Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 11. Mai 2016 - 16a D 13.1540

published on 11/05/2016 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 11. Mai 2016 - 16a D 13.1540
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Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I. Die 19... in M. geborene Beklagte beendete ihre Schullaufbahn 1977 mit dem qualifizierten Hauptschulabschluss. Danach absolvierte sie eine Lehre als Buchbinderin, die sie mit der Gesellenprüfung abschloss. Von 1979 bis 1990 war die Beklagte in der Verlags-Sortiments-Buchbinderei L. tätig. Zum 1. Juli 1990 wurde sie als Justizangestellte beim Oberlandesgericht M. eingestellt. Mit Wirkung zum 1. Januar 1992 wurde die Beklagte zur Justizoberwachtmeisterin z. A. und mit Wirkung zum 1. Januar 1993 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Justizoberwachtmeisterin ernannt. Zum 1. Januar 1997 folgte die Ernennung zur Justizhauptwachtmeisterin, am 1. Mai 2003 die Ernennung zur Ersten Justizhauptwachtmeisterin und am 1. Januar 2011 zur Justizsicherheitssekretärin.

Die Beklagte ist ledig und bezieht um 50 Prozent gekürzte Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe A 6.

In der letzten periodischen Beurteilung von 2008 erhielt die Beklagte das Gesamturteil 10 Punkte.

II. Die Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit Urteil des Amtsgerichts M. vom 11. Januar 2012 (Az.: 821 Cs 125 Js 12277/10) wurde die Beklagte wegen Diebstahls in Tateinheit mit Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit Verletzung des Briefgeheimnisses in Tateinheit mit Diebstahl in Tatmehrheit mit Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

Im Urteil wurden folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:

1. Am 16.2.2010 war die Angeklagte als Beamtin in der Posteinlaufstelle des AG M. in der I.-straße ... in M. eingesetzt. Im Posteinlauf dieses Tages befand sich ein Brief der Rechtsanwälte G. und Kollegen an die Gerichtsvollzieher Verteilerstelle des AG M., dem ein Schreiben vom 12.2.2010 und 30,- € Bargeld beilagen. Zu jeweils nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkten am 16.2.2010 öffnete die Angeklagte zunächst diesen Brief und stempelte das Schreiben - anstatt mit dem ihr selbst zugewiesenen Einlaufstempel - unberechtigt unter Ausnutzung der ihr aus ihrem Amt erwachsenen Möglichkeiten mit dem ihres Kollegen D. über die entsprechende Kennziffer 6 zugewiesenen Stempel, um über die Person des den Brief öffnenden Beamten zu täuschen. Außerdem entnahm die Angeklagte den Bargeldbetrag von 30,- € und entwendete diesen, um ihn für sich zu behalten.

2. Zu einem weiteren nicht mehr genauer feststellbaren Zeitpunkt Ende Mai 2010 entwendete die Angeklagte ebenfalls in der Einlaufstelle des AG M. in der I.-straße in M. einen an ihren Kollegen W. persönlich andressierten, per Post eingegangenen Brief, der einen Handyakku Motorola BT 50 im Wert von 6,65 € enthielt, um ihn und seinen Inhalt zunächst für sich zu behalten und den Akku schließlich unter Vorspiegelung ihrer Eigentümerstellung bei ebay zu versteigern.

3. Am 15.6.2010 entwendete die Angeklagte erneut in der Einlaufstelle des Amtsgerichts M. in der I.-straße ... in M. ein an ihren Kollegen W. persönlich adressiertes, als Warensendung präpariertes Päckchen ohne Inhalt, um es für sich zu behalten.

Auf die Berufung der Beklagten hielt das Landgericht M. I mit seit 17. Juli 2012 rechtskräftigem Urteil vom 9. Juli 2012, das Urteil des Amtsgerichts M. vom 11. Januar 2012 mit der Maßgabe aufrecht, dass die Beklagte wegen Diebstahls in Tateinheit mit Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit Verletzung des Briefgeheimnisses in Tateinheit mit Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt wurde. Das Urteil beruhte auf einer Verfahrensabsprache gemäß § 257 c StPO. Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

Infolge der Berufungsbeschränkung stehen der Sachverhalt hinsichtlich der Fälle 1 und 2 sowie der Schuldspruch rechtskräftig fest. Insoweit wird auf die Ausführungen des Urteils des Amtsgerichts M. verwiesen.

Die Angeklagte gab ergänzend an, dass sie sich damals überfordert gefühlt habe. Seit Anfang 2010 gehe es der Mutter so schlecht, dass sie sich täglich um sie kümmern müsse. Darüber hinaus habe es in der Arbeit immer wieder Probleme gegeben, insbesondere Unstimmigkeiten mit Herrn W. Die 30,- € bzw. den Akku habe sie nicht benötigt. Sie habe sich aber, nachdem es kurz zuvor wieder eine Auseinandersetzung gegeben habe, zu der Kurzschlussreaktion hinreißen lassen.“

Von der Verfolgung des Falles 3 war gemäß § 154 Abs. 2 StPO durch Beschluss in der mündlichen Verhandlung vom9. Juli 2012 abgesehen worden.

III.Mit Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft M. vom 12. August 2010 wurde gegen die Beklagte ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das mit Verfügungen vom 12. November 2010 und 25. Mai 2011 ausgedehnt wurde. Nach Abschluss des Strafverfahrens wurde das mittlerweile aufgrund der strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzte Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 25. Juli 2012 fortgesetzt.

Mit Verfügung vom 10. August 2012 wurde die Beklagte mit sofortiger Wirkung des Dienstes enthoben. Mit Verfügung vom 5. Dezember 2012 wurden zunächst die monatlichen Dienstbezüge in Höhe von 20 Prozent, mit Verfügung vom 7. März 2013 dann in Höhe von 50 Prozent einbehalten.

Mit Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft M. vom 14. Januar 2013 wurde der Beklagten gemäß Art. 32 BayDG die Gelegenheit zur abschließenden Anhörung gegeben, von der die Beklagte mit Schreiben vom 23. Januar 2013 Gebrauch machte.

IV. Am 22. Februar 2013 erhob die Generalstaatsanwaltschaft Klage beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Grundlage hierfür waren neben den dem Urteil des Amtsgerichts unter den Ziffern 1 -3 zugrundeliegende „Sachverhalte“, auch folgende innerdienstliche Vorwürfe:

1. - 3. (s. oben unter Abschnitt 2, Ziff. 1 - 3).

4. Die Beklagte habe entgegen des § 6 Abs. 1 der Dienstanweisung für die gemeinsamen Zugangsstellen der Justizbehörden vom30. Juni 2006 die Abdrucke der Schriftsätze nicht abgestempelt, und zwar vom 2. Juni bis 8. Juni 2010 in 90% der Eingänge.

5. Die Beklagte habe wiederholt gegen § 8 Abs. 3 der Dienstanweisung für die gemeinsamen Eingangsstellen der Justizbehörden verstoßen, wonach der Eingang von Zahlungsmitteln dauerhaft mit Unterschrift zu bescheinigen ist.

6. Der frühere Leiter der Eingangsstelle V habe der Beklagten untersagt, privat zu kopieren. Dennoch habe die Beklagte täglich private Kopien, insbesondere aus der Süddeutschen Zeitung sowie den Speiseplänen gefertigt, ohne diese zu bezahlen. Erst ab März 2010 habe sie damit aufgehört.

7. Der Vorgesetzte W. habe der Beklagten untersagt, sich in erheblichem Umfang private Post an ihre Dienstanschrift zusenden zu lassen. Die Beklagte habe dennoch in der Zeit vom 19. April 2010 bis 28. Mai 2010 27 private Sendungen erhalten.

8. Die Beklagte habe während der Dienstzeit viele private Telefonate mit ihrem Handy geführt. Obwohl ihr Vorgesetzter (Herr P.) sie angewiesen habe, die privaten Telefonate deutlich zu reduzieren oder zu unterlassen, habe die Beklage am 9. Juni 2010 27 eingehende und 22 abgehende private Telefonate mit ihrem Handy geführt.

9. Im Dezember 2009 habe die Beklagte auf ihrem privaten Handy einen als verfassungsfeindlich einzustufenden Handyrufton (Hitlergruß) verwendet. Auf Hinweis habe sie diesen geändert.

10. Die Beklagte habe zumindest im April 2010 gegen die Zielvereinbarung vom 20. Dezember 2004, wonach sie täglich eine frisch gewaschene Dienstbluse anzuziehen habe und die Diensthose spätestens nach drei Tagen zu wechseln, zu lüften und zu reinigen habe, verstoßen. Sie sei mit verschmutzter Dienstkleidung zum Dienst erschienen und habe einen unangenehmen Geruch verbreitet. Sie habe auch verschmutzte Dienstkleidung in ihrem Dienstschrank aufbewahrt.

11. Am 13. August 2010 habe die Beklagte Herrn Justizangestellten A. gefragt, wie er seinen Geburtstag verbracht habe. Auf seine Frage, woher sie diese Informationen habe, habe die Beklagte mitgeteilt: „ich sitze gerade über deinen Scheidungsakten von 1988“.

12. Am 14. Februar 2011 sei die Beklagte dienstunfähig erkrankt gewesen und habe für diesen Tag ein ärztliches Attest vorgelegt. Vom 15. Februar 2011 bis 21. Februar 2011 sei sie nicht zum Dienst erschienen und habe ihre Dienstunfähigkeit nicht angezeigt sowie keine ärztliche Bescheinigung vorgelegt. Am 22. Februar 2011 sei die Beklagte nicht zum Dienst erschienen, habe jedoch telefonisch Urlaub beantragt, der ihr genehmigt worden sei. Für den 23. Februar 2011 habe sie sich erneut krank gemeldet. Am 24. Februar 2011 sei sie wiederum nicht zum Dienst erschienen. Sie habe dem Vorzimmer der Abteilung 3 mitgeteilt, dass sie bis 1. März 2011 krankgeschrieben sei. Am 25. Februar 2011 sei beim Amtsgericht M. ein Attest des Dr. med. O. vom 24. Februar 2011 eingegangen, das ihre Arbeitsunfähigkeit vom 14. Februar 2011 bis 1. März 2011 bescheinigt habe.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 13. Mai 2013 wurde die Beklagte wegen eines Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Die der Beklagten zur Last gelegten Dienstvergehen hielt das Gericht für erwiesen. Hinsichtlich des Diebstahls in Tateinheit mit Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit Verletzung des Briefgeheimnisses in Tateinheit mit Diebstahl bestehe die Bindungswirkung des Urteils des Landgerichts M. I vom 9. Juli 2012 (Ziff. 1 und 2 der Disziplinarklage). Die Entwendung der an den Kollegen W. adressierten Warensendung (Ziff. 3 der Disziplinarklage) habe die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ebenso eingeräumt wie die weiteren innerdienstlichen Dienstvergehen (Ziff. 4 -12 der Disziplinarklage), für die keine Bindungswirkung durch das Strafurteil bestehe. Der Umstand, dass sie auf den Kollegen W. sauer gewesen sei, weil er sie angeschrien und bei der Gruppenleiterin hingehängt habe, rechtfertige die Kollegendiebstähle in keiner Weise. Auch der Hinweis der Beklagten, keiner ihrer Kollegen habe nach § 6 Abs. 1 und § 8 Abs. 3 der Dienstanweisung gearbeitet, könne sie nicht entlasten. Ebenso wenig der nunmehr angeführte Stress in der Arbeit und zu Hause. Hätten die behaupteten Umstände wirklich vorgelegen, hätte die Beklagte sich zum damaligen Zeitpunkt sicher darauf berufen. Insgesamt habe die Beklagte ein äußerst schweres innerdienstliches Dienstvergehen begangen. Das Schwergewicht der innerdienstlichen Verfehlungen liege dabei auf den strafbaren Handlungen, nämlich dem Diebstahl, der Urkundenfälschung, der Verletzung des Briefgeheimnisses und den beiden Kollegendiebstählen. Aber auch den Weisungsverstößen komme aufgrund ihrer Häufigkeit und Intensität erhebliche Bedeutung zu. Bei einer Gesamtabwägung aller be- und entlastenden Umstände könne von der disziplinaren Höchstmaßnahme nicht abgesehen werden. Die Beklagte habe ihr dienstlich anvertrautes Geld entwendet und um ihre Täterschaft nach außen zu verschleiern den Verdacht auf einen Kollegen gelenkt. Hierdurch habe sie eine Urkundenfälschung in einem besonders schwerem Fall begangen. Die Diebstähle der an den Kollegen W. gerichteten zwei Postsendungen stellten sich als Kollegendiebstähle, in einem Fall mit Verletzung des Briefgeheimnisses dar. Die Beklagte sei gezielt und mit erheblicher krimineller Energie vorgegangen, indem sie den Diebstahl des Geldes durch die Verwendung des Stempels des Kollegen zu kaschieren suchte. Bei den Kollegendiebstählen sei sie ihrem Plan gefolgt, dem Kollegen zu schaden und ihn zu ärgern, weil sie sich ungerecht behandelt gefühlt habe. Die der Beklagten durch ärztliches Attest ihrer behandelnden Ärztin vom 7. März 2013 bescheinigte außerordentliche Belastung durch die Demenzkrankheit ihrer Mutter begründe weder eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit noch eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit. Sowohl dem Diebstahl dienstlich anvertrauten Geldes als auch dem Kollegendiebstahl komme disziplinarisch ein besonders erhebliches Gewicht zu, das in der Regel zur Entfernung aus dem Dienst führe. Hinzu komme, dass die Beklagte bei der Wegnahme der für den Kollegen W. eingegangenen Briefsendung eine typische Alltagssituation ausgenutzt habe. Der Zugriff auf Vermögenswerte des Kollegen wiege nicht weniger schwer, weil es sich bei der einen Postsendung lediglich um einen Handyakku im Wert von 6,65 Euro und bei der anderen um ein präpariertes Fangpäckchen gehandelt habe. Dies sei für die Beklagte bei der Tatbegehung nicht zu erkennen gewesen. Selbst wenn man zu ihren Gunsten den geringen Wert der entwendeten Gegenstände mildernd berücksichtige, könne von der Höchstmaßnahme nicht abgesehen werden, da die konkrete Tatausführung und ihr sonstiges dienstliches Verhalten sie zusätzlich belasteten. Sie sei leicht einsehbaren Weisungen ihrer Dienstvorgesetzten inklusive einer Zielvereinbarung nicht nachgekommen. Auch die Versetzung in die Hauptregistratur habe zu keiner Verhaltensänderung geführt. Sie habe dort unbefugt Einblick in die Scheidungsakte eines Kollegen genommen und weisungswidrig ein erforderliches Attest nicht bzw. erst verspätet vorgelegt. Zwar spreche die bisherige disziplinarrechtliche und strafrechtliche Unbescholtenheit zugunsten der Beklagten, dies führe aber nicht dazu, dass von der Höchstmaßnahme abgesehen werden könne. Das Vertrauen in die Beklagte sei endgültig erloschen.

Ein in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2013 gestellter Antrag, Beweis zu erheben dafür, dass bei der Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum von Mitte 2009 bis Anfang 2011 eine erhebliche persönliche Überlastungs- und Ausnahmesituation durch die Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter und die Mobbingsituation am Arbeitsplatz bestanden habe, die für das Verhalten der Beklagten zumindest wesentlich mitursächlich gewesen sei, durch Einvernahme der behandelnden Ärztinnen Dr. S. und Dr. H. und Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens, wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichts als verspätet zurückgewiesen.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 13. Mai 2013 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen.

Im Rahmen der Berufungsbegründung wurde vorgetragen, dass das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt habe, dass lediglich die Dienstvergehen gemäß Ziffer 1 und 2 (der Disziplinarklage) in Rechtskraft des Berufungsurteils des Landgerichts M. I vom 9. Juli 2016 erwachsen seien, nicht jedoch Ziffer 3. Hier sei vom Landgericht M. I gemäß § 154 Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung abgesehen worden. Auch im Hinblick auf die rechtskräftig abgeurteilten Sachverhalte (Ziff. 1 und 2) sei keine Bindungswirkung gemäß Art. 25 und 55 BayDG eingetreten, da es zu einer strafrechtlichen Verurteilung der Beklagten wegen dieser Vorfälle nur aufgrund einer Verfahrensabsprache gemäß § 257c StPO gekommen sei. Ein eigentliches Geständnis im klassischen Sinn habe im strafgerichtlichen Verfahren nicht vorgelegen. Das Verwaltungsgericht habe auch unberücksichtigt gelassen, dass die Eingangstempel in der Posteinlaufstelle nicht dauerhaft zugeordnet gewesen, sondern jeden Morgen neu verteilt worden seien. Deshalb sei nicht auszuschließen, dass es bei den Eintragungen der Stempelnummern in Bezug auf die Bediensteten zu Verwechslungen gekommen sei. Der Verletzung des Briefgeheimnisses müsse die unzulässige Handhabung des Kollegen gegenübergestellt werden, sich private Warensendungen an den Arbeitsplatz liefern zu lassen. Vor der angeblichen Entwendung einer präparierten Warensendung ohne Inhalt sei es zu einer erheblichen Provokation der Beklagten durch den betroffenen Kollegen gekommen, zudem habe sie keinesfalls in Zueignungsabsicht gehandelt. Die Überlegung des Verwaltungsgerichts, den Milderungsgrund des Unterschreitens der Geringwertigkeitsschwelle wegen der Begleitdelikte (Urkundenfälschung, Verletzung des Briefgeheimnisses) auszuschließen, greife daher zu kurz. Die die Beklagte entlastenden Gesichtspunkte wie die bisherige Unbescholtenheit und die letzte dienstliche Beurteilung mit 10 Punkten hätten in der Prognoseentscheidung keine ausreichende Berücksichtigung gefunden. Diese genüge deshalb insgesamt nicht den durch das Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen. So könne es bei einem einmaligen Fehlverhalten (Zugriffsdelikt) ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht kommen, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung in fehlerhafter Weise auch nicht berücksichtigt, dass die der Beklagten vorgeworfenen Zugriffsdelikte durch eine gravierende Mobbingsituation gegen die Beklagte mit einem ihr gegenüber verbundenen Aggressionsverhalten sowie durch ihre persönliche Überlastung zumindest mitverursacht sein könnten. Für die prognostische Gesamtwürdigung hätte die Motivlage der Beklagten miteinbezogen werden müssen. Die Beklagte sei auch wegen der Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter in einer persönlichen Überlastungs- und Ausnahmesituation gewesen, die ihre Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der vorgehaltenen Vorfälle eingeschränkt habe. Zum Beweis seien ärztliche Atteste vorgelegt worden. Zudem werde auf die Stellungnahme der die Beklagten nunmehr behandelnden Therapeutin vom 3. September 2013 verwiesen. Ohne Begründung habe das Verwaltungsgericht eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit bzw. eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit der Beklagten verneint. Ein entsprechender Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens sei ebenfalls ohne Begründung als verspätet zurückgewiesen worden.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend von der Bindungswirkung der Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts M. I ausgegangen, zumal Zweifel an der Richtigkeit nicht bestünden. Die strafrechtlich rechtskräftig abgeurteilten Sachverhalte habe die Beklagte auch eingeräumt. Auch im Hinblick auf die weiteren Sachverhalte sei die Beklagte im Wesentlichen geständig gewesen, die Verfahrensabsprache wirke sich nicht auf die Bindungswirkung der Feststellungen aus. Das Verwaltungsgericht habe eine sorgsame Abwägung vorgenommen und das sonstige Verhalten der Beklagten bei der Tatausführung einfließen lassen. Es sei nicht nachvollziehbar, inwieweit eine Mobbingsituation, die im Übrigen auch nicht näher dargelegt worden sei, eine Einschränkung der Steuerungsfähigkeit zur Folge gehabt haben soll. Die von der Beklagten vorgebrachte außergewöhnliche Belastung durch die Demenzkrankheit ihrer Mutter könne weder eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit noch eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit begründen. Hiervon sei auch das Landgericht M. I in seinem rechtskräftigen Urteil ausgegangen. Das Verwaltungsgericht sei dem Beweisantrag deshalb zu Recht nicht nachgekommen. Im Übrigen sei nicht ansatzweise dargetan, worauf die angeblich verminderte Schuldfähigkeit der Beklagten - gemessen an den vier Eingangskriterien der Vorschrift des § 20 StGB - beruhen sollte. Hierzu treffe die Stellungnahme der behandelnden Psychotherapeutin vom 3. September 2013 ebenso wenig eine Aussage, wie zum Grad einer solchen Erkrankung bzw. Störung.

Mit Beschluss vom 29. Oktober 2014 hat der Senat die Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet zu den Fragen,

- ob bei der Beklagten im Zeitraum von Mitte 2009 bis Anfang 2011 mindestens eines der in § 20 StGB genannten Krankheitsbilder vorgelegen hat und deswegen ihre Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ausgeschlossen oder erheblich vermindert war (§§ 20, 21 StGB).

- Falls ja: Ob dieses erfolgreich behandelt wurde und ähnliche Pflichtverstöße nicht mehr eintreten werden.

- Falls nein: Kam der Zustand der Beklagten in diesem Zeitraum der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nahe und hat sie diese schwierige Lebensphase nunmehr vollständig überwunden, so dass ähnliche Pflichtverstöße nicht mehr eintreten werden.

Laut Gutachten von Prof. Dr. W. vom 1. September 2015 wurde festgestellt, dass bei der Beklagten eine mittelgradige depressive Episode bestehe, sich aber keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Aufhebung oder Minderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der Beklagten im Zeitraum der Tathandlungen ergäben. Die psychosoziale Situation der Beklagten habe sich im Jahr 2010 aufgrund der Doppelbelastung durch die Veränderungen am Arbeitsplatz und die Versorgung der demenzkranken Mutter zwar als sehr schwierig dargestellt, ob dieser Zustand jedoch einer Minderung der Steuerungsfähigkeit gleichgekommen sei, müsse aus psychiatrischer Sicht mangels objektivierbarer Angaben und fehlender ärztlicher Unterlagen offenbleiben. Dagegen spreche das von der Beklagten in der Untersuchung eingeräumte normalpsychologisch erklärbare Motiv der Unzufriedenheit und Missachtung am Arbeitsplatz.

Mit Schriftsatz vom 6. November 2015 ließ die Klägerin sowohl formale als auch materielle Mängel des Gutachtens geltend machen. Das Gutachten sei nicht ordnungsgemäß erstellt worden, die in Bezug genommenen Zusatzgutachten würden nicht in unterschriebener Form vorliegen, sondern lediglich zitiert. Es könne deshalb nicht beurteilt werden, ob diese vollständig und sinngemäß wiedergegeben seien. Die Ausführungen zur Motivlage der Beklagten würden eine unhaltbare Vermutung darstellen.

Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts S. vom 15. September 2015 (2 Ds 47 Js 40515/14) wurde die Beklagte wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen à 20,-- Euro verurteilt.

Folgender Sachverhalt lag zugrunde:

1. Am 20.7.2014 gegen 20:00 Uhr nahm die Angeklagte in der S-Bahn Linie S 8 (Zug-Nr. 6894) in Fahrtrichtung H., zwischen den Haltepunkten S. und S.-H. den vom Geschädigten N... auf der Gepäckanlage vergessenen Rucksack der Marke Deuter an sich. Im Rucksack befand sich eine Digitalkamera der Marke Nikon P520 und weiße Kopfhörer der Marke WESC. Außerdem befand sich ein Anaphylaxie Notfallset mit einer Bestätigung des Hausarztes und Name und Adresse des Geschädigten im Rucksack. Die Angeklagte verließ die S-Bahn an der Haltestelle S.-H. und stieg in den zweiten Wagenteil, um den Rucksack samt Inhalt im Gesamtwert von ca. 400 Euro für sich zu behalten.

2. Am 28.9.2014 gegen 17:45 Uhr nahm die Angeklagte in der S-Bahn Linie S 8 in Fahrtrichtung H. zwischen den Haltepunkten S. und S.-H. die schwarze Tasche der Geschädigten S. an sich und verließ die Bahn an der Haltestelle S.-H., um die Tasche samt Inhalt für sich zu behalten. Die Geschädigte hatte zuvor den Sitzplatz gewechselt und die Tasche am ursprünglichen Platz vergessen. In der Tasche befand sich ein rosa Dirndl, zwei Paar Schuhe, eine Strickjacke, ein Lebkuchenherz, sowie eine Getränkeflasche im Gesamtwert von ca. 200 Euro.

Aufgrund dieser Sachverhalte wurde mit Verfügung vom 27. Januar 2015 durch den Präsidenten des Amtsgerichts M. ein weiteres Disziplinarverfahren gegen die Beklagte eingeleitet.

Der Senat hat am 11. Mai 2016 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

V. Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft M. I sowie die Disziplinarakten und Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) verhängt.

I. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts erwiesen.

1. Der der Beklagten im Disziplinarverfahren zur Last gelegte Sachverhalt (Ziffer 1 und 2 der Disziplinarklage), wie er dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts vom 9. Juli 2012 zugrunde liegt, steht nach Art. 25 Abs. 1, Art. 55 HS. 1, Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend.

Der Bindung unterliegen die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts, die den objektiven und subjektiven Tatbestand der verletzten Strafnorm, die Rechtswidrigkeit der Tat, das Unrechtsbewusstsein (§ 17 StGB) sowie die Frage der Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB betreffen. Hierzu gehören nicht nur die äußeren Aspekte des Tathergangs, sondern auch die Elemente des inneren Tatbestands wie etwa Vorsatz oder Fahrlässigkeit sowie Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht (BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris Rn. 36).

Aufgrund des Urteils des Landgerichts M. vom 9. Juli 2012 steht fest, dass die Beklagte die Diebstähle unter Ziff. 1 und 2 - einmal in Tateinheit mit Urkundenfälschung, einmal in Tateinheit mit einer Verletzung des Briefgeheimnisses - begangen hat (§§ 202 Abs. 1 Nr. 1, 205, 242 Abs. 1, 248 a, 267 Abs. 1 und 3 Satz 2 Ziff. 4, 52, 53 StGB). Sie entwendete dienstlich anvertrautes Geld in Höhe von 30,- Euro unter Verwendung eines dem Kollegen zugewiesenen Stempels, um über die Person des den Brief öffnenden Beamten zu täuschen, und nahm unter Verletzung des Briefgeheimnisses eines Kollegen dessen Warensendung in Form eines Handyakkus an sich. Diese tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts M. vom 11. Januar 2012 sind aufgrund der Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht M. I am 9. Juli 2012 rechtskräftig geworden. Hierauf wurde im Berufungsurteil ausdrücklich Bezug genommen (... Infolge der Berufungsbeschränkung stehen der Sachverhalt hinsichtlich der Fälle 1 und 2 sowie der Schuldspruch rechtskräftig fest. Insoweit wird auf die Ausführungen des Urteils des Amtsgerichts M. verwiesen ...). Die Ausführungen der Beklagten zu einer möglichen Verwechslung bei der Verwendung der Stempel bzw. zur Verletzung des Briefgeheimnisses gehen deshalb ins Leere.

Der Senat hat keinen Anlass, sich aufgrund des Vorbringens der Beklagten von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen (Art. 55 HS. 2 i. V. m. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Die Disziplinargerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils i. S. d. Art. 25 Abs. 1 BayDG zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn diese offenkundig unrichtig sind und sie daher „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssen. Dies ist etwa der Fall, wenn die Feststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen, aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Hierunter fällt auch, wenn dem Strafurteil eine Urteilsabsprache zugrunde liegt, die den rechtlichen Anforderungen nicht genügt (BayVGH, B. v 21.1.2015 - 16a D 13.1904 - juris Rn. 60 m. w. N.). Eine Bindungswirkung ist jedoch nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil das Berufungsurteil im Hinblick auf die Rechtsfolgen auf einer Verfahrensabsprache gemäß § 257 c StPO beruht. Substantiierte rechtliche Beanstandungen hat die Beklagte diesbezüglich nicht vorgetragen (BVerwG v. 26.8.2010 - 2 B 43/10 - juris Rn. 6). Eine Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen ergibt sich aufgrund der Rechtsfolgenbeschränkung bereits aus dem erstinstanzlichen Urteil.

2. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Beklagte auch den unter Ziff. 3 der Disziplinarklage vorgeworfenen Diebstahl begangen hat.

Aus den tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts M. im Urteil vom 11. Januar 2012 ergibt sich, dass die Beklagte am 15. Juni 2010 ein an ihren Kollegen W. persönlich adressiertes Päckchen ohne Inhalt entwendet hat, um es für sich zu behalten. Zwar erlangten diese tatsächlichen Feststellungen mangels ausdrücklicher Berufungsbeschränkung auf die Rechtsfolgen und anschließender Einstellung vor dem Landgericht M. I in der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2012 gemäß § 154 Abs. 2 StPO keine Bindungswirkung gem. Art. 25 Abs. 1 BayDG. Diese Feststellungen können aber gemäß Art. 25 Abs. 2, 55, 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG zugrunde gelegt werden (Zängl, Kommentar zum BayDG, Stand: Februar 2011, Art. 25 Rn. 20) und entfalten eine indizielle Wirkung.

Der Sachverhalt wurde im Rahmen des erstinstanzlichen Strafverfahrens und der Gutachtenserstellung durch die Beklagte auch eingeräumt. Ihren Vortrag, sie habe lediglich einen Scherz mit ihrem Kollegen W. machen wollen, hält der Senat angesichts der Zeugenaussagen vor dem Amtsgericht M. und dem eigenen Vorbringen der Beklagten für nicht glaubwürdig. Nach den Aussagen der drei Zeugen W., R. und D. trug die Beklagte ersichtlich ein Päckchen in Ihrer Hosentasche. Auf den Inhalt ihrer Hosentasche angesprochen, entleerte sie diese nur zögerlich und zog erst auf Nachfrage das fragliche Päckchen hervor. Bereits zuvor war die Beklagte vom Zeugen W. auf den Verlust des Päckchens angesprochen worden, ohne sich als dessen Besitzerin zu erkennen zu geben. Ein solches Verhalten spricht - auch angesichts des von der Beklagten geschilderten angespannten Verhältnisses mit dem Kollegen W. - ersichtlich nicht für einen Scherz. Die Beklagte hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 7. Mai 2013 und der Begutachtung durch Prof. Dr. W. selbst zugegeben, dass sie am fraglichen Tag auf den Kollegen W. sauer gewesen sei. Er habe sie aus ihrer Sicht zu Unrecht angeschrien und bei der Gruppenleiterin hingehängt. Sie habe dann den Entschluss gefasst, ihm eine reinzuwürgen. Sie wollte ihn ärgern. Als Reaktion habe sie die Warensendung an sich genommen (Sitzungsprotokoll des VG M. vom 13. Mai 2013, S. 4).

Die sonstigen unter Ziff. 4 - 12 (der Disziplinarklage) aufgeführten Sachverhalte wurden von der Beklagten nicht substantiiert bestritten bzw. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht im Wesentlichen eingeräumt. Insbesondere mit dem unter Ziffer 4, 5, 6, 7, 8 und 10 (in Verbindung mit einer Zielvereinbarung vom 20.12.2004) dargestellten Verhalten hat die Beklagte erhebliche Weisungsverstöße begangen. Mehrfach wurde sie darauf hingewiesen, dass sie gemäß § 6 Abs. 1 der Dienstanweisung für die gemeinsamen Eingangsstellen der Justizbehörden in M. vom 30. Juni 2006 grundsätzlich alle dienstlichen Eingänge - auch Abdrucke -mit dem Eingangsstempel zu versehen hat. Dies wurde auch in den monatlichen Besprechungen immer wieder thematisiert. Gleichwohl kam sie in ca. 90 Prozent der Fälle dieser Anordnung nicht nach, obwohl sie im Juni 2010 nochmals auf die Dienstanweisung hingewiesen wurde. Die Anweisung nach § 8 Abs. 3 der Dienstanweisung für die gemeinsamen Eingangsstellen der Justizbehörden in M., wonach der Eingang von Zahlungsmitteln, die den Eingängen beiliegen, neben dem Eingangsstempel mit Unterschrift zu bescheinigen ist, wurde von der Beklagten ebenfalls dauerhaft missachtet. An das Verbot, private Kopien zu fertigen, private Telefonate zu reduzieren bzw. sich private Postsendungen an die Dienstadresse zustellen zu lassen, hielt sie sich eben so wenig wie an die Zielvereinbarung vom 20. Dezember 2004, wonach sie täglich eine frischgewaschene Dienstbluse anzuziehen und die Diensthose spätestens nach 3 Tagen zu wechseln, ausreichend zu lüften und regelmäßig zu reinigen habe. Vom 15. Februar bis 22. Februar 2011 erschien die Beamtin weder zum Dienst noch zeigte sie ihre Dienstunfähigkeit an (Ziff. 12 der Disziplinarklage). Auch ein Attest wurde nicht vorgelegt. Zudem verwandte sie auf ihrem privaten Handy einen als verfassungsfeindlich einzustufenden Handyrufton (Hitlergruß; Ziff. 9 der Disziplinarklage) und teilte einem Kollegen mit, sie säße (angesichts ihrer Tätigkeit in der Registratur) gerade über dessen Scheidungsakten (Ziff.11 der Disziplinarklage).

III. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, weil sie schuldhaft ihr obliegende Dienstpflichten verletzt hat. Sie hat dadurch gegen ihre Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, §§ 202 Abs. 1 Nr. 1, 205, 242 Abs. 1, 248 a, 267 Abs. 1 und 3 Satz 2 Ziff. 4, 52, 53 StGB) sowie gegen ihre Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf (§ 34 Satz 1 BeamtStG), ihre Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG), ihre Pflicht, dienstlichen Anweisungen ihrer Vorgesetzen Folge zu leisten (§ 35 S. 2 BeamtStG i. V. m. der Dienstanweisung für die gemeinsamen Eingangsstellen der Justizbehörden in M. vom 30. Juni 2006 und § 21 UrlVO), ihre Pflicht, sich ihrem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) und gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (§ 37 Abs. 1 BeamtStG), verstoßen.

IV. Das Fehlverhalten der Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat - auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds der Beklagten und ihr bisherigen dienstlichen Verhaltens - darüber hinaus die Folge, dass die Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Unter diesen Voraussetzungen ist aber nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355 - juris; U. v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974; U. v. 21.1.2015 - 16a D 13.1904, Rn. 82, 83 - jeweils in juris).

1. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen die Beamtin ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastender und entlastender Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden der Beamtin stehen (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 18).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen der Beamtin für ihr pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B. v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - juris Rn. 16; B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; B. v. 25.5.2012 - 2 B 133.11 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 14).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens der Beamtin im Hinblick auf ihren allgemeinen Status, ihren Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und ihre konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).

Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeitete Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 20).

2. Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris), also vorliegend nach den innerdienstlichen Diebstählen, die sogenannte „Zugriffsdelikte“ darstellen.

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder aufgrund seines Fehlverhaltens sei eine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung eingetreten (grundlegend BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04, U. v. 24.5.2007 - 2 C 28.06 - jeweils in juris.)

Für einen Beamten, der auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut zugreift - also unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung (z. B. Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung) ein sog. „Zugriffsdelikt“ begeht, galt aufgrund der Rechtsprechung des erkennenden Senats und der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund der Schwere dieser Dienstvergehen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich als Richtschnur für die Maßnahmebestimmung (BVerwG, U. v. 10.1.2007 - 1 D 15.05; U. v. 11.6.2002 - 1 D 31.01 - jeweils in juris). Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen regelmäßig geeignet, das Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit zu zerstören (BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - juris). Da die Verwaltung im Umgang mit öffentlichem und amtlich anvertrautem Gut auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten in hohem Maße angewiesen ist und eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten nicht möglich ist, muss derjenige, der diese Vertrauensgrundlage zerstört, mit einer Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, B. v. 20.12.2011 - 2 B 64.11 - juris Rn. 11; BayVGH, U. v. 9.12.2015 - 16b D 14.642 - juris Rn. 40).

Ein solches Fehlverhalten im Kernbereich der dienstlichen Aufgaben liegt hier in der Entwendung der dienstlichen Gelder in Höhe von 30,- Euro aus der an die Gerichtsvollzieher-Verteilerstelle des Amtsgerichts M. gerichteten Postsendung am 16. Februar 2010. Gleiches gilt für die zwei Kollegendiebstähle, welche nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Schwere im Grundsatz der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar sind, da ein solcher Diebstahl gegenüber Kollegen das Betriebsklima vergiftet und den Arbeitsfrieden in schwerwiegender Weise stört (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris Rn. 21). In diesen Fällen der sog. „Zugriffsdelikte“, war bisher die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme. So auch im vorliegenden Fall der Beklagten.

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 10. Dezember 2015 (2 C 6.14 - juris) klargestellt, dass es seine bisherige Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten aufgebe; bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen sei vielmehr ebenfalls die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen am gesetzlich bestimmten Strafrahmen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleiste die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Hiervon ausgehend ergibt sich im Fall der Beklagten keine abweichende Beurteilung:

Im Hinblick auf die von der Beklagten verwirklichten Delikte ist vorliegend grundsätzlich die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten.

Die Strafgerichte haben die Beklagte vorliegend wegen eines Diebstahls in Tateinheit mit Urkundenfälschung und wegen Diebstahls in Tateinheit mit der Verletzung des Briefgeheimnisses gem. §§ 202 Abs. 1 Nr. 1, 205, 242 Abs. 1, 248 a, 267 Abs. 1 und 3 Satz 2 Ziff. 4, 52, 53 StGB bestraft. Zudem wurde ein weiterer Diebstahl tatbestandlich festgestellt, aber im Berufungsverfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Sowohl nach § 242 Abs. 1 StGB (Diebstahl) als auch nach § 267 StGB (Urkundenfälschung) reicht der Strafrahmen bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht (hier sind es bis zu fünf Jahre), reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U. v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 20).

Vorliegend hat die Beklagte den Kernbereich ihrer dienstlichen Pflichten verletzt, indem sie in einem Fall dienstlich anvertrautes Geld entwendete, wobei sie durch die Verwendung eines ihr nicht zugewiesenen Stempels zumindest in Kauf nahm, den Verdacht auf einen jungen Kollegen zu lenken, und damit zusätzlich noch den Tatbestand einer Urkundenfälschung verwirklichte. Im anderen Fall brachte sie unter Verletzung des Briefgeheimnisses eine an den Kollegen W. gerichtete Warensendung an sich. Ein weiteres an denselben Kollegen gerichtetes Päckchen steckte sie in ihre Hosentasche. Der Senat geht davon aus, dass ein solches Verhalten grundsätzlich geeignet ist, das Vertrauensverhältnis in unheilbarer Weise zu zerstören. Dienstherr und Allgemeinheit müssen sich im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung auf die Ehrlichkeit der mit dienstlichen Geldern oder Gütern betrauten Beamten verlassen können.

Bei der Einordnung des Dienstvergehens der Beklagten in den bis hin zur Dienstentfernung eröffneten Orientierungsrahmen ist auch die von den Strafgerichten ausgesprochene erhebliche Freiheitsstrafe von acht Monaten - zur Bewährung ausgesetzt - zu berücksichtigen. Ungeachtet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kann bei der disziplinarrechtlichen Ahndung eines Dienstvergehens indiziell auch an die von den Strafgerichten ausgesprochenen Sanktionen angeknüpft werden (nunmehr BVerwG, U. v. 10.12.2015 a. a. O. Rn. 24; U. v. 18.6.2015 - 2 C 9.14 - juris Rn. 38f.).

3. Von der Höchstmaßnahme ist zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abzusehen, wenn ein - ursprünglich vom Bundesverwaltungsgericht zu den Zugriffsdelikten entwickelter - sog. „anerkannter“ Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 13).

Diese Milderungsgründe stellen jedoch keinen abschließenden Kanon der bei Dienstvergehen berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Bei der prognostischen Frage, ob gegenüber einem Beamten aufgrund eines schweren Dienstvergehens ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist, gehören zur Prognosebasis außerdem alle für diese Einschätzung bedeutsamen belastenden und entlastenden Ermessensgesichtspunkte, die in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen sind. Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht anerkannter Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich dabei aus allen denkbaren Umständen ergeben. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Sie sind bereits dann mit einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 - juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.

Die Beklagte kann sich vorliegend nicht mit Erfolg auf einen der „anerkannten“ Milderungsgründe berufen.

3.1 Der in der Rechtsprechung entwickelte „anerkannte“ Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache kommt bei der Beklagten nicht zum Tragen. Ausgehend von der Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 248 a StGB ist die Grenze zur Geringwertigkeit bei etwa 50,- Euro anzusetzen (BVerwG, U. v. 10.12.2015 a. a. O. Rn. 26; U. v. 25.7.2013 - 2 C 63.11 - Rn. 16), wobei bei einmaligem Fehlverhalten auch 200,- Euro als Grenze in Betracht kommen kann (BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11 - juris). Diese Grenzen sind vorliegend zwar nicht überschritten, jedoch greift ein solcher Milderungsgrund nur unter der Voraussetzung, dass der Beamte nicht durch sein sonstiges Verhalten oder die konkrete Tatausführung zusätzlich belastet ist und, dass durch das Dienstvergehen keine weiteren wichtigen öffentlichen oder privaten Schutzgüter verletzt worden sind (BVerwG, U. v. 8.4.2003 - 1 D 27/02 - juris Rn. 21). Im vorliegenden Fall wird das Unrechtsbewusstsein der Beklagten nämlich nicht durch den Wert der entwendeten Sache - der vorliegend dem Zufall überlassen blieb - bestimmt, sondern durch äußere Umstände der Tatbegehung (BVerwG, U. v. 10.12.2015 a. a. O. Rn. 29). Vorliegend hat die Beklagte drei Diebstähle, einmal einhergehend mit der Verletzung des Briefgeheimnisses und einmal einhergehend mit einer Urkundenfälschung, begangen. Damit wird der Milderungsgrund der Geringwertigkeit des entwendeten Geldes entkräftet, weil über die Zugriffsdelikte hinaus weitere Schutzgüter verletzt worden sind. Im Rahmen der konkreten Tatausführung ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit der Verwendung eines fremden Stempels zumindest in Kauf genommen hat, den Verdacht auf einen Kollegen zu lenken. Als erschwerende Umstände, die die weitere Vertrauenswürdigkeit ausschließen, gelten auch wiederholte Diebstähle über einen Zeitraum von mehreren Monaten (Zängl, Kommentar zum BayDG, Stand: Oktober 2013, MatR II, Rn. 324 e).

Der Umstand, dass es sich bei der dritten Diebstahlshandlung, die letztendlich im Berufungsverfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, um ein präpariertes Päckchen ohne Inhalt handelte, kann im Hinblick auf die Geringwertigkeit keine Rolle spielen. Hiervon hatte die Beklagte im Zeitpunkt der Tathandlung keine Kenntnis. Darüber hinaus hätte die Berücksichtigung der Geringwertigkeit bei der Einschleusung eines präparierten Päckchens in den Postverlauf bei bereits bestehendem Verdacht zur Folge, dass je nach Wert der Einlage die Grenze zur Geringwertigkeit und damit die Disziplinarmaßnahme steuerbar wäre (vgl. BayVGH, U. v. 9.12.2015 a. a. O. Rn. 47).

3.2 Die Voraussetzungen einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB als weiterer „anerkannter“ Milderungsgrund liegen ebenfalls nicht vor. Ist - wie hier - die Frage der Schuldunfähigkeit mit bindender Wirkung im Strafurteil verneint worden, bleibt es Sache des erkennenden Gerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob ein Fall verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht. Auf Feststellungen, die für diese Frage Bedeutung haben, erstreckt sich die Bindungswirkung eines Strafurteils nicht (vgl. BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass die Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich" war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen, ihres Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris m. w. N.). Angesichts dessen wird eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit bei Zugriffsdelikten und diesen gleichgestellten Delikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (BVerwG, U. v. 3.5.2007 - 2 C 30.05 - juris Rn. 36; BayVGH, U. v. 20.4.2016 - 16a D 14.938 - juris Rn. 66). Gerade bei der Verletzung einer leicht einsehbaren innerdienstlichen Kernpflicht muss nämlich von dem Beamten im Hinblick auf die Bedeutung dieser Pflicht für das öffentlichrechtliche Dienst- und Treueverhältnis erwartet werden, dass er trotz der verminderten Schuldfähigkeit noch genügend Widerstandskraft gegen eine Verletzung dieser Pflicht im Dienst aufbringt. Die Erheblichkeitsschwelle liegt in solchen Fällen also höher als bei anderen Pflichtverletzungen (OVG Lüneburg, U. v. 22.3.2016 - 3 LD 1/14 - juris Rn. 100).

Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Fähigkeit des Beamten, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB erheblich gemindert war, so muss das Verwaltungsgericht die Frage einer Minderung der Schuldfähigkeit des Beamten aufklären (BVerwG, B. v. 28.1.2015 - 2 B 15.14 - juris Rn. 18). Gegebenenfalls muss also geklärt werden, ob der Beamte im Tatzeitraum an einer seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB gelitten hat, die seine Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, vermindert hat. Hierfür bedarf es in der Regel besonderer medizinischer Sachkunde. Erst wenn die seelische Störung und ihr Schweregrad feststehen oder entsprechende Beeinträchtigungen nach dem Grundsatz „in dubio pro reo" nicht ausgeschlossen werden können, kann beurteilt werden, ob die Voraussetzungen für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vorliegen. Denn von den Auswirkungen der krankhaften seelischen Störung auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit in Bezug auf das Verhalten der Beamtin hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit einer verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB ab.

Der Senat geht vorliegend davon aus, dass eine psychische Erkrankung (depressive Störung) der Beklagten - wenn sie überhaupt bereits zum Zeitpunkt der vorgehaltenen Taten vorgelegen hat - nicht im Sinne des § 21 StGB geeignet war, die Steuerungsfähigkeit der Beklagten einzuschränken. Er folgt insofern dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Prof. Dr. W. vom 1. September 2015, der sich mit dieser Frage dezidiert befasst und sie nachvollziehbar verneint hat.

Aufgrund des Vorbringens der Beklagten bestand hinreichender Anlass, der entscheidungserheblichen Frage der Verminderung der Schuldfähigkeit der Beklagten zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Handlungen nachzugehen. Im Gutachten wird jedoch ausgeführt, dass sich ausreichende Anhaltspunkte für eine Aufhebung oder Minderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der Beklagten im Zeitraum der Tathandlungen nicht ergeben hätten. Zwar sei bei der Beklagten zum Untersuchungszeitpunkt im Jahr 2015 eine mittelgradige depressive Symptomatik festzustellen, die sich wahrscheinlich bereits in den letzten Jahren entwickelt habe, insbesondere in der Zeit der Doppelbelastung mit Veränderung des Arbeitsplatzes sowie Versorgung der erkrankten Mutter. Somit lasse sich zumindest ab dem 2. Halbjahr 2013 sicher das Vollbild einer depressiven Störung erkennen, was auch durch die Angaben der die Beklagte ambulant betreuenden psychologischen Psychotherapeutin G. vom 3. September 2013 bestätigt werde. Für die Jahre davor, insbesondere für den Zeitpunkt der Straftaten (Februar bis Juni 2010), ließen sich mangels Unterlagen bzw. Angaben der Beklagten jedoch keine gesicherte Aussagen über das Vorliegen einer depressiven Störung treffen. Aus psychiatrischneurologischer Sicht bestünden allerdings keine Anhaltspunkte für eine zugrunde liegende psychische Erkrankung, welche die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit der Beklagten bei Begehung der Tathandlungen im Jahr 2010 hätte beeinflussen können. Zudem sei das Verhalten der Beklagten im Zeitpunkt der Tathandlungen von Aktivität dominiert gewesen, eine schwere depressive Störung würde jedoch eher Passivität erwarten lassen. Auch im Hinblick auf die im Jahr 2014 neu bekannt gewordenen Straftaten sei trotz der zu diesem Zeitpunkt gesicherten mittelgradigen Ausprägung einer depressiven Erkrankung eine Auswirkung auf die Einsicht- und Steuerungsfähigkeit der Beklagten unwahrscheinlich. Aus dem Gutachten ergibt sich weiter, dass die Beklagte zwar über eine passivaggressive sowie paranoide Persönlichkeitsstrukturierung verfüge, diese jedoch keinesfalls den Schweregrad einer klinisch manifesten und relevanten Persönlichkeitsstörung erreiche. Bei der Beklagten zeige sich aus dem Gefühl der Unzufriedenheit und persönlichen Missachtung am Arbeitsplatz ein aus Gutachtersicht normalpsychologisch erklärbares Verhalten, welches definitions- und erfahrungsgemäß nicht von einer Person mit einem schweren depressiven Syndrom gezeigt werde.

Soweit die Beklagte hierin unhaltbare Vermutungen zu ihrer Motivlage sieht und insoweit Mängel am Gutachten vom 1. September 2015 aufzeigen will, kann sie nicht durchdringen. Die diesbezüglichen Ausführungen von Prof. Dr. W. dienen im Rahmen des Gutachtensauftrags gerade dazu, das Verhalten der Beklagten als Ausdruck einer eher passivaggressiven sowie paranoiden Persönlichkeitsakzentuierung von einer ebensolchen Persönlichkeitsstörung abzugrenzen. Diese Einschätzungen stellen den Kernbereich des psychiatrischen Gutachtens dar.

Das Gutachten vom 1. September 2015 ist auch ordnungsgemäß erstellt worden. Der gerichtliche Sachverständige ist nicht verpflichtet, sämtliche für die Begutachtung notwendige Tätigkeiten persönlich vorzunehmen, sondern darf bei der Vorbereitung und Abfassung des schriftlichen Gutachtens geschulte und zuverlässige Hilfskräfte sowie wissenschaftliche Mitarbeiter - insbesondere zu einzelnen Untersuchungen - heranziehen. Die Mitwirkung geeigneter Hilfspersonen muss jedoch die volle persönliche Verantwortung des gerichtlich ernannten Sachverständigen wahren (BVerwG, U. v. 9.3.1984 - 8 C 97/83 - juris 23 ff.) Die Erstellung des vom erkennenden Senat eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens hält sich ersichtlich in diesem Rahmen. Prof. Dr. W. hat die volle Verantwortung für das erstattete Gutachten übernommen, indem er die in Bezug genommenen Zusatzgutachten ins Gutachten übernommen und seiner Unterschrift die Worte „Einverstanden aufgrund eigener Urteilsbildung“ vorangesetzt hat. Dies entspricht der gängigen Praxis. Die Vorlage der einzelnen Zusatzgutachten in unterschriebener Form bedurfte es deshalb nicht. Anhaltspunkte dafür, dass die Zusatzgutachten nicht ordnungsgemäß im Gutachten von Prof. Dr. W. wiedergegeben wurden, sind nicht ersichtlich und wurden von der Beklagten auch nicht vorgetragen.

3.3 Schließlich kommt auch der „anerkannte“ Milderungsgrund der „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ der Beklagten nicht zugute. Dieser setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Taten ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, U. v. 3.5.2007 - 2 C 9.06; U. v. 10.12.2015 a.a.O - jeweils in juris). Die Überwindung einer im Zeitpunkt der Pflichtverletzung bestehenden negativen Lebensphase kann sich mildernd bei der Maßnahmebemessung auswirken, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sich die Lebenssituation der Beamtin inzwischen gefestigt hat und sie sich künftig - ggf. in einem anderen Amt - pflichtgemäß verhalten wird. Erforderlich dabei ist, dass außergewöhnliche Verhältnisse vorlagen, die die Beklagte zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass sie die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat (BVerwG, B. v. 9.10.2014 - 2 B 60.14; B. v. 20.12.2013 - 2 B 35/13 - jeweils in juris).

Davon ausgehend, dass die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation begründen müssen, die über das hinausgeht, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann (BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris; U. v. 20.4.2016 a. a. O. Rn. 72), hat der Senat bereits erhebliche Zweifel, dass sich die Beklagte auf das Vorliegen einer solchen Phase berufen kann. Selbst wenn vor dem Hintergrund der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den sog. Zugriffsdelikten (BVerwG, U. v. 10.12.2015 a. a. O.) nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass ein Zugriffsdelikt in der Regel die Entfernung aus dem Dienst nach sich zieht, ist vorliegend - zumindest aufgrund der Verletzung im Kernbereich der dienstlichen Pflichten - davon auszugehen, dass nur individuelle Extremsituationen disziplinarisch relevant sein können (BayVGH, U. v. 29.7.2015 - 16b D 13.778 - juris Rn. 65; U. v. 20.4.2016 a. a. O. Rn. 72). Ob eine solche bei der Beklagten, die sich zweifellos wegen der Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter in einer persönlichen Überlastungs- und Ausnahmesituation befunden hat, tatsächlich vorlag, kann nach Auffassung des Senats aber dahingestellt bleiben. Aufgrund der weiteren von der Beklagten am 20. Juli 2014 und 28. September 2014 begangenen Diebstähle geht der Senat davon aus, dass die negative Lebensphase der Beklagten zumindest noch nicht überwunden ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte zwischenzeitlich die begleitende psychotherapeutische Behandlung abgebrochen hat. Ein insgesamt positive Prognose kommt deshalb vorliegend nicht in Betracht.

3.4 Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer sog. anerkannter Milderungsgründe wie „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“, „Vorliegen einer schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ oder „einer einmaligen persönlichkeitsfremden Augenblickstat“ bestehen nicht.

3.5 Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung von Diebstahlsdelikten im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen ebenfalls nicht vor. In Betracht käme insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470; BVerwG, B. v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - jeweils in juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

4. Bei der gebotenen gesamtprognostischen Betrachtung sind sonstige durchgreifende Entlastungsgründe, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten, ebenfalls nicht zu erkennen. Weitere Milderungsgründe, die zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen wären und die über den Kreis der so genannten „anerkannten Milderungsgründe“ hinausgehen (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 6/14 - juris Rn. 36), sind nicht ersichtlich. Zwar sieht der Senat durchaus, dass sich die Beklagte aufgrund der Belastung mit der Pflege der Mutter im Zeitpunkt der Begehung der Straftaten in einer persönlichen Überlastungssituation befunden hat, zu der sicherlich auch die durch vorangegangenen Vorgesetzen- und Kollegenwechsel angespannte Situation am Arbeitsplatz beigetragen hat. Für eine angebliche Mobbingsituation bestehen allerdings keine Anhaltspunkte. Hierzu wurde von der Beklagten substantiiert nichts vorgetragen. Prof. Dr. W. hat in seinem Gutachten vom 1. September 2015 ebenfalls auf die schwierige psychosoziale Situation der Beklagten infolge der Doppelbelastung hingewiesen, aber zugleich auch festgestellt, dass aus seiner Sicht eher das normalpsychologisch erklärbare Motiv der Unzufriedenheit und Missachtung am Arbeitsplatz als Ursache für das Verhalten der Klägerin bestehe.

Die Beklagte ist weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich vorbelastet. Die gute Beurteilung mit 10 Punkten für den Zeitraum 2004 bis 2007 spricht zwar ebenso für die Beklagte wie die Tatsache, dass sie weder straf- noch disziplinarrechtlich vorbelastet ist. Allerdings sind diese Umstände allein nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens derart abzumildern, dass bei einer Beamtin, die das in sie gesetzte Vertrauen von Grund auf erschüttert hat, von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden kann (BayVGH, U. v. 29.7.2015 - 16b D 14.1328 - juris Rn. 40). Zulasten der Beklagten sind die zahlreichen weiteren Dienstpflichtverletzungen (Ziff. 4 - 12 der Disziplinarklage), insbesondere die erheblichen Weisungsverstöße - zu berücksichtigen. Sie zeigen, dass die Beklagte im Grundsatz nicht geneigt ist, Anordnungen von Vorgesetzten, die ihren eigenen Ansichten zuwider laufen, umzusetzen. Aus den Akten (Akten des Generalstaatsanwalts Band I, Bl. 114) ergibt sich, dass sich dieses Verhalten auch an der neuen Dienststelle (Registratur) fortsetzte. Dort kam es auch zu weiteren Dienstpflichtverletzungen (Ziff. 11 und 12 der Disziplinarklage). Im Rahmen der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist deshalb nach Überzeugung des Senats die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild der Beamtin führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.

Die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatgebot folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen.

Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, die Beamtin werde dem Gebot, ihre Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch die Beamtin und ist dieser daher als für alle öffentlichrechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2.03 - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i. V. m. 154 Abs. 2 VwGO.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 Abs. 1 VwGO).

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published on 20/04/2016 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Tatbestand I. Der 1965 in M. geborene Beklagte beendete seine Schullaufbahn 1982 mit der mittler
published on 21/01/2015 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Tatbestand I. Der 19... in I. geborene Beklagte steht als Polizeihauptmeister im Die
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Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand I. Der 19... geborene Beamte
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Tenor I. In Abänderung der Ziff. I des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Mai 2014 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt. II. Der Beklagte träg
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Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Tatbestand Der 1985 geborene Beklagte wendet sich gegen seine vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Ent
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Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Tatbestand 1. Die am ... 1957 geborene Beklagte steht als Lehrerin - BesGr A 12 - im Dienst des Klägers
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Tenor I. In Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 14. April 2015 wird der Beklagte in das Amt eines Steuersekretärs (BesGr. A 6) versetzt. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Ta
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Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Tatbestand I. Der 19... geborene Beklagte beendete 1995 seine Schullaufbahn zunächst mit der Mittl
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Annotations

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte haben über die ihnen bei oder bei Gelegenheit ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen dienstlichen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch über den Bereich eines Dienstherrn hinaus sowie nach Beendigung des Beamtenverhältnisses.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit

1.
Mitteilungen im dienstlichen Verkehr geboten sind,
2.
Tatsachen mitgeteilt werden, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen,
3.
gegenüber der zuständigen obersten Dienstbehörde, einer Strafverfolgungsbehörde oder einer durch Landesrecht bestimmten weiteren Behörde oder außerdienstlichen Stelle ein durch Tatsachen begründeter Verdacht einer Korruptionsstraftat nach den §§ 331 bis 337 des Strafgesetzbuches angezeigt wird oder
4.
Informationen unter den Voraussetzungen des Hinweisgeberschutzgesetzes an eine zuständige Meldestelle weitergegeben oder offengelegt werden.
Im Übrigen bleiben die gesetzlich begründeten Pflichten, geplante Straftaten anzuzeigen und für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten, von Absatz 1 unberührt.

(3) Beamtinnen und Beamte dürfen ohne Genehmigung über Angelegenheiten, für die Absatz 1 gilt, weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Die Genehmigung erteilt der Dienstherr oder, wenn das Beamtenverhältnis beendet ist, der letzte Dienstherr. Hat sich der Vorgang, der den Gegenstand der Äußerung bildet, bei einem früheren Dienstherrn ereignet, darf die Genehmigung nur mit dessen Zustimmung erteilt werden. Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass an die Stelle des in den Sätzen 2 und 3 genannten jeweiligen Dienstherrn eine andere Stelle tritt.

(4) Die Genehmigung, als Zeugin oder Zeuge auszusagen, darf nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes erhebliche Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass die Verweigerung der Genehmigung zur Aussage vor Untersuchungsausschüssen des Deutschen Bundestages oder der Volksvertretung eines Landes einer Nachprüfung unterzogen werden kann. Die Genehmigung, ein Gutachten zu erstatten, kann versagt werden, wenn die Erstattung den dienstlichen Interessen Nachteile bereiten würde.

(5) Sind Beamtinnen oder Beamte Partei oder Beschuldigte in einem gerichtlichen Verfahren oder soll ihr Vorbringen der Wahrnehmung ihrer berechtigten Interessen dienen, darf die Genehmigung auch dann, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 4 Satz 1 erfüllt sind, nur versagt werden, wenn die dienstlichen Rücksichten dies unabweisbar erfordern. Wird sie versagt, ist Beamtinnen oder Beamten der Schutz zu gewähren, den die dienstlichen Rücksichten zulassen.

(6) Beamtinnen und Beamte haben, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, auf Verlangen des Dienstherrn oder des letzten Dienstherrn amtliche Schriftstücke, Zeichnungen, bildliche Darstellungen sowie Aufzeichnungen jeder Art über dienstliche Vorgänge, auch soweit es sich um Wiedergaben handelt, herauszugeben. Die gleiche Verpflichtung trifft ihre Hinterbliebenen und Erben.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden soll. Das Urteil ist den Beteiligten zuzustellen.

(2) Statt der Verkündung ist die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(3) Entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, so wird die Verkündung durch Zustellung an die Beteiligten ersetzt.