Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Nov. 2015 - 5 AZR 761/13

ECLI: ECLI:DE:BAG:2015:181115.U.5AZR761.13.0
published on 18/11/2015 00:00
Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Nov. 2015 - 5 AZR 761/13
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Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 8. Mai 2013 - 6 Sa 1274/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung in der durch die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) vom 15. Juli 2010 (BAnz. 2010 Nr. 110 S. 2571) bestimmten Höhe.

2

Die Beklagte betreibt einen privaten Pflegedienst mit häuslicher Kranken-, Alten- und Familienpflege. Sie bietet auch eine Rund-um-die-Uhr-Pflege an, bei der eine Pflegekraft bei den „Pflegeklienten“ wohnt und ihnen täglich bis zu 24 Stunden zur Pflege und Betreuung zur Verfügung steht.

3

Die 1952 geborene Klägerin war bei der Beklagten vom 26. August 2009 bis zum 31. Oktober 2011 als Pflegehelferin in der häuslichen Pflege beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 21./26. August 2009 (im Folgenden Arbeitsvertrag 2009) war zunächst eine Jahresarbeitszeit vereinbart (§ 2 Nr. 3). Dafür erhielt die Klägerin ein Monatsentgelt von 1.300,00 Euro brutto. Ferner waren die Zahlung einer Prämie iHv. 300,00 Euro brutto nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens einem Jahr sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit vorgesehen (§ 5 Nr. 3 und Nr. 6 Arbeitsvertrag 2009). In einer Änderungsvereinbarung vom 9. Dezember 2010 (im Folgenden Änderungsvertrag 2010) vereinbarten die Parteien eine durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit von 182 Stunden monatlich. Dafür erhielt die Klägerin ein - verstetigtes - Bruttomonatsgehalt von 1.547,00 Euro. Für den Einsatz in der „Rund-um-Pflege vor Ort“ bestimmt § 4 Nr. 1 Änderungsvertrag 2010 in Verbindung mit der Anlage 2 ua.:

        

„Regeln für das Arbeitszeitkonto:

        

1.    

Das für den Arbeitnehmer bei H quartalsweise (= für jedes Kalendervierteljahr) geführte Arbeitszeitkonto wird in dieser Zeit mit der geleisteten Arbeit entlastet. Die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche regelmäßige monatliche Arbeitszeit beträgt - ausschließlich der Pausen - 182 Stunden. Die je Quartal zu leistende Arbeitszeit beträgt also 546 Arbeitsstunden.

        

2.    

Sofern dem Arbeitnehmer bei einem Pflegebedürftigen eine „Rund-um-Pflege“ vor Ort obliegt, wird diese Tätigkeit auf dem Arbeitszeitkonto je Arbeitstag mit acht Stunden zzgl. einer „Pauschale Ruf-/ Bereitschaft“ mit einem zusätzlichen Betrag von 3,25 Stunden entlastet. Mit dieser Entlastung um weitere 3,25 Stunden je Arbeitstag werden Arbeitsbereitschaftsdienst, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft - einschließlich ggf. dabei geleisteter Arbeit - abgegolten.

        

3.    

Außerdem erhält der Arbeitnehmer bei einer „Rund-um-Pflege“ vor Ort einen (Nacht-)Zuschlag in Höhe von pauschal Euro 6,40 (brutto). Mit diesem weiteren zusätzlichen Entgelt werden geleisteter Arbeitsbereitschaftsdienst, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft - einschließlich ggf. dabei geleisteter Arbeit - vergütet.“

4

In dieser „Rund-um-Pflege vor Ort“ war die Klägerin vom 1. August 2010 bis zum 31. Oktober 2011 an insgesamt 232 Tagen (einschließlich Zeiten der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) eingesetzt. Bei den in diesem Zeitraum zuhause zu Pflegenden überwog jeweils die für die Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB XI erforderliche Zeit diejenige, die für die hauswirtschaftliche Versorgung in den Bereichen des § 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI erforderlich war.

5

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat die Klägerin mit der am 19. Dezember 2011 eingereichten und der Beklagten am 27. Dezember 2011 zugestellten Klage für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Oktober 2011 unter Berufung auf § 2 Abs. 1 PflegeArbbV Differenzvergütung unter Einschluss von Zeiten der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für 24 Stunden pro Einsatztag in der Rund-um-die-Uhr-Pflege verlangt. Darauf lässt sie sich die erhaltene monatliche Grundvergütung von 1.300,00 Euro brutto bzw. 1.547,00 Euro brutto anrechnen, nicht jedoch sonstige in den Gehaltsabrechnungen unter „Überstundenpauschale“, „Überstundengrundvergütung“, „Nachtbereitschaft“, „Sonntagszuschlag“, „Feiertagszuschlag“ und „Fahrten Wohnung/Arbeit“ ausgewiesene Zahlungen. Die Klägerin hat geltend gemacht, der persönliche Anwendungsbereich der PflegeArbbV sei bereits dann eröffnet, wenn die pflegerischen Tätigkeiten in der Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB XI die Pflege in den Bereichen der hauswirtschaftlichen Versorgung nach § 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI überwiegen.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 25.757,23 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Dezember 2011 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der persönliche Anwendungsbereich der PflegeArbbV sei nicht eröffnet, weil die pflegerischen Tätigkeiten in der Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB XI die Gesamttätigkeiten der Klägerin bei der Rund-um-die-Uhr-Pflege und -Betreuung nicht überwögen.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat Anspruch auf weitere Vergütung für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Oktober 2011 auf der Grundlage der PflegeArbbV. Der persönliche Geltungsbereich der PflegeArbbV ist eröffnet. In welcher Höhe der Klägerin Differenzvergütung für die streitgegenständlichen Einsätze in der Rund-um-die-Uhr-Pflege zusteht, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

10

I. Die Beklagte betreibt unstreitig einen Pflegebetrieb iSv. § 1 Abs. 2 PflegeArbbV. In einem solchen fand die PflegeArbbV im Zeitraum 1. August 2010 bis 31. Dezember 2014 Anwendung auf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die überwiegend pflegerische Tätigkeiten in der Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB XI erbringen, § 1 Abs. 3 Satz 1 PflegeArbbV.

11

1. Der Wortlaut dieser Norm erfordert, dass pflegerische Tätigkeiten in der Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB XI mehr als die Hälfte der Arbeitszeit des Beschäftigten in einem Pflegebetrieb ausfüllen („überwiegend … erbringen“). Nicht unter die PflegeArbbV fallen damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die zwar in einem Pflegebetrieb arbeiten, aber - wie etwa Beschäftigte in der Verwaltung oder Reinigungskräfte - überhaupt keine pflegerischen Tätigkeiten verrichten, oder Beschäftigte, die zwar pflegerische Tätigkeiten ausüben, aber nicht überwiegend in den in § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB XI aufgeführten Bereichen der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität. Damit nimmt die PflegeArbbV diejenigen Pflegekräfte aus ihrem Anwendungsbereich aus, die überwiegend pflegerische Tätigkeiten in den Bereichen der hauswirtschaftlichen Versorgung nach § 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI (Einkaufen, Kochen, Reinigung der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen) verrichten(vgl. BT-Drs. 17/2844 S. 8).

12

2. Bei der ambulanten Rund-um-die-Uhr-Pflege übt die Pflegekraft typischerweise - bezogen auf die Vollarbeit - nicht arbeitszeitlich überwiegend pflegerische Tätigkeiten in der Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB XI aus, sondern - sofern nicht auch pflegerische Tätigkeiten in den Bereichen der hauswirtschaftlichen Versorgung nach § 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI anfallen - betreut und beobachtet den Pflegebedürftigen, verbunden mit der Bereitschaft, bei Bedarf weitere Pflegeleistungen zu erbringen. Folgte man der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es müsse arbeitszeitlich überwiegend Vollarbeit in der Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB XI geleistet werden, liefe die PflegeArbbV im Bereich der Rund-um-die-Uhr-Pflege weitgehend leer. Denn es wird kaum vorkommen, dass in der ambulanten Pflege mehr als zwölf Stunden Vollarbeit mit der Grundpflege eines Pflegebedürftigen anfallen. Anhaltspunkte dafür, die ambulante Rund-um-die-Uhr-Pflege habe generell aus dem Anwendungsbereich der PflegeArbbV ausgenommen werden sollen, bestehen jedoch nicht. Vielmehr trifft das Ziel des Verordnungsgebers, mit der PflegeArbbV einen „Baustein (…) zur Aufwertung der Pflege insgesamt“ zu schaffen und „der Gefahr einer abwärts gerichteten Lohnentwicklung und damit einem Wettbewerb zu Lasten der Qualität der Pflege und damit der Pflegebedürftigen zu begegnen“ (BT-Drs. 17/2844 S. 2) für diese „erweiterte“ ambulante Pflege in demselben Maße zu wie für die herkömmliche Form, bei der der Pflegebedürftige ausschließlich zum Zwecke tatsächlicher Pflegeverrichtungen für eine bestimmte Zeitspanne zuhause aufgesucht wird.

13

3. Das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ist nicht nur für Vollarbeit, sondern auch für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu zahlen(BAG 19. November 2014 - 5 AZR 1101/12 - Rn. 15 ff.). Deshalb gebietet es der systematische Zusammenhang, das Merkmal des überwiegenden Erbringens pflegerischer Tätigkeiten in der Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB XI nicht auf die Vollarbeit in diesem Bereich zu verengen, sondern auch Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu berücksichtigen. Denn diese Sonderformen der Arbeit, bei denen sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort (innerhalb oder außerhalb des Betriebs) bereithalten muss, um im Bedarfsfalle die Arbeit von sich aus (Arbeitsbereitschaft) oder „auf Anforderung“ (Bereitschaftsdienst) aufzunehmen, sind sowohl arbeitsschutzrechtlich Arbeitszeit, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG, als auch vergütungspflichtige Arbeit iSv. § 611 Abs. 1 BGB(BAG 19. November 2014 - 5 AZR 1101/12 - Rn. 16 mwN).

14

4. Danach ist bei der ambulanten Pflege Rund-um-die-Uhr der persönliche Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 3 Satz 1 PflegeArbbV eröffnet, wenn die Vollarbeit in der Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB XI die pflegerische Tätigkeit in den Bereichen des § 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI überwiegt und sich die Pflegekraft im Übrigen beim Pflegebedürftigen bereithalten muss, bei Bedarf weitere Pflegeleistungen in der Grundpflege zu erbringen(zur Rechtslage ab dem 1. Januar 2015 vgl. § 1 Abs. 2 bis Abs. 6 der Zweiten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche - 2. PflegeArbbV - vom 27. November 2014).

15

5. Diese Voraussetzung lag bei den streitgegenständlichen Einsätzen vor. Bei den von der Klägerin in der Rund-um-die-Uhr-Pflege betreuten Pflegebedürftigen hat unstreitig jeweils die Vollarbeit in der Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB XI diejenige in den Bereichen der hauswirtschaftlichen Versorgung nach § 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI zeitlich überwogen. Selbst wenn die Klägerin außerhalb der Pflege iSv. § 14 Abs. 4 SGB XI „nur“ betreuend und beaufsichtigend tätig gewesen sein sollte, stellt die Beklagte nicht in Abrede, dass sich die Klägerin bei den „Pflegeklientinnen“ auf- und bereithalten musste, um bei Bedarf von sich aus erforderliche weitere Pflegeleistungen in der Grundpflege zu erbringen. Damit erbrachte sie Arbeitsbereitschaft in dem von § 1 Abs. 3 Satz 1 PflegeArbbV genannten Bereich.

16

II. Über die Höhe der Differenzvergütung nach § 2 Abs. 1 PflegeArbbV kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei wird im erneuten Berufungsverfahren Folgendes zu beachten sein:

17

1. Das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ist „je Stunde“ festgelegt. Damit knüpft die Norm an die „vergütungspflichtige Arbeitszeit“ an. Es ist deshalb für alle Stunden, während derer der Arbeitnehmer innerhalb der vereinbarten Arbeitszeit die gemäß § 611 Abs. 1 BGB geschuldete Arbeit erbringt, zu zahlen. Ist der Anwendungsbereich der PflegeArbbV eröffnet, muss das Mindestentgelt auch für die nicht grundpflegerischen Zusammenhangstätigkeiten und für alle Formen von Arbeit - also auch Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst - gezahlt werden. Entgegenstehende vertragliche Abreden sind unwirksam (BAG 19. November 2014 - 5 AZR 1101/12 - Rn. 14 ff.).

18

Ob die Klägerin für tatsächlich geleistete Arbeit - nachdem sie unstreitig nicht 24 Stunden pro Arbeitstag Vollarbeit erbrachte - in dem von ihr begehrten Umfang das Mindestentgelt beanspruchen kann, hängt davon ab, ob sie arbeitstäglich 24 Stunden neben der Vollarbeit zu Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst eingesetzt war. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, ob die Klägerin nach den Vorgaben der Beklagten verpflichtet war, sich durchgehend und ausnahmslos an der Pflegestelle bereitzuhalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen. Ferner wird das Landesarbeitsgericht - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - festzustellen haben, ob der Klägerin Gelegenheit gegeben wurde, Pausen im Rechtssinne (zum Begriff BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 886/12 - Rn. 21 mwN) zu nehmen, es also Phasen gab, in denen sie sich nicht zur Arbeit bereithalten musste und in freier Nutzung des Zeitraums eigenen Interessen nachgehen konnte.

19

2. In der Klageforderung enthalten sind nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch Zeiten der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diese erfasst § 2 PflegeArbbV nicht. Gegenstand einer auf einen Kommissionsvorschlag (§ 12 AEntG) erlassenen Rechtsverordnung (§ 11 AEntG) wie der PflegeArbbV können nach § 5 Satz 1 Nr. 1 AEntG nur Mindestentgeltsätze einschließlich der Überstundensätze, und damit Regelungen über die Vergütung für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden sein(vgl. - zum TV Mindestlohn für pädagogisches Personal - BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 495/14 - Rn. 26 mwN). Zudem fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass die PflegeArbbV Regelungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall schaffen sollte.

20

Ein Anspruch der Klägerin auf Entgeltfortzahlung in Höhe des Mindestentgelts nach § 2 PflegeArbbV kann sich aber aus § 3 Abs. 1 iVm. § 4 Abs. 1 EFZG und dem diesen Bestimmungen zugrunde liegenden Entgeltausfallprinzip ergeben. Denn dieses verlangt, das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV als Geldfaktor in die Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruchs einzustellen(vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 495/14 - Rn. 29).

21

3. Nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erhielt die Klägerin neben der Grundvergütung weitere Leistungen. Ob und in welchem Umfang mit diesen der Mindestentgeltanspruch der Klägerin erfüllt worden ist, richtet sich danach, ob die vom Arbeitgeber erbrachten (Zusatz-)Leistungen die Normzwecke der PflegeArbbV, nämlich der Gefahr einer abwärts gerichteten Lohnentwicklung und damit einem Wettbewerb zu Lasten der Qualität der Pflege und der Pflegebedürftigen zu begegnen sowie die Pflege insgesamt aufzuwerten (vgl. BT-Drs. 17/2844 S. 2), sichert (zur Anrechnung von Leistungen bei einem Mindestlohntarifvertrag vgl. BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 37 ff., BAGE 148, 68).

22

a) Der Mindestentgeltspruch der Klägerin ist durch Nachtarbeitszuschläge nicht erfüllt worden.

23

§ 6 Abs. 5 ArbZG gewährt Nachtarbeitnehmern(§ 2 Abs. 5 ArbZG), die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) Nachtarbeit (§ 2 Abs. 4 ArbZG) leisten, einen Ausgleich für die mit der Nachtarbeit verbundenen Belastungen. Dieser gesetzlichen Verpflichtung ist die Beklagte durch die Zahlung eines Zuschlags als von ihr gewählter Schuldnerleistung (vgl. BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 1 der Gründe, BAGE 102, 309) nachgekommen. Der PflegeArbbV kann nicht entnommen werden, dass mit dem Mindestentgelt von - im Streitzeitraum - 8,50 Euro je Stunde zugleich ein Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG für geleistete Nachtarbeit geregelt ist(ähnlich zum Mindestlohntarifvertrag für die Branche Abfallwirtschaft BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 50 ff., BAGE 148, 68). Auch bestimmt die PflegeArbbV nicht die Anrechnung des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG auf das Mindestentgelt.

24

b) Soweit die Beklagte Zuschläge für Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit leistete, sind diese auf das Mindestentgelt anzurechnen. Derartige Zuschläge sind Arbeitsentgelt und erfüllen die Zwecke der PflegeArbbV. Deren § 2 legt das Mindestentgelt unabhängig von der Anzahl der zu leistenden Stunden und unabhängig von den Tagen, an denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist, fest. Die Norm nimmt damit keine Rücksicht darauf, ob übermäßig lange Arbeit oder Arbeit an Sonn- und Feiertagen für die Beschäftigten mit besonderen Erschwernissen verbunden ist. Einen gesonderten Zuschlag für Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit sieht die PflegeArbbV ebenso wenig wie das ArbZG vor.

25

c) Arbeitgeberbeiträge zu vermögenswirksamen Leistungen iSd. Fünften VermBG können nicht auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV angerechnet werden. Wegen der erheblichen Bindungsdauer der angelegten Gelder fehlt es an aktuellen Vorteilen für die Beschäftigten. Vermögenswirksame Leistungen dienen der langfristigen Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand und sind keine unmittelbare Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeit (vgl. BAG 19. August 2015 - 5 AZR 500/14 - Rn. 39 mwN). Sie sind damit nicht geeignet, die Zwecke der PflegeArbbV zu erfüllen.

26

d) Sollte die Beklagte im Streitzeitraum die in § 5 Nr. 3 Arbeitsvertrag 2009 vorgesehene Prämie von 300,00 Euro brutto gezahlt haben, findet eine Anrechnung auf den Mindestentgeltanspruch im Monat der Leistung der Prämie statt, ggf. - bei einem „Überschuss“ - auch im Folgemonat, in dem das Mindestentgelt fällig wird (§ 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeArbbV). Denn die Prämie ist nach dem Arbeitsvertrag der Parteien Teil der Vergütung für die zu leistende Arbeit und erfüllt die Zwecke der PflegeArbbV, welche ihrerseits die Anrechnung von Prämien auf das Mindestentgelt nicht ausschließt.

27

e) Die Erstattung von Fahrtkosten erfüllt nicht den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV, wenn es sich dabei um echten Aufwendungsersatz handelt. Ein solcher ist keine Gegenleistung für die Arbeitsleistung. Zur Abgrenzung zum „verschleierten Arbeitsentgelt“ kann das Einkommensteuerrecht herangezogen werden. Aufwendungsersatz, der dem Arbeitnehmer steuerrechtlich nur brutto zufließen kann, ist zumindest indiziell „unecht“ (vgl. zur entsprechenden Problematik bei § 10 Abs. 4 AÜG: BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 34 ff.; 19. Februar 2014 - 5 AZR 700/12 - Rn. 57).

28

4. Der Anspruch der Klägerin auf Differenzvergütung ist nicht verfallen.

29

Nach § 4 PflegeArbbV verfallen die Ansprüche auf das Mindestentgelt, wenn sie nicht innerhalb von zwölf Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Fällig wird das Mindestentgelt zum 15. des Monats, der auf den Monat folgt, für den das Mindestentgelt zu zahlen ist, § 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeArbbV.

30

Somit hat die Klägerin das Mindestentgelt für die Monate August 2010 bis August 2011 mit Schreiben vom 31. August 2011 und für die Monate September und Oktober 2011 mit der der Beklagten am 27. Dezember 2011 zugestellten Klage rechtzeitig geltend gemacht.

31

5. Bei der Zinsentscheidung wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass - anders als vom Arbeitsgericht tituliert - der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Prozesszinsen (§ 291 BGB) erst ab dem Tag nach Zustellung besteht (BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 495/14 - Rn. 36 mwN).

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Volk    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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published on 25/02/2015 00:00

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 3. August 2012 - 5 Sa 252/12 - wird zurückgewiesen.
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published on 25/05/2016 00:00

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 11.09.2015 – 2 Ca 678/15 L – teilweise abgeändert. Die  Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.557,53 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über de
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Annotations

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

1.
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen;
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch;
3.
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen;
4.
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen;
5.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:
a)
in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel,
b)
in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung,
c)
in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie
d)
in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften;
6.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.

(3) Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, werden bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten Bereiche berücksichtigt.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

1.
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen;
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch;
3.
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen;
4.
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen;
5.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:
a)
in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel,
b)
in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung,
c)
in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie
d)
in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften;
6.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.

(3) Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, werden bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten Bereiche berücksichtigt.

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

(1) In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann zugelassen werden,

1.
abweichend von § 3
a)
die Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich zu verlängern, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt,
b)
einen anderen Ausgleichszeitraum festzulegen,
c)
(weggefallen)
2.
abweichend von § 4 Satz 2 die Gesamtdauer der Ruhepausen in Schichtbetrieben und Verkehrsbetrieben auf Kurzpausen von angemessener Dauer aufzuteilen,
3.
abweichend von § 5 Abs. 1 die Ruhezeit um bis zu zwei Stunden zu kürzen, wenn die Art der Arbeit dies erfordert und die Kürzung der Ruhezeit innerhalb eines festzulegenden Ausgleichszeitraums ausgeglichen wird,
4.
abweichend von § 6 Abs. 2
a)
die Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich hinaus zu verlängern, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt,
b)
einen anderen Ausgleichszeitraum festzulegen,
5.
den Beginn des siebenstündigen Nachtzeitraums des § 2 Abs. 3 auf die Zeit zwischen 22 und 24 Uhr festzulegen.

(2) Sofern der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer durch einen entsprechenden Zeitausgleich gewährleistet wird, kann in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung ferner zugelassen werden,

1.
abweichend von § 5 Abs. 1 die Ruhezeiten bei Rufbereitschaft den Besonderheiten dieses Dienstes anzupassen, insbesondere Kürzungen der Ruhezeit infolge von Inanspruchnahmen während dieses Dienstes zu anderen Zeiten auszugleichen,
2.
die Regelungen der §§ 3, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 in der Landwirtschaft der Bestellungs- und Erntezeit sowie den Witterungseinflüssen anzupassen,
3.
die Regelungen der §§ 3, 4, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 bei der Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen der Eigenart dieser Tätigkeit und dem Wohl dieser Personen entsprechend anzupassen,
4.
die Regelungen der §§ 3, 4, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 bei Verwaltungen und Betrieben des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie bei anderen Arbeitgebern, die der Tarifbindung eines für den öffentlichen Dienst geltenden oder eines im wesentlichen inhaltsgleichen Tarifvertrags unterliegen, der Eigenart der Tätigkeit bei diesen Stellen anzupassen.

(2a) In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann abweichend von den §§ 3, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 zugelassen werden, die werktägliche Arbeitszeit auch ohne Ausgleich über acht Stunden zu verlängern, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt und durch besondere Regelungen sichergestellt wird, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird.

(3) Im Geltungsbereich eines Tarifvertrags nach Absatz 1, 2 oder 2a können abweichende tarifvertragliche Regelungen im Betrieb eines nicht tarifgebundenen Arbeitgebers durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung oder, wenn ein Betriebs- oder Personalrat nicht besteht, durch schriftliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer übernommen werden. Können auf Grund eines solchen Tarifvertrags abweichende Regelungen in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung getroffen werden, kann auch in Betrieben eines nicht tarifgebundenen Arbeitgebers davon Gebrauch gemacht werden. Eine nach Absatz 2 Nr. 4 getroffene abweichende tarifvertragliche Regelung hat zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen ihnen die Anwendung der für den öffentlichen Dienst geltenden tarifvertraglichen Bestimmungen vereinbart ist und die Arbeitgeber die Kosten des Betriebs überwiegend mit Zuwendungen im Sinne des Haushaltsrechts decken.

(4) Die Kirchen und die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften können die in Absatz 1, 2 oder 2a genannten Abweichungen in ihren Regelungen vorsehen.

(5) In einem Bereich, in dem Regelungen durch Tarifvertrag üblicherweise nicht getroffen werden, können Ausnahmen im Rahmen des Absatzes 1, 2 oder 2a durch die Aufsichtsbehörde bewilligt werden, wenn dies aus betrieblichen Gründen erforderlich ist und die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird.

(6) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Ausnahmen im Rahmen des Absatzes 1 oder 2 zulassen, sofern dies aus betrieblichen Gründen erforderlich ist und die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird.

(7) Auf Grund einer Regelung nach Absatz 2a oder den Absätzen 3 bis 5 jeweils in Verbindung mit Absatz 2a darf die Arbeitszeit nur verlängert werden, wenn der Arbeitnehmer schriftlich eingewilligt hat. Der Arbeitnehmer kann die Einwilligung mit einer Frist von sechs Monaten schriftlich widerrufen. Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer nicht benachteiligen, weil dieser die Einwilligung zur Verlängerung der Arbeitszeit nicht erklärt oder die Einwilligung widerrufen hat.

(8) Werden Regelungen nach Absatz 1 Nr. 1 und 4, Absatz 2 Nr. 2 bis 4 oder solche Regelungen auf Grund der Absätze 3 und 4 zugelassen, darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von zwölf Kalendermonaten nicht überschreiten. Erfolgt die Zulassung auf Grund des Absatzes 5, darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht überschreiten.

(9) Wird die werktägliche Arbeitszeit über zwölf Stunden hinaus verlängert, muss im unmittelbaren Anschluss an die Beendigung der Arbeitszeit eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden gewährt werden.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

1.
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen;
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch;
3.
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen;
4.
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen;
5.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:
a)
in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel,
b)
in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung,
c)
in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie
d)
in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften;
6.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.

(3) Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, werden bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten Bereiche berücksichtigt.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beruft eine ständige Kommission, die über Empfehlungen zur Festlegung von Arbeitsbedingungen nach § 12a Absatz 2 beschließt.

(2) Die Kommission wird für die Dauer von fünf Jahren berufen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann die Dauer der Berufung verlängern, wenn die Kommission bereits Beratungen über neue Empfehlungen begonnen, jedoch noch keinen Beschluss über diese Empfehlungen gefasst hat. Die neue Berufung erfolgt in diesem Fall unverzüglich nach der Beschlussfassung, spätestens jedoch drei Monate nach Ablauf der fünfjährigen Dauer der Berufung.

(3) Die Kommission besteht aus acht Mitgliedern. Die Mitglieder nehmen ihre Tätigkeit in der Kommission ehrenamtlich wahr. Sie sind an Weisungen nicht gebunden.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales benennt acht geeignete Personen als ordentliche Mitglieder sowie acht geeignete Personen als deren Stellvertreter unter Berücksichtigung von Vorschlägen vorschlagsberechtigter Stellen. Vorschlagsberechtigte Stellen sind

1.
Tarifvertragsparteien in der Pflegebranche, wobei
a)
in der Pflegebranche tarifzuständige Gewerkschaften oder Zusammenschlüsse von Gewerkschaften sowie
b)
in der Pflegebranche tarifzuständige Vereinigungen von Arbeitgebern oder Zusammenschlüsse von Vereinigungen von Arbeitgebern
jeweils für zwei ordentliche Mitglieder und zwei Stellvertreter vorschlagsberechtigt sind, und
2.
die Dienstnehmerseite und die Dienstgeberseite paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber in der Pflegebranche festlegen, wobei
a)
die Dienstnehmerseite sowie
b)
die Dienstgeberseite
jeweils für zwei ordentliche Mitglieder und zwei Stellvertreter vorschlagsberechtigt sind.
Vorschlagsberechtigte Stellen, die derselben der in Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a bis Nummer 2 Buchstabe b genannten Gruppen angehören, können gemeinsame Vorschläge abgeben.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales fordert innerhalb einer von ihm zu bestimmenden angemessenen Frist zur Abgabe von Vorschlägen auf. Nach Fristablauf zugehende Vorschläge sind nicht zu berücksichtigen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft die Vorschläge und kann verlangen, dass für die Prüfung relevante Umstände innerhalb einer von ihm zu bestimmenden angemessenen Frist mitgeteilt und glaubhaft gemacht werden. Nach Fristablauf mitgeteilte oder glaubhaft gemachte Umstände sind nicht zu berücksichtigen.

(6) Überschreitet die Zahl der Vorschläge die Zahl der auf die jeweilige in Absatz 4 Satz 2 genannte Gruppe entfallenden Sitze in der Kommission, entscheidet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, welchen Vorschlägen zu folgen ist. Bei dieser Entscheidung sind zu berücksichtigen

1.
im Falle mehrerer Vorschläge von in der Pflegebranche tarifzuständigen Gewerkschaften oder Zusammenschlüssen von Gewerkschaften: deren Repräsentativität,
2.
im Falle mehrerer Vorschläge von in der Pflegebranche tarifzuständigen Vereinigungen von Arbeitgebern oder Zusammenschlüssen von Vereinigungen von Arbeitgebern: die Abbildung der Vielfalt von freigemeinnützigen, öffentlichen und privaten Trägern sowie gleichermaßen die Repräsentativität der jeweiligen Vereinigung bzw. des jeweiligen Zusammenschlusses.
Die Repräsentativität einer Gewerkschaft oder eines Zusammenschlusses von Gewerkschaften beurteilt sich nach der Zahl der als Arbeitnehmer in der Pflegebranche beschäftigten Mitglieder der jeweiligen Gewerkschaft oder des jeweiligen Zusammenschlusses und der diesem Zusammenschluss angehörenden Gewerkschaften. Die Repräsentativität einer Vereinigung von Arbeitgebern beurteilt sich nach der Zahl der in der Pflegebranche beschäftigten Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber Mitglieder der jeweiligen Vereinigung von Arbeitgebern sind und nach der Art ihrer Mitgliedschaft tarifgebunden sein können. Die Repräsentativität eines Zusammenschlusses von Vereinigungen von Arbeitgebern beurteilt sich nach der Zahl der in der Pflegebranche beschäftigten Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber
1.
Mitglieder des Zusammenschlusses sind und nach der Art ihrer Mitgliedschaft tarifgebunden sein können oder
2.
Mitglieder der diesem Zusammenschluss angehörenden Vereinigungen von Arbeitgebern sind und nach der Art ihrer Mitgliedschaft sowie der Mitgliedschaft der jeweiligen Vereinigung von Arbeitgebern tarifgebunden sein können.
Bei gemeinsamen Vorschlägen im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 sind die auf die vorschlagsberechtigten Stellen entfallenden maßgeblichen Arbeitnehmerzahlen zu addieren.

(7) Scheidet ein ordentliches Mitglied oder ein Stellvertreter aus, benennt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine andere geeignete Person. War das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit der Benennung des ausgeschiedenen ordentlichen Mitglieds oder des Stellvertreters dem Vorschlag einer vorschlagsberechtigten Stelle oder, im Falle eines gemeinsamen Vorschlags nach Absatz 4 Satz 3, vorschlagsberechtigter Stellen gefolgt, so erfolgt auch die neue Benennung unter Berücksichtigung deren Vorschlags. Schlägt die Stelle oder schlagen die Stellen innerhalb einer von dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu bestimmenden angemessenen Frist keine geeignete Person vor, so entscheidet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales über die Benennung. Absatz 5 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(8) Klagen gegen die Benennung von Mitgliedern durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass die von der nach § 12 errichteten Kommission vorgeschlagenen Arbeitsbedingungen nach § 5 Nr. 1 und 2 auf alle Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die unter den Geltungsbereich einer Empfehlung nach § 12a Absatz 2 fallen, Anwendung finden.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat bei seiner Entscheidung nach Absatz 1 neben den in § 1 genannten Gesetzeszielen die Sicherstellung der Qualität der Pflegeleistung sowie den Auftrag kirchlicher und sonstiger Träger der freien Wohlfahrtspflege nach § 11 Abs. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch zu berücksichtigen.

(3) Vor Erlass einer Rechtsverordnung gibt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales den in den Geltungsbereich der Rechtsverordnung fallenden Arbeitgebern und Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen sowie den Parteien von Tarifverträgen, die zumindest teilweise in den fachlichen Geltungsbereich der Rechtsverordnung fallen, und paritätisch besetzten Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber in der Pflegebranche festlegen, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab dem Tag der Bekanntmachung des Entwurfs der Rechtsverordnung.

Gegenstand eines Tarifvertrages nach § 3 können sein

1.
Mindestentgeltsätze, die nach Art der Tätigkeit, Qualifikation der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und Regionen differieren können, einschließlich der Überstundensätze, wobei die Differenzierung nach Art der Tätigkeit und Qualifikation insgesamt bis zu drei Stufen umfassen kann,
1a.
die über Nummer 1 hinausgehenden Entlohnungsbestandteile nach § 2 Absatz 1 Nummer 1,
2.
die Dauer des Erholungsurlaubs, das Urlaubsentgelt oder ein zusätzliches Urlaubsgeld,
3.
die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen im Zusammenhang mit Urlaubsansprüchen nach Nummer 2 durch eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien, wenn sichergestellt ist, dass der ausländische Arbeitgeber nicht gleichzeitig zu Beiträgen zu der gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien und zu einer vergleichbaren Einrichtung im Staat seines Sitzes herangezogen wird und das Verfahren der gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien eine Anrechnung derjenigen Leistungen vorsieht, die der ausländische Arbeitgeber zur Erfüllung des gesetzlichen, tarifvertraglichen oder einzelvertraglichen Urlaubsanspruchs seines Arbeitnehmers oder seiner Arbeitnehmerin bereits erbracht hat,
4.
die Anforderungen an die Unterkünfte von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, wenn sie vom Arbeitgeber für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die von ihrem regelmäßigen Arbeitsplatz entfernt eingesetzt werden, unmittelbar oder mittelbar, entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, und
5.
Arbeitsbedingungen im Sinne des § 2 Nr. 3 bis 8.
Die Arbeitsbedingungen nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 umfassen auch Regelungen zur Fälligkeit entsprechender Ansprüche einschließlich hierzu vereinbarter Ausnahmen und deren Voraussetzungen.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.