Die Parteien streiten um Vergütung.
Der 1961 geborene ledige Kläger ist seit 3.3.1997 bei der Beklagten beschäftigt. Sein Aufgabengebiet als Elektrotechniker umschließt nach dem Anstellungsvertrag vom 3.3.1997 die Software-Erstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung.
Der Kläger erlitt am 23.11.2001 bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma. Am 15.4.2002 nahm er im Rahmen einer Wiedereingliederung seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.6.2002 vollschichtig. Nachdem es aus Sicht der Beklagten aber zu Problemen mit der Arbeitsleistung des Klägers gekommen ist und trotz Unterstützungsleistungen durch Kollegen immer wieder zu korrigierende Fehler bei der Programmiertätigkeit des Klägers aufgetreten seien, stellte die Beklagte den Kläger ab Mai 2004 unter Fortzahlung der Vergütung von der Erbringung der Arbeitsleistung frei und kündigte das Arbeitsverhältnis erstmals mit Schreiben vom 23.9.2004 wegen Unzumutbarkeit der weiteren Entgegennahme der klägerischen Minder- und Schlechtleistung. Diese Kündigung zum 31.12.2004 wurde durch die Arbeitsgerichtsbarkeit rechtskräftig für unwirksam erklärt. Die nachfolgende Änderungskündigung der Beklagten vom 19.7.2005 wurde ebenfalls rechtskräftig für unwirksam erklärt, auch die weitere Änderungskündigung der Beklagten vom 16.3.2006 und zuletzt auch die weitere Änderungskündigung vom 30.3.2006 zum 30.6.2006 (vgl. BAG vom 26.1.2017, 2 AZR 68/16).
Diese letzte Änderungskündigung sollte zu einer Neufestlegung der Arbeitspflichten unter Berücksichtigung der beklagtenseits angenommenen gesundheitlichen Einschränkungen bei einer gleichzeitigen erheblichen Vergütungsreduzierung führen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Die Akten dieses Kündigungsrechtsstreits wurden mitsamt den dort eingeholten Gutachten beigezogen. Bezüglich des genauen Inhalts der Gutachten wird insbesondere auf Bl. 297 ff., 340 ff. und 491 ff. d.A. des beigezogenen Verfahrens verwiesen.
Als Unfallfolgen wurden durch die zuständige Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik am 7.3.2006 unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt (Bl. 23 f. d.A. des beigezogenen Verfahrens). Für die Zeit ab 17.6.2002 wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40%, ab 1.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Danach bestand beim Kläger ab 1.11.2004 auch ein Grad der Behinderung (GdB) von 30%, vgl. § 69 II SGB IX. Am 10.4.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 II SGB IX (Bl. 22 d.A. d.b.V.). Ab 17.6.2002 erhält der Kläger von seiner Berufsgenossenschaft monatlich eine Erwerbsminderungsrente, nach der klägerseits vorgelegten Aufstellung in Höhe von zuletzt 712,44 € (pro Monat), vgl. Anlage K 28 zum letzten Schriftsatz vom 1.9.2017.
Der Kläger hat in mehreren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Weiden Differenzlohn zwischen der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten und der tatsächlich infolge der (letzten) Änderungskündigung gezahlten Vergütung eingeklagt. Diese Verfahren wurden von den Parteien bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der (letzten) Änderungskündigung vom 30.3.2006 durch das Bundesarbeitsgericht nicht betrieben.
Vorliegend macht der Kläger den Differenzlohn für den Zeitraum Juni 2007 bis Dezember 2008 geltend. Da die Kündigung vom 30.3.2006 unwirksam sei, schulde die Beklagte ihm die Differenz zwischen vertraglich geschuldetem und tatsächlich nur gezahltem Lohn als Annahmeverzug. Zur Berechnung der Forderung wird bezüglich aller Details auf die Klageschrift und dort auf Bl. 6 ff. d.A. verwiesen. Die Beklagte orientiere sich an den Tarifabschlüssen der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, es gebe hier eine betriebliche Übung zur Übernahme der Tarifabschlüsse. Die Beklagte könne sich nicht auf eine - ohnehin nicht gegebene - mangelnde Leistungsfähigkeit des Klägers berufen. Darüber sei schon im Kündigungsschutzverfahren zu Gunsten des Klägers befunden worden. Die Leistungsfähigkeit für die Tätigkeiten gem. Arbeitsvertrag würde durch die Gutachten des Prof. Dr. D. sowie des Prof. Dr. L. sowie die Feststellung der Berufsgenossenschaft (über die Besprechung vom 14.6.2002, Anlage K 15, Bl. 147 d.A.) belegt. Eine weitere Beweiserhebung durch Zeugen oder Sachverständige sei hier weder geboten noch notwendig. Der Beklagten wäre es auch jederzeit möglich gewesen, den Kläger auf einem anderen, ggf. seiner Leistungsfähigkeit entsprechenden Arbeitsplatz einzusetzen. Die Beklagte hätte auch im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements dem Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuweisen müssen, was aber entgegen der gesetzlichen Regelung unterblieben sei. Einer Fortbeschäftigung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz stünden keine versicherungsrechtlichen Gründe entgegen. Vorsorglich sei jedoch auch im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche vorzutragen. Zwar habe grundsätzlich keine Veranlassung bestanden, die Beklagte zur Zuweisung einer leidensgerechten Tätigkeit aufzufordern, da er nach Wiedergenesung wieder erfolgreich auf seiner alten Stelle gearbeitet habe. Durch die Klageerhebungen habe er aber gezeigt, dass er eine Versetzung ins Lager nicht akzeptiere. Die Beklagte habe durch die immer neuen Kündigungen gezeigt, dass sie die Zurverfügungstellung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes ebenso wie eine dauerhafte Rückkehr in die ursprüngliche Tätigkeit ernsthaft und endgültig verweigere. Auch habe er immer wieder seinen Anspruch auf Zuweisung einer vertragsgerechten und ggf. leidensgerechten Tätigkeit geltend gemacht. Aufgrund seiner Qualifikationen hätte die Beklagte ihn höherwertiger als im Lager einsetzen können und müssen, worauf er in den Kündigungsschutzverfahren immer wieder hingewiesen habe. Insbesondere im Bereich Anlagenbau bzw. Anlagenfertigung wäre er einsetzbar gewesen. Die Beklagte habe ausweislich ihrer Stellenausschreibungen laufend Industriemechaniker, Elektrotechniker, staatl. geprüfte Techniker, Elektroinstallateure, Maschinenbautechniker, Energieelektroniker, auch Projektleiter, Industriemechaniker, CNC-Fräser usw. gesucht und eingestellt (Bl. 188 f. d.A.). Selbst wenn er hierfür nicht vollumfänglich qualifiziert gewesen sein sollte, so wäre ein „learning on the job“ möglich und zumutbar gewesen. Erforderliche Nachqualifizierungen hätten sogar für die Beklagte kostenneutral über die Berufsgenossenschaft erfolgen können. Die Beklagte habe dies aber ebenso blockiert wie die Möglichkeit, über § 84 I oder § 84 II SGB IX einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu finden. Der Kläger hätte schließlich auch wie bereits 2005 im Bereich der technischen Dokumentation eingesetzt werden können, was nicht mit einem dermaßen drastischen sozialen Abstieg verbunden gewesen wäre wie die Versetzung auf die Position eines Lagerarbeiters (Bl. 193 f. d.A.). Wegen aller weiteren Einzelheiten des Klägervortrages wird ergänzend und bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 28.004,14 brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag i.H. vom 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt hingegen,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags macht die Beklagte geltend, dass der Kläger einen Differenzlohn weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges noch als Schadensersatz verlangen könne. Durch den Unfall habe der Kläger eine Hirnschädigung erlitten, die es ihm unmöglich machte, seine an sich geschuldeten Tätigkeiten oder ähnlich komplexe Tätigkeiten zu verrichten. Dies werde durch das Gutachten des Prof. Dr. med. Dr. Dipl. Ing. W. bestätigt. Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger auch nicht im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung oder als Elektrotechniker beschäftigt werden. Mangels Leistungsfähigkeit sei ein Annahmeverzug nicht möglich. Die Beklagte dürfe den Kläger auch weder im bisherigen noch in ähnlich komplexen Bereichen beschäftigen, um Gefahren für Mensch und Maschinen zu vermeiden. Eine Entgeltdifferenz könne der Kläger nach Berücksichtigung seiner Teilerwerbsunfähigkeitsrente beim Drittschädiger bzw. bei seiner Haftpflichtversicherung einfordern. Einen höherwertigen leidensgerechten Arbeitsplatz als den vom Kläger letztlich eingenommenen im Lager gebe es bei der Beklagten nicht, der Kläger trage hierzu nichts Konkretes vor. Seit der letzten Änderungskündigung sei die Beklagte auch bemüht, dem Kläger anspruchsvollere bzw. abwechslungsreichere Tätigkeiten anzubieten. So sei der Kläger bereits seit August 2006 in den Bereich Robotik gewechselt und ab Juli 2010 in die CNC-Fräserei (Bl. 111 f. d.A.). Die Klage könne auch der Höhe nach keinen Erfolg haben, da die Beklagte nicht tarifgebunden sei und sich nur an den Tarifabschlüssen orientiere. Die Zahlen des Klägers seien daher unzutreffend. Wegen weiterer Einzelheiten zum Beklagtenvortrag wird bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen noch auf den weiteren Akteninhalt verwiesen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gem. §§ 8 KSchG, 611 a II, 615 S.1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag, da der Kläger im Streitzeitraum nicht leistungsfähig gem. § 297 BGB war.
Nach § 297 BGB sind Annahmeverzugsansprüche ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Leistung zu erbringen. Dabei geht es um die konkret zugewiesene Tätigkeit - hier u.a. Programmierarbeiten von Sicherheits-SPS bei Fertigungsanlagen - und nicht um sämtliche nach dem Arbeitsvertrag möglichen Tätigkeiten (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09). Zudem ist der Annahmeverzug wegen § 297 BGB nicht nur bei vollständiger Leistungsunfähigkeit, sondern bereits dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer lediglich Teile der konkret zugewiesenen Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht (mehr) erbringen kann, weil eine Teilarbeitsunfähigkeit nach der Rechtsprechung nicht existiert (vgl. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13).
Danach erachtet die erkennende Kammer den Kläger als leistungsunfähig i.S.d. § 297 BGB in Bezug auf die ihm konkret zugewiesenen Tätigkeiten. Das Gericht schließt sich hier den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters Prof. Dr. Dr. W1. im Gutachten vom 8.8.2013 an. Danach ist die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30 bis 40% gemindert. Ein abweichender Befund in den hier entscheidenden Fragen findet sich auch in den übrigen Gutachten nicht. Danach ist der Kläger jedenfalls zu einem erheblichen Teil nicht mehr in der Lage, seine bis zur Änderungskündigung verrichteten Tätigkeiten u.a. als Programmierer im sicherheitsrelevanten Bereich auszuführen.
Das führt dazu, dass Annahmeverzugsansprüche hier ausgeschlossen sind. Zu keinem anderen Ergebnis führt auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Fällen, in denen keine verminderte Arbeitsfähigkeit vorliegt, sondern der Arbeitnehmer eine volle Arbeitsleistung erbringen kann und lediglich gehindert ist, (noch) der gesamten Bandbreite der arbeitsvertraglich an sich möglichen Leistungsbestimmungen gerecht zu werden (vgl. z.B. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13). Ein solcher Fall liegt hier nämlich nicht vor. Das BAG geht davon aus, dass dann nur eine - für § 297 BGB unrelevante - eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit in Abgrenzung zu einer tatsächlich verminderten Arbeitsfähigkeit vorliegt, wenn es nur um die Frage der zeitlichen Lage der ansonsten aber weiter in vollem Umfang zu erbringenden Arbeitsleistung geht oder wenn es nur um eine untergeordnet wichtige, gar nicht vertraglich schriftlich fixierte Tätigkeit geht, die nicht mehr erbracht werden kann (vgl. BAG vom 9.4.2014 a.a.O. und Anmerkung dazu von Prof. Dr. W2., zitiert nach beckonline). Das ist im vorliegenden Fall ersichtlich anders. Hier geht es um erhebliche Einschränkungen des Klägers im Kernbereich seiner schriftlich im Arbeitsvertrag fixierten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten.
Auch ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 I BGB wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes steht dem Kläger nicht zu.
Zwar ist nach § 241 II BGB jede Partei - auch der Arbeitgeber - verpflichtet, auf die Rechte und Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Dazu kann u.U. bei gesundheitlichen Problemen des Arbeitnehmers auch gehören, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine anderweitige geeignete Arbeit zuweist, damit dieser seine Leistung wieder erbringen kann. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber auch mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt (vgl. BAG vom 27.5.2015, 5 AZR 88/14). Ein danach erforderliches Umsetzungsverlangen muss auch in zeitlicher Hinsicht konkret sein (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09).
Auch bei einem Schwerbehinderten gilt grundsätzlich nichts anderes, auch hier muss der Arbeitnehmer schlüssig darlegen und im Bestreitensfall nachweisen, dass es anderweitige geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten gibt und er diese auch geltend gemacht hat (vgl. BAG vom 4.10.2005, 9 AZR 632/04, zitiert nach juris, Rn. 28; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Aufl., § 178 Rn. 49). Auch der Schwerbehinderte muss eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit aufzeigen und konkret einfordern (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 42: „Verlangen des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf anderweitige Beschäftigung“; vgl. LAG Hessen vom 5.11.2012, 21 Sa 593/10; vgl. auch Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX, 4. Aufl., § 81 Rn. 187). Erleichterungen bei dieser Darlegungs- und Beweislast können zu Gunsten des Arbeitnehmers nur in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber gegen eine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens gem. § 84 I SGB IX oder eines Betrieblichen Eingliederungsverhältnisses gem. § 84 II SGB IX verstoßen hat. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden.
Ein Präventionsverfahren setzt Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis voraus, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können (§ 84 I SGB IX). Nach dem Bundesarbeitsgericht geht es hier um aufgetretene Unzuträglichkeiten, aus denen ein Kündigungsgrund und damit eine Bestandsgefährdung entstehen kann (vgl. BAG vom 7.12.2006, 2 AZR 182/06). Diese Voraussetzung ist aus Sicht der Kammer nicht erfüllt. Der Kläger hat nach seinem Unfall erfreulich bald wieder bei der Beklagten angefangen zu arbeiten. Im Streitzeitraum haben die Parteien zwar darum gestritten, mit welchen Tätigkeiten der Kläger noch beschäftigt werden kann. Dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses an sich aber gefährdet gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil arbeiten die Parteien trotz ihrer unterschiedlichen Auffassungen über die Unfallfolgen beim Kläger nach wie vor weiter zusammen. Aus Sicht des Gerichts ist darüber hinaus unklar, ob sich der Kläger überhaupt auf § 84 I SGB IX berufen kann. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass und ggf. ab wann er tatsächlich einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde und wann er dies ggf. der Beklagten mitgeteilt hat. Daher bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens.
Auch die Voraussetzungen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 84 II SGB IX sind nicht erfüllt. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass der Kläger nach seinem Unfall im Jahre 2001 und seit dem Inkrafttreten des § 84 SGB IX am 1.5.2004 innerhalb eines Jahres einmal länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Damit aber bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines BEM.
Damit verbleibt es hier - auch im Falle einer Gleichstellung - bei der aufgezeigten Darlegungs- und Beweislast des Klägers für die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Selbst wenn die Beklagte ein Präventionsverfahren oder BEM hätte durchführen müssen und dem Kläger damit Erleichterungen bei seiner Darlegungslast zugute kommen würden, müsste er für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichtzuweisung einer leidensgerechten Beschäftigung aber weiterhin jedenfalls vortragen, dass ihm die Erbringung der bislang geleisteten Arbeit nicht mehr möglich ist und unter Hinweis auf ärztliche Bescheinigungen widerspruchsfrei geltend machen, welche Fähigkeiten ihm noch verblieben sind (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 44 ff.; explizit auch: Boecken/ Düwell/ Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, § 82 SGB IX Rn. 19). Mit anderen Worten: Die Initiativlast für die Zuweisung einer anderweitigen leidensgerechten Tätigkeit liegt in jedem Fall beim Kläger (vgl. auch BAG vom 13.8.2009, 6 AZR 330/08, Rn. 34 f.).
Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich hier, dass den Akten ein erfolgloses Umsetzungsverlangen oder auch eine Initiative des Klägers im beschriebenen Sinn zur Zuweisung einer im Verhältnis zur ursprünglichen Tätigkeit anderweitigen Arbeit nicht entnommen werden kann. Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, seine bis zum Unfall ausgeübte Tätigkeit u.a. als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Eine nach Auffassung des Gerichts (s.o.) gegebene Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit akzeptiert der Kläger nicht und hat daher zu keiner Zeit bei seinem Arbeitgeber die Zuweisung einer dementsprechenden leidensgerechten anderen Tätigkeit verlangt. Entsprechende Aufforderungen finden sich weder in der Streitakte noch in der beigezogenen Akte. Insbesondere hat der Kläger dazu keinen entscheidenden Sachvortrag im zur Frage eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes nachgelassenen Schriftsatz erbracht. Der Vortrag in den Kündigungsschutzverfahren war erkennbar kein konkretes Arbeitsangebot bzw. Verlangen nach Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit, sondern ein Vortrag zur Begründung der Unwirksamkeit der jeweiligen Kündigung wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Bestehen irgendeiner bzw. einer höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeit). Ein Verlangen nach Zuweisung einer (auch) vom Kläger als leidensgerecht angesehenen anderweitigen Beschäftigung kann darin nicht erkannt werden. Das gilt schließlich auch für die Dokumentation. Der Kläger hat bis zuletzt daran festgehalten, als Programmierer auch im sicherheitsrelevanten Bereich fortbeschäftigt zu werden und die eingeholten Gutachten anders als die Beklagte und die Gerichte verstanden. Andere Arbeitsmöglichkeiten - auch die Dokumentation - wurden daher klägerseits auch nur unter dem Vorbehalt genannt, dass eine Umsetzung überhaupt gerechtfertigt ist (vgl. S. 5 der Klage im beigezogenen Verfahren). Darin aber liegt kein Verlangen nach anderer Arbeit im aufgezeigten Sinn, da der Kläger ja eigentlich gar keine Veränderung hin zu einer leidensgerechten Beschäftigung möchte.
Ein Schadensersatz wegen Nichtzuweisung einer solchen leidensgerechten Beschäftigung scheidet daher hier ebenfalls aus.
Am gefundenen Ergebnis ändert sich auch bei Berücksichtigung der Argumentation des Klägers nichts, wonach ein Angebot einer leidensgerechten Beschäftigung gem. § 281 II BGB entbehrlich gewesen sei, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte. Bei § 281 II BGB geht es um die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung u.a. bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung. An eine solche Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH vom 12.2.2014, XII ZR 76/13). Hier geht es jedoch gar nicht um eine erforderliche und nur ggf. entbehrliche Fristsetzung, sondern darum, ob der Kläger die von der Beklagten als Schuldnerin zu erbringende Leistung, nämlich die Zurverfügungstellung einer die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers berücksichtigenden und eben leidensgerechten Beschäftigung, geltend gemacht hat, was wie aufgezeigt gerade nicht der Fall ist. Erst nach Geltendmachung einer anderweitigen, die bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen berücksichtigenden Tätigkeit könnte die Beklagte deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09, Rn. 34).
Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 I ZPO.
Der Streitwert wurde gem. §§ 61 I ArbGG, 3 ZPO festgesetzt.
Ein gesetzlich begründeter Anlass für eine gesonderte Berufungszulassung bestand nicht,§ 64 III ArbGG.