Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 02. Juni 2016 - L 4 KR 137/14
Gericht
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.02.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 21.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2013 aufzuheben und die aus der Direktversicherung geleisteten Beiträge zurückzuerstatten.
die Berufung zurückzuweisen.
Gründe
"Der Einwand der Klägerin, aufgrund von Besonderheiten in ihrem Einzelfall sei von einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) auszugehen, folgt der Senat nicht. Soweit sie geltend macht, dass sie die Beiträge zu der Direktversicherung voll aus ihrem Einkommen selbst finanziert habe, weil sie bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages im Jahre 1995 Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze erzielt habe und es deshalb bei ihr nicht wie in anderen Fällen zu einer Reduzierung der Beiträge zur Sozialversicherung gekommen sei, begründet dies keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es mag zwar sein, dass aus heutiger Sicht die Klägerin sich besser stehen würde, wenn sie sich damals ihr Gehalt hätte vollständig auszahlen lassen und privat z.B. Spar- oder Lebensversicherungsverträge abgeschlossen hätte, welche nach heutigem Recht nicht zu einer Steigerung der Beitragspflicht führen würden. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist damit jedoch nicht verbunden:
Art. 3 Abs. 1 GG verbietet nicht nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem, sondern auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Zu einer Differenzierung bei ungleichen Sachverhalten ist der Gesetzgeber allerdings nur verpflichtet, wenn die tatsächliche Ungleichheit so groß ist, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht unberücksichtigt bleiben darf (vgl. BVerfGE 98, 365, 385). Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber aber berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden. Dies führt nicht zu einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Daher hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden ist, wenn das Betriebsrentenrecht auch die ausschließlich arbeitnehmerfinanzierte Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung qualifiziert und hieran die volle Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung knüpft. Voraussetzung ist, dass die vom Arbeitnehmer eingezahlten Beiträge von der Versorgungszusage des Arbeitgebers erfasst sind und dass der Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber abgeschlossen wurde, dieser also anders als ein privater Lebensversicherungsvertrag auf ihn als Versicherungsnehmer ausgestellt ist. In diesem Rahmen hat es das Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet, wenn noch nach Ende des Arbeitsverhältnisses durch den früheren Arbeitnehmer eingezahlte Beiträge ebenfalls als noch betrieblich veranlasst eingestuft werden, solange der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts, also der auf den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer laufende Versicherungsvertrag zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung genutzt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. September 2010 - Az.: 1 BvR 1660/08, zitiert nach Juris Rn. 12 und BVerfG, Beschluss vom 6. September 2010 - Az.: 1 BvR 739/08, zitiert nach Juris Rn. 16). Darin ist nach der genannten Rechtsprechung ein formal einfach zu handhabendes Kriterium zu sehen, welches ohne Rückgriff auf arbeitsrechtliche Absprachen eine Abschichtung betrieblicher von privater Altersversorgung im Rahmen der Lebensversicherungsverträge erlaubt. Daher stellt die Abgrenzung der beitragspflichtigen Leistungen nach dem Versicherungstyp grundsätzlich ein geeignetes Kriterium dar, um beitragspflichtige Versorgungsbezüge und beitragsfreie private Lebensversicherungen voneinander abzugrenzen. Wenn es aber schon bei Beiträgen, die ein Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf eine Direktversicherung einzahlt, für die Wahrung des Berufsbezuges ausreicht, dass der Arbeitgeber die Direktversicherung als Versicherungsnehmer und damit innerhalb der institutionellen Vorgaben des Betriebsrentengesetzes fortführt, so kann es keine Rolle spielen, ob die Klägerin aus der seit dem Jahre 1995 vorgenommenen Entgeltumwandlung die gleichen Vorteile wie andere Arbeitnehmer gezogen hat oder ob ihr ein Teil dieser Vorteile aufgrund dessen, dass ihr Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze bereits damals überstieg, verwehrt worden sind. Ausschlaggebend ist allein, dass der Vertrag damals als Direktversicherung mit dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer geführt worden ist. Damit liegt der erforderliche Bezug zu den Versorgungssystemen des Betriebsrentenrechts vor."
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Annotations
(1) Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden,
- 1.
Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen; außer Betracht bleiben - a)
lediglich übergangsweise gewährte Bezüge, - b)
unfallbedingte Leistungen und Leistungen der Beschädigtenversorgung, - c)
bei einer Unfallversorgung ein Betrag von 20 vom Hundert des Zahlbetrags und - d)
bei einer erhöhten Unfallversorgung der Unterschiedsbetrag zum Zahlbetrag der Normalversorgung, mindestens 20 vom Hundert des Zahlbetrags der erhöhten Unfallversorgung,
- 2.
Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten, Parlamentarischen Staatssekretäre und Minister, - 3.
Renten der Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet sind, - 4.
Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte mit Ausnahme einer Übergangshilfe, - 5.
Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung; außer Betracht bleiben Leistungen aus Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes sowie Leistungen, die der Versicherte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben hat.
(2) Für Nachzahlungen von Versorgungsbezügen gilt § 228 Abs. 2 entsprechend.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.
(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.
(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.
(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Bei Versicherungspflichtigen gilt für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen der allgemeine Beitragssatz. Abweichend von Satz 1 gilt bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen nach § 229 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes und abweichend von § 242 Absatz 1 Satz 2 die Hälfte des kassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes. Veränderungen des Zusatzbeitragssatzes gelten für Versorgungsbezüge nach § 229 in den Fällen des § 256 Absatz 1 Satz 1 jeweils vom ersten Tag des zweiten auf die Veränderung folgenden Kalendermonats an.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.