Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 28. März 2017 - L 7 AS 241/17 B ER

published on 28/03/2017 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 28. März 2017 - L 7 AS 241/17 B ER
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Tenor

I. Die Beschwerde gegen Ziff. I und Ziff. II des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 9. Februar 2015, S 42 AS 72/17 ER, wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Bf) begehrt vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Bg) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab Antragstellung am 13.01.2017 auf Eilrechtsschutz beim Sozialgericht München bis 31.03.2017.

Mit Bescheid vom 22.03.2016 bewilligte der Bg der Bf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2016 bis 31.03.2017 in Höhe von monatlich 841,20 Euro.

Die Bf wohne zusammen mit ihrem im Jahr 2004 geborenen Sohn in einer Wohnung. Es bestünde keine Bedarfsgemeinschaft der Bf mit ihrem minderjährigen Sohn, da der Sohn über ein bedarfsdeckendes Einkommen verfüge (Kindesunterhalt i.H.v. 520,00 Euro sowie Kindergeld i.H.v. 192,00 Euro monatlich).

Die Wohnung mit 57 qm sei bei einer Warmmiete von 950,00 Euro nicht angemessen. Die angemessene Bruttokaltmiete nach dem Konzept der Bg betrage 732,00 Euro monatlich. Hinzu komme der tatsächliche Heizkostenzuschlag i.H.v. 66,70 Euro. Dieser Gesamtbetrag von angemessenen KdUH i.H.v. 798, 70 Euro sei zu halbieren, da die Bg mit ihrem minderjährigen Sohn in einer Haushaltsgemeinschaft wohne. Im Ergebnis sei bei der Bf monatlich ein Bedarf an KdUH i.H.v. 399,36 Euro anzuerkennen.

Als Regelbedarf wurden für die Bf 404,00 Euro anerkannt. Anzurechnen sei bei der Klägerin auf ein bereinigtes Einkommen aus überschießendem Kindergeld ihres Sohnes, so dass der Regelbedarf 393,36 Euro monatlich betrage. Hinzu komme ein Mehrbedarf für Alleinerziehende von 48,48 Euro.

Hieraus ergäbe sich ein Gesamtleistung i.H.v. 841,20 Euro monatlich (Regelbedarf 393,36 Euro, Alleinerziehendenmehrbedarf 48,48 Euro, KdUH 399,36 Euro). Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Änderungsbescheid vom 26.11.2016 bewilligte der Bg der Bf wegen Erhöhung der Regelbedarf zum 01.01.2017 Leistungen in Höhe von 857,44 Euro monatlich für die Zeit von Januar bis März 2017. Über den hiergegen von der Bf mit Schreiben vom 26.01.2017 eingelegten Widerspruch ist noch nicht entschieden.

Am 13.01.2017 stellte die Bg beim Sozialgericht München Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Der Bg enthalte ihr Sozialleistungen vor, was eine Straftat darstelle. Der Bg habe die gesamte Warmmiete von 950,00 Euro monatlich zu übernehmen. „Die Vermieterin hätte ein Kündigungsrecht wegen Nichtzahlung der Miete und die Obdachlosigkeit droht“ (Schreiben der Bf vom 31.01.2017).

Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens erließ die Bg einen weiteren Änderungsbescheid mit Datum vom 24.01.2017 - zugegangen dem Sozialgericht am 30.01.2017 - betreffend die Monate Februar und März 2017, worin unter entsprechender Aufhebung der bisherigen Bewilligungsbescheide die monatlichen Leistungen nach dem SGB II von 841,20 Euro auf 745,80 Euro reduziert wurden. Der Kindesunterhalt für den Sohn der Bf sei im Februar 2017 von 520,00 Euro auf 640,00 Euro erhöht worden, so dass bei der Bf wegen Anrechnung des überschießenden Kindergeldes nur noch ein entsprechend niedrigerer Regelbedarf anerkannt werden könne. Dieser Bescheid sei Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens geworden.

Mit Beschluss vom 09.02.2017 lehnte das Sozialgericht München den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in Ziff. I und II des Beschlusses ab. In Ziff. III des Beschlusses (anhängige Beschwerde hierzu unter L 7 AS 252/17 B PKH) lehnte das Sozialgericht die gleichzeitig für das erstinstanzliche Verfahren beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab.

Weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund seien bezüglich derr KdUH glaubhaft gemacht. Die Bf und ihr Sohn bildeten keine bloße Wohngemeinschaft, sondern führten den Haushalt im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft aus einem Topf, so dass im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG vom Kopfteilprinzip auszugehen sei. Zudem sei die Wohnung mit einer Warmmiete von 950,00 Euro nicht angemessen, da nach dem Konzept der Bg eine Bruttokaltmiete von 732,00 Euro zuzüglich des Heizkostenabschlages von 66,70 Euro angemessen sei. Insbesondere sei auch deshalb kein Anordnungsgrund ersichtlich, nachdem die Bf bislang aus den ihr zur Verfügung stehenden Mittel sowie aus den Mittel ihres Sohnes die Miete beglichen habe.

Hiergegen hat die Bf Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Ihr stünden höhere Sozialleistungen zu. Mit Schreiben vom 24.03.2017 legt sie dar, es handle sich um einen Ein-Personen-Haushalt und das Konzept des Bg sei fehlerhaft. Seit Monaten erhalte sie weniger als das Existenzminimum.

Der Bg hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Insbesondere ist die Beschwerde statthaft, da die Beschwerdesumme von 750,00 Euro überschritten ist. Denn obwohl maßgeblich für die Berechnung der Beschwerdesumme nur der streitgegenständliche Zeitraum vom 13.01.2017 bis 31.01.2017 ist, ist allein mit dem Begehren der Bf, ihr anstelle von 399,63 KdUH monatlich die volle Warmmiete i.H.v. 950,00 ohne Anwendung des Kopfteilprinzips zu bewilligen, die Beschwerdesumme überschritten.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Zwar hat die Bf ihren Antrag beim Sozialgericht nicht - was zulässig gewesen wäre - auf die KdUH beschränkt, wovon das Sozialgericht offensichtlich ausgegangen ist. Vielmehr hat die Bf ausdrücklich „höhere Leistungen“ im Wege des Eilrechtsschutzes verlangt, so dass auch die erhöhte Einkommensanrechnung wegen des erhöhten Unterhalts des Sohnes der Bf im Bescheid vom 24.01.2017 in den Monaten Februar und März 2017 vom Sozialgericht hätte gewürdigt werden müssen. Insoweit ist eine Minderung der Leistungen um monatlich 111,64 Euro von zuletzt 857,44 Euro auf 745,80 Euro erfolgt.

Jedoch ist in Bezug auf Leistungen nach dem SGB II kein Anordnungsanspruch ersichtlich.

Die Anrechnung des überschießenden Kindergeldes infolge der von 520,00 Euro auf 640,00 Euro monatlich erhöhten Unterhaltszahlungen an den minderjährigen Sohn der Bf basiert auf der entsprechenden Rechtsprechung des BSG (vgl etwa BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 53/12 R) und ist ohne Fehler erfolgt. Anzumerken bleibt insoweit lediglich, dass der Kindergeldüberhang bei der Bf insbesondere auch dann zu erfolgen hat, wenn eine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II mit einem minderjährigen Kind nicht vorliegt (BSG aaO Rz).

Im Übrigen ist auch kein Anordnungsanspruch im Hinblick auf die KdUH ersichtlich. Der Bg hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 53/12 R) bezüglich des Kopfteilsprinzips (BSG aaO Rz 14) im Hinblick auf die Bf und ihren nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden (BSG aaO Rz 14) Sohn zutreffend angewendet und die KdUH entsprechend einem schlüssigen Konzept (vgl zum schlüssigen Konzept des Bg BayLSG Urteil vom 19. Dezember 2016 - L 7 AS 241/15) richtig berechnet.

Ein Anordnungsgrund ist ebenfalls nicht gegeben.

Die Bf hat den Änderungsbescheid vom 26.11.2016, mit dem Leistungen zunächst sogar erhöht worden sind, offensichtlich nur zum Anlass genommen, die Rechtmäßigkeit der Leistungen nunmehr ganz in Frage zustellen. Seit April 2016 erhielt die Bf aufgrund des bestandskräftigen laufenden Bewilligungsbescheides monatlich 841,20 Euro an Leistungen.

Mit dem Änderungsbescheid vom 26.11.2016, den die Bf zum Anlass für ihren Eilantrag nahm, wurden die Leistungen im Januar 2017 aufgrund der Erhöhung des Regelbedarfs ab 01.01.2017 auf 857,00 Euro erhöht. Die Bf hat nicht im Entferntesten dargelegt, warum mit einer Erhöhung - nicht Absenkung! - der ihr neun Monate lang unbeanstandet ausgezahlten Leistungen plötzlich eine Notlage entstanden sein sollte.

Auch was die Minderung der Leistungen im Februar und März 2017, die mit Bescheid vom 24.01.2017 erfolgt ist, also nachdem die Bf am 13.01.2017 Antrag auf Eilrechtsschutz beim Sozialgericht gestellt hatte, anbetrifft, ist keine Eilbedürftigkeit erkennbar.

Zum einen hat die Bf bis dahin ihren Lebensunterhalt und sogar die Miete für die - ohnehin nicht angemessene - Wohnung auch aus ihren und den Mitteln, die ihrem Sohn zur Verfügung stehen, bestritten, was auch jetzt in gleichem Maße möglich ist. Denn der der Bf und ihrem minderjährigen Sohn zur Verfügung stehende Gesamtbetrag an Geldmitteln hat sich wegen der erhöhten Unterhaltszahlung an den Sohn nicht verringert. Für eine seit Januar 2017 plötzlich eingetretene akute Notlage hat die Bf nichts vorgetragen.

Im Übrigen liegt bezüglich der KdUH schon deshalb kein Anordnungsgrund vor, da eine Gefährdung der Unterkunft der Bf nicht erkennbar ist (vgl. dazu BayLSG, Beschluss vom 02.08.2016, L 7 AS 461/16 B ER Rdz. 28). Die Bf hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Kündigung ihrer Wohnung droht (vgl. dazu BayLSG, Beschluss vom 31.01.2013, L 7 AS 882/16 B ER sowie Beschluss vom 12.09.2016, L 7 AS 539/16 B ER). Die Miete wurde bislang bezahlt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass die Bf mit ihrem Begehren erfolglos blieb.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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Tenor I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 2. März 2015, S 48 AS 2810/14, wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelasse
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Tenor Das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 7. Dezember 2011 wird geändert und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 8. April 2009 werd
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.