Bayerisches Landessozialgericht Endurteil, 04. Mai 2016 - L 15 SF 133/16
Gericht
Principles
Tenor
I.
Die Anhörungsrüge gegen den
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Mit 19-seitigem
Mit einem am
II.
Die Anhörungsrüge ist gemäß § 4 a Abs. 4 Satz 2 JVEG als unzulässig zu verwerfen.
1. Auslegung des am 06.04.2016 beim Bayer. LSG eingegangenen Schreibens der Beschwerdeführerin
Das am
Maßstab der Auslegung von Prozesserklärungen und Anträgen bei Gericht ist der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (vgl. Bundessozialgericht - BSG -
Bei Beachtung dieser Vorgaben ergibt die Auslegung Folgendes:
Das am
2. Zur Prüfung der Anhörungsrüge
Die Anhörungsrüge ist gemäß § 4 a Abs. 4 Satz 2 JVEG als unzulässig zu verwerfen, da die Beschwerdeführerin jedenfalls dem Darlegungserfordernis des § 4 a Abs. 2 Satz 5 JVEG nicht gerecht geworden ist.
2.1. Für die Anhörungsrüge vorgetragene Gründe der Beschwerdeführerin
Dem am
- Der Entschädigung sei eine gerichtsterminsbedingte Abwesenheitsdauer von 10 Stunden zugrunde zulegen, da ihr Geschäft von 8.00 bis 18.00 Uhr geöffnet sei.
- Die Kosten für eine Vertretung in ihrer Änderungsschneiderei am Tag des Gerichtstermins seien ihr zu ersetzen, um die Öffnungszeiten einhalten zu können.
- Wegen ihrer Abwesenheit habe sie eine Fremdbetreuung für ihre Kinder in Anspruch nehmen und diese auch bezahlen müssen.
- Die von ihr unter Vorlage einer Quittung geltend gemachten Zehrkosten in Höhe 9,80 € seien ihr zu erstatten, da sie täglich mittags warm koche und ihr daher auch am Tag des Gerichtstermins eine warme Mahlzeit zustehe.
- Für den Gerichtstermin sei sie nicht nur 80 km, wie dies im gerügten Beschluss zugrunde gelegt worden sei, sondern zweimal 80 km, also insgesamt 160 km gefahren.
2.2. Nichterfüllung des Darlegungserfordernisses
Das Vorbringen in dem beim LSG am
Gemäß § 4 a Abs. 2 Satz 5 JVEG muss die Anhörungsrüge die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in § 4 a Abs. 1 Nr. 2 JVEG genannten Voraussetzungen („das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat“) darlegen.
Die gemäß § 4 a Abs. 4 Satz 1 JVEG von Amts wegen zu prüfende Erfüllung des Darlegungserfordernisses ist wegen § 4 a Abs. 4 Satz 2 JVEG Zulässigkeitsvoraussetzung (ständige Rspr., vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 07.04.2005, Az.: B 7a AL 38/05 B; Beschlüsse des Senats
Bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten dürfen - auch mit Blick auf die kurze Darlegungsfrist von zwei Wochen gemäß § 4 a Abs. 2 Satz 1 JVEG - die Anforderungen nicht überspannt werden, da auch im SGG zwingende Begründungsanforderungen ansonsten nur für Verfahren vor dem BSG mit Vertretungszwang aufgestellt werden. Auch von einem rechtsunkundigen Beteiligten müssen jedoch gewisse Mindestanforderungen erfüllt werden. Dies ist zum einen ein substantiierter Vortrag, aus dem erkennbar ist, warum das rechtliche Gehör nicht gewährt worden ist, oder der schlüssig die Umstände aufzeigt, aus denen sich die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Gericht ergibt. Zum anderen ist darzulegen, weshalb ohne den Verstoß eine günstigere Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. Hartmann, a. a. O., § 4 a JVEG, Rdnrn. 29 ff.; zum SGG: Leitherer, a. a. O., § 178 a, Rdnr. 6a).
An einem solchen Vortrag fehlt es hier:
- Zu der Frage der zu entschädigenden Zeitdauer hat sich der Senat unter Ziff. 5.2. („Zu entschädigende Zeitdauer“) des mit der Anhörungsrüge angegriffenen Beschlusses vom
- Der Gesichtspunkt der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Vertretungskosten für die Zeit der gerichtsterminsbedingten Abwesenheit der Beschwerdeführerin ist Gegenstand der Erläuterungen im Beschluss vom 18.02.2016 unter Ziff. 6. („Erstattung von Kosten für eine Vertretung in der Änderungsschneiderei der Beschwerdeführerin“) gewesen. Dort ist ausführlich begründet worden, warum eine Notwendigkeit der Vertretung in Anbetracht des durch die Einkommenssituation (Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit als Änderungsschneiderin in Höhe von 257,- € im Jahr des Gerichtstermins) belegten geringen Umfangs der selbstständigen Tätigkeit nicht nachgewiesen ist mit der Folge, dass eine Erstattung der Vertretungskosten nicht in Frage kommt. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist damit ausgeschlossen.
- Mit der Frage der Erstattung der Kosten der Kinderbetreuung hat sich der Senat eingehend unter Ziff. 7. („Kinderbetreuungskosten“) des Beschlusses vom
- Die Frage der Erstattung der von der Klägerin geltend gemachten Zehrkosten ist Gegenstand der ausführlichen Erläuterungen unter Ziff. 8. („Tagegeld (Zehrkosten)“) des Beschlusses vom
- Sofern die Beschwerdeführerin in dem beim LSG am 06.04.2016 eingegangenen Schreiben erstmals eine Fahrtstrecke von 160 km vorgetragen hat, weil sie wegen des Gerichtstermins nicht nur 80 km - dies hatte sie im Entschädigungsantrag angegeben und bis zum Schreiben vom 06.04.2014 nie infrage gestellt -, sondern die doppelte Strecke gefahren sei, stellt dies einen neuen Sachvortrag dar. Ein solches Vorbringen kann schon per se keine Verletzung des rechtlichen Gehörs begründen, da es als neuer Sachvortrag für die Anhörungsrüge unbeachtlich ist (vgl. Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Beschuss
Die Anhörungsrüge ist daher wegen Nichterfüllung des Darlegungserfordernisses als unzulässig zu verwerfen.
Darauf, dass die Anhörungsrüge nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 4 a Abs. 2 Satz 1 JVEG erhoben worden ist - ab dem am
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 4 a Abs. 6 JVEG) und ist unanfechtbar (§ 4 a Abs. 4 Satz 4 JVEG).
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Annotations
Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.