Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 05. Dez. 2018 - L 7 AS 977/18 B ER

published on 05/12/2018 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 05. Dez. 2018 - L 7 AS 977/18 B ER
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Sozialgericht München, S 41 AS 2407/18 ER, 16/10/2018

Gericht

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Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf.) begehrt vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Bg.) Leistungen nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Am 20.09.2018 beantragte der 1988 geborene alleinstehende Bf. beim Bg. Leistungen nach dem SGB II. Dazu gab der Bf. am 20.09.2018 das Hauptantragsformular zur Beantragung von Leistungen nach dem SGB II, die Anlage zur Feststellung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung (Anlage KdU), den Mietvertrag sowie ein Mieterhöhungsschreiben seiner Vermieterin vom 22.06.2018 persönlich beim Antragsgegner ab. Aus den vorgelegten Unterlagen ergab sich, dass der Bf. seit 16.10.2017 im Leistungsbezug nach dem Arbeitslosengeld I steht und eine ca. 54 qm große Zweizimmerwohnung bewohnt, für die er monatlich insgesamt 680,00 EUR zahlt (535,00 EUR Grundmiete, 110,00 EUR Nebenkosten, 35,00 EUR Kfz-Stellplatz).

Als der Bf. bei seiner Antragsabgabe am 20.09.2018 in einem Gespräch mit der zuständigen Teamleitung des Bg. gebeten wurde, seinen Personalausweis sowie eine Meldebestätigung vorzulegen, verweigerte er dies und wollte wissen, aus welchen Vorschriften sich eine solche Verpflichtung ergebe. Er erklärte ferner, er erkenne die „BRD“ nicht in den aktuellen Grenzen an. Hierüber wurde ein Gesprächsvermerk angefertigt und zu den Akten genommen.

Mit Schreiben vom 20.09.2018 übersandte der Bg. dem Bf. die vorgelegten Antragsunterlagen, da diese nicht vollständig seien. Zwingend seien beizulegen

- Kopie des Lichtbildausweises,

- aktuelle Meldebestätigung,

- Kontoauszüge der letzten drei Monate.

Am 08.10.2018 stellte der Bf. Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München. Er befinde sich in einer schweren existenziellen Notlage und benötige dringend Hilfe zur „Lebenserhaltung und zur Abänderung und Vermeidung schwerwiegender Schäden in seinem Wesen und sonstigen Nachteilen“. Er habe alle notwendigen Daten an den Bg. übermittelt.

Mit Beschluss vom 16.10.2018 lehnte das Sozialgericht München den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Der Bf. habe weder einen Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Es fehle an einem Anordnungsgrund, weil es der Bf. selber in der Hand habe, durch Vorlage der vom Bg. angeforderten Unterlagen eine unverzügliche Prüfung seines Antrags herbeizuführen.

Auch sei ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden. Aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Bf. könne nicht geprüft werden, ob der Bf. zum berechtigten Personenkreis des SGB II gehöre. Leistungen könnten nicht an beliebige nicht identifizierbare Personen erbracht werden, so dass grundsätzlich der Nachweis der Identität durch Vorlage des Personalausweises erforderlich sei. Hierzu sei der Bg. berechtigt, die Vorlage eines Personalausweises zu verlangen (vgl. LSG Baden-Württemberg Urteil 17.05.2018 L 7 AS 4682/17 und LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.05.2014, L 31 AS 762/14 B ER). Auch könnten die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bf. nicht überprüft werden, nachdem dieser die angeforderten Kontoauszüge der letzten drei Monate nicht vorgelegt habe.

Für die Zeit vor Antragstellung beim Sozialgericht am 08.10.2018 könnten Leistungen ohnehin nicht erbracht werden.

Hiergegen hat der Bf. Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt.

Zur „Begründung mit Glaubhaftmachung“ führt der Beschwerdeführer unter dem Namen „, Herr der angedichteten Person A.“ u. a. aus:

„Der Schutzbefohlene wird seit September 2018 in seiner Daseinsberechtigung und somit in seiner unantastbaren Würde sowie seinem unverletzlichen und unveräußerlichen Grund- und Menschenrecht schwerstens von den genannten Restschuldsubjekten (Jobcenter Ebersberg, Sozialgericht München) behindert und beeinträchtigt, wodurch dem Leistungsberechtigten eine grundrechtsverletzende Benachteiligung entgegen Art. 3 Grundgesetz in der Daseinsvorsorge entsteht. Der Grundrechtberechtigte muss zwangsweise sich verschulden, um eine langfristige Beeinträchtigung im Mietverhältnis abzuwehren, da er sonst seine Aufenthaltsräume verliert und von Obdachlosigkeit bedroht wird sowie körperliche Schäden im Notstand durch Unterversorgung an sich abzuwenden. Ohne Versorgung kann ein existenzielles Dasein in der Daseinsberechtigung gewährleistet werden, womit auf Dauer geistige, seelische und körperliche Schäden entstehen und eine Gefahr von langfristiger Behinderung droht … Die Rechtsschuldsubjekte Jobcenter Ebersberg und Sozialgericht München verweigern sich ihrer vertraglichen völkerrechtlichen Pflichten gemäß dem Recht der Verträge SR-0.111 i. V. m. Art. 25 EG, Art. 73 UN-Charta und Art. 1, 132 bis 149 Genfer Abkommen IV nachzukommen, obwohl die Interessen der Einwohner des Hoheitsgebietes Vorrang haben und diese auf das Äußerste gefördert werden müssen sowie … geschützte Personen in der Freilassung, Heimschaffung und Hospitalisierung besonders zu behandeln sind.“

Weiter führt der Bf. in seiner Beschwerdeschrift aus, er fordere „eine einstweilige Schutzverfügung vom Bayer. Landessozialgericht gegenüber dem Sozialleistungsträger, um die Viktimisierung des Betroffenen durch Aussetzung und Behinderung im Vollzug seines Völkerrechts und seines Lebens zu stoppen, um damit weitere Gefahren und Bedrohungen abzuwenden“. Die Beschwerdeschrift endet mit einer handschriftlichen Unterschrift "„unter dem Hinweis “ von Zittau, der geistig-lebendige Mensch, der ich bin! Herr über die Person A.“.

Der Bg. hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Zutreffend hat das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes abgelehnt. Die Beschwerde wird aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts München zurückgewiesen und gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Begründung abgesehen.

Anzumerken ist noch Folgendes:

Der Bf. hat am 20.09.2018 beim Bg. einen wirksamen Antrag gestellt, über den der Bg. noch zu entscheiden haben wird. Denn die Verweigerung einer Identitätsfeststellung führt nicht automatisch dazu, dass es sich um einen unzulässigen Antrag handelt (vgl. aber BSG Beschluss vom 06.02.2018, B 5 1/17 BH Rz. 5 zu der Mindestanforderung eines Antrags im gerichtlichen Verfahren). Vielmehr muss eine Behörde bei wirksamer Antragsstellung trotz verweigerter Identitätsfeststellung gegebenenfalls Leistungen versagen (so auch der Sachverhalt in den Entscheidungen LSG Baden-Württemberg Urteil vom 17.05.2018, L 7 AS 4682/17 und LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.04.2014, L 31 AS 762/14 B ER). Hierzu ist von der Behörde ein ordnungsgemäßes Verfahren zum Erlass eines Versagensbescheids durchzuführen, bei der der Bf. nochmals Gelegenheit hat, die angeforderten Unterlagen vorzulegen.

Der Bf. wird seinen Identitätsnachweis führen müssen, damit der Bg. die Identität des Bf. prüfen (zur Bedeutung der Identitätsfeststellung für die Leistungserbringung vgl. BSG Beschluss vom 06.02.2018, B 5 12/17 BH einerseits, zur Notwendigkeit von Leistungen „in Höhe des unabweisbar Gebotenen“ bei fehlender Identitätsfeststellung BSG Urteil vom 12.05.2017, B 7 AY 1/16 R andererseits; vgl. auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 17.05.2018, L 7 AS 4682/17 Rz 37 zur Verweigerung von Leistungen im Rahmen der erstmaligen Identitätsfeststellung und Rz 38 ff, wenn letztlich keine Zweifel an der Identität eines Antragsstellers bestehen) Der Bf. wird auch eine Meldebescheinigung vorlegen müssen, damit der Bg. seine örtliche Zuständigkeit feststellen kann.

Der Bf. wird vor allem aber auch die Kontoauszüge der letzten drei Monate vor Antragstellung vorlegen müssen. Ohne die Vorlage der angeforderten Kontoauszüge ist eine Prüfung der Hilfebedürftigkeit des Bf. nicht möglich.

Sollten die Kontoauszüge trotz aller Bemühungen des Bg. vom Bf. nicht vorgelegt werden, wird der Bg. zu prüfen haben, ob er anstelle eines Versagensbescheides einen Ablehnungsbescheid erlässt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass der Bf. mit seinem Begehren erfolglos blieb.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.