Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 23. Jan. 2018 - 10 BV 16.1578

published on 23/01/2018 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 23. Jan. 2018 - 10 BV 16.1578
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Bundesverwaltungsgericht, 1 B 16.18, 16/04/2018

Gericht

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Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, ein 1973 im Bundesgebiet geborener türkischer Staatsangehöriger, begehrt mit seiner Klage die Verlängerung der ihm zuletzt bis 30. Juni 2011 befristet erteilten Aufenthaltserlaubnis für die Dauer von fünf Jahren und eine Aufenthaltsbescheinigung nach § 4 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 7 Satz 1 ARB 1/80.

Der Kläger lebte mit seinen Eltern, türkischen Arbeitnehmern, bis zu seiner erstmaligen Ausreise aus dem Bundesgebiet am 25. Juni 1996 ununterbrochen in häuslicher Gemeinschaft. Sein Vater gehörte vom 18. Juli 1973 an für jedenfalls fünf Jahre durchgehend dem deutschen Arbeitsmarkt an. Nachdem der Kläger am 4. Juni 1997 wieder in das Bundesgebiet eingereist war, teilte ihm die damals zuständige Ausländerbehörde L. mit, dass die ihm am 22. August 1990 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 AuslG 1990 erloschen sei, weil er sich länger als sechs Monate in der Türkei aufgehalten habe. Ein Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis wurde mit Bescheid vom 8. September 1997 unter Hinweis auf das nicht durchgeführte, nach Erlöschen der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis jedoch erforderliche Visumverfahren abgelehnt und der Kläger unter Androhung der Abschiebung aufgefordert, das Bundesgebiet bis 15. Oktober 1997 zu verlassen. Seinen hiergegen eingelegten Widerspruch vom 26. September 1997 begründete er in erster Linie damit, er habe die geringfügige Überschreitung der Sechsmonatsfrist nicht zu vertreten, da er reiseunfähig erkrankt gewesen sei und daher nicht rechtzeitig seinen Reisepass habe abholen können. Mit Ablauf der Grenzübertrittsbescheinigung reiste der Kläger dann am 28. April 1998 aus dem Bundesgebiet aus. Sein Widerspruch vom 26. September 1997 wurde mit Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung A. vom 21. Oktober 1998 als unbegründet zurückgewiesen; ein Rechtsmittel hiergegen wurde nicht eingelegt.

Nach seiner erneuten Einreise mit Schengenvisum am 27. September 2002 heiratete er am 2. Dezember 2002 eine deutsche Staatsangehörige und erhielt eine zunächst bis 7. Februar 2006 befristete Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug. Nach der Trennung von seiner Ehefrau am 15. November 2006 und Verlegung seines Wohnsitzes in den Landkreis St. erhielt er eine Auftragserlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die zunächst bis 12. August 2009 und anschließend als Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 AufenthG a.F. bis 30. Juni 2011 befristet verlängert wurde; am 27. Juni 2011 beantragt er bei der Beklagten die weitere Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Dabei verneinte er, schon einmal strafrechtlich in Erscheinung getreten zu sein, und gab an, dass derzeit nicht wegen des Verdachts einer Straftat gegen ihn ermittelt werde. Das Antragsformular enthält den Hinweis, dass falsche oder unvollständige Angaben zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels einen Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG a.F. darstellen können.

Der Kläger wurde mit Urteil des Amtsgerichts München vom 1. August 2011 – nach Anklageerhebung am 2. März 2011 – wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die im Berufungsverfahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nachdem die Bewährung wegen Nichterfüllung von Auflagen widerrufen worden war, befand sich der Kläger vom 13. März 2013 bis 3. Juli 2014 in Strafhaft. Zuvor war der Kläger bereits mit drei Urteilen des Amtsgerichts München (vom 23. Februar 2006, 2. Februar 2009 und 3. November 2009) wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort, fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und einer Körperverletzung zu Lasten seiner Lebensgefährtin in Tatmehrheit mit Bedrohung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu Geldstrafen in Höhe von 50, 60 sowie 110 Tagessätzen verurteilt worden.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2014 wurde der Antrag des Klägers auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis vom 27. Juni 2011 abgelehnt und er unter Fristsetzung zum Verlassen des Bundesgebiets verpflichtet, andernfalls er in die Türkei oder einen anderen aufnahmebereiten Staat abgeschoben werde. Wegen der von ihm geschaffenen Ausweisungsgründe erfülle er die Regelerteilungsbzw. Verlängerungsvoraussetzungen nach § 8 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG a.F. nicht mehr. Ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht bestehe nicht, da der Kläger ausweislich seines Rentenversicherungsverlaufs die Voraussetzungen des Art. 6 ARB 1/80 nicht erfülle; Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 komme nicht zur Anwendung, weil er nicht zu einer dem deutschen Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Staatsangehörigen nachgezogen sei, sondern zu seiner deutschen Ehefrau. Das auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis für fünf Jahre und auf Bescheinigung eines Daueraufenthaltsrechts gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 AufenthG gerichtete Klageverfahren (M 12 K 15.81) endete mit einer Klagerücknahme, nachdem die Beklagte eine erneute Prüfung der Frage zugesagt hatte, ob das Aufenthaltsrecht des Klägers nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 durch seinen bis September 2002 andauernden Aufenthalt in der Türkei erloschen sei. In der mündlichen Verhandlung am 11. Juni 2015 erklärte der Kläger, er habe in der Türkei von Mai 1998 bis November 1999 seinen Wehrdienst abgeleistet und sich anschließend von den Strapazen bis April/Mai 2000 erholen müssen; danach habe er seinem Vater im Restaurant in Alanya geholfen, im Winter habe er, ohne zu arbeiten, bei seiner Mutter in Istanbul gelebt und sei im Sommer dann wieder zu seinem Vater gefahren.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20. November 2015 den vom Kläger nach Beendigung dieses Klageverfahrens gestellten Antrag vom 11. Juni 2015 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG ab und verwies zusätzlich auf den Versagungsbescheid vom 8. Dezember 2014. Die Ausreise des Klägers am 28. April 1998 sei wegen der bestehenden Ausreiseaufforderung zwar mit berechtigtem Grund erfolgt; dies gelte jedoch nicht mehr für den sich daran anschließenden viereinhalbjährigen Aufenthalt in der Türkei, währenddessen er seinen Lebensmittelpunkt dorthin verlegt habe. Es sei dem Kläger in zumutbarer Weise auch vom Ausland aus möglich gewesen, vor Erlöschen seines zuvor erworbenen Rechts aus Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 die zur Wiedereinreise erforderlichen Schritte einzuleiten. Die Frage der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 8. September 1997 der Ausländerbehörde L. sei nicht streitgegenständlich. Der Kläger habe einen rechtmäßigen Aufenthalt erst mit seiner Einreise am 27. September 2002 und nach der Heirat einer deutschen Staatsangehörigen begründet.

Mit Urteil vom 14. April 2016 hat das Verwaltungsgericht die auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Klägers für fünf Jahre und Erteilung einer Daueraufenthaltsbescheinigung nach § 4 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 gerichtete Klage abgewiesen. Der Kläger habe zwar von Geburt an bis zur erstmaligen Ausreise am 25. Juni 1996 mit seinen Eltern in häuslicher Gemeinschaft gelebt, während sein Vater ausweislich des vorgelegten Rentenversicherungsverlaufs dem deutschen Arbeitsmarkt vom 18. Juli 1973 bis 18. Juli 1978 angehört habe. Die Rechtsstellung nach Art. 7 Satz 1 2. Spiegel Straße ARB 1/80 sei jedoch dadurch erloschen, dass der Kläger das Bundesgebiet für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen habe; solche lägen vor, wenn die Abwesenheit vom Bundesgebiet durch die Verfolgung anerkennenswerter Interessen begründet sei. Zur Beantwortung der Frage komme es auf alle Umstände des Einzelfalles an, insbesondere auch, ob der Kläger bei objektiver Betrachtungsweise und nach außen erkennbar seinen Lebensmittelpunkt freiwillig und auf Dauer aus Deutschland in die Türkei verlagert habe. Danach habe der Kläger jedenfalls für den Zeitraum von Dezember 1999 bis 27. September 2002 das Bundesgebiet für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen. Allerdings habe es sich bei dem erstmaligen Aufenthalt in der Türkei (16.7.1996 bis 4.6.1997) wohl noch nicht um einen erheblichen Zeitraum gehandelt. Anderes gelte für den ab 28. April 1998 beginnenden Türkeiaufenthalt. Selbst wenn man die 18-monatigen Wehrdienstzeit außer Betracht lasse, bedeute die sich anschließende Zeitspanne von annähernd zwei Jahren und neun Monaten einen nicht unerheblichen Zeitraum, innerhalb dessen der Kläger seinen Lebensmittelpunkt in der Türkei – abwechselnd bei Vater und Mutter – gehabt habe. Hierfür spreche nicht nur seine Abmeldung zum 28. April 1998 aus dem Bundesgebiet, sondern auch der Umstand, dass seine Eltern ebenfalls ihren Wohnsitz (im April 1998 bzw. Mai 1999) im Bundesgebiet aufgegeben hätten. Der Kläger habe hier auch keine eigene Wohnung mehr unterhalten. Der einmalige besuchsweise Aufenthalt im Bundesgebiet von wenigen Wochen im Jahr 2001 ändere nichts an der Annahme der Verlagerung seines Lebensmittelpunkts in die Türkei. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass er im Bundesgebiet geboren und aufgewachsen sei und fließend deutsch spreche. Mit den türkischen Lebensgewohnheiten und der dortigen Kultur sei er vertraut. Nach den Gesamtumständen ergebe sich damit eine infolge des zweiten Türkeiaufenthalts eingetretene Verlagerung des Lebensmittelpunkts und damit ein Verlassen für einen nicht unerheblichen Zeitraum. Hieran ändere auch nichts die infolge der Ordnungsverfügung vom 8. September 1997 eingetretene Verpflichtung, das Bundesgebiet bis zum 15. Oktober 1997 zu verlassen; zwar bedeute der Umstand, dass der Kläger der Verpflichtung Folge geleistet und als Konsequenz dann auch bis November 1999 in der Türkei Wehrdienst habe ableisten müssen, einen berechtigten Grund. Allerdings habe der Kläger keine erkennbaren Anstrengungen für eine Rückkehr ins Bundesgebiet unternommen, insbesondere keine Klage gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1998 erhoben oder sich zeitnah um die Erteilung eines Visums zur Wiedereinreise bemüht oder einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis gestellt, der nicht von vornherein aussichtslos gewesen sei, weil die bestandskräftig gewordene Versagung der zuvor im Juni 1997 beantragten Aufenthaltserlaubnis ausschließlich auf die Einreise in das Bundesgebiet ohne das erforderliche Visum gestützt worden sei. Der Kläger habe auch nicht den Versuch unternommen, über Bewerbungen für einen Arbeitsplatz in das Bundesgebiet zurückzukehren. Dies gelte auch für die Zeit nach Bekanntwerden der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ergat (U.v. 16.3.2000 – C-329/97 –) im Hinblick auf die Auslegung der Erlöschensgründe für ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht. Die Verlagerung des Lebensmittelpunkts sei zumindest für den Zeitraum ab Dezember 1998 vom freien Willen des Klägers getragen gewesen, ohne dass sich insoweit noch ein äußerer Zwang aufgrund der Ordnungsverfügung feststellen lasse.

Der Kläger begründet die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung damit, dass er auch für seinen Aufenthalt in der Türkei von Dezember 1999 bis September 2002 einen berechtigten Grund vorweisen könne, der darin bestanden habe, dass er nach wie vor der behördlichen Aufforderung – ungeachtet ihrer Rechtswidrigkeit – Folge geleistet habe. Es gebe zwar eine rechtliche Möglichkeit, jedoch keine Verpflichtung, gegen eine behördliche Maßgabe vorzugehen. Die damals eingeschalteten Rechtsanwälte hätten einer Klage gegen die Aufforderung der Ausländerbehörde L. keine Chancen eingeräumt, zumal im Jahre 1998 die assoziationsrechtliche Rechtsstellung türkischer Staatsbürger noch nicht im gleichen Umfang geklärt gewesen sei wie heute. Es könne dem Kläger auch nicht angelastet werden, dass er ab März 2000 nach dem Urteil in der Rechtssache Ergat keine Bemühungen ergriffen habe, seine Wiedereinreise in das Bundesgebiet durchzusetzen. Zum einen gebe es – wie damals – immer noch wenige Anwälte, die sich in dieser Rechtsmaterie ausreichend auskennen würden, zum anderen sei auch nach dem genannten Urteil kaum absehbar gewesen, unter welchen Umständen ein gemäß Art. 7 ARB 1/80 erworbenes Aufenthaltsrecht wieder erlösche. Der Kläger habe daher seinen Lebensmittelpunkt zwangsweise in die Türkei verlegt, obwohl er von Anfang an seine Rückkehr nach Deutschland geplant habe. Seine damaligen Bevollmächtigten hätten hierfür nur die Möglichkeit eines Ehegattennachzugs als neuen Aufenthaltszweck in Betracht gezogen; ihm könne nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er erst knapp vier Jahre nach seiner erzwungenen Ausreise die richtige Ehefrau gefunden habe. Die von der damals zuständigen Ausländerbehörde erzwungene Dauer des Auslandsaufenthalts müsse nach den vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Grundsätzen berücksichtigt werden. Es sei daher darauf abzustellen, ob durch die Abwesenheit vom Bundesgebiet der Integrationszusammenhang grundlegend infrage gestellt und unterbrochen worden sei (BVerwG, U.v. 30.4.2009 – 1 C 6.08 – juris), was beim Kläger verneint werden müsse. Auch die Rückkehr der Eltern in die Türkei sei im Wesentlichen dem Umstand geschuldet, dass der Kläger dorthin habe ausreisen müssen und die Eltern seine Eingewöhnung dort unterstützt hätten. Im vorliegenden Fall seien außer der durch die Ausländerbehörde erzwungenen Ausreise gerade die spätere Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen und die guten Sprachkenntnisse des Klägers als besondere Umstände anzuerkennen. Im Übrigen habe der Europäische Gerichtshof noch nicht entschieden, ab welchem Zeitraum von einer Erheblichkeit der Abwesenheit eines assoziationsberechtigten türkischen Arbeitnehmers ausgegangen werden müsse. Die Zeiten der Ableistung des Wehrdienstes müssten jedenfalls unberücksichtigt bleiben.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 14. April 2016 und des Bescheids der Beklagten vom 20. November 2015 zu verpflichten, die Aufenthaltserlaubnis des Klägers für die Dauer von fünf Jahren zu verlängern und ihm eine Aufenthaltsbescheinigung nach § 4 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 auszustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass das Verhalten des Klägers im Zeitraum vom Dezember 1999 bis September 2002 bei objektiver Betrachtungsweise darauf schließen lasse, dass er seinen Lebensmittelpunkt in die Türkei verlagert und damit das Bundesgebiet für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen habe. Er habe insbesondere nicht von allen zumutbaren rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch gemacht, um entgegen der behördlichen Ordnungsverfügung ein Aufenthaltsrecht zu erlangen. Nach Ableistung seines Wehrdienstes habe er freiwillig den Integrationszusammenhang aufgegeben. In dieser Situation könne das einmal erloschene assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht durch den später gefassten Entschluss, wieder nach Deutschland zurückzukehren, aufleben, selbst wenn im Zeitpunkt der Ausreise zunächst ein berechtigter Grund vorgelegen habe. Der insoweit beweispflichtige Kläger habe nicht nachweisen können, dass für seinen nach Ableistung des Wehrdienstes mehr als zweieinhalb Jahre andauernden Aufenthalt in der Türkei berechtigte Gründe bestanden hätten. Im Übrigen werde bezweifelt, ob die Eltern des Klägers tatsächlich nur in die Türkei übersiedelt seien, um ihm bei der Eingewöhnung zu helfen; denn es werde schon in einem am 19. März 1992 gegen den Kläger ergangenen Strafurteil festgestellt, dass seine Eltern ein Haus in der Türkei gebaut hätten, bei dessen Finanzierung sie der Kläger unterstütze. Dies spreche für eine schon Jahre vor seiner Ausreise geplante Rückkehr der Eltern in die Türkei.

Mit Beschluss vom 18. Januar 2017 wurde dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und sein Rechtsanwalt beigeordnet.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag, schließt sich jedoch der Rechtsauffassung der Beklagten an. Er verweist auf den inzwischen ergangenen Beschluss des Senats vom 17. Januar 2017 (10 ZB 15.1706 – juris). Außerdem dürfe bei der aus ex-ante-Sicht vorzunehmenden Prüfung, ob das Bundesgebiet für einen nicht unerheblichen Zeitraum verlassen worden sei, nicht außer Betracht bleiben, dass bei einem Unionsbürger die zwei aufeinanderfolgende Jahre überschreitende Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedstaat – ohne Differenzierung nach Gründen – zum Verlust des erworbenen Rechts auf Daueraufenthalt nach Art. 16 Abs. 4 RL 2004/38/EG führe und diese Vorschrift im Rahmen des Besserstellungsverbots nach Art. 59 Zusatzprotokoll zu berücksichtigen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 25.3.2015 – 1 C 19.14 – juris) sei Art. 16 Abs. 4 der Richtlinie als Orientierungsrahmen im Sinne einer zeitlichen Höchstgrenze anzusehen; dem habe sich auch der Senat in seinem Urteil vom 13. Mai 2014 (10 BV 12.2382 – juris Rn. 29 f.) angeschlossen. Der Kläger habe die Zwei-Jahres-Grenze nach Beendigung seines Wehrdienstes eindeutig überschritten. Schließlich sei zu bedenken, dass mit der hier fraglichen Ordnungsverfügung keine Wiedereinreisesperre verhängt, sondern lediglich der Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis abgelehnt worden sei. Das gesamte Verhalten des Klägers im maßgeblichen Zeitraum lasse nur den Schluss zu, dass er sich mit dem Verlust seines assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts abgefunden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegte Ausländerakte sowie die Gerichtsakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis gerichtete Klage abgewiesen.

Den Streitgegenstand des vorliegenden Klage- und Berufungsverfahrens bildet (ausschließlich) das Begehren des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 7 Satz 1 ARB 1/80, mit der sein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht (deklaratorisch) im Wege eines feststellenden Verwaltungsakts (vgl. Maor in BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, Stand: 1.11.2017, AufenthG § 4 Rn. 45; BVerwG, U.v. 22.5.2012 – 1 C 6.11 – juris Rn. 27) festgestellt wird. Entscheidungserheblich ist dabei die Beantwortung der Frage, ob das vom erwerbstätigen Vater gemäß Art. 7 Satz 1, 2. Spiegelstrich ARB 1/80 abgeleitete assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht – insoweit unstrittig zwischen den Beteiligten – infolge des ca. viereinhalb Jahre (28.4.1998 bis 27.9.2002) dauernden Aufenthalts des Klägers in der Türkei erloschen ist. Diese Frage hat das Verwaltungsgericht unter Heranziehung der maßgeblichen Rechtsprechung in zutreffender Weise bejaht. Es geht zu Recht davon aus, dass der Kläger zwar am 28. April 1998 unter Inanspruchnahme eines berechtigten Grundes das Bundesgebiet verlassen und sich anschließend zur Ableistung seines Wehrdienstes bis November 1999 ebenfalls „berechtigt“ in der Türkei aufgehalten hat. Für den sich daran anschließenden Zeitraum allerdings, der bis zu seiner Wiedereinreise in das Bundesgebiet mit Schengenvisum am 27. September 2002 und damit erheblich mehr als zwei Jahre andauerte, bestand kein „berechtigter Grund“ mehr.

Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung (UA, S. 20 bis 30) zurück und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 130b Satz 2 VwGO). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist ergänzend Folgendes auszuführen:

1. Der Kläger ist zwar am 28. April 1998 in Verfolgung eines anerkennenswerten Zieles und damit in Wahrnehmung eines berechtigten Interesses aus dem Bundesgebiet aus- und in die Türkei eingereist. Er ist nämlich der ihm obliegenden vollziehbaren Ausreisepflicht aus der Ordnungsverfügung vom 8. September 1997 nachgekommen, um seiner Abschiebung zu entgehen; in dieser Situation hat sich der Kläger „pflichtgemäß“ verhalten, so dass sein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht schon mangels Freiwilligkeit der Ausreise (zu diesem Zeitpunkt) nicht erloschen ist (Oberhäuser in Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, ARB 1/80 Art. 7 Rn. 17; vgl. umfassend: Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: August 2017, A1 § 51 Rn. 18 f.).

Daraus allein folgt aber nicht, dass der dargestellte „Zwang zur Ausreise“ auch für die gesamte, sich anschließende Dauer des Aufenthalts in der Türkei wirksam geblieben ist, so dass hierdurch quasi automatisch ein späterer Wegfall des „berechtigten Grundes“ für eine beliebig lange Zeitspanne ausgeschlossen wäre. Vielmehr kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände im Einzelfall (vgl. u. 3.) auch das weitere Verbleiben im Ausland – nach einem zunächst für die Rechtsstellung unschädlichen, weil unfreiwilligen Verlassen des Bundesgebiets – unter bestimmten Umständen zu einem Fortfall des „berechtigten Grundes“ führen und damit einem Verlassen ohne „berechtigten Grund“ gleichgesetzt werden (OVG NW, U.v. 6.12.2011 – 18 A 2765/10 – juris Rn. 70, 71 m.w.N.). Denn auch in dieser Konstellation erfordern Sinn und Zweck die Anwendung des Erlöschenstatbestands, der der Beseitigung des erreichten Integrationszusammenhangs infolge (freiwilliger) Aufgabe des Lebensmittelpunkts im Bundesgebiet (vgl. BVerwG, U.v. 25.3.2015 – 1 C 19.14 – juris Rn. 18) durch Verlust des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts Rechnung tragen will; denn es macht keinen Unterschied, ob das dauerhafte Verbleiben im Ausland nach Aufgabe des Lebensmittelpunkts im Bundesgebiet bereits im Zeitpunkt der Ausreise feststeht oder sich erst zu einem späteren Zeitpunkt – etwa nach Fortfall des bis dahin bestehenden „berechtigten Grundes“ – dokumentiert (OVG Berlin-Bbg, U.v. 17.7.2014 – OVG 7 B 40.13 – juris Rn. 29).

2. Das Aufenthaltsrecht des Klägers ist auch noch nicht während des Zeitraums vom Mai 1998 bis November 1999, in dem er seinen Wehrdienst in der Türkei abgeleistet hat, erloschen.

Zwar hat es sich hierbei um einen längeren Zeitraum von etwa eineinhalb Jahren gehandelt, während dessen sein Lebensmittelpunkt nicht mehr im Bundesgebiet lag. Jedoch stellt die Ableistung des Wehrdienstes durch einen Ausländer im jeweiligen Staat seiner Staatsangehörigkeit einen „berechtigten Grund“ für die Abwesenheit vom Bundesgebiet dar, denn sie dient der Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht und ist zwangsläufig – ungeachtet der konkreten Dauer des Wehrdienstes – mit einer längeren Abwesenheit vom Bundesgebiet verbunden (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 11.5.2010 – OVG 12 B 26.09 – juris Rn. 38; BayVGH, B.v. 15.10.2009 – 19 CS 09.2194 – juris Rn. 8; VGH BW, B.v. 31.7.2007 – 11 S 723/07 – juris). Im Übrigen ist auch für Unionsbürger anerkannt, dass die Kontinuität ihres Aufenthalts im Aufnahmemitgliedstaat nicht durch längere Abwesenheiten infolge der Erfüllung militärischer Pflichten berührt wird (vgl. Art. 16 Abs. 3 Richtlinie 2004/38/EG). Im vorliegenden Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass auch ein nationaler Aufenthaltstitel dann nicht nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erlischt, wenn der Ausländer die dort genannte Sechsmonatsfrist lediglich „wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat“ überschreitet und binnen drei Monaten nach seiner Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist (§ 51 Abs. 3 AufenthG).

3. Das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht des Klägers ist jedoch spätestens Anfang März 2000 erloschen, weil zu diesem Zeitpunkt die bis dahin anzuerkennenden berechtigten Gründe entfallen waren, ohne dass neue hinzugetreten sind (3.1). Die sich anschließende Zeitspanne von etwa zweieinhalb Jahren bis zu seiner Wiedereinreise in das Bundesgebiet am 27. September 2002 ist nicht „unerheblich“ (3.2).

3.1 Es ist Sache des Klägers, der sich auf den Bestand eines assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts beruft, in geeigneter Form zu nachzuweisen, dass er das Bundesgebiet aus berechtigten Gründen nur für einen unerheblichen Zeitraum verlassen hat (EuGH, U.v. 16.3.2000 – C-329/97, Ergat – juris Rn. 50). Dies ist dem Kläger für die Zeit nach Beendigung seines Wehrdienstes (zuzüglich einer vom Senat zu seinen Gunsten angenommenen dreimonatigen „Orientierungszeit“) nicht gelungen. Die für die Beurteilung maßgeblichen objektiven Umstände legen im Gegenteil nahe, dass er (spätestens zu diesem Zeitpunkt) seinen Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet aufgegeben und in die Türkei verlagert hat. Im Rahmen seiner informatorischen Anhörung vor dem Verwaltungsgericht hat er ausgesagt, von November 1999 bis September 2002 abwechselnd bei seinem Vater und seiner Mutter gewohnt zu haben, und zwar im Sommer in Alanya, wo er seinen Vater beim Betrieb eines Restaurants unterstützt habe, im Winter hingegen in der Wohnung seiner Mutter in Istanbul. Offenbar hatten seine Eltern bereits seit längerem ihre eigene Übersiedlung in die Türkei geplant und diese dann im April 1998 bzw. Mai 1999 durchgeführt (vgl. UA S. 28) Dass der Kläger noch Kontakte in das Bundesgebiet aufrechterhalten hat, wie ein „besuchsweiser“ Aufenthalt 2001 mit Visum (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 14.4.2016) zeigt, spricht nicht für ein Aufrechterhalten des Lebensmittelpunkts in Deutschland, sondern als objektiver Umstand eher dagegen. Dass der Kläger eventuell abweichende subjektive Vorstellungen im Hinblick auf die Frage nach seinem Lebensmittelpunkt hatte, spielt keine Rolle. Auch aus seiner Biografie, die durch seine Geburt und einen jahrelangen Aufenthalt im Bundesgebiet gekennzeichnet ist, lässt sich für die hier interessierende Frage nichts ableiten. Im Übrigen verfügte der Kläger nach seiner Ausreise im April 1998 über keinen inländischen Wohnsitz mehr und hat sich dementsprechend an seinem bisherigen Wohnsitz abgemeldet.

Ein berechtigter Grund ergibt sich auch nicht (mehr) aus einem – grundsätzlich denkbaren – Fortwirken der aus der Ordnungsverfügung vom 8. September 1997 folgenden Ausreisepflicht des Klägers. Es hätte dem Kläger nämlich frei gestanden, nach Ableistung des Wehrdienstes (spätestens etwa anlässlich seines Aufenthalts im Jahr 2001 im Bundesgebiet) einen entsprechenden Antrag auf Feststellung des Bestehens eines assoziationsrechtliches Aufenthaltsrechts zu stellen und weiter zu verfolgen; damit hätte er nach außen deutlich gemacht, dass trotz längerer Abwesenheit vom Bundesgebiet nach wie vor ein Integrationszusammenhang fortbesteht und er seinen Lebensmittelpunkt nur unter dem fortwirkenden Zwang der verfügten Ausreisepflicht in die Türkei verlagert hat. An einem solchen Vorgehen hätte ihn auch nicht die nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 21. Oktober 1998 bestandskräftig gewordene Ordnungsverfügung gehindert, zumal sie sich mit der vorliegenden Problematik eines möglicherweise bestehenden assoziationsrechtliches Aufenthaltsrechts in keiner Weise befasst hat. Unabhängig von der damit verbundenen Frage nach dem Umfang der materiellen Bestandskraft der Ordnungsverfügung steht nämlich fest, dass der Kläger nach der gebotenen objektiven Betrachtung den Eindruck vermittelt hat, ihm sei an einer dauerhaften Rückkehr in das Bundesgebiet nicht mehr gelegen, weil er keine Rechtsmittel gegen die Ordnungsverfügung ergriffen und auch die spätere Geltendmachung von Ansprüchen (etwa aus dem ARB 1/80) unterlassen hat.

Zu keinem anderen Ergebnis führt schließlich der Vortrag, die Rechtsprechung zur Frage des Erlöschens von ARB-Rechten sei in den hier maßgeblichen Jahren (Ende der 1990er, Anfang der 2000er) noch nicht ausreichend entwickelt und auch die Rechtsanwaltschaft nicht entsprechend sensibilisiert gewesen; eine Rechtsverfolgung sei wegen der auch vom damaligen Rechtsvertreter des Klägers angenommenen fehlenden Erfolgsaussicht weiterer rechtlicher Schritte nicht zumutbar gewesen. Dem ist entgegenzuhalten, dass spätestens seit dem Ergat-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U.v. 16.3.2000 – C-329/97, Ergat – juris Rn. 48 unter Hinweis auf: U.v. 17.4.1997 – C-351/95, Kadiman – juris Rn. 48; vgl. hierzu BVerwG, U.v. 25.3.2015 – 1 C 19.14 – juris Rn. 14 - 16) die Voraussetzungen, unter denen ein ARB-Recht erlischt, zumindest in den Grundsätzen bekannt waren. Rechtsmittel wären daher sicherlich nicht von vornherein aussichtslos gewesen. Hat der Kläger Rechtsmittel wegen unzureichender Beurteilung der Erfolgsaussichten durch seine damaligen Bevollmächtigten auf deren Rat hin nicht ergriffen, so ist ihm dieses Verhalten zuzurechnen. Aber selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass etwa die Erhebung einer Verpflichtungsklage nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 21. Oktober 1998 erfolglos geblieben wäre, hätte sich damit der Wille des Klägers manifestiert, seinen Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet beizubehalten bzw. wieder aufzunehmen. In Anbetracht dieses Aspekts ist es unerheblich, dass keine rechtliche Verpflichtung besteht, gegen eine behördliche Maßnahme vorzugehen. Hierauf weist der Kläger zwar grundsätzlich zu Recht hin; allerdings könnte das Unterlassen des Versuchs, den Eintritt der Bestandskraft durch den Gebrauch von Rechtsmitteln zu verhindern, auch im Sinne eines „Verschuldens gegen sich selbst“ gewertet werden, aufgrund dessen die Verwaltungsbehörde (wohl) auch nicht zur Rücknahme ihrer Maßnahme verpflichtet wäre (vgl. zu dieser Problematik EuGH, U.v. 13.1.2004 – C -453/00, Kühne & Heitz – sowie U.v. 19.9.2006 – C 392/04 u. C-422/04, i 21, Arcor – jew. juris; BGH, U.v. 15. 11.1990 – III ZR 302/89 – juris Ls. 3 u. Rn. 14 zu einem Amtshaftungsanspruch bei bestandskräftigem Verwaltungsakt).

Angesichts der vorstehenden Ausführungen vor dem Hintergrund einer umfassenden Bewertung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (BVerwG, U.v. 25.3.2015, a.a.O., Rn. 18) lässt sich ein über das Ende des Wehrdienstes hinaus andauernder „Zwang“ im Sinne eines berechtigten Grundes für das weitere Verbleiben des Klägers in der Türkei nicht erkennen.

3.2 Der Kläger hat auch nicht nur für einen unerheblichen Zeitraum das Bundesgebiet verlassen und seinen Lebensmittelpunkt in der Türkei inne gehabt.

Dabei lässt sich die Frage, ab wann ein Ausländer seinen Lebensmittelpunkt aus Deutschland wegverlagert hat, nicht isoliert von den Gründen beantworten, die für das Verlassen des Bundesgebiets verantwortlich waren. Vielmehr besteht zwischen ihnen ein Zusammenhang; je länger der Ausländer sich im Ausland aufhält, desto eher spricht dies dafür, dass er seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland aufgegeben hat (BVerwG, U.v. 25.3.2015, a.a.O., Rn. 18). Daran gemessen, ist hier – ausgehend von einem etwa zweieinhalb Jahre andauernden Aufenthalt ohne berechtigten Grund – der Zeitraum nicht mehr unerheblich gewesen. Er übersteigt sogar die für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen in Art. 16 Abs. 4 Richtlinie 2004/38/EG geregelte Mindestfrist von zwei Jahren für den Verlust des Daueraufenthaltsrechts; die Unionsbürger betreffenden Regelungen wirken dabei auf die richterrechtliche Ausformung der assoziationsrechtlichen Stellung und ihrer Verlustgründe als Orientierungsrahmen ein. Je länger der Aufenthalt im Ausland andauert, desto eher kann von der Aufgabe des Lebensmittelpunktes des Ausländers in Deutschland ausgegangen werden. Dauert der Auslandsaufenthalt mehr als ein Jahr an, müssen gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, der Ausländer habe seinen Lebensmittelpunkt noch im Bundesgebiet (BVerwG, U.v. 25.3.2015, a.a.O. und U.v. 30.4.2009 – 1 C 6.08 – juris Rn. 27, 28; BayVGH, U.v. 13.5.2014 – 10 BV 12.2382 – juris Rn. 33, 34). Eine Dauer von mehr als zwei Jahren Auslandsaufenthalt ist damit grundsätzlich nicht unerheblich. Zu Recht hält das Verwaltungsgericht einen derartig langen Auslandsaufenthalt für geeignet, die Integration eines türkischen Staatsangehörigen im Bundesgebiet grundlegend infrage zu stellen, selbst wenn dieser hier geboren wurde und hier seine Sozialisation erfahren hat, ohne vor der Ausreise längere Zeiträume im Ausland zugebracht zu haben. Nach den (unter 3.1) dargestellten objektiven Gegebenheiten hat der Kläger nach Beendigung seines Wehrdienstes in der Türkei ein „neues Leben“ begonnen und eine erhebliche Zeit mit den dorthin übersiedelten Eltern zusammengelebt. Ausreichende Indizien dafür, dass mit dieser Lebensplanung, die er für weit mehr als zwei Jahre realisiert hat, von vornherein keine endgültige Abkehr vom Bundesgebiet verbunden sein sollte, konnte der Kläger weder vortragen noch sind solche ersichtlich.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Die Frage, ob ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht eines türkischen Staatsangehörigen erloschen ist, weil dieser das Bundesgebiet für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen hat, ist einer grundsätzlichen Betrachtung nicht zugänglich, sondern vielmehr vor dem Hintergrund einer Gesamtbewertung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beantworten (BVerwG, U.v. 25.3.2015 – 1 C 19.14 – juris Rn. 18). Gleiches gilt für die hier maßgebliche Frage, zu welchem Zeitpunkt die Wirkung des bei Ausreise aus dem Bundesgebiet zunächst gegebenen „berechtigten Grundes“ entfällt.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 17/01/2017 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt. Gründe
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Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicher
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Tenor I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe
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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe
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Annotations

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

1.
die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
2.
der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Aufenthaltserlaubnis des Ausländers nicht verlängert oder dem Ausländer keine Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erteilt werden darf, weil dies durch eine Rechtsnorm wegen des Zwecks des Aufenthalts oder durch eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam ist oder aufgehoben worden ist, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist.

(3) Wenn der Lebensunterhalt des Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Unterhaltsleistungen aus eigenen Mitteln des Ausländers gesichert ist und dieser eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, ist dem Ehegatten abweichend von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 ebenfalls eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

(4) Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbeschadet des Absatzes 2 Satz 4 nicht entgegen. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nicht vorliegen.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis finden dieselben Vorschriften Anwendung wie auf die Erteilung.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis kann in der Regel nicht verlängert werden, wenn die zuständige Behörde dies bei einem seiner Zweckbestimmung nach nur vorübergehenden Aufenthalt bei der Erteilung oder der zuletzt erfolgten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen hat.

(3) Vor der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist festzustellen, ob der Ausländer einer etwaigen Pflicht zur ordnungsgemäßen Teilnahme am Integrationskurs nachgekommen ist. Verletzt ein Ausländer seine Verpflichtung nach § 44a Abs. 1 Satz 1 zur ordnungsgemäßen Teilnahme an einem Integrationskurs, ist dies bei der Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen. Besteht kein Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, soll bei wiederholter und gröblicher Verletzung der Pflichten nach Satz 1 die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt werden. Besteht ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nur nach diesem Gesetz, kann die Verlängerung abgelehnt werden, es sei denn, der Ausländer erbringt den Nachweis, dass seine Integration in das gesellschaftliche und soziale Leben anderweitig erfolgt ist. Bei der Entscheidung sind die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts, schutzwürdige Bindung des Ausländers an das Bundesgebiet und die Folgen einer Aufenthaltsbeendigung für seine rechtmäßig im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen zu berücksichtigen. War oder ist ein Ausländer zur Teilnahme an einem Integrationskurs nach § 44a Absatz 1 Satz 1 verpflichtet, soll die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis jeweils auf höchstens ein Jahr befristet werden, solange er den Integrationskurs noch nicht erfolgreich abgeschlossen oder noch nicht den Nachweis erbracht hat, dass seine Integration in das gesellschaftliche und soziale Leben anderweitig erfolgt ist.

(4) Absatz 3 ist nicht anzuwenden auf die Verlängerung einer nach § 25 Absatz 1, 2 oder Absatz 3 erteilten Aufenthaltserlaubnis.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.