April 2011 gerichtet ist, und gegen die Ablehnung des Hilfsantrags sind unzulässig (3).

34

1. Die fachrechtliche Ausgestaltung der Flughafenplanung im weiteren Sinne in zwei eigenständige Teile, die Planfeststellung des Flughafens einerseits und die Festlegung der Flugrouten andererseits, trägt der im Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 GG) verankerten Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) hinreichend Rechnung.

35

Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes stellt ein wesentliches Element der Eigentumsgarantie des Art .14 Abs. 1 Satz 1 GG dar (BVerfGE 134, 242 <299 Rn. 190>). Der Rechtsschutz darf nicht durch die Ausgestaltung des zur Beeinträchtigung des Eigentums führenden Verwaltungsverfahrens unmöglich gemacht, unzumutbar erschwert oder faktisch entwertet werden (BVerfGE 134, 242 <299 Rn. 191>).

36

In diesem Rahmen hat der Gesetzgeber bei der Gestaltung des Verwaltungsverfahrens einen weiten Spielraum. Er kann sich von Zweckmäßigkeitserwägungen leiten lassen. So ist es ihm grundsätzlich unbenommen, gerade für komplexe Lebenssachverhalte Verfahrensstufungen vorzusehen, die zu einer verbindlichen Abschichtung des Sach- und Streitstoffes führen. Der Gesetzgeber darf allerdings keine Verfahrensgestaltung wählen, die den aus dem Eigentumsgrundrecht in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Anspruch des Bürgers auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gegen Hoheitsakte, die in seine Rechte eingreifen, unzumutbar erschwert oder faktisch unmöglich macht (vgl. BVerfGE 129, 1 <32 f.>; 134, 242 <299 f. Rn. 192 m.w.N.>).

37

Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen ist hier genügt. Für die vom Gesetzgeber gewählte Aufteilung zwischen der Planfeststellung für einen Flughafen und der Planung der zugehörigen Flugrouten sprechen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Zweckmäßigkeitserwägungen, die den Besonderheiten von Flugrouten Rechnung tragen. Flugrouten sind - anders als Straßen oder Schienenwege - nicht statisch, sondern aktualisieren sich bei jedem Überflug neu. Dabei kommt es anders als bei Straßen zu größeren Abweichungen, da die konkret geflogene Route von einer Vielzahl von Gegebenheiten abhängt, wie zum Beispiel der jeweiligen Verkehrszusammensetzung, dem Gewicht des Luftfahrzeugs oder den Wetterverhältnissen. Die Flugroute ist ein dreidimensionaler Raum, der mehrere hundert Meter ober- und unterhalb sowie links und rechts der Ideallinie umfasst, so dass sie nicht parzellenscharf bestimmt werden kann. Zudem muss sie relativ häufig angepasst und geändert werden. Dies ergibt sich aus technischen Neuerungen und daraus, dass Flugrouten in das europäische Verkehrsnetz eingebettet sind und dortige Änderungen, die auf vielerlei Ursachen zurückzuführen sein können, eine Anpassung der Flugrouten erfordern. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Flugroutenfestlegung insbesondere der sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs dient, wobei ein sicherer Verkehr das primäre Ziel ist (zu all dem Kaienburg/Uhl, ZLW 2012, S. 505, <532 f.> m. w. N.). Mit Blick auf die immer möglichen und auch aus Gründen der Verkehrssicherheit nötigen nachträglichen Änderungen der Flugverfahren erscheint daher bei der Anlage eines neuen Flughafens die Aufteilung des Verfahrens durch den Gesetzgeber in das standortbezogene Planfeststellungsverfahren und das "verkehrsbezogene" Verfahren zur Festlegung von Flugrouten jedenfalls zweckmäßig, wenn nicht sogar notwendig. Es ist insofern jedenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

38

Durch die Verfahrensteilung wird der Rechtsschutz auch nicht in unzumutbarer Weise erschwert. Sowohl der Planfeststellungsbeschluss als auch die Flugverfahrensverordnung können von Betroffenen unabhängig voneinander gerichtlicher Kontrolle zugeführt werden, ohne dass durch die zwischen beiden Entscheidungen bestehenden Wechselwirkungen unzumutbare Nachteile für den Rechtsschutz entstünden. Während im Planfeststellungsverfahren die Art und der Umfang des zulässigen Luftverkehrs bestimmt und über den Standort des Flughafens mit seinen Anlagen und deren rechtliche Zulässigkeit entschieden wird, ist die Luftverkehrsplanung darauf gerichtet, eine sichere und geordnete Abwicklung des Luftverkehrs und hier insbesondere der Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Insoweit ergeben sich für die Flugverfahrensplanung aus den durch den Planfeststellungsbeschluss geschaffenen Rahmenbedingungen faktische Bindungen; neben den im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Mengen und der zeitlichen Verteilung von Flügen ist auch die räumliche Lage der Start- und Landebahnen vorgegeben. Zusätzlich führen technische und sicherheitsbedingte Zwänge dazu, dass Flugverfahren nicht beliebig festgesetzt werden können, sondern verbindliche Vorgaben beachten müssen, so dass im Raum Zwangspunkte bestehen, die überflogen werden oder - umgekehrt - Flugverfahren zwingend gewisse Bereiche meiden müssen. Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 - 4 A 5000.10 u.a., juris, Rn. 51) eine mittlerweile in das Gesetz (§ 8 Abs. 1 Satz 6 LuftVG) übernommene partielle rechtliche Bindungswirkung der Planfeststellung für das Flugverfahren angenommen. Dennoch reichen diese Wechselwirkungen nicht über Teilaspekte der jeweiligen Entscheidung hinaus; die erstere bindet nicht prinzipiell die letztere, sondern prägt sie allenfalls in Teilen vor. Die Flugverfahrensplanung kann zudem später wieder geändert werden.

39

Eine unzumutbare Erschwerung des Rechtsschutzes ergibt sich für die Betroffenen dabei auch nicht aus dem Umstand, dass sie sich im Rahmen eines einheitlich erscheinenden Lebenssachverhaltes gegen zwei Entscheidungen wenden müssen, um ihre Rechtsschutzmöglichkeiten vollständig auszuschöpfen. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG steht einer Verfahrensstufung nicht grundsätzlich entgegen; auch kann eine solche mit Rücksicht auf die Frühzeitigkeit der Rechtsschutzmöglichkeit und die mit der Stufung verbundene Reduktion komplexer Streitstoffe den Rechtsschutz fördern (vgl. BVerfGE 129, 1 <32 f.>; 134, 242 <300 Rn. 193>). In besonders gelagerten Einzelfällen kann Art. 19 Abs. 4 GG eine solche Verfahrensstufung sogar voraussetzen (vgl. BVerfGE 134, 242 <310 Rn. 219 ff.>). Wenn schon ein einheitliches Verfahren derart gestuft ausgestaltet werden kann und in Einzelfällen sogar aus Gründen des Rechtsschutzes so ausgestaltet werden muss, so bestehen aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes schon grundsätzlich keine Bedenken dagegen, dass ein lediglich einheitlich erscheinender, fachrechtlich aber in zwei eigenständige Entscheidungen aufgegliederter Lebenssachverhalt rechtlich so gestaltet wird, dass sich Rechtsschutz gegebenenfalls nur durch mehrere Klagen verwirklichen lässt.

40

Auch sonst ist der Rechtsschutz nicht unzumutbar erschwert. Betroffene können im Rahmen des zeitlich in der Regel vorgelagerten Rechtsschutzes gegen den Planfeststellungsbeschluss zwar nur auf Grundlage einer Prognose über die zu erwartenden Flugrouten ermitteln, ob und in welchem Ausmaß sie das Vorhaben in abwägungserheblichen Belangen betrifft, weil die endgültige (insbesondere Lärm-) Belastung erst aus der zeitlich später vorgenommenen Festlegung der Flugverfahren folgt (Rn. 32 des angegriffenen Urteils m.w.N.). Damit wird ihnen insoweit eine Last aufgebürdet, als sie - wenn sie Rechtsschutzmöglichkeiten gegen den Flughafen selbst als Quelle und Ausgangspunkt möglicher Belastungen nicht verlieren wollen - zu einem Zeitpunkt zur Entscheidung über die Klageerhebung gezwungen werden, zu dem noch nicht sicher feststeht, ob und mit welcher Intensität sie Auswirkungen des Vorhabens durch Lärm und schädliche andere Umwelteinwirkungen ausgesetzt sein werden. Dies ist jedoch durch die technisch notwendige Abfolge von Standortplanung, Flughafen, Projektplanung - und Flugverfahrensplanung bedingt (vgl. BVerwGE 141, 1 <46 f. Rn. 147> m.w.N.). Eine unzumutbare Belastung liegt hierin jedenfalls dann nicht, wenn diese Unwägbarkeit nicht zur Unzulässigkeit der Klage mangels eigener Betroffenheit führt. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht der Fall. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass all diejenigen klagebefugt sind, bei denen eine Betroffenheit nicht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen werden kann (so im angegriffenen Urteil Rn. 32).

41

2. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hält ebenfalls verfassungsgerichtlicher Prüfung stand (a und c); etwaige Bedenken vermögen die Annahme der Verfassungsbeschwerde jedenfalls nicht zu tragen (b).

42

a) Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts begegnet am Maßstab des Eigentumsgrundrechts und der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG) keinen durchgreifenden Bedenken, soweit es die Vorschrift des § 46 VwVfG zur Unbeachtlichkeit von Fehlern im Verwaltungsverfahren zur Anwendung bringt.

43

aa) Der weite Spielraum des Gesetzgebers zur Gestaltung des Verwaltungsverfahrens (vgl. BVerfGE 134, 242 <299 Rn. 192>; oben II. 1. m.w.N.) umfasst auch die Entscheidung über die Frage, inwieweit er die Missachtung oder Verletzung von Verfahrensvorschriften im Hinblick auf deren Ergebnisrelevanz unter bestimmten Voraussetzungen für unbeachtlich erklärt und damit sanktionslos lässt. Daher ist in verfassungsrechtlicher Hinsicht grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber bei Infrastrukturvorhaben die Interessen der Allgemeinheit und jene an effektivem Rechtsschutz zu einem gerechten Ausgleich bringt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Dezember 2015 - 1 BvR 685/12 -, juris, Rn 19 f., zum Fernstraßenrecht).

44

Der Gesetzgeber kann insoweit auch regeln, dass dem öffentlichen Interesse an der Planerhaltung und zügigen Umsetzung eines Vorhabens in begrenztem Umfang durch Fehlerunbeachtlichkeitsklauseln Rechnung getragen wird. Das gilt zumindest dann, wenn letztlich für das Ergebnis ohne Einfluss gebliebene Abwägungsfehler für unbeachtlich erklärt werden (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 20). Eine entsprechende Auslegung des Fachrechts durch die in erster Linie dazu berufenen Fachgerichte (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; stRspr) ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

Verfassungsrechtliche Grenzen, die bei der Schaffung, Auslegung und Anwendung von Vorschriften über die Unbeachtlichkeit von Verfahrensfehlern zu beachten sind, finden sich allerdings dort, wo die Rechtsstaatlichkeit, die Effektivität des Rechtsschutzes und andere Grundrechte nicht nur die Wahrung von Verfahrensstandards selbst, sondern zudem auch zwingend die Sanktionierung von deren Verletzung verlangen. Diese Grenzen sind umso eher erreicht, je mehr eine insofern verfassungsrechtlich fundierte Verfahrensbestimmung dazu geeignet ist, das Ergebnis einer Entscheidung zu beeinflussen und zu prägen, oder je mehr die konkret in Rede stehende Art der Verletzung dieser Verfahrensbestimmung ein Ausmaß erreicht, das von vornherein der Einschätzung entgegensteht, der Fehler sei nicht ergebnisrelevant. Dem Gesetzgeber bleibt es freilich unbenommen, bestimmte Verfahrensfehler auch schon vor Erreichung dieser Grenze des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren von der Anwendung von Fehlerunbeachtlichkeitsvorschriften auszuschließen und ihnen insoweit typisierend ein besonderes Gewicht beizumessen (vgl. etwa § 46 i.V.m. § 44 VwVfG sowie neuerdings § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG).

46

bb) Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet es danach, dass das Bundesverwaltungsgericht § 46 VwVfG in einer Weise anwendet, derzufolge ein Verfahrensfehler erst dann beachtlich ist, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; die nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt danach nicht.

47

cc) Die Annahme der Unerheblichkeit eines Verfahrensfehlers ist verfassungsrechtlich allerdings dann nicht mehr hinnehmbar, wenn die Ergebniskausalität des Fehlers nur dadurch verneint werden kann, dass das Gericht eine eigene hypothetische Abwägungsentscheidung an die Stelle der Entscheidung durch die Planfeststellungsbehörde setzt. Die Beschwerdeführer haben dies hinsichtlich einer eventuell fehlerhaften Öffentlichkeitsbeteiligung und fehlerhaften Umweltverträglichkeitsprüfung geltend gemacht, jedoch nicht hinreichend substantiiert gerügt.

48

(1) Das Bundesverwaltungsgericht hat Verfahrensfehler des Planfeststellungsverfahrens bei der Abgrenzung des Auslegungsgebiets der Planunterlagen (angegriffenes Urteil Rn. 31 ff.) und bei der Abgrenzung des Untersuchungsraums Mensch im Rahmen des Umweltverträglichkeitsprüfung (angegriffenes Urteil Rn. 42 ff.) festgestellt. Unter Hinweis auf das Abwägungskonzept, das dem Landesentwicklungsplan und der Zulassung des Vorhabens im Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegt, hat es jedoch dargelegt, dass weder die Standortwahl noch die Bahnkonfiguration anders ausgefallen wäre, wenn die Abgrenzung des Auslegungsgebiets bei der Öffentlichkeitsbeteiligung und der Untersuchungsraum Mensch in der Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerfrei bestimmt worden wären.

49

Das Bundesverwaltungsgericht macht dies am tatsächlich gewählten Auslegungsgebiet (angegriffenes Urteil Rn. 35) und dem Umstand fest, dass nur ein Gemeindeteil der Gemeinde Teltow innerhalb der 62 dB(A) Lärmkontur liege und die übrigen Gemeinden, in denen der Plan möglicherweise hätte ausgelegt werden müssen, am äußersten Rand des möglichen Einwirkungsbereichs und weit außerhalb der möglichen 62 dB(A) Kontur lägen. Es führt weiter aus, angesichts der erheblichen Toleranzen, mit denen der Träger der Landesplanung bei dem Vergleich der Lärmbetroffenheiten mit dem bestehenden Berliner Flughafensystem gearbeitet hätte, hätten diese Betroffenheiten weder das Abwägungsergebnis der Landesplanung noch die Durchsetzung des zielförmig festgelegten Standorts in der fachplanerischen Abwägung in Frage stellen können. Dies gelte auch für den Vergleich mit den stadtferneren Standorten Sperenberg und Jüterbog. Es könne ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis der Abwägung bei einer Beteiligung der Öffentlichkeit in den Gemeinden Teltow, Kleinmachnow und ggf. weiteren Gemeinden anders ausgefallen wäre. Die "neuen" Einwender hätten keine anderen Betroffenheiten als die im Planfeststellungsverfahren beteiligten Einwender geltend machen können. Sie hätten lediglich zusätzlich gelten machen können, die Planfeststellungsbehörde müsse Vorgaben für die Festlegung der Flugverfahren prüfen, um die Abgewogenheit der Vorhabenzulassung am Standort Schönefeld auch für den Fall sicherzustellen, dass von der prognostizierten Grobplanung abweichende Flugverfahren festgelegt werden würden. Das Fehlen solcher Vorgaben hätte aber nicht zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern allenfalls zu seiner Ergänzung führen können (angegriffenes Urteil Rn. 36).

50

Weiter führt das Bundesverwaltungsgericht aus, es könne ausgeschlossen werden, dass die Abwägung der für und gegen die möglichen Bahnkonfigurationen sprechenden Belange zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, da die Gemeinden, in denen die Pläne zusätzlich hätten ausgelegt werden müssen, nördlich der Nordbahn liegen würden und eine Parallelverschiebung dieser Bahn nicht Gegenstand der Konfigurationsanalyse gewesen sei. Zudem seien nur Betroffenheiten bis hinab zu einem Dauerschallpegel von Leq(3), Tag = 62 db(A) als abwägungserheblich angesehen worden und die zusätzlich zu beteiligenden Gemeinden lägen außerhalb dieses Gebiets (angegriffenes Urteil Rn. 37).

51

Auch die fehlerhaft durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung sei, so das Bundesverwaltungsgericht, für die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld nicht kausal geworden. Zwar hätte die Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls den von der DFS für die Abflugrouten geforderten 15°-Toleranzbereich in den Untersuchungsraum Mensch einbeziehen müssen. Da für das Schutzgut Mensch nicht nur Lärmbeeinträchtigungen der Wohn- und Wohnumfeldnutzung in den Siedlungsgebieten relevant seien, sondern auch die Auswirkungen des Flugbetriebs auf die Erholungs- und Freizeitnutzung, ließe sich die Wertigkeit von Flächen erst nach deren Erfassung in der Umweltverträglichkeitsprüfung beurteilen. Hier sei - anders als für die Wohn- und Wohnumfeldnutzung in den Siedlungsgebieten - eine Grobanalyse der Siedlungsstruktur innerhalb des 15°-Toleranz-bereichs nicht ausreichend. Doch könne ausgeschlossen werden, dass eine Einbeziehung des 15°-Toleranzbereichs das Gewicht des Schutzguts Mensch hier abwägungserheblich verändert hätte. Für die Siedlungsflächen sei dies bereits in früheren Entscheidungen (BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011, - 4 A 4001.10 -, juris, Rn. 150 und Urteil vom 31. Juli 2012 - 4 A 5000.10 u. a. - juris, Rn. 68 ff., 78 ff.) und zur materiellen Rechtmäßigkeit ausgeführt worden. Die schutzbedürftigen Einrichtungen befänden sich alle innerhalb der Siedlungsflächen. Auch für die Erholungsnutzung könnten um 15° abknickende Flugrouten nicht ungünstiger sein (angegriffenes Urteil Rn. 46 f.). Anhaltspunkte dafür, dass die abknickenden Routen für die Erholungs- und Freizeitnutzung erheblich ungünstiger sein könnten, seien nicht ersichtlich.

52

Die fehlende Untersuchung des Einwirkungsbereichs des Flughafens außerhalb des 15°-Toleranzbereichs sei für die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld ebenfalls nicht kausal geworden. Da um bis zu 15° abknickende Abflugrouten das Gewicht des Schutzguts Mensch auch unter Berücksichtigung der Erholungsnutzung nicht abwägungserheblich verändern würden, hätten Erholungsflächen außerhalb des Toleranzbereichs - nicht anders als Siedlungsflächen - allenfalls zu Vorgaben für die Festsetzung von Flugverfahren, nicht aber zur Planaufhebung führen können (angegriffenes Urteil Rn. 47).

53

(2) Die Beschwerdeführer ziehen dies in ihrer Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend substantiiert in Zweifel. Aus ihrem Vortrag ergibt sich nicht, weshalb die Annahmen des Bundesverwaltungsgerichts nicht zutreffend sein sollen. Insbesondere haben die Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, weshalb bei einer fehlerfreien Beteiligung der Öffentlichkeit und bei ordnungsgemäßer Bestimmung des Untersuchungsraums Mensch das Ergebnis für sie günstiger ausgefallen wäre. Dass dies der Fall wäre, ist auch nicht erkennbar.

54

b) Es kann dahinstehen, ob das Bundesverwaltungsgericht die Anstoßwirkung der ausgelegten Unterlagen in einer verfassungsrechtlich zu beanstandenden Weise bejaht hat (aa - cc); auch dies könnte der Verfassungsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil deutlich abzusehen ist, dass die Beschwerdeführer auch im Fall einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würden (dd).

55

aa) In der Interpretation der für die Auslegung der Planfeststellungsunterlagen maßgeblichen Verfahrensvorschriften (hier § 9 Abs. 3 UVPG) dahingehend, dass die Unterlagen geeignet sein müssen, den potentiell Betroffenen das Interesse an der Erhebung von Einwendungen bewusst zu machen, und dass sie Dritten die Beurteilung ermöglichen müssen, ob und in welchem Umfang sie von den Umwelteinwirkungen des Vorhabens betroffen werden können, liegt eine vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich hinzunehmende und nur im Hinblick darauf zu kontrollierende Auslegung einfachen Rechts, ob diese Grundrechtsgewährleistungen verkennt.

56

Bedenken bestehen insoweit, als das Bundesverwaltungsgericht den der Sache nach erhobenen und nicht von der Hand zu weisenden Einwand der Beschwerdeführer nicht würdigt, dass durch den Plan Erwartungen in Bezug auf eine besondere Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Flugverfahrens geweckt worden seien, dessen Verwirklichung nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer von vorneherein nicht nur wenig wahrscheinlich, sondern vielmehr eher unwahrscheinlich gewesen sein könnte.

57

Auch insoweit wirken Art. 14 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG als Garantie effektiven Rechtsschutzes zum Schutz des Eigentums in das Verwaltungsverfahren hinein (vgl. BVerfGE 61, 82 <110>; 100, 313 <364>; 101, 106 <123>; 109, 279 <364>; 118, 168 <208>; 134, 242 <299 Rn. 191, vgl. auch Rn. 192>). Sie verlangen eine Gestaltung des Planfeststellungsverfahrens, die Betroffene über ihre Rechtsschutzmöglichkeiten und auch über die Notwendigkeit, Rechtsschutz zu ergreifen, nicht im Unklaren lässt. Neben der Vermittlung der Kenntnis der Möglichkeit der eigenen Betroffenheit verlangt das Gebot effektiven Rechtsschutzes auch, dass Betroffenen ermöglicht wird, die Wahrscheinlichkeit der eigenen Betroffenheit hinreichend abschätzen zu können. Während die Kenntnis von der Möglichkeit der eigenen Betroffenheit für die Beurteilung der Frage relevant ist, ob eine Klage überhaupt möglich ist (angegriffenes Urteil Rn. 32), spielt die Kenntnis von der Wahrscheinlichkeit der eigenen Betroffenheit bei der Entscheidung darüber eine ganz entscheidende Rolle, ob und - wenn ja - mit welchen Argumenten Klage erhoben werden soll oder nicht. Vor diesem Hintergrund verlangt die Rechtsschutzgarantie nicht nur, dass potentiell Betroffenen die Kenntnis davon vermittelt wird, dass sie klagen können, sondern darüber hinaus auch, dass sie in die Lage versetzt werden, beurteilen zu können, ob - und wenn ja mit welcher Zielrichtung, mit welchen Argumenten und mit welchen Erfolgsaussichten - eine Klage in ihrem Interesse liegt und sinnvoll erscheint.

58

Dies ist gerade auch bei der Anwendung der Vorschriften über die Auslegung der Planfeststellungsunterlagen zu beachten. Denn diese dienen nicht nur einer frühzeitigen Information der Öffentlichkeit; ihnen kommt auch Rechtsschutzfunktion zu, weil ein Betroffener auf Grundlage der ausgelegten Unterlagen entscheiden kann und gegebenenfalls - bei sonst drohender Präklusion - auch entscheiden muss, ob und mit welchen Argumenten er sich gegen das Vorhaben wenden sollte (vgl. BVerfGE 53, 30 <60>; Wickel, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 73 Rn. 4).

59

bb) Die Anwendung der Vorschriften über die Auslegung der Planunterlagen durch das Bundesverwaltungsgericht ist hier nicht schon deshalb zu beanstanden, weil das Bundesverwaltungsgericht angenommen hat, dass die Beschwerdeführer anhand der ausgelegten Unterlagen ihre eigene Betroffenheit hätten erkennen können. Die Planfeststellungsunterlagen, die - wie hier - eine Prognose über künftige Entwicklungen enthalten, müssen insoweit allerdings grundsätzlich den Prognosecharakter gerade im Hinblick auf noch nicht sicher absehbare künftige Flugverfahren erkennen lassen. Andernfalls würde ein Zustand oder eine Entwicklung als sicher suggeriert, der oder deren Eintritt nicht gewiss ist. So würde der nur möglicherweise Betroffene in Bezug auf die Möglichkeit der eigenen Betroffenheit im Unklaren gelassen.

60

Ob der Prognosecharakter wichtiger Elemente der Planung in den Planfeststellungsunterlagen hinreichend zum Ausdruck kommt oder nicht, ist stets eine Frage des Einzelfalls. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, ob - wie hier bei den Flugverfahren - die Rechtslage einer über eine Prognose hinausgehenden Festlegung entgegensteht, weil dann schon kein Anlass für Betroffene bestand, darauf zu vertrauen, dass entgegen der Rechtslage keine Prognosen, sondern endgültige Entscheidungen getroffen worden seien. Daher durfte das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung darauf abstellen, es habe sich aus der Rechtslage ergeben, dass die Flugverfahren hätten anders festgelegt werden können als im Plan dargestellt. Insoweit wäre ein ausdrücklicher Hinweis in den Planunterlagen in der Tat - wie das Bundesverwaltungsgericht ausführt - wünschenswert gewesen; zwingend erforderlich war dies angesichts der Eindeutigkeit der Rechtslage aber nicht, zumal sich dem Planfeststellungsbeschluss weitere Hinweise darauf entnehmen ließen, dass es zu einer abweichenden Planung der Flugverfahren würde kommen können, auf die das Bundesverwaltungsgericht an dieser Stelle nur nicht abstellt.

61

cc) Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht dem Einwand keine Beachtung geschenkt, dass durch den Plan Erwartungen in Bezug auf eine besondere Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Flugverfahrens geweckt worden seien, dessen Verwirklichung nach dem nicht von der Hand zu weisenden Vorbringen der Beschwerdeführer eher unwahrscheinlich gewesen sein könnte.

62

(1) Die ins Verwaltungsverfahren vorwirkende Garantie effektiven Rechtsschutzes gebietet es, den nur eventuell Betroffenen eine Einordnung der Wahrscheinlichkeit der eigenen Betroffenheit zu ermöglichen. Es beeinträchtigt allerdings noch nicht die Rechtsschutzgarantie, wenn eine Planfeststellungsbehörde ihrer Planung eine unsichere oder eine hinsichtlich des konkreten räumlichen Verlaufs gar wenig realistische Prognose zu Grunde legt, solange die ausgelegten Planunterlagen auch einen abweichenden Geschehensablauf durchaus möglich erscheinen lassen. Lassen die Planfeststellungsunterlagen in einem gestuften Verwaltungsverfahren aber nicht hinreichend deutlich erkennen, wie wahrscheinlich eine eigene Betroffenheit in geschützten Positionen ist, oder erwecken sie gar einen den Realisierungswahrscheinlichkeiten zuwider laufenden Eindruck, können sie ihre Anstoßwirkung nicht erfüllen.

63

(2) Mit den auf einen solchen Mangel zielenden Einwänden der Beschwerdeführer im Klageverfahren hat sich das Bundesverwaltungsgericht nicht näher auseinandergesetzt.

64

Es spricht viel dafür, dass die Betroffenen nach den ausgelegten Planunterlagen davon ausgehen durften, dass es sich bei den prognostizierten parallelen Abflugverfahren um die Variante handelt, deren Verwirklichung konkret wahrscheinlich ist. Zwar mussten sie damit rechnen, dass eine andere Linienführung der Flugrouten grundsätzlich immer möglich ist (dazu oben II. 1.). Die Beschwerdeführer mussten jedoch nicht davon ausgehen, dass ihre Verwirklichung in der in den Planunterlagen vorgesehenen Form unwahrscheinlich ist. Das ergibt sich aus den zu beachtenden fachrechtlichen Anforderungen.

65

Die Planfeststellungsbehörde war fachrechtlich dazu verpflichtet, die Flugrouten in Abstimmung mit dem BAF und der DFS auszuarbeiten, gerade um ein Auseinanderfallen von Prognose und später verwirklichter Flugroute möglichst zu vermeiden. Doch sind diese Planfeststellungsverfahren immer mit der Unsicherheit behaftet, dass die Flugrouten noch nicht feststehen, so dass eine prognostische Annahme zu entwickeln ist. Diese muss wiederum bestimmten Anforderungen genügen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4000.09 -, juris, Rn. 151 ff.). Der Planfeststellungsbeschluss muss die von dem Planvorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme bewältigen. Hierzu ist die Planung nicht in der Lage, wenn sie eine beliebige Flugroutenplanung zugrunde legt; sie muss von realistischen Annahmen ausgehen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 155). Dies kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig nicht allein beurteilen. Nicht sie, sondern die DFS ist für die Planung und das BAF ist für die Festlegung der An- und Abflugverfahren zuständig. Ziel der Abstimmung ist die Bestätigung, dass die dem Planfeststellungsantrag zugrunde liegende prognostische Flugroutenplanung realisierbar ist und dass sie den bisherigen Planungen der DFS entspricht, ihre Umsetzung also realistischerweise erwartet werden kann (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 155).

66

Vor dem Hintergrund dieser fachrechtlichen Anforderungen an die Flugroutenplanung durften die Betroffenen davon ausgehen, dass die Planfeststellungsbehörde diese Vorgaben berücksichtigt hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die ausgelegten Unterlagen nicht ausdrücklich auf die Unbestimmtheit der Flugroutenprognose hinweisen, sich aus ihnen also nicht ergibt, dass die Flugroutenprognose nur Art und Ausmaß, nicht aber konkrete Betroffenheiten realistisch abbildet. Ein klarer Hinweis auf die besondere Unsicherheit der der Standortplanung und der Bahnkonfiguration zugrunde gelegten Flugroutenprognose dürfte hier gefehlt haben. Die in den Planunterlagen enthaltenen Hinweise darauf, dass es wegen des Auseinanderfallens von Planfeststellung und Flugverfahrensfestlegung möglich ist, dass Prognose und tatsächliche Entwicklung auseinanderfallen, begründen keine substantiellen Zweifel an der Realisierbarkeit der konkreten Flugroutenprognose. Sie erschöpfen sich in einem Hinweis auf die Rechtslage. Damit beugen sie zwar der Annahme vor, dass eine eigene Betroffenheit der Beschwerdeführer vollständig ausgeschlossen ist, weil sie deutlich machen, dass eine abweichende Festsetzung theoretisch immer erfolgen kann. In Bezug auf die Wahrscheinlichkeit der eigenen Betroffenheit führen diese Hinweise aber nicht weiter, weil sie die Zweifel nährenden Tatsachen - das abweichende Votum der DFS schon im Jahr 1998, das Festhalten an der Planung durch die Planfeststellungsbehörde, der zugrunde liegende Einwand, dass ein Parallelabflug bei dem Abstand der Bahnen nach dem internationalen Regelwerk ausgeschlossen sei - nicht offen legen. Zu all diesen Punkten lässt sich den ausgelegten Plan-unterlagen - soweit ersichtlich - nichts entnehmen. Jedenfalls setzt sich das Bundesverwaltungsgericht mit diesen, einer hinreichenden Anstoßwirkung der ausgelegten Planunterlagen entgegenstehenden Defiziten nicht auseinander.

67

dd) Selbst wenn der Planfeststellungsbeschluss wegen unzulänglicher Anstoßwirkung der ausgelegten Planunterlagen und das Bundesverwaltungsgericht mangels Beanstandung dieses Verfahrensfehlers gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes verstoßen haben sollten, wäre die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte jedoch nicht angezeigt. Es ist deutlich abzusehen, dass die Beschwerdeführer auch im Fall einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würden (vgl. BVerfGE 90, 22 <26>). Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in der angegriffenen Entscheidung mit anderen Formfehlern des Planfeststellungsverfahrens befasst, diese aber in Anwendung der Regelung des § 46 VwVfG für unbeachtlich gehalten. Es spricht alles dafür, dass das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf einen den vom ihm festgestellten Mängeln strukturell ähnlichen Verfahrensfehler die Ergebnisrelevanz ebenso verneinen würde.

68

Die Anwendung von Fehlerunbeachtlichkeitsvorschriften ist hier nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen gesperrt. Zwar ist die Beteiligung der Öffentlichkeit im Planfeststellungsverfahren geeignet, einen Beitrag zum Ergebnis des Planes zu leisten und diesen zu prägen. Der hier fragliche Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wirkt jedoch erkennbar nicht derart schwer, dass alles andere als die Sanktionierung der Planfeststellungsbehörde von vornherein verfassungswidrig wäre. Vielmehr vermochte auch das von der Planfeststellungsbehörde durchgeführte Verfahren die Funktion der Öffentlichkeitsbeteiligung weitgehend zu wahren. Hier sind keine qualitativ oder quantitativ wesentlich abweichenden, schwerwiegenden Betroffenheiten bei abweichender Flugroutenfestlegung erkennbar, so dass auch nicht mit wesentlich abweichenden Einwendungen zu rechnen gewesen wäre. Jedenfalls haben die Beschwerdeführer sich mit diesen Fragen nicht befasst und keine abweichenden Einwendungen geltend gemacht.

69

c) Die Feststellungen des Urteils zur materiellen Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses halten hinsichtlich der Ausführungen zur Standortwahl einer verfassungsgerichtlichen Nachprüfung stand (aa) und wurden von den Beschwerdeführern hinsichtlich der Bahnkonfiguration nicht hinreichend substantiiert angegriffen (bb).

70

aa) Das Bundesverwaltungsgericht hat in der angegriffenen Entscheidung in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die für einen hinsichtlich der beiden Bahnen voneinander abhängigen Bahnbetrieb erstellte Grobplanung der Flugverfahren sowohl für die Wahl des Flughafenstandorts auf der Ebene der Landesplanung als auch für die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde über die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld ausreichend gewesen sei, um die Lärmbetroffenheiten auch bei unabhängigem Bahnbetrieb im Ergebnis vertretbar abzuschätzen. Hierdurch werden die Beschwerdeführer nicht in ihrem Grundrecht auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Das Bundesverwaltungsgericht war von Verfassungs wegen weder gehalten, die Planfeststellungsbehörde zu einer - über die Grobplanung hinausgehenden - spezifischeren Planung für verpflichtet zu halten (1), noch hat es in verfassungsrechtlich nicht hinnehmbarer Weise seine eigene Entscheidung an die Stelle jener der Planfeststellungsbehörde gesetzt (2).

71

(1) Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn eine bei der Standortwahl eines Flughafens im Rahmen der Landesplanung und der Planfeststellung zugrunde gelegte Prognose von der Rechtsprechung gebilligt wird, obwohl diese die konkreten und individuellen Betroffenheiten nicht abbildet, sondern nur nach Art und Ausmaß derart darstellt, dass sie als Abwägungsbelange in die Abwägung auf der jeweiligen Stufe eingestellt werden können. Damit ist der Belang "Lärm" hier nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts insgesamt zutreffend in der Abwägung bei der Standortbestimmung eingebracht und berücksichtigt worden.

72

Hierbei handelt es sich um eine vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich hinzunehmende Auslegung einfachen Rechts, die lediglich darauf zu überprüfen ist, ob sie Grundrechte verkennt. Dies ist nicht der Fall. Im Rahmen der Planfeststellung wird noch nicht über die Flugrouten entschieden. Unmittelbare Grundrechtsbeeinträchtigungen der Beschwerdeführer insbesondere in Gestalt von Fluglärmeinwirkungen werden damit noch nicht durch den Planfeststellungsbeschluss zugelassen, sondern entstehen erst durch die Festlegung der konkreten Flugrouten. Insoweit ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, bereits auf der Ebene der Planung eine Prognose zu fordern, die über das hier vom Bundesverwaltungsgericht Geforderte hinausgeht.

73

Insoweit trägt der Einwand nicht, das Bundesverwaltungsgericht habe Grundrechte verkannt, soweit es die von der Planfeststellungsbehörde zugrunde gelegten Prognosen unbeanstandet lässt, da sie geeignet gewesen seien, den Belang Fluglärm auch für den Fall der um 15° abknickenden Flugrouten abzubilden. Nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts ist die Sachlage auch dann mit der zugrunde gelegten Prognose vergleichbar.

74

(2) Das Bundesverwaltungsgericht hat auch nicht in verfassungsrechtlich nicht hinnehmbarer Weise seine eigene Entscheidung an die Stelle jener des Plangebers gesetzt (vgl. BVerfGK 13, 303 <316>; 16, 35 <40>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Dezember 2015 - 1 BvR 685/12 -, juris, Rn. 23), sondern lediglich das Ergebnis dieser Abwägung vor dem Hintergrund eigener Feststellungen überprüft. Verfassungsrechtlich darf das Gericht seine eigene Abwägung nicht an die Stelle jener der Planfeststellungsbehörde setzen, sondern diese nur nachvollziehen und in Teilbereichen ergänzen (vgl. BVerfGK 16, 35 <40>). Diese Anforderungen hat das Bundesverwaltungsgericht hier im Ergebnis nicht verkannt.

75

(a) Das Bundesverwaltungsgericht führt zum Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die Ermittlung der Lärmbetroffenheiten aus, dass der Träger der Landesplanung den unabhängigen Bahnbetrieb mit um bis zu 15° nach Norden oder nach Süden abknickenden Abflugrouten nicht gesondert zu betrachten brauchte. Abflugrouten in diesem Korridor würden zwar teilweise andere Gebiete betreffen als die der Berechnung zugrunde gelegten parallelen Abflugwege; diese Gebiete seien jedoch nicht oder jedenfalls nicht erheblich dichter besiedelt als diejenigen, die von parallelen Abflugrouten betroffen wären. Das ergebe sich bereits aus einer Grobanalyse der Siedlungsstruktur der Flughafenumgebung.

76

Der Plangeber hingegen ging durchaus von einer ganz bestimmten 62 dB(A) Kontur aus, die sich unter Zugrundelegung paralleler Abflugrouten ergab und die einen abgrenzbaren Personenkreis von Betroffenen umreißt. Er ermittelte die Lärmbetroffenheiten exklusiv für die parallelen Abflugrouten und stellte auch nur die daraus resultierenden Lärmbetroffenheiten ausdrücklich in seine Abwägung ein. Auch legte er die parallelen Abflugrouten bei der Bestimmung des Auslegungsgebietes ebenso zu Grunde wie bei der UVP-Prüfung "Mensch". Dabei ging der Plangeber ganz offensichtlich davon aus, dabei auch seinerseits nur eine Prognose über die Flugrouten anzustellen, ohne diese selbst schon festzulegen. Dies liegt nicht nur deshalb auf der Hand, weil es der Rechtslage des gestuften Verfahrens entspricht. Im Planfeststellungsbeschluss ist vielmehr ausdrücklich ausgeführt, die verbindliche Festlegung der An- und Abflugverfahren geschehe durch Rechtsverordnung und werde erst kurz vor Betriebsbeginn der neuen Start- und Landebahn erfolgen; zuständig sei das BAF; auch dabei sei dem Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm Rechnung zu tragen; eine Regelungsmöglichkeit sei mangels Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde, aber auch unter sachlichen Gesichtspunkten wegen der Notwendigkeit der Integration der An- und Abflugwege in das überregionale Netz nicht gegeben (so der Planfeststellungsbeschluss, S. 631). Außerdem hat sich der Plangeber Änderungen bei der Schutzgebietsausweisung für den Fall vorbehalten, dass die Flugrouten abweichend von der Prognose festgelegt werden.

77

(b) Die Planung des Flughafens ist daher trotz ihrer erkennbaren Ausrichtung auf parallele Flugrouten offensichtlich stets auf der Grundlage erfolgt, dass abweichende Flugrouten in Betracht kommen, und dass die Planung auch bei der Festlegung anderer Flugrouten Bestand haben wird. Vor diesem Hintergrund überdehnt das Bundesverwaltungsgericht den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses nicht in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise. Es hält die Flugroutenprognose insofern für repräsentativ, als sie es ihm wiederum ermöglicht, vergleichende Erwägungen zum Ausmaß der Lärmbetroffenheiten anderer anzustellen. Vielmehr vollzieht es die so verstandene Planung nach und stellt lediglich eigene Ermittlungen zur Kontrolle des Abwägungsergebnisses an, wenn es feststellt, dass Art und Ausmaß der Betroffenheiten bei abweichender Flugroutenfestlegung nicht "erheblich" anders seien (angegriffenes Urteil Rn. 57).

78

bb) Mit den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts, es könne offen bleiben, ob die Konfigurationsanalyse innerhalb des Untersuchungsfensters wegen der Nichtberücksichtigung des 15°-Erfordernisses an einem ergebnisrelevanten Abwägungsfehler leide, weil die Beschwerdeführer durch einen etwaigen Abwägungsmangel nicht in eigenen Rechten verletzt worden seien, und dies ausführlich begründet, setzen sich die Beschwerdeführer in der Verfassungsbeschwerde nicht substantiiert auseinander. Sie führen nicht aus, dass die Annahmen des Bundesverwaltungsgericht nicht zuträfen und dass sie überhaupt - und wenn ja wie - hinsichtlich eines etwaigen Abwägungsmangels durch die Konfigurationsanalyse in Art. 14 Abs. 1 GG verletzt seien. Der Vortrag der Beschwerdeführer genügt in diesem Punkt nicht den Anforderungen, die an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde zu stellen sind (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 101, 331 <346>; 102, 147 <164>).

79

3. Die Beschwerdeführer greifen mit ihrer Verfassungsbeschwerde auch den Bescheid des Landes Brandenburg - Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft vom 21. Februar 2011 an, durch den ihr Antrag auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses aus dem Jahr 2004, hilfsweise den unabhängigen Parallelbetrieb im Wege der Planergänzung zu untersagen, abgelehnt wurde. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gestaltung des Verfahrens, die zugrunde zu legende Prognose und die Fehlerunbeachtlichkeitsvorschriften wird insoweit auf die Ausführungen oben (II. 2.) verwiesen. Dass in verfassungsrechtlicher Hinsicht hier für den Planfeststellungsbeschluss etwas anderes gelten sollte oder weitere Grundrechtsverletzungen vorlägen, ist von den Beschwerdeführern jedenfalls nicht ausreichend substantiiert vorgetragen.

80

Ebenso ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den Hilfsantrag wendet. Die diesbezügliche Rüge der Beschwerdeführer beschränkt sich auf die Ausführung, dass nach der Begründung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Festsetzung der Lärmschutzzonen die vermeintlichen Verfassungsverstöße nicht durch betriebsbeschränkende Regelungen geheilt werden könnten. Damit tragen die Beschwerdeführer keine anderen Argumente vor als zum Hauptsacheantrag und stellen auch nicht hinreichend substantiiert dar, worin der verfassungsrechtliche Verstoß gerade im Hinblick auf den Hilfsantrag liegen soll.

81

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

82

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Überschwemmungsgebiete sind Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden. Dies gilt nicht für Gebiete, die überwiegend von den Gezeiten beeinflusst sind, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Landesregierung setzt durch Rechtsverordnung

1.
innerhalb der Risikogebiete oder der nach § 73 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 zugeordneten Gebiete mindestens die Gebiete, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist, und
2.
die zur Hochwasserentlastung und Rückhaltung beanspruchten Gebiete
als Überschwemmungsgebiete fest. Gebiete nach Satz 1 Nummer 1 sind bis zum 22. Dezember 2013 festzusetzen. Die Festsetzungen sind an neue Erkenntnisse anzupassen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(3) Noch nicht nach Absatz 2 festgesetzte Überschwemmungsgebiete sind zu ermitteln, in Kartenform darzustellen und vorläufig zu sichern.

(4) Die Öffentlichkeit ist über die vorgesehene Festsetzung von Überschwemmungsgebieten zu informieren; ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sie ist über die festgesetzten und vorläufig gesicherten Gebiete einschließlich der in ihnen geltenden Schutzbestimmungen sowie über die Maßnahmen zur Vermeidung von nachteiligen Hochwasserfolgen zu informieren.

(1) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in Bauleitplänen oder in sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch untersagt. Satz 1 gilt nicht, wenn die Ausweisung ausschließlich der Verbesserung des Hochwasserschutzes dient, sowie für Bauleitpläne für Häfen und Werften.

(2) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 1 Satz 1 die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn

1.
keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können,
2.
das neu auszuweisende Gebiet unmittelbar an ein bestehendes Baugebiet angrenzt,
3.
eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu erwarten sind,
4.
der Hochwasserabfluss und die Höhe des Wasserstandes nicht nachteilig beeinflusst werden,
5.
die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
6.
der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird,
7.
keine nachteiligen Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger zu erwarten sind,
8.
die Belange der Hochwasservorsorge beachtet sind und
9.
die Bauvorhaben so errichtet werden, dass bei dem Bemessungshochwasser nach § 76 Absatz 2 Satz 1, das der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes zugrunde liegt, keine baulichen Schäden zu erwarten sind.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 bis 8 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen.

(3) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten hat die Gemeinde bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen für die Gebiete, die nach § 30 Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuches zu beurteilen sind, in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger,
2.
die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und
3.
die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.
Dies gilt für Satzungen nach § 34 Absatz 4 und § 35 Absatz 6 des Baugesetzbuches entsprechend. Die zuständige Behörde hat der Gemeinde die hierfür erforderlichen Informationen nach § 4 Absatz 2 Satz 6 des Baugesetzbuches zur Verfügung zu stellen.

(4) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches untersagt. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung und des Hochwasserschutzes sowie des Messwesens.

(5) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 4 Satz 1 die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage im Einzelfall genehmigen, wenn

1.
das Vorhaben
a)
die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
b)
den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert,
c)
den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und
d)
hochwasserangepasst ausgeführt wird oder
2.
die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen. Für die Erteilung der Genehmigung gilt § 11a Absatz 4 und 5 entsprechend, wenn es sich um eine Anlage zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen handelt.

(6) Bei der Festsetzung nach § 76 Absatz 2 kann die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen auch allgemein zugelassen werden, wenn sie

1.
in gemäß Absatz 2 neu ausgewiesenen Gebieten nach § 30 des Baugesetzbuches den Vorgaben des Bebauungsplans entsprechen oder
2.
ihrer Bauart nach so beschaffen sind, dass die Einhaltung der Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist.
In den Fällen des Satzes 1 bedarf das Vorhaben einer Anzeige.

(7) Bauliche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur, die nicht unter Absatz 4 fallen, dürfen nur hochwasserangepasst errichtet oder erweitert werden.

(8) Für nach § 76 Absatz 3 ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Gebiete gelten die Absätze 1 bis 7 entsprechend.

(1) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist Folgendes untersagt:

1.
die Errichtung von Mauern, Wällen oder ähnlichen Anlagen, die den Wasserabfluss behindern können,
2.
das Aufbringen und Ablagern von wassergefährdenden Stoffen auf dem Boden, es sei denn, die Stoffe dürfen im Rahmen einer ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft eingesetzt werden,
3.
die Lagerung von wassergefährdenden Stoffen außerhalb von Anlagen,
4.
das Ablagern und das nicht nur kurzfristige Lagern von Gegenständen, die den Wasserabfluss behindern können oder die fortgeschwemmt werden können,
5.
das Erhöhen oder Vertiefen der Erdoberfläche,
6.
das Anlegen von Baum- und Strauchpflanzungen, soweit diese den Zielen des vorsorgenden Hochwasserschutzes gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 und § 75 Absatz 2 entgegenstehen,
7.
die Umwandlung von Grünland in Ackerland,
8.
die Umwandlung von Auwald in eine andere Nutzungsart.
Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung, des Hochwasserschutzes, einschließlich Maßnahmen zur Verbesserung oder Wiederherstellung des Wasserzuflusses oder des Wasserabflusses auf Rückhalteflächen, für Maßnahmen des Messwesens sowie für Handlungen, die für den Betrieb von zugelassenen Anlagen oder im Rahmen zugelassener Gewässerbenutzungen erforderlich sind.

(2) Die zuständige Behörde kann im Einzelfall Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 zulassen, wenn

1.
Belange des Wohls der Allgemeinheit dem nicht entgegenstehen,
2.
der Hochwasserabfluss und die Hochwasserrückhaltung nicht wesentlich beeinträchtigt werden und
3.
eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu befürchten sind
oder wenn die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können. Die Zulassung kann, auch nachträglich, mit Nebenbestimmungen versehen oder widerrufen werden. Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen.

(3) Im Falle einer unmittelbar bevorstehenden Hochwassergefahr sind Gegenstände nach Absatz 1 Nummer 4 durch ihren Besitzer unverzüglich aus dem Gefahrenbereich zu entfernen.

(4) In der Rechtsverordnung nach § 76 Absatz 2 können Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 8 auch allgemein zugelassen werden.

(5) In der Rechtsverordnung nach § 76 Absatz 2 sind weitere Maßnahmen zu bestimmen oder Vorschriften zu erlassen, soweit dies erforderlich ist

1.
zum Erhalt oder zur Verbesserung der ökologischen Strukturen der Gewässer und ihrer Überflutungsflächen,
2.
zur Vermeidung oder Verringerung von Erosion oder von erheblich nachteiligen Auswirkungen auf Gewässer, die insbesondere von landwirtschaftlich genutzten Flächen ausgehen,
3.
zum Erhalt oder zur Gewinnung, insbesondere Rückgewinnung, von Rückhalteflächen,
4.
zur Regelung des Hochwasserabflusses,
5.
zum hochwasserangepassten Umgang mit wassergefährdenden Stoffen,
6.
zur Vermeidung von Störungen der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung.
Festlegungen nach Satz 1 können in Fällen der Eilbedürftigkeit auch durch behördliche Entscheidungen getroffen werden. Satz 2 gilt nicht für Anlagen der Verkehrsinfrastruktur. Werden bei der Rückgewinnung von Rückhalteflächen Anordnungen getroffen, die erhöhte Anforderungen an die ordnungsgemäße land- oder forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks festsetzen, so gilt § 52 Absatz 5 entsprechend.

(6) Für nach § 76 Absatz 3 ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Gebiete gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.

(7) Weitergehende Rechtsvorschriften der Länder bleiben unberührt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, mit dem eine Klage abgewiesen wurde, die im Hauptantrag auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schöne-feld und im Hilfsantrag auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um ein Verbot des unabhängigen Parallelbetriebs beider Start- und Landebahnen gerichtet war. Hintergrund der Verfassungsbeschwerde ist das absehbare Abweichen der angekündigten von der im Planfeststellungsbeschluss prognostizierten Flugroute.

I.

2

1. a) Der Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 sieht, auf der Grundlage des Landesentwicklungsplans Flughafenstandort (GVBl. Bbg. II 2003 S. 594; GVBl. Bln 2003 S. 521) der Länder Brandenburg und Berlin, den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld zum Großflughafen Berlin Brandenburg mit zwei parallelen Start- und Landebahnen vor. In dem Planfeststellungsbeschluss legt die Planfeststellungsbehörde dar, dass die Herstellung eines unabhängig benutzbaren Parallelbahnsystems ein wesentlicher Grund für den Ausbau des Flughafens sei. Um das den Planungen zugrunde liegende Verkehrsaufkommen von 360.000 Flugbewegungen im Jahr bewältigen zu können, sei es erforderlich, dass die beiden Bahnen unabhängig voneinander betrieben werden könnten (Planfeststellungsbeschluss, S. 336 Abs. 1, 409 Abs. 5). Weiter weist der Planfeststellungsbeschluss darauf hin, dass die Flugrouten in einem separaten Verfahren festgesetzt würden. Die dem Datenerfassungssystem (DES) zugrunde gelegten Flugrouten bezeichnet er als "durchaus plausible und auch hinreichend konkrete Grundlage" für die Ermittlung der Auswirkungen des Ausbauvorhabens (Planfeststellungsbeschluss, S. 414).

3

b) In einer von der Planfeststellungsbehörde eingerichteten Arbeitsgruppe, an der die Deutsche Flugsicherung (DFS) und die Projektplanungsgesellschaft (PPS) beteiligt waren, sollten zur Ermittlung der Auswirkungen des Flugbetriebs die erst kurz vor der Inbetriebnahme des Flugplatzes erfolgende Festlegung der An- und Abflugverfahren mit den der Flughafenplanung zugrunde zu legenden Prognosen der An- und Abflugrouten in Einklang gebracht werden. Nach deren Ergebnis sollten die Abflugrouten in beide Betriebsrichtungen zunächst mehrere Kilometer parallel in gerader Verlängerung der jeweiligen Bahnen verlaufen. Die DFS ging bei dieser Grobplanung, ohne hierauf ausdrücklich hinzuweisen, davon aus, dass die beiden Bahnen des Flugplatzes nicht unabhängig voneinander genutzt werden sollten. Die PPS berechnete auf dieser Grundlage die Streckengeometrie für das DES. Im weiteren Verlauf teilte die DFS der Arbeitsgruppe mit, dass die gleichzeitige unabhängige Durchführung von Instrumentenflug-Abflügen (Instrument Flight Rules - IFR-Abflügen) von beiden Pisten unmittelbar nach dem Start eine Divergenz des Abflugkurses von mindestens 15° erfordere. Ebenso müssten die Abflugrouten um mindestens 30° von den Fehlanflugkursen der jeweils anderen Piste abweichen. Gleichwohl erstellte die PPS die Planunterlagen auf der Grundlage paralleler Abflugrouten.

4

Im Anhörungsverfahren wies die DFS darauf hin, dass zur Gewährleistung gleichzeitiger Abflüge von beiden Pisten generell eine Divergenz der Abflugwege von 15° erforderlich wäre. Weiter wies sie darauf hin, dass die Flugverfahren nicht Gegenstand einer Planfeststellung seien, sondern jederzeit optimiert werden könnten. Die Festlegung der für die Inbetriebnahme des neuen Bahnsystems notwendigen Flugverfahren werde erst kurz vor Betriebsaufnahme erfolgen.

5

Die Planfeststellungsbehörde legte die Schutz- und Entschädigungsgebiete auf der Grundlage der hinsichtlich der Start- und Landebahnen und der prognostizierten Flugrouten unveränderten Planunterlagen ebenso fest, wie sie auf dieser Grundlage die Gebiete bestimmte, in denen die Planunterlagen ausgelegt wurden. Sie behielt sich vor, bei geänderten An- und Abflugverfahren die festgelegten Schutz- und Entschädigungsgebiete neu auszuweisen, wenn sich der Dauerschallpegel an der äußersten Grenze des Schutzgebietes an den Schnittpunkten mit den An- und Abflugstrecken um mehr als 2 dB(A) ändere (Planfeststellungsbeschluss, S. 110).

6

c) Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer sind Eigentümer selbstgenutzter Wohngrundstücke. Die Grundstücke der Beschwerdeführer zu 1 und 2 und der Beschwerdeführer zu 5 und 6 liegen jeweils in Zeuthen, zirka 7,5 bzw. 9 Kilometer östlich der Mitte der Südbahn. Das Grundstück der Beschwerdeführer zu 3 und 4 liegt in Mahlow, etwa 7,5 km westlich der Mitte der Nordbahn.

7

Nach der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Abflugroutenprognose waren die Beschwerdeführer nicht von unzumutbarem Fluglärm betroffen. Ihre Grundstücke lagen außerhalb der entsprechenden Schutz- und Entschädigungsgebiete, da es bei den zugrunde gelegten geraden Abflugrouten bei Westwindwetterlagen zu keinem Überfliegen ihrer Grundstücke in geringer Höhe unmittelbar nach dem Start kommen sollte.

8

Nachdem die DFS im September 2010 eine neue Flugroutenplanung vorgestellt hatte, nach der die von der Nordbahn startenden Flugzeuge in Betriebsrichtung Westen um erheblich mehr als 15° abknicken und Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow überfliegen sollten und die Abflüge von der Südbahn in beiden Betriebsrichtungen um etwa 15° nach Süden abknicken sollten, beantragten die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. Dezember 2010 bei der Planfeststellungsbehörde die Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses aus dem Jahr 2004, hilfsweise den unabhängigen Parallelbetrieb im Wege der Planergänzung zu untersagen.

9

d) Gegen die Ablehnung des Antrages erhoben die Beschwerdeführer Klage zum Bundesverwaltungsgericht und beantragten im Hauptantrag die Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld und im Hilfsantrag die Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um ein Verbot des unabhängigen Parallelbetriebs beider Start- und Landebahnen.

10

2. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer ab.

11

a) Der auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Hauptantrag sei zulässig, aber unbegründet. Der Rücknahmeanspruch könne nicht weiter gehen als der Aufhebungsanspruch bei fristgemäßer Anfechtung; die Planerhaltungsvorschriften modifizierten auch den Rücknahmeanspruch. In diesem Sinne weise der Planfeststellungsbeschluss keinen Rechtsfehler auf, der gemäß § 1 Abs. 1 VwVfGBbg in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu einem Anspruch auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses oder zu einem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Planfeststellungsbehörde führe.

12

aa) Zwar leide der Planfeststellungsbeschluss an einem Fehler bei der Öffentlichkeitsbeteiligung und bei der Abgrenzung des Untersuchungsraums Mensch im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung. Diese Fehler seien aber offensichtlich nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen.

13

(1) Die genaue Abgrenzung des Auslegungsgebiets könne offenbleiben, weil nach § 10 Abs. 8 Satz 2 Hs. 2 LuftVG, § 1 VwVfGBbg in Verbindung mit § 46 VwVfG die Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses nicht allein wegen einer Verletzung von Verfahrensvorschriften beansprucht werden könne, wenn offensichtlich sei, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liege vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit bestehe, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; die nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genüge nicht.

14

Ausgehend von dem Abwägungskonzept, das dem Landesentwicklungsplan und der Zulassung des Vorhabens im Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 zugrunde liege, und der im Planfeststellungsverfahren erfolgten Beteiligung der Öffentlichkeit, könne ausgeschlossen werden, dass der Ausbau des Flughafens nach einer Beteiligung der Öffentlichkeit in den bei Vermeidung des Fehlers zusätzlich in Betracht kommenden Gemeinden nicht zugelassen worden wäre oder die Abwägung der in Betracht kommenden Bahnkonfigurationen zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

15

(2) Die Anhörung der Beschwerdeführer sei hingegen nicht zu beanstanden. In ihren Wohnortgemeinden sei der Plan ordnungsgemäß ausgelegt worden. Die ausgelegten Planunterlagen hätten auch die erforderliche Anstoßwirkung entfaltet. Die ausgelegten Unterlagen müssten geeignet sein, den potentiell Betroffenen das Interesse an der Erhebung von Einwendungen bewusst zu machen. Sie müssten Dritten die Beurteilung ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umwelteinwirkungen des Vorhabens betroffen werden könnten (§ 9 Abs. 3 Satz 3 UVPG). Die ausgelegten Unterlagen genügten diesen Anforderungen. Die Möglichkeit, durch den Flugbetrieb abwägungserheblich betroffen zu werden, habe sich aus der Lage der Grundstücke der Beschwerdeführer im Verhältnis zu den Start- und Landebahnen und den für die Grobplanung der Flugrouten dargestellten Lärmkonturen ergeben. Dass die Flugverfahren anders würden festgelegt werden können, habe sich unabhängig von den Anforderungen an die Abflugrouten bei unabhängigem Bahnbetrieb aus der Rechtslage ergeben. Die Flugverfahren seien nicht Gegenstand der Planfeststellung. Ein Hinweis hierauf wäre allerdings wünschenswert gewesen; er hätte Fehlvorstellungen der Betroffenen vermeiden können. Die Rechtslage hätte den Beschwerdeführern allerdings auch ohne einen solchen Hinweis bekannt sein müssen.

16

(3) Die Umweltverträglichkeitsprüfung leide an einem weiteren Fehler, der für die materielle Rechtsposition der Kläger hätte relevant sein können. Der Untersuchungsraum Mensch habe für die betriebsbedingten Auswirkungen des Vorhabens nicht auf der Grundlage der Grobplanung der Flugrouten abgegrenzt werden dürfen. Er hätte den gesamten räumlichen Bereich umfassen müssen, in dem abwägungserhebliche Beeinträchtigungen möglich seien, jedenfalls aber den 15°-Toleranzbereich.

17

Dieser Fehler sei aber für die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld nicht kausal geworden. Es könne ausgeschlossen werden, dass die Einbeziehung des 15°-Toleranzbereichs das Gewicht des Schutzguts Mensch abwägungserheblich verändert hätte.

18

bb) Der Planfeststellungsbeschluss leide nicht an einem Abwägungsfehler, der bei rechtzeitiger Anfechtung zu einem Aufhebungsanspruch der Beschwerdeführer geführt hätte.

19

Die für den abhängigen geraden Parallelbetrieb erstellte Grobplanung der Flugverfahren sei sowohl für die Wahl des Flughafenstandorts auf der Ebene der Landesplanung als auch für die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde über die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld ausreichend gewesen, um die Lärmbetroffenheiten auch bei unabhängigem Bahnbetrieb abzuschätzen. Das Festhalten des Beklagten an dieser Grobplanung beruhe auch nicht auf sachfremden Erwägungen.

20

(1) Die Planfeststellungsbehörde müsse nicht alle realistischerweise in Betracht kommenden Flugrouten auf die zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen untersuchen. Sie könne sich auf die Betrachtung bestimmter Flugrouten beschränken (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4001.10 -, BVerwGE 141, 1 <46 Rn. 147>). Allerdings müsse der Planfeststellungsbeschluss die von dem Planvorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme bewältigen. Hierzu sei er nur in der Lage, wenn die prognostische Flugroutenplanung Art und Ausmaß der zu erwartenden Betroffenheiten in der für die Abwägung relevanten Größenordnungen realistisch abbilde (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 - 4 A 5000.10 u.a. -). Hiervon ausgehend sei die Abwägung des Beklagten nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe zwar bei der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens nicht davon ausgehen dürfen, dass die DFS für den unabhängigem Bahnbetrieb parallele Abflugstrecken planen würde. Er habe auch nicht von einem abhängigen Bahnbetrieb ausgehen dürfen (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4001.10 -, BVerwGE 141, 1 <50 f. Rn. 155>). Für die Frage, ob das Vorhaben am Standort Schönefeld zugelassen werden könne, sei die für den abhängigen Bahnbetrieb erstellte Grobplanung der An- und Abflugrouten jedoch ausreichend gewesen, um die Lärmbetroffenheiten auch bei unabhängigem Bahnbetrieb abzuschätzen.

21

Schließlich gehe auch der Einwand der Kläger fehl, die Standortentscheidung sei schon deshalb fehlerhaft, weil es an einem fehlerfreien Lärmschutzkonzept mangele. Etwaige Fehler des Lärmschutzkonzepts würden die Rechtmäßigkeit der Standortentscheidung nicht infrage stellen. Die Kläger hätten, soweit sie durch den Mangel des Lärmschutzkonzepts in eigenen Rechten verletzt seien, lediglich einen Anspruch darauf, dass dieser Mangel behoben werde. In der Regel genüge hierfür eine Planergänzung.

22

(2) Das Festhalten des Beklagten an der Grobplanung der DFS vom März 1998 habe auch nicht auf sachfremden Erwägungen beruht. Die Planfeststellungsbehörde habe nicht mit Sicherheit voraussehen können, welche Anforderungen ein mit der Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses befasstes Gericht an die Genauigkeit einer Flugroutenprognose stellen würde. Dass andere Flugrouten als prognostiziert festgelegt werden würden, hätte sich allerdings auch dadurch nicht ausschließen lassen. Dass sich die Grundlagen der Abwägung bei gleichbleibenden Anflugrouten aber um mindestens 15° divergierenden und bis zu 15° abknickenden Abflugrouten nicht wesentlich ändern würden, sei aufgrund der Siedlungsstrukturen in der Umgebung des Flughafens bereits damals erkennbar gewesen. Ausgehend hiervon sei es jedenfalls vertretbar gewesen, das Risiko einzugehen und an der bisherigen Grobplanung festzuhalten.

23

(3) Es könne ausgeschlossen werden, dass das Untersuchungsverfahren für die Analyse der möglichen Bahnkonfigurationen (Achsabstand zwischen 1.600 und 2.300 m; Bahnversatz zwischen 800 und 1800 m) bei Berücksichtigung des 15°-Erfordernisses auf Achsabstände so weit über 2300 m hinaus erweitert worden wäre, dass ein unabhängiger Bahnbetrieb ohne Einhaltung des 15°-Erfordernisses möglich gewesen wäre, weil dann topographische Hindernisse aufgetreten wären.

24

(4) Die Planfeststellungsbehörde müsse bei ihrer Abwägung auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) von der Grobplanung abweichende Flugverfahren festlege. Aus derartigen Flugverfahren könnten sich Konflikte ergeben, die der Planfeststellungsbeschluss, soweit dies nicht bereits auf der Ebene der Landesplanung geschehen sei, vorab bewältigen müsse. Hierzu sei es erforderlich, die gesamte Umgebung des Flughafens, die von dem abwägungserheblichen Lärm betroffen werden könnte, in den Blick zu nehmen. Eine von bestimmten Flugrouten ausgehende Ermittlung der Lärmbetroffenheit sei allerdings in aller Regel nicht erforderlich. Denn für die Konfliktbewältigung genüge es, sicherzustellen, dass die Festlegung der An- und Abflugverfahren die Zulassung des Vorhabens an dem vorgegebenen Standort mit der festgelegten Bahnkonfiguration nicht nachträglich als unabgewogen erscheinen lasse. Wenn die Prognose der An- und Abflugverfahren mit dem BAF oder der DFS abgestimmt sei (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4001.10 -, BVerwGE 141, 1 <48> Rn. 151), dürfe die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich davon ausgehen, dass das BAF Flugverfahren festlegen werde, die Art und Ausmaß der im Planfeststellungsverfahren ermittelten Betroffenheiten nicht wesentlich überstiegen.

25

b) Der Hilfsantrag sei unbegründet. Die Beschwerdeführer könnten nicht verlangen, dass die Planfeststellungsbehörde die Nutzung der beiden Start- und Landebahnen für einen unabhängigen Parallelbetrieb untersage. Für die Kläger der Verfahren BVerwG 4 A 7001.11 und 7003.11 dürfte damit eine Anpassung der Schutzgebiete für die Konfliktbewältigung ausreichend sein. Die Lärmbetroffenheit der Kläger des Verfahrens BVerwG 4 A 7002.11 dürfte sich durch die festgelegte, zunächst geradlinige in Verlängerung der Nordbahn verlaufende Route für Abflüge in Betriebsrichtung Westen gegenüber der Prognose auf der Grundlage der Grobplanung nicht verändert haben.

26

Ob nach A II 5.1.9.1 Nr. 1 Satz 1 Planfeststellungsbeschluss auch Umstände, die bereits bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zu seiner Rechtswidrigkeit geführt hätten, eine nachträgliche Anordnung rechtfertigen könnten, könne offenbleiben. Selbst wenn dies der Fall wäre, müsste der Hilfsantrag ohne Erfolg bleiben, denn die Zulassung des Vorhabens im Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 sei auch ohne eine Untersagung des unabhängigen Teilbetriebs der beiden Start- und Landebahnen rechtmäßig; die Zulassungsentscheidung leide nicht an dem von den Klägern geltend gemachten Widerspruch. Unter Berücksichtigung eines Toleranzbereichs von um bis zu 15° nach Norden oder nach Süden abknickenden Abflugrouten sei die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Grobplanung der An- und Abflugrouten mit einem unabhängigen Betrieb beider Bahnen vereinbar. Die geradlinigen Abflugrouten seien geeignet gewesen, auch für den unabhängigen Bahnbetrieb die innerhalb des Toleranzbereichs möglichen Lärmbetroffenheiten in der für die Abwägung relevanten Größenordnung realistisch abzubilden.

27

3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 3 Abs.1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG.

28

a) Das Bundesverwaltungsgericht habe ihre Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt, indem es die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses bejaht habe, obwohl ein nicht gerechtfertigter Eingriff vorliege. Lege man der Planfeststellung nur eine Flugroute zugrunde, könne die Planfeststellungsbehörde nur einen Ausschnitt der tatsächlichen Betroffenheiten individualisiert ermitteln. Betroffenheiten, die bei anderen Flugrouten entstünden, würden nur repräsentativ bestimmt. Dies verstoße gegen den Grundsatz, dass Grundrechtsschutz Individualrechtsschutz sei.

29

b) Indem das Bundesverwaltungsgericht die Standortentscheidung für den Ausbau des Flughafens gebilligt habe, obwohl es festgestellt habe, dass sowohl die Planfeststellungsbehörde als auch die Flughafengesellschaft gewusst hätten, dass die DFS abknickende Flugrouten verlangen würde und die Anhörung und Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Grundlage der fehlerhaften Flugroutenprognose durchgeführt worden sei, verletze es die Grundrechte der Beschwerdeführer aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Abwägungsgebot. Die Planfeststellungsbehörde habe aus sachfremden Gründen an den offensichtlich fehlerhaften und eindeutig widerlegbaren Flugroutenprognosen festgehalten und das Bundesverwaltungsgericht habe diesen Sachverhalt in willkürlicher Weise gewürdigt und darauf abgestellt, dass das Festhalten an der Prognose aus rechtlichen - von der Planfeststellungsbehörde jedoch niemals angestellten - Erwägungen zulässig gewesen sei.

30

c) Durch die Auslegung der Fehlerunbeachtlichkeitsregeln durch das Bundesverwaltungsgericht in Hinblick auf das fehlerhaft gewählte Auslegungsgebiet und die fehlerhafte Umweltverträglichkeitsprüfung verkenne dieses die Reichweite der verfahrensrechtlichen Komponente der Grundrechte der Beschwerdeführer und zugleich die Anforderungen an den fachgerichtlich zu leistenden effektiven Rechtsschutz. Die Auslegung der Vorschrift des § 46 VwVfG verletze die Grundrechte der Betroffenen, denn der formelle Rechtsverstoß sei so gravierend gewesen, dass er den Grundrechtsschutz durch Verfahren aushöhle. Es sei unverhältnismäßig, vorsätzlich herbeigeführte Fehler für unbeachtlich zu erklären. Dies führe zugleich zu der Verletzung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz.

31

d) Indem erst das Bundesverwaltungsgericht - und nicht bereits die Planfeststellungsbehörde - prüfe, ob die betroffene Siedlungsstruktur bei abknickenden Flugrouten mit der Siedlungsstruktur bei geraden Abflugrouten vergleichbar sei, verletze es die Grundrechte der Beschwerdeführer aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Abwägungsgebot und zugleich das Recht der Beschwerdeführer auf effektiven Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit seinem Urteil die Planungsentscheidung der Planfeststellungsbehörde ersetzt, denn es habe einen ausschlaggebenden Teil der Planungsentscheidung selbst getroffen, indem es alle Schritte des Abwägungsvorgangs selbst erstmalig vollzogen habe. Dadurch habe das Bundesverwaltungsgericht auch das Recht der Beschwerdeführer auf effektiven Rechtsschutz verletzt. Das Gericht habe nur die Aufgabe, die Abwägungsentscheidung zu überprüfen, nicht hingegen kompetenzwidrig Exekutiventscheidungen nachzuholen.

II.

32

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie erfüllt nicht die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführer geboten. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

33

Die im Fachrecht vorgesehene Trennung von Planung des Flughafenstandorts und Festlegung der Flugverfahren verletzt die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer nicht in ihrem Eigentumsgrundrecht und der darin eingeschlossenen Garantie auf effektiven Rechtsschutz (1). Auch das angegriffene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist mit diesen Garantien vereinbar, soweit es eine Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses "Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld" vom 13. August 2004 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 im Ergebnis ablehnt, weil der Rücknahmeanspruch nicht weiter gehen könne als ein Anfechtungsaufhebungsanspruch und dieser wegen Unbeachtlichkeit in Bezug auf etwaige Verfahrensfehler und wegen der Unbegründetheit der Angriffe gegen das materielle Abwägungsergebnis erfolglos bleiben müsse (2a und 2c). Soweit das Bundesverwaltungsgericht die Anstoßfunktion der Auslegung der Planunterlagen gegenüber den Beschwerdeführern bejaht hat, ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde jedenfalls nicht angezeigt (2b). Die Angriffe der Verfassungsbeschwerde gegen die Abweisung des Hauptantrags der Klage, soweit sie gegen den Bescheid des Landes Brandenburg vom 21. April 2011 gerichtet ist, und gegen die Ablehnung des Hilfsantrags sind unzulässig (3).

34

1. Die fachrechtliche Ausgestaltung der Flughafenplanung im weiteren Sinne in zwei eigenständige Teile, die Planfeststellung des Flughafens einerseits und die Festlegung der Flugrouten andererseits, trägt der im Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 GG) verankerten Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) hinreichend Rechnung.

35

Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes stellt ein wesentliches Element der Eigentumsgarantie des Art .14 Abs. 1 Satz 1 GG dar (BVerfGE 134, 242 <299 Rn. 190>). Der Rechtsschutz darf nicht durch die Ausgestaltung des zur Beeinträchtigung des Eigentums führenden Verwaltungsverfahrens unmöglich gemacht, unzumutbar erschwert oder faktisch entwertet werden (BVerfGE 134, 242 <299 Rn. 191>).

36

In diesem Rahmen hat der Gesetzgeber bei der Gestaltung des Verwaltungsverfahrens einen weiten Spielraum. Er kann sich von Zweckmäßigkeitserwägungen leiten lassen. So ist es ihm grundsätzlich unbenommen, gerade für komplexe Lebenssachverhalte Verfahrensstufungen vorzusehen, die zu einer verbindlichen Abschichtung des Sach- und Streitstoffes führen. Der Gesetzgeber darf allerdings keine Verfahrensgestaltung wählen, die den aus dem Eigentumsgrundrecht in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Anspruch des Bürgers auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gegen Hoheitsakte, die in seine Rechte eingreifen, unzumutbar erschwert oder faktisch unmöglich macht (vgl. BVerfGE 129, 1 <32 f.>; 134, 242 <299 f. Rn. 192 m.w.N.>).

37

Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen ist hier genügt. Für die vom Gesetzgeber gewählte Aufteilung zwischen der Planfeststellung für einen Flughafen und der Planung der zugehörigen Flugrouten sprechen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Zweckmäßigkeitserwägungen, die den Besonderheiten von Flugrouten Rechnung tragen. Flugrouten sind - anders als Straßen oder Schienenwege - nicht statisch, sondern aktualisieren sich bei jedem Überflug neu. Dabei kommt es anders als bei Straßen zu größeren Abweichungen, da die konkret geflogene Route von einer Vielzahl von Gegebenheiten abhängt, wie zum Beispiel der jeweiligen Verkehrszusammensetzung, dem Gewicht des Luftfahrzeugs oder den Wetterverhältnissen. Die Flugroute ist ein dreidimensionaler Raum, der mehrere hundert Meter ober- und unterhalb sowie links und rechts der Ideallinie umfasst, so dass sie nicht parzellenscharf bestimmt werden kann. Zudem muss sie relativ häufig angepasst und geändert werden. Dies ergibt sich aus technischen Neuerungen und daraus, dass Flugrouten in das europäische Verkehrsnetz eingebettet sind und dortige Änderungen, die auf vielerlei Ursachen zurückzuführen sein können, eine Anpassung der Flugrouten erfordern. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Flugroutenfestlegung insbesondere der sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs dient, wobei ein sicherer Verkehr das primäre Ziel ist (zu all dem Kaienburg/Uhl, ZLW 2012, S. 505, <532 f.> m. w. N.). Mit Blick auf die immer möglichen und auch aus Gründen der Verkehrssicherheit nötigen nachträglichen Änderungen der Flugverfahren erscheint daher bei der Anlage eines neuen Flughafens die Aufteilung des Verfahrens durch den Gesetzgeber in das standortbezogene Planfeststellungsverfahren und das "verkehrsbezogene" Verfahren zur Festlegung von Flugrouten jedenfalls zweckmäßig, wenn nicht sogar notwendig. Es ist insofern jedenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

38

Durch die Verfahrensteilung wird der Rechtsschutz auch nicht in unzumutbarer Weise erschwert. Sowohl der Planfeststellungsbeschluss als auch die Flugverfahrensverordnung können von Betroffenen unabhängig voneinander gerichtlicher Kontrolle zugeführt werden, ohne dass durch die zwischen beiden Entscheidungen bestehenden Wechselwirkungen unzumutbare Nachteile für den Rechtsschutz entstünden. Während im Planfeststellungsverfahren die Art und der Umfang des zulässigen Luftverkehrs bestimmt und über den Standort des Flughafens mit seinen Anlagen und deren rechtliche Zulässigkeit entschieden wird, ist die Luftverkehrsplanung darauf gerichtet, eine sichere und geordnete Abwicklung des Luftverkehrs und hier insbesondere der Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Insoweit ergeben sich für die Flugverfahrensplanung aus den durch den Planfeststellungsbeschluss geschaffenen Rahmenbedingungen faktische Bindungen; neben den im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Mengen und der zeitlichen Verteilung von Flügen ist auch die räumliche Lage der Start- und Landebahnen vorgegeben. Zusätzlich führen technische und sicherheitsbedingte Zwänge dazu, dass Flugverfahren nicht beliebig festgesetzt werden können, sondern verbindliche Vorgaben beachten müssen, so dass im Raum Zwangspunkte bestehen, die überflogen werden oder - umgekehrt - Flugverfahren zwingend gewisse Bereiche meiden müssen. Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 - 4 A 5000.10 u.a., juris, Rn. 51) eine mittlerweile in das Gesetz (§ 8 Abs. 1 Satz 6 LuftVG) übernommene partielle rechtliche Bindungswirkung der Planfeststellung für das Flugverfahren angenommen. Dennoch reichen diese Wechselwirkungen nicht über Teilaspekte der jeweiligen Entscheidung hinaus; die erstere bindet nicht prinzipiell die letztere, sondern prägt sie allenfalls in Teilen vor. Die Flugverfahrensplanung kann zudem später wieder geändert werden.

39

Eine unzumutbare Erschwerung des Rechtsschutzes ergibt sich für die Betroffenen dabei auch nicht aus dem Umstand, dass sie sich im Rahmen eines einheitlich erscheinenden Lebenssachverhaltes gegen zwei Entscheidungen wenden müssen, um ihre Rechtsschutzmöglichkeiten vollständig auszuschöpfen. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG steht einer Verfahrensstufung nicht grundsätzlich entgegen; auch kann eine solche mit Rücksicht auf die Frühzeitigkeit der Rechtsschutzmöglichkeit und die mit der Stufung verbundene Reduktion komplexer Streitstoffe den Rechtsschutz fördern (vgl. BVerfGE 129, 1 <32 f.>; 134, 242 <300 Rn. 193>). In besonders gelagerten Einzelfällen kann Art. 19 Abs. 4 GG eine solche Verfahrensstufung sogar voraussetzen (vgl. BVerfGE 134, 242 <310 Rn. 219 ff.>). Wenn schon ein einheitliches Verfahren derart gestuft ausgestaltet werden kann und in Einzelfällen sogar aus Gründen des Rechtsschutzes so ausgestaltet werden muss, so bestehen aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes schon grundsätzlich keine Bedenken dagegen, dass ein lediglich einheitlich erscheinender, fachrechtlich aber in zwei eigenständige Entscheidungen aufgegliederter Lebenssachverhalt rechtlich so gestaltet wird, dass sich Rechtsschutz gegebenenfalls nur durch mehrere Klagen verwirklichen lässt.

40

Auch sonst ist der Rechtsschutz nicht unzumutbar erschwert. Betroffene können im Rahmen des zeitlich in der Regel vorgelagerten Rechtsschutzes gegen den Planfeststellungsbeschluss zwar nur auf Grundlage einer Prognose über die zu erwartenden Flugrouten ermitteln, ob und in welchem Ausmaß sie das Vorhaben in abwägungserheblichen Belangen betrifft, weil die endgültige (insbesondere Lärm-) Belastung erst aus der zeitlich später vorgenommenen Festlegung der Flugverfahren folgt (Rn. 32 des angegriffenen Urteils m.w.N.). Damit wird ihnen insoweit eine Last aufgebürdet, als sie - wenn sie Rechtsschutzmöglichkeiten gegen den Flughafen selbst als Quelle und Ausgangspunkt möglicher Belastungen nicht verlieren wollen - zu einem Zeitpunkt zur Entscheidung über die Klageerhebung gezwungen werden, zu dem noch nicht sicher feststeht, ob und mit welcher Intensität sie Auswirkungen des Vorhabens durch Lärm und schädliche andere Umwelteinwirkungen ausgesetzt sein werden. Dies ist jedoch durch die technisch notwendige Abfolge von Standortplanung, Flughafen, Projektplanung - und Flugverfahrensplanung bedingt (vgl. BVerwGE 141, 1 <46 f. Rn. 147> m.w.N.). Eine unzumutbare Belastung liegt hierin jedenfalls dann nicht, wenn diese Unwägbarkeit nicht zur Unzulässigkeit der Klage mangels eigener Betroffenheit führt. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht der Fall. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass all diejenigen klagebefugt sind, bei denen eine Betroffenheit nicht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen werden kann (so im angegriffenen Urteil Rn. 32).

41

2. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hält ebenfalls verfassungsgerichtlicher Prüfung stand (a und c); etwaige Bedenken vermögen die Annahme der Verfassungsbeschwerde jedenfalls nicht zu tragen (b).

42

a) Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts begegnet am Maßstab des Eigentumsgrundrechts und der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG) keinen durchgreifenden Bedenken, soweit es die Vorschrift des § 46 VwVfG zur Unbeachtlichkeit von Fehlern im Verwaltungsverfahren zur Anwendung bringt.

43

aa) Der weite Spielraum des Gesetzgebers zur Gestaltung des Verwaltungsverfahrens (vgl. BVerfGE 134, 242 <299 Rn. 192>; oben II. 1. m.w.N.) umfasst auch die Entscheidung über die Frage, inwieweit er die Missachtung oder Verletzung von Verfahrensvorschriften im Hinblick auf deren Ergebnisrelevanz unter bestimmten Voraussetzungen für unbeachtlich erklärt und damit sanktionslos lässt. Daher ist in verfassungsrechtlicher Hinsicht grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber bei Infrastrukturvorhaben die Interessen der Allgemeinheit und jene an effektivem Rechtsschutz zu einem gerechten Ausgleich bringt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Dezember 2015 - 1 BvR 685/12 -, juris, Rn 19 f., zum Fernstraßenrecht).

44

Der Gesetzgeber kann insoweit auch regeln, dass dem öffentlichen Interesse an der Planerhaltung und zügigen Umsetzung eines Vorhabens in begrenztem Umfang durch Fehlerunbeachtlichkeitsklauseln Rechnung getragen wird. Das gilt zumindest dann, wenn letztlich für das Ergebnis ohne Einfluss gebliebene Abwägungsfehler für unbeachtlich erklärt werden (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 20). Eine entsprechende Auslegung des Fachrechts durch die in erster Linie dazu berufenen Fachgerichte (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; stRspr) ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

Verfassungsrechtliche Grenzen, die bei der Schaffung, Auslegung und Anwendung von Vorschriften über die Unbeachtlichkeit von Verfahrensfehlern zu beachten sind, finden sich allerdings dort, wo die Rechtsstaatlichkeit, die Effektivität des Rechtsschutzes und andere Grundrechte nicht nur die Wahrung von Verfahrensstandards selbst, sondern zudem auch zwingend die Sanktionierung von deren Verletzung verlangen. Diese Grenzen sind umso eher erreicht, je mehr eine insofern verfassungsrechtlich fundierte Verfahrensbestimmung dazu geeignet ist, das Ergebnis einer Entscheidung zu beeinflussen und zu prägen, oder je mehr die konkret in Rede stehende Art der Verletzung dieser Verfahrensbestimmung ein Ausmaß erreicht, das von vornherein der Einschätzung entgegensteht, der Fehler sei nicht ergebnisrelevant. Dem Gesetzgeber bleibt es freilich unbenommen, bestimmte Verfahrensfehler auch schon vor Erreichung dieser Grenze des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren von der Anwendung von Fehlerunbeachtlichkeitsvorschriften auszuschließen und ihnen insoweit typisierend ein besonderes Gewicht beizumessen (vgl. etwa § 46 i.V.m. § 44 VwVfG sowie neuerdings § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG).

46

bb) Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet es danach, dass das Bundesverwaltungsgericht § 46 VwVfG in einer Weise anwendet, derzufolge ein Verfahrensfehler erst dann beachtlich ist, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; die nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt danach nicht.

47

cc) Die Annahme der Unerheblichkeit eines Verfahrensfehlers ist verfassungsrechtlich allerdings dann nicht mehr hinnehmbar, wenn die Ergebniskausalität des Fehlers nur dadurch verneint werden kann, dass das Gericht eine eigene hypothetische Abwägungsentscheidung an die Stelle der Entscheidung durch die Planfeststellungsbehörde setzt. Die Beschwerdeführer haben dies hinsichtlich einer eventuell fehlerhaften Öffentlichkeitsbeteiligung und fehlerhaften Umweltverträglichkeitsprüfung geltend gemacht, jedoch nicht hinreichend substantiiert gerügt.

48

(1) Das Bundesverwaltungsgericht hat Verfahrensfehler des Planfeststellungsverfahrens bei der Abgrenzung des Auslegungsgebiets der Planunterlagen (angegriffenes Urteil Rn. 31 ff.) und bei der Abgrenzung des Untersuchungsraums Mensch im Rahmen des Umweltverträglichkeitsprüfung (angegriffenes Urteil Rn. 42 ff.) festgestellt. Unter Hinweis auf das Abwägungskonzept, das dem Landesentwicklungsplan und der Zulassung des Vorhabens im Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegt, hat es jedoch dargelegt, dass weder die Standortwahl noch die Bahnkonfiguration anders ausgefallen wäre, wenn die Abgrenzung des Auslegungsgebiets bei der Öffentlichkeitsbeteiligung und der Untersuchungsraum Mensch in der Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerfrei bestimmt worden wären.

49

Das Bundesverwaltungsgericht macht dies am tatsächlich gewählten Auslegungsgebiet (angegriffenes Urteil Rn. 35) und dem Umstand fest, dass nur ein Gemeindeteil der Gemeinde Teltow innerhalb der 62 dB(A) Lärmkontur liege und die übrigen Gemeinden, in denen der Plan möglicherweise hätte ausgelegt werden müssen, am äußersten Rand des möglichen Einwirkungsbereichs und weit außerhalb der möglichen 62 dB(A) Kontur lägen. Es führt weiter aus, angesichts der erheblichen Toleranzen, mit denen der Träger der Landesplanung bei dem Vergleich der Lärmbetroffenheiten mit dem bestehenden Berliner Flughafensystem gearbeitet hätte, hätten diese Betroffenheiten weder das Abwägungsergebnis der Landesplanung noch die Durchsetzung des zielförmig festgelegten Standorts in der fachplanerischen Abwägung in Frage stellen können. Dies gelte auch für den Vergleich mit den stadtferneren Standorten Sperenberg und Jüterbog. Es könne ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis der Abwägung bei einer Beteiligung der Öffentlichkeit in den Gemeinden Teltow, Kleinmachnow und ggf. weiteren Gemeinden anders ausgefallen wäre. Die "neuen" Einwender hätten keine anderen Betroffenheiten als die im Planfeststellungsverfahren beteiligten Einwender geltend machen können. Sie hätten lediglich zusätzlich gelten machen können, die Planfeststellungsbehörde müsse Vorgaben für die Festlegung der Flugverfahren prüfen, um die Abgewogenheit der Vorhabenzulassung am Standort Schönefeld auch für den Fall sicherzustellen, dass von der prognostizierten Grobplanung abweichende Flugverfahren festgelegt werden würden. Das Fehlen solcher Vorgaben hätte aber nicht zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern allenfalls zu seiner Ergänzung führen können (angegriffenes Urteil Rn. 36).

50

Weiter führt das Bundesverwaltungsgericht aus, es könne ausgeschlossen werden, dass die Abwägung der für und gegen die möglichen Bahnkonfigurationen sprechenden Belange zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, da die Gemeinden, in denen die Pläne zusätzlich hätten ausgelegt werden müssen, nördlich der Nordbahn liegen würden und eine Parallelverschiebung dieser Bahn nicht Gegenstand der Konfigurationsanalyse gewesen sei. Zudem seien nur Betroffenheiten bis hinab zu einem Dauerschallpegel von Leq(3), Tag = 62 db(A) als abwägungserheblich angesehen worden und die zusätzlich zu beteiligenden Gemeinden lägen außerhalb dieses Gebiets (angegriffenes Urteil Rn. 37).

51

Auch die fehlerhaft durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung sei, so das Bundesverwaltungsgericht, für die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld nicht kausal geworden. Zwar hätte die Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls den von der DFS für die Abflugrouten geforderten 15°-Toleranzbereich in den Untersuchungsraum Mensch einbeziehen müssen. Da für das Schutzgut Mensch nicht nur Lärmbeeinträchtigungen der Wohn- und Wohnumfeldnutzung in den Siedlungsgebieten relevant seien, sondern auch die Auswirkungen des Flugbetriebs auf die Erholungs- und Freizeitnutzung, ließe sich die Wertigkeit von Flächen erst nach deren Erfassung in der Umweltverträglichkeitsprüfung beurteilen. Hier sei - anders als für die Wohn- und Wohnumfeldnutzung in den Siedlungsgebieten - eine Grobanalyse der Siedlungsstruktur innerhalb des 15°-Toleranz-bereichs nicht ausreichend. Doch könne ausgeschlossen werden, dass eine Einbeziehung des 15°-Toleranzbereichs das Gewicht des Schutzguts Mensch hier abwägungserheblich verändert hätte. Für die Siedlungsflächen sei dies bereits in früheren Entscheidungen (BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011, - 4 A 4001.10 -, juris, Rn. 150 und Urteil vom 31. Juli 2012 - 4 A 5000.10 u. a. - juris, Rn. 68 ff., 78 ff.) und zur materiellen Rechtmäßigkeit ausgeführt worden. Die schutzbedürftigen Einrichtungen befänden sich alle innerhalb der Siedlungsflächen. Auch für die Erholungsnutzung könnten um 15° abknickende Flugrouten nicht ungünstiger sein (angegriffenes Urteil Rn. 46 f.). Anhaltspunkte dafür, dass die abknickenden Routen für die Erholungs- und Freizeitnutzung erheblich ungünstiger sein könnten, seien nicht ersichtlich.

52

Die fehlende Untersuchung des Einwirkungsbereichs des Flughafens außerhalb des 15°-Toleranzbereichs sei für die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld ebenfalls nicht kausal geworden. Da um bis zu 15° abknickende Abflugrouten das Gewicht des Schutzguts Mensch auch unter Berücksichtigung der Erholungsnutzung nicht abwägungserheblich verändern würden, hätten Erholungsflächen außerhalb des Toleranzbereichs - nicht anders als Siedlungsflächen - allenfalls zu Vorgaben für die Festsetzung von Flugverfahren, nicht aber zur Planaufhebung führen können (angegriffenes Urteil Rn. 47).

53

(2) Die Beschwerdeführer ziehen dies in ihrer Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend substantiiert in Zweifel. Aus ihrem Vortrag ergibt sich nicht, weshalb die Annahmen des Bundesverwaltungsgerichts nicht zutreffend sein sollen. Insbesondere haben die Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, weshalb bei einer fehlerfreien Beteiligung der Öffentlichkeit und bei ordnungsgemäßer Bestimmung des Untersuchungsraums Mensch das Ergebnis für sie günstiger ausgefallen wäre. Dass dies der Fall wäre, ist auch nicht erkennbar.

54

b) Es kann dahinstehen, ob das Bundesverwaltungsgericht die Anstoßwirkung der ausgelegten Unterlagen in einer verfassungsrechtlich zu beanstandenden Weise bejaht hat (aa - cc); auch dies könnte der Verfassungsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil deutlich abzusehen ist, dass die Beschwerdeführer auch im Fall einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würden (dd).

55

aa) In der Interpretation der für die Auslegung der Planfeststellungsunterlagen maßgeblichen Verfahrensvorschriften (hier § 9 Abs. 3 UVPG) dahingehend, dass die Unterlagen geeignet sein müssen, den potentiell Betroffenen das Interesse an der Erhebung von Einwendungen bewusst zu machen, und dass sie Dritten die Beurteilung ermöglichen müssen, ob und in welchem Umfang sie von den Umwelteinwirkungen des Vorhabens betroffen werden können, liegt eine vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich hinzunehmende und nur im Hinblick darauf zu kontrollierende Auslegung einfachen Rechts, ob diese Grundrechtsgewährleistungen verkennt.

56

Bedenken bestehen insoweit, als das Bundesverwaltungsgericht den der Sache nach erhobenen und nicht von der Hand zu weisenden Einwand der Beschwerdeführer nicht würdigt, dass durch den Plan Erwartungen in Bezug auf eine besondere Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Flugverfahrens geweckt worden seien, dessen Verwirklichung nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer von vorneherein nicht nur wenig wahrscheinlich, sondern vielmehr eher unwahrscheinlich gewesen sein könnte.

57

Auch insoweit wirken Art. 14 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG als Garantie effektiven Rechtsschutzes zum Schutz des Eigentums in das Verwaltungsverfahren hinein (vgl. BVerfGE 61, 82 <110>; 100, 313 <364>; 101, 106 <123>; 109, 279 <364>; 118, 168 <208>; 134, 242 <299 Rn. 191, vgl. auch Rn. 192>). Sie verlangen eine Gestaltung des Planfeststellungsverfahrens, die Betroffene über ihre Rechtsschutzmöglichkeiten und auch über die Notwendigkeit, Rechtsschutz zu ergreifen, nicht im Unklaren lässt. Neben der Vermittlung der Kenntnis der Möglichkeit der eigenen Betroffenheit verlangt das Gebot effektiven Rechtsschutzes auch, dass Betroffenen ermöglicht wird, die Wahrscheinlichkeit der eigenen Betroffenheit hinreichend abschätzen zu können. Während die Kenntnis von der Möglichkeit der eigenen Betroffenheit für die Beurteilung der Frage relevant ist, ob eine Klage überhaupt möglich ist (angegriffenes Urteil Rn. 32), spielt die Kenntnis von der Wahrscheinlichkeit der eigenen Betroffenheit bei der Entscheidung darüber eine ganz entscheidende Rolle, ob und - wenn ja - mit welchen Argumenten Klage erhoben werden soll oder nicht. Vor diesem Hintergrund verlangt die Rechtsschutzgarantie nicht nur, dass potentiell Betroffenen die Kenntnis davon vermittelt wird, dass sie klagen können, sondern darüber hinaus auch, dass sie in die Lage versetzt werden, beurteilen zu können, ob - und wenn ja mit welcher Zielrichtung, mit welchen Argumenten und mit welchen Erfolgsaussichten - eine Klage in ihrem Interesse liegt und sinnvoll erscheint.

58

Dies ist gerade auch bei der Anwendung der Vorschriften über die Auslegung der Planfeststellungsunterlagen zu beachten. Denn diese dienen nicht nur einer frühzeitigen Information der Öffentlichkeit; ihnen kommt auch Rechtsschutzfunktion zu, weil ein Betroffener auf Grundlage der ausgelegten Unterlagen entscheiden kann und gegebenenfalls - bei sonst drohender Präklusion - auch entscheiden muss, ob und mit welchen Argumenten er sich gegen das Vorhaben wenden sollte (vgl. BVerfGE 53, 30 <60>; Wickel, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 73 Rn. 4).

59

bb) Die Anwendung der Vorschriften über die Auslegung der Planunterlagen durch das Bundesverwaltungsgericht ist hier nicht schon deshalb zu beanstanden, weil das Bundesverwaltungsgericht angenommen hat, dass die Beschwerdeführer anhand der ausgelegten Unterlagen ihre eigene Betroffenheit hätten erkennen können. Die Planfeststellungsunterlagen, die - wie hier - eine Prognose über künftige Entwicklungen enthalten, müssen insoweit allerdings grundsätzlich den Prognosecharakter gerade im Hinblick auf noch nicht sicher absehbare künftige Flugverfahren erkennen lassen. Andernfalls würde ein Zustand oder eine Entwicklung als sicher suggeriert, der oder deren Eintritt nicht gewiss ist. So würde der nur möglicherweise Betroffene in Bezug auf die Möglichkeit der eigenen Betroffenheit im Unklaren gelassen.

60

Ob der Prognosecharakter wichtiger Elemente der Planung in den Planfeststellungsunterlagen hinreichend zum Ausdruck kommt oder nicht, ist stets eine Frage des Einzelfalls. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, ob - wie hier bei den Flugverfahren - die Rechtslage einer über eine Prognose hinausgehenden Festlegung entgegensteht, weil dann schon kein Anlass für Betroffene bestand, darauf zu vertrauen, dass entgegen der Rechtslage keine Prognosen, sondern endgültige Entscheidungen getroffen worden seien. Daher durfte das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung darauf abstellen, es habe sich aus der Rechtslage ergeben, dass die Flugverfahren hätten anders festgelegt werden können als im Plan dargestellt. Insoweit wäre ein ausdrücklicher Hinweis in den Planunterlagen in der Tat - wie das Bundesverwaltungsgericht ausführt - wünschenswert gewesen; zwingend erforderlich war dies angesichts der Eindeutigkeit der Rechtslage aber nicht, zumal sich dem Planfeststellungsbeschluss weitere Hinweise darauf entnehmen ließen, dass es zu einer abweichenden Planung der Flugverfahren würde kommen können, auf die das Bundesverwaltungsgericht an dieser Stelle nur nicht abstellt.

61

cc) Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht dem Einwand keine Beachtung geschenkt, dass durch den Plan Erwartungen in Bezug auf eine besondere Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Flugverfahrens geweckt worden seien, dessen Verwirklichung nach dem nicht von der Hand zu weisenden Vorbringen der Beschwerdeführer eher unwahrscheinlich gewesen sein könnte.

62

(1) Die ins Verwaltungsverfahren vorwirkende Garantie effektiven Rechtsschutzes gebietet es, den nur eventuell Betroffenen eine Einordnung der Wahrscheinlichkeit der eigenen Betroffenheit zu ermöglichen. Es beeinträchtigt allerdings noch nicht die Rechtsschutzgarantie, wenn eine Planfeststellungsbehörde ihrer Planung eine unsichere oder eine hinsichtlich des konkreten räumlichen Verlaufs gar wenig realistische Prognose zu Grunde legt, solange die ausgelegten Planunterlagen auch einen abweichenden Geschehensablauf durchaus möglich erscheinen lassen. Lassen die Planfeststellungsunterlagen in einem gestuften Verwaltungsverfahren aber nicht hinreichend deutlich erkennen, wie wahrscheinlich eine eigene Betroffenheit in geschützten Positionen ist, oder erwecken sie gar einen den Realisierungswahrscheinlichkeiten zuwider laufenden Eindruck, können sie ihre Anstoßwirkung nicht erfüllen.

63

(2) Mit den auf einen solchen Mangel zielenden Einwänden der Beschwerdeführer im Klageverfahren hat sich das Bundesverwaltungsgericht nicht näher auseinandergesetzt.

64

Es spricht viel dafür, dass die Betroffenen nach den ausgelegten Planunterlagen davon ausgehen durften, dass es sich bei den prognostizierten parallelen Abflugverfahren um die Variante handelt, deren Verwirklichung konkret wahrscheinlich ist. Zwar mussten sie damit rechnen, dass eine andere Linienführung der Flugrouten grundsätzlich immer möglich ist (dazu oben II. 1.). Die Beschwerdeführer mussten jedoch nicht davon ausgehen, dass ihre Verwirklichung in der in den Planunterlagen vorgesehenen Form unwahrscheinlich ist. Das ergibt sich aus den zu beachtenden fachrechtlichen Anforderungen.

65

Die Planfeststellungsbehörde war fachrechtlich dazu verpflichtet, die Flugrouten in Abstimmung mit dem BAF und der DFS auszuarbeiten, gerade um ein Auseinanderfallen von Prognose und später verwirklichter Flugroute möglichst zu vermeiden. Doch sind diese Planfeststellungsverfahren immer mit der Unsicherheit behaftet, dass die Flugrouten noch nicht feststehen, so dass eine prognostische Annahme zu entwickeln ist. Diese muss wiederum bestimmten Anforderungen genügen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4000.09 -, juris, Rn. 151 ff.). Der Planfeststellungsbeschluss muss die von dem Planvorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme bewältigen. Hierzu ist die Planung nicht in der Lage, wenn sie eine beliebige Flugroutenplanung zugrunde legt; sie muss von realistischen Annahmen ausgehen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 155). Dies kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig nicht allein beurteilen. Nicht sie, sondern die DFS ist für die Planung und das BAF ist für die Festlegung der An- und Abflugverfahren zuständig. Ziel der Abstimmung ist die Bestätigung, dass die dem Planfeststellungsantrag zugrunde liegende prognostische Flugroutenplanung realisierbar ist und dass sie den bisherigen Planungen der DFS entspricht, ihre Umsetzung also realistischerweise erwartet werden kann (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 155).

66

Vor dem Hintergrund dieser fachrechtlichen Anforderungen an die Flugroutenplanung durften die Betroffenen davon ausgehen, dass die Planfeststellungsbehörde diese Vorgaben berücksichtigt hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die ausgelegten Unterlagen nicht ausdrücklich auf die Unbestimmtheit der Flugroutenprognose hinweisen, sich aus ihnen also nicht ergibt, dass die Flugroutenprognose nur Art und Ausmaß, nicht aber konkrete Betroffenheiten realistisch abbildet. Ein klarer Hinweis auf die besondere Unsicherheit der der Standortplanung und der Bahnkonfiguration zugrunde gelegten Flugroutenprognose dürfte hier gefehlt haben. Die in den Planunterlagen enthaltenen Hinweise darauf, dass es wegen des Auseinanderfallens von Planfeststellung und Flugverfahrensfestlegung möglich ist, dass Prognose und tatsächliche Entwicklung auseinanderfallen, begründen keine substantiellen Zweifel an der Realisierbarkeit der konkreten Flugroutenprognose. Sie erschöpfen sich in einem Hinweis auf die Rechtslage. Damit beugen sie zwar der Annahme vor, dass eine eigene Betroffenheit der Beschwerdeführer vollständig ausgeschlossen ist, weil sie deutlich machen, dass eine abweichende Festsetzung theoretisch immer erfolgen kann. In Bezug auf die Wahrscheinlichkeit der eigenen Betroffenheit führen diese Hinweise aber nicht weiter, weil sie die Zweifel nährenden Tatsachen - das abweichende Votum der DFS schon im Jahr 1998, das Festhalten an der Planung durch die Planfeststellungsbehörde, der zugrunde liegende Einwand, dass ein Parallelabflug bei dem Abstand der Bahnen nach dem internationalen Regelwerk ausgeschlossen sei - nicht offen legen. Zu all diesen Punkten lässt sich den ausgelegten Plan-unterlagen - soweit ersichtlich - nichts entnehmen. Jedenfalls setzt sich das Bundesverwaltungsgericht mit diesen, einer hinreichenden Anstoßwirkung der ausgelegten Planunterlagen entgegenstehenden Defiziten nicht auseinander.

67

dd) Selbst wenn der Planfeststellungsbeschluss wegen unzulänglicher Anstoßwirkung der ausgelegten Planunterlagen und das Bundesverwaltungsgericht mangels Beanstandung dieses Verfahrensfehlers gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes verstoßen haben sollten, wäre die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte jedoch nicht angezeigt. Es ist deutlich abzusehen, dass die Beschwerdeführer auch im Fall einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würden (vgl. BVerfGE 90, 22 <26>). Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in der angegriffenen Entscheidung mit anderen Formfehlern des Planfeststellungsverfahrens befasst, diese aber in Anwendung der Regelung des § 46 VwVfG für unbeachtlich gehalten. Es spricht alles dafür, dass das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf einen den vom ihm festgestellten Mängeln strukturell ähnlichen Verfahrensfehler die Ergebnisrelevanz ebenso verneinen würde.

68

Die Anwendung von Fehlerunbeachtlichkeitsvorschriften ist hier nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen gesperrt. Zwar ist die Beteiligung der Öffentlichkeit im Planfeststellungsverfahren geeignet, einen Beitrag zum Ergebnis des Planes zu leisten und diesen zu prägen. Der hier fragliche Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wirkt jedoch erkennbar nicht derart schwer, dass alles andere als die Sanktionierung der Planfeststellungsbehörde von vornherein verfassungswidrig wäre. Vielmehr vermochte auch das von der Planfeststellungsbehörde durchgeführte Verfahren die Funktion der Öffentlichkeitsbeteiligung weitgehend zu wahren. Hier sind keine qualitativ oder quantitativ wesentlich abweichenden, schwerwiegenden Betroffenheiten bei abweichender Flugroutenfestlegung erkennbar, so dass auch nicht mit wesentlich abweichenden Einwendungen zu rechnen gewesen wäre. Jedenfalls haben die Beschwerdeführer sich mit diesen Fragen nicht befasst und keine abweichenden Einwendungen geltend gemacht.

69

c) Die Feststellungen des Urteils zur materiellen Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses halten hinsichtlich der Ausführungen zur Standortwahl einer verfassungsgerichtlichen Nachprüfung stand (aa) und wurden von den Beschwerdeführern hinsichtlich der Bahnkonfiguration nicht hinreichend substantiiert angegriffen (bb).

70

aa) Das Bundesverwaltungsgericht hat in der angegriffenen Entscheidung in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die für einen hinsichtlich der beiden Bahnen voneinander abhängigen Bahnbetrieb erstellte Grobplanung der Flugverfahren sowohl für die Wahl des Flughafenstandorts auf der Ebene der Landesplanung als auch für die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde über die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld ausreichend gewesen sei, um die Lärmbetroffenheiten auch bei unabhängigem Bahnbetrieb im Ergebnis vertretbar abzuschätzen. Hierdurch werden die Beschwerdeführer nicht in ihrem Grundrecht auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Das Bundesverwaltungsgericht war von Verfassungs wegen weder gehalten, die Planfeststellungsbehörde zu einer - über die Grobplanung hinausgehenden - spezifischeren Planung für verpflichtet zu halten (1), noch hat es in verfassungsrechtlich nicht hinnehmbarer Weise seine eigene Entscheidung an die Stelle jener der Planfeststellungsbehörde gesetzt (2).

71

(1) Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn eine bei der Standortwahl eines Flughafens im Rahmen der Landesplanung und der Planfeststellung zugrunde gelegte Prognose von der Rechtsprechung gebilligt wird, obwohl diese die konkreten und individuellen Betroffenheiten nicht abbildet, sondern nur nach Art und Ausmaß derart darstellt, dass sie als Abwägungsbelange in die Abwägung auf der jeweiligen Stufe eingestellt werden können. Damit ist der Belang "Lärm" hier nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts insgesamt zutreffend in der Abwägung bei der Standortbestimmung eingebracht und berücksichtigt worden.

72

Hierbei handelt es sich um eine vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich hinzunehmende Auslegung einfachen Rechts, die lediglich darauf zu überprüfen ist, ob sie Grundrechte verkennt. Dies ist nicht der Fall. Im Rahmen der Planfeststellung wird noch nicht über die Flugrouten entschieden. Unmittelbare Grundrechtsbeeinträchtigungen der Beschwerdeführer insbesondere in Gestalt von Fluglärmeinwirkungen werden damit noch nicht durch den Planfeststellungsbeschluss zugelassen, sondern entstehen erst durch die Festlegung der konkreten Flugrouten. Insoweit ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, bereits auf der Ebene der Planung eine Prognose zu fordern, die über das hier vom Bundesverwaltungsgericht Geforderte hinausgeht.

73

Insoweit trägt der Einwand nicht, das Bundesverwaltungsgericht habe Grundrechte verkannt, soweit es die von der Planfeststellungsbehörde zugrunde gelegten Prognosen unbeanstandet lässt, da sie geeignet gewesen seien, den Belang Fluglärm auch für den Fall der um 15° abknickenden Flugrouten abzubilden. Nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts ist die Sachlage auch dann mit der zugrunde gelegten Prognose vergleichbar.

74

(2) Das Bundesverwaltungsgericht hat auch nicht in verfassungsrechtlich nicht hinnehmbarer Weise seine eigene Entscheidung an die Stelle jener des Plangebers gesetzt (vgl. BVerfGK 13, 303 <316>; 16, 35 <40>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Dezember 2015 - 1 BvR 685/12 -, juris, Rn. 23), sondern lediglich das Ergebnis dieser Abwägung vor dem Hintergrund eigener Feststellungen überprüft. Verfassungsrechtlich darf das Gericht seine eigene Abwägung nicht an die Stelle jener der Planfeststellungsbehörde setzen, sondern diese nur nachvollziehen und in Teilbereichen ergänzen (vgl. BVerfGK 16, 35 <40>). Diese Anforderungen hat das Bundesverwaltungsgericht hier im Ergebnis nicht verkannt.

75

(a) Das Bundesverwaltungsgericht führt zum Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die Ermittlung der Lärmbetroffenheiten aus, dass der Träger der Landesplanung den unabhängigen Bahnbetrieb mit um bis zu 15° nach Norden oder nach Süden abknickenden Abflugrouten nicht gesondert zu betrachten brauchte. Abflugrouten in diesem Korridor würden zwar teilweise andere Gebiete betreffen als die der Berechnung zugrunde gelegten parallelen Abflugwege; diese Gebiete seien jedoch nicht oder jedenfalls nicht erheblich dichter besiedelt als diejenigen, die von parallelen Abflugrouten betroffen wären. Das ergebe sich bereits aus einer Grobanalyse der Siedlungsstruktur der Flughafenumgebung.

76

Der Plangeber hingegen ging durchaus von einer ganz bestimmten 62 dB(A) Kontur aus, die sich unter Zugrundelegung paralleler Abflugrouten ergab und die einen abgrenzbaren Personenkreis von Betroffenen umreißt. Er ermittelte die Lärmbetroffenheiten exklusiv für die parallelen Abflugrouten und stellte auch nur die daraus resultierenden Lärmbetroffenheiten ausdrücklich in seine Abwägung ein. Auch legte er die parallelen Abflugrouten bei der Bestimmung des Auslegungsgebietes ebenso zu Grunde wie bei der UVP-Prüfung "Mensch". Dabei ging der Plangeber ganz offensichtlich davon aus, dabei auch seinerseits nur eine Prognose über die Flugrouten anzustellen, ohne diese selbst schon festzulegen. Dies liegt nicht nur deshalb auf der Hand, weil es der Rechtslage des gestuften Verfahrens entspricht. Im Planfeststellungsbeschluss ist vielmehr ausdrücklich ausgeführt, die verbindliche Festlegung der An- und Abflugverfahren geschehe durch Rechtsverordnung und werde erst kurz vor Betriebsbeginn der neuen Start- und Landebahn erfolgen; zuständig sei das BAF; auch dabei sei dem Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm Rechnung zu tragen; eine Regelungsmöglichkeit sei mangels Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde, aber auch unter sachlichen Gesichtspunkten wegen der Notwendigkeit der Integration der An- und Abflugwege in das überregionale Netz nicht gegeben (so der Planfeststellungsbeschluss, S. 631). Außerdem hat sich der Plangeber Änderungen bei der Schutzgebietsausweisung für den Fall vorbehalten, dass die Flugrouten abweichend von der Prognose festgelegt werden.

77

(b) Die Planung des Flughafens ist daher trotz ihrer erkennbaren Ausrichtung auf parallele Flugrouten offensichtlich stets auf der Grundlage erfolgt, dass abweichende Flugrouten in Betracht kommen, und dass die Planung auch bei der Festlegung anderer Flugrouten Bestand haben wird. Vor diesem Hintergrund überdehnt das Bundesverwaltungsgericht den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses nicht in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise. Es hält die Flugroutenprognose insofern für repräsentativ, als sie es ihm wiederum ermöglicht, vergleichende Erwägungen zum Ausmaß der Lärmbetroffenheiten anderer anzustellen. Vielmehr vollzieht es die so verstandene Planung nach und stellt lediglich eigene Ermittlungen zur Kontrolle des Abwägungsergebnisses an, wenn es feststellt, dass Art und Ausmaß der Betroffenheiten bei abweichender Flugroutenfestlegung nicht "erheblich" anders seien (angegriffenes Urteil Rn. 57).

78

bb) Mit den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts, es könne offen bleiben, ob die Konfigurationsanalyse innerhalb des Untersuchungsfensters wegen der Nichtberücksichtigung des 15°-Erfordernisses an einem ergebnisrelevanten Abwägungsfehler leide, weil die Beschwerdeführer durch einen etwaigen Abwägungsmangel nicht in eigenen Rechten verletzt worden seien, und dies ausführlich begründet, setzen sich die Beschwerdeführer in der Verfassungsbeschwerde nicht substantiiert auseinander. Sie führen nicht aus, dass die Annahmen des Bundesverwaltungsgericht nicht zuträfen und dass sie überhaupt - und wenn ja wie - hinsichtlich eines etwaigen Abwägungsmangels durch die Konfigurationsanalyse in Art. 14 Abs. 1 GG verletzt seien. Der Vortrag der Beschwerdeführer genügt in diesem Punkt nicht den Anforderungen, die an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde zu stellen sind (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 101, 331 <346>; 102, 147 <164>).

79

3. Die Beschwerdeführer greifen mit ihrer Verfassungsbeschwerde auch den Bescheid des Landes Brandenburg - Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft vom 21. Februar 2011 an, durch den ihr Antrag auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses aus dem Jahr 2004, hilfsweise den unabhängigen Parallelbetrieb im Wege der Planergänzung zu untersagen, abgelehnt wurde. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gestaltung des Verfahrens, die zugrunde zu legende Prognose und die Fehlerunbeachtlichkeitsvorschriften wird insoweit auf die Ausführungen oben (II. 2.) verwiesen. Dass in verfassungsrechtlicher Hinsicht hier für den Planfeststellungsbeschluss etwas anderes gelten sollte oder weitere Grundrechtsverletzungen vorlägen, ist von den Beschwerdeführern jedenfalls nicht ausreichend substantiiert vorgetragen.

80

Ebenso ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den Hilfsantrag wendet. Die diesbezügliche Rüge der Beschwerdeführer beschränkt sich auf die Ausführung, dass nach der Begründung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Festsetzung der Lärmschutzzonen die vermeintlichen Verfassungsverstöße nicht durch betriebsbeschränkende Regelungen geheilt werden könnten. Damit tragen die Beschwerdeführer keine anderen Argumente vor als zum Hauptsacheantrag und stellen auch nicht hinreichend substantiiert dar, worin der verfassungsrechtliche Verstoß gerade im Hinblick auf den Hilfsantrag liegen soll.

81

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

82

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

I.

Die Anträge der Klägerinnen auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

II.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Antragsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beklagte erteilte der Beigeladenen unter dem 15. Dezember 2011 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Asphaltmischanlage zur Herstellung von bituminösem Asphaltmischgut für den Straßenbau auf dem Grundstück FlNr. 1761/3 der Gemarkung L. (A.-straße ...). Die Mischleistung der Anlage wurde auf maximal 240 t/h begrenzt. Das Baugrundstück liegt gemäß dem Bebauungsplan Nr. 634 B der Antragsgegnerin „Nördlich der D.-straße“ in einem Industriegebiet. Die Genehmigung wurde auf Antrag der Beigeladenen im förmlichen Genehmigungsverfahren (mit Öffentlichkeitsbeteiligung) erteilt.

Die Klägerin zu 1 ist Eigentümerin des Anwesens P.-straße ... (Grundstück FlNr. 1762/6 der Gemarkung L.). Die Klägerin zu 2 ist Eigentümerin des Anwesens P.-straße ... (FlNr. 1762/4 der Gemarkung L.). Dem Bebauungsplan Nr. 634 B demzufolge liegen auch diese Grundstücke in einem Industriegebiet. Die Grundstücke der Klägerinnen liegen östlich des verfahrensgegenständlichen Betriebsgrundstücks und sind von diesem durch ein Industriegleis getrennt. Die Klägerin zu 1 lässt auf ihrem Grundstück Farbpigmente mischen; die Klägerin zu 2 stellt Hightechgarne her.

Im förmlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nahmen die Klägerinnen keine Einsicht in die ausgelegten Unterlagen und erhoben keine Einwendungen. Ihre Anfechtungsklagen wurden vom Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg wegen eingetretener Verwirkungspräklusion abgewiesen (Urteil vom 8.3.2013).

Die Klägerinnen haben die Zulassung der Berufung beantragt.

Die Beklagte und die Beigeladene haben die Ablehnung dieser Anträge beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerinnen (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) lassen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht hervortreten.

1. Die Angriffe der Klägerinnen gegen die öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens der Beigeladenen rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht. Aus ihnen ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils noch besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO).

Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG und § 8 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV hat die Genehmigungsbehörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Nach § 9 Abs. 1 der 9. BImSchV muss die Bekanntmachung neben den Angaben nach § 10 Abs. 4 BImSchG die in § 3 der 9. BImSchV bezeichneten Angaben und den Hinweis auf die Auslegungs- und die Einwendungsfrist unter Angabe des jeweils ersten und letzten Tages enthalten. Zu den von § 3 der 9. BImSchV geforderten Angaben gehören unter anderem 4. Angaben über Art und Umfang der Anlage und 5. die Angabe, zu welchem Zeitpunkt die Anlage in Betrieb genommen werden soll.

Die Beklagte hat im vorliegenden Fall in der öffentlichen Bekanntmachung unter anderem darauf hingewiesen, dass der Antrag der Beigeladenen im Wesentlichen folgendes beinhaltet:

„Mischanlage zur Asphaltherstellung mit einer Produktionsleistung von ca. 240 t/h;

Rohstoff-, Material- und Brennstoffläger;

Mischgutverladesilos mit Fahrzeugwaagen;

Brech- und Siebanlage für Ausbauasphalt;

Steuerkabine, Verwaltungsgebäude und Sozialgebäude.“

Es wurde ferner unter anderem darauf hingewiesen, dass die Auslegungsfrist am 21. März 2011 beginnt und am 21. April 2011 endet und dass Einwendungen bis spätestens 5. Mai 2011 schriftlich zu erheben sind.

Entgegen den Darlegungen der Klägerinnen kommt in dem Bekanntmachungstext zum Ausdruck, dass auch Ausbauasphalt mit Hilfe einer Brecheranlage aufbereitet werden soll und dass Rohstoff-, Material- und Brennstoffläger errichtet werden sollen. Woraus sich eine normative Verpflichtung der Beklagten ergeben soll, zusätzlich zur Angabe des Umfangs der Gesamtanlage (Produktionsleistung von ca. 240 t/h) noch Angaben zum Umfang einzelner Komponenten (hier der Brecheranlage) zu machen, legen die Klägerinnen nicht dar. Die Klägerinnen weisen zwar zu Recht darauf hin, dass in der Bekanntmachung die dem Verordnungswortlaut nach vorgeschriebene Angabe des ersten Tages der Einwendungsfrist fehlt. Dies ist jedoch deshalb unschädlich, weil es nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck von § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG „bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist“ keinen rechtlichen Gesichtspunkt gibt, eine während der einmonatigen Auslegungsfrist, also nicht erst in den beiden folgenden Wochen, erhobene Einwendung als unzulässig anzusehen (vgl. zum Meinungsstand Jarras, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 10 Rn. 74 m. w. N.). Mit dem Hinweis der Klägerinnen auf die gegenteilige Auffassung von Dietlein in Landmann/Rohmer, § 10 BImSchG Rn. 150 wird diese Rechtsauffassung nicht infrage gestellt, weil keine schlüssigen Gegenargumente vorgetragen werden. So betrachtet hätte der Hinweis auf einen ersten Tag der Einwendungsfrist nach Ablauf der Auslegungsfrist für potentielle Einwendungsführer eine nicht gerechtfertigte Erschwernis bedeutet, von der die Beklagte zu Recht abgesehen hat. Die Klägerinnen weisen schließlich zutreffend darauf hin, dass der Zeitpunkt, zu dem die Anlage in Betrieb genommen werden soll, ebenfalls nicht ausdrücklich genannt ist. Aus ihren Darlegungen ergibt sich jedoch nicht, dass dem Bekanntmachungstext entnommen werden könnte, dass dies erst wesentlich später als nach Bestandskraft der Genehmigung der Fall sein könnte und dass insofern bei den Klägerinnen irrige Vorstellungen entstanden sein könnten.

Die Darlegungen der Klägerinnen lassen die öffentliche Bekanntmachung des strittigen Vorhabens somit nicht mangelhaft erscheinen. Es liegt insofern keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vor.

2. Die Klägerinnen tragen ferner vor, dass die öffentliche Auslegung der Unterlagen nicht während der gesamten Dienststunden des Umweltamts der Beklagten erfolgt sei und dass deshalb die Präklusionswirkung nicht habe eintreten können. Die Klägerinnen schließen dies daraus, dass die Beklagte selbst vor dem Verwaltungsgericht erklärt habe, dass es sich bei den in der öffentlichen Bekanntmachung genannten „üblichen Parteiverkehrszeiten“ um die Öffnungszeiten des Umweltamts gehandelt habe; Öffnungszeiten seien aber gerade nicht dasselbe wie Dienststunden. Dieses Vorbringen rechtfertigt die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht.

Die Schlussfolgerung der Klägerinnen trifft nämlich nicht zu. Dem Bekanntmachungstext der Beklagten zufolge war die Einsichtnahme in die Unterlagen von Montag bis Mittwoch zwischen 07.30 Uhr und 16.30 Uhr, am Donnerstag zwischen 07.30 Uhr und 17.30 Uhr und am Freitag zwischen 07.30 Uhr und 12.00 Uhr möglich. Lediglich die Möglichkeit von Rückfragen war auf die Kernzeit (Montag bis Mittwoch von 08.30 Uhr bis 15.00 Uhr, am Donnerstag von 08.30 Uhr bis 16.00 Uhr und am Freitag von 08.30 Uhr bis 12.00 Uhr) beschränkt, vorbehaltlich anderweitiger telefonischer Vereinbarung. Die Einsichtnahme in die Unterlagen - und dies ist hier das Entscheidende - war danach während der gesamten im öffentlichen Dienst üblichen Dienstzeiten möglich. Aus dem Vortrag der Klägerinnen ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass sich die Beklagte nicht an ihre eigene öffentliche Bekanntmachung gehalten hat. Dass die öffentliche Auslegung der Unterlagen die ständige Möglichkeit von Rückfragen erfordern würde, ist weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.

3. Die Klägerinnen machen geltend, dass die ausgelegten Unterlagen völlig unzureichend gewesen seien. Sie hätten nicht die erforderlichen Angaben über die Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft und die Allgemeinheit enthalten; deshalb habe die Präklusion von Einwendungen nicht eintreten können. Auch dieses Vorbringen rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Die geltend gemachten Zulassungsgründe ergeben sich aus den diesbezüglichen Darlegungen der Klägerinnen nicht.

Nach § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG, § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der 9. BImSchV sind der Antrag sowie die beigefügten Unterlagen auszulegen, die die Angaben über die Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft und die Allgemeinheit enthalten. Darüber hinaus sind, soweit vorhanden, die entscheidungserheblichen sonstigen der Genehmigungsbehörde vorliegenden behördlichen Unterlagen zu dem Vorhaben auszulegen, die Angaben über die Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft und die Allgemeinheit oder Empfehlungen zur Begrenzung dieser Auswirkungen enthalten. Danach sind nicht alle nach § 4a bis § 4e i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV erforderlichen Unterlagen auszulegen; Maßstab ist vielmehr allein § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG i. V. m. § 10 der 9. BImSchV. Die Einwendungspräklusion kann nur dann eintreten, wenn die ausgelegten Unterlagen die Betroffenen über Art und Ausmaß ihrer möglichen Betroffenheit hinreichend genau informieren. Die Betroffenen müssen sich also ein ausreichendes Bild darüber verschaffen können, ob und mit welchen Gefährdungen sie zu rechnen haben, und sich so darüber schlüssig werden können, ob sie sich am Genehmigungsverfahren beteiligen wollen oder nicht (BVerwG, U.v. 17.7.1980 - 7 C 101.78 - BVerwGE 60, 297/307). Diesen Anforderungen werden die ausgelegten Unterlagen gerecht.

Die Klägerinnen meinen, dass zu den erforderlichen Angaben über die Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft wegen der hauptsächlich vorhandenen diffusen Emissionsquellen (Brecheranlage, Siebanlage, Ausbauasphaltlagerung, Transportvorgänge) zwingend eine Staubimmissionsprognose, ferner eine Geruchsimmissionsprognose und schließlich eine Erschütterungsimmissionsprognose speziell für den Nahbereich und zudem hierfür auch eine bauplanungsrechtliche Beurteilung gehören würden. Dies trifft jedoch nicht zu. Die Klägerinnen machen insofern Ermittlungsdefizite geltend. Darauf kommt es aber nicht maßgeblich an. Der Eintritt der Präklusionswirkung setzt keine fehlerfreien Auslegungsunterlagen voraus; eine derartige Forderung würde dem Zweck des Einwendungsverfahrens widersprechen, einer frühzeitigen Fehlererkennung und Fehlerbehebung zu dienen (vgl. auch BVerwG, U.v. 14.7.2011 - 9 A 14/10 - NVwZ 2012, 180/182, wonach etwaige Defizite der Bestandserfassung oder -bewertung hinsichtlich besonders geschützter Arten in den Planunterlagen den Einwendungsausschluss nicht verhindern). Es ist geradezu das Ziel der Erhebung von Einwendungen, die Genehmigungsbehörde dazu zu veranlassen, bestimmte Belange in bestimmter Hinsicht noch einer näheren Betrachtung zu unterziehen (BVerwG, U.v. 30.1.2008 - 9 A 27/66 - NVwZ 2008, 678, 679). Es kann sich dann lediglich die Frage stellen, wie konkret der jeweilige Betroffene in Anbetracht einer möglicherweise mangelnden Ausführlichkeit der Planunterlagen mit seinem Einwendungsschreiben hätte vortragen müssen, nicht aber die Frage, ob die befürchteten schädlichen Umwelteinwirkungen überhaupt hätten thematisiert werden müssen.

Voraussetzung für den Eintritt der Präklusionswirkung ist allerdings, dass nach der öffentlichen Auslegung der Unterlagen für die Betroffenen überhaupt Anlass bestand, die Möglichkeit von Beeinträchtigungen durch schädliche Umwelteinwirkungen wie Staub, Gerüche oder Erschütterungen durch die strittige Anlage in Betracht zu ziehen (vgl. zu dieser Anforderung BayVGH, B.v. 22.3.2012 - 22 ZB 12.149 - Rn. 14, im Zusammenhang mit Bioaerosolen). Daran besteht im vorliegenden Fall kein Zweifel. Das ausgelegte Gutachten zur Luftreinhaltung der Firma M.-... GmbH spricht die von den Klägerinnen genannten Themen der Vermeidung von Immissionen aus diffusen Quellen, der Behandlung von Abgasen, die organische Stoffe enthalten, der Minderung von staubförmigen Emissionen beim Transport, Lagern und Dosieren deutlich an (vgl. S. 16 ff., S. 37 ff.). Die von den Klägerinnen befürchteten Erschütterungen durch Abladevorgänge sind in dem Gutachten zur Luftreinhaltung ebenfalls thematisiert, weil die Abladevorgänge angesprochen sind. Ihre eigene bebauungsrechtliche Lage im Nahbereich der strittigen Asphaltmischanlage konnten die Klägerinnen anhand des ausgelegten Lageplans erkennen. Angesichts dessen bedarf es der Zulassung der Berufung nicht, weder unter dem Gesichtspunkt der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils noch unter dem Gesichtspunkt der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und die behauptete Divergenz sind ebenfalls nicht dargelegt (vgl. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO).

Offen bleiben kann angesichts dieses Ergebnisses, ob Mängel der ausgelegten Unterlagen nach Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich sind, wenn nicht ersichtlich ist, welche Einwendungen durch derartige Mängel verhindert worden sein könnten (vgl. dazu BVerwG, B.v. 11.8.2006 - 9 VR 5/06 -, NVwZ 2006; 1170). Ein solcher Fall ist hier gegeben, weil die Klägerinnen auf den Befassungsanstoß durch die öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens nicht reagiert und keine Einsicht in die ausgelegten Unterlagen genommen haben, so dass sie von diesen überhaupt nicht beeinflusst worden sein können. Weil es auf diese Fragestellung aber nicht entscheidungserheblich ankommt, können sich aus ihr auch keine Gründe für die Zulassung der Berufung ergeben.

4. Die Klägerinnen sind der Auffassung, die mangelnde Bestimmtheit eines Genehmigungsbescheids (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) ungeachtet des Eintritts der Verwirkungspräklusion mit Erfolg geltend machen zu können. Auch dann, wenn die ausgelegten Antragsunterlagen in gleicher Weise unbestimmt gewesen seien, habe kein Anlass bestanden, dies im Anhörungsverfahren geltend zu machen. Erst die Immissionsschutzbehörde habe die Aufgabe, den Genehmigungsbescheid entsprechend den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Bestimmtheit, Rechtsklarheit und Widerspruchsfreiheit zu gestalten. Der Verwaltungsgerichtshof lässt offen, ob diese Rechtsauffassung zutrifft, weil die Frage nicht entscheidungserheblich ist. Mangels Entscheidungserheblichkeit können in Bezug auf diese Frage auch keine Zulassungsgründe vorliegen.

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen ist der angefochtene Bescheid nämlich auch hinsichtlich der Begrenzung der Jahreskapazität der strittigen Asphaltmischanlage auf 120.000 t hinreichend bestimmt (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG).

Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass der angefochtene Genehmigungsbescheid die Jahreskapazität der strittigen Asphaltmischanlage offen gelassen habe und deshalb zu unbestimmt sei. Die Festlegung allein einer Stundenkapazität von maximal 240 t auf Seite 2 des angefochtenen Bescheids sei nicht ausreichend, da sich hieraus keine Jahreskapazität ermitteln lasse. Die immissionsschutzfachlichen Gutachten, die der angefochtenen Genehmigung zugrunde lägen, gingen aber von einer Jahreskapazität von lediglich 120.000 t aus.

Wie die Klägerinnen zu Recht annehmen, ist die hinreichende Bestimmtheit der Festsetzung der Jahreskapazität im vorliegenden Fall für den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen bedeutsam. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund des vorgesehenen „Just-in-time-Betriebs“, wonach die Asphaltmischanlage nicht kontinuierlich betrieben wird; der rechtlich mögliche Betriebsumfang muss daher definiert werden (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 4 der 4. BImSchV). Eine verlässliche immissionsschutzfachliche und -rechtliche Beurteilung ist nur auf der Grundlage einer hinreichend bestimmten Jahreskapazität möglich. Eine solche ist im vorliegenden Fall aber gegeben.

Der Umfang einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung kann sich aus den genehmigten Planunterlagen ergeben (vgl. auch BayVGH, B.v. 12.3.2014 -22 ZB 13.2381 - Rn. 15). So liegt der Fall hier. Das von der Beigeladenen vorgelegte Lärmschutzgutachten und das von ihr ebenfalls vorgelegte Luftreinhaltungsgutachten enthalten beide den Satz: „Bei einer vorgesehenen Jahresproduktionsmenge von ca. 120.000 t und einer Produktionsleistung von 240 t/h ergeben sich 500 Volllastbetriebsstunden im Jahr“. Auf dem Vorblatt des Lärmschutzgutachtens steht ausdrücklich, dass die im Gutachten genannten Betriebszeiten Bestandteil des Genehmigungsantrags sind (vgl. Bl. 112 der Behördenakten). Gemäß Nr. III.11 und 13 des angefochtenen Genehmigungsbescheids liegen sowohl das Lärmschutzgutachten als auch das Luftreinhaltungsgutachten dieser Genehmigung zugrunde. Sie sind jeweils mit einem Genehmigungsvermerk versehen. Darüber hinaus endet Nr. III des angefochtenen Genehmigungsbescheids mit folgendem Satz: „Soweit die vorgenannten Unterlagen durch Auflagen nach Abschnitt IV dieses Bescheids geändert oder ergänzt wurden, sind sie nur in der abgeänderten oder ergänzten Form Gegenstand dieses Bescheides“. Daraus lässt sich im Umkehrschluss entnehmen, dass Unterlagen, die nicht nach Nr. IV dieses Bescheids geändert oder ergänzt worden sind, mit ihrem bisher bestehenden Inhalt Gegenstand dieses Bescheids sind.

Die Klägerinnen haben insofern zwar zu Recht auf die verunklarende Beifügung des Wörtchens „ca.“ bei der Begrenzung der Jahreskapazität auf 120.000 t aufmerksam gemacht. Dieser Zusatz darf aber nicht überbewertet werden. Vor allem darf er gerade im Zusammenhang mit seiner Verwendung in immissionsschutzfachlichen Gutachten nicht so ausgelegt werden, dass er die Möglichkeit zu einer immissionsschutzfachlich und -rechtlich relevanten Betriebsausweitung schafft. Für die Beigeladene könnte es zwar unter Umständen wirtschaftlich von Interesse sein, bei entsprechender Nachfrage die Begrenzung der Jahreskapazität auf 120.000 t zu überschreiten und damit die immissionsschutzfachliche Ausgangssituation zu verändern. Dies ist nach Sinn und Zweck der hier zu beurteilenden Regelung offensichtlich nicht zulässig. Bei einer Betrachtung der in den immissionsschutzfachlichen Gutachten verwendeten Formulierung fällt zudem auf, dass die Beifügung „ca.“ nur im Zusammenhang mit der Angabe „120.000 t“ erscheint, aber nicht mehr bei der daraus gezogenen Konsequenz, dass sich hieraus bei einer Produktionsleistung von maximal 240 t/h 500 Volllastbetriebsstunden im Jahr ergeben. Im Zusammenhang mit der Begrenzung auf 500 Volllastbetriebsstunden im Jahr wird die Beifügung „ca.“ nicht mehr verwendet. Auch hieraus ergibt sich eine hinreichend bestimmte Beschränkung des Betriebsumfangs.

Die Frage der immissionsschutzfachlichen und -rechtlichen Konsequenzen der durch die Beigeladene erfolgenden Aufteilung dieser Volllastbetriebsstunden auf einzelne Betriebszyklen, die die Klägerinnen in diesem Zusammenhang aufgeworfen haben, ist keine Frage der hinreichenden Bestimmtheit des Genehmigungsbescheids, sondern der immissionsschutzfachlichen und -rechtlichen Beurteilung des vorgesehenen „Just-in-time-Betriebs“. Diesbezüglich haben die Klägerinnen aber im Anhörungsverfahren keine Einwendungen erhoben (s. oben).

Sollte die Beigeladene die Grenze von 500 Volllastbetriebsstunden im Jahr überschreiten, läge ein Betrieb ohne erforderliche Genehmigung vor, der nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG von der Beklagten zu unterbinden wäre.

Diese Auslegung des angefochtenen Genehmigungsbescheids wirft keine zulassungsbedürftigen Rechtsfragen auf.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; wie Vorinstanz.

(1) Ist für Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 nach den geltenden Rechtsvorschriften keine öffentliche Bekanntmachung vorgeschrieben, so hat die zuständige Behörde die im Einzelfall getroffene Entscheidung mit Rechtsbehelfsbelehrung einer oder mehreren genau zu bezeichnenden Personen oder Vereinigungen bekannt zu geben, wenn dies beantragt wird

1.
vom Antragsteller des Verwaltungsaktes nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder
2.
von demjenigen, an den die Behörde den Verwaltungsakt nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 gerichtet hat.
Die Kosten der Bekanntgabe hat der Antragsteller zu tragen.

(2) Über Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 oder deren Unterlassen entscheidet im ersten Rechtszug das Oberverwaltungsgericht, auch wenn kein Fall des § 47 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 der Verwaltungsgerichtsordnung vorliegt. Ist eine Gestaltungs- oder Leistungsklage oder ein Antrag nach § 47 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht statthaft, ist § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden. Bei länderübergreifenden Plänen und Programmen ist das Oberverwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde, die die Entscheidung über die Annahme des Plans oder Programms getroffen hat, ihren Sitz hat.

(3) Hat eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 in einem Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Gelegenheit zur Äußerung gehabt, ist sie im Verfahren über den Rechtsbehelf nach Absatz 2 mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können. Satz 1 gilt nicht für Verfahren zur Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bebauungsplänen nach § 10 des Baugesetzbuches.

(4) Im Rechtsbehelfsverfahren gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b findet § 73 Absatz 4 Satz 3 bis 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, auch in den Fällen seines Absatzes 8, keine Anwendung.

(5) Eine Verletzung materieller Rechtsvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Satz 1 gilt nicht im Anwendungsbereich des § 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(6) Absatz 2 Satz 1 und 3 sowie die Absätze 4 und 5 gelten auch für Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1.

(1) Dieses Gesetz gilt für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2, die nach dem 25. Juni 2005 ergangen sind oder hätten ergehen müssen. Abweichend von Satz 1 ist § 6 nur auf solche in Satz 1 genannten Rechtsbehelfe anzuwenden, die nach dem 28. Januar 2013 erhoben worden sind.

(2) Dieses Gesetz gilt für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 6,

1.
die am 2. Juni 2017 noch keine Bestandskraft erlangt haben oder
2.
die nach diesem Zeitpunkt ergangen sind oder hätten ergehen müssen.

(3) Folgende Anerkennungen gelten als Anerkennungen im Sinne dieses Gesetzes fort:

1.
Anerkennungen
a)
nach § 3 dieses Gesetzes in der Fassung vom 28. Februar 2010,
b)
nach § 59 des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung vom 28. Februar 2010 und
c)
auf Grund landesrechtlicher Vorschriften im Rahmen des § 60 des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung vom 28. Februar 2010,
die vor dem 1. März 2010 erteilt worden sind, sowie
2.
Anerkennungen des Bundes und der Länder nach § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes in der bis zum 3. April 2002 geltenden Fassung.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Überschwemmungsgebiete sind Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden. Dies gilt nicht für Gebiete, die überwiegend von den Gezeiten beeinflusst sind, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Landesregierung setzt durch Rechtsverordnung

1.
innerhalb der Risikogebiete oder der nach § 73 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 zugeordneten Gebiete mindestens die Gebiete, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist, und
2.
die zur Hochwasserentlastung und Rückhaltung beanspruchten Gebiete
als Überschwemmungsgebiete fest. Gebiete nach Satz 1 Nummer 1 sind bis zum 22. Dezember 2013 festzusetzen. Die Festsetzungen sind an neue Erkenntnisse anzupassen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(3) Noch nicht nach Absatz 2 festgesetzte Überschwemmungsgebiete sind zu ermitteln, in Kartenform darzustellen und vorläufig zu sichern.

(4) Die Öffentlichkeit ist über die vorgesehene Festsetzung von Überschwemmungsgebieten zu informieren; ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sie ist über die festgesetzten und vorläufig gesicherten Gebiete einschließlich der in ihnen geltenden Schutzbestimmungen sowie über die Maßnahmen zur Vermeidung von nachteiligen Hochwasserfolgen zu informieren.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Ist für Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 nach den geltenden Rechtsvorschriften keine öffentliche Bekanntmachung vorgeschrieben, so hat die zuständige Behörde die im Einzelfall getroffene Entscheidung mit Rechtsbehelfsbelehrung einer oder mehreren genau zu bezeichnenden Personen oder Vereinigungen bekannt zu geben, wenn dies beantragt wird

1.
vom Antragsteller des Verwaltungsaktes nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder
2.
von demjenigen, an den die Behörde den Verwaltungsakt nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 gerichtet hat.
Die Kosten der Bekanntgabe hat der Antragsteller zu tragen.

(2) Über Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 oder deren Unterlassen entscheidet im ersten Rechtszug das Oberverwaltungsgericht, auch wenn kein Fall des § 47 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 der Verwaltungsgerichtsordnung vorliegt. Ist eine Gestaltungs- oder Leistungsklage oder ein Antrag nach § 47 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht statthaft, ist § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden. Bei länderübergreifenden Plänen und Programmen ist das Oberverwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde, die die Entscheidung über die Annahme des Plans oder Programms getroffen hat, ihren Sitz hat.

(3) Hat eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 in einem Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Gelegenheit zur Äußerung gehabt, ist sie im Verfahren über den Rechtsbehelf nach Absatz 2 mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können. Satz 1 gilt nicht für Verfahren zur Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bebauungsplänen nach § 10 des Baugesetzbuches.

(4) Im Rechtsbehelfsverfahren gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b findet § 73 Absatz 4 Satz 3 bis 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, auch in den Fällen seines Absatzes 8, keine Anwendung.

(5) Eine Verletzung materieller Rechtsvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Satz 1 gilt nicht im Anwendungsbereich des § 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(6) Absatz 2 Satz 1 und 3 sowie die Absätze 4 und 5 gelten auch für Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1.

Tenor

I. Der am 8. August 2014 öffentlich bekannt gemachte Bebauungsplan Nr. ... „Zwischen der D... Straße und der B...straße“ mit Grünordnungsplan der Stadt A... ist unwirksam.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und 2. Die Beigeladene zu 3 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragsteller wenden sich als Eigentümer unmittelbar planungsbetroffener Grundstücke gegen den von der Antragsgegnerin als Satzung beschlossenen und am 8. August 2014 bekannt gemachten Bebauungsplan Nr. ... „Zwischen der D... Straße und der B...straße“ mit Grünordnungsplan.

Mit dem streitgegenständlichen (einfachen) Bebauungsplan, der auf Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung und zur überbaubaren Grundstücksfläche verzichtet, sollen laut seiner Begründung u.a. vorhandenen Betrieben Bestandssicherheit und Entwicklungspotenziale gegeben, unbebaute Bereiche entlang der Paar und des G...bachs durch Schaffung von Grünflächen / Parkanlagen mit öffentlicher Zweckbestimmung gesichert und der Paartalraum als Erlebnis- und extensiver Erholungsraum unter Vernetzung von Fuß- und Radwegen entwickelt werden.

Der Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst eine ca. 85.000 m² große Fläche zwischen dem F... der Paar im Westen, der D... Straße im Norden, dem G...bach im Osten sowie der B...straße im Süden. Mittig im Plangebiet verläuft von Süd nach Nord die Paar. Im nördlichen Planbereich werden Gewerbeflächen festgesetzt, und zwar die Gebiete „GE 1“ und „GE 2“ westlich der Paar sowie das Gebiet „GE 3“, das sich vom Ostufer der Paar auf ca. 100 m nach Osten in Richtung des G...bachs erstreckt. Mit dem „GE 3“ wird im Wesentlichen das im Eigentum der Antragstellerin zu 1 stehende Grundstück FlNr. ... der Gemarkung A... überplant, auf dem sich ein Getreidemühlenbetrieb („A...“) befindet. Für das „GE 3“ bzw. die FlNr. ... findet sich unter Nr. 2.2.5 der textlichen Festsetzungen eine auf § 1 Abs. 10 BauNVO gestützte Regelung, wonach unter dort näher beschriebenen Voraussetzungen „für den bestehenden Betrieb der... (A...) (...) im Rahmen des erweiternden Bestandsschutzes gem. § 1 Abs. 10 BauNVO“ eine Erweiterung, Änderung, Erneuerung sowie eine Nutzungsänderung ausnahmsweise zulässig ist. Der südliche Bereich der FlNr. ... ist als private Grünfläche ausgewiesen. Im mittleren Planungsbereich auf FlNr. ... der Gemarkung A... sowie FlNr. ... und ... der Gemarkung A... sieht der Bebauungsplan ebenso wie beidseits entlang der Paar und entlang des Westufers des G...baches durchwegte öffentliche Grünflächen vor. Im südlichen und südwestlichen Planbereich sind Mischgebietsnutzungen, im südöstlichen Bereich auf FlNr. ... und FlNr. ... der Gemarkung A... ist ein allgemeinen Wohngebiet festgesetzt. Unter Nr. 11 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans finden sich textliche Festsetzungen zur Grünordnung.

Im Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses vom 27. Januar 2005 umfasste das Plangebiet im Westen zunächst auch den Bereich zwischen dem F... und der Bahnlinie, der später vom streitgegenständlichen Bebauungsplan abgekoppelt und zum Gegenstand der Bauleitplanung für einen eigenständigen Bebauungsplan wurde. Nachdem der Stadtrat der Antragsgegnerin am 29. November 2007 beschlossen hatte, ein beschleunigtes Verfahren „Bebauungspläne der Innenentwicklung“ gem. § 13a BauGB durchzuführen, waren in der Folgezeit jeweils zuvor vom Stadtrat gebilligte und sodann öffentlich ausgelegte Planentwürfe Gegenstand von Verfahren der Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange. Die Antragsteller erhoben jeweils im Rahmen der vorgesehenen Fristen Einwendungen. In seiner Sitzung vom 24. Juli 2014 beschloss der Stadtrat den Bebauungsplan Nr. ... „Zwischen der D... Straße und der B...straße“ mit Grünordnungsplan als Satzung. Nachdem der erste Bürgermeister die Planzeichnung im Anschluss an den Satzungsbeschluss bereits unter dem Datum des 28. Juli 2014 unterschrieben hatte, setzte er erneut unter der Rubrik „Ausgefertigt“ seine Unterschrift mit der Datumsangabe 30. Juli 2014 auf die Planzeichnung. Die aus mehreren Einzelblättern bestehenden und zusammen mit der Planzeichnung in einem sog. Schnellhefter abgehefteten textlichen Festsetzungen tragen auf Seite 12 die Unterschrift des ersten Bürgermeisters mit der Datumsangabe 1. August 2014. Der Bebauungsplan wurde am 8. August 2014 bekannt gemacht.

Im Rahmen ihrer am 7. August 2015 beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Normenkontrollanträgen tragen die Antragsteller u.a. vor: Der Bebauungsplan sei nicht ordnungsgemäß ausgefertigt worden. Das Verfahren gemäß § 13a BauGB sei unstatthaft gewesen. Die bloße Ausweisung als Gewerbegebiet schränke die Nutzung und die Betriebsentwicklung der A... unangemessen ein. Eine marktausgerichtete und markterforderliche Entwicklung werde dazu führen, dass der Betrieb künftig auf höhere Vermahlungsmengen angewiesen sei und wieder in den Anwendungsbereich des Bundes-Immissionsschutzgesetzes falle. Der Betrieb sei unter Berücksichtigung eines großräumigen Kunden- und Absatzgebiets in Deutschland und Österreich auf industrielle Fertigungsprozesse und Abläufe im dauerhaften Vermahlungsbetrieb angewiesen. Ein bloßes Gewerbegebiet anstelle einer gebotenen Ausweisung als Industriegebiet verkenne den Charakter des Betriebs, der der Industrie- und Handelskammer zugeordnet sei. Die textliche Festsetzung Nr. 2.2.5, die sich auf das festgesetzte Gewerbegebiet beziehe, sei fehlerhaft den Regelungen für das Mischgebiet zugeordnet. Aus der Festsetzung öffentlicher und privater Grünflächen z.T. mit öffentlichen Wegeflächen folge eine unzumutbare Einschränkung für die Entwicklungsmöglichkeit des Betriebs der A... sowie für bauliche Entwicklungen und sonstige Nutzungen auf den Grundstücken der Antragsteller. Ihnen werde insofern ein – auch gegen das Gleichheitsgebot verstoßendes – Sonderopfer abverlangt.

Die Antragsteller beantragen,

den am 8. August 2014 bekannt gemachten Bebauungsplan Nr. ... „Zwischen D... Straße und der B...straße“ der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären, soweit er den Bereich der im Eigentum der Antragstellerin zu 1 stehenden Grundstücke FlNr. ..., ..., ..., ..., ... der Gemarkung A... und FlNr. ... der Gemarkung A..., der im Eigentum des Antragstellers zu 2 stehenden Grundstücke FlNr. ..., ... der Gemarkung A... sowie der im Eigentum der Antragstellerin zu 3 stehenden Grundstücke FlNr. ... der Gemarkung A... und FlNr. ... der Gemarkung A... betrifft.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Aus der Begründung des Bebauungsplans ergebe sich, dass hier zu Recht das Verfahren gem. § 13a BauGB gewählt worden sei. Die Festsetzung eines Gewerbegebiets und keines Industriegebiets auf FlNr. ... berücksichtige die Lärmsituation im Plangebiet und in den angrenzenden Gebieten. Die Erweiterungsinteressen des Betriebs der „A...“ seien durch die „Fremdkörperfestsetzung“ in Nr. 2.2.5 der textlichen Festsetzungen hinreichend berücksichtigt worden. Diese Regelung sei erst nach der letzten öffentlichen Auslegung der Planunterlagen gem. § 4a Abs. 3 BauGB auf die Einwendung der Antragsteller in die Satzung mit aufgenommen worden. Zu diesem Zeitpunkt sei aber der betroffene Bereich nicht durch einen industriespezifischen Betrieb geprägt gewesen. Im Übrigen führe allein der Umstand einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht nicht automatisch zu einer Industriegebietstypik. Unter dem Blickwinkel eines atypischen Betriebs sei die „Fremdkörperfestsetzung“ bei Beibehaltung der „GE-Festsetzung“ im Übrigen getroffen worden. Dass die Ausweisung eines Industriegebiets nicht in Betracht komme, sei im Planungsverfahren hinreichend klar zum Ausdruck gebracht worden. Ein solches wäre mit der umgrenzenden Nachbarschaft nicht in Einklang zu bringen. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass der Stadtrat im Zweifel ein Gewerbegebiet auch ohne die textliche Festsetzung Nr. 2.2.5 – sollte diese unwirksam sein – getroffen hätte. Die festgesetzten Grünflächen eigneten sich u.a. zur Verwirklichung der Ziele des Arten- und Biotopschutzprogramms für den Landkreis A...-Friedberg und eines seit vielen Jahren verfolgten stadteigenen Entwicklungsprogramms zum Paartalraum. Diesen Zielen, die sachlogisch – und deshalb im Einklang mit dem Gleichheitssatz – nur auf Flächen mit bestimmten Merkmalen und in bestimmten Lagen gegen Kompensation des Wertverlusts umzusetzen seien, sei der Vorrang vor den Eigentümerinteressen an einer baulichen Nutzung der Flächen eingeräumt worden.

Die Beigeladenen zu 1 und 2 beantragen,

den streitgegenständlichen Bebauungsplan für unwirksam zu erklären.

Die Beigeladene zu 3 stellt keinen Antrag. Die Landesanwaltschaft stellt ebenfalls keinen Antrag. Sie hat als Vertreter des öffentlichen Interesses Stellungnahmen des Sachgebiets Wasserrecht des Landratsamts A...-Friedberg sowie eine Äußerung einer vormals am Landratsamt A...-Friedberg zuständigen Naturschutzfachkraft vorgelegt und vertritt unter Anregung einer Vorlage an den Großen Senat die Auffassung, dass kein Ausfertigungsmangel vorliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der vorgelegten Planungsakten der Antragsgegnerin und der sonstigen beigezogenen Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 4. August 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die Normenkontrollanträge der Antragsteller sind zulässig und begründet.

1. Die Antragsteller, die nach § 47 Abs. 2a VwGO ihre Einwendungen im Planungsverfahren rechtzeitig erhoben und ihre Normenkontrollanträge innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt haben, sind antragsbefugt. Nach dieser Bestimmung kann den Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch den Bebauungsplan oder dessen Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Eine solche Rechtsverletzung kommt vorliegend in Betracht, weil sich die Antragsteller gegen die Überplanung in ihrem Eigentum stehender Grundstücke wenden. Eigentümer eines Grundstücks, für das ein Bebauungsplan Festsetzungen trifft, sind mit Blick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG grundsätzlich antragsbefugt (vgl. BVerwG, B.v. 20.9.2005 – 4 BN 46.05 – BauR 2006, 352 = juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 28.4.2017 – 15 N 15.967 – juris Rn. 31 m.w.N.).

2. Die Normenkontrollanträge haben in der Sache Erfolg.

a) Der Änderungsbebauungsplan ist bereits aufgrund eines von Amts wegen zu prüfenden, gegen Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO verstoßenden Ausfertigungsmangels formell unwirksam. Dabei muss der Senat der Frage nicht nachgehen, ob ein Formfehler auch darin zu sehen ist, dass die textlichen Festsetzungen und die Planzeichnung unter unterschiedlichen Datumsangaben ausgefertigt worden sind (die textliche Festsetzungen auf Seite 12 unter dem 1. August 2014, die Planzeichnung unter dem 30. Juli 2014 bzw. bereits unter dem 28. Juli 2014). Ein Formverstoß gegen Art. 26 Abs. 2 GO ist jedenfalls darin zu sehen, dass die einzelnen zwölf Blätter der nur auf Seite 12 ausgefertigten textlichen Festsetzungen nur lose in einem Schnellhefter miteinander verbunden sind, ohne dass durch hinreichende Bezugnahme der einzelnen Seiten aufeinander gesichert ist, dass der sog. „Identitätsfunktion“ bzw. „Beurkundungs- und Gewährleistungsfunktion“ der Ausfertigungsunterschrift Genüge getan wurde.

Bebauungspläne sind Satzungen (§ 10 Abs. 1 BauGB) und als solche nach Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO auszufertigen. Dies gebietet das in Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 BV verfassungsrechtlich verankerte Rechtsstaatsprinzip, das die Identität der anzuwendenden Norm und ihres Inhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen verlangt. Durch die Ausfertigung wird die Satzung als Originalurkunde hergestellt, die den Willen des Normgebers nach außen wahrnehmbar macht; zudem wird bestätigt und sichergestellt, dass der Inhalt des als Satzung beschlossenen Bebauungsplans mit dem Willen des Gemeinderats übereinstimmt (sog. „Identitätsfunktion“ bzw. „Beurkundungs- und Gewährleistungsfunktion“). Darüber hinausgehende Anforderungen stellt das Bundesrecht nicht; Regelungen über Art, Inhalt und Umfang der Ausfertigung richten sich allein nach Landesrecht (zum Ganzen BayVGH, U.v. 28.4.2017 – 15 N 15.967 – juris Rn. 34 m.w.N.).

Sind die Regelungen eines Bebauungsplans nicht auf einem Blatt zusammengefasst, sondern finden sich diese auf mehreren, untereinander nicht hinreichend fest verbundenen Einzelblättern, genügt der mit Unterschrift des Bürgermeisters versehene Ausfertigungsvermerk auf lediglich einem Einzelblatt grundsätzlich nur dann den Anforderungen des Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO für eine wirksame Ausfertigung, wenn alle Einzelblätter des Bebauungsplans mit Regelungsinhalt – also insbesondere die Planzeichnung und die textlichen Festsetzungen mit allen ihren Einzelseiten – zusammen mit dem ausgefertigten Einzelblatt durch eine Art „gedanklicher Schnur“ untereinander derart verknüpft sind, dass jeder Zweifel an der Zugehörigkeit der nicht gesondert ausgefertigten Einzelblätter zur Gesamtsatzung ausgeschlossen ist (vgl. BayVGH, U.v. 28.4.2017 a.a.O. Leitsatz sowie ausführlich Rn. 36 ff. m.w.N.). Für den Fall, dass der Bebauungsplan nicht aus einem einzigen Satzungsteil besteht bzw. dass nicht alle Einzelteile resp. Einzelblätter ausgefertigt sind, müssen alle regelnden Teile / Seiten des Bebauungsplans entweder fest miteinander verbunden sein oder es muss auf den ausgefertigten Teilen / Seiten in einer Weise auf die nicht ausgefertigten Bestandteile der Satzung Bezug genommen werden, die jeden Zweifel an der Identität bzw. Zusammengehörigkeit ausschließt. Dies kann insbesondere durch hinreichend definierte Bezugnahmen erfolgen. Eine zweifelsfreie Individualisierung wird z.B. bei einem Satzungstext über mehrere Seiten dadurch ermöglicht, dass über die fortlaufende Seitenzahlangabe sowie durch die Angabe eines Datums und eines Regelungsbezugs auf allen zur Satzung gehörenden Seiten eindeutig bestimmt wird, welche Einzelteile vom Ausfertigungsvermerk erfasst werden (BayVGH, U.v. 28.4.2017 a.a.O. juris Rn. 39; SächsOVG, U.v. 6.6.2001 – 1 D 442/99 – NVwZ-RR 2002, 632 = juris Rn. 35).

Diesen Anforderungen wird der angegriffene Änderungsbebauungsplan nicht gerecht. Durch das Abheften der Einzelblätter der textlichen Festsetzungen („Satzung“) in einen sog. Schnellhefter wurde keine hinreichende körperliche Verbindung der einzelnen Seiten (von denen lediglich Seite 12 einen Ausfertigungsvermerk aufweist) untereinander geschaffen, die einen Verzicht auf eine „gedankliche Schnur“ rechtfertigen könnte (vgl. BayVGH, U.v. 28.4.2017 a.a.O. juris Rn. 40 ff.). Die Entnahme oder das Auswechseln von Einzelblättern ohne Substanzzerstörung wäre bei dieser Sachlage problemlos möglich, d.h. die Auseinandertrennung der einzelnen Bestandteile / Seiten des Bebauungsplans würde nicht zwangsläufig zur Zerstörung einer Gesamturkunde führen (vgl. BayVGH, U.v. 28.10.2014 – 15 N 12.1633 – NVwZ-RR 2015, 321 = juris Rn. 42; zum Problem der Verwechslungs- und Austauschgefahr insbesondere bei typischerweise in den Planungsakten existenten divergierenden Entwurfsfassungen vgl. BayVGH, U.v. 28.4.2017 a.a.O. juris Rn. 42). Ebenso fehlt es an einer „gedanklichen Schnur“, die die zwölf losen Blätter der textlichen Festsetzungen mit hinreichender Bestimmtheit zu einer untrennbaren gedanklichen Einheit verbinden könnte. Die Angabe, dass es sich um die Fassung vom „25.06.2014“ handelt, findet sich lediglich auf der Planzeichnung sowie auf der ersten sowie dritten Seite der textlichen Festsetzungen („Satzung“). Ein angegebenes Fassungsdatum oder eine andere hinreichend gedankliche Verbindung fehlt aber auf den übrigen Seiten. Allein die fortlaufenden Seitenangaben mit dem Hinweis auf das beauftragte Planungsbüro sowie die auf jeder Textseite – ohne weitere identitätsbestimmende Hinweise (wie z.B. die Angabe des Fassungsdatums oder des Datums des Satzungsbeschlusses) – gedruckte Kopfleiste

„Stadt A... – Stadtteil A... Satzung

Bebauungsplan Nr. ... ‚Zwischen der D... Straße und der B...straße‘ mit Grünordnungsplan“

genügen nicht, um den Anforderungen an eine einheitliche Satzungsurkunde gerecht zu werden (vgl. BayVGH, U.v. 28.4.2017 a.a.O. juris Rn. 40 ff.). Denn ein eindeutiger, hinreichend bestimmter inhaltlicher Bezug, der jeden Zweifel darüber ausräumt, dass die einzelnen losen Blätter der elf ersten Seiten der „Satzung“ mit der zwölften Seite der textlichen Festsetzungen, auf der sich die Ausfertigungsunterschrift befindet, eine Einheit bilden, wird hierdurch nicht bewirkt. Dies hätte im vorliegenden Fall problemlos bewerkstelligt werden können, indem z.B. die auf jeder Seite der textlichen Festsetzungen (einschließlich der ausgefertigten Seite) befindliche Fußleiste den Zusatz „Fassung vom 25.06.2014“ oder „Fassung des Satzungsbeschlusses am 24. Juli 2014“ erhalten hätte.

b) Der Bebauungsplan leidet zudem aufgrund der Regelung Nr. 2.2.5 der textlichen Festsetzungen an einem zu seiner Unwirksamkeit führenden materiellen Mangel.

aa) Als unproblematisch sieht es der Senat dabei an, dass die textliche Festsetzung Nr. 2.2.5 systemwidrig unter der Überschrift „2.2 Mischgebiet“ steht. Denn aus dem Regelungsinhalt ergibt sich eindeutig, dass die Regelung für das „GE 3“, also für den Bereich der Gewerbegebietsausweisung im nördlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans bestimmt ist und dass lediglich aufgrund eines redaktionellen Versehens die Regelung nicht unter den Regelungskomplex „2.3 Gewerbegebiet“ gefasst wurde.

bb) Für die textliche Festsetzung Nr. 2.2.5 fehlt aber in § 9 des Baugesetzbuchs (BauGB) und in den Vorschriften der Baunutzungsverordnung (BauNVO) eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Insbesondere lässt sich die Regelung nicht auf § 1 Abs. 10 BauNVO stützen.

Nr. 2.2.5 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans reglementiert wörtlich:

„Für den bestehenden Betrieb der ... (A... A...) auf Fl.Nr. ..., Gmkg. A... (GE 3) gelten im Rahmen des erweiterten Bestandsschutzes gem. § 1 Abs. 10 BauNVO folgende Maßgaben: Eine Erweiterung, Änderung, Erneuerung sowie eine Nutzungsänderung ist ausnahmsweise zulässig, soweit diese jeweils mit dem Betrieb der A... in unmittelbarem Zusammenhang steht und dadurch sich an der ursprünglichen Betriebsart Getreidemühle insgesamt nichts ändert.“

§ 1 Abs. 10 Satz 1 BauNVO erlaubt es den Gemeinden, in einem Bebauungsplan festzusetzen, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen vorhandener baulicher oder sonstiger Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können, wenn diese Anlagen bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 BauNVO in überwiegend bebauten Gebieten unzulässig wären. Dabei muss gemäß § 1 Abs. 10 Satz 3 BauNVO die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebietes in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Macht eine Kommune von dem Instrument des § 1 Abs. 10 BauNVO Gebrauch, so bedeutet dies, dass der Betriebsinhaber nicht mit den Nutzungsmöglichkeiten vorliebnehmen muss, die ihm sonst nur im Rahmen des herkömmlichen Bestandsschutzes verbleiben und die sich im Wesentlichen in Reparatur- und Erhaltungsmaßnahmen erschöpfen, sondern dass er je nach der Reichweite der getroffenen Regelung in die Lage versetzt wird, weiterhin Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen vorzunehmen. Vorhandenen Nutzungen werden auf diese Weise Entwicklungschancen offengehalten, selbst wenn sie dem Charakter des festgesetzten Gebiets an sich fremd sind (vgl. BayVGH, B.v. 23.12.2013 – 15 CS 13.1865 – juris Rn. 15).

Die eindeutige Bezugnahme sowohl im Satzungstext als auch in der Begründung des Bebauungsplans (vgl. dort Seite 32) auf § 1 Abs. 10 BauGB sowie das in der Planbegründung wiederholt hervorgehobene Ziel, den vorhandenen Betrieben und insbesondere auch der „A...“ neben der Gewährleistung von Bestandsschutz auch Entwicklungspotenziale zu eröffnen [hierzu auch unten 3 b) ], lässt nur den Schluss zu, dass die Antragsgegnerin zugunsten der Antragstellerin zu 1 eine Regelung treffen wollte, die sicherstellen sollte, dass im Bereich des „GE 3“ Nutzungen auch dann nicht ausgeschlossen sind, wenn diese nicht mehr von einer Gewerbeausweisung (§ 8 BauNVO) gedeckt sind. Hierfür spricht auch, dass laut der Planbegründung (Seite 32) die Antragsgegnerin dem vorhandenen Betrieb auch bei einer möglichen Genehmigungspflicht nach dem BImSchG keine Hürden aufbauen wollte. Weil § 1 Abs. 10 BauNVO nur anwendbar ist, wenn Anlagen bei hypothetischer Zulässigkeitsprüfung im Falle der Festsetzung eines bestimmten Plangebiets – hier eines Gewerbegebiets („GE“) – materiell unzulässig wären bzw. werden würden (Decker in Jäde/Dirnberger u.a., BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, § 1 BauNVO Rn. 68; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Februar 2017, § 1 BauNVO Rn. 109; Stange, BauNVO, 3. Aufl. 2015, § 1 Rn. 136), ist die ausdrücklich auf § 1 Abs. 10 BauNVO gestützte Festsetzung mithin dahingehend auszulegen, dass eine Erweiterung, Änderung, Erneuerung oder Nutzungsänderung der bestehenden Anlagen der A... im gesamten Gebiet „GE 3“ auch dann hinsichtlich der Nutzungsart zulässig sein soll, wenn der Betrieb – solange es bei der Betriebsart „Getreidemühle“ bleibt – einen industriegebietstypischen Grad aufweist, der nicht mehr von der Gewerbegebietsfestsetzung (§ 8 BauNVO) abgedeckt und daher an sich nur in einem Industriegebiet (§ 9 BauNVO) zulässig wäre.

Dabei spricht sowohl diese Intention als auch die sprachliche Fassung der textlichen Festsetzung („ist ausnahmsweise zulässig“) dafür, dass insofern geregelt werden sollte, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen im Sinne von § 1 Abs. 10 Satz 1 Alt. 1 BauNVO allgemein zulässig sein sollten und nicht nur i.S. von § 31 Abs. 1 BauGB i.V. mit § 1 Abs. 10 Satz 1 Alt. 2 BauNVO („ausnahmsweise zugelassen werden können“) von einer im Ermessen stehenden behördlichen Ausnahmeentscheidung abhängen sollten. Der Senat kann allerdings das genaue diesbezügliche Auslegungsergebnis – Regelabweichung oder Ausnahmefestsetzung i.S. von § 31 Abs. 1 BauGB – dahinstehen lassen. Denn unabhängig hiervon handelt es sich um eine zu großzügige Festsetzung zugunsten des bestehenden Betriebs im vorgesehenen „GE 3“, die von der Festsetzungsermächtigung in § 1 Abs. 10 BauNVO nicht mehr gedeckt ist.

§ 1 Abs. 10 BauNVO ermöglicht Abweichungen von den Grundaussagen in §§ 2 ff. BauNVO für eine anlagenbezogene Planung im Sinne einer Einzelfallregelung. Die Regelung bietet lediglich die Rechtsgrundlage für einen erweiterten „Bestandsschutz für Fremdkörper“ in einem im Übrigen andersartigen Baugebiet. Die Regelungsermächtigung setzt daher voraus, dass die Anlagen, zu deren Absicherung erweiternde bestandssichernde Festsetzungen getroffen werden, innerhalb des jeweiligen Baugebiets keine die städtebauliche Situation beherrschende Größe aufweisen. Andernfalls käme den nach den Baugebietsfestsetzungen gem. §§ 2 ff. BauNVO allgemein zulässigen Anlagen keine prägende Wirkung mehr zu, sodass diese Festsetzungen weitgehend leerzulaufen drohten. § 1 Abs. 10 BauNVO ermöglicht nur Sonderregelungen für solche baulichen Anlagen, die im Verhältnis zur Größe des Baugebiets kleinere „Einsprengsel“ von geringem Flächenumfang darstellen. Es darf sich bei den von einer „Fremdkörperfestsetzung“ betroffenen Anlagen nur um einzelne Objekte handeln, die auch flächenmäßig im Verhältnis zum gesamten Baugebiet lediglich von geringer Ausdehnung sind. Die Bereiche mit Sonderregelungen nach § 1 Abs. 10 BauNVO dürfen nur einen untergeordneten Prozentanteil des gesamten Baugebiets einnehmen. Größere Industrie- und Gewerbekomplexe dürfen über § 1 Abs. 10 BauNVO hingegen nicht reglementiert werden; hier bedarf es der Festsetzung eines entsprechenden Baugebiets (Vgl. OVG NRW, U.v. 19.5.2015 – 10 D 115/12.NE – BauR 2015, 1618 = juris Rn. 50; U.v. 28.6.2007 – 7 D 59/06.NE – NuR 2008, 811 = juris, Rn. 170 ff.; NdsOVG, U.v. 18.9.2001 – 1 L 3779/00 – BauR 2002, 906 = juris Rn. 39; Decker in Jäde/Dirnberger u.a., BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, § 1 BauNVO Rn. 65; Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 1 Rn.104; Stange, BauNVO, 3. Aufl. 2015, § 1 Rn. 135).

Diese Anforderungen der Ermächtigungsnorm erfüllt Nr. 2.2.5 der textlichen Festsetzungen nicht. Die Möglichkeit von Erweiterungen, Änderungen, Erneuerungen und Nutzungsänderungen erstreckt sich nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung auf den gesamten „bestehenden Betrieb der ... (A... A...) auf Fl.Nr. ..., Gmkg. A... (GE 3)“. Die privilegierende textliche Festsetzung Nr. 2.2.5 bezieht sich mithin auf alle derzeit und zukünftig bestehenden Anlagen der „A...“ im gesamten „GE 3“. Denn dieses Gebiet besteht im Wesentlichen aus dem im Eigentum der Antragstellerin zu 1 stehenden Grundstück FlNr. ...; der „A...“ kam und kommt – sowohl zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses als auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung – für das betroffene Gewerbegebiet nicht nur eine gebietsbeherrschende Stellung, sondern die zentrale, ausschließliche Bedeutung für die Nutzung des ausgewiesenen Bereichs des „GE 3“ zu. Dass eine solche weitreichende, das gesamte festgesetzte „GE 3“ umfassende Regelung auch gewollt war, wird durch die Begründung des Bebauungsplans bestätigt (Seite 32 unten), wonach das Instrument eines erweiternden Bestandsschutzes „für die ... Anlagen“ gelte. Bei dieser Sachlage verstößt die Festsetzung auch gegen § 1 Abs. 10 Satz 3 BauNVO, wonach die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben muss. Die sich auf das gesamte „GE 3“ erstreckende Nr. 2.2.5 der textlichen Festsetzungen führt in der Sache dazu, dass die Zweckbestimmung „GE“ im Ganzen nicht mehr gewahrt bleibt (vgl. auch HessVGH, U.v. 19.5.2016 – 4 C-2094/14.N – BauR 2016, 1870 = juris Rn. 37 unter Verweis auf § 1 Abs. 10 Satz 3 BauNVO). § 1 Abs. 10 BauNVO darf aber nicht als ein Instrument benutzt werden, um dem an sich festgesetzten Baugebiet i.S. von §§ 2 ff. BauNVO ein Gepräge zu verleihen, nach dem sich der betroffene Bereich in Wahrheit als ein anderes Baugebiet darstellt (vgl. Decker in Jäde/Dirnberger u.a., BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, § 1 BauNVO Rn. 71). Genau das ist aber vorliegend der Fall: Denn in der Sache führt die Festsetzung dazu, dass sich der Betrieb der A... unter der Bedingung, dass es bei der Betriebsart „Getreidemühle“ bleibt, so (weiter) entwickeln darf, als sei dort ein Industriegebiet festgesetzt worden. Selbst wenn – was nicht geboten ist – die vom „GE 3“ getrennt festgesetzten Gewerbegebiete „GE 1“ und „GE 2“ in die Betrachtung einbezogen würden und gedanklich von einem einzigen Gewerbegebiet im gesamten Norden des Plangebiets ausgegangen werden würde, könnte bei einem überschlägigen Flächenanteil des „GE 3“ von etwa 40% der gesamten „GE“-Flächen hinsichtlich der Festsetzung Nr. 2.2.5 nicht mehr von einem mit § 1 Abs. 10 Satz 1 BauNVO noch vereinbarem „Einsprengsel“ von flächenmäßig untergeordneter Ausdehnung die Rede sein.

cc) Aus der Vorgabe, dass Gegenstand der Regelung „bestimmte“ Anlagen sein müssen, ist außerdem zu folgern, dass § 1 Abs. 10 BauNVO nicht zu einer abstrakten, sondern nur zu einer konkretanlagenbezogenen Festsetzung ermächtigt. Dementsprechend müssen die baulichen Anlagen, denen ein erweiterter Bestandsschutz eingeräumt werden soll, in der Festsetzung hinreichend bestimmt bezeichnet werden (BayVGH, U.v. 25.10.2010 – 1 N 06.2609 – BayVBl 2011, 764 = juris Rn. 59; OVG NRW, U.v. 19.5.2015 – 10 D 115/12.NE – BauR 2015, 1618 = juris Rn. 47; OVG MV, U.v. 10.2.2015 – 3 K 25/10 – juris Rn. 63; Stange, BauNVO, 3. Aufl. 2015, § 1 Rn. 133). Auch dieser Anforderung dürfte die textliche Festsetzung Nr. 2.2.5, die sich – ohne eine konkrete Einzelanlage zu benennen – allgemein auf den „bestehenden Betrieb der ... (A... A...) auf Fl.Nr. ..., Gmkg. A..., (GE 3)“ bezieht und als Begrenzung lediglich an die bestehende „Betriebsart Getreidemühle“ anknüpft, nicht genügen. Hierzu bedarf es aber aufgrund der voranstehenden Gründe, die für sich bereits die Fehlerhaftigkeit und Unwirksamkeit der Nr. 2.2.5 der textlichen Festsetzungen begründen, keiner abschließenden Bewertung. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob die Einschlägigkeit der Regelungsermächtigung zudem daran scheitert, dass der als „GE 3“ festgesetzte Planbereich im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses womöglich kein „überwiegend bebautes Gebiet“ darstellte (vgl. OVG NRW, U.v. 24.10.2012 – 7 D 89/10.NE – juris Rn. 55; zu diesbezüglichen Einzelfragen vgl. auch BVerwG, B.v. 6.3.2002 – 4 BN 11.02 – BauR 2002, 1665 = juris Rn. 4).

dd) Ein Unwirksamkeitsmangel, der – wie hier – auf der fehlenden gesetzlichen Regelungsermächtigung gem. § 9 BauGB i.V. mit den Regelungen der BauNVO beruht, unterfällt nicht dem Regelungsregime der §§ 214, 215 BauGB, sodass der Umstand, dass die Antragsteller mangels rechtzeitigen Rügeschreibens die Jahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB haben verstreichen lassen, nicht zur Unbeachtlichkeit des Mangels führt.

c) Die aufgezeigten Mängel führen zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans, auch wenn die Antragsteller ihren Antrag darauf begrenzt haben, den Bebauungsplan nur insofern für unwirksam zu erklären, soweit er den Bereich der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke betrifft.

aa) Schon der Ausfertigungsmangel – s.o. 2 a) – erfasst die gesamte Satzung und führt damit zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans.

bb) Auch der materielle Mangel – Verstoß gegen § 1 Abs. 10 BauNVO i.V. mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB – führt unabhängig vom Ausfertigungsmangel zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans.

Ein Normenkontrollgericht ist nicht befugt, durch seine Entscheidung ein planerisches Ergebnis festzustellen, das letztlich eine Veränderung des zugrunde gelegten städtebaulichen Konzepts der Gemeinde bewirkt. Vielmehr hat das Gericht es im Zweifel der Gemeinde zu überlassen, die von ihr als angemessen und städtebaulich erforderlich angesehenen neuen planerischen Maßnahmen zu ergreifen. Die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen hat daher nur dann unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 139 BGB nicht die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken könnenund wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte (Grundsatz der Teilbarkeit und des mutmaßlichen Willens des Normgebers, vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1991 – 4 NB 3.91 – NVwZ 1992, 567 = juris Rn. 16 f.; B.v. 18.2.2009 – 4 B 54.08 – ZfBR 2009, 364 = juris Rn. 5; U.v. 11.9.2014 – 4 CN 3.14 – ZfBR 2015, 58 = juris Rn. 26; OVG MV, U.v. 10.2.2015 – 3 K 25/10 – juris Rn. 59; VGH BW, U.v. 27.7.2012 – 8 S 938/11 – KommJur 2013, 469 = juris Rn. 37). Dabei ist sowohl die über Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art.11 Abs. 2 Satz 2 BV gewährleistete kommunale Planungshoheit als auch die Organkompetenz des Gemeinde- bzw. Stadtrats für die wesentlichen Entscheidungen der Bauleitplanung zu respektieren.

In Anwendung dieser Grundsätze hat die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung Nr. 2.2.5 zunächst die Unwirksamkeit der Festsetzung des gesamten „GE 3“ zur Folge, weil nicht mit Sicherheit angenommen werden kann, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel für diesen Bereich eine „schlichte“ Gewerbeausweisung i.S. von § 8 BauNVO ohne die unwirksame textliche Festsetzung Nr. 2.2.5 beschlossen hätte. Die schriftsätzliche Einlassung der Antragsgegnerin, dass die „Fremdkörperfestsetzung“ gem. Nr. 2.2.5 der textlichen Festsetzungen erst im Laufe des Planungsverfahrens auf die Einwendungen der Antragsteller in die Satzung mit aufgenommen worden sei, obwohl jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt der Bereich nicht durch einen industriespezifischen Betrieb geprägt gewesen sei, und dass die Antragsgegnerin dort ein Industriegebiet auch mit Blick auf die Nachbarschaft nicht habe ausweisen wollen, führen zu keinem anderen Ergebnis. Aus der Planbegründung (Seite 32), wonach der Bereich des Betriebsgeländes der „A...“ ohne die streitgegenständliche Planung als „faktisches Gewerbegebiet (GE) (...) bzw. als Gemengelage“ qualifiziert wird, wird deutlich, dass sich die Antragsgegnerin hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Einordnung der überplanten „GE 3“ nicht sicher war. Im Übrigen wollte die Antragsgegnerin mit der Aufnahme der Nr. 2.2.5 den Antragstellern erkennbar entgegenkommen, um ihnen hinreichende Entwicklungsmöglichkeiten bis hin zu industriespezifischer Nutzung auch ohne Ausweisung eines Industriegebiets (§ 9 BauNVO) zu ermöglichen. Die Berücksichtigung von Entwicklungsmöglichkeiten der bestehenden Betriebe im Plangebiet als wichtiger Belang wird in der Planbegründung wiederholt ausdrücklich angesprochen (vgl. dort z.B. Seiten 5, 21, 22, 31). Ausdrücklich wird dabei auch der Betrieb der „A...“ hervorgehoben, dem „ein Erweiterungspotential zugestanden“ wird (Planbegründung S. 28) und bei dem – wie bereits oben in anderem Zusammenhang herausgearbeitet wurde – „über das Instrument eines erweiterten Bestandsschutzes (...) gem. § 1 Abs. 10 BauNVO“ dafür gesorgt werden soll, „keine Hürden aufzubauen für eine mögliche Genehmigungspflicht nach dem BImSchG“ (Planbegründung Seite 32). Es kann bei dieser Sachlage nicht unterstellt werden, dass Nr. 2.2.5 der textlichen Festsetzungen keine tragende Bedeutung für das Planungskonzept hatte und dass der Gemeinderat in jedem Fall für den Bereich des Betriebsgeländes der „A... A...“ mehrheitlich eine Entscheidung für ein „schlichtes“ Gewerbegebiet „GE“ an derselbe Stelle getroffen hätte.

Hiervon ausgehend lässt sich zudem nicht sicher feststellen, dass der Bestand des streitgegenständlichen Bebauungsplans im Übrigen – also ohne das festgesetzte Plangebiet „GE 3“ – dem Planungswillen des Stadtrats entspricht. Für einen entsprechenden Trennungswillen fehlen in der Planbegründung und in den abwägenden Ratsbefassungen eindeutige Hinweise. Schon zu Beginn der Planbegründung (Seite 4) wird ausgeführt, dass „die Zielsetzung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen (...) miteinander in Einklang bringt und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung gewährleistet“, als Anlass und Erfordernis der Planung angesehen wird. Hieraus geht hervor, dass die Hauptziele und Hauptinhalte des Bebauungsplans – insbesondere einerseits die nutzungssteuernden (u.a. auf die Sicherung des Bestands und der Entwicklungsmöglichkeiten bestehender Gewerbebetrieb ausgerichteten) Gebietsausweisungen i.S. von §§ 2 ff. BauGB und andererseits die auf ökologische und gesellschaftliche Ziele ausgerichtete Gestaltung der als Grünflächen ausgewiesenen Bereiche (Entwicklung des Paartalraums als Erlebnis- und extensiver Erholungsraum unter Verbesserung der Wegevernetzung für Radfahrer und Fußgänger) – auf einer einheitlichen Plankonzeption und Abwägung beruhen. Die nach Abzug des „GE 3“ verbleibenden Festsetzungen des Bebauungsplans mögen geeignet sein, eine sinnvolle städtebauliche Ordnung zu bewirken. Es kann aber nicht unterstellt werden, dass der Stadtrat die übrige Planung – insbesondere: Festsetzung von durchwegten Grünflächen sowie der übrigen Baugebiete („GE 1“, „GE 2“ sowie der Misch- und Wohngebiete) – in jedem Fall auch ohne das „GE 3“, das immerhin ca. 20% der überplanten Gesamtfläche ausmacht und das auch bei der immissionsschutzrechtlichen Bewertung im Gesamtzusammenhang mit den sonstigen Flächen innerhalb und außerhalb des Plangebiets keine unerhebliche Rolle spielte, so beschlossen hätte. Für dieses Ergebnis sprechen auch die Betroffenheiten der Antragsteller, die schon während des Einwendungsverfahrens einheitlich als Einwender aufgetreten sind. Denn den für sie hinsichtlich der Flächenausweisung und der Nr. 2.2.5 der textlichen Festsetzungen recht großzügigen (aber – s.o. – fehlerbehafteten) Regelung zum „GE 3“ stehen Grünflächenfestsetzungen gegenüber, die für die Antragsteller am Maßstab der Privatnützigkeit (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) mit nicht unerheblichen Belastungswirkungen verbunden sind. Schließlich lässt die während des Planungsverfahren erfolgte Abtrennung des westlichen Bereichs zwischen F... und Bahnlinie, der sodann selbständig mit einem eigenen Bebauungsplan überplant wurde, den Schluss zu, dass der verbleibende Planbereich des streitgegenständlichen Bebauungsplans im Ganzen für den Stadtrat Gegenstand einer einheitlichen Abwägungsentscheidung war.

cc) Auch wenn die Antragsteller ihre Normenkontrollanträge darauf begrenzt haben, der Verwaltungsgerichtshof möge den Bebauungsplan nur insoweit für unwirksam erklären, als er den Bereich der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke betrifft, hat der Senat den Entscheidungsausspruch – wie tenoriert – auf den gesamten Bebauungsplan zu erstrecken. Beschränkungen des Antrags auf bestimmte Teile der Rechtsvorschrift – wie hier auf bestimmte örtliche Bereiche des Bebauungsplans – sind grundsätzlich zulässig, das Normenkontrollgericht ist aber hieran nicht gebunden; § 88 gilt nicht (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 47 Rn. 69 m.w.N.). Das Gericht muss vielmehr in den Blick nehmen, dass den Normenkontrollverfahren eine doppelte Funktion einerseits als subjektive Rechtsschutzverfahren und andererseits als objektive Prüfungsverfahren zukommt. Sind die subjektivrechtlich ausgerichteten Zulässigkeitshürden des § 47 Abs. 2 VwGO genommen, tritt die Funktion des Normenkontrollverfahrens als eines (auch) objektiven Verfahrens in den Vordergrund (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1991 – 4 NB 3.91 – NVwZ 1992, 567 – juris Rn. 23 ff.). Vor diesem Hintergrund spricht bereits der aus einem Ausfertigungsmangel folgende formelle Fehler, der den Bebauungsplan ohne Weiteres im Ganzen erfasst, gegen eine Beschränkung des Urteilsausspruchs nach den gestellten Anträgen. Aber auch der – wie gesehen – zur Gesamtunwirksamkeit führende materielle Mangel (Unvereinbarkeit der textlichen Festsetzung Nr. 2.2.5 mit § 1 Abs. 10 BauNVO) verlangt mangels feststellbarer Teilbarkeit den gerichtlichen Ausspruch der Unwirksamkeit im vollen Umfang. Auch insofern gilt es im Verfahren nach § 47 VwGO zu vermeiden, in die kommunale Planungshoheit mehr als nötig einzugreifen. Das Gericht würde den planerischen Willen des Ortsgesetzgebers missachten, wenn es – im Falle einer nach materiell-rechtlicher Rechtslage bestehenden Gesamtregelung – durch die Erklärung einer Teilunwirksamkeit zu einer Verfälschung des kommunalen Planungskonzeptes beitrüge. Vielmehr hat es bei einem Mangel in einer (nicht teilbaren) Gesamtregelung durch eine Unwirksamkeitserklärung im Ganzen dem Ortsgesetzgeber die Möglichkeit zu einer neuen planerischen Gesamtentscheidung zu eröffnen (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1991 – 4 NB 3.91 – NVwZ 1992, 567 = juris Rn. 28).

d) Auf die im Laufe des Rechtsstreits aufgeworfenen weiteren Rechtsfragen, so z.B. in Bezug auf

– die ordnungsgemäße Anwendung des vereinfachten Verfahrens gem. § 13a BauGB,

– die von den Antragstellers als abwägungsfehlerhaft gerügte Festsetzung von (insbesondere öffentlichen) Grünflächen (zur Möglichkeit einer – nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls – abwägungsfehlerfreien Überplanung im Privateigentum stehender Grundstücke als öffentliche Grünflächen bei entsprechend hohem Rechtfertigungspotenzial aufgrund von Allgemeinwohlinteressen vgl. BayVGH, U.v. 18.1.2017 – 15 N 14.2033 – KommJur 2017, 112 = juris 56 Rn. ff.),

– die Einhaltung des sog. Trennungsgrundsatzes (§ 50 BImSchG, vgl. z.B. BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 CN 3.11 – BVerwGE 143, 24 = juris Rn. 27 ff.; B.v. 6.3.2013 – 4 BN 39.12 – BayVBl 2013, 545 = juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 30.10.2014 – 1 NE 14.1548 – NVwZ-RR 2015, 176 = juris Rn. 16; NdsOVG, U.v. 12.5.2015 – 1 KN 238/13 – BauR 2015, 1300 = juris Rn. 44 ff.) hinsichtlich des festgesetzten „GE 3“ (bzw. bei einer von den Antragstellern begehrten Ausweisung als Industriegebiet) mit Blick auf die unmittelbar östlich des G...bachs angrenzenden Wohnnutzungen sowie

– die Auswirkungen der formal (trotz aktueller Kenntnisse zur mangelnden Hochwasserbetroffenheit eines HQ100) nicht aufgehobenen Überschwemmungsgebietsverordnung etc.,

muss nicht mehr eingegangen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO. Es entspricht der Billigkeit, der unterlegenen Antragsgegnerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und 2 aufzuerlegen, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt haben (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO). Da sich die Beigeladene zu 3 nicht dergleichen am Verfahren beteiligt hat, trägt sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

4. Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Ziffer I. der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.

(1) Überschwemmungsgebiete sind Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden. Dies gilt nicht für Gebiete, die überwiegend von den Gezeiten beeinflusst sind, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Landesregierung setzt durch Rechtsverordnung

1.
innerhalb der Risikogebiete oder der nach § 73 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 zugeordneten Gebiete mindestens die Gebiete, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist, und
2.
die zur Hochwasserentlastung und Rückhaltung beanspruchten Gebiete
als Überschwemmungsgebiete fest. Gebiete nach Satz 1 Nummer 1 sind bis zum 22. Dezember 2013 festzusetzen. Die Festsetzungen sind an neue Erkenntnisse anzupassen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(3) Noch nicht nach Absatz 2 festgesetzte Überschwemmungsgebiete sind zu ermitteln, in Kartenform darzustellen und vorläufig zu sichern.

(4) Die Öffentlichkeit ist über die vorgesehene Festsetzung von Überschwemmungsgebieten zu informieren; ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sie ist über die festgesetzten und vorläufig gesicherten Gebiete einschließlich der in ihnen geltenden Schutzbestimmungen sowie über die Maßnahmen zur Vermeidung von nachteiligen Hochwasserfolgen zu informieren.

(1) Die zuständigen Behörden bewerten das Hochwasserrisiko und bestimmen danach die Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko (Risikogebiete). Hochwasserrisiko ist die Kombination der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Hochwasserereignisses mit den möglichen nachteiligen Hochwasserfolgen für die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe, wirtschaftliche Tätigkeiten und erhebliche Sachwerte.

(2) Die Risikobewertung muss den Anforderungen nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken (ABl. L 288 vom 6.11.2007, S. 27) entsprechen.

(3) Die Bewertung der Hochwasserrisiken und die Bestimmung der Risikogebiete erfolgen für jede Flussgebietseinheit. Die Länder können bestimmte Küstengebiete, einzelne Einzugsgebiete oder Teileinzugsgebiete zur Bewertung der Risiken und zur Bestimmung der Risikogebiete statt der Flussgebietseinheit einer anderen Bewirtschaftungseinheit zuordnen.

(4) Die zuständigen Behörden tauschen für die Risikobewertung bedeutsame Informationen mit den zuständigen Behörden anderer Länder und Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus, in deren Hoheitsgebiet die nach Absatz 3 maßgebenden Bewirtschaftungseinheiten auch liegen. Für die Bestimmung der Risikogebiete gilt § 7 Absatz 2 und 3 entsprechend.

(5) Die Hochwasserrisiken sind bis zum 22. Dezember 2011 zu bewerten. Die Bewertung ist nicht erforderlich, wenn die zuständigen Behörden vor dem 22. Dezember 2010

1.
nach Durchführung einer Bewertung des Hochwasserrisikos festgestellt haben, dass ein mögliches signifikantes Risiko für ein Gebiet besteht oder als wahrscheinlich gelten kann und eine entsprechende Zuordnung des Gebietes erfolgt ist oder
2.
Gefahrenkarten und Risikokarten gemäß § 74 sowie Risikomanagementpläne gemäß § 75 erstellt oder ihre Erstellung beschlossen haben.

(6) Die Risikobewertung und die Bestimmung der Risikogebiete nach Absatz 1 sowie die Entscheidungen und Maßnahmen nach Absatz 5 Satz 2 sind bis zum 22. Dezember 2018 und danach alle sechs Jahre zu überprüfen und erforderlichenfalls zu aktualisieren. Dabei ist den voraussichtlichen Auswirkungen des Klimawandels auf das Hochwasserrisiko Rechnung zu tragen.

(1) Überschwemmungsgebiete sind Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden. Dies gilt nicht für Gebiete, die überwiegend von den Gezeiten beeinflusst sind, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Landesregierung setzt durch Rechtsverordnung

1.
innerhalb der Risikogebiete oder der nach § 73 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 zugeordneten Gebiete mindestens die Gebiete, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist, und
2.
die zur Hochwasserentlastung und Rückhaltung beanspruchten Gebiete
als Überschwemmungsgebiete fest. Gebiete nach Satz 1 Nummer 1 sind bis zum 22. Dezember 2013 festzusetzen. Die Festsetzungen sind an neue Erkenntnisse anzupassen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(3) Noch nicht nach Absatz 2 festgesetzte Überschwemmungsgebiete sind zu ermitteln, in Kartenform darzustellen und vorläufig zu sichern.

(4) Die Öffentlichkeit ist über die vorgesehene Festsetzung von Überschwemmungsgebieten zu informieren; ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sie ist über die festgesetzten und vorläufig gesicherten Gebiete einschließlich der in ihnen geltenden Schutzbestimmungen sowie über die Maßnahmen zur Vermeidung von nachteiligen Hochwasserfolgen zu informieren.

(1) Die zuständigen Behörden bewerten das Hochwasserrisiko und bestimmen danach die Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko (Risikogebiete). Hochwasserrisiko ist die Kombination der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Hochwasserereignisses mit den möglichen nachteiligen Hochwasserfolgen für die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe, wirtschaftliche Tätigkeiten und erhebliche Sachwerte.

(2) Die Risikobewertung muss den Anforderungen nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken (ABl. L 288 vom 6.11.2007, S. 27) entsprechen.

(3) Die Bewertung der Hochwasserrisiken und die Bestimmung der Risikogebiete erfolgen für jede Flussgebietseinheit. Die Länder können bestimmte Küstengebiete, einzelne Einzugsgebiete oder Teileinzugsgebiete zur Bewertung der Risiken und zur Bestimmung der Risikogebiete statt der Flussgebietseinheit einer anderen Bewirtschaftungseinheit zuordnen.

(4) Die zuständigen Behörden tauschen für die Risikobewertung bedeutsame Informationen mit den zuständigen Behörden anderer Länder und Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus, in deren Hoheitsgebiet die nach Absatz 3 maßgebenden Bewirtschaftungseinheiten auch liegen. Für die Bestimmung der Risikogebiete gilt § 7 Absatz 2 und 3 entsprechend.

(5) Die Hochwasserrisiken sind bis zum 22. Dezember 2011 zu bewerten. Die Bewertung ist nicht erforderlich, wenn die zuständigen Behörden vor dem 22. Dezember 2010

1.
nach Durchführung einer Bewertung des Hochwasserrisikos festgestellt haben, dass ein mögliches signifikantes Risiko für ein Gebiet besteht oder als wahrscheinlich gelten kann und eine entsprechende Zuordnung des Gebietes erfolgt ist oder
2.
Gefahrenkarten und Risikokarten gemäß § 74 sowie Risikomanagementpläne gemäß § 75 erstellt oder ihre Erstellung beschlossen haben.

(6) Die Risikobewertung und die Bestimmung der Risikogebiete nach Absatz 1 sowie die Entscheidungen und Maßnahmen nach Absatz 5 Satz 2 sind bis zum 22. Dezember 2018 und danach alle sechs Jahre zu überprüfen und erforderlichenfalls zu aktualisieren. Dabei ist den voraussichtlichen Auswirkungen des Klimawandels auf das Hochwasserrisiko Rechnung zu tragen.

(1) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in Bauleitplänen oder in sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch untersagt. Satz 1 gilt nicht, wenn die Ausweisung ausschließlich der Verbesserung des Hochwasserschutzes dient, sowie für Bauleitpläne für Häfen und Werften.

(2) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 1 Satz 1 die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn

1.
keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können,
2.
das neu auszuweisende Gebiet unmittelbar an ein bestehendes Baugebiet angrenzt,
3.
eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu erwarten sind,
4.
der Hochwasserabfluss und die Höhe des Wasserstandes nicht nachteilig beeinflusst werden,
5.
die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
6.
der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird,
7.
keine nachteiligen Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger zu erwarten sind,
8.
die Belange der Hochwasservorsorge beachtet sind und
9.
die Bauvorhaben so errichtet werden, dass bei dem Bemessungshochwasser nach § 76 Absatz 2 Satz 1, das der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes zugrunde liegt, keine baulichen Schäden zu erwarten sind.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 bis 8 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen.

(3) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten hat die Gemeinde bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen für die Gebiete, die nach § 30 Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuches zu beurteilen sind, in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger,
2.
die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und
3.
die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.
Dies gilt für Satzungen nach § 34 Absatz 4 und § 35 Absatz 6 des Baugesetzbuches entsprechend. Die zuständige Behörde hat der Gemeinde die hierfür erforderlichen Informationen nach § 4 Absatz 2 Satz 6 des Baugesetzbuches zur Verfügung zu stellen.

(4) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches untersagt. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung und des Hochwasserschutzes sowie des Messwesens.

(5) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 4 Satz 1 die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage im Einzelfall genehmigen, wenn

1.
das Vorhaben
a)
die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
b)
den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert,
c)
den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und
d)
hochwasserangepasst ausgeführt wird oder
2.
die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen. Für die Erteilung der Genehmigung gilt § 11a Absatz 4 und 5 entsprechend, wenn es sich um eine Anlage zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen handelt.

(6) Bei der Festsetzung nach § 76 Absatz 2 kann die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen auch allgemein zugelassen werden, wenn sie

1.
in gemäß Absatz 2 neu ausgewiesenen Gebieten nach § 30 des Baugesetzbuches den Vorgaben des Bebauungsplans entsprechen oder
2.
ihrer Bauart nach so beschaffen sind, dass die Einhaltung der Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist.
In den Fällen des Satzes 1 bedarf das Vorhaben einer Anzeige.

(7) Bauliche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur, die nicht unter Absatz 4 fallen, dürfen nur hochwasserangepasst errichtet oder erweitert werden.

(8) Für nach § 76 Absatz 3 ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Gebiete gelten die Absätze 1 bis 7 entsprechend.

(1) Überschwemmungsgebiete sind Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden. Dies gilt nicht für Gebiete, die überwiegend von den Gezeiten beeinflusst sind, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Landesregierung setzt durch Rechtsverordnung

1.
innerhalb der Risikogebiete oder der nach § 73 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 zugeordneten Gebiete mindestens die Gebiete, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist, und
2.
die zur Hochwasserentlastung und Rückhaltung beanspruchten Gebiete
als Überschwemmungsgebiete fest. Gebiete nach Satz 1 Nummer 1 sind bis zum 22. Dezember 2013 festzusetzen. Die Festsetzungen sind an neue Erkenntnisse anzupassen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(3) Noch nicht nach Absatz 2 festgesetzte Überschwemmungsgebiete sind zu ermitteln, in Kartenform darzustellen und vorläufig zu sichern.

(4) Die Öffentlichkeit ist über die vorgesehene Festsetzung von Überschwemmungsgebieten zu informieren; ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sie ist über die festgesetzten und vorläufig gesicherten Gebiete einschließlich der in ihnen geltenden Schutzbestimmungen sowie über die Maßnahmen zur Vermeidung von nachteiligen Hochwasserfolgen zu informieren.

(1) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in Bauleitplänen oder in sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch untersagt. Satz 1 gilt nicht, wenn die Ausweisung ausschließlich der Verbesserung des Hochwasserschutzes dient, sowie für Bauleitpläne für Häfen und Werften.

(2) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 1 Satz 1 die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn

1.
keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können,
2.
das neu auszuweisende Gebiet unmittelbar an ein bestehendes Baugebiet angrenzt,
3.
eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu erwarten sind,
4.
der Hochwasserabfluss und die Höhe des Wasserstandes nicht nachteilig beeinflusst werden,
5.
die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
6.
der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird,
7.
keine nachteiligen Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger zu erwarten sind,
8.
die Belange der Hochwasservorsorge beachtet sind und
9.
die Bauvorhaben so errichtet werden, dass bei dem Bemessungshochwasser nach § 76 Absatz 2 Satz 1, das der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes zugrunde liegt, keine baulichen Schäden zu erwarten sind.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 bis 8 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen.

(3) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten hat die Gemeinde bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen für die Gebiete, die nach § 30 Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuches zu beurteilen sind, in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger,
2.
die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und
3.
die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.
Dies gilt für Satzungen nach § 34 Absatz 4 und § 35 Absatz 6 des Baugesetzbuches entsprechend. Die zuständige Behörde hat der Gemeinde die hierfür erforderlichen Informationen nach § 4 Absatz 2 Satz 6 des Baugesetzbuches zur Verfügung zu stellen.

(4) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches untersagt. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung und des Hochwasserschutzes sowie des Messwesens.

(5) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 4 Satz 1 die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage im Einzelfall genehmigen, wenn

1.
das Vorhaben
a)
die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
b)
den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert,
c)
den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und
d)
hochwasserangepasst ausgeführt wird oder
2.
die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen. Für die Erteilung der Genehmigung gilt § 11a Absatz 4 und 5 entsprechend, wenn es sich um eine Anlage zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen handelt.

(6) Bei der Festsetzung nach § 76 Absatz 2 kann die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen auch allgemein zugelassen werden, wenn sie

1.
in gemäß Absatz 2 neu ausgewiesenen Gebieten nach § 30 des Baugesetzbuches den Vorgaben des Bebauungsplans entsprechen oder
2.
ihrer Bauart nach so beschaffen sind, dass die Einhaltung der Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist.
In den Fällen des Satzes 1 bedarf das Vorhaben einer Anzeige.

(7) Bauliche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur, die nicht unter Absatz 4 fallen, dürfen nur hochwasserangepasst errichtet oder erweitert werden.

(8) Für nach § 76 Absatz 3 ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Gebiete gelten die Absätze 1 bis 7 entsprechend.

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsteller zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragsteller wenden sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Überschwemmungsgebietsverordnung des Antragsgegners vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532).

Die Antragsteller sind Miteigentümer des von ihnen bewohnten Anwesens B , (im Folgenden H.). Das Anwesen befindet sich im Innenbereich der Gemeinde und grenzt nach dem Plan Bl. 107 der Gerichtsakte an die Blies. Der Antragsteller betreibt auf dem Grundstück ein Speditionsgewerbe. Hinter dem Wohnhaus werden in einem Anbau Paletten und Frachtgüter auf einer Fläche von etwa 100 qm gelagert; weiter werden auf dem umzäunten Hof auf einer Fläche von etwa 300 qm ebenfalls Güter und Paletten gelagert (Bl. 90 der Gerichtsakte).

Das Grundstück liegt vollständig innerhalb der Schutzzone der streitigen Überschwemmungsgebietsverordnung vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532), die der Antragsgegner erlassen hat. Die Überschwemmungsgebietsverordnung umfasst ein Überschwemmungsgebiet an der Blies nach Maßgabe der beigefügten Karten von B bis R und damit Gemeindegebiet der Gemeinden G , M und K ; im vorliegenden Normenkontrollverfahren wird nur das Gebiet der Gemeinde M mit den Ortsteilen H. und B angegriffen.

Der Antragsgegner hat vor der förmlichen Festsetzung des Schutzgebietes zunächst als vorläufige Regelung die Verordnung betreffend die vorläufige Anordnung der Anwendung des § 80 SWG für das beabsichtigte Überschwemmungsgebiet vom 11.11.1998 (Amtsbl. S. 1186), in Kraft getreten nach § 5 am 19.12.1998, erlassen.

Im förmlichen Festsetzungsverfahren hat er sodann (Bl. 17 des Behördenordners I) den Entwurf der vorgesehenen Rechtsverordnung und die zugehörigen Planunterlagen in der Zeit vom 17.1. bis zum 16.2.2000 bei den Bürgermeistern der drei betroffenen Gemeinden während der allgemeinen Dienststunden zur Einsicht ausgelegt. Mit Schreiben vom 28.2.2000 (Behördenordner II, Bl. 143) legten die Antragsteller dagegen Widerspruch ein. Sie wandten sich im Folgenden mit umfangreicher Begründung insbesondere gegen die Einbeziehung des Innenbereichs durch die Überschwemmungsgebietsverordnung unter Verstoß gegen das Raumordnungsrecht.

Am 16.5.2000 fand die mündliche Verhandlung im Verwaltungsverfahren statt (Behördenordner I, Bl. 32), an der der Antragsteller ausweislich seiner Unterschrift (Behördenordner I, Bl. 31) teilnahm. Nach dem Protokoll (S. 4, 5) wurden von den Einwendern insbesondere unzureichende Informationen über das Festsetzungsvorhaben bemängelt, die Einbeziehung der bebauten Ortslage in das Überschwemmungsgebiet, der Wertverlust des Eigentums und die Vermutung eines generellen Bauverbots; als Alternative wurde eine Entschärfung der Hochwassersituation durch Ausbaggern der Blies in den betroffenen Ortslagen vorgeschlagen. Im weiteren Festsetzungsverfahren nahm das Landesamt für Umweltschutz mit Schreiben vom 6.9.2000 (Behördenordner I Bl. 51) im Grenzverlauf in H. einige Reduzierungen zugunsten der Anlieger vor; das Anwesen der Antragsteller ist von dieser Reduzierung nicht betroffen. Mit Schreiben vom 29.9.2000 (Behördenordner I, nach Bl. 35) benachrichtigte der Antragsgegner die Antragsteller davon, dass ihre Einwendungen zurückgewiesen worden seien.

Im förmlichen Festsetzungsverfahren wurde die Verordnung vom 29.9.2000 am 6.10.2000 im Amtsblatt verkündet (Amtsblatt S. 1532) und trat nach § 5 am 7.10.2000 in Kraft.

Am 24.9.2002 haben die Antragsteller bei dem Oberverwaltungsgericht den vorliegenden Normenkontrollantrag 3 N 1/02 bezogen auf die Überschwemmungsgebietverordnung innerhalb der Gemeinde M gestellt.

Die Antragsteller begründen die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags insbesondere mit Blick auf die von ihnen vorgetragenen Grundrechtsverstöße.

In der Sache sei der Normenkontrollantrag begründet.

Die angegriffene Verordnung sei bereits formell fehlerhaft. Ein Anhörungsfehler nach § 73 VwVfG liege darin, dass es keine ausreichenden Informationen über das europäische Programm IRMA gegeben habe und mithin ein entsprechender Verlust eines Einwendungsgrundes eingetreten sei. Weiterhin sei unüberprüfbar, ob überhaupt eine neue Abwägung stattgefunden habe, da die Einwendungen ohne konkrete Begründung zurückgewiesen seien. Der Abwägungsfehler betreffe sowohl die Einbeziehung des Innenbereichs wie die Behandlung der Vor- und Nachteile von Hochwasserschutzprojekten. Ein Abwägungsdefizit liege darin, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb ein Ausbaggern des Flussbettes der Blies nicht zur Entschärfung der Hochwassersituation führen würde und auch bereits geführt hätte. Weiterhin liege ein Ermittlungsdefizit darin, dass nicht alle Anlieger über die Hochwasserlinie befragt worden seien und dass der Antragsgegner nicht den neuesten Stand der in der Entstehung befindlichen Landesplanung ermittelt und berücksichtigt habe. Mithin sei die Verordnung schon aus formellen Gründen aufzuheben.

Materiellrechtlich sei die Verordnung in dem festgesetzten Umfang nicht durch den Hochwasserschutz geboten und verletze Grundrechte der Antragsteller.

Vor allem sei die Einbeziehung des hier betroffenen Innenbereichs zum Hochwasserschutz nicht erforderlich und auch unter Einbeziehung des Raumordnungsrechts unzulässig. Da das Ziel der Überschwemmungsgebietsverordnung die Freihaltung des festgesetzten Gebietes von der Bebauung sei, könne dies in dem hier betroffenen Innenbereich nicht mehr erreicht werden. Für die Bebauung des Innenbereichs sei ausschließlich das Baurecht maßgebend. Dagegen existierten natürliche Rückhalteflächen im Innenbereich nicht. Aus diesem Grund verfehle ein förmliches Überschwemmungsgebiet im Innenbereich seinen Zweck und sei im Ganzen nicht erforderlich. Dieser Auffassung seien auch die Handlungsempfehlungen der Ministerkonferenz für Raumordnung zum vorbeugenden Hochwasserschutz vom 14.6.2000.

Unabhängig von der bereits grundsätzlich fehlerhaften Einbeziehung des Innenbereiches verstoße die nicht hinreichend sorgfältige parzellengenaue Grenzziehung des Überschwemmungsgebiets gegen den Gleichheitssatz. Bei vier konkret genannten Anwesen (Gerichtsakte Bl. 66) sei eine Überschwemmung ebenfalls eingetreten, gleichwohl seien sie ohne sachlichen Grund nicht in das Überschwemmungsgebiet einbezogen worden.

In der Sache liege weiter ein Eingriff in ihr Grundrecht auf Eigentum nach Art. 14 GG vor. Schon durch die Einführung der Genehmigungspflicht sei eine Nutzung im ursprünglichen Umfang nicht mehr möglich. Gemessen an dem von dem Antragsgegner angenommenen Gewicht des öffentlichen Interesses am Hochwasserschutz müsse eine Genehmigung baulicher Änderungen in der Regel an diesem Grund scheitern mit der Folge sinkender Immobilienwerte.

Unter dem Gesichtspunkt des Art. 14 GG würde auch der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb des Antragstellers beeinträchtigt. Er betreibe ein Transportgewerbe und sei nunmehr gehalten, Materialien und Paletten nicht mehr auf dem betriebseigenen Gelände zu lagern, sondern müsse anderweitig Lagerflächen anmieten, die es aber im Ortsteil H. nicht gebe.

Mit Blick auf die Speditionstätigkeit des Antragstellers liege auch mittelbar ein Eingriff in das Recht des Antragstellers auf freie Berufsausübung nach Art. 12 I GG vor. Im Speditionsgewerbe sei es aus logistischen Gründen wegen der Terminkoordinierung, Fahrzeitverkürzung und raschen Auftragsabwicklung notwendig, dass die Güter konzentriert gelagert und verladen würden. Gerade dies sei jedoch grundsätzlich durch die Festsetzung des Überschwemmungsgebiets nicht möglich. Die Lagerstätten seien nunmehr untersagt, und es bestehe nur theoretisch die Möglichkeit einer Genehmigungserteilung.

Insgesamt verletze die Überschwemmungsgebietsverordnung das Erforderlichkeitsgebot hinsichtlich des Innenbereichs und die Grundrechte der Antragsteller hinsichtlich der Gebietsabgrenzung, der Parzellenabgrenzung und des Speditionsbetriebs.

Die Antragsteller beantragen,

die Verordnung betreffend die Festsetzung des Überschwemmungsgebietes an der Blies im Bereich der Gemeinden G und K vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532) des Antragsgegners für nichtig zu erklären, soweit sie die Gemeinde Mandelbachtal betrifft.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsgegner äußert hinsichtlich der Zulässigkeit der Normenkontrolle Bedenken, da die Nutzungseinschränkungen der Verordnung lediglich die gesetzlichen Nutzungseinschränkungen wiederholten und sich eine Beschwer allenfalls aus der Gebietsabgrenzung ergeben könnte. Weiter verteidigt der Antragsgegner die formelle Rechtmäßigkeit der Verordnung.

In der Sache selbst sei die Einbeziehung des bebauten Innenbereichs rechtmäßig, da auch dieser Bereich faktisch vom Hochwasser betroffen sei. Die Flüsse legten ihr Überschwemmungsgebiet selbst fest. Die Einbeziehung des Innenbereichs entspreche der überwiegenden Praxis der Bundesländer und sei sachgerecht, da auf lange Sicht gesehen auch innerörtlich noch freier Retentionsraum erhalten oder zum geeigneten Zeitpunkt wiedergewonnen werden solle und auch innerhalb der Ortslage das Gefährdungs- und Schadenspotenzial des Hochwassers verringert werde. Sinnvoll sei im Innenbereich auch die Einbeziehung der Lagerung von Stoffen, die anderenfalls abgeschwemmt werden könnten und an Engstellen wie unter Brücken den Hochwasserabfluss behinderten. Die Einbeziehung des Innenbereichs verstoße auch nicht gegen Raumordnungsrecht. Der gültige Landesentwicklungsplan enthalte zum Hochwasserschutz noch keine Festsetzungen, wohl aber der in der Entstehung befindliche Landesentwicklungsplan. Bei einer Diskrepanz, die hier aber gar nicht bestehe, müsse die Landesentwicklungsplanung den Festlegungen durch das Wasserrecht angepasst werden und nicht umgekehrt.

Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG werde durch die Einbeziehung des Innenbereichs nicht verletzt, da bestehende bauliche Anlagen ebenso wie Baurechte erhalten blieben. Ein Bauverbot bestehe nicht, vielmehr sei lediglich eine wasserrechtliche Genehmigung zur hochwasserverträglichen Durchführung des Vorhabens erforderlich. Der von den Antragstellern vorgetragene Wertverlust ihres Eigentums unterfalle nicht dem Schutzbereich des Art. 14 GG und trete tatsächlich durch den Erlass der Verordnung nicht ein.

Neben der Einbeziehung des Innenbereichs verteidigt der Antragsgegner auch die Abgrenzung der Parzellen. Die von den Antragstellern genannten Vergleichsanwesen seien nicht von dem Hochwasser überflutet worden, vielmehr komme allenfalls ein unterirdischer Einstau in einigen Kellern außerhalb des Überschwemmungsgebiets in Betracht, der jedoch nicht Grundlage der Festsetzung sei (Gerichtsakte Bl. 81). Die parzellengenaue Grenze sei in jedem Einzelfall sorgfältig ermittelt worden, was die Antragsteller ihrerseits mit Blick auf die unvollständige Anliegerbefragung in Frage stellen (Schriftsatz vom 20.8.2003, Gerichtsakte Bl. 84/85).

Das Speditionsgewerbe des Antragstellers sei zwar insofern von der Verordnung betroffen, als nunmehr die Lagerstätten für Paletten und Frachtgüter einer wasserrechtlichen Genehmigung bedürften. Im konkreten Fall bedeute dies, dass bei der Lagerung der Paletten Vorkehrungen getroffen werden müssten, dass sie im Fall eines Hochwassers nicht mit entsprechenden Risiken abgeschwemmt würden. Eine unverhältnismäßige Belastung liege in dem Genehmigungserfordernis nicht. Insgesamt liege ein Grundrechtsverstoß durch die Verordnung nicht vor.

Hinsichtlich der dargelegten Rechtspositionen der Beteiligten wird für den Streitstand im Einzelnen auf die Gerichtsakten verwiesen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten (2 Ordner) Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

A.

Der fristgerechte (§ 47 II 1 VwGO) Normenkontrollantrag der Antragsteller ist trotz der Bedenken des Antragsgegners zulässig. Die Antragsteller machen eine mögliche Rechtsverletzung (§ 47 II 1 VwGO) durch die angegriffene Verordnung betreffend die Festsetzung des Überschwemmungsgebietes an der Blies im Bereich der Gemeinden G vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532) geltend, die ihnen für ihren Grundbesitz und auch die Lagertätigkeit des Speditionsgewerbes wasserrechtliche Genehmigungspflichten auferlegt (§ 3 II Nr. 1 bis 5 der Verordnung). Die Antragsteller behaupten eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 14, Art. 12 und Art. 3 GG, die möglich erscheint. Bereits die Neuregelung von Pflichten kann zum Gegenstand einer Normenkontrolle gemacht werden.

vgl. dazu und zur Möglichkeitstheorie im Rahmen der Normenkontrolle Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, § 47 Rdnrn. 46 und 47.

Die vom Antragsgegner hervorgehobene Identität der Handlungspflichten nach § 3 der angegriffenen Verordnung mit denen in § 80 des Saarländischen Wassergesetzes (SWG) in der Bekanntmachung vom 3.3.1998 (Amtsbl. S. 306) in der insoweit nicht einschlägigen Änderungsfassung des Gesetzes vom 7.11.2001 (Amtsbl. S. 2158) steht nicht entgegen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts soll die Normenkontrolle nach § 47 VwGO den Rechtsschutz des Bürgers verbessern und steht sogar für durch Gesetz geänderte Verordnungen offen.

BVerwG, Urteil vom 16.1.2003 - BVerwG 4 CN 8.01 -, BVerwGE 117, 313 - 319.

Dieser Verbesserungszweck spricht hier für die Zulassung der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle statt der Verweisung auf ein verfassungsrechtliches Normenkontrollverfahren.

Für das Rechtsschutzbedürfnis genügt es, dass die Rechtsverletzung noch verhindert werden kann.

Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, § 47 Rdnr. 89.

Dies ist hier der Fall, denn das Gesetz begründet ohne die Verordnung für die Antragsteller keine Handlungspflichten. Darüber hinaus ist eine unterschiedliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Verordnung und Gesetz im Rahmen der Möglichkeitstheorie durchaus denkbar.

Zu diesem Gesichtspunkt Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, § 47 Rdnr. 89.

Das Saarländische Wassergesetz ist in seinem Abschnitt Überschwemmungsgebiete (§§ 79 bis 81) gebietsneutral, regelt nicht ausdrücklich, ob der Innenbereich einer Ortschaft einbezogen werden kann, und kann folglich aus diesem Gesichtspunkt heraus nicht für verfassungswidrig erklärt werden. Demgegenüber erfasst die hier angegriffene Verordnung eindeutig den hier einschlägigen Innenbereich von H., so dass eine Rechtsverletzung durch die Einbeziehung des Innenbereichs durchaus möglich erscheint und durch das vorliegende Normenkontrollverfahren auch noch verhindert werden kann.

Nach allem ist der Normenkontrollantrag uneingeschränkt zulässig.

B.

Der zulässige Normenkontrollantrag ist indessen unbegründet. Die angegriffene Verordnung vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532) ist im maßgebenden Zeitpunkt der Verkündung im Amtsblatt am 6.10.2000 formell und materiell rechtmäßig.

Für das Festsetzungsverfahren von Überschwemmungsgebieten gelten nach § 114 II 1, § 114 I SWG die Vorschriften über das förmliche Verwaltungsverfahren nach den §§ 63 bis 71 SVwVfG sinngemäß. Auszulegen sind nach § 114 II 2 SWG der Entwurf der vorgesehenen Rechtsverordnung mit den dazugehörigen Plänen, was hier geschehen ist. Ein Erörterungstermin (§ 73 VI SVwVfG) hat am 16.5.2000 stattgefunden (Behördenordner I S. 31), in dem der Antragsteller ausweislich seiner Unterschrift anwesend war. Mithin hat er in der Sache rechtliches Gehör zu dem Verordnungserlass erhalten und konnte jeden Gesichtspunkt zur Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Verordnung vorbringen. Zu Unrecht sehen die Antragsteller eine Beschränkung ihres Anhörungsrechts darin, dass sie nicht näher über das IRMA-Programm der Europäischen Union informiert wurden. Der Anspruch auf Gehör im Verwaltungsverfahren bezieht sich auf alle für die Entscheidung erheblichen Fragen.

Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage 2000, § 66 Rdnr. 3.

Unterlagen zum IRMA-Programm waren ausweislich der Behördenordner nicht Gegenstand des Normgebungsverfahrens. Das IRMA-Programm der Europäischen Union betrifft länderübergreifende Maßnahmen für das Rheingebiet und das Maasgebiet ("Interreg-Rhein-Maas-Aktivitäten") und fördert konkrete Investitionsprojekte

zu diesem Inhalt vgl. Handlungsempfehlungen der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 14.6.2000, abgedruckt in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, Wasserhaushaltsgesetz, Stand 2003, Anhang II 32, dort unter Nr. 4 und betrifft damit gerade nicht die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes mit Nutzungseinschränkungen für das Grundeigentum. Die Unterlagen wurden nicht beigezogen und deshalb bestand kein Einsichtsrecht. Für die vorhandenen Unterlagen wurde ausweislich des Erörterungsprotokolls, S. 8, Akteneinsicht angeboten.

Mit Blick auf die formelle Fehlerhaftigkeit der Verordnung machen die Antragsteller ein Abwägungsdefizit des Verordnungsgebers in erheblichem Umfang geltend. Die Zurückweisung der Einwendungen sei ohne eine konkrete Begründung erfolgt, so dass sich nicht einmal feststellen lasse, ob überhaupt ein Abwägungsprozess stattgefunden habe. Das anzunehmende Abwägungsdefizit betrifft nach Auffassung der Antragsteller sowohl die Einbeziehung des Innenbereichs in die Verordnung als auch die Abwägung von Vor- und Nachteilen der Hochwasserschutzvorhaben nach dem IRMA-Programm und die Alternative des Ausbaggerns der Blies. Weiter liege der Verordnung ein Ermittlungsdefizit mit Blick auf die unvollständige Befragung der Anlieger zur Hochwasserlinie zugrunde sowie hinsichtlich des neuesten Standes der Landesentwicklungsplanung.

Der Rechtsstandpunkt der Antragsteller trifft bereits im Ansatz nicht zu. Sie setzen voraus, dass die Festlegung eines Überschwemmungsgebiets eine Planungsentscheidung der Behörde nach dem Abwägungsgebot ist mit weitem Planungsspielraum und entsprechenden Abwägungspflichten. Bei dem umfangreichen Abwägungsprogramm einer Planungsentscheidung können bereits Abwägungsmängel als solche erheblich werden. Dies ergibt sich für das saarländische Planfeststellungsrecht aus § 75 I a SVwVfG.

Die Vorschrift des § 75 I a SVwVfG gehört ebenso wie die gerügten Mängel dem Abschnitt Planfeststellungsverfahren des Gesetzes (§§ 72 bis 78 SVwVfG) an. Mit der Verweisung allein auf den vorausgehenden Abschnitt der §§ 63 bis 71 SVwVfG in § 114 I und II SWG stellt der Gesetzgeber hinreichend klar, dass die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes kein Planfeststellungsverfahren mit entsprechend weitem Planungsspielraum für das Ob und Wie der Entscheidung ist. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Festsetzung erforderlich, das heißt vernünftigerweise geboten ist.

Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358-361/362; ebenso schon im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 23.01.1984 - 4 B 157.83 -, DVBl. 1984, 342, die Rechtsprechung des 8. Senats des OVG des Saarlandes in dem Normenkontrollbeschluss vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, S. 8/9 des amtl. Umdrucks, wonach eine Wasserschutzgebietsverordnung keine fachplanerische Abwägung ist, sondern eine Erforderlichkeitsentscheidung.

Die Erforderlichkeit unterliegt der Prüfung des Normenkontrollgerichts, so dass etwaige Ermittlungs- und Abwägungsdefizite als solche eine vernünftigerweise gebotene Schutzfestsetzung nicht zu Fall bringen können.

Auch das von den Antragstellern aufgeworfene Verhältnis zwischen Wasserrecht und Raumordnungsrecht stellt sich nicht als Frage eines Ermittlungsdefizits, sondern eines Kompetenzverhältnisses, das vom Bundesverwaltungsgericht geklärt ist und auf das noch einzugehen ist.

Schließlich bedarf eine Verordnung auch herkömmlich keiner Begründung. Speziell für eine Überschwemmungsgebietsverordnung ergibt sich das daraus, dass das förmliche Verwaltungsverfahren nach § 69 II 1 SVwVfG durch den schriftlichen Erlass und außerdem die notwendige schriftliche Begründung des Verwaltungsakts abgeschlossen wird, während nach der speziellen Vorschrift des § 114 II 3 SWG abweichend von der Verweisung auf das förmliche Verwaltungsverfahren das Verfahren zur Festsetzung von Überschwemmungsgebieten seinen Abschluss - allein - mit dem Erlass der Verordnung findet. Andere Gesichtspunkte für förmliche Fehler sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Mithin steht die formelle Rechtmäßigkeit der angegriffenen Überschwemmungsgebietverordnung fest.

Der Normenkontrollantrag ist auch materiell unbegründet. Im maßgebenden Zeitpunkt der Verkündung der Norm (6.10.2000) ist die Wassergebietsverordnung vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532) rechtmäßig. Sie entspricht den gesetzlichen Grundlagen (unter I.) und verstößt nicht gegen Grundrechte (unter II.).

I.

Die angegriffene Verordnung beruht auf der - von ihr zitierten - Rechtsgrundlage des § 79 I des Saarländischen Wassergesetzes (SWG) in der Bekanntmachung vom 3.3.1998 (Amtsbl. S. 306), insoweit nachträglich nur geändert hinsichtlich der Ministeriumsbezeichnung durch das Gesetz vom 7.11.2001 (Amtsbl. S. 2158). Die saarländische Ermächtigungsregelung des § 79 I SWG entspricht ihrerseits dem Bundesrahmenrecht in § 32 I 2 WHG in der Fassung des Gesetzes vom 25.8.1998 (BGBl. I S. 2455), insoweit unverändert nunmehr in der Bekanntmachung vom 19.8.2002 (BGBl. I S. 3245) mit folgendem Wortlaut:

Die Länder setzen die Überschwemmungsgebiete fest und erlassen die dem Schutz vor Hochwassergefahren dienenden Vorschriften, soweit es 1. zum Erhalt oder zur Verbesserung der ökologischen Strukturen der Gewässer und ihrer Überflutungsflächen, 2. zur Verhinderung erosionsfördernder Eingriffe, 3. zum Erhalt oder zur Rückgewinnung natürlicher Rückhalteflächen oder 4. zur Regelung des Hochwasserabflusses erforderlich ist.

Das Saarland hat in § 79 I Nr. 1 bis Nr. 4 SWG diese vierfache Zwecksetzung für die landesrechtliche Festsetzung von Überschwemmungsgebieten wörtlich übernommen. Durch § 32 I 2 WHG wird für die Festsetzung des Überschwemmungsgebietes der Maßstab der Erforderlichkeit festgelegt, der nach § 19 I WHG inhaltsgleich für die Festsetzung von Wasserschutzgebieten gilt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes für Wasserschutzgebiete

BVerwG, Beschluss vom 23.01.1984 - 4 B 157.83 -, DVBl. 1984, 342; Beschluss des 8. Senats des OVG des Saarlandes vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, S. 8/9 des amtl. Umdrucks

gilt der Erforderlichkeitsmaßstab umfassend für die Festsetzung des Schutzgebietes und die Einbeziehung einzelner Grundstücke. Auch für die systemverwandte hier einschlägige Festsetzung des Überschwemmungsgebietes kommt es auf die gerichtliche Prüfung an, ob das Schutzgebiet erforderlich, das heißt vernünftigerweise geboten ist.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG und AAG, Kommentar, Stand 2003, § 32 Rdnr. 25, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des OVG des Saarlandes zum Wasserschutzgebiet; ebenso mit eingehender Begründung Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358, 361; zur Geltung des Übermaßverbots Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Auflage 2003, § 32 Rdnr. 32.

Eine Planungsentscheidung mit entsprechend weitem Planungsspielraum der Behörde liegt nicht vor.

Burgi/Deichmöller, a.a.O., S. 361.

Für das saarländische Recht lässt sich der Ausschluss einer Planungsentscheidung mit Planungspielraum wie dargelegt direkt aus der wassergesetzlichen Regelung entnehmen. Nach § 114 I und II SWG gelten für das Festsetzungsverfahren von Überschwemmungsgebieten die Vorschriften über das förmliche Verwaltungsverfahren nach den §§ 63 bis 71 SVwVfG, nicht dagegen der Abschnitt Planfeststellungsverfahren nach den §§ 72 bis 78 SVwVfG. Eine umfangreiche Planungs- und Abwägungspflicht aller in Betracht kommenden Alternativen besteht nicht. Vielmehr sind Alternativen nur dann entscheidungserheblich, wenn auf Grund der Alternative ein Überschwemmungsgebiet entbehrlich und damit nicht mehr vernünftigerweise geboten ist.

Die von den Antragstellern als Abwägungsdefizit vorgebrachten Gesichtspunkte enthalten keine Alternative, die ein Überschwemmungsgebiet mit Nutzungseinschränkungen aus wasserrechtlicher Sicht entbehrlich machen.

Die Antragsteller tragen vor, ein Ausbaggern des Flussbettes würde zu einer erheblich höheren Fließgeschwindigkeit führen und damit die Einbeziehung des Innenbereiches erübrigen (S. 73 der Gerichtsakte). Dieser Vorschlag widerspricht dem Wasserrecht. Nach § 31 V 1 WHG ist für den Ausbau von Gewässern bindend vorgeschrieben, dass das natürliche Abflussverhalten nicht wesentlich verändert werden darf. Mithin scheidet ein Ausbau des Flussbettes zur wesentlichen Beschleunigung wasserrechtlich aus. Darüber hinaus gehört es nach § 1 a II WHG zu den Grundsätzen des Wasserrechts, dass eine Beschleunigung des Wasserabflusses vermieden werden soll.

Die von den Antragstellern für erforderlich gehaltene Abwägung der Vor- und Nachteile von Projekten im Rahmen des europäischen IRMA-Programms enthält keinen Gesichtspunkt, der ein Überschwemmungsgebiet mit Nutzungseinschränkungen entbehrlich macht. In der Sache geht es bei diesen Projekten um eine positive Landschaftsveränderung, um die Gewinnung von Rückhalteflächen insbesondere in der Form von Auwäldern. Nach § 32 II WHG sind natürliche Rückhalteflächen, damit auch Auwälder, zu erhalten oder wiederherzustellen. Dies geschieht gerade in Überschwemmungsgebieten, die dann förmlich zur Schutzverstärkung festgesetzt werden. Das Überschwemmungsgebiet und das Renaturierungsprojekt ergänzen sich. Sie schließen sich aber ebenso wenig aus wie ein Renaturierungsprojekt ein Naturschutzgebiet ausschließt.

Ein Auwaldprojekt führt auch tendenziell weder zu einer Vergrößerung noch zu einer Verkleinerung des festgesetzten Überschwemmungsgebiets.

Die Antragsteller mutmaßen eine Vergrößerungswirkung (Gerichtsakte Bl. 10), da die Unterstützung der Europäischen Union für die Förderprojekte von dem Flächenumfang der Überschwemmungsgebiete abhängen könne. Selbst wenn die Förderung von der Größe abhängt, führt dies unter Beachtung der Gerichtskontrolle der Erforderlichkeit eindeutig nicht zur Vergrößerung des Überschwemmungsgebiets. Die Festsetzung des Überschwemmungsgebietes richtet sich in seinem Umfang nach dem maßgebenden Jahrhunderthochwasser (hier: 1993).

Burgi/Deichmöller, S. 360; Sieder/Zeitler/Dahme/ Knopp, § 32 Rdnr. 13; Czychowski/Reinhardt, § 32 Rdnr. 29.

Nach dem Maßstab der Erforderlichkeit darf das Überschwemmungsgebiet diese Hochwasserlinie nicht überschreiten, was der Kontrolle des Senats unterliegt. Die Antragsteller machen auch selbst geltend, es seien einige überschwemmte Anwesen zu Unrecht von dem Überschwemmungsgebiet ausgeschlossen, was gerade gegen eine Vergrößerungstendenz des Verordnungsgebers spricht.

Umgekehrt führt das Hochwasserschutzprojekt in Form der Anlegung von Auwäldern aber auch nicht alsbald zu einer Reduzierung des Überschwemmungsgebiets.

Eine Neufestsetzung des Gebiets findet erst bei einer wesentlichen Änderung der Abflussverhältnisse statt.

Czychowski/Reinhardt, § 32 Rdnr. 24.

Die Anlage von Auwäldern wirkt ebenso wie die Festsetzung des Überschwemmungsgebiets mit Nutzungseinschränkungen einer künftigen Verschärfung der Hochwassersituation entgegen. Sie ist aber kein vernünftiger Grund, die Grenzen des Überschwemmungsgebiets von dem Jahrhunderthochwasser bereits deshalb abzukoppeln. Vielmehr zielt das Schutzgebiet darauf ab, dass eine Verschärfung der Hochwassersituation unterbleibt.

Zu diesem Zweck von Überschwemmungsgebieten Siedler/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32 Rdnr. 3.

Auch nach der Absicht des saarländischen Gesetzgebers soll der Erhalt von Retentionsflächen eine immer größere Hochwassergefahr verhindern.

Begründung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Saarländischen Wassergesetzes, Drucksache 11/1297 vom 08.07.1997, S. 21, zu Nr. 26 (§ 80).

Mithin erwartet der Gesetzgeber nur, dass eine Verschärfung der Hochwassersituation verhindert werden soll. Ein baldiger Rückgang von Jahrhunderthochwassern ist realistischerweise vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Deshalb können auch Auwaldprojekte und Renaturierungsprojekte nicht zu einer alsbaldigen Reduzierung der Überschwemmungsgebiete führen.

Entgegen der Meinung der Antragsteller wird ein Überschwemmungsgebiet auch im Innenbereich nicht etwa durch den Stand der neuen Landesentwicklungsplanung vor ihrer förmlichen Festsetzung entbehrlich. Vielmehr handelt es sich dabei um das Kompetenzverhältnis von raumordnungsrechtlicher Entwicklungsplanung und wasserrechtlicher Fachplanung, auf das noch einzugehen ist.

Nach allem kann ein Überschwemmungsgebiet mit Nutzungseinschränkungen auch unter Berücksichtigung des umfangreichen Vortrags der Antragsteller nicht überzeugend durch Alternativen entbehrlich gemacht werden.

Bei dem Maßstab für die Festsetzung des Überschwemmungsgebietes insgesamt kommt es darauf an, ob die Festsetzung vernünftigerweise geboten ist. Diese Frage muss sowohl für den Außenbereich der landwirtschaftlichen Flächen und der Flussauen wie auch für den hier einbezogenen Innenbereich im Sinnzusammenhang mit dem Hochwasserschutz betrachtet werden.

So sinnvoll es ist, dass die Hochwasserwelle in Auwäldern verlangsamt und zurückgehalten wird, so sinnwidrig wäre es, im innerdörflichen Bereich und in den Städten die Hochwasserwelle zurückzuhalten mit der Folge noch größerer Gebäudeschäden. Dieser Sinnzusammenhang ist anerkannt, für den Innenbereich der Gemeinden besteht indessen ein Grundsatzstreit darüber, ob überhaupt ein Überschwemmungsgebiet festgesetzt werden darf. Gerade die letztere Frage macht auch einen Kern des Streits der Beteiligten im vorliegenden Normenkontrollverfahren aus. Der Senat geht zunächst auf natürliche Rückhalteflächen und dann den Innenbereich ein.

Über die tatsächliche Wirkung des Hochwasserschutzes durch Auwälder und andere natürliche Rückhaltegebiete besteht im wesentlichen Einigkeit: Genutzt wird bei diesen Rückhalteflächen die Schwammfunktion des Bodens. Die Auenlandschaften speichern Hochwasser und große Speicherkapazitäten dämpfen den Hochwasserscheitel. Das rückgestaute Wasser wird erst zeitlich versetzt abgeführt und gerade darin liegt der Hochwasserschutz der Unterlieger.

Dazu Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 30; Czychowski/Reinhardt, § 32 Rdnr. 33, Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358-359/360.

Der Zweck der Retentionsgebiete besteht anschaulich formuliert darin, so viel Wasser wie möglich so lange wie möglich in seiner natürlichen Retentionsfläche zu halten.

So Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358-359.

Wegen der hohen Bedeutung hat der Bundesgesetzgeber in § 32 II 1 WHG faktische - noch nicht festgesetzte - Überschwemmungsgebiete in ihrer Funktion als natürliche Rückhalteflächen durch eine Erhaltungsgarantie mit Ausgleichsmaßnahmen geschützt, die allerdings nur für Planungsträger, nicht unmittelbar für Private gilt.

Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358-365.

Die förmliche Festsetzung solcher Retentionsgebiete als Überschwemmungsgebiet erfolgt zum Zweck der Schutzverstärkung.

Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358-360.

Die Festsetzung als förmliches Schutzgebiet bindet auch das Grundeigentum und enthält eine Vorverlegung des Schutzes durch den jeweils geltenden Genehmigungskatalog, der schon eingreift, bevor die Erhaltung des Gebiets durch umfassende Planungsmaßnahmen insgesamt in Frage steht.

Im Ergebnis wird die Einbeziehung solcher natürlicher Rückhalteflächen im Außenbereich in ein förmliches Überschwemmungsgebiet in der Literatur nicht in Frage gestellt.

Den Antragstellern geht es um den Innenbereich.

Die Antragsteller legen besonderes Gewicht darauf, dass der Innenbereich auch unter Einbeziehung der Freihaltefunktion des Raumordnungsrechts nicht für Rückhalteflächen des Wasserrechts freigehalten werden könne, im Innenbereich ausschließlich das Baurecht maßgebend sei und mithin die Überschwemmungsgebietsverordnung vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532) im Innenbereich ihren Zweck verfehle und lediglich zu einem Schaden für die Eigentümerinnen und Eigentümer führe.

Die im Prozess streitige Einbeziehung des Innenbereichs in ein Überschwemmungsgebiet ist auch in der Praxis der Bundesländer und in der Literatur umstritten.

Es ist gerade im Grundsatz umstritten, ob innerörtliche Lagen wie hier geschehen in ein förmliches Überschwemmungsgebiet einbezogen werden können oder nicht. Dass sie faktisch Überschwemmungsgebiet sein können, steht außer Frage. Denn der Hochwasserschutz soll gerade auch einer Überschwemmung der Innenstädte entgegenwirken.

Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358-359.

Ebenso steht der Sinnzusammenhang außer Frage, dass Hochwasser in innerörtlichen Lagen nicht etwa im Sinne eines Rückhaltegebiets so viel wie möglich und so lange wie möglich aufgehalten werden soll mit der Konsequenz dann größerer Gebäudeschäden.

Kontrovers wird aber die Frage beurteilt, ob die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes im Innenbereich noch Sinn macht und vernünftigerweise geboten ist. Insbesondere ist umstritten, ob ein wasserrechtliches Überschwemmungsgebiet einerseits und die bestehende bauliche Nutzung andererseits unvereinbar oder vereinbar sind.

Im Sinne einer Unvereinbarkeit die Diskussion in Nordrhein-Westfalen und Burgi/Deichmöller, Bauen im Überschwemmungsgebiet, DÖV 2003, 358, 364; ebenso Anhang Begriffsdefinition der Handlungsempfehlungen der Ministerkonferenz für Raumordnung zum vorbeugenden Hochwasserschutz - im Folgenden als Handlungsempfehlung bezeichnet - vom 14.6.2000, abgedruckt in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, Anhang II 32; dagegen für eine Vereinbarkeit Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Auflage 2003, § 32 Rdnr. 34; und Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, ausführlich § 32 Rdnrn. 37 a und 37 b.

Auf die Entscheidung dieses Meinungsstreits kommt es hier an.

Gesehen werden muss, dass der Innenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34 I 1 BauGB) keine natürliche Rückhaltefläche ist. Die Antragsteller sehen diesen Punkt klarer als der Antragsgegner, der insoweit in der Antragserwiderung meint, selbst in der bebauten Ortslage könne auf lange Sicht gesehen freier Retentionsraum erhalten oder zum geeigneten Zeitpunkt wieder gewonnen werden. Der Innenbereich ist keine Freifläche. Es ist schlicht sinnwidrig, innerhalb der Ortslage das Hochwasser etwa in größeren Baulücken durch park- oder auenwaldähnliche Anpflanzungen zurückzuhalten, damit in den bebauten Bereich örtlich zurückzustauen und die Eigentümer überschwemmter Häuser zu schädigen. Der Senat schließt sich der Auffassung des OVG Koblenz an, dass die Innerortslage generell keine natürliche Rückhaltefläche ist.

Überzeugend OVG Koblenz, Urteil vom 24.2.2000 - 1 A 111.06/99 OVG - Leitsatz 1 und S. 12 des amtl. Umdrucks; ebenso für bebaute Ortsteile im Allgemeinen ohne Darlegung von Ausnahmen Czychowski/Reinhardt, WHG, § 32 Rdnr. 14; wenig überzeugend im Sinne einer Einstufung einer größeren Baulücke im Innenbereich als natürliche Rückhaltefläche Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 22.

Klarzustellen ist auch, dass eine Wiederherstellung früherer Überschwemmungsgebiete als Rückhalteflächen nach § 32 II 2 WHG im bebauten Innenbereich ausscheidet, da überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit einer Absiedelung entgegenstehen.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 34; diese Abwägung setzt voraus, dass es wie hier bei der Beherrschung von Flusshochwasser im wesentlichen um Sachschäden geht, nicht dagegen um Lebensgefahr für die Anwohner.

Auch nach dem weiter gehenden WHG-Entwurf des BMU vom 7.8.2003 (S. 22 der Begründung) sollen die natürlichen Überschwemmungsflächen den Flüssen nur im unbesiedelten Bereich zurückgegeben werden.

Nach der Rechtsauffassung des Senats kann damit ein Überschwemmungsgebiet in dieser Funktion als natürliche Rückhaltefläche (§ 32 II 1 WHG) für den Innenbereich von Gemeinden nicht festgesetzt werden; auf andere Funktionen ist noch einzugehen.

Aus der Feststellung, dass der Innenbereich kein Retentionsgebiet ist, mithin das Wasser nicht so lange wie möglich zurückhalten soll, werden unterschiedliche Konsequenzen für die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes gezogen. Unumstritten ist, dass Wasserrecht und Baurecht in überschwemmten Ortsteilen in einem Spannungsverhältnis stehen.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 36.

Nach dem Unverträglichkeitskonzept ist der grundsätzlich bebaubare Innenbereich mit einem wasserrechtlichen Überschwemmungsgebiet unvereinbar, und deshalb muss die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes als nicht erforderlich unterbleiben.

Burgi/Deichmöller, Bauen im Überschwemmungsgebiet, DÖV 2003, 358, 363/364, mit ausführlicher Begründung; Handlungsempfehlungen der Ministerkonferenz für Raumordnung zum vorbeugenden Hochwasserschutz vom 14.6.2000, im Anhang Begriffsdefinition, zur Definition von Überschwemmungsfläche und Überschwemmungsgebiet mit der kurzen Begründung, wegen der Nutzungsbeanspruchung durch die Bebauung liege kein Überschwemmungsgebiet im Sinne des WHG vor.

Die Unverträglichkeit wird von Burgi und Deichmöller eingehend begründet.

Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358, 359 bis 363.

Das Überschwemmungsgebiet hat in der dort angestellten wasserrechtlichen Sicht zuvörderst die Funktion, so viel Wasser wie möglich so lange wie möglich in seiner natürlichen Retentionsfläche zu halten. An dieser Funktion - und damit einem hohen Anspruchsniveau des Wasserrechts - wird das Überschwemmungsgebiet festgemacht.

Deshalb richtet sich die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes als Freifläche grundsätzlich gegen die Bebauung des Innenbereichs. Je nach der Konzeption des Landesgesetzgebers besteht ein absolutes Bauverbot mit Befreiungsvorbehalten wie in Bayern oder ein relatives Bauverbot im Sinne einer Genehmigungspflicht wie in Nordrhein-Westfalen.

Vgl. zum Überblick Burgi/Deichmöller, Seite 358, Seite 359; zu einem Bauverbot Artikel 61 II des Bayerischen Wassergesetzes und § 89 I 1 des Wassergesetzes für das Land Rheinland-Pfalz, zur Genehmigungspflicht § 113 I des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, jeweils zitiert nach Juris.

Nach diesem dargelegten Unverträglichkeitskonzept kann der Schutz gegen die Bebauung im Innenbereich nicht verwirklicht werden. Dies ist nämlich mit § 34 BauGB als abschließender bundesrechtliche Regelung über die grundsätzliche Bebaubarkeit des Innenbereichs unvereinbar. Das Baurecht prägt die Baulandfunktion des Innenbereichs. Das hochgesteckte Ziel der Bebauungsfreiheit kann nicht erreicht werden. Da ein bebauungswidriges Überschwemmungsgebiet im Innenbereich mithin sein Ziel nicht erreichen kann, muss dessen Erforderlichkeit verneint werden. Die Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets hat deshalb im Innenbereich - ebenso wie im beplanten Baugebiet - nach dieser in sich konsequenten Auffassung zu unterbleiben, da der Innenbereich keine Freifläche ist.

Dem steht das Verträglichkeitskonzept gegenüber, wonach sich im Innenbereich Baurecht und Wasserrecht gegenseitig zu respektieren haben und im Sinne der Festsetzung eines bebauungstoleranten Schutzgebietes vereinbar sind.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnrn. 37 a und 37 b zum beplanten Bereich und zum unbeplanten Innenbereich, unter Betonung der Respektierung bestehender Baurechte durch den Landeswassergesetzgeber; ebenso für ein dem Überschwemmungsgebiet systemverwandtes Wasserschutzgebiet der Beschluss des 8. Senats des OVG des Saarlandes vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, Seite 18 des amtliche Umdrucks, im Sinne einer Koexistenz von Fortbestand und Fortentwicklung der baulichen Nutzung und elastischer Anpassung der Auflagen des Wasserrechts.

Für die Vereinbarkeit von Baurecht und Wasserrecht spricht zunächst ganz schlicht, dass der überschwemmungsgefährdete Innenbereich nach der vorgefundenen Lage sowohl von der Bebaubarkeit als auch der Überschwemmungsgefahr geprägt, mithin doppelt situationsgebunden ist.

Formal ist zunächst auf die Definition des Überschwemmungsgebietes in § 32 I 1 WHG zu verweisen, wonach es sich, soweit einschlägig, um sonstige Gebiete handelt, die bei Hochwasser überschwemmt oder durchflossen werden. Die Definition des Bundesgesetzgebers ist für die Länder verbindlich.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 9.

Sie entscheidet die hier einschlägige Frage aber nicht ausdrücklich.

Da die 6. WHG-Novelle vom 11.11.1996 (BGBl. I S. 1690) zur Erweiterung des vorbeugenden Hochwasserschutzes gerade auf den Hochwasserereignissen an Rhein und Mosel 1993 und 1995 als Jahrhunderthochwasser beruht

Burgi, DÖV 2003, 358, 359

und dort auch Innenstädte überschwemmt waren, hätte eine Regelung des Innenbereichs nach den frisch zurückliegenden Erfahrungen wohl nahe gelegen. Sie ist indessen nicht erfolgt, sondern bleibt offen. Eine ausdrückliche Einbeziehung des Innenbereichs nach § 34 BauGB enthält erst § 31 b IV des WHG-Entwurfs des BMU vom 7.8.2003, der noch nicht geltendes Recht ist.

Nach den Motiven des Bundesgesetzgebers für das geltende Recht ging es über die Regelung des Wasserabflusses hinaus um vorbeugenden Hochwasserschutz.

Czychowski/Reinhardt, WHG, § 32 Rdnr. 2, unter Verweisung auf die Bundestagsdrucksache 13/1207.

Für eine weite Auslegung des Überschwemmungsgebiets einschließlich des unbeplanten - und beplanten - Innenbereichs spricht weiter die umfassende Zweckbestimmung der Überschwemmungsgebiete nach der Rahmenvorschrift des §§ 32 I 2 Nr. 1 bis 4 WHG und der inhaltsgleich ausfüllenden Vorschrift des § 79 I Nr. 1 bis 4 SWG. Die Unverträglichkeitsauffassung kann nur überzeugen, wenn ein Überschwemmungsgebiet wie von ihr angenommen auf den prägenden Zweck der natürlichen Rückhalteflächen reduziert wird, der in der Tat auf den Innenbereich nicht passt. Der Innenbereich kann nicht als Freifläche beansprucht werden.

In Wirklichkeit hat sich der Wassergesetzgeber nicht auf das "Anspruchsniveau" von Retentionsflächen festgelegt, sondern auf eine weite Fassung alternativer Zwecke, die unterschiedlich weit gehen. Insbesondere kann ein Überschwemmungsgebiet festgesetzt werden zum Erhalt oder zur Rückgewinnung natürlicher Rückhalteflächen (§ 32 I 2 Nr. 3 WHG, § 79 I Nr. 3 SWG) oder zur Regelung des Hochwasserabflusses (§ 32 I 2 Nr. 4 WHG, § 79 I Nr. 4 SWG). Entscheidend ist die Oder-Fassung in Bundes- und Landesgesetz, die es mithin ausdrücklich erlaubt, dass ein Überschwemmungsgebiet auch gänzlich ohne Erreichung des Retentionszwecks festgesetzt wird. Die Regelung des Abflusses wird vom Gesetzgeber ausdrücklich zu einem der Zwecke erklärt, für die ein Überschwemmungsgebiet festzusetzen ist.

Czychowski/Reinhardt, WHG, § 32 Rdnr. 8.

Natürliche oder künstliche Hindernisse können den schadlosen Abfluss des Hochwassers beeinträchtigen.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 4.

Nach der umfassenden wasserrechtlichen Zweckbestimmung kann mithin zwischen Retentionsgebieten und Hochwasserabflussgebieten unterschieden werden.

Vgl. zu einer solchen Gegenüberstellung Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32 Rdnr. 11.

Aus der Sicht des Wasserrechts lässt es der Gesetzgeber zu, dass der anspruchsvollere Zweck der Erhaltung und Wiedergewinnung natürlicher Rückhalteflächen zurücktritt und die Regelung des Wasserabflusses als schlichter Zweck in den Vordergrund tritt. Die Regelung des Hochwasserabflusses im Innenbereich richtet sich dann nicht gegen die Bebaubarkeit. Das Wasserrecht hat dann nur ein "tief gestecktes" Ziel. Damit besteht von der Seite des Wasserrechts her Raum für die Verträglichkeit mit der anzuerkennenden Hauptnutzung des Innenbereichs als Bauland. Das Wasserrecht muss diese Hauptfunktion des Innenbereichs anerkennen und darf für ein Hochwasserabflussgebiet keine Baurechte entziehen. Der Entzug bestehender Baurechte von Privaten wäre mit dem Grundrecht aus § 14 I GG nicht vereinbar.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32 Rdnr. 37 a für den Bereich eines Bebauungsplanes und inhaltsgleich § 32 Rdnr. 37 b für den unbeplanten Innenbereich.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer neueren Entscheidung für den Konflikt von Baurecht und Umweltschutzrecht in Form von Naturschutzschutzrecht für die streitige Bebaubarkeit einer Baulücke des Innenbereichs eine Lösung zugunsten der Bebaubarkeit ausdrücklich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorgezeichnet, die auch hier anwendbar ist.

BVerwG, Urteil vom 11.1.2001 - 4 C 6/00 -, BVerwGE 112, 321; die Vorinstanz hatte die Bebaubarkeit am Naturschutzrecht scheitern lassen.

Als Konsequenz des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung zur Konfliktlösung ausgeführt:

Für die Bebaubarkeit von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich bedeutet dies, dass sie grundsätzlich nicht an § 20 f Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG scheitern kann. Aus der Vorschrift können sich aber Anforderungen an das Vorhaben, insbesondere an die Dimensionierung des Baukörpers, an seine Lage auf dem Baugrundstück sowie an die Art und Weise und die Zeit der Bauausführung ergeben.

Das Baurecht bestimmt die Bebaubarkeit und das Naturschutzrecht die Ausführung. Eine naturschutzverträgliche Ausfüllung einer Baulücke entspricht mithin der Verhältnismäßigkeit.

Eine vergleichbare verhältnismäßige Lösung für Überschwemmungsgebiete im Innenbereich bedeutet, dass nicht nur der baurechtliche Bestand Schutz hat, sondern die grundsätzliche Bebaubarkeit von Baulücken im Innenbereich einschließlich der Randlagen nicht am Wasserrecht scheitern kann. Aus dem Wasserrecht können sich aber Anforderungen an das Vorhaben, insbesondere an die hochwasserverträgliche Dimensionierung des Baukörpers und die Lage auf dem Grundstück ergeben. So kann die Bebauung einer größeren Baulücke in der Art eines Sperrriegels gegenüber dem Hochwasserfluss dem ungehinderten Abfluss zuwiderlaufen und mithin als hochwasserunverträglich wasserrechtlich nicht genehmigt werden.

Mit dieser Auslegung sind Baurecht und Wasserrecht mit ihren Gebietsansprüchen durchaus verträglich. Der Senat folgt damit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes zu Wasserschutzgebieten, in denen der umfassende Verbotszugriff auf die Bebauung das Übermaßverbot verletzt, eine wasserrechtliche Genehmigungspflicht dagegen unter Respektierung der baulichen Nutzung elastisch gehandhabt werden kann und ausdrücklich als verhältnismäßiges Mittel zur Durchsetzung des Wasserschutzes angesehen wird.

Beschluss des 8. Senats des OVG des Saarlandes vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, Seite 17 und 18 des amtlichen Umdrucks; der BayVGH hält weitergehend im Urteil vom 13.6.1996 - 22 N 93.2863 -, BayVerwBl. 1997, 111, für den Fall eines höchstmöglichen Wasserschutzes auch den schwerwiegenden Eingriff eines grundsätzlichen Bauverbots für zulässig.

Konkret ergibt sich die Vereinbarkeit aus dem saarländischen Recht. Der saarländische Gesetzgeber hat das Konzept einer verhältnismäßigen Verträglichkeit von Wasserrecht und Baurecht durch die Fassung seiner wasserrechtlichen Vorschriften verwirklicht. Nach § 80 II 1 SWG 1998 bedarf der Genehmigung der unteren Wasserbehörde, wer in Überschwemmungsgebieten Anlagen herstellen oder beseitigen will. Dagegen ist nach § 80 I Nr. 2 SWG die Ausweisung neuer Bauflächen in Bauleitplänen verboten. Der Verordnungsgeber übernimmt mit § 3 I b und § 3 II Nr. 2 der Verordnung inhaltsgleich diese Gesamtregelung. Sie ist im Übrigen auch in § 31 b IV 1 und 2 des WHG-Entwurfs vom 7.8.2003 enthalten.

Das Verbot der Ausweisung neuer Bauflächen in Bauleitplänen nach § 80 I Nr. 2 SWG richtet sich ausschließlich gegen die Planungstätigkeit der Gemeinden, nicht aber gegen Bauanträge von Privaten. Wie die Antragsteller nicht verkennen, ist für Bauanträge von Privaten allein die Genehmigungsvorschrift des § 80 II 1 SWG maßgebend, die die Herstellung oder Beseitigung von Anlagen und damit auch baulichen Anlagen der Genehmigung der unteren Wasserbehörde unterwirft. Auch für das Lagern von Stoffen gilt kein Verbot, sondern die Genehmigungspflicht des § 80 II 1 SWG sowie § 3 II Nr. 4 der angegriffenen Verordnung, wie die Antragsteller nicht verkennen. Entgegen der Meinung der Antragsteller hat die Genehmigungsmöglichkeit nicht nur theoretische Bedeutung. Maßgebend für die Genehmigung ist eine hochwasserverträgliche Ausführung. Die Genehmigungsgesichtspunkte sind § 80 III SWG und inhaltsgleich § 3 III der Verordnung zu entnehmen; einschlägig ist in dem hier betroffenen Innenbereich allein die erste Genehmigungsalternative, wonach keine Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses vorliegen soll. Auf die Ausnahmegenehmigung besteht ein Rechtsanspruch, wenn der Hochwasserschutz nicht entgegensteht.

Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Auflage 2003, § 32 Rdnr. 33.

Nach der Auslegung des Senats steht der Hochwasserschutz im Innenbereich bereits dann nicht entgegen, wenn eine abflussgünstige und damit hochwasserverträgliche Ausführung gewählt wird. Dies ist für bauliche Anlagen und Lager ohne weiteres möglich, und nach dem Grundgedanken der bereits dargelegten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Baulücken scheitert die Genehmigung der Bebaubarkeit einschließlich der Unterhaltung eines Lagers nicht am Wasserrecht, vielmehr wird allein die Ausführung durch den möglichst freien Abfluss für das Hochwasser modifiziert.

Bei dieser Auslegung ist dann auch eine gebietsumfassende Kontrolle des überschwemmten Innenbereichs vernünftigerweise geboten. Sie kann nicht durch das noch mildere Mittel reiner Bauauflagen nach Baurecht ersetzt werden, denn dann könnten Wasserrechtsinteressen nur mittelbar geschützt werden.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 26, 36.

Zwischen Baurecht und Wasserrecht besteht im Überschwemmungsgebiet ein Spannungsfeld mit erheblicher Bedeutung.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 36.

Eine umfassende Einbeziehung des überschwemmten Innenbereichs unter dem Gesichtspunkt der hochwasserverträglichen Baugestaltung ist vernünftigerweise geboten. Die flächenbezogene Vielfalt der Gestaltung von Häusern, Anbauten, Mauern und Garagen, Lagerräumen und Lagerplätzen wie hier im dörflichen Bereich kann in ihrer Gesamtwirkung die Hochwassersituation örtlich deutlich verschärfen. Gerade dies erfordert die gebietsumfassende Kontrolle mit Blick auf den freien Abfluss des Hochwassers durch die sachkundige Wasserbehörde. Der Hochwasserschutz erhält damit im überschwemmten Innenbereich das erforderliche Gewicht, um bei grundsätzlich fortbestehender Bebaubarkeit und Fortbestand von Lagerplätzen die hochwasserverträgliche Ausführung durchzusetzen und damit wie erforderlich der Verschärfung der Hochwassersituation entgegenzuwirken.

Nach den hier zu betrachtenden wasserrechtlichen Rechtsgrundlagen - auf das Raumordnungsrecht ist noch nachfolgend einzugehen - ist die kontroverse Frage, ob das Überschwemmungsgebiet im Innenbereich vernünftigerweise geboten ist, nach der Rechtsauffassung des Senats mit der einschränkenden Auslegung zu bejahen, dass alle nach Baurecht bestehenden Bauberechtigungen und bestehenden Lager erhalten bleiben. Erforderlich ist im Innenbereich allein ein bebauungstolerantes Überschwemmungsgebiet mit einer realisierbaren Genehmigungsmöglichkeit für eine vernünftige, hochwasserverträglich Ausführung.

Damit ist einem wesentlichen Anliegen der Antragsteller Rechnung getragen, denen mit dem bürokratischen Hindernis einer nur theoretischen Genehmigungsmöglichkeit für das bestehende Speditionslager nicht geholfen wäre.

Während das Baurecht und das Wasserrecht unmittelbar die Eigentümerinnen und Eigentümer betreffen und eines verhältnismäßigen Ausgleichs bedürfen, gilt dies nicht für das von den Antragstellern angeführte Raumordnungsrecht, bei dem es um die Koordinierung innerhalb von Planungsträgern geht.

Die förmliche Ausweisung des nach Wasserrecht erforderlichen Überschwemmungsgebietes einschließlich des Innenbereichs verletzt nicht Raumordnungsrecht. Insbesondere scheitert die am 6.10.2000 verkündete und am 7.10.2000 in Kraft getretene Überschwemmungsgebietsverordnung vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532) nicht etwa an dem im Jahr 2000 erreichten Stand der Landesentwicklungsplanung des Saarlandes. Nach dem Verhältnis von Wasserrecht und Raumordnungsrecht steht den Schutzanordnungen eines förmlichen Überschwemmungsgebiets, das nach Wasserrecht erforderlich ist, im Schutzumfang abweichendes Raumordnungsrecht nicht mit der Folge der Unwirksamkeit entgegen; darüber hinaus ist ein konkreter Konflikt mit abweichendem Raumordnungsrecht im maßgebenden Zeitpunkt (6.10.2000) nicht ersichtlich.

Das Raumordnungsrecht richtet sich als Adressaten an die Träger der Bauleitplanung und der Fachplanung.

BVerwG, Urteil vom 15.5.2003 - 4 CN 9/01 -, S. 3 des Juris-Ausdrucks.

Nach § 4 I 1 und § 4 II des Raumordnungsgesetzes - ROG - in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 15.12.1997 (BGBl. I S. 2902) sind die Ziele der Raumordnung von öffentlichen Stellen zu beachten und die Grundsätze der Raumordnung zu berücksichtigen.

Zusammenfassend zu dieser Rechtslage BVerwG, Beschluss vom 15.4.2003 - 4 BN 25/03 -.

Die Grundsätze der Raumordnung hat der Antragsgegner bei der Ausweisung des Überschwemmungsgebietes berücksichtigt, denn nach § 2 II Nr. 8 Satz 7 ROG ist für den vorbeugenden Hochwasserschutz zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und überschwemmungsgefährdeten Bereichen. Der allein abflussbezogene Hochwasserschutz im Innenbereich wird in diesem Raumordnungsgrundsatz nicht behandelt, und insofern scheidet ein Konflikt aus.

Die zu beachtenden Ziele der Raumordnung und Landesplanung werden nach § 4 des Saarländischen Landesplanungsgesetzes - SLPG - vom 27.4.1994 (Amtsbl. S. 866) in den Landesentwicklungsplänen festgelegt. Der Landesentwicklungsplan Umwelt 1980 in der Fassung der 6. Änderung vom 30.3.1999 (Amtsbl. S. 697) enthält nach dem im Jahr 2000 erreichten Stand gemäß Nr. 38 nach seiner Systematik Vorranggebiete für Naturschutz, Wasserwirtschaft, Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Erholung und gewerbliche Wirtschaft, aber noch nicht landesplanerische Überschwemmungsgebiete. Dies soll erst mit der derzeit anstehenden Novellierung erreicht werden. Der hier einschlägige Raum H. ist nach Nr. 74 als Schwerpunktraum der Erholung ausgewiesen und nach Nr. 248 ist der Ausbau als Naherholungszentrum geplant. Darin liegt kein planerischer Widerspruch zur Ausweisung eines Überschwemmungsgebietes. Auch nach Auffassung der Ministerkonferenz für Raumordnung ist der Hochwasserschutz mit der Erholungsfunktion vereinbar.

Handlungsempfehlungen der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 14.6.2000, Nr. 6.5.

Fehlt es im maßgebenden Zeitpunkt an einem konkreten Konflikt zwischen dem Überschwemmungsgebiet nach Wasserrecht und dem Stand der Landesentwicklungsplanung, so kann auch die weitere Landesentwicklungsplanung (vgl. zur Relevanz von in der Aufstellung befindlichen Zielen der Raumordnung § 3 Nr. 4 ROG) das wasserrechtlich Schutzsystem der Verordnung nicht zu Fall bringen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner neueren Rechtsprechung das Kompetenzverhältnis von Umweltschutzrecht in Form von Naturschutzrecht und landesrechtlicher Regionalplanung geklärt.

BVerwG, Urteil vom 30.1.2003 - 4 CN 14/01 -, S. 5/6 des Juris-Ausdrucks.

Danach unterliegt die Regionalplanung kompetenziellen Schranken gegenüber der umweltschutzrechtlichen Fachplanung der Naturschutzbehörden und konsequenterweise auch der Wasserbehörden. Das Kompetenzverhältnis hat das Bundesverwaltungsgericht in dem angeführten Urteil (S. 6 des Jurisausdrucks) wie folgt geklärt:

Der Raumordnung bleibt es unbenommen, aus den Vorgaben der informellen Landschaftsplanung und den rechtsverbindlich festgesetzten Schutzgebieten eine gesamträumlich integrierende Konzeption zu entwickeln.

Weiter heißt es in diesem Urteil (S. 6):

Die Landesplanungsbehörde darf die Wertungen, die dem verordnungsrechtlichen Schutzsystem zugrunde liegen, nicht beiseite schieben und ein eigenes Schutzregime aufrichten.

Das vom Bundesverwaltungsgericht festgelegte Kompetenzverhältnis schließt es mithin ausdrücklich aus, dass die Landesplanungsbehörde das Schutzsystem einer Verordnung beiseite schieben darf. Mithin hat die erlassene Überschwemmungsgebietsverordnung unter dem Gesichtspunkt des Raumordnungsrechts auch dann Bestand, soweit der in der Aufstellung befindliche Landesentwicklungsplan übereinstimmend mit der landesplanerischen Stellungnahme vom 28.1.2000 (Behördenordner I, Bl. 53) geringere Gebietsgrenzen für Überschwemmungsgebiete im Saarland vorsieht. Daher steht abschließend fest, dass die angegriffene Verordnung das Raumordnungsrecht nicht verletzt.

Nach allem kann auch unter Beachtung des Raumordnungsrechts die Einbeziehung des Innenbereichs in die angegriffene Verordnung rechtlich nicht beanstandet werden.

Die Antragsteller sind der Ansicht, selbst bei Einbeziehung des Innenbereichs sei dann aber die parzellengenaue Abgrenzung mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar. Der Antragsgegner habe nämlich vier Parzellen zu wenig im Randbereich in das Überschwemmungsgebiet einbezogen, und zwar die Grundstücke Z , G . Nach dem ursprünglichen Vortrag der Antragsteller hatten sie angenommen, dass diese Anwesen gänzlich ohne sachlichen Grund ausgenommen worden seien. Demgegenüber hat der Antragsgegner in einer konkreten fachlichen Stellungnahme dargelegt, bezogen auf die streitigen Anwesen komme allenfalls der Einstau in einigen Kellern in Betracht, der aber nicht Grundlage der Festsetzung sei. Diesem Abgrenzungskriterium als solchem haben die Antragsteller nicht mehr konkret widersprochen, vielmehr allgemein die Sorgfalt der Grenzziehung in Zweifel gezogen und es als nicht ausreichend angesehen, soweit nur einzelne und nicht alle Anlieger befragt wurden (Gerichtsakte Bl. 84).

Der Vortrag der Beteiligten zur Ausgrenzung dieser vier Grundstücke vermag einen Rechtsfehler der Verordnung nach dem rechtlich heranzuziehenden Maßstab des Übermaßverbotes nicht zu begründen. Die streitigen Grundstücke sind einschließlich des Grundstücks G aus der Karte Bl. 83 der Gerichtsakten identifizierbar; sie liegen alle am Rand des Überschwemmungsgebiets. Demgegenüber grenzt das Grundstück der Antragsteller nach dem Plan Bl. 107 der Gerichtsakte unmittelbar an die Blies und liegt damit im Zentrum der Überschwemmungsgefahr.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes für systemverwandte Wasserschutzgebiete gilt der rechtliche Maßstab der Erforderlichkeit und damit das Übermaßverbot umfassend nicht nur für die Festsetzung des Schutzgebiets im Ganzen, sondern auch für die hier einschlägige Einbeziehung einzelner Grundstücke.

BVerwG, Beschluss vom 23.1.1984 - 4 B 157.83 -, DVBl. 1984, 342; Beschluss des 8. Senats des OVG des Saarlandes vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, S. 9 des amtl. Umdrucks.

Auch für das Überschwemmungsgebiet gilt das Übermaßverbot für die Einbeziehung einzelner Grundstücke.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 25; Czychowski/Reinhardt, § 32 Rdnr. 22; Burgi/Deichmöller, S. 358, S. 361/362.

Ein Wasserschutzgebiet darf nicht über den Bereich des Erforderlichen hinaus arrondiert werden.

BVerwG, Beschluss vom 23.1.1984 - 4 B 157.83 -, DVBl. 1984, 342/343.

Einen solchen Rechtsfehler tragen die Antragsteller auch nicht vor. Dagegen muss ein Schutzgebiet bei der Festsetzung nicht vollständig ausgeschöpft werden, sondern kann sogar aus Zweckmäßigkeitsgründen begrenzt werden.

BVerwG, Beschluss vom 23.1.1984 - 4 B 157.83 -, DVBl. 1984, 342/343; ebenso für das hier betroffene Überschwemmungsgebiet Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 25; übereinstimmend Czychowski/Reinhardt, § 32 Rdnr. 22.

Die Grenzziehung richtet sich entgegen der Meinung der Antragsteller nicht nach dem allgemeinen Gleichheitssatz, sondern als besonderem Rechtssatz nach dem Übermaßverbot.

Die Aussparung von Gebäuden mit einem Hochwassereinstau lediglich im Keller kann nach dem Übermaßverbot nicht beanstandet werden.

Auch methodisch bestehen an der Grenzziehung des Antragsgegners keine durchgreifenden Zweifel. Während bei der Feststellung von Kellerhochwasser die Befragung aller betroffenen Anlieger im Sinne der Antragsteller durchaus eine naheliegende Methode wäre, ist die Feststellung der oberirdischen Überschwemmungslinie exakter und neutraler aufgrund vermessungstechnischer Arbeiten durchzuführen. Unstreitig hat der Antragsgegner zur Gegenkontrolle noch die Gemeinde und einzelne Anlieger befragt. Eine vollständige Befragung aller Anlieger drängt sich nicht auf. Vermessungstechnisch weist der Plan Bl. 107 der Gerichtsakte aus, dass die Wohnstraße der Antragsteller insgesamt 9 Vermessungspunkte enthält, also engmaschig vermessen wurde. Dies spricht für das Gericht nachvollziehbar für eine sorgfältige Vermessung der Höhenlinien der Hochwassergrenze auf Grund der engmaschigen Vermessungspunkte. Die Antragsteller haben in der mündlichen Verhandlung nur allgemeine Zweifel geäußert, die die fachkundige Vermessung nicht konkret in Frage stellen. Der Senat ist von der Richtigkeit der Vermessung überzeugt.

Mithin führt der Vortrag der Antragsteller mit dem Ziel der Erweiterung des Überschwemmungsgebiets um einige Randparzellen zu keinem Rechtsfehler der Verordnung.

Der für die Kontrolle des Überschwemmungsgebietes maßgebende Erforderlichkeitsmaßstab gilt umfassend nicht nur für die Gebietsfestsetzung und die Einbeziehung der einzelnen Grundstücke, sondern auch für den Inhalt der Nutzungseinschränkungen.

Beschluss des 8. Senats des OVG des Saarlandes vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, S. 9 des amtl. Umdrucks, für das systemverwandte Wasserschutzgebiet; Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 25, für das Überschwemmungsgebiet.

Die Antragsteller halten die Genehmigungstatbestände für nicht erforderliche Eingriffe, soweit es um die Genehmigungsbedürftigkeit der Betriebsausübung des Speditionsbetriebs und der Lagerung der Güter, der Unmöglichkeit einer Veränderung und der Versagung von Baugenehmigungen geht. Konkret richten sich damit die Angriffe der Antragsteller gegen die Genehmigungstatbestände der Herstellung oder Beseitigung von Anlagen (§ 3 II Nr. 2 der streitigen Verordnung und § 80 II Nr. 1 SWG) und damit auch baulicher Anlagen sowie gegen den Tatbestand des Lagerns von Stoffen (§ 3 II Nr. 4 der Verordnung und § 80 II Satz 1 SWG) im Fall eines bereits bestehenden Lagerplatzes; die übrigen Genehmigungstatbestände sind insoweit nicht konkret angegriffen.

Nach Auffassung des Senats verstoßen die beiden Genehmigungstatbestände bezogen auf den hier allein einschlägigen Innenbereich bei gebotener einengender Auslegung nicht gegen das Übermaßverbot. Die Notwendigkeit einengender gesetzeskonformer Auslegung ergibt sich daraus, dass nach § 80 II 1 SWG auf ein willentliches, also zielgerichtetes Vorgehen abgestellt wird und unerhebliche Einwirkungen auf den Hochwasserabfluss nach der gesetzgeberischen Absicht des § 80 IV nicht notwendig genehmigungsbedürftig sind. Entgegen der Meinung der Antragsteller führt der Genehmigungstatbestand der Herstellung oder Beseitigung von Anlagen nicht etwa erweiternd auch zur Genehmigungspflicht für Änderungen. Änderungen sind von der wasserrechtlichen Genehmigungspflicht nicht erfüllt. Bezogen auf die Herstellung von Anlagen ist die Genehmigungspflicht deshalb sinnvoll und vernünftigerweise geboten, weil wie dargelegt durch die Art der Baugestaltung - etwa in Form eines Sperrriegels gegen den Hochwasserstrom - die örtliche Hochwassersituation verschärft werden kann, was durch die wasserrechtliche Genehmigungspflicht verhindert wird. Abzustellen ist als Genehmigungsgesichtspunkt im Innenbereich nach § 3 III der Verordnung allein auf die erste Alternative der Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses. Die Wasserbehörde muss also konstruktiv bemüht sein, für die vorgesehene Bebauung eine hochwasserverträgliche Ausgestaltung zu finden und in Form von Auflagen zu genehmigen; ein Verbot der Bebaubarkeit scheidet aus. Bei der Beseitigung von Anlagen geht es allein darum, einen hochwasserverträglichen Abriss zu erreichen, wobei etwa verbleibender lockerer Schuttboden gegebenenfalls hochwasserunverträglich sein kann. In dieser Auslegung ist der Genehmigungstatbestand vernünftigerweise geboten.

Der weitere von den Antragstellern angegriffene Genehmigungstatbestand des § 3 II Nr. 4 der Verordnung betrifft das Lagern von Stoffen. Aus Gründen des Übermaßverbots ist sie von Kleinlagerungen abzugrenzen und umfasst Lagerbedarf im Umfang eines Lagerplatzes. Dies trifft auf das Speditionslager der Antragsteller mit einer Lagerfläche von 400 qm ohne weiteres zu. Nach den Gesetzesmaterialien dient dieser Genehmigungstatbestand der Verhinderung von Beeinträchtigungen des Wasserabflusses.

Landtagsdrucksache 11/1297 vom 8.7.1997, S. 21, zu Nr. 26 c in Verbindung mit S. 10.

Dieser Gesetzeszweck trifft auf sperrige Güter und hier auf Paletten zu. Es soll verhindert werden, dass sperrige Güter an Engpässen wie etwa Brücken den Hochwasserabfluss behindern. Vorkehrungen dagegen sind auf einem Lagerplatz vernünftigerweise geboten. Entscheidend ist der Lagerzustand, der im Ganzen hochwasserverträglich sein muss. Eine hochwasserverträgliche Lagerung aller sperrigen Güter auf einem Grundstück kann gegebenenfalls bereits mit einer genügend hohen hochwasserwirksamen Umzäunung verwirklicht werden. Schüttgüter bedürfen einer zusätzlichen Sicherung, etwa durch wasserdichte Verpackung oder Ummauerung. Ein ummauerter Anbau ist bereits vorhanden. Ein Verbot eines Lagers scheidet aus, vielmehr ist nach § 3 III der Verordnung im Innenbereich allein auf den Genehmigungsgesichtspunkt der Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses zu achten. Eine konstruktive Lösung muss möglich sein. In dieser einschränkenden Auslegung ist die Vorschrift vernünftigerweise geboten.

Eine vom Senat vorgenommene Überprüfung der weiteren Verbots- und Genehmigungstatbestände des § 3 I und II der Verordnung lässt erkennen, dass auch die übrigen Nutzungseinschränkungen bei vernünftiger Auslegung das Maß des Gebotenen nicht überschreiten. Jeweils unter Beachtung der gesetzlichen Kriterien der Zielgerichtetheit und der Hochwassererheblichkeit und des Übermaßverbots sind insbesondere alltägliche gärtnerische und landwirtschaftliche Arbeitsschritte von der Genehmigungspflicht ausgenommen. Dies bedarf hier keiner näheren Darlegung, weil die Antragsteller keine konkreten Rügen in dieser Hinsicht erhoben haben. Die Verordnung hält den Erforderlichkeitsmaßstab ein.

II.

Die Antragsteller halten dem Normgeber entgegen, er habe mit der angegriffenen Verordnung gegen ihre Grundrechte nach Art. 14 I GG, Art. 12 I GG und Art. 3 I GG verstoßen. Die gerügten Grundrechtsverstöße werden von dem Senat nacheinander behandelt.

Zu Art. 14 I GG tragen die Antragsteller vor, das Grundrecht auf Eigentum sei weit zu verstehen einschließlich der Baufreiheit, der verwirklichten Grundstücksnutzungen und des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Die Inhalts- und Schrankenbestimmungen seien nur verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügten. Dies sei hier nicht der Fall. Der Entzug der uneingeschränkten Nutzung einschließlich der bisherigen Lagerung von Gütern auf dem Betriebsgrundstück, die Unmöglichkeit von Veränderungen und die Versagung von Baugenehmigungen sei unverhältnismäßig; diese Einschränkungen führten auch zu einem Wertverlust des Grundstücks und höheren Versicherungsprämien.

Zu Recht gehen die Antragsteller davon aus, dass hier eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne von Art. 14 I 2 GG vorliegt. Dabei handelt es sich um generelle und abstrakte Beschränkungen der Nutzungsmöglichkeiten des Eigentums.

BVerwG, Beschluss vom 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 -, dort für die Eigentumsbeschränkungen aufgrund des Denkmalschutzrechts.

Außer Streit ist zwischen den Beteiligten der rechtliche Ansatz für die Prüfung von Inhaltsbestimmungen des Eigentums. Zu Recht gehen die Beteiligten mit der Verfassungsrechtsprechung davon aus, dass eine Inhaltsbestimmung des Eigentums seine Regelgrenze in dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz findet.

BVerfG, Beschluss vom 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 -, bezogen auf das Denkmalschutzrecht; BVerwG, Beschluss vom 15.4.2003 - 7 BN 4.02 -, DVBl. 2003, 1074, bezogen auf die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für Wasserschutzgebiete.

Nur als Ausnahmegrenze kann eine real unverhältnismäßige Regelung mit einem zusätzlichen finanziellen Ausgleich hingenommen werden, wenn eine real verhältnismäßige Lösung praktisch nicht möglich ist.

BVerfG, Beschluss vom 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 -,

BVerwG, Beschluss vom 15.4.2003 - 7 BN 4.02 -.

Das Grundstück der Antragsteller ist mit einem Wohnhaus bebaut. Zu Recht außer Streit ist zwischen den Beteiligten, dass der Bestand des Wohnhauses von der wasserrechtlichen Überschwemmungsgebietsverordnung unberührt bleibt.

Soweit die Antragsteller - was nicht ausdrücklich vorgetragen ist - einen weiteren Bau für Wohnzwecke oder Lagerzwecke planen, greift dafür kein Verbot ein, sondern die Genehmigungspflicht des § 3 II Nr. 2 in Verbindung mit Nr. 4 der Verordnung. Entgegen der Meinung der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung ist die Genehmigung nicht nur ein theoretischer Fall, sondern sie muss bei hochwasserverträglicher Ausführung auch gegeben werden. Auf die Genehmigung besteht beim Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch.

Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Auflage 2003, § 32 Rdnr. 33.

Dies ist eindeutig und muss entgegen der Befürchtung der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung nicht erst durch weitere Prozesse geklärt werden. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

OVG des Saarlandes, Beschluss vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, S. 18/19

besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen wasserrechtlichen Verboten und wasserrechtlichen Genehmigungspflichten. Ein umfassendes Verbot mit Dispensregelung lässt nur Ausnahmen im Einzelfall zu, fordert mithin die Darlegung eines atypischen Falls für die Bebaubarkeit und bedeutet im Regelfall, dass nicht gebaut werden darf. Demgegenüber ist die wasserrechtliche Genehmigungspflicht mit dem Fortbestand und der Erweiterung der typischen baulichen und gewerblichen Nutzung vereinbar, sie ist von der Behörde elastisch zu handhaben und ermöglicht eine Anpassung der Vorhaben an die Auflagen des Wasserrechts.

Davon ausgehend wird den Antragstellern die bauliche und gewerbliche Nutzung ihres Grundstücks nicht entzogen. Weder das Wohnhaus noch der bestehende Lageranbau noch der Gewerbebetrieb als solcher sind genehmigungspflichtig.

Genehmigungsbedürftig ist allerdings nach der Auslegung des § 3 II Nr. 4 der Verordnung der Lagerplatz der Antragsteller aus Anbau und Hof. Die Lagerung in einem Lagerhaus dürfte in jedem Fall hochwassersicher sein, die Lagerung in dem umzäunten Hof im ungünstigen Fall erst nach einer stärker hochwassergesicherten - genügend hohen und stabilen - Ausführung der Umzäunung. Etwaiges Schüttgut kann gegebenenfalls in dem ummauerten Anbau untergebracht werden. Mithin verbleibt nach der gebotenen einschränkenden Auslegung der Genehmigungstatbestände als reale Einschränkung über die formale Genehmigungspflicht hinaus die Pflicht, das Lager im Hof mit einer hochwassergeeigneten Umzäunung dauerhaft zu versehen. Diese verbleibende Belastung entspricht der Situationsgebundenheit des Grundeigentums als überschwemmungsgefährdeter Fläche und erhält die Privatnützigkeit fast vollständig. Nach eigenem Bekunden müssen sich die Antragsteller mit regelmäßigem Hochwasser abfinden. Eine hochwasserverträgliche Ausgestaltung ihres flussnahen Lagerplatzes liegt dann zumindest auch teilweise im Interesse der Eigentümer.

Realistisch muss gesehen werden, dass die hochwasserwirksame Umzäunung wegen der Kosten möglicherweise nicht die einträglichste Nutzung des Grundeigentums ist. Indessen schützt Art. 14 I GG nach der Verfassungsrechtsprechung nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums.

BVerfG, Beschluss vom 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 -, BVerfGE 100, 226.

Ebenso hat das Bundesverwaltungsgericht die umweltschutzverträgliche Ausfüllung einer Baulücke ungeachtet der nicht ausdrücklich erwähnten Kostenbelastung als verhältnismäßig angesehen.

BVerwG, Urteil vom 11.1.2001 - 4 C 6/00 -, BVerwGE 112, 321.

Bei der verbleibenden Abwägung der privaten Belastung und des öffentlichen Interesses an dem Eingriff überwiegt das Gemeinwohlinteresse. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedeutet der Schutz vor Überflutungen auch an Flüssen ein Gemeinwohlinteresse von überragender Bedeutung.

BVerfG, Beschluss vom 25.3.1998 - 1 BvR 1084/92 -; der flussbezogene Sachverhalt ergibt sich aus der zugrundeliegenden früheren Entscheidung des BVerwG vom 15.6.1992 - 7 B 122/91 -.

Mithin ist die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zu bejahen, soweit es um die Nutzung des Eigentums der Antragsteller an ihrem Lagerplatz geht.

Nichts anderes gilt, soweit es im Rahmen des Art. 14 I GG um den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Antragstellers als Spediteur geht. Dieses Recht bietet inhaltlich Bestandsschutz gegen einen Eingriff in die Substanz des Betriebs.

Jarass, GG, 5. Auflage 2000, Art. 14 Rdnr. 10.

Von einem solchen Eingriff in die Substanz kann nach der Auslegung des Senats schon deshalb nicht gesprochen werden, weil der Betrieb auf demselben Betriebsgrundstück fortgeführt werden kann und damit die von den Antragstellern einleuchtend hervorgehobenen logistischen Bedürfnisse einer konzentrierten Lagerung zur prompten Auftragsabwicklung erfüllbar sind. Unabhängig davon geht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs durch Art. 14 GG nicht so weit, dass der Betriebsinhaber alle ihm gehörenden Grundstücke für Betriebszwecke nutzen darf.

BVerwG, Urteil vom 13.4.1983 - BVerwG 4 C 76.80 -, BVerwGE 67, 93 - 96.

Der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter gehen als der Schutz, den seine wirtschaftliche Grundlage - hier das Grundeigentum - genießt.

BVerfG, Beschluss vom 15.7.1981 - 1 BvL 77/78 -, BVerfGE 58, 300-353, im Nassauskiesungsfall; ebenso BVerwG, Urteil vom 13.4.1983 - BVerwG 4 C 76.80 -, BVerwGE 67, 93-96 im Fall eines forstwirtschaftlichen Betriebes.

Konkret bedeutet dies, dass eine verhältnismäßige Regelung des Eigentumsinhalts - hier einer hochwasserwirksamen Einzäunungspflicht - dem Übermaßverbot auch dann standhält, wenn das Grundeigentum zusätzlich Grundlage eines Gewerbebetriebs ist.

Bezogen auf die Eingriffe in Eigentümerbefugnisse hält die streitige Verordnung der Überprüfung nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stand und scheidet insoweit eine Entschädigungspflicht aus.

Die Antragsteller sehen die von ihnen angenommene unverhältnismäßige Eigentumseinschränkung indessen nicht nur nutzungsbezogen, sondern auch wertbezogen. Bereits die Einbeziehung bebauter Grundstücke des Innenbereichs in den Schutzbereich einer Überschwemmungsgebietsverordnung führe zu einem Wertverlust der Grundstücke und zu höheren Versicherungsprämien (Gerichtsakten Bl. 13). Der Grundstückswert als solcher soll also vor Veränderungen durch die Planung geschützt werden.

Der Antragsgegner bestreitet zwar eine Auswirkung der Gebietsfestsetzung auf den Verkehrswert. Das ist aber im Ansatzpunkt nicht ohne weiteres überzeugend. Nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts spiegelt der Verkehrswert sowohl Nutzungselemente als auch Planungs- und Marktelemente.

BVerfG, Beschluss vom 16.2.2000 - 1 BvR 242/91 -, UPR 2000, 302, 303.

Nach diesem Ansatz kann sich ein Überschwemmungsgebiet sowohl wegen der Nutzungseinschränkungen als auch wegen der gebietsmäßigen Überplanung tendenziell auf den Verkehrswert auswirken.

Auf den Streit der Beteiligten im Tatsächlichen kommt es indessen für die Entscheidung der Normenkontrolle nicht an. Es bedarf keiner Beweisaufnahme. Entscheidungserheblich ist hier vielmehr die genaue Abgrenzung des Schutzbereichs des verfassungsrechtlichen Eigentums. Das Eigentum nach Art. 14 I GG umfasst über das zivilrechtliche Eigentum hinaus alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten ebenso ausschließlich wie Eigentum an einer Sache zur privaten Nutzung und zur eigenen Verfügung zugeordnet sind.

BVerfG, Beschluss vom 9.1.1991 - 1 BvR 929/89 -, DÖV 1991, 377.

Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz reicht weiter als das zivilrechtliche Eigentum, hat aber Grenzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht bleibt er an Rechtspositionen gebunden.

BVerfG, Urteil vom 8.4.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267, 300.

Kein Eigentum im Sinn von Art. 14 I GG ist das Vermögen, das selbst kein Recht ist, und vom Bundesverfassungsgericht als fluktuierend angesehen wird.

BVerfG, Urteil vom 8.4.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267-300, betreffend Vermögensvollstreckung.

Das Sinken des Verkehrswertes aufgrund verhältnismäßiger öffentlicher Maßnahmen kann mithin aus der Sicht des Verfassungsrechts nicht als Eingriff in eine Rechtsposition mit erforderlichem Rechtfertigungsgrund eingestuft werden. Somit führt eine als richtig angenommene Senkung des Verkehrswertes nicht zur Rechtsverletzung. Konsequenterweise ist auch der Status der Schuldenfreiheit keine eigentumsrechtliche Position im Sinn von Art. 14 I GG.

BVerfG, Urteil vom 8.4.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267-301.

Soweit die Antragsteller mithin höhere Versicherungsprämien aufbringen müssen und insofern mit Schulden belastet sind, liegt darin kein Eingriff in eine eigentumsrechtliche Position, der der Rechtfertigung durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bedarf. Die Auferlegung einer Geldleistungspflicht berührt nach der Verfassungsrechtsprechung das Eigentum grundsätzlich nicht; der Ausnahmefall einer erdrosselnden Wirkung liegt nur vor, wenn die Erdrosselung die Regelwirkung der Norm ist.

BVerfG, Urteil vom 8.4.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267-301.

Das scheidet bei der angegriffenen wasserrechtlichen Norm eindeutig aus.

Mithin führt auch die wertbezogene Argumentation der Antragsteller nicht zu einem Rechtsfehler der Verordnung.

Im Rahmen der Eigentumsprüfung ist auf den Gesichtspunkt von Ausgleichspflichten des Normgebers einzugehen. Die angegriffene Verordnung enthält keinen finanziellen Ausgleich für die betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts speziell zum Wasserrecht bedarf eine Wasserschutzgebietsverordnung jedenfalls dann verfassungsrechtlich keiner finanziellen Ausgleichsfestsetzung, wenn sie eine unverhältnismäßige Belastung der Eigentümer real vermeidet.

BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 7 BN 4.02 -, DVBl. 2003, 1074-1075; diese Entscheidung beruht auf der neueren allgemeinen Eigentumsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 02.03.1999 -1 BvL 7/91-, BVerfGE 100, 226, im Denkmalschutzfall.

Nach dem Kontrollergebnis des Senats genügt die Inhaltsbestimmung des Eigentums durch die angegriffene Verordnung insgesamt real dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Auf die ausnahmsweise Zulässigkeit eines unverhältnismäßigen Eingriffs mit zusätzlicher finanzieller Ausgleichsregelung kommt es mithin nicht an. Die zusätzliche gesetzliche Entschädigungsregelung des § 32 I 3 WHG ist nicht einschlägig, weil keine Rückhalteflächen zurückgewonnen werden.

Im Ergebnis genügt die angegriffene Verordnung in vollem Umfang den Anforderungen des Art. 14 GG.

Weiter macht der Antragsteller einen Verstoß gegen Art. 12 GG geltend. Er betreibt den Beruf des Spediteurs und sieht einen mittelbaren Eingriff in die Berufsfreiheit darin, dass ihm nunmehr untersagt werde, auf seinem Betriebsgrundstück Lagerstätten zu unterhalten. Dies sei nicht durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt und deshalb unverhältnismäßig.

Der Schutzbereich von Art. 14 I GG und Art. 12 I GG ist dahingehend abzugrenzen, dass das Eigentumsgrundrecht das Erworbene schützt, die Berufsfreiheit dagegen den Erwerb und die Betätigung selbst.

BVerfG, Beschluss vom 25.5.1993 - 1 BvR 345/83 -, BVerfGE 88, 366-377.

Soweit es dem Antragsteller mithin um seine Betätigung als Spediteur geht, ist das Grundrecht auf Berufsfreiheit einschlägig. Ein mittelbarer Eingriff in das Grundrecht auf Berufsfreiheit liegt vor, wenn die Norm Tätigkeiten betrifft, die typischerweise beruflich ausgeübt werden.

Jarass/Pieroth, GG, 5. Auflage 2000, Art. 12 Rdnr. 12.

Ebenso wie das Verbot der Umwandlung von Dauergrünland in Ackerland (§ 3 I a der Verordnung), das typischerweise nur Landwirte betrifft, betrifft das Lagern von Stoffen nach § 3 II Nr. 4 der Verordnung in der einengenden Auslegung des Senats typischerweise gewerbliche Lagerplätze. Dann liegt mittelbar eine Berufsausübungsregelung vor, die eine hochwasserverträgliche und damit umweltfreundliche Lagerung von Stoffen auf einem Lagerplatz verlangt. Eine solche Pflicht hält sich innerhalb der Sozialbindung des Eigentums. Für eine Beschränkung der Berufsausübung genügen als Rechtfertigung bereits vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls.

BVerfG, Beschluss vom 17.4.2000 - 1 BvR 1538/98 -, DVBl. 2000, 1050/1051.

Demgegenüber steht nach der Verfassungsrechtsprechung fest, dass der Schutz vor Überflutungen auch an Flüssen ein Gemeinwohlinteresse von nachgerade überragender Bedeutung ist.

BVerfG, Beschluss vom 25.3.1998 - 1 BvR 1084/92 -.

Mithin wird die Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit durch hochwasserbezogene Genehmigungspflichten aufgrund eines mehr als nur tragfähigen, nämlich eines überragenden Gemeinwohlbelangs gerechtfertigt. Somit scheidet ein Verstoß gegen das Berufsgrundrecht aus Art. 12 I GG aus.

Als weiteren Grundrechtsverstoß machen die Antragsteller eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 I GG durch die Verordnung in Form der Aussparung einiger streitiger Grundstücke aus dem Überschwemmungsgebiet geltend. Insoweit ist aber als speziellerer Verfassungsgrundsatz wie dargelegt das Übermaßverbot einschlägig, das nicht verletzt ist.

Die nach allem vernünftigerweise gebotene Verordnung verletzt keine Grundrechte; sie ist formell und materiell rechtmäßig.

Mithin ist der Normenkontrollantrag der Antragsteller zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 I VwGO, die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nach § 132 II VwGO nicht zuzulassen; insbesondere hat der Senat das allgemeine Problem des Konflikts von Baurecht und Wasserrecht im Überschwemmungsgebiet auf der Grundlage des saarländischen Wasserrechts gelöst, das Besonderheiten im Sinne einer Vereinbarkeit von Wasserrecht und Baurecht aufweist.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist beim Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Prälat-Subtil-Ring 22, 66740 Saarlouis (Postfach 20 06, 66720 Saarlouis), innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht einzureichen.

Für die Einlegung der Beschwerde und ihre Begründung besteht Vertretungszwang. Danach muss sich der Beschwerdeführer durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

Gründe

A.

Der fristgerechte (§ 47 II 1 VwGO) Normenkontrollantrag der Antragsteller ist trotz der Bedenken des Antragsgegners zulässig. Die Antragsteller machen eine mögliche Rechtsverletzung (§ 47 II 1 VwGO) durch die angegriffene Verordnung betreffend die Festsetzung des Überschwemmungsgebietes an der Blies im Bereich der Gemeinden G vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532) geltend, die ihnen für ihren Grundbesitz und auch die Lagertätigkeit des Speditionsgewerbes wasserrechtliche Genehmigungspflichten auferlegt (§ 3 II Nr. 1 bis 5 der Verordnung). Die Antragsteller behaupten eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 14, Art. 12 und Art. 3 GG, die möglich erscheint. Bereits die Neuregelung von Pflichten kann zum Gegenstand einer Normenkontrolle gemacht werden.

vgl. dazu und zur Möglichkeitstheorie im Rahmen der Normenkontrolle Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, § 47 Rdnrn. 46 und 47.

Die vom Antragsgegner hervorgehobene Identität der Handlungspflichten nach § 3 der angegriffenen Verordnung mit denen in § 80 des Saarländischen Wassergesetzes (SWG) in der Bekanntmachung vom 3.3.1998 (Amtsbl. S. 306) in der insoweit nicht einschlägigen Änderungsfassung des Gesetzes vom 7.11.2001 (Amtsbl. S. 2158) steht nicht entgegen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts soll die Normenkontrolle nach § 47 VwGO den Rechtsschutz des Bürgers verbessern und steht sogar für durch Gesetz geänderte Verordnungen offen.

BVerwG, Urteil vom 16.1.2003 - BVerwG 4 CN 8.01 -, BVerwGE 117, 313 - 319.

Dieser Verbesserungszweck spricht hier für die Zulassung der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle statt der Verweisung auf ein verfassungsrechtliches Normenkontrollverfahren.

Für das Rechtsschutzbedürfnis genügt es, dass die Rechtsverletzung noch verhindert werden kann.

Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, § 47 Rdnr. 89.

Dies ist hier der Fall, denn das Gesetz begründet ohne die Verordnung für die Antragsteller keine Handlungspflichten. Darüber hinaus ist eine unterschiedliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Verordnung und Gesetz im Rahmen der Möglichkeitstheorie durchaus denkbar.

Zu diesem Gesichtspunkt Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, § 47 Rdnr. 89.

Das Saarländische Wassergesetz ist in seinem Abschnitt Überschwemmungsgebiete (§§ 79 bis 81) gebietsneutral, regelt nicht ausdrücklich, ob der Innenbereich einer Ortschaft einbezogen werden kann, und kann folglich aus diesem Gesichtspunkt heraus nicht für verfassungswidrig erklärt werden. Demgegenüber erfasst die hier angegriffene Verordnung eindeutig den hier einschlägigen Innenbereich von H., so dass eine Rechtsverletzung durch die Einbeziehung des Innenbereichs durchaus möglich erscheint und durch das vorliegende Normenkontrollverfahren auch noch verhindert werden kann.

Nach allem ist der Normenkontrollantrag uneingeschränkt zulässig.

B.

Der zulässige Normenkontrollantrag ist indessen unbegründet. Die angegriffene Verordnung vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532) ist im maßgebenden Zeitpunkt der Verkündung im Amtsblatt am 6.10.2000 formell und materiell rechtmäßig.

Für das Festsetzungsverfahren von Überschwemmungsgebieten gelten nach § 114 II 1, § 114 I SWG die Vorschriften über das förmliche Verwaltungsverfahren nach den §§ 63 bis 71 SVwVfG sinngemäß. Auszulegen sind nach § 114 II 2 SWG der Entwurf der vorgesehenen Rechtsverordnung mit den dazugehörigen Plänen, was hier geschehen ist. Ein Erörterungstermin (§ 73 VI SVwVfG) hat am 16.5.2000 stattgefunden (Behördenordner I S. 31), in dem der Antragsteller ausweislich seiner Unterschrift anwesend war. Mithin hat er in der Sache rechtliches Gehör zu dem Verordnungserlass erhalten und konnte jeden Gesichtspunkt zur Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Verordnung vorbringen. Zu Unrecht sehen die Antragsteller eine Beschränkung ihres Anhörungsrechts darin, dass sie nicht näher über das IRMA-Programm der Europäischen Union informiert wurden. Der Anspruch auf Gehör im Verwaltungsverfahren bezieht sich auf alle für die Entscheidung erheblichen Fragen.

Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage 2000, § 66 Rdnr. 3.

Unterlagen zum IRMA-Programm waren ausweislich der Behördenordner nicht Gegenstand des Normgebungsverfahrens. Das IRMA-Programm der Europäischen Union betrifft länderübergreifende Maßnahmen für das Rheingebiet und das Maasgebiet ("Interreg-Rhein-Maas-Aktivitäten") und fördert konkrete Investitionsprojekte

zu diesem Inhalt vgl. Handlungsempfehlungen der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 14.6.2000, abgedruckt in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, Wasserhaushaltsgesetz, Stand 2003, Anhang II 32, dort unter Nr. 4 und betrifft damit gerade nicht die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes mit Nutzungseinschränkungen für das Grundeigentum. Die Unterlagen wurden nicht beigezogen und deshalb bestand kein Einsichtsrecht. Für die vorhandenen Unterlagen wurde ausweislich des Erörterungsprotokolls, S. 8, Akteneinsicht angeboten.

Mit Blick auf die formelle Fehlerhaftigkeit der Verordnung machen die Antragsteller ein Abwägungsdefizit des Verordnungsgebers in erheblichem Umfang geltend. Die Zurückweisung der Einwendungen sei ohne eine konkrete Begründung erfolgt, so dass sich nicht einmal feststellen lasse, ob überhaupt ein Abwägungsprozess stattgefunden habe. Das anzunehmende Abwägungsdefizit betrifft nach Auffassung der Antragsteller sowohl die Einbeziehung des Innenbereichs in die Verordnung als auch die Abwägung von Vor- und Nachteilen der Hochwasserschutzvorhaben nach dem IRMA-Programm und die Alternative des Ausbaggerns der Blies. Weiter liege der Verordnung ein Ermittlungsdefizit mit Blick auf die unvollständige Befragung der Anlieger zur Hochwasserlinie zugrunde sowie hinsichtlich des neuesten Standes der Landesentwicklungsplanung.

Der Rechtsstandpunkt der Antragsteller trifft bereits im Ansatz nicht zu. Sie setzen voraus, dass die Festlegung eines Überschwemmungsgebiets eine Planungsentscheidung der Behörde nach dem Abwägungsgebot ist mit weitem Planungsspielraum und entsprechenden Abwägungspflichten. Bei dem umfangreichen Abwägungsprogramm einer Planungsentscheidung können bereits Abwägungsmängel als solche erheblich werden. Dies ergibt sich für das saarländische Planfeststellungsrecht aus § 75 I a SVwVfG.

Die Vorschrift des § 75 I a SVwVfG gehört ebenso wie die gerügten Mängel dem Abschnitt Planfeststellungsverfahren des Gesetzes (§§ 72 bis 78 SVwVfG) an. Mit der Verweisung allein auf den vorausgehenden Abschnitt der §§ 63 bis 71 SVwVfG in § 114 I und II SWG stellt der Gesetzgeber hinreichend klar, dass die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes kein Planfeststellungsverfahren mit entsprechend weitem Planungsspielraum für das Ob und Wie der Entscheidung ist. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Festsetzung erforderlich, das heißt vernünftigerweise geboten ist.

Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358-361/362; ebenso schon im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 23.01.1984 - 4 B 157.83 -, DVBl. 1984, 342, die Rechtsprechung des 8. Senats des OVG des Saarlandes in dem Normenkontrollbeschluss vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, S. 8/9 des amtl. Umdrucks, wonach eine Wasserschutzgebietsverordnung keine fachplanerische Abwägung ist, sondern eine Erforderlichkeitsentscheidung.

Die Erforderlichkeit unterliegt der Prüfung des Normenkontrollgerichts, so dass etwaige Ermittlungs- und Abwägungsdefizite als solche eine vernünftigerweise gebotene Schutzfestsetzung nicht zu Fall bringen können.

Auch das von den Antragstellern aufgeworfene Verhältnis zwischen Wasserrecht und Raumordnungsrecht stellt sich nicht als Frage eines Ermittlungsdefizits, sondern eines Kompetenzverhältnisses, das vom Bundesverwaltungsgericht geklärt ist und auf das noch einzugehen ist.

Schließlich bedarf eine Verordnung auch herkömmlich keiner Begründung. Speziell für eine Überschwemmungsgebietsverordnung ergibt sich das daraus, dass das förmliche Verwaltungsverfahren nach § 69 II 1 SVwVfG durch den schriftlichen Erlass und außerdem die notwendige schriftliche Begründung des Verwaltungsakts abgeschlossen wird, während nach der speziellen Vorschrift des § 114 II 3 SWG abweichend von der Verweisung auf das förmliche Verwaltungsverfahren das Verfahren zur Festsetzung von Überschwemmungsgebieten seinen Abschluss - allein - mit dem Erlass der Verordnung findet. Andere Gesichtspunkte für förmliche Fehler sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Mithin steht die formelle Rechtmäßigkeit der angegriffenen Überschwemmungsgebietverordnung fest.

Der Normenkontrollantrag ist auch materiell unbegründet. Im maßgebenden Zeitpunkt der Verkündung der Norm (6.10.2000) ist die Wassergebietsverordnung vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532) rechtmäßig. Sie entspricht den gesetzlichen Grundlagen (unter I.) und verstößt nicht gegen Grundrechte (unter II.).

I.

Die angegriffene Verordnung beruht auf der - von ihr zitierten - Rechtsgrundlage des § 79 I des Saarländischen Wassergesetzes (SWG) in der Bekanntmachung vom 3.3.1998 (Amtsbl. S. 306), insoweit nachträglich nur geändert hinsichtlich der Ministeriumsbezeichnung durch das Gesetz vom 7.11.2001 (Amtsbl. S. 2158). Die saarländische Ermächtigungsregelung des § 79 I SWG entspricht ihrerseits dem Bundesrahmenrecht in § 32 I 2 WHG in der Fassung des Gesetzes vom 25.8.1998 (BGBl. I S. 2455), insoweit unverändert nunmehr in der Bekanntmachung vom 19.8.2002 (BGBl. I S. 3245) mit folgendem Wortlaut:

Die Länder setzen die Überschwemmungsgebiete fest und erlassen die dem Schutz vor Hochwassergefahren dienenden Vorschriften, soweit es 1. zum Erhalt oder zur Verbesserung der ökologischen Strukturen der Gewässer und ihrer Überflutungsflächen, 2. zur Verhinderung erosionsfördernder Eingriffe, 3. zum Erhalt oder zur Rückgewinnung natürlicher Rückhalteflächen oder 4. zur Regelung des Hochwasserabflusses erforderlich ist.

Das Saarland hat in § 79 I Nr. 1 bis Nr. 4 SWG diese vierfache Zwecksetzung für die landesrechtliche Festsetzung von Überschwemmungsgebieten wörtlich übernommen. Durch § 32 I 2 WHG wird für die Festsetzung des Überschwemmungsgebietes der Maßstab der Erforderlichkeit festgelegt, der nach § 19 I WHG inhaltsgleich für die Festsetzung von Wasserschutzgebieten gilt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes für Wasserschutzgebiete

BVerwG, Beschluss vom 23.01.1984 - 4 B 157.83 -, DVBl. 1984, 342; Beschluss des 8. Senats des OVG des Saarlandes vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, S. 8/9 des amtl. Umdrucks

gilt der Erforderlichkeitsmaßstab umfassend für die Festsetzung des Schutzgebietes und die Einbeziehung einzelner Grundstücke. Auch für die systemverwandte hier einschlägige Festsetzung des Überschwemmungsgebietes kommt es auf die gerichtliche Prüfung an, ob das Schutzgebiet erforderlich, das heißt vernünftigerweise geboten ist.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG und AAG, Kommentar, Stand 2003, § 32 Rdnr. 25, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des OVG des Saarlandes zum Wasserschutzgebiet; ebenso mit eingehender Begründung Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358, 361; zur Geltung des Übermaßverbots Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Auflage 2003, § 32 Rdnr. 32.

Eine Planungsentscheidung mit entsprechend weitem Planungsspielraum der Behörde liegt nicht vor.

Burgi/Deichmöller, a.a.O., S. 361.

Für das saarländische Recht lässt sich der Ausschluss einer Planungsentscheidung mit Planungspielraum wie dargelegt direkt aus der wassergesetzlichen Regelung entnehmen. Nach § 114 I und II SWG gelten für das Festsetzungsverfahren von Überschwemmungsgebieten die Vorschriften über das förmliche Verwaltungsverfahren nach den §§ 63 bis 71 SVwVfG, nicht dagegen der Abschnitt Planfeststellungsverfahren nach den §§ 72 bis 78 SVwVfG. Eine umfangreiche Planungs- und Abwägungspflicht aller in Betracht kommenden Alternativen besteht nicht. Vielmehr sind Alternativen nur dann entscheidungserheblich, wenn auf Grund der Alternative ein Überschwemmungsgebiet entbehrlich und damit nicht mehr vernünftigerweise geboten ist.

Die von den Antragstellern als Abwägungsdefizit vorgebrachten Gesichtspunkte enthalten keine Alternative, die ein Überschwemmungsgebiet mit Nutzungseinschränkungen aus wasserrechtlicher Sicht entbehrlich machen.

Die Antragsteller tragen vor, ein Ausbaggern des Flussbettes würde zu einer erheblich höheren Fließgeschwindigkeit führen und damit die Einbeziehung des Innenbereiches erübrigen (S. 73 der Gerichtsakte). Dieser Vorschlag widerspricht dem Wasserrecht. Nach § 31 V 1 WHG ist für den Ausbau von Gewässern bindend vorgeschrieben, dass das natürliche Abflussverhalten nicht wesentlich verändert werden darf. Mithin scheidet ein Ausbau des Flussbettes zur wesentlichen Beschleunigung wasserrechtlich aus. Darüber hinaus gehört es nach § 1 a II WHG zu den Grundsätzen des Wasserrechts, dass eine Beschleunigung des Wasserabflusses vermieden werden soll.

Die von den Antragstellern für erforderlich gehaltene Abwägung der Vor- und Nachteile von Projekten im Rahmen des europäischen IRMA-Programms enthält keinen Gesichtspunkt, der ein Überschwemmungsgebiet mit Nutzungseinschränkungen entbehrlich macht. In der Sache geht es bei diesen Projekten um eine positive Landschaftsveränderung, um die Gewinnung von Rückhalteflächen insbesondere in der Form von Auwäldern. Nach § 32 II WHG sind natürliche Rückhalteflächen, damit auch Auwälder, zu erhalten oder wiederherzustellen. Dies geschieht gerade in Überschwemmungsgebieten, die dann förmlich zur Schutzverstärkung festgesetzt werden. Das Überschwemmungsgebiet und das Renaturierungsprojekt ergänzen sich. Sie schließen sich aber ebenso wenig aus wie ein Renaturierungsprojekt ein Naturschutzgebiet ausschließt.

Ein Auwaldprojekt führt auch tendenziell weder zu einer Vergrößerung noch zu einer Verkleinerung des festgesetzten Überschwemmungsgebiets.

Die Antragsteller mutmaßen eine Vergrößerungswirkung (Gerichtsakte Bl. 10), da die Unterstützung der Europäischen Union für die Förderprojekte von dem Flächenumfang der Überschwemmungsgebiete abhängen könne. Selbst wenn die Förderung von der Größe abhängt, führt dies unter Beachtung der Gerichtskontrolle der Erforderlichkeit eindeutig nicht zur Vergrößerung des Überschwemmungsgebiets. Die Festsetzung des Überschwemmungsgebietes richtet sich in seinem Umfang nach dem maßgebenden Jahrhunderthochwasser (hier: 1993).

Burgi/Deichmöller, S. 360; Sieder/Zeitler/Dahme/ Knopp, § 32 Rdnr. 13; Czychowski/Reinhardt, § 32 Rdnr. 29.

Nach dem Maßstab der Erforderlichkeit darf das Überschwemmungsgebiet diese Hochwasserlinie nicht überschreiten, was der Kontrolle des Senats unterliegt. Die Antragsteller machen auch selbst geltend, es seien einige überschwemmte Anwesen zu Unrecht von dem Überschwemmungsgebiet ausgeschlossen, was gerade gegen eine Vergrößerungstendenz des Verordnungsgebers spricht.

Umgekehrt führt das Hochwasserschutzprojekt in Form der Anlegung von Auwäldern aber auch nicht alsbald zu einer Reduzierung des Überschwemmungsgebiets.

Eine Neufestsetzung des Gebiets findet erst bei einer wesentlichen Änderung der Abflussverhältnisse statt.

Czychowski/Reinhardt, § 32 Rdnr. 24.

Die Anlage von Auwäldern wirkt ebenso wie die Festsetzung des Überschwemmungsgebiets mit Nutzungseinschränkungen einer künftigen Verschärfung der Hochwassersituation entgegen. Sie ist aber kein vernünftiger Grund, die Grenzen des Überschwemmungsgebiets von dem Jahrhunderthochwasser bereits deshalb abzukoppeln. Vielmehr zielt das Schutzgebiet darauf ab, dass eine Verschärfung der Hochwassersituation unterbleibt.

Zu diesem Zweck von Überschwemmungsgebieten Siedler/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32 Rdnr. 3.

Auch nach der Absicht des saarländischen Gesetzgebers soll der Erhalt von Retentionsflächen eine immer größere Hochwassergefahr verhindern.

Begründung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Saarländischen Wassergesetzes, Drucksache 11/1297 vom 08.07.1997, S. 21, zu Nr. 26 (§ 80).

Mithin erwartet der Gesetzgeber nur, dass eine Verschärfung der Hochwassersituation verhindert werden soll. Ein baldiger Rückgang von Jahrhunderthochwassern ist realistischerweise vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Deshalb können auch Auwaldprojekte und Renaturierungsprojekte nicht zu einer alsbaldigen Reduzierung der Überschwemmungsgebiete führen.

Entgegen der Meinung der Antragsteller wird ein Überschwemmungsgebiet auch im Innenbereich nicht etwa durch den Stand der neuen Landesentwicklungsplanung vor ihrer förmlichen Festsetzung entbehrlich. Vielmehr handelt es sich dabei um das Kompetenzverhältnis von raumordnungsrechtlicher Entwicklungsplanung und wasserrechtlicher Fachplanung, auf das noch einzugehen ist.

Nach allem kann ein Überschwemmungsgebiet mit Nutzungseinschränkungen auch unter Berücksichtigung des umfangreichen Vortrags der Antragsteller nicht überzeugend durch Alternativen entbehrlich gemacht werden.

Bei dem Maßstab für die Festsetzung des Überschwemmungsgebietes insgesamt kommt es darauf an, ob die Festsetzung vernünftigerweise geboten ist. Diese Frage muss sowohl für den Außenbereich der landwirtschaftlichen Flächen und der Flussauen wie auch für den hier einbezogenen Innenbereich im Sinnzusammenhang mit dem Hochwasserschutz betrachtet werden.

So sinnvoll es ist, dass die Hochwasserwelle in Auwäldern verlangsamt und zurückgehalten wird, so sinnwidrig wäre es, im innerdörflichen Bereich und in den Städten die Hochwasserwelle zurückzuhalten mit der Folge noch größerer Gebäudeschäden. Dieser Sinnzusammenhang ist anerkannt, für den Innenbereich der Gemeinden besteht indessen ein Grundsatzstreit darüber, ob überhaupt ein Überschwemmungsgebiet festgesetzt werden darf. Gerade die letztere Frage macht auch einen Kern des Streits der Beteiligten im vorliegenden Normenkontrollverfahren aus. Der Senat geht zunächst auf natürliche Rückhalteflächen und dann den Innenbereich ein.

Über die tatsächliche Wirkung des Hochwasserschutzes durch Auwälder und andere natürliche Rückhaltegebiete besteht im wesentlichen Einigkeit: Genutzt wird bei diesen Rückhalteflächen die Schwammfunktion des Bodens. Die Auenlandschaften speichern Hochwasser und große Speicherkapazitäten dämpfen den Hochwasserscheitel. Das rückgestaute Wasser wird erst zeitlich versetzt abgeführt und gerade darin liegt der Hochwasserschutz der Unterlieger.

Dazu Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 30; Czychowski/Reinhardt, § 32 Rdnr. 33, Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358-359/360.

Der Zweck der Retentionsgebiete besteht anschaulich formuliert darin, so viel Wasser wie möglich so lange wie möglich in seiner natürlichen Retentionsfläche zu halten.

So Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358-359.

Wegen der hohen Bedeutung hat der Bundesgesetzgeber in § 32 II 1 WHG faktische - noch nicht festgesetzte - Überschwemmungsgebiete in ihrer Funktion als natürliche Rückhalteflächen durch eine Erhaltungsgarantie mit Ausgleichsmaßnahmen geschützt, die allerdings nur für Planungsträger, nicht unmittelbar für Private gilt.

Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358-365.

Die förmliche Festsetzung solcher Retentionsgebiete als Überschwemmungsgebiet erfolgt zum Zweck der Schutzverstärkung.

Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358-360.

Die Festsetzung als förmliches Schutzgebiet bindet auch das Grundeigentum und enthält eine Vorverlegung des Schutzes durch den jeweils geltenden Genehmigungskatalog, der schon eingreift, bevor die Erhaltung des Gebiets durch umfassende Planungsmaßnahmen insgesamt in Frage steht.

Im Ergebnis wird die Einbeziehung solcher natürlicher Rückhalteflächen im Außenbereich in ein förmliches Überschwemmungsgebiet in der Literatur nicht in Frage gestellt.

Den Antragstellern geht es um den Innenbereich.

Die Antragsteller legen besonderes Gewicht darauf, dass der Innenbereich auch unter Einbeziehung der Freihaltefunktion des Raumordnungsrechts nicht für Rückhalteflächen des Wasserrechts freigehalten werden könne, im Innenbereich ausschließlich das Baurecht maßgebend sei und mithin die Überschwemmungsgebietsverordnung vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532) im Innenbereich ihren Zweck verfehle und lediglich zu einem Schaden für die Eigentümerinnen und Eigentümer führe.

Die im Prozess streitige Einbeziehung des Innenbereichs in ein Überschwemmungsgebiet ist auch in der Praxis der Bundesländer und in der Literatur umstritten.

Es ist gerade im Grundsatz umstritten, ob innerörtliche Lagen wie hier geschehen in ein förmliches Überschwemmungsgebiet einbezogen werden können oder nicht. Dass sie faktisch Überschwemmungsgebiet sein können, steht außer Frage. Denn der Hochwasserschutz soll gerade auch einer Überschwemmung der Innenstädte entgegenwirken.

Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358-359.

Ebenso steht der Sinnzusammenhang außer Frage, dass Hochwasser in innerörtlichen Lagen nicht etwa im Sinne eines Rückhaltegebiets so viel wie möglich und so lange wie möglich aufgehalten werden soll mit der Konsequenz dann größerer Gebäudeschäden.

Kontrovers wird aber die Frage beurteilt, ob die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes im Innenbereich noch Sinn macht und vernünftigerweise geboten ist. Insbesondere ist umstritten, ob ein wasserrechtliches Überschwemmungsgebiet einerseits und die bestehende bauliche Nutzung andererseits unvereinbar oder vereinbar sind.

Im Sinne einer Unvereinbarkeit die Diskussion in Nordrhein-Westfalen und Burgi/Deichmöller, Bauen im Überschwemmungsgebiet, DÖV 2003, 358, 364; ebenso Anhang Begriffsdefinition der Handlungsempfehlungen der Ministerkonferenz für Raumordnung zum vorbeugenden Hochwasserschutz - im Folgenden als Handlungsempfehlung bezeichnet - vom 14.6.2000, abgedruckt in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, Anhang II 32; dagegen für eine Vereinbarkeit Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Auflage 2003, § 32 Rdnr. 34; und Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, ausführlich § 32 Rdnrn. 37 a und 37 b.

Auf die Entscheidung dieses Meinungsstreits kommt es hier an.

Gesehen werden muss, dass der Innenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34 I 1 BauGB) keine natürliche Rückhaltefläche ist. Die Antragsteller sehen diesen Punkt klarer als der Antragsgegner, der insoweit in der Antragserwiderung meint, selbst in der bebauten Ortslage könne auf lange Sicht gesehen freier Retentionsraum erhalten oder zum geeigneten Zeitpunkt wieder gewonnen werden. Der Innenbereich ist keine Freifläche. Es ist schlicht sinnwidrig, innerhalb der Ortslage das Hochwasser etwa in größeren Baulücken durch park- oder auenwaldähnliche Anpflanzungen zurückzuhalten, damit in den bebauten Bereich örtlich zurückzustauen und die Eigentümer überschwemmter Häuser zu schädigen. Der Senat schließt sich der Auffassung des OVG Koblenz an, dass die Innerortslage generell keine natürliche Rückhaltefläche ist.

Überzeugend OVG Koblenz, Urteil vom 24.2.2000 - 1 A 111.06/99 OVG - Leitsatz 1 und S. 12 des amtl. Umdrucks; ebenso für bebaute Ortsteile im Allgemeinen ohne Darlegung von Ausnahmen Czychowski/Reinhardt, WHG, § 32 Rdnr. 14; wenig überzeugend im Sinne einer Einstufung einer größeren Baulücke im Innenbereich als natürliche Rückhaltefläche Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 22.

Klarzustellen ist auch, dass eine Wiederherstellung früherer Überschwemmungsgebiete als Rückhalteflächen nach § 32 II 2 WHG im bebauten Innenbereich ausscheidet, da überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit einer Absiedelung entgegenstehen.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 34; diese Abwägung setzt voraus, dass es wie hier bei der Beherrschung von Flusshochwasser im wesentlichen um Sachschäden geht, nicht dagegen um Lebensgefahr für die Anwohner.

Auch nach dem weiter gehenden WHG-Entwurf des BMU vom 7.8.2003 (S. 22 der Begründung) sollen die natürlichen Überschwemmungsflächen den Flüssen nur im unbesiedelten Bereich zurückgegeben werden.

Nach der Rechtsauffassung des Senats kann damit ein Überschwemmungsgebiet in dieser Funktion als natürliche Rückhaltefläche (§ 32 II 1 WHG) für den Innenbereich von Gemeinden nicht festgesetzt werden; auf andere Funktionen ist noch einzugehen.

Aus der Feststellung, dass der Innenbereich kein Retentionsgebiet ist, mithin das Wasser nicht so lange wie möglich zurückhalten soll, werden unterschiedliche Konsequenzen für die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes gezogen. Unumstritten ist, dass Wasserrecht und Baurecht in überschwemmten Ortsteilen in einem Spannungsverhältnis stehen.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 36.

Nach dem Unverträglichkeitskonzept ist der grundsätzlich bebaubare Innenbereich mit einem wasserrechtlichen Überschwemmungsgebiet unvereinbar, und deshalb muss die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes als nicht erforderlich unterbleiben.

Burgi/Deichmöller, Bauen im Überschwemmungsgebiet, DÖV 2003, 358, 363/364, mit ausführlicher Begründung; Handlungsempfehlungen der Ministerkonferenz für Raumordnung zum vorbeugenden Hochwasserschutz vom 14.6.2000, im Anhang Begriffsdefinition, zur Definition von Überschwemmungsfläche und Überschwemmungsgebiet mit der kurzen Begründung, wegen der Nutzungsbeanspruchung durch die Bebauung liege kein Überschwemmungsgebiet im Sinne des WHG vor.

Die Unverträglichkeit wird von Burgi und Deichmöller eingehend begründet.

Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, 358, 359 bis 363.

Das Überschwemmungsgebiet hat in der dort angestellten wasserrechtlichen Sicht zuvörderst die Funktion, so viel Wasser wie möglich so lange wie möglich in seiner natürlichen Retentionsfläche zu halten. An dieser Funktion - und damit einem hohen Anspruchsniveau des Wasserrechts - wird das Überschwemmungsgebiet festgemacht.

Deshalb richtet sich die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes als Freifläche grundsätzlich gegen die Bebauung des Innenbereichs. Je nach der Konzeption des Landesgesetzgebers besteht ein absolutes Bauverbot mit Befreiungsvorbehalten wie in Bayern oder ein relatives Bauverbot im Sinne einer Genehmigungspflicht wie in Nordrhein-Westfalen.

Vgl. zum Überblick Burgi/Deichmöller, Seite 358, Seite 359; zu einem Bauverbot Artikel 61 II des Bayerischen Wassergesetzes und § 89 I 1 des Wassergesetzes für das Land Rheinland-Pfalz, zur Genehmigungspflicht § 113 I des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, jeweils zitiert nach Juris.

Nach diesem dargelegten Unverträglichkeitskonzept kann der Schutz gegen die Bebauung im Innenbereich nicht verwirklicht werden. Dies ist nämlich mit § 34 BauGB als abschließender bundesrechtliche Regelung über die grundsätzliche Bebaubarkeit des Innenbereichs unvereinbar. Das Baurecht prägt die Baulandfunktion des Innenbereichs. Das hochgesteckte Ziel der Bebauungsfreiheit kann nicht erreicht werden. Da ein bebauungswidriges Überschwemmungsgebiet im Innenbereich mithin sein Ziel nicht erreichen kann, muss dessen Erforderlichkeit verneint werden. Die Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets hat deshalb im Innenbereich - ebenso wie im beplanten Baugebiet - nach dieser in sich konsequenten Auffassung zu unterbleiben, da der Innenbereich keine Freifläche ist.

Dem steht das Verträglichkeitskonzept gegenüber, wonach sich im Innenbereich Baurecht und Wasserrecht gegenseitig zu respektieren haben und im Sinne der Festsetzung eines bebauungstoleranten Schutzgebietes vereinbar sind.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnrn. 37 a und 37 b zum beplanten Bereich und zum unbeplanten Innenbereich, unter Betonung der Respektierung bestehender Baurechte durch den Landeswassergesetzgeber; ebenso für ein dem Überschwemmungsgebiet systemverwandtes Wasserschutzgebiet der Beschluss des 8. Senats des OVG des Saarlandes vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, Seite 18 des amtliche Umdrucks, im Sinne einer Koexistenz von Fortbestand und Fortentwicklung der baulichen Nutzung und elastischer Anpassung der Auflagen des Wasserrechts.

Für die Vereinbarkeit von Baurecht und Wasserrecht spricht zunächst ganz schlicht, dass der überschwemmungsgefährdete Innenbereich nach der vorgefundenen Lage sowohl von der Bebaubarkeit als auch der Überschwemmungsgefahr geprägt, mithin doppelt situationsgebunden ist.

Formal ist zunächst auf die Definition des Überschwemmungsgebietes in § 32 I 1 WHG zu verweisen, wonach es sich, soweit einschlägig, um sonstige Gebiete handelt, die bei Hochwasser überschwemmt oder durchflossen werden. Die Definition des Bundesgesetzgebers ist für die Länder verbindlich.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 9.

Sie entscheidet die hier einschlägige Frage aber nicht ausdrücklich.

Da die 6. WHG-Novelle vom 11.11.1996 (BGBl. I S. 1690) zur Erweiterung des vorbeugenden Hochwasserschutzes gerade auf den Hochwasserereignissen an Rhein und Mosel 1993 und 1995 als Jahrhunderthochwasser beruht

Burgi, DÖV 2003, 358, 359

und dort auch Innenstädte überschwemmt waren, hätte eine Regelung des Innenbereichs nach den frisch zurückliegenden Erfahrungen wohl nahe gelegen. Sie ist indessen nicht erfolgt, sondern bleibt offen. Eine ausdrückliche Einbeziehung des Innenbereichs nach § 34 BauGB enthält erst § 31 b IV des WHG-Entwurfs des BMU vom 7.8.2003, der noch nicht geltendes Recht ist.

Nach den Motiven des Bundesgesetzgebers für das geltende Recht ging es über die Regelung des Wasserabflusses hinaus um vorbeugenden Hochwasserschutz.

Czychowski/Reinhardt, WHG, § 32 Rdnr. 2, unter Verweisung auf die Bundestagsdrucksache 13/1207.

Für eine weite Auslegung des Überschwemmungsgebiets einschließlich des unbeplanten - und beplanten - Innenbereichs spricht weiter die umfassende Zweckbestimmung der Überschwemmungsgebiete nach der Rahmenvorschrift des §§ 32 I 2 Nr. 1 bis 4 WHG und der inhaltsgleich ausfüllenden Vorschrift des § 79 I Nr. 1 bis 4 SWG. Die Unverträglichkeitsauffassung kann nur überzeugen, wenn ein Überschwemmungsgebiet wie von ihr angenommen auf den prägenden Zweck der natürlichen Rückhalteflächen reduziert wird, der in der Tat auf den Innenbereich nicht passt. Der Innenbereich kann nicht als Freifläche beansprucht werden.

In Wirklichkeit hat sich der Wassergesetzgeber nicht auf das "Anspruchsniveau" von Retentionsflächen festgelegt, sondern auf eine weite Fassung alternativer Zwecke, die unterschiedlich weit gehen. Insbesondere kann ein Überschwemmungsgebiet festgesetzt werden zum Erhalt oder zur Rückgewinnung natürlicher Rückhalteflächen (§ 32 I 2 Nr. 3 WHG, § 79 I Nr. 3 SWG) oder zur Regelung des Hochwasserabflusses (§ 32 I 2 Nr. 4 WHG, § 79 I Nr. 4 SWG). Entscheidend ist die Oder-Fassung in Bundes- und Landesgesetz, die es mithin ausdrücklich erlaubt, dass ein Überschwemmungsgebiet auch gänzlich ohne Erreichung des Retentionszwecks festgesetzt wird. Die Regelung des Abflusses wird vom Gesetzgeber ausdrücklich zu einem der Zwecke erklärt, für die ein Überschwemmungsgebiet festzusetzen ist.

Czychowski/Reinhardt, WHG, § 32 Rdnr. 8.

Natürliche oder künstliche Hindernisse können den schadlosen Abfluss des Hochwassers beeinträchtigen.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 4.

Nach der umfassenden wasserrechtlichen Zweckbestimmung kann mithin zwischen Retentionsgebieten und Hochwasserabflussgebieten unterschieden werden.

Vgl. zu einer solchen Gegenüberstellung Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32 Rdnr. 11.

Aus der Sicht des Wasserrechts lässt es der Gesetzgeber zu, dass der anspruchsvollere Zweck der Erhaltung und Wiedergewinnung natürlicher Rückhalteflächen zurücktritt und die Regelung des Wasserabflusses als schlichter Zweck in den Vordergrund tritt. Die Regelung des Hochwasserabflusses im Innenbereich richtet sich dann nicht gegen die Bebaubarkeit. Das Wasserrecht hat dann nur ein "tief gestecktes" Ziel. Damit besteht von der Seite des Wasserrechts her Raum für die Verträglichkeit mit der anzuerkennenden Hauptnutzung des Innenbereichs als Bauland. Das Wasserrecht muss diese Hauptfunktion des Innenbereichs anerkennen und darf für ein Hochwasserabflussgebiet keine Baurechte entziehen. Der Entzug bestehender Baurechte von Privaten wäre mit dem Grundrecht aus § 14 I GG nicht vereinbar.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32 Rdnr. 37 a für den Bereich eines Bebauungsplanes und inhaltsgleich § 32 Rdnr. 37 b für den unbeplanten Innenbereich.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer neueren Entscheidung für den Konflikt von Baurecht und Umweltschutzrecht in Form von Naturschutzschutzrecht für die streitige Bebaubarkeit einer Baulücke des Innenbereichs eine Lösung zugunsten der Bebaubarkeit ausdrücklich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorgezeichnet, die auch hier anwendbar ist.

BVerwG, Urteil vom 11.1.2001 - 4 C 6/00 -, BVerwGE 112, 321; die Vorinstanz hatte die Bebaubarkeit am Naturschutzrecht scheitern lassen.

Als Konsequenz des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung zur Konfliktlösung ausgeführt:

Für die Bebaubarkeit von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich bedeutet dies, dass sie grundsätzlich nicht an § 20 f Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG scheitern kann. Aus der Vorschrift können sich aber Anforderungen an das Vorhaben, insbesondere an die Dimensionierung des Baukörpers, an seine Lage auf dem Baugrundstück sowie an die Art und Weise und die Zeit der Bauausführung ergeben.

Das Baurecht bestimmt die Bebaubarkeit und das Naturschutzrecht die Ausführung. Eine naturschutzverträgliche Ausfüllung einer Baulücke entspricht mithin der Verhältnismäßigkeit.

Eine vergleichbare verhältnismäßige Lösung für Überschwemmungsgebiete im Innenbereich bedeutet, dass nicht nur der baurechtliche Bestand Schutz hat, sondern die grundsätzliche Bebaubarkeit von Baulücken im Innenbereich einschließlich der Randlagen nicht am Wasserrecht scheitern kann. Aus dem Wasserrecht können sich aber Anforderungen an das Vorhaben, insbesondere an die hochwasserverträgliche Dimensionierung des Baukörpers und die Lage auf dem Grundstück ergeben. So kann die Bebauung einer größeren Baulücke in der Art eines Sperrriegels gegenüber dem Hochwasserfluss dem ungehinderten Abfluss zuwiderlaufen und mithin als hochwasserunverträglich wasserrechtlich nicht genehmigt werden.

Mit dieser Auslegung sind Baurecht und Wasserrecht mit ihren Gebietsansprüchen durchaus verträglich. Der Senat folgt damit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes zu Wasserschutzgebieten, in denen der umfassende Verbotszugriff auf die Bebauung das Übermaßverbot verletzt, eine wasserrechtliche Genehmigungspflicht dagegen unter Respektierung der baulichen Nutzung elastisch gehandhabt werden kann und ausdrücklich als verhältnismäßiges Mittel zur Durchsetzung des Wasserschutzes angesehen wird.

Beschluss des 8. Senats des OVG des Saarlandes vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, Seite 17 und 18 des amtlichen Umdrucks; der BayVGH hält weitergehend im Urteil vom 13.6.1996 - 22 N 93.2863 -, BayVerwBl. 1997, 111, für den Fall eines höchstmöglichen Wasserschutzes auch den schwerwiegenden Eingriff eines grundsätzlichen Bauverbots für zulässig.

Konkret ergibt sich die Vereinbarkeit aus dem saarländischen Recht. Der saarländische Gesetzgeber hat das Konzept einer verhältnismäßigen Verträglichkeit von Wasserrecht und Baurecht durch die Fassung seiner wasserrechtlichen Vorschriften verwirklicht. Nach § 80 II 1 SWG 1998 bedarf der Genehmigung der unteren Wasserbehörde, wer in Überschwemmungsgebieten Anlagen herstellen oder beseitigen will. Dagegen ist nach § 80 I Nr. 2 SWG die Ausweisung neuer Bauflächen in Bauleitplänen verboten. Der Verordnungsgeber übernimmt mit § 3 I b und § 3 II Nr. 2 der Verordnung inhaltsgleich diese Gesamtregelung. Sie ist im Übrigen auch in § 31 b IV 1 und 2 des WHG-Entwurfs vom 7.8.2003 enthalten.

Das Verbot der Ausweisung neuer Bauflächen in Bauleitplänen nach § 80 I Nr. 2 SWG richtet sich ausschließlich gegen die Planungstätigkeit der Gemeinden, nicht aber gegen Bauanträge von Privaten. Wie die Antragsteller nicht verkennen, ist für Bauanträge von Privaten allein die Genehmigungsvorschrift des § 80 II 1 SWG maßgebend, die die Herstellung oder Beseitigung von Anlagen und damit auch baulichen Anlagen der Genehmigung der unteren Wasserbehörde unterwirft. Auch für das Lagern von Stoffen gilt kein Verbot, sondern die Genehmigungspflicht des § 80 II 1 SWG sowie § 3 II Nr. 4 der angegriffenen Verordnung, wie die Antragsteller nicht verkennen. Entgegen der Meinung der Antragsteller hat die Genehmigungsmöglichkeit nicht nur theoretische Bedeutung. Maßgebend für die Genehmigung ist eine hochwasserverträgliche Ausführung. Die Genehmigungsgesichtspunkte sind § 80 III SWG und inhaltsgleich § 3 III der Verordnung zu entnehmen; einschlägig ist in dem hier betroffenen Innenbereich allein die erste Genehmigungsalternative, wonach keine Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses vorliegen soll. Auf die Ausnahmegenehmigung besteht ein Rechtsanspruch, wenn der Hochwasserschutz nicht entgegensteht.

Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Auflage 2003, § 32 Rdnr. 33.

Nach der Auslegung des Senats steht der Hochwasserschutz im Innenbereich bereits dann nicht entgegen, wenn eine abflussgünstige und damit hochwasserverträgliche Ausführung gewählt wird. Dies ist für bauliche Anlagen und Lager ohne weiteres möglich, und nach dem Grundgedanken der bereits dargelegten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Baulücken scheitert die Genehmigung der Bebaubarkeit einschließlich der Unterhaltung eines Lagers nicht am Wasserrecht, vielmehr wird allein die Ausführung durch den möglichst freien Abfluss für das Hochwasser modifiziert.

Bei dieser Auslegung ist dann auch eine gebietsumfassende Kontrolle des überschwemmten Innenbereichs vernünftigerweise geboten. Sie kann nicht durch das noch mildere Mittel reiner Bauauflagen nach Baurecht ersetzt werden, denn dann könnten Wasserrechtsinteressen nur mittelbar geschützt werden.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 26, 36.

Zwischen Baurecht und Wasserrecht besteht im Überschwemmungsgebiet ein Spannungsfeld mit erheblicher Bedeutung.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 36.

Eine umfassende Einbeziehung des überschwemmten Innenbereichs unter dem Gesichtspunkt der hochwasserverträglichen Baugestaltung ist vernünftigerweise geboten. Die flächenbezogene Vielfalt der Gestaltung von Häusern, Anbauten, Mauern und Garagen, Lagerräumen und Lagerplätzen wie hier im dörflichen Bereich kann in ihrer Gesamtwirkung die Hochwassersituation örtlich deutlich verschärfen. Gerade dies erfordert die gebietsumfassende Kontrolle mit Blick auf den freien Abfluss des Hochwassers durch die sachkundige Wasserbehörde. Der Hochwasserschutz erhält damit im überschwemmten Innenbereich das erforderliche Gewicht, um bei grundsätzlich fortbestehender Bebaubarkeit und Fortbestand von Lagerplätzen die hochwasserverträgliche Ausführung durchzusetzen und damit wie erforderlich der Verschärfung der Hochwassersituation entgegenzuwirken.

Nach den hier zu betrachtenden wasserrechtlichen Rechtsgrundlagen - auf das Raumordnungsrecht ist noch nachfolgend einzugehen - ist die kontroverse Frage, ob das Überschwemmungsgebiet im Innenbereich vernünftigerweise geboten ist, nach der Rechtsauffassung des Senats mit der einschränkenden Auslegung zu bejahen, dass alle nach Baurecht bestehenden Bauberechtigungen und bestehenden Lager erhalten bleiben. Erforderlich ist im Innenbereich allein ein bebauungstolerantes Überschwemmungsgebiet mit einer realisierbaren Genehmigungsmöglichkeit für eine vernünftige, hochwasserverträglich Ausführung.

Damit ist einem wesentlichen Anliegen der Antragsteller Rechnung getragen, denen mit dem bürokratischen Hindernis einer nur theoretischen Genehmigungsmöglichkeit für das bestehende Speditionslager nicht geholfen wäre.

Während das Baurecht und das Wasserrecht unmittelbar die Eigentümerinnen und Eigentümer betreffen und eines verhältnismäßigen Ausgleichs bedürfen, gilt dies nicht für das von den Antragstellern angeführte Raumordnungsrecht, bei dem es um die Koordinierung innerhalb von Planungsträgern geht.

Die förmliche Ausweisung des nach Wasserrecht erforderlichen Überschwemmungsgebietes einschließlich des Innenbereichs verletzt nicht Raumordnungsrecht. Insbesondere scheitert die am 6.10.2000 verkündete und am 7.10.2000 in Kraft getretene Überschwemmungsgebietsverordnung vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532) nicht etwa an dem im Jahr 2000 erreichten Stand der Landesentwicklungsplanung des Saarlandes. Nach dem Verhältnis von Wasserrecht und Raumordnungsrecht steht den Schutzanordnungen eines förmlichen Überschwemmungsgebiets, das nach Wasserrecht erforderlich ist, im Schutzumfang abweichendes Raumordnungsrecht nicht mit der Folge der Unwirksamkeit entgegen; darüber hinaus ist ein konkreter Konflikt mit abweichendem Raumordnungsrecht im maßgebenden Zeitpunkt (6.10.2000) nicht ersichtlich.

Das Raumordnungsrecht richtet sich als Adressaten an die Träger der Bauleitplanung und der Fachplanung.

BVerwG, Urteil vom 15.5.2003 - 4 CN 9/01 -, S. 3 des Juris-Ausdrucks.

Nach § 4 I 1 und § 4 II des Raumordnungsgesetzes - ROG - in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 15.12.1997 (BGBl. I S. 2902) sind die Ziele der Raumordnung von öffentlichen Stellen zu beachten und die Grundsätze der Raumordnung zu berücksichtigen.

Zusammenfassend zu dieser Rechtslage BVerwG, Beschluss vom 15.4.2003 - 4 BN 25/03 -.

Die Grundsätze der Raumordnung hat der Antragsgegner bei der Ausweisung des Überschwemmungsgebietes berücksichtigt, denn nach § 2 II Nr. 8 Satz 7 ROG ist für den vorbeugenden Hochwasserschutz zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und überschwemmungsgefährdeten Bereichen. Der allein abflussbezogene Hochwasserschutz im Innenbereich wird in diesem Raumordnungsgrundsatz nicht behandelt, und insofern scheidet ein Konflikt aus.

Die zu beachtenden Ziele der Raumordnung und Landesplanung werden nach § 4 des Saarländischen Landesplanungsgesetzes - SLPG - vom 27.4.1994 (Amtsbl. S. 866) in den Landesentwicklungsplänen festgelegt. Der Landesentwicklungsplan Umwelt 1980 in der Fassung der 6. Änderung vom 30.3.1999 (Amtsbl. S. 697) enthält nach dem im Jahr 2000 erreichten Stand gemäß Nr. 38 nach seiner Systematik Vorranggebiete für Naturschutz, Wasserwirtschaft, Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Erholung und gewerbliche Wirtschaft, aber noch nicht landesplanerische Überschwemmungsgebiete. Dies soll erst mit der derzeit anstehenden Novellierung erreicht werden. Der hier einschlägige Raum H. ist nach Nr. 74 als Schwerpunktraum der Erholung ausgewiesen und nach Nr. 248 ist der Ausbau als Naherholungszentrum geplant. Darin liegt kein planerischer Widerspruch zur Ausweisung eines Überschwemmungsgebietes. Auch nach Auffassung der Ministerkonferenz für Raumordnung ist der Hochwasserschutz mit der Erholungsfunktion vereinbar.

Handlungsempfehlungen der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 14.6.2000, Nr. 6.5.

Fehlt es im maßgebenden Zeitpunkt an einem konkreten Konflikt zwischen dem Überschwemmungsgebiet nach Wasserrecht und dem Stand der Landesentwicklungsplanung, so kann auch die weitere Landesentwicklungsplanung (vgl. zur Relevanz von in der Aufstellung befindlichen Zielen der Raumordnung § 3 Nr. 4 ROG) das wasserrechtlich Schutzsystem der Verordnung nicht zu Fall bringen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner neueren Rechtsprechung das Kompetenzverhältnis von Umweltschutzrecht in Form von Naturschutzrecht und landesrechtlicher Regionalplanung geklärt.

BVerwG, Urteil vom 30.1.2003 - 4 CN 14/01 -, S. 5/6 des Juris-Ausdrucks.

Danach unterliegt die Regionalplanung kompetenziellen Schranken gegenüber der umweltschutzrechtlichen Fachplanung der Naturschutzbehörden und konsequenterweise auch der Wasserbehörden. Das Kompetenzverhältnis hat das Bundesverwaltungsgericht in dem angeführten Urteil (S. 6 des Jurisausdrucks) wie folgt geklärt:

Der Raumordnung bleibt es unbenommen, aus den Vorgaben der informellen Landschaftsplanung und den rechtsverbindlich festgesetzten Schutzgebieten eine gesamträumlich integrierende Konzeption zu entwickeln.

Weiter heißt es in diesem Urteil (S. 6):

Die Landesplanungsbehörde darf die Wertungen, die dem verordnungsrechtlichen Schutzsystem zugrunde liegen, nicht beiseite schieben und ein eigenes Schutzregime aufrichten.

Das vom Bundesverwaltungsgericht festgelegte Kompetenzverhältnis schließt es mithin ausdrücklich aus, dass die Landesplanungsbehörde das Schutzsystem einer Verordnung beiseite schieben darf. Mithin hat die erlassene Überschwemmungsgebietsverordnung unter dem Gesichtspunkt des Raumordnungsrechts auch dann Bestand, soweit der in der Aufstellung befindliche Landesentwicklungsplan übereinstimmend mit der landesplanerischen Stellungnahme vom 28.1.2000 (Behördenordner I, Bl. 53) geringere Gebietsgrenzen für Überschwemmungsgebiete im Saarland vorsieht. Daher steht abschließend fest, dass die angegriffene Verordnung das Raumordnungsrecht nicht verletzt.

Nach allem kann auch unter Beachtung des Raumordnungsrechts die Einbeziehung des Innenbereichs in die angegriffene Verordnung rechtlich nicht beanstandet werden.

Die Antragsteller sind der Ansicht, selbst bei Einbeziehung des Innenbereichs sei dann aber die parzellengenaue Abgrenzung mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar. Der Antragsgegner habe nämlich vier Parzellen zu wenig im Randbereich in das Überschwemmungsgebiet einbezogen, und zwar die Grundstücke Z , G . Nach dem ursprünglichen Vortrag der Antragsteller hatten sie angenommen, dass diese Anwesen gänzlich ohne sachlichen Grund ausgenommen worden seien. Demgegenüber hat der Antragsgegner in einer konkreten fachlichen Stellungnahme dargelegt, bezogen auf die streitigen Anwesen komme allenfalls der Einstau in einigen Kellern in Betracht, der aber nicht Grundlage der Festsetzung sei. Diesem Abgrenzungskriterium als solchem haben die Antragsteller nicht mehr konkret widersprochen, vielmehr allgemein die Sorgfalt der Grenzziehung in Zweifel gezogen und es als nicht ausreichend angesehen, soweit nur einzelne und nicht alle Anlieger befragt wurden (Gerichtsakte Bl. 84).

Der Vortrag der Beteiligten zur Ausgrenzung dieser vier Grundstücke vermag einen Rechtsfehler der Verordnung nach dem rechtlich heranzuziehenden Maßstab des Übermaßverbotes nicht zu begründen. Die streitigen Grundstücke sind einschließlich des Grundstücks G aus der Karte Bl. 83 der Gerichtsakten identifizierbar; sie liegen alle am Rand des Überschwemmungsgebiets. Demgegenüber grenzt das Grundstück der Antragsteller nach dem Plan Bl. 107 der Gerichtsakte unmittelbar an die Blies und liegt damit im Zentrum der Überschwemmungsgefahr.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes für systemverwandte Wasserschutzgebiete gilt der rechtliche Maßstab der Erforderlichkeit und damit das Übermaßverbot umfassend nicht nur für die Festsetzung des Schutzgebiets im Ganzen, sondern auch für die hier einschlägige Einbeziehung einzelner Grundstücke.

BVerwG, Beschluss vom 23.1.1984 - 4 B 157.83 -, DVBl. 1984, 342; Beschluss des 8. Senats des OVG des Saarlandes vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, S. 9 des amtl. Umdrucks.

Auch für das Überschwemmungsgebiet gilt das Übermaßverbot für die Einbeziehung einzelner Grundstücke.

Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 25; Czychowski/Reinhardt, § 32 Rdnr. 22; Burgi/Deichmöller, S. 358, S. 361/362.

Ein Wasserschutzgebiet darf nicht über den Bereich des Erforderlichen hinaus arrondiert werden.

BVerwG, Beschluss vom 23.1.1984 - 4 B 157.83 -, DVBl. 1984, 342/343.

Einen solchen Rechtsfehler tragen die Antragsteller auch nicht vor. Dagegen muss ein Schutzgebiet bei der Festsetzung nicht vollständig ausgeschöpft werden, sondern kann sogar aus Zweckmäßigkeitsgründen begrenzt werden.

BVerwG, Beschluss vom 23.1.1984 - 4 B 157.83 -, DVBl. 1984, 342/343; ebenso für das hier betroffene Überschwemmungsgebiet Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 25; übereinstimmend Czychowski/Reinhardt, § 32 Rdnr. 22.

Die Grenzziehung richtet sich entgegen der Meinung der Antragsteller nicht nach dem allgemeinen Gleichheitssatz, sondern als besonderem Rechtssatz nach dem Übermaßverbot.

Die Aussparung von Gebäuden mit einem Hochwassereinstau lediglich im Keller kann nach dem Übermaßverbot nicht beanstandet werden.

Auch methodisch bestehen an der Grenzziehung des Antragsgegners keine durchgreifenden Zweifel. Während bei der Feststellung von Kellerhochwasser die Befragung aller betroffenen Anlieger im Sinne der Antragsteller durchaus eine naheliegende Methode wäre, ist die Feststellung der oberirdischen Überschwemmungslinie exakter und neutraler aufgrund vermessungstechnischer Arbeiten durchzuführen. Unstreitig hat der Antragsgegner zur Gegenkontrolle noch die Gemeinde und einzelne Anlieger befragt. Eine vollständige Befragung aller Anlieger drängt sich nicht auf. Vermessungstechnisch weist der Plan Bl. 107 der Gerichtsakte aus, dass die Wohnstraße der Antragsteller insgesamt 9 Vermessungspunkte enthält, also engmaschig vermessen wurde. Dies spricht für das Gericht nachvollziehbar für eine sorgfältige Vermessung der Höhenlinien der Hochwassergrenze auf Grund der engmaschigen Vermessungspunkte. Die Antragsteller haben in der mündlichen Verhandlung nur allgemeine Zweifel geäußert, die die fachkundige Vermessung nicht konkret in Frage stellen. Der Senat ist von der Richtigkeit der Vermessung überzeugt.

Mithin führt der Vortrag der Antragsteller mit dem Ziel der Erweiterung des Überschwemmungsgebiets um einige Randparzellen zu keinem Rechtsfehler der Verordnung.

Der für die Kontrolle des Überschwemmungsgebietes maßgebende Erforderlichkeitsmaßstab gilt umfassend nicht nur für die Gebietsfestsetzung und die Einbeziehung der einzelnen Grundstücke, sondern auch für den Inhalt der Nutzungseinschränkungen.

Beschluss des 8. Senats des OVG des Saarlandes vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, S. 9 des amtl. Umdrucks, für das systemverwandte Wasserschutzgebiet; Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 32 Rdnr. 25, für das Überschwemmungsgebiet.

Die Antragsteller halten die Genehmigungstatbestände für nicht erforderliche Eingriffe, soweit es um die Genehmigungsbedürftigkeit der Betriebsausübung des Speditionsbetriebs und der Lagerung der Güter, der Unmöglichkeit einer Veränderung und der Versagung von Baugenehmigungen geht. Konkret richten sich damit die Angriffe der Antragsteller gegen die Genehmigungstatbestände der Herstellung oder Beseitigung von Anlagen (§ 3 II Nr. 2 der streitigen Verordnung und § 80 II Nr. 1 SWG) und damit auch baulicher Anlagen sowie gegen den Tatbestand des Lagerns von Stoffen (§ 3 II Nr. 4 der Verordnung und § 80 II Satz 1 SWG) im Fall eines bereits bestehenden Lagerplatzes; die übrigen Genehmigungstatbestände sind insoweit nicht konkret angegriffen.

Nach Auffassung des Senats verstoßen die beiden Genehmigungstatbestände bezogen auf den hier allein einschlägigen Innenbereich bei gebotener einengender Auslegung nicht gegen das Übermaßverbot. Die Notwendigkeit einengender gesetzeskonformer Auslegung ergibt sich daraus, dass nach § 80 II 1 SWG auf ein willentliches, also zielgerichtetes Vorgehen abgestellt wird und unerhebliche Einwirkungen auf den Hochwasserabfluss nach der gesetzgeberischen Absicht des § 80 IV nicht notwendig genehmigungsbedürftig sind. Entgegen der Meinung der Antragsteller führt der Genehmigungstatbestand der Herstellung oder Beseitigung von Anlagen nicht etwa erweiternd auch zur Genehmigungspflicht für Änderungen. Änderungen sind von der wasserrechtlichen Genehmigungspflicht nicht erfüllt. Bezogen auf die Herstellung von Anlagen ist die Genehmigungspflicht deshalb sinnvoll und vernünftigerweise geboten, weil wie dargelegt durch die Art der Baugestaltung - etwa in Form eines Sperrriegels gegen den Hochwasserstrom - die örtliche Hochwassersituation verschärft werden kann, was durch die wasserrechtliche Genehmigungspflicht verhindert wird. Abzustellen ist als Genehmigungsgesichtspunkt im Innenbereich nach § 3 III der Verordnung allein auf die erste Alternative der Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses. Die Wasserbehörde muss also konstruktiv bemüht sein, für die vorgesehene Bebauung eine hochwasserverträgliche Ausgestaltung zu finden und in Form von Auflagen zu genehmigen; ein Verbot der Bebaubarkeit scheidet aus. Bei der Beseitigung von Anlagen geht es allein darum, einen hochwasserverträglichen Abriss zu erreichen, wobei etwa verbleibender lockerer Schuttboden gegebenenfalls hochwasserunverträglich sein kann. In dieser Auslegung ist der Genehmigungstatbestand vernünftigerweise geboten.

Der weitere von den Antragstellern angegriffene Genehmigungstatbestand des § 3 II Nr. 4 der Verordnung betrifft das Lagern von Stoffen. Aus Gründen des Übermaßverbots ist sie von Kleinlagerungen abzugrenzen und umfasst Lagerbedarf im Umfang eines Lagerplatzes. Dies trifft auf das Speditionslager der Antragsteller mit einer Lagerfläche von 400 qm ohne weiteres zu. Nach den Gesetzesmaterialien dient dieser Genehmigungstatbestand der Verhinderung von Beeinträchtigungen des Wasserabflusses.

Landtagsdrucksache 11/1297 vom 8.7.1997, S. 21, zu Nr. 26 c in Verbindung mit S. 10.

Dieser Gesetzeszweck trifft auf sperrige Güter und hier auf Paletten zu. Es soll verhindert werden, dass sperrige Güter an Engpässen wie etwa Brücken den Hochwasserabfluss behindern. Vorkehrungen dagegen sind auf einem Lagerplatz vernünftigerweise geboten. Entscheidend ist der Lagerzustand, der im Ganzen hochwasserverträglich sein muss. Eine hochwasserverträgliche Lagerung aller sperrigen Güter auf einem Grundstück kann gegebenenfalls bereits mit einer genügend hohen hochwasserwirksamen Umzäunung verwirklicht werden. Schüttgüter bedürfen einer zusätzlichen Sicherung, etwa durch wasserdichte Verpackung oder Ummauerung. Ein ummauerter Anbau ist bereits vorhanden. Ein Verbot eines Lagers scheidet aus, vielmehr ist nach § 3 III der Verordnung im Innenbereich allein auf den Genehmigungsgesichtspunkt der Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses zu achten. Eine konstruktive Lösung muss möglich sein. In dieser einschränkenden Auslegung ist die Vorschrift vernünftigerweise geboten.

Eine vom Senat vorgenommene Überprüfung der weiteren Verbots- und Genehmigungstatbestände des § 3 I und II der Verordnung lässt erkennen, dass auch die übrigen Nutzungseinschränkungen bei vernünftiger Auslegung das Maß des Gebotenen nicht überschreiten. Jeweils unter Beachtung der gesetzlichen Kriterien der Zielgerichtetheit und der Hochwassererheblichkeit und des Übermaßverbots sind insbesondere alltägliche gärtnerische und landwirtschaftliche Arbeitsschritte von der Genehmigungspflicht ausgenommen. Dies bedarf hier keiner näheren Darlegung, weil die Antragsteller keine konkreten Rügen in dieser Hinsicht erhoben haben. Die Verordnung hält den Erforderlichkeitsmaßstab ein.

II.

Die Antragsteller halten dem Normgeber entgegen, er habe mit der angegriffenen Verordnung gegen ihre Grundrechte nach Art. 14 I GG, Art. 12 I GG und Art. 3 I GG verstoßen. Die gerügten Grundrechtsverstöße werden von dem Senat nacheinander behandelt.

Zu Art. 14 I GG tragen die Antragsteller vor, das Grundrecht auf Eigentum sei weit zu verstehen einschließlich der Baufreiheit, der verwirklichten Grundstücksnutzungen und des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Die Inhalts- und Schrankenbestimmungen seien nur verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügten. Dies sei hier nicht der Fall. Der Entzug der uneingeschränkten Nutzung einschließlich der bisherigen Lagerung von Gütern auf dem Betriebsgrundstück, die Unmöglichkeit von Veränderungen und die Versagung von Baugenehmigungen sei unverhältnismäßig; diese Einschränkungen führten auch zu einem Wertverlust des Grundstücks und höheren Versicherungsprämien.

Zu Recht gehen die Antragsteller davon aus, dass hier eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne von Art. 14 I 2 GG vorliegt. Dabei handelt es sich um generelle und abstrakte Beschränkungen der Nutzungsmöglichkeiten des Eigentums.

BVerwG, Beschluss vom 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 -, dort für die Eigentumsbeschränkungen aufgrund des Denkmalschutzrechts.

Außer Streit ist zwischen den Beteiligten der rechtliche Ansatz für die Prüfung von Inhaltsbestimmungen des Eigentums. Zu Recht gehen die Beteiligten mit der Verfassungsrechtsprechung davon aus, dass eine Inhaltsbestimmung des Eigentums seine Regelgrenze in dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz findet.

BVerfG, Beschluss vom 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 -, bezogen auf das Denkmalschutzrecht; BVerwG, Beschluss vom 15.4.2003 - 7 BN 4.02 -, DVBl. 2003, 1074, bezogen auf die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für Wasserschutzgebiete.

Nur als Ausnahmegrenze kann eine real unverhältnismäßige Regelung mit einem zusätzlichen finanziellen Ausgleich hingenommen werden, wenn eine real verhältnismäßige Lösung praktisch nicht möglich ist.

BVerfG, Beschluss vom 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 -,

BVerwG, Beschluss vom 15.4.2003 - 7 BN 4.02 -.

Das Grundstück der Antragsteller ist mit einem Wohnhaus bebaut. Zu Recht außer Streit ist zwischen den Beteiligten, dass der Bestand des Wohnhauses von der wasserrechtlichen Überschwemmungsgebietsverordnung unberührt bleibt.

Soweit die Antragsteller - was nicht ausdrücklich vorgetragen ist - einen weiteren Bau für Wohnzwecke oder Lagerzwecke planen, greift dafür kein Verbot ein, sondern die Genehmigungspflicht des § 3 II Nr. 2 in Verbindung mit Nr. 4 der Verordnung. Entgegen der Meinung der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung ist die Genehmigung nicht nur ein theoretischer Fall, sondern sie muss bei hochwasserverträglicher Ausführung auch gegeben werden. Auf die Genehmigung besteht beim Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch.

Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Auflage 2003, § 32 Rdnr. 33.

Dies ist eindeutig und muss entgegen der Befürchtung der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung nicht erst durch weitere Prozesse geklärt werden. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

OVG des Saarlandes, Beschluss vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 -, S. 18/19

besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen wasserrechtlichen Verboten und wasserrechtlichen Genehmigungspflichten. Ein umfassendes Verbot mit Dispensregelung lässt nur Ausnahmen im Einzelfall zu, fordert mithin die Darlegung eines atypischen Falls für die Bebaubarkeit und bedeutet im Regelfall, dass nicht gebaut werden darf. Demgegenüber ist die wasserrechtliche Genehmigungspflicht mit dem Fortbestand und der Erweiterung der typischen baulichen und gewerblichen Nutzung vereinbar, sie ist von der Behörde elastisch zu handhaben und ermöglicht eine Anpassung der Vorhaben an die Auflagen des Wasserrechts.

Davon ausgehend wird den Antragstellern die bauliche und gewerbliche Nutzung ihres Grundstücks nicht entzogen. Weder das Wohnhaus noch der bestehende Lageranbau noch der Gewerbebetrieb als solcher sind genehmigungspflichtig.

Genehmigungsbedürftig ist allerdings nach der Auslegung des § 3 II Nr. 4 der Verordnung der Lagerplatz der Antragsteller aus Anbau und Hof. Die Lagerung in einem Lagerhaus dürfte in jedem Fall hochwassersicher sein, die Lagerung in dem umzäunten Hof im ungünstigen Fall erst nach einer stärker hochwassergesicherten - genügend hohen und stabilen - Ausführung der Umzäunung. Etwaiges Schüttgut kann gegebenenfalls in dem ummauerten Anbau untergebracht werden. Mithin verbleibt nach der gebotenen einschränkenden Auslegung der Genehmigungstatbestände als reale Einschränkung über die formale Genehmigungspflicht hinaus die Pflicht, das Lager im Hof mit einer hochwassergeeigneten Umzäunung dauerhaft zu versehen. Diese verbleibende Belastung entspricht der Situationsgebundenheit des Grundeigentums als überschwemmungsgefährdeter Fläche und erhält die Privatnützigkeit fast vollständig. Nach eigenem Bekunden müssen sich die Antragsteller mit regelmäßigem Hochwasser abfinden. Eine hochwasserverträgliche Ausgestaltung ihres flussnahen Lagerplatzes liegt dann zumindest auch teilweise im Interesse der Eigentümer.

Realistisch muss gesehen werden, dass die hochwasserwirksame Umzäunung wegen der Kosten möglicherweise nicht die einträglichste Nutzung des Grundeigentums ist. Indessen schützt Art. 14 I GG nach der Verfassungsrechtsprechung nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums.

BVerfG, Beschluss vom 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 -, BVerfGE 100, 226.

Ebenso hat das Bundesverwaltungsgericht die umweltschutzverträgliche Ausfüllung einer Baulücke ungeachtet der nicht ausdrücklich erwähnten Kostenbelastung als verhältnismäßig angesehen.

BVerwG, Urteil vom 11.1.2001 - 4 C 6/00 -, BVerwGE 112, 321.

Bei der verbleibenden Abwägung der privaten Belastung und des öffentlichen Interesses an dem Eingriff überwiegt das Gemeinwohlinteresse. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedeutet der Schutz vor Überflutungen auch an Flüssen ein Gemeinwohlinteresse von überragender Bedeutung.

BVerfG, Beschluss vom 25.3.1998 - 1 BvR 1084/92 -; der flussbezogene Sachverhalt ergibt sich aus der zugrundeliegenden früheren Entscheidung des BVerwG vom 15.6.1992 - 7 B 122/91 -.

Mithin ist die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zu bejahen, soweit es um die Nutzung des Eigentums der Antragsteller an ihrem Lagerplatz geht.

Nichts anderes gilt, soweit es im Rahmen des Art. 14 I GG um den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Antragstellers als Spediteur geht. Dieses Recht bietet inhaltlich Bestandsschutz gegen einen Eingriff in die Substanz des Betriebs.

Jarass, GG, 5. Auflage 2000, Art. 14 Rdnr. 10.

Von einem solchen Eingriff in die Substanz kann nach der Auslegung des Senats schon deshalb nicht gesprochen werden, weil der Betrieb auf demselben Betriebsgrundstück fortgeführt werden kann und damit die von den Antragstellern einleuchtend hervorgehobenen logistischen Bedürfnisse einer konzentrierten Lagerung zur prompten Auftragsabwicklung erfüllbar sind. Unabhängig davon geht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs durch Art. 14 GG nicht so weit, dass der Betriebsinhaber alle ihm gehörenden Grundstücke für Betriebszwecke nutzen darf.

BVerwG, Urteil vom 13.4.1983 - BVerwG 4 C 76.80 -, BVerwGE 67, 93 - 96.

Der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter gehen als der Schutz, den seine wirtschaftliche Grundlage - hier das Grundeigentum - genießt.

BVerfG, Beschluss vom 15.7.1981 - 1 BvL 77/78 -, BVerfGE 58, 300-353, im Nassauskiesungsfall; ebenso BVerwG, Urteil vom 13.4.1983 - BVerwG 4 C 76.80 -, BVerwGE 67, 93-96 im Fall eines forstwirtschaftlichen Betriebes.

Konkret bedeutet dies, dass eine verhältnismäßige Regelung des Eigentumsinhalts - hier einer hochwasserwirksamen Einzäunungspflicht - dem Übermaßverbot auch dann standhält, wenn das Grundeigentum zusätzlich Grundlage eines Gewerbebetriebs ist.

Bezogen auf die Eingriffe in Eigentümerbefugnisse hält die streitige Verordnung der Überprüfung nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stand und scheidet insoweit eine Entschädigungspflicht aus.

Die Antragsteller sehen die von ihnen angenommene unverhältnismäßige Eigentumseinschränkung indessen nicht nur nutzungsbezogen, sondern auch wertbezogen. Bereits die Einbeziehung bebauter Grundstücke des Innenbereichs in den Schutzbereich einer Überschwemmungsgebietsverordnung führe zu einem Wertverlust der Grundstücke und zu höheren Versicherungsprämien (Gerichtsakten Bl. 13). Der Grundstückswert als solcher soll also vor Veränderungen durch die Planung geschützt werden.

Der Antragsgegner bestreitet zwar eine Auswirkung der Gebietsfestsetzung auf den Verkehrswert. Das ist aber im Ansatzpunkt nicht ohne weiteres überzeugend. Nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts spiegelt der Verkehrswert sowohl Nutzungselemente als auch Planungs- und Marktelemente.

BVerfG, Beschluss vom 16.2.2000 - 1 BvR 242/91 -, UPR 2000, 302, 303.

Nach diesem Ansatz kann sich ein Überschwemmungsgebiet sowohl wegen der Nutzungseinschränkungen als auch wegen der gebietsmäßigen Überplanung tendenziell auf den Verkehrswert auswirken.

Auf den Streit der Beteiligten im Tatsächlichen kommt es indessen für die Entscheidung der Normenkontrolle nicht an. Es bedarf keiner Beweisaufnahme. Entscheidungserheblich ist hier vielmehr die genaue Abgrenzung des Schutzbereichs des verfassungsrechtlichen Eigentums. Das Eigentum nach Art. 14 I GG umfasst über das zivilrechtliche Eigentum hinaus alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten ebenso ausschließlich wie Eigentum an einer Sache zur privaten Nutzung und zur eigenen Verfügung zugeordnet sind.

BVerfG, Beschluss vom 9.1.1991 - 1 BvR 929/89 -, DÖV 1991, 377.

Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz reicht weiter als das zivilrechtliche Eigentum, hat aber Grenzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht bleibt er an Rechtspositionen gebunden.

BVerfG, Urteil vom 8.4.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267, 300.

Kein Eigentum im Sinn von Art. 14 I GG ist das Vermögen, das selbst kein Recht ist, und vom Bundesverfassungsgericht als fluktuierend angesehen wird.

BVerfG, Urteil vom 8.4.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267-300, betreffend Vermögensvollstreckung.

Das Sinken des Verkehrswertes aufgrund verhältnismäßiger öffentlicher Maßnahmen kann mithin aus der Sicht des Verfassungsrechts nicht als Eingriff in eine Rechtsposition mit erforderlichem Rechtfertigungsgrund eingestuft werden. Somit führt eine als richtig angenommene Senkung des Verkehrswertes nicht zur Rechtsverletzung. Konsequenterweise ist auch der Status der Schuldenfreiheit keine eigentumsrechtliche Position im Sinn von Art. 14 I GG.

BVerfG, Urteil vom 8.4.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267-301.

Soweit die Antragsteller mithin höhere Versicherungsprämien aufbringen müssen und insofern mit Schulden belastet sind, liegt darin kein Eingriff in eine eigentumsrechtliche Position, der der Rechtfertigung durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bedarf. Die Auferlegung einer Geldleistungspflicht berührt nach der Verfassungsrechtsprechung das Eigentum grundsätzlich nicht; der Ausnahmefall einer erdrosselnden Wirkung liegt nur vor, wenn die Erdrosselung die Regelwirkung der Norm ist.

BVerfG, Urteil vom 8.4.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267-301.

Das scheidet bei der angegriffenen wasserrechtlichen Norm eindeutig aus.

Mithin führt auch die wertbezogene Argumentation der Antragsteller nicht zu einem Rechtsfehler der Verordnung.

Im Rahmen der Eigentumsprüfung ist auf den Gesichtspunkt von Ausgleichspflichten des Normgebers einzugehen. Die angegriffene Verordnung enthält keinen finanziellen Ausgleich für die betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts speziell zum Wasserrecht bedarf eine Wasserschutzgebietsverordnung jedenfalls dann verfassungsrechtlich keiner finanziellen Ausgleichsfestsetzung, wenn sie eine unverhältnismäßige Belastung der Eigentümer real vermeidet.

BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 7 BN 4.02 -, DVBl. 2003, 1074-1075; diese Entscheidung beruht auf der neueren allgemeinen Eigentumsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 02.03.1999 -1 BvL 7/91-, BVerfGE 100, 226, im Denkmalschutzfall.

Nach dem Kontrollergebnis des Senats genügt die Inhaltsbestimmung des Eigentums durch die angegriffene Verordnung insgesamt real dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Auf die ausnahmsweise Zulässigkeit eines unverhältnismäßigen Eingriffs mit zusätzlicher finanzieller Ausgleichsregelung kommt es mithin nicht an. Die zusätzliche gesetzliche Entschädigungsregelung des § 32 I 3 WHG ist nicht einschlägig, weil keine Rückhalteflächen zurückgewonnen werden.

Im Ergebnis genügt die angegriffene Verordnung in vollem Umfang den Anforderungen des Art. 14 GG.

Weiter macht der Antragsteller einen Verstoß gegen Art. 12 GG geltend. Er betreibt den Beruf des Spediteurs und sieht einen mittelbaren Eingriff in die Berufsfreiheit darin, dass ihm nunmehr untersagt werde, auf seinem Betriebsgrundstück Lagerstätten zu unterhalten. Dies sei nicht durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt und deshalb unverhältnismäßig.

Der Schutzbereich von Art. 14 I GG und Art. 12 I GG ist dahingehend abzugrenzen, dass das Eigentumsgrundrecht das Erworbene schützt, die Berufsfreiheit dagegen den Erwerb und die Betätigung selbst.

BVerfG, Beschluss vom 25.5.1993 - 1 BvR 345/83 -, BVerfGE 88, 366-377.

Soweit es dem Antragsteller mithin um seine Betätigung als Spediteur geht, ist das Grundrecht auf Berufsfreiheit einschlägig. Ein mittelbarer Eingriff in das Grundrecht auf Berufsfreiheit liegt vor, wenn die Norm Tätigkeiten betrifft, die typischerweise beruflich ausgeübt werden.

Jarass/Pieroth, GG, 5. Auflage 2000, Art. 12 Rdnr. 12.

Ebenso wie das Verbot der Umwandlung von Dauergrünland in Ackerland (§ 3 I a der Verordnung), das typischerweise nur Landwirte betrifft, betrifft das Lagern von Stoffen nach § 3 II Nr. 4 der Verordnung in der einengenden Auslegung des Senats typischerweise gewerbliche Lagerplätze. Dann liegt mittelbar eine Berufsausübungsregelung vor, die eine hochwasserverträgliche und damit umweltfreundliche Lagerung von Stoffen auf einem Lagerplatz verlangt. Eine solche Pflicht hält sich innerhalb der Sozialbindung des Eigentums. Für eine Beschränkung der Berufsausübung genügen als Rechtfertigung bereits vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls.

BVerfG, Beschluss vom 17.4.2000 - 1 BvR 1538/98 -, DVBl. 2000, 1050/1051.

Demgegenüber steht nach der Verfassungsrechtsprechung fest, dass der Schutz vor Überflutungen auch an Flüssen ein Gemeinwohlinteresse von nachgerade überragender Bedeutung ist.

BVerfG, Beschluss vom 25.3.1998 - 1 BvR 1084/92 -.

Mithin wird die Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit durch hochwasserbezogene Genehmigungspflichten aufgrund eines mehr als nur tragfähigen, nämlich eines überragenden Gemeinwohlbelangs gerechtfertigt. Somit scheidet ein Verstoß gegen das Berufsgrundrecht aus Art. 12 I GG aus.

Als weiteren Grundrechtsverstoß machen die Antragsteller eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 I GG durch die Verordnung in Form der Aussparung einiger streitiger Grundstücke aus dem Überschwemmungsgebiet geltend. Insoweit ist aber als speziellerer Verfassungsgrundsatz wie dargelegt das Übermaßverbot einschlägig, das nicht verletzt ist.

Die nach allem vernünftigerweise gebotene Verordnung verletzt keine Grundrechte; sie ist formell und materiell rechtmäßig.

Mithin ist der Normenkontrollantrag der Antragsteller zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 I VwGO, die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nach § 132 II VwGO nicht zuzulassen; insbesondere hat der Senat das allgemeine Problem des Konflikts von Baurecht und Wasserrecht im Überschwemmungsgebiet auf der Grundlage des saarländischen Wasserrechts gelöst, das Besonderheiten im Sinne einer Vereinbarkeit von Wasserrecht und Baurecht aufweist.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist beim Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Prälat-Subtil-Ring 22, 66740 Saarlouis (Postfach 20 06, 66720 Saarlouis), innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht einzureichen.

Für die Einlegung der Beschwerde und ihre Begründung besteht Vertretungszwang. Danach muss sich der Beschwerdeführer durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

Sonstige Literatur

Streitwertbeschluss

Der Streitwert wird auf 10.000,-- Euro festgesetzt. Bei der Streitwertfestsetzung gemäß den §§ 25, 13 GKG orientiert sich der Senat an der vorliegenden Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes in einer vergleichbaren wasserrechtlichen Normenkontrolle.

Beschluss des OVG des Saarlandes vom 22.4.1993 - 8 N 2/92 - mit der Streitwertfestsetzung auf 20.000,-- DM.

In dem seinerzeitigen Normenkontrollverfahren ging es um den Konflikt zwischen einem Wasserschutzgebiet und einem bestehenden Heizöllager. Das Oberverwaltungsgericht hat dabei die berufs- und eigentumsbezogenen Auswirkungen des Wasserschutzgebietes auf den Gewerbebetrieb bedeutungsmäßig typisierend mit 20.000,-- DM bewertet. Der hier vorliegende Eingriff des Überschwemmungsgebiets in die Eigentums- und Gewerbenutzung des Grundstücks für ein Speditionsgewerbe ist bedeutungsgemäß vergleichbar und wird deshalb mit 10.000,-- Euro bewertet.

Dieser Streitwertbeschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.