Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Aug. 2014 - 8 AZR 648/13
Gericht
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 6. Februar 2013 - 12 Sa 801/10 - aufgehoben.
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Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch einen Betriebsteilübergang von der Firma W GmbH mit Sitz in O (im Folgenden: W) auf die Schuldnerin übergegangen ist, wobei die Klägerin unter Berufung darauf auch ihre Vergütung für den Mai 2009 von dem Beklagten als Insolvenzverwalter der Schuldnerin verlangt.
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Auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 26. März 2008 war die Klägerin bei W beschäftigt und bezog zuletzt ein Bruttomonatsgehalt iHv. 1.841,00 Euro. Als Angestellte für den Verkaufsinnendienst (Auftragsannahme) betreute sie gemeinsam mit zwei weiteren Mitarbeiterinnen das sogenannte Streckengeschäft. Daneben bestand noch ein Ladengeschäft vor Ort. Die Aufgabe der Klägerin bestand in der Annahme von Bestellungen per Telefon, Fax oder online und in deren Bearbeitung durch Bestellungen bei Herstellern und Lieferanten.
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Sowohl W als auch die B GmbH M (im Folgenden: B), die nachmalige Schuldnerin, waren zum 1. April 2008 aus den insolventen Schwesterunternehmen B-W GmbH O und B-W GmbH M hervorgegangen. Jedoch geriet W im Lauf des Jahres 2008 erneut in finanzielle Schwierigkeiten. Schon im Oktober 2008 übernahm die Schuldnerin, also die B in M - gegen Sicherungsübereignung - im Außenverhältnis die Bezahlung der von W beim Zentralregulierer S. bestellten Waren. Die so entstandenen Verbindlichkeiten von W gegenüber B beliefen sich schließlich auf ca. 105.000,00 Euro.
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Unter dem 16. Februar 2009 verschickten beide Gesellschaften ein gemeinsames Rundschreiben an ihre Kunden, in dem sie ua. mitteilten:
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„Im Interesse unserer Kundschaft organisieren wir den Bereich unseres Streckengeschäftes neu. Die Veränderungen finden im Hintergrund statt, so dass für Sie nur wenige Umstellungen bei den Kontaktdaten anfallen. Alles andere bleibt wie gewohnt, insbesondere bleiben Ihre Ansprechpartnerinnen wie bisher auch Frau C, Frau L und Frau S. Die Konditionen bleiben gleich, auch die Belieferung erfolgt wie gewohnt direkt zu Ihnen …“
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Eine wesentliche Änderung für die Kunden bestand darin, dass die Rechnungen künftig auf ein Konto der B zu begleichen waren. Der Geschäftsführer Ba der W leitete E-Mails des Geschäftsführers Wo der B über die künftige Verfahrensweise im Streckengeschäft am 18. und am 20. Februar 2009 an die drei dafür arbeitenden Mitarbeiterinnen, also auch an die Klägerin weiter. Schließlich schlossen beide Gesellschaften am 9. März 2009 eine Vereinbarung, die auszugsweise lautete:
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„Präambel
Die Vertragsparteien haben jeweils Vermögenswerte der früheren Schwesterfirmen B W GmbH in M und in O erworben. Seit Juli 2008 arbeiten sie zusammen. Die Zusammenarbeit betraf und betrifft Preisverhandlungen mit Lieferanten, Einkauf, Mitarbeiterschulung und Marketingkonzepte.
Um diese Ressourcen zu heben, gliedert die W GmbH den Bereich des Streckengeschäftes aus ihrem Unternehmen aus und überträgt diesen Geschäftsbereich an die B GmbH. Umgekehrt übernimmt die B GmbH den gesamten mit diesem Geschäftsbereich entstehenden Aufwand.
Soweit in einer Übergangszeit Aufwand bei der W GmbH verbleibt, wird dieser an die B GmbH weiterbelastet.
Durch die Belieferung der bisherigen Kundschaft der W GmbH direkt auf Kosten und auf Rechnung der B GmbH versprechen sich beide Vertragsparteien bessere Effizienz und Transparenz.
Hierzu vereinbaren die Parteien im Einzelnen folgendes:
Übertragung des Streckengeschäftes
Das Streckengeschäft der W GmbH wird ab sofort durch die B GmbH erledigt. Bestellungen der Kundschaft werden durch beziehungsweise für die B GmbH unter den bisher verwendeten Rufnummern entgegengenommen.
Die Verträge zu Telefonanlage und Telefon- und Datenleitungen werden direkt auf die B GmbH übertragen, so dass diese die Kosten hierfür direkt übernimmt und ebenso die interne technische Betreuung.
Die für die Kundenbestellungen erforderlichen Bestellungen bei Lieferanten erfolgen dann von der B GmbH zu deren Lasten. Die Auslieferung erfolgt wie bisher über W GmbH gegen Weiterbelastung des direkt zuzuordnenden Aufwandes, soweit keine Direktlieferung zur Kundschaft stattfindet. Lieferschein und Rechnung werden von der B GmbH an den Kunden erstellt. Zahlungen der Rechnungen erfolgen vom Kunden an die B GmbH.
Einsatz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der W GmbH
Der Einsatz von Mitarbeitern der W GmbH für die Abwicklung dieses Streckengeschäftes erfolgt insgesamt nach Bedarf und einvernehmlich. Im Rahmen dieses Einvernehmens wird der Aufwand - gegebenenfalls pauschaliert - ermittelt und dann gegen Weiterbelastungsbeleg ohne Aufschlag von der B GmbH an die W GmbH erstattet.
Eine Verpflichtung zur Übernahme beziehungsweise zum Einsatz von Mitarbeitern besteht nicht. Die B GmbH verpflichtet sich aber, bei Bedarf vor Einstellung dritter Bewerber zuerst Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern der W GmbH ein Angebot zum Abschluss eines Anstellungsvertrages zu machen.
Übernahme weiterer Kosten der W GmbH
Weitere diesem Streckengeschäft direkt zuzuordnenden Kosten erstattet die B GmbH an die W GmbH ebenfalls gegen Weiterbelastungsbeleg ohne Aufschlag. Diejenigen Kosten, die dem Grunde nach erstattet werden, werden die Vertragsparteien bis zum 31.03.2009 festgelegt und, wenn nichts anderes vereinbart wird, entsprechend dem Verhältnis der Umsätze der Vertragsparteien verteilt.
Kommunikation der Übernahme des Streckengeschäftes
Die B GmbH entwickelt in Abstimmung mit der W GmbH die Art und Weise, in der den Kunden der Wechsel zur B GmbH mitgeteilt wird. Die damit verbundenen Kundeninformationen sollen gleichzeitig auch zur Bewerbung der übrigen Angebote der W GmbH genutzt werden. Dazu einsetzbare Werbemittel stimmen die Vertragsparteien miteinander ab. Der Kundschaft wird erklärt, dass abgesehen vom Rechtsträger und dessen Kontaktdaten und Bankverbindung sich für sie nichts ändert. In einem ersten Durchgang wurde die Kundschaft von der Übertragung des Streckengeschäftes auf die B GmbH informiert und ein Flyer zur Bewerbung der W GmbH beigelegt.“
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Unter dem 30. März 2009 kündigte W das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin betriebsbedingt zum 31. Juli 2009. Wegen der Ausgliederung des Streckengeschäftes sei der Arbeitsplatz der Klägerin weggefallen. Die von der Klägerin vor dem Arbeitsgericht Offenbach angestrengte Kündigungsschutzklage - 1 Ca 137/09 - mündete in einen Vergleich, dessen Regelungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur für den Fall Geltung haben sollten, dass als Ergebnis des vorliegenden Verfahrens ein Betriebsteilübergang nicht festzustellen sei.
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Ab Mai 2009 erhielt die Klägerin von W keine Vergütung mehr. Am 1. September 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der W eröffnet, in dessen Verlauf die Vergütungsansprüche der Klägerin für Juni und Juli 2009 beglichen wurden.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Ausgliederung und Übertragung des Bereichs Streckengeschäft mit der Vereinbarung vom 9. März 2009 stelle einen Betriebsteilübergang dar, infolge dessen ihr Arbeitsverhältnis von W auf die B übergegangen sei. Sie und ihre beiden Kolleginnen hätten ab 9. März 2009 nur noch für die B gearbeitet. Alle für W eingehenden Aufträge seien an B weitergeleitet, dort bearbeitet und ausgeführt worden. Auch der Kundenstamm sei komplett übertragen und die Mitarbeiter seien aufgefordert worden, die Kundenordner zu übergeben. B habe ihr und den beiden anderen Mitarbeiterinnen ein Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrages auf Weiterarbeit in M gemacht, allerdings ohne Anrechnung der bisherigen Zeiten der Betriebszugehörigkeit. Nach der Ablehnung jenes Angebots seien in M drei neue Mitarbeiter eingestellt worden; bis dahin sei dort lediglich eine Teilzeitkraft beschäftigt gewesen. Infolge des Betriebsteilübergangs vom 9. März 2009 schulde die - zwischenzeitlich ebenfalls in Insolvenz geratene - B bzw. der Beklagte als deren Insolvenzverwalter auch die Vergütung für Mai 2009.
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt
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festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis zu unveränderten Arbeitsbedingungen besteht;
2.
den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.841,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2009 zu zahlen.
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Zur Begründung seines Antrags auf Klageabweisung hat der Beklagte vorgetragen, ein Betriebsteilübergang habe nicht stattgefunden. Es fehle bereits an einem übergangsfähigen Betriebsteil, das „Streckengeschäft“ sei ein bloßer Geschäfts- oder Aufgabenbereich. Die Vereinbarung vom März 2009 habe den Zweck gehabt, die Verbindlichkeiten von W bei B zurückzuführen. Tatsächlich sei aber das Streckengeschäft nicht wie im März 2009 vereinbart umgesetzt und abgewickelt worden. Im Wesentlichen stelle die Vereinbarung vom März 2009 eine Abtretung mit Einzugsermächtigung oder ein Dienstleistungs- oder Auftragsverhältnis dar. Das Streckengeschäft habe jedoch nicht dauerhaft übertragen werden sollen. Zu einer „Übertragung“ des Kundenstammes sei es schon deswegen nicht gekommen, weil beide Unternehmen aus der Zeit der früheren Schwestergesellschaften einen gemeinsamen Kundenstamm gehabt hätten. Ebenso hätten die das Streckengeschäft prägenden Lieferantenbeziehungen und Einkaufsbedingungen unstreitig bereits bei B bestanden, sodass eine „Übernahme“ gerade nicht erfolgt sei.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat keine die Entscheidung tragende Feststellung getroffen, ob mit dem „Streckengeschäft“ bei W überhaupt eine wirtschaftliche Einheit im Sinne eines Betriebsteils gegeben war, der am 9. März 2009 auf die Schuldnerin hätte übergehen können, § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.
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A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Bei dem Streckengeschäft habe es sich um einen Betriebsteil gehandelt, der spätestens zum 9. März 2009 übergegangen sei. Für den Übergang spreche der Wortlaut der Vereinbarung vom selben Tage („ausgegliedert“; „überträgt“). Eine hiervon abweichende tatsächliche Umsetzung habe der Beklagte jedenfalls nicht hinreichend dargelegt. Der Betriebsteil Streckengeschäft sei als Ganzes mit den bisherigen Kunden, dem eingearbeiteten Personal, dem gesamten Warensortiment und den bisherigen Telekommunikationsanschlüssen und Nummern übernommen und im Wesentlichen unverändert fortgeführt worden, wobei der Geschäftsführer der B fortan die tatsächliche Leitungsmacht ausgeübt habe.
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B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Ob die zulässige Klage begründet ist, kann aufgrund der bisherigen Feststellungen der Tatsacheninstanzen nicht entschieden werden.
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I. Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB und im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt(vgl. nur EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 30 mwN; BAG 20. März 2014 - 8 AZR 1/13 - Rn. 17 mwN; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 39).
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1. Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck (EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 31 f. mwN).
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2. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (näher EuGH 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] Rn. 35 mwN, Slg. 2005, I-11237; BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 40 ff. mwN). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. ua. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 34 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 23. Mai 2013 - 8 AZR 207/12 - Rn. 22; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 39).
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3. Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt (EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 49 ff., Slg. 2011, I-7491; BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 41).
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4. Kommt es im Wesentlichen auf die Betriebsmittel wie etwa das Inventar an, dann kann ein Übergang einer ihre Identität bewahrenden Einheit auch ohne Übernahme von Personal vorliegen (vgl. EuGH 20. November 2003 - C-340/01 - [Abler] Rn. 36 f., Slg. 2003, I-14023; BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 42). Ohne Bedeutung ist, ob das Eigentum an den eingesetzten Betriebsmitteln übertragen worden ist (vgl. EuGH 20. November 2003 - C-340/01 - [Abler] Rn. 41 mwN, aaO; BAG 11. Dezember 1997 - 8 AZR 426/94 - BAGE 87, 296). Der Begriff „durch Rechtsgeschäft“ des § 613a BGB ist wie der Begriff „durch vertragliche Übertragung“ in Art. 1 Abs. 1a der Richtlinie 2001/23/EG(dazu ua. EuGH 7. März 1996 - C-171/94 - [Merckx und Neuhuys] Rn. 28, Slg. 1996, I-1253; 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 63, Slg. 2011, I-7491) weit auszulegen, um dem Zweck der Richtlinie - dem Schutz der Arbeitnehmer bei einer Übertragung ihres Unternehmens - gerecht zu werden. So ist es nicht erforderlich, dass zwischen Veräußerer und Erwerber unmittelbar vertragliche Beziehungen bestehen; die Übertragung kann auch unter Einschaltung eines Dritten, wie zB des Eigentümers oder des Verpächters, erfolgen (ua. EuGH 20. November 2003 - C-340/01 - [Abler] Rn. 39 mwN, aaO).
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5. Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit die Voraussetzungen des § 613a BGB erfüllt sind, der Übergang eines Betriebsteils gleich. Dies ist unabhängig davon, ob die übergegangene wirtschaftliche Einheit ihre Selbständigkeit innerhalb der Struktur des Erwerbers bewahrt oder nicht (vgl. EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 30 f. mwN; 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Rn. 50, Slg. 2009, I-803; BAG 20. März 2014 - 8 AZR 1/13 - Rn. 18; 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 26); es genügt, wenn die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten und es dem Erwerber derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (EuGH 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Rn. 53, aaO; BAG 7. April 2011 - 8 AZR 730/09 - Rn. 16).
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6. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge (vgl. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 41, Slg. 2011, I-95; BAG 23. September 2010 - 8 AZR 567/09 - Rn. 30).
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7. Die Bewertung der maßgeblichen Tatsachen ist nach Unionsrecht Sache der nationalen Gerichte (ua. EuGH 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] Rn. 35, Slg. 2005, I-11237) und im deutschen Arbeitsrecht Sache der Tatsacheninstanzen, die dabei einen Beurteilungsspielraum haben (vgl. ua. BAG 18. August 2011 - 8 AZR 312/10 - Rn. 21, BAGE 139, 52).
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II. Ob nach diesen Grundsätzen ein Betriebsteilübergang von W auf die Schuldnerin am 9. März 2009 zu bejahen ist, kann nach den bisherigen Feststellungen nicht entschieden werden.
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1. Eine bereits beim angeblichen Veräußerer bestehende abtrennbare wirtschaftliche Einheit mit eigener Identität ist vom Landesarbeitsgericht zwar benannt - „Streckengeschäft“ - aber nur teilweise näher bestimmt worden, wobei entscheidungserheblicher Vortrag der Klägerin wie des Beklagten hierzu übergangen wurde. Über die Wahrung der Identität eines Betriebsteils kann jedoch nicht entschieden werden, ohne diese zuvor in ihren Hauptmerkmalen, zu denen die Parteien vorgetragen haben, zu bestimmen. Jedenfalls hat das Berufungsgericht keine Gesamtbetrachtung vorgenommen, die eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit ergab (vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - AP BGB § 613a Nr. 434).
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2. Das Landesarbeitsgericht hat in den Entscheidungsgründen zwar ausgeführt, bei „dem Streckengeschäft“ von W habe es sich um eine selbständige, abtrennbare organisatorische Einheit gehandelt, die innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks einen Teilzweck erfüllt habe. Unstreitig sei „das Streckengeschäft“ vom Ladengeschäft organisatorisch getrennt und mit anderen Arbeitnehmerinnen besetzt gewesen. Es habe auch mit der Annahme und Bearbeitung von Aufträgen, die per Telefon, Fax oder E-Mail eingingen, einen selbständigen, vom Ladengeschäft unabhängigen Zweck erfüllt.
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Hinreichende Feststellungen zu den „im Streckengeschäft“ - einem an sich bloßen Geschäftsbereich oder Aufgabenfeld - eingesetzten sächlichen wie personellen Betriebsmitteln fehlen jedoch, ebenso wie Feststellungen zu der erforderlichen „Autonomie“. In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass das „Streckengeschäft“ dem „Verkaufsinnendienst“ angehörte, in dem durch weiteres Personal - über die drei im Streckengeschäft tätigen Mitarbeiterinnen hinaus - auch andere Aufgaben wie etwa die Betreuung des Bereichs „Büroeinrichtungen“ wahrgenommen wurden.
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Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag übergangen und keinen angebotenen Beweis erhoben habe, dass die B - mit vorhandenem eigenen Personal - bereits ihr eigenes „Streckengeschäft“ betrieben habe, während die Mitarbeiterinnen von W lediglich vorübergehend und nach Bedarf eingesetzt wurden.
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3. Weiter fehlen Angaben im Berufungsurteil, ob und ggf. welche materiellen Betriebsmittel für die Durchführung des „Streckengeschäftes“ erforderlich waren, etwa technische Kommunikationsmittel oder Fahrzeuge. Auch insoweit rügt die Revision zutreffend, das Berufungsgericht habe den unter Beweis gestellten Vortrag des Beklagten übergangen, materielle Betriebsmittel wie Fahrzeuge und Kommunikationsmittel seien nicht übertragen worden. Das Berufungsurteil lässt auch offen, ob die Auslieferung der bestellten Ware zum Streckengeschäft gehörte, wie es nicht nur der Beklagte behauptet hat, sondern wie es auch die Klägerin in der Klageschrift vom 11. November 2009 dargelegt hat. In diesem Zusammenhang kann es wesentlich sein, welche Betriebsmittel zur Auslieferung von W selbst eingesetzt wurden. Im Berufungsurteil werden diesbezüglich mit der Angabe, die Auslieferung sei „meist entweder durch den Lieferanten selbst oder durch Dritte“ erfolgt, keine Feststellungen getroffen.
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4. Weiter fehlt es an tragfähigen Angaben zur Leitungsebene sowie zur Abgrenzung des „Streckengeschäftes“ vom sonstigen „Verkaufsinnendienst“ und von dem „Ladengeschäft“. Dem Berufungsurteil kann insoweit nur entnommen werden, dass „daneben … noch ein Ladengeschäft“ bestand. Ob und inwieweit es personelle Überschneidungen gab, bleibt ebenso offen wie es an klaren Feststellungen zur Leitung des angeblichen Betriebsteils „Streckengeschäft“ fehlt. Auch diesbezüglich hat die Revision eine begründete Verfahrensrüge dahin gehend erhoben, das Berufungsgericht sei darüber hinweggegangen, dass der Beklagte den Übergang der Organisations- und Leitungsmacht in erheblicher Weise bestritten hatte.
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5. Schließlich mangelt es dem Berufungsurteil an einer Feststellung, was den „Kern“ des Streckengeschäftes als „Betriebsteil“ ausgemacht haben soll, also welche Elemente dafür prägend waren. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob und inwieweit bei der Schuldnerin bereits vorhandene Lieferanten- und Geschäftsbeziehungen schon vorhanden waren und nicht von W übernommen werden brauchten.
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III. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist danach aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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Hauck
Breinlinger
Winter
Wroblewski
Wein
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Annotations
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.
(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.
(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.
(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.
(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:
- 1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, - 2.
den Grund für den Übergang, - 3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und - 4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.
(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.