Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 12. Jan. 2016 - L 11 AS 851/15 WA

published on 12/01/2016 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 12. Jan. 2016 - L 11 AS 851/15 WA
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Sozialgericht Würzburg, S 15 AS 33/14, 17/09/2014

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Principles

no content added to this principle

Gründe

Rechtskräftig: unbekannt

Spruchkörper: Senat

Hauptschlagwort: instanzielle Zuständigkeit Verweisung Verweisung wegen instanzieller Unzuständigkeit Wiederaufnahme des Verfahrens Wiederaufnahmeklage

Titel:

Normenkette:

Leitsatz:

In dem Rechtsstreit

A., A-Straße, A-Stadt

- Antragsteller -

gegen

Jobcenter im Landkreis Bad K.,

vertreten durch den Geschäftsführer, C.-straße ..., Bad K.

- Antragsgegner -

erlässt der 11. Senat des Bayer. Landessozialgerichts in Schweinfurt am 12. Januar 2016 ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialgericht Pawlick sowie den Richter am Bayer. Landessozialgericht Strnischa und den Richter am Bayer. Landessozialgericht Utz folgenden Beschluss:

Die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens S 15 AS 33/14 (Berufungsverfahren L 11 AS 761/14) wird an das Sozialgericht Würzburg verwiesen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des Verfahrens S 15 AS 33/14 (Berufungsverfahren L 11 AS 761/14).

Der 1958 geborene Kläger bezieht seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben vom 07.11.2013 beantragte er die Übernahme der im Jahr 2013 für den Betrieb seines Traktors entstandenen Kosten i. H. v. 226,98 € (TÜV, Versicherung, Fahrzeugpapiere und Diesel). Der Beklagte führte dazu mit Schreiben vom 13.12.2013 aus, der Traktor werde nicht nur für das Sägen des Holzes genutzt. Der notwendige Diesel sei aus dem Regelbedarf zu decken. Es werde angefragt, ob Einverständnis mit einer Einmalzahlung von 30 € für den Traktorbetrieb bestehe. Eine Rechtbehelfsbelehrung war dem Schreiben nicht beigefügt. Den dagegen eingelegten Widerspruch verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2014 als unzulässig und bewilligte schließlich mit Bescheid vom 28.04.2014 im Hinblick auf Aufwendungen bezüglich des Traktors für 2013 eine Leistung i. H. v. 19 €. Für 2014 berücksichtigte der Beklagte keine entsprechenden Kosten. Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 17.01.2014 hat das Sozialgericht Würzburg (SG) mit Gerichtsbescheid vom 17.09.2014 (S 15 AS 33/14) abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung hat der Senat mit Urteil vom 18.03.2015 (L 11 AS 761/14) verworfen. Das im Berufungsverfahren gegenständliche Begehren von Leistungen für 2013 bis 2015 i. H. v. 19 € monatlich in Bezug auf die Traktorkosten führe nicht zu einem Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 750 €, es handele sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr und die Berufung sei vom SG nicht zugelassen worden.

Der Kläger hat beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) die Wiederaufnahme des Verfahrens S 15 AS 33/14 (Berufungsverfahren L 11 AS 761/14) beantragt. Erst jetzt lägen die kompletten Urkunden vollständig vor und seien zuvor vom Senat nicht berücksichtigt worden. Die Urkunden seien beim SG am 20.07.2015 eingegangen. Die Sache sei an das SG zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Verfahren S 15 AS 33/14 (Berufungsverfahren L 11 AS 761/14) wieder aufzunehmen und das Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 18.03.2015 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 17.09.2014 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Würzburg zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Wiederaufnahmeklage gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18.03.2015 - L 11 AS 761/14 - als unzulässig zu verwerfen bzw. im Falle der Zulässigkeit die Klage als unbegründet zurückzuweisen.

Gründe für eine Wiederaufnahme seien nicht schlüssig dargelegt. Die vom Kläger benannten Urkunden seien für das Verfahren ohne Einfluss.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die Wiederaufnahmeklage ist an das SG zu verweisen. Die Beteiligten sind vor der Verweisung angehört worden.

Gemäß § 98 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ist bei sachlicher Unzuständigkeit der Rechtsstreit nach Anhörung an das zuständige Gericht zu verweisen. Diese Vorschriften sind jedenfalls entsprechend auch bei nicht gegebener funktionaler (instanzieller) Zuständigkeit anzuwenden (vgl. Beschluss des Senats vom 27.03.2014 - L 11 AS 178/14 ER; LSG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 15.03.2006 - L 1 B 77/06 KR ER - juris; LSG NRW, Beschluss vom 30.01.2009 - L 16 AR 4/08 - juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 98 Rn. 2 m. w. N.). Ansonsten würde in Fällen wie dem vorliegenden den Beteiligten der gemäß Art 101 Grundgesetz (GG) garantierte gesetzliche Richter entzogen.

Das LSG ist funktionell unzuständig. Für eine Wiederaufnahme klagte ist zunächst grundsätzlich das Gericht zuständig, das im ersten Rechtszug erkannt hat (§ 584 Abs. 1 1.HS ZPO), mithin das SG. Das LSG ist nur dann zuständig, wenn es das angegriffene Urteil erlassen (§ 584 Abs. 1 2.HS ZPO) und dabei sachlich entschieden hat, insbesondere die Berufung zurückgewiesen hat. Verwirft das Berufungsgericht jedoch die Berufung als unzulässig und entscheidet deshalb nicht in der Sache, verbleibt es bei der Zuständigkeit des SG (Leitherer a. a. O. § 179 Rn. 8).

Vorliegend hat der Senat die Berufung mit Urteil vom 18.03.2015 (L 11 AS 761/14) als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands nicht mehr als 750 € betragen und es sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr gehandelt hat (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG). Eine Entscheidung in der Sache wurde somit vom Senat nicht getroffen. Es verbleibt damit bei der Zuständigkeit des SG für die Wiederaufnahmeklage. Diese war deshalb an das SG zu verweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem SG vorbehalten (§ 98 Satz 1 SGG i. V. m. § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG).

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 98 Satz 2 SGG i. V. m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG; § 177 SGG).

Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

4 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 18/03/2015 00:00

Tenor I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 17.09.2014 wird verworfen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 15/11/2016 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Gründe I. Streitig ist die Gewährung einstweiligen Rechtsschut
published on 07/11/2016 00:00

Tenor I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 25.08.2016 - S 15 AS 285/16 WA - wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
published on 07/11/2016 00:00

Tenor I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.06.2016 - S 15 AS 27/16 WA - wird verworfen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Grü
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17, 17a und 17b Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Nach Eintritt der Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses wird der Rechtsstreit mit Eingang der Akten bei dem im Beschluß bezeichneten Gericht anhängig. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen.

(2) Wird ein Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen, so werden die Kosten im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(3) Absatz 2 Satz 2 gilt nicht in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17, 17a und 17b Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.