Arbeitsgericht Stuttgart Urteil, 07. Apr. 2017 - 26 Ca 1506/16

published on 07/04/2017 00:00
Arbeitsgericht Stuttgart Urteil, 07. Apr. 2017 - 26 Ca 1506/16
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Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, auf dem Arbeitszeitkonto (Mitarbeiterkonto) des Klägers eine Zeitgutschrift in Höhe von 35 Stunden im Saldo (MK gesamt) vorzunehmen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 944,55 Euro festgesetzt.

4. Die Berufung wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten zuletzt über einen Anspruch des Klägers auf Gutschrift von Zeiten auf das für ihn geführte Arbeitszeitkonto wegen eines Anspruchs des Klägers auf bezahlte Freistellung nach dem Bildungszeitgesetz des Landes Baden-Württemberg vom 17. März 2015 (künftig: BzG BW).
Der am ... geborene Kläger ist bei der Beklagten, einem Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, seit dem 1984 als Anlagenbediener beschäftigt. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Bestandteile erreichte der Kläger zuletzt - ohne Berücksichtigung von Zuschlägen für Schichtarbeit - ein monatliches Entgelt von 4.108,81 Euro brutto bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. Eine Arbeitspflicht an Sonntagen besteht nicht. Der Kläger ist Mitglied des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats und Mitglied der IG Metall.
Unter Verwendung eines hierfür vorgesehenen Formulars (Anlage K1, Bl. 18 d. Akten) beantragte der Kläger unter dem Datum 23. Juni 2016 für den Zeitraum 11. bis 16. Dezember 2016 seine Freistellung nach § 7 BzG BW für die Bildungsmaßnahme „Aktiv im Betrieb“ des IG Metall Bildungszentrums L. Aus dem Programm des Bildungszentrums L ergibt sich für dieses Seminar der folgende Inhalt:
„Aktiv im Betrieb
Arbeitnehmer (innen) und ihre gewählten betrieblichen Interessenvertretungen haben viele formelle Möglichkeiten, Einfluss auf die Arbeitsbedingungen zu nehmen. Zumindest theoretisch. Praktisch stellt sich diese Einfluss oft sehr schwierig dar und nicht selten bewahrheitet sich ein altes Sprichwort: Recht haben ist eine Sache - Recht bekommen eine ganz andere.
In unserem Seminar „Aktiv im Betrieb“ dreht sich alles darum, es nicht soweit kommen zu lassen. Wir beschäftigen uns mit grundlegenden Rechten der Beschäftigten, dem (dualen) System der betrieblichen Interessenvertretung und der Frage, was sowohl Beschäftigte als auch Interessenvertreter(innen) gemeinsam für menschengerechte Arbeitsbedingungen tun können. Dazu analysieren wir unterschiedliche betriebliche und gesellschaftliche Regelungsebenen für gute Arbeit im Betrieb, beschäftigen uns mit Fragen einer erfolgreichen innerbetrieblichen Informationspolitik sowie mit den Basics für eine gelungene Kommunikation untereinander.
Vor dem Hintergrund dieser Inhalte erweitern wir unseren Blick auf die gesellschaftspolitische Dimension: Welche Rolle haben Beteiligung und Mitbestimmung für eine demokratische Gesellschaft? Welche Möglichkeiten haben Arbeitnehmer(innen), ihre Interessen über den Betrieb hinaus wahrzunehmen und durchzusetzen?
Themen im Seminar
- Mitwirkungsmöglichkeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie ihre Interessenvertretungen
- innerbetrieblichen Informationspolitik
- Beteiligungsmöglichkeiten der Beschäftigten in der Betriebsversammlung
- Erkennen betrieblicher und gesellschaftlicher Regelungsebenen für gute Arbeit im Betrieb
- gesellschaftspolitische Bedeutung der betrieblichen Beteiligung von Beschäftigten und ihren Interessenvertreterinnen und Vertretern
- aktive Beteiligung in Betrieb und Gesellschaft“
10 
Das Seminar wendet sich nach dem Inhalt des Bildungsprogramms an „interessierte Arbeitnehmer(innen), Mitglieder des Betriebsrates, der Jugend- und Auszubildenden- sowie Schwerbehindertenvertretung“. Die Kosten (Hotel-, Verpflegungs- und eigentliche Seminarkosten) betrugen insgesamt 1.575,50 Euro (inkl. MwSt.). Für deren Mitglieder übernimmt die IG Metall die Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Fahrtkosten und die Seminarkosten. Der „Themenplan“ (Bl. 22 d. Akte) für dieses Seminar sieht folgenden Ablauf und zeitliche Gestaltung vor:
11 
„Montag
V       
Seminareinstieg
Persönliche Motive und Erfahrungen für das eigene Engagement für gute Arbeitsbedingungen im Betrieb
N       
Das duale System der betrieblichen Interessenvertretung: Rechtliche Grundlagen einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Beschäftigten und
ihren gewählten Vertretern
Dienstag
V       
Grundlegende Rechte der Beschäftigten und ihrer betrieblichen Interessenvertreter(innen)
N       
Gemeinsam Handeln für gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen und zukunftssichere Arbeitsplätze
Mittwoch
V       
Miteinander reden: Grundlagen einer gelungenen Kommunikation im betrieblichen Alltag zwischen Beschäftigten und Interessensvertretern
N       
Tue Gutes und rede darüber - betriebliche Verständigung und Kommunikation
Donnerstag
V       
Die Betriebsversammlung als Ort der (betriebs-)politischen Diskussion zwischen Geschäftsleitung, Beschäftigten und ihren Interessenvertretern
N       
Thematische Arbeit in Gruppen: Wie können Betriebsversammlungen gestaltet werden, dass der Informationsaustausch zwischen den betrieblichen
Akteuren (Arbeitgeber, Betriebsrat, Beschäftigte) erreicht werden kann?
Freitag
V       
Beteiligungs- und Beratungsfunktion von Gewerkschaften/der IG Metall für aktive Beschäftigte; Bildungsmöglichkeiten
N       
Seminarrückblick und Ausblick
Die zeitlichen Komponenten der einzelnen Seminareinheiten sind so gestaltet, dass die Vorgaben nach Bildungszeitgesetz, durchschnittlich mindestens 6 Zeitstunden
pro Tag, erreicht werden.“
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Mit Schreiben vom 21. Juli 2016 lehnte die Beklagte die Gewährung von Bildungszeit ab, weil die gewählte Bildungsmaßnahme nicht den Themenbereichen des § 1 BzG BW und damit nicht die Anforderungen des § 6 Abs. 1 BzG BW erfülle (Bl. 20 d. Akte).
13 
Mit der am 27. Oktober 2016 beim Arbeitsgericht Stuttgart, Kammern Ludwigsburg, eingereichten Klage begehrte der Kläger zunächst die Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung vom 11. bis 16. Dezember 2016 zum Zwecke der Teilnahme am Seminar „Aktiv im Betrieb“.
14 
Im Gütetermin vom 7. Dezember 2016 verständigten sich die Parteien darauf, einerseits dem Kläger ein Fernbleiben von der Arbeit vom 12. (Montag) bis 16. Dezember 2016 (Freitag) zum Zwecke der Teilnahme am Seminar zu gestatten und andererseits eine gerichtliche Entscheidung über die Verpflichtung der Beklagten zur Entgeltzahlung im Zeitraum 12. bis 16. Dezember 2016 herbeiführen zu wollen. Daraufhin beantragte der Kläger noch am selben Tag unter Verwendung des hierfür vorgesehenen Formulars die Freistellung im Zeitraum 12. bis 16. Dezember 2016 zum „Abbau Mitarbeiterkonto (MK)“ (Bl. 36 d. Akte). Die Beklagte stellte den Kläger auf seinen Antrag unter Fortzahlung der Vergütung frei und zog ihm 35 Stunden aus dem Mitarbeiterkonto ab.
15 
Im Zeitraum 12. bis 16. Dezember 2016 nahm der Kläger am Seminar „Aktiv im Betrieb“ teil (Teilnahmebescheinigung vom 16. Dezember 2016; Bl. 35 d. Akte).
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Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2016 stellte der Kläger seinen Klageantrag auf Gutschrift von 35 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto um.
17 
Der Kläger meint im Wesentlichen, er habe Anspruch auf bezahlte Freistellung für die Teilnahme am Seminar „Aktiv im Betrieb“. Die gesetzlichen Voraussetzungen lägen vor. Der Kläger habe ordnungsgemäß einen Antrag für eine unter das BzG BW fallende Bildungsmaßnahme gestellt. Das Seminar wende sich an jedermann, weshalb auch kein Anspruchsausschluss bestehe.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
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die Beklagte zu verurteilen, auf dem Arbeitszeitkonto (Mitarbeiterkonto) des Klägers eine Zeitgutschrift in Höhe von 35 Stunden im Saldo (MK gesamt) vorzunehmen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte meint im Wesentlichen, der Kläger habe schon keinen ausreichenden Antrag gestellt. Vergleiche man zudem das BzG BW mit ähnlichen Gesetzen anderer Bundesländer so zeige sich, dass der Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg von einem engen Politikbegriff ausgegangen sei. Das vom Kläger besuchte Seminar „Aktiv im Betrieb“ falle schon deshalb nicht in den Anwendungsbereich des BzG BW. Selbst wenn man von einem weiten Politikbegriff ausgehe, falle der Seminarinhalt nicht unter die „politische Weiterbildung“ iSd. BzG BW. Im Übrigen wende sich das Seminar nicht an jedermann, sondern infolge des mittelbaren Zugangshindernisses „Seminarkosten“ nur an Gewerkschaftsmitglieder.
23 
Im Kammertermin vom 7. April 2017 haben die Parteien nochmals übereinstimmend klargestellt bzw. sich insoweit geeinigt, als dem Kläger dann ein Anspruch auf Zeitgutschrift zustehe, wenn die Voraussetzungen nach dem BzG BW für die besuchte Maßnahme vorliegen.
24 
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens im Einzelnen wird auf die gewechselten Schrift-sätze nebst Anlagen und auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 7. Dezember 2016 und 7. April 2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
25 
Die Klage hat Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf die von der Beklagten vorzunehmende Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto (Mitarbeiterkonto) infolge eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Zeitraum 12. bis 16. Dezember 2016 nach § 1 Abs. 1 BzG BW.
I.
26 
Die Klage ist zulässig. Insbesondere mangelt es dem Antrag nicht an der notwendigen streitgegenständlichen Bestimmtheit.
27 
1. Der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können. Gleichermaßen kann der Arbeitnehmer die Korrektur eines oder mehrerer auf seinem Arbeitszeitkonto ausgewiesener Salden beantragen (BAG 10. November 2010 - 5 AZR 766/09 - Rn. 11 mwN, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 3; 17. November 2011 - 5 AZR 681/09 -; BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 - Rn. 27, NZA 2012, 281). Allerdings ist dafür eine Konkretisierung des Leistungsbegehrens dahingehend erforderlich, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll (vgl. BAG 28. September 2016 - 7 AZR 248/14 - Rn. 21, NZA 2017, 335; 29. Juni 2016 - 5 AZR 617/15 - Rn. 14, AP BGB § 615 Nr. 148; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 10, AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Nr. 5; 21. März 2012 - 5 AZR 670/11 - Rn. 15, AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 37).
28 
2. Unstreitig führt die Beklagte zugunsten des Klägers zwei Arbeitszeitkonten (Betriebsvereinbarung zur „Flexiblen Arbeitszeit“ vom 30. Mai 2014, kurz: BV Flex ArbZ; Bl. 66-80 d. Akte), auf denen noch Gutschriften erfolgen können. Der Kläger hat das maßgebliche Konto ausreichend individualisiert und dazu angegeben, dass die Gutschrift auf dem Mitarbeiterkonto (Ziffer 3.2 der BV Flex ArbZ) erfolgen soll. Der Kläger hat den Umfang der begehrten Gutschrift und die Stelle, an welcher die Gutschrift erfolgen soll, genügend mit „Saldo (MK gesamt)“ angegeben. Damit ist der Antrag ausreichend bestimmt.
II.
29 
Die Klage ist vollumfänglich begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Wiedergutschrift von 35 Stunden im Saldo seines Mitarbeiterkontos. Die Beklagte hat zu Unrecht 35 Stunden vom Mitarbeiterkonto des Klägers wegen der Seminarteilnahme in Abzug gebracht bzw. bisher noch nicht wieder gutgeschrieben.
30 
1. Geht es um die Korrektur der Arbeitszeiterfassung auf einem Arbeitszeitkonto, kommt dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos aus § 611 Abs. 1 BGB zu, wenn das Arbeitszeitkonto den Vergütungsanspruch nach der zugrunde liegenden Abrede verbindlich bestimmt(BAG 27. März 2014 - 6 AZR 621/12 - Rn. 21, ZTR 2014, 409; 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 21, ZTR 2014, 215). Ein Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestandes nicht erbringen musste. Es drückt damit - in anderer Form - seinen Vergütungsanspruch aus (vgl. BAG 23. September 2015 - 5 AZR 767/13 - Rn. 20, NZA 2016, 295; 18. März 2014 - 1 ABR 75/12 - Rn. 20, BAGE 147, 313; 21. März 2012 - 6 AZR 560/10 - Rn. 21, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 6; 16. Juli 2014 - 10 AZR 242/13 - Rn. 16, ZTR 2014, 609). Die nachträgliche Gutschrift auf einem Arbeitszeitkonto setzt voraus, dass der Arbeitnehmer Arbeitsstunden erbrachte oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste und diese bisher nicht vergütet und nicht in das Arbeitszeitkonto eingestellt wurden (vgl. BAG 29. Juni 2016 - 5 AZR 617/15 - Rn. 17, AP BGB § 615 Nr. 148). Wegen der Dokumentationsfunktion des Arbeitszeitkontos darf der Arbeitgeber nicht ohne Befugnis korrigierend in ein Arbeitszeitkonto eingreifen und dort eingestellte Stunden streichen. Kürzt oder streicht der Arbeitgeber zu Unrecht ein Guthaben auf einem Arbeitszeitkonto, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf (Wieder-)Gutschrift der gestrichenen Stunden (BAG 31. Juli 2014 - 6 AZR 759/12 - Rn. 20, NZA-RR 2015, 28; 21. März 2012 - 5 AZR 676/11 - Rn. 20, 25 f., BAGE 141, 88).
31 
2. Die Beklagte ist danach verpflichtet, dem Mitarbeiterkonto im Saldo 35 Stunden gutzuschreiben. Dies allerdings noch nicht deshalb, weil die Beklagte den Kläger überhaupt auf seinen Antrag freigestellt hat. Erfüllt der Arbeitgeber den Anspruch auf Freistellung, indem er auf den Antrag des Arbeitnehmers die Freistellung nach dem BzG BW für einen bestimmten Zeitraum zum Besuch einer Bildungsveranstaltung erklärt, so hat der Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BzG BW den Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte, wenn er der Arbeit ferngeblieben ist und die Veranstaltung besucht hat; auf den Inhalt der Veranstaltung kommt es dann nicht mehr an (vgl. zum AWbG NRW: BAG 11. Mai 1993 - 9 AZR 231/89 - zu II der Gründe, BAGE 73, 135). Vorliegend hat die Beklagte den Kläger aber nicht auf seinen Antrag auf Freistellung nach dem BzG BW, sondern auf seinen Antrag auf Freistellung unter Anrechnung aus dem Mitarbeiter-Zeitkonto freigestellt. Die Parteien haben sich bereits im Gütetermin darauf verständigt (siehe Protokoll des Kammertermins), dass die Frage der Entgeltzahlungspflicht gerichtlich geklärt werden und dementsprechend der Kläger einen Anspruch auf (Wieder-)Gutschrift von ausgebuchten Stunden haben soll, wenn die Voraussetzungen nach dem BzG BW in Bezug auf das von ihm besuchte Seminar „Aktiv im Betrieb“ vorliegen. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hat im Zeitraum 12. bis 16. Dezember 2016 einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung infolge seines Seminarbesuchs nach § 1 ff. BzG BW.
32 
a) Der Kläger ist Arbeitnehmer der Beklagten und damit nach § 2 Abs. 1 Beschäftigter, also Anspruchsberechtigter iSd. § 1 Abs. 1 BzG für die Inanspruchnahme von Bildungszeit. Ebenso hat der Kläger die Wartezeit (zwölfmonatiger Bestand des Beschäftigungsverhältnisses) nach § 4 BzG BW erfüllt. Unstreitig ist das IG Metall Bildungszentrum L eine nach §§ 9, 10 BzG BW anerkannte Bildungseinrichtung.
33 
b) Der Kläger hat auch das nach § 7 Abs. 1 BzG BW vorgesehene Verfahren für die Inanspruchnahme von Bildungszeit eingehalten und dazu spätestens acht Wochen vor Beginn der Bildungsmaßnahme den Anspruch auf Bildungszeit schriftlich geltend gemacht. Auch wenn der Kläger im Antrag einen Zeitraum vom 11. Dezember (Sonntag) bis 16. Dezember 2016 (Freitag) nennt, so ergibt sich ohne Weiteres aus dem Umstand der fehlenden Arbeitspflicht an Sonntagen, dass der Kläger mit seinem Antrag auch nur einen Anspruch von fünf Arbeitstagen - also den maximalen Anspruch nach § 3 Abs. 1 BzG BW - auf Bildungszeit, dh. bezahlte Freistellung, gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat.
34 
c) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dem Seminar „Aktiv im Betrieb“ des IG Metall Bildungszentrums L auch im Übrigen um eine Bildungsmaßnahme nach § 6 Abs. 1 BzG BW. Das Seminar wurde unstreitig als Veranstaltung durchgeführt, die durchschnittlich einen Unterrichtsumfang von mindestens sechs Zeitstunden pro Tag umfasste, § 6 Nr. 4 BzG BW. Zudem entsprach die Bildungsmaßnahme dem Themenbereichen des § 1 BzG BW (§ 6 Nr. 2 BzG BW). Neben Maßnahmen für die berufliche Weiterbildung und für die Qualifizierung zur Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten kann Bildungszeit auch für Maßnahmen der politischen Weiterbildung in Anspruch genommen werden, § 1 Abs. 2 BzG BW. Nach § 1 Abs. 4 BzG BW dient die politische Weiterbildung der Information über politische Zusammenhänge und der Mitwirkungsmöglichkeit im politischen Leben. Diesem Informationsziel entsprach die vom Kläger besuchte Veranstaltung.
35 
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz für Nordrhein-Westfalen vom 6. November 1984 (AWbG) dient eine Veranstaltung dann dem Ziel der politischen Weiterbildung, wenn das Verständnis der Arbeitnehmer für gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge verbessert sowie die in einem demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mitsprache und Mitverantwortung in Staat, Gesellschaft und Beruf gefördert werden soll. Dazu ist erforderlich, dass nach dem Didaktischen Konzept der Veranstaltung sowie der zeitlichen und sachlichen Ausrichtung der einzelnen Lerneinheiten das Erreichen dieses Ziels uneingeschränkt ermöglicht wird (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 21, juris; 19. Mai 1998 - 9 AZR 395/97 - zu I 1 der Gründe, EzB AWbG § 1 Nr. 74; 9. Mai 1995 - 9 AZR 185/94 - zu III 1 der Gründe, BAGE 80, 94). Diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts lässt sich auf das BzG BW übertragen. Zwar hat der Landesgesetzgeber in Nordrhein-Westfalen in § 1 Abs. 4 AWbG ausdrücklich aufgenommen, dass durch die politische Arbeitnehmerweiterbildung das Verständnis der Beschäftigten für gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge verbessert und die in einem demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mitsprache und Mitverantwortung in Staat, Gesellschaft und Beruf gefördert werden soll. Durch die in § 1 Abs. 4 BzG BW gewählte Formulierung „politische Zusammenhänge“ und „Mitwirkungsmöglichkeiten im politischen Leben“ hat der Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg jedoch keine Einschränkung auf Informationsinhalte über staatsbürgerliche Rechte und Pflichten vorgenommen, sondern „politische Weiterbildung“ in einem sehr viel weiteren, auch Fragen der Mitwirkung und Mitverantwortung in Gesellschaft und Beruf erfassenden Sinne verstanden(ebenso: ArbG Lörrach 24. August 2016 - 5 Ca 198/16 - nV). Dies ergibt die Auslegung der Norm.
36 
(1) Schon aus dem Wortlaut, „politische Weiterbildung dient der Information über politische Zusammenhänge und der Mitwirkungsmöglichkeit im politischen Leben“, ergibt sich keine Einschränkung auf einen engen Politikbegriff im Sinne staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten. Der Begriff „Politik“ stammt vom griechischen Wort „polis“ ab. Die Polis bezeichnete die Gemeinde der Bürger und deren Verbund. Schon aus diesem Wortursprung wird deutlich, dass mit dem Begriff „Politik“ Fragen des Gemeinwohls weitergehend angesprochen sind. Politik bezeichnet alle Maßnahmen, die sich auf die Führung einer Gemeinschaft beziehen und eine Methode, bestimmte eigene Vorstellungen gegen andere Interessen durchzusetzen (vgl. Duden, Bedeutungswörterbuch „Politik“). Sie umfasst allgemein jegliche Einflussnahme, Gestaltung und Durchsetzung von Forderungen und Zielen in privaten oder öffentlichen Bereichen (siehe Wikipedia „Politik“). Dementsprechend fallen auch solche Inhalte unter den Begriff der „politischen“ Zusammenhänge oder des „politischen“ Lebens, welche gesellschaftliche und soziale Dimensionen des Gemeinwesens betreffen und über Mitwirkungsmöglichkeiten in Gesellschaft und Beruf unterrichten. Dem Gesetzeswortlaut kann keine Einschränkung des Politikbegriffs entnommen werden. Vielmehr wurde das Gesetz am 17. März 2015 verkündet, weshalb schon deshalb davon auszugehen ist, dass der Landesgesetzgeber von einem modernen, weiten Politikbegriff ausgegangen ist.
37 
(2) Auch aus Sinn und Zweck des Gesetzes und einer völkerrechtskonformen Auslegung folgt, dass „politische Weiterbildung“ iSv. § 1 Abs. 4 BzG BW weit über die Vermittlung von Inhalten zu staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten hinaus, auch Inhalte umfasst, die das Verständnis der Arbeitnehmer für gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge verbessern sowie die in einem demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mitsprache und Mitverantwortung in Staat, Gesellschaft und Beruf fördern soll. Damit bewegt sich der Landesgesetzgeber in dem durch das Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Rahmen, dh. eine weite Auslegung des Begriffs „politische Weiterbildung“ ist auch verfassungskonform.
38 
(a) Der Landesgesetzgeber verfolgt mit dem BzG BW das Ziel, die Weiterbildungsbereitschaft von Beschäftigten in Baden-Württemberg zu erhöhen und zu fördern (Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 15/6403 S. 1). Vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklung, des strukturellen Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft und der demographischen Veränderungen gewinnt vor allem die berufliche Weiterbildung zunehmend an Bedeutung. Daneben geht es in einem funktionierenden demokratischen Gemeinwesen aber auch um die gesellschaftliche Teilhabe seiner Bürgerinnen und Bürger. Deshalb sind nach dem Willen des Gesetzgebers auch die politische Bildung und die Stärkung des ehrenamtlichen Engagements Bestandteil des Gesetzes geworden (Drucks. 15/6403 S. 1, 10). Der Landesgesetzgeber verfolgt ausdrücklich das Ziel, mit der politischen Weiterbildung der Information über gesellschaftliche Zusammenhänge und der Verbesserung der Teilhabe und Mitwirkung am gesellschaftlichen und politischen Leben zu dienen. Diese elementare Grundlage für ein funktionierendes demokratisches Gemeinwesen soll explizit gestärkt werden (Drucks. 15/6403 S. 11). Nach Einschätzung des Landesgesetzgebers dient auch die politische Weiterbildung der Persönlichkeitsentwicklung des Beschäftigten, die sich positiv auf die betrieblichen Belange auswirken kann (Drucks. 15/6402 S. 11). Deshalb versteht des Landesgesetzgeber unter politischer Weiterbildung die Befähigung zur Teilhabe und Mitwirkung am politischen Leben, worunter auch die Teilnahme an Tagungen, Lehrgängen und Veranstaltungen fallen soll, die staatsbürgerlichen Zwecken dienen oder an denen ein öffentliches Interesse besteht (Drucks. 15/6403 S. 13). Damit verfolgt der Gesetzgeber - wenn er ausdrücklich auch Veranstaltungen nennt, an denen bzw. an deren Inhalten ein öffentliches Interesse besteht - ein sehr viel weitergehendes Ziel als die bloße Unterrichtung über staatsbürgerliche Rechte und Pflichten. Vielmehr soll umfassend, anknüpfend an das Gemeinwohl, die Teilhabe in der Gesellschaft gefördert werden. Mitsprache und Mitverantwortung in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen, dh. auch im Beruf soll zur Stärkung des Gemeinwesens gefördert werden.
39 
(b) Das so gefundene Ergebnis entspricht auch einer völkerrechtskonformen Auslegung.
40 
(aa) Mit dem BzG BW will der Landesgesetzgeber ausdrücklich das Übereinkommen Nr. 140 der Internationalen Arbeitsorganisation über den bezahlten Bildungsurlaub vom 24. Juni 1974 (ILO Übereinkommen Nr. 140) umsetzen (Drucks. 15/6403 S. 10). Danach haben sich die Unterzeichnerstaaten verpflichtet, gesetzliche Regelungen zur Bildungsfreistellung zu schaffen. Nachdem jedoch die Bundesrepublik ihrer Verpflichtung hierzu bislang nicht nachgekommen ist, haben mehrere Bundesländer - hierunter nunmehr auch Baden-Württemberg - von ihrer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz (Art. 74 Nr. 12 GG) Gebrauch gemacht.
41 
(bb) Nach der deutschen Fassung des Art. 2 des ILO Übereinkommens Nr. 140 hat jedes Mitglied eine Politik festzulegen und durchzuführen, die dazu bestimmt ist, mit Methoden, die den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten angepasst sind, und zwar nötigenfalls schrittweise, die Gewährung von bezahltem Bildungsurlaub zu fördern, und zwar zum Zwecke a) der Berufsbildung auf allen Stufen, b) der allgemeinen und politischen Bildung, c) der gewerkschaftlichen Bildung. Nach Art. 10 des ILO Übereinkommens Nr. 140 können die Voraussetzungen für die Gewährung von bezahltem Bildungsurlaub unterschiedlich sein, je nachdem, ob der bezahlte Bildungsurlaub einem der folgenden Zwecke dienen soll: a) der Berufsbildung auf allen Stufen, b) der allgemeinen und politischen Bildung bzw. c) der gewerkschaftlichen Bildung. Schon nach dem Wortlaut der deutschen Fassung ergibt sich kein Hinweis darauf, dass das Völkerrecht, dh. das ILO Übereinkommen Nr. 140 eine politische Bildung zu staatsbürgerlichen Fragen verlangt bzw. vor Augen hat. Nach Art. 10 Buchst. b des ILO Übereinkommens Nr. 140 wird die allgemeine und die politische Bildung gemeinsam genannt. Schon mit der deutschen Fassung des ILO Übereinkommens Nr. 140 wäre eine verengende Auslegung von „politische Weiterbildung“ als Weiterbildung zu staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten nicht zu vereinbaren. Vor allem ergibt sich aus Art. 3 Buchst. b des ILO Übereinkommens, dass die nach Art. 2 festzulegende und durchzuführende Politik, falls erforderlich auf verschiedene Weise, einen Beitrag zur sachkundigen und aktiven Beteiligung der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter am Geschehen im Betrieb und in der Gemeinschaft und (Buchst. c) zum persönlichen, sozialen und kulturellen Fortschritt der Arbeitnehmer zu leisten hat. Dies setzt ein weites Verständnis von „politischer Bildung“ gerade voraus.
42 
(cc) Die Auslegung des ILO Übereinkommens Nr. 140 selbst hat allerdings nach völkerrechtlichen Grundsätzen und in erster Linie im Wege der authentischen Interpretation (vgl. dazu bspw.: BFH 25. Oktober 2006 - I R 81/04 - Rn. 20, BFHE 215, 237) zu erfolgen, dh. maßgeblich kann nur die französische und die englische Sprachfassung sein (Art. 19 ILO Übereinkommen Nr. 140). Art. 2 der englischen Sprachfassung spricht nicht von „politischer“ Bildung, sondern von „general, social and civic education“ (Buchst. b). Art. 10 der englischen Sprachfassung sieht vor, dass die Voraussetzungen für den bezahlten Bildungsurlaub unterschiedlich sein können, je nachdem, ob dieser vorgesehen ist für „a) training at any level, b) general, social or civic education or c) trade union education“. Aus der maßgeblichen englischen Textfassung ergibt sich aus Art. 2 und Art. 10 des ILO Übereinkommens Nr. 140 ein sehr breiter Bereich für mögliche Bildungsinhalte, insb. auch für soziale (social) und bürgerliche (civic), nicht notwendig staatsbürgerliche Inhalte. Indem in der deutschen Textfassung stattdessen lediglich von „politischer Bildung“ gesprochen wird, zeigt sich, dass diesem Begriff von „politischer Bildung“ ein weites Verständnis zugrunde liegt; nur ein weites Verständnis wird einer authentischen Interpretation gerecht. Wenn der Landesgesetzgeber, wie dies aus den Gesetzesmaterialen ersichtlich ist, von einem weiten Verständnis von „politischer Weiterbildung“ ausgegangen ist, so deckt sich dieses weite Verständnis mit der völkerrechtlichen Verpflichtung, welche die Bundesrepublik Deutschland eingegangen ist.
43 
(c) Mit einem weiten Verständnis von politischer Weiterbildung und der Anknüpfung am öffentlichen Interesse bzw. dem Gemeinwohl verlässt der Landesgesetzgeber auch nicht den verfassungsrechtlichen Rahmen. Wie das Bundesverfassungsgericht schon ausgeführt hat, hilft die Weiterbildung dem Einzelnen, die Folgen des Wandels beruflich und sozial besser zu bewältigen. Wirtschaft und Gesellschaft erhält sie die erforderliche Flexibilität, sich auf veränderte Lagen einzustellen. Da bei Arbeitnehmern die Bereitschaft zur Weiterbildung schon wegen der begrenzten Verfügung über ihre Zeit und des meist engeren finanziellen Rahmens nicht durchweg vorausgesetzt werden kann, liegt es im Interesse des Allgemeinwohls, die Bildungsbereitschaft dieser Gruppe zu verbessern. Unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohls begegnet es auch keinen Bedenken, dass Bildungsurlaub nicht nur für berufsbildende, sondern auch für politisch bildende Veranstaltungen vorgesehen ist. Der technische und soziale Wandel bleibt in seinen Auswirkungen nicht auf die Arbeits- und Berufssphäre beschränkt. Er ergreift vielmehr auch Familie, Gesellschaft und Politik und führt zu vielfältigen Verflechtungen zwischen diesen Bereichen. Daraus ergeben sich zwangsläufig Verbindungen zwischen beruflicher und politischer Bildung, die der Gesetzgeber bei der Verfolgung seines Ziels berücksichtigen durfte. Es liegt daher im Gemeinwohl, neben dem erforderlichen Sachwissen für die Berufsausübung auch das Verständnis der Arbeitnehmer für gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge zu verbessern, um damit die in einem demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mitsprache und Mitverantwortung in Staat, Gesellschaft und Beruf zu fördern (vgl. BVerfG 15. Dezember 1987 - 1 BvR 563/85, 1 BvR 582/85, 1 BvR 974/86, 1 BvL 3/86 - zu C II 2 a der Gründe, BVerfGE 77, 308). Diese Bewertung gilt uneingeschränkt auch für das BzG BW. Es ist davon auszugehen, dass der Landesgesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht den Begriff der „politischen Weiterbildung“ verwendet, wofür besonders spricht, dass Tagungen erfasst sein sollen, an denen ein öffentliches Interesse besteht (Drucks. 15/6403 S. 13).
44 
(3) Der Beklagten kann auch nicht darin gefolgt werden, infolge des Fehlens eines Maßnahmenanerkennungsverfahrens nach dem BzG BW, dh. aus systematischen Gründen müsse von einem engen Verständnis des Begriffs „politische Weiterbildung“ ausgegangen werden.
45 
(a) Richtig ist zunächst im Ausgangspunkt dass im BzG BW nur eine Trägeranerkennung (§ 9 BzG BW) und ein dazu geschaffenes Trägeranerkennungsverfahren (§ 10 BzG BW), nicht aber eine Maßnahmenanerkennung und ein dazugehöriges Verfahren statuiert wurde. Damit ist die Frage, ob eine vom Arbeitnehmer besuchte bzw. zu besuchende Veranstaltung eine solche im Themenbereich des § 1 BzG BW war bzw. ist und der Arbeitnehmer daher Anspruch auf bezahlte Freistellung zum Besuch dieser Veranstaltung hat, im Streitfall von der Gerichten für Arbeitssachen zu klären.
46 
(b) Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt aber aus der in anderen Landesgesetzen (bspw. Bildungsgesetz Hessen) zu findenden Maßnahmenanerkennung gerade nicht, dass mit der Anerkennung der Maßnahme auch über die Voraussetzungen des Bestehens eines Anspruchs auf bezahlte Freistellung entschieden wäre. Vielmehr folgt aus verfassungsrechtlichen Gründen, dass der Anerkennung einer Bildungsveranstaltung nach dem Recht anderer Bundesländer keine weitere Bedeutung als der eines zusätzlichen Tatbestandsmerkmals zukommt, weil anderenfalls die betreffenden Regelungen nicht mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG iVm. Art 12 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar wären. Folglich kann im Streitfall auch nach den Gesetzen anderer Bundesländer - von den Gerichten für Arbeitssachen - überprüft werden, ob eine thematisch umstrittene Bildungsveranstaltung inhaltlich den gesetzlichen Leitvorgaben entspricht (vgl. zum Bildungsurlaubsgesetz Hessen: BAG 9. Februar 1993 - 9 AZR 648/90 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 72, 200; 9. Februar 1993 - 9 AZR 203/90 - zu I 3 der Gründe, AP BildungsurlaubsG Hessen 1984 § 1 Nr. 1 = EzA HBUG § 9 Nr. 1). Damit sind die Anspruchsberechtigten nach den Landesgesetzen anderer Bundesländer nicht dadurch besser gestellt, dass die einzelne Maßnahme in einem gesetzlich bestimmten Verfahren anerkannt wurde. Vielmehr kann in diesem Fall weiter vom Arbeitgeber geltend gemacht werden, die einzelne Maßnahme sei keine in den Anwendungsbereich der maßgeblichen Norm fallende Veranstaltung. Deshalb gebietet es das Fehlen eines Maßnahmenanerkennungsverfahrens auch nicht, die Tatbestandsvoraussetzungen einer „politischen Weiterbildung“ eng bzw. einschränkend auszulegen. Ein gesetzliches Maßnahmenanerkennungsverfahren hat auf die Rechtsschutzmöglichkeiten von Arbeitgebern keinen Einfluss.
47 
(4) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich auch aus der Gesetzgebungshistorie kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber nur Tagungen, die über staatsbürgerliche Rechte und Pflichten unterrichten, unter den Begriff der „politischen Weiterbildung“ fassen wollte.
48 
(a) Richtig ist, dass sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, dass der Landesgesetzgeber im Rahmen der Regelungsfolgenabschätzung und Nachhaltigkeitsprüfung die tatsächliche Inanspruchnahme von Bildungsfreistellungen in anderen Bundesländern mit jährlich ca. einem Prozent der Anspruchsberechtigten herangezogen und angenommen hat, ein solcher Umfang der Inanspruchnahme von Bildungsfreistellungen sei (für die Anspruchsgegner) zumutbar (Drucks. 15/6403 S. 11).
49 
(b) Daraus folgt jedoch gerade nicht, dass der Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg von einem engeren Verständnis des Begriffs „politische Weiterbildung“ ausgegangen wäre. Vielmehr zeigt der angestellte Vergleich, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Bildungsurlaub in den - einen Anspruch vorsehenden - Bundesländern im Wesentlichen gleich sind. Der andernorts zu findende Umfang der Inanspruchnahme ist bei dieser Grundannahme folglich auch für eine Regelungsfolgenabschätzung für Baden-Württemberg tragfähig. Dies ist auch insoweit nachvollziehbar, als die mögliche Reichweite von Bildungsurlaubsregelungen verfassungsrechtlich determiniert (BVerfG 15. Dezember 1987 - 1 BvR 563/85, 1 BvR 582/85, 1 BvR 974/86, 1 BvL 3/86 - aaO) und davon auszugehen ist, dass der Landesgesetzgeber verfassungskonformes Recht schaffen will. Deshalb ergibt sich aus dem vom Gesetzgeber angestellten Vergleich gerade, dass er von einem weiten Anwendungsbereich des BzG BW und damit auch von einem weiten Verständnis des Begriffs der „politischen Weiterbildung“ ausgegangen ist.
50 
bb) Das vom Kläger besuchte Seminar „Aktiv im Betrieb“ fällt nach dem Vorstehenden unter die politische Weiterbildung und diente der Information über politische Zusammenhänge und der Mitwirkungsmöglichkeiten im politischen Leben iSv. § 1 Abs. 4 BzG BW. Dies hat der Kläger unter Vorlage der entsprechenden Seminarunterlagen dargelegt (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast: BAG 9. Februar 1993 - 9 AZR 203/90 - zu II der Gründe, aaO). Maßgeblich ist insoweit zunächst das vom Veranstalter herausgegebene Programm und dessen Erklärungen, bspw. im Einladungsschreiben (vgl. BAG 9. Mai 1995 - 9 AZR 185/94 - zu III 2 der Gründe, aaO). Das einwöchige Seminar informierte und forderte zur Mitwirkung zu Fragen guter Arbeitsbedingungen im Betrieb auf. Es informierte über das System der betrieblichen Interessenvertretung, über die Rechte der Beschäftigten und der Interessenvertreter, forderte zum gemeinsamen Handeln für gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen und zukunftssichere Arbeitsplätze und machte vor allem die betriebliche Kommunikation (insb. auch in der Betriebsversammlung) zum (mitzugestaltenden) Thema. Die gesellschaftspolitische Bedeutung der betrieblichen Beteiligung von Beschäftigten und ihren Vertretern wurde thematisiert. Damit wurde über den Bestand verschiedener Institutionen in Unternehmen und Betrieben und zu Fragen der betriebs-politischen Zusammenarbeit von Arbeitnehmern und ihren Interessenvertretern informiert. Der Kläger erfuhr damit zugleich Grundzüge über den Aufbau demokratisch legitimierter Vertretungen und deren Mitsprache auf betrieblicher Ebene. Für den Kläger als Seminarteilnehmer war damit ein Erkenntnisprozess verbunden, der nicht nur seinem Verständnis über seinen Standort im Betrieb diente. Die Verbesserung seines Wissensstandes über Mitsprache und Mitwirkung für gute Arbeitsbedingungen im Betrieb kommt auch mittelbar der Beklagten als Arbeitgeberin zugute, die mit besser informierten Arbeitnehmern neue Ziele in wirtschaftlicher und betrieblich-sozialer Hinsicht besser verwirklichen kann als mit gleichgültigen, an Veränderungen desinteressierten Mitarbeitern, auch wenn es vordergründig so scheint, als sei der weniger gebildete, uninformierte Arbeitnehmer bequemer und damit leichter zu führen. Es besteht ein öffentliches Interesse daran, dass Arbeitgeber und die bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer möglichst innovationsfähig und auf die Herausforderungen der künftigen Arbeitswelt gut vorbereitet sind. Unschädlich ist, dass der Themenplan auch die Stellung der Gewerkschaften und ihrer Funktionsträger im Betrieb vorsah. Den Gewerkschaften sind durch das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich bestimmte Aufgaben zugewiesen worden. Ein Seminar, das die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb zum Gegenstand hat, darf auch Stellung und Funktion der Gewerkschaften erörtern, soweit damit die betriebsverfassungsrechtliche Unterstützung der Gewerkschaften, nicht aber ihre allgemeinen Koalitionsaufgaben angesprochen werden (vgl. BAG 9. Februar 1993 - 9 AZR 648/90 - zu II 3 der Gründe, aaO). Letzteres ist - jedenfalls in einem nach § 6 Abs. 4 BzG BW schädlichem Umfang - aus dem Themenplan nicht ersichtlich und wird auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Entscheidend ist, ob insgesamt eine Veranstaltung der politischen oder beruflichen Weiterbildung stattgefunden hat (vgl. BAG 11. Mai 1993 - 9 AZR 289/89 - zu II der Gründe, BAGE 73, 138). Dies ist zu bejahen.
51 
d) Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt auch kein Ausschlussgrund nach § 6 Abs. 2 BzG BW vor, insbesondere war die Teilnahme nicht von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei, Gewerkschaft, einem Berufsverband, einer Religionsgemeinschaft oder einer ähnlichen Vereinigung abgängig gemacht worden, § 6 Abs. 2 Nr. 1 BzG BW.
52 
aa) Der Verwaltungsakt über die Anerkennung einer Bildungsstätte entfaltet allerdings weder Tatbestandswirkung noch begründet er eine Vermutung dafür, dass Veranstaltungen dieser Bildungseinrichtung für jedermann zugänglich sind. Die Zugänglichkeit für jedermann gehört zu den Tatbestandsmerkmalen des Entgeltfortzahlungsanspruchs und ist von demjenigen, der den Anspruch geltend macht, darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 26, aaO; 16. August 1990 - 8 AZR 654/88 - zu III 3 b aa der Gründe, BAGE 65, 352).
53 
bb) Die vom Kläger besuchte Veranstaltung stand dem in § 2 Abs. 1 BzG BW als anspruchsberechtigt bezeichneten Personenkreis offen. Weder unmittelbar noch mittelbar hat der Veranstalter die Teilnahme von der Gewerkschaftszugehörigkeit abhängig gemacht.
54 
(1) Wendet sich die Veranstaltung nur an Gewerkschaftsmitglieder, ist sie nicht für jedermann zugänglich. Zur Begründung der Jedermannzugänglichkeit genügt nicht der Hinweis im Bildungsprogramm des Trägers, dass die Veranstaltung auch anderen Personen als Gewerkschaftsmitgliedern offensteht. Er muss außerdem so verlautbart sein, dass auch nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer davon Kenntnis nehmen können (BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 29, aaO; 9. November 1993 - 9 AZR 9/92 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 75, 58). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Nach der Beschreibung des Seminars wendet sich dieses ausdrücklich an „interessierte Arbeitnehmer(innen), Mitglieder des Betriebsrates, der Jugend- und Auszubildenden- sowie der Schwerbehindertenvertretung“, nicht hingegen nur an Gewerkschaftsmitglieder. Das gesamte Programm des IG Metall Bildungszentrums wird über die Internetseite der IG Metall publik gemacht, dh. auch gewerkschaftlich nicht organisierte Arbeitnehmer können vom Programm Kenntnis nehmen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es hierbei völlig unerheblich, dass die Internetseite - selbstverständlich - mit dem Logo der IG Metall versehen ist. Dies schließt in keiner Weise aus, dass nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer das Programm zu Kenntnis nehmen können. Auch die Beklagte behauptet nicht, das Programm sei nur über einen nicht frei zugänglichen „Mitgliederbereich“ einsehbar. Die Information über das Internet ist anerkannt, gebräuchlich und gewährleistet eine allgemeine Zugänglichkeit (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 31, aaO).
55 
(2) Ebenso wenig stellen die Gesamtkosten für das einwöchige Seminar iHv. insgesamt 1.575,50 Euro (Hotel-, Verpflegungskosten und Seminarkosten) ein die Zugänglichkeit für Arbeitnehmer mit Durchschnittsverdienst ausschließendes Hindernis dar. Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer die Kosten einer Bildungsveranstaltung selbst zu tragen. Die Bildungseinrichtungen sind nicht verpflichtet, die Kosten für die Lehrmaterialien und Referenten sowie für die Unterbringung und Verpflegung der Teilnehmer selbst aufzubringen. Ob ein Arbeitnehmer das Weiterbildungsangebot eines Veranstalters annimmt, unterliegt seiner freien Entscheidung. Dazu hat jeder Arbeitnehmer die Möglichkeit, aus den vielfältigen, preislich höher oder niedriger gestalteten Angeboten auszuwählen. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, diese Wahlfreiheit zu beschränken (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 35, aaO). Der Träger einer Weiterbildungsveranstaltung ist nicht verpflichtet, diese kostenfrei anzubieten. Wie das Bundesarbeitsgericht zudem klargestellt hat, kann der individuelle Gewerkschaftsbeitrag kein Kriterium für die ein Jedermannzugänglichkeit ausschließende Kostenbelastung sein; dieser Beitrag deckt den gesamten Aufgabenbereich der Gewerkschaft ab (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 36, aaO). Anhaltspunkte, die zu weiteren Ausführungen zum Gewerkschaftsbeitrag veranlassen könnten, liegen nicht vor.
56 
(3) Der Zugänglichkeit für jedermann steht nicht entgegen, dass das Seminar als geeignet iSv. § 37 Abs. 7 BetrVG gekennzeichnet war. Grundsätzlich sind alle Themen, die sich mit der Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb befassen, geeignet, Gegenstand der Arbeitnehmerweiterbildung zu sein. Die Zugänglichkeit für jedermann wurde auch nicht durch den in das Programm aufgenommenen Hinweis auf eine Anerkennung der Veranstaltung für Betriebsräte nach § 37 Abs. 7 BetrVG aufgehoben. Die Veranstaltung war weder als Spezialschulung für Betriebsräte ausgeschrieben, noch wurden betriebsverfassungsrechtliche Fragen im engeren Sinne behandelt. Im Übrigen sind grundsätzlich alle Themen, die sich mit der Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb befassen, geeignet, Gegenstand der Arbeitnehmerweiterbildung zu sein. Diese bezweckt nicht nur die Information über gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge, sondern soll insbesondere auch den Einzelnen befähigen, sein soziales Umfeld mitzugestalten. Hierzu gehört auch die Mitwirkung in Arbeitnehmervertretungen. Eine gesellschaftspolitische Weiterbildung kann deshalb auch Kenntnisse vermitteln, die gleichzeitig Inhalt von Betriebsräteschulungen nach § 37 Abs. 6 oder Abs. 7 BetrVG sind(vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 34 mwN, aaO).
B.
57 
Nachdem die Beklagte unterlegen ist, hat sie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 46 Abs. 2 ArbGG iVm. §§ 495, 91 Abs. 1 ZPO.
C.
58 
Die Festsetzung des Urteilsstreitwerts beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG, es liegt die fortzuzahlende Vergütung im Zeitraum 12. bis 16. Dezember 2016 zugrunde.
D.
59 
Wegen grundsätzlicher Bedeutung war nach § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG die Berufung für die Beklagte zuzulassen.

Gründe

 
A.
25 
Die Klage hat Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf die von der Beklagten vorzunehmende Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto (Mitarbeiterkonto) infolge eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Zeitraum 12. bis 16. Dezember 2016 nach § 1 Abs. 1 BzG BW.
I.
26 
Die Klage ist zulässig. Insbesondere mangelt es dem Antrag nicht an der notwendigen streitgegenständlichen Bestimmtheit.
27 
1. Der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können. Gleichermaßen kann der Arbeitnehmer die Korrektur eines oder mehrerer auf seinem Arbeitszeitkonto ausgewiesener Salden beantragen (BAG 10. November 2010 - 5 AZR 766/09 - Rn. 11 mwN, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 3; 17. November 2011 - 5 AZR 681/09 -; BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 - Rn. 27, NZA 2012, 281). Allerdings ist dafür eine Konkretisierung des Leistungsbegehrens dahingehend erforderlich, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll (vgl. BAG 28. September 2016 - 7 AZR 248/14 - Rn. 21, NZA 2017, 335; 29. Juni 2016 - 5 AZR 617/15 - Rn. 14, AP BGB § 615 Nr. 148; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 10, AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Nr. 5; 21. März 2012 - 5 AZR 670/11 - Rn. 15, AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 37).
28 
2. Unstreitig führt die Beklagte zugunsten des Klägers zwei Arbeitszeitkonten (Betriebsvereinbarung zur „Flexiblen Arbeitszeit“ vom 30. Mai 2014, kurz: BV Flex ArbZ; Bl. 66-80 d. Akte), auf denen noch Gutschriften erfolgen können. Der Kläger hat das maßgebliche Konto ausreichend individualisiert und dazu angegeben, dass die Gutschrift auf dem Mitarbeiterkonto (Ziffer 3.2 der BV Flex ArbZ) erfolgen soll. Der Kläger hat den Umfang der begehrten Gutschrift und die Stelle, an welcher die Gutschrift erfolgen soll, genügend mit „Saldo (MK gesamt)“ angegeben. Damit ist der Antrag ausreichend bestimmt.
II.
29 
Die Klage ist vollumfänglich begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Wiedergutschrift von 35 Stunden im Saldo seines Mitarbeiterkontos. Die Beklagte hat zu Unrecht 35 Stunden vom Mitarbeiterkonto des Klägers wegen der Seminarteilnahme in Abzug gebracht bzw. bisher noch nicht wieder gutgeschrieben.
30 
1. Geht es um die Korrektur der Arbeitszeiterfassung auf einem Arbeitszeitkonto, kommt dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos aus § 611 Abs. 1 BGB zu, wenn das Arbeitszeitkonto den Vergütungsanspruch nach der zugrunde liegenden Abrede verbindlich bestimmt(BAG 27. März 2014 - 6 AZR 621/12 - Rn. 21, ZTR 2014, 409; 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 21, ZTR 2014, 215). Ein Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestandes nicht erbringen musste. Es drückt damit - in anderer Form - seinen Vergütungsanspruch aus (vgl. BAG 23. September 2015 - 5 AZR 767/13 - Rn. 20, NZA 2016, 295; 18. März 2014 - 1 ABR 75/12 - Rn. 20, BAGE 147, 313; 21. März 2012 - 6 AZR 560/10 - Rn. 21, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 6; 16. Juli 2014 - 10 AZR 242/13 - Rn. 16, ZTR 2014, 609). Die nachträgliche Gutschrift auf einem Arbeitszeitkonto setzt voraus, dass der Arbeitnehmer Arbeitsstunden erbrachte oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste und diese bisher nicht vergütet und nicht in das Arbeitszeitkonto eingestellt wurden (vgl. BAG 29. Juni 2016 - 5 AZR 617/15 - Rn. 17, AP BGB § 615 Nr. 148). Wegen der Dokumentationsfunktion des Arbeitszeitkontos darf der Arbeitgeber nicht ohne Befugnis korrigierend in ein Arbeitszeitkonto eingreifen und dort eingestellte Stunden streichen. Kürzt oder streicht der Arbeitgeber zu Unrecht ein Guthaben auf einem Arbeitszeitkonto, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf (Wieder-)Gutschrift der gestrichenen Stunden (BAG 31. Juli 2014 - 6 AZR 759/12 - Rn. 20, NZA-RR 2015, 28; 21. März 2012 - 5 AZR 676/11 - Rn. 20, 25 f., BAGE 141, 88).
31 
2. Die Beklagte ist danach verpflichtet, dem Mitarbeiterkonto im Saldo 35 Stunden gutzuschreiben. Dies allerdings noch nicht deshalb, weil die Beklagte den Kläger überhaupt auf seinen Antrag freigestellt hat. Erfüllt der Arbeitgeber den Anspruch auf Freistellung, indem er auf den Antrag des Arbeitnehmers die Freistellung nach dem BzG BW für einen bestimmten Zeitraum zum Besuch einer Bildungsveranstaltung erklärt, so hat der Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BzG BW den Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte, wenn er der Arbeit ferngeblieben ist und die Veranstaltung besucht hat; auf den Inhalt der Veranstaltung kommt es dann nicht mehr an (vgl. zum AWbG NRW: BAG 11. Mai 1993 - 9 AZR 231/89 - zu II der Gründe, BAGE 73, 135). Vorliegend hat die Beklagte den Kläger aber nicht auf seinen Antrag auf Freistellung nach dem BzG BW, sondern auf seinen Antrag auf Freistellung unter Anrechnung aus dem Mitarbeiter-Zeitkonto freigestellt. Die Parteien haben sich bereits im Gütetermin darauf verständigt (siehe Protokoll des Kammertermins), dass die Frage der Entgeltzahlungspflicht gerichtlich geklärt werden und dementsprechend der Kläger einen Anspruch auf (Wieder-)Gutschrift von ausgebuchten Stunden haben soll, wenn die Voraussetzungen nach dem BzG BW in Bezug auf das von ihm besuchte Seminar „Aktiv im Betrieb“ vorliegen. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hat im Zeitraum 12. bis 16. Dezember 2016 einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung infolge seines Seminarbesuchs nach § 1 ff. BzG BW.
32 
a) Der Kläger ist Arbeitnehmer der Beklagten und damit nach § 2 Abs. 1 Beschäftigter, also Anspruchsberechtigter iSd. § 1 Abs. 1 BzG für die Inanspruchnahme von Bildungszeit. Ebenso hat der Kläger die Wartezeit (zwölfmonatiger Bestand des Beschäftigungsverhältnisses) nach § 4 BzG BW erfüllt. Unstreitig ist das IG Metall Bildungszentrum L eine nach §§ 9, 10 BzG BW anerkannte Bildungseinrichtung.
33 
b) Der Kläger hat auch das nach § 7 Abs. 1 BzG BW vorgesehene Verfahren für die Inanspruchnahme von Bildungszeit eingehalten und dazu spätestens acht Wochen vor Beginn der Bildungsmaßnahme den Anspruch auf Bildungszeit schriftlich geltend gemacht. Auch wenn der Kläger im Antrag einen Zeitraum vom 11. Dezember (Sonntag) bis 16. Dezember 2016 (Freitag) nennt, so ergibt sich ohne Weiteres aus dem Umstand der fehlenden Arbeitspflicht an Sonntagen, dass der Kläger mit seinem Antrag auch nur einen Anspruch von fünf Arbeitstagen - also den maximalen Anspruch nach § 3 Abs. 1 BzG BW - auf Bildungszeit, dh. bezahlte Freistellung, gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat.
34 
c) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dem Seminar „Aktiv im Betrieb“ des IG Metall Bildungszentrums L auch im Übrigen um eine Bildungsmaßnahme nach § 6 Abs. 1 BzG BW. Das Seminar wurde unstreitig als Veranstaltung durchgeführt, die durchschnittlich einen Unterrichtsumfang von mindestens sechs Zeitstunden pro Tag umfasste, § 6 Nr. 4 BzG BW. Zudem entsprach die Bildungsmaßnahme dem Themenbereichen des § 1 BzG BW (§ 6 Nr. 2 BzG BW). Neben Maßnahmen für die berufliche Weiterbildung und für die Qualifizierung zur Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten kann Bildungszeit auch für Maßnahmen der politischen Weiterbildung in Anspruch genommen werden, § 1 Abs. 2 BzG BW. Nach § 1 Abs. 4 BzG BW dient die politische Weiterbildung der Information über politische Zusammenhänge und der Mitwirkungsmöglichkeit im politischen Leben. Diesem Informationsziel entsprach die vom Kläger besuchte Veranstaltung.
35 
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz für Nordrhein-Westfalen vom 6. November 1984 (AWbG) dient eine Veranstaltung dann dem Ziel der politischen Weiterbildung, wenn das Verständnis der Arbeitnehmer für gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge verbessert sowie die in einem demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mitsprache und Mitverantwortung in Staat, Gesellschaft und Beruf gefördert werden soll. Dazu ist erforderlich, dass nach dem Didaktischen Konzept der Veranstaltung sowie der zeitlichen und sachlichen Ausrichtung der einzelnen Lerneinheiten das Erreichen dieses Ziels uneingeschränkt ermöglicht wird (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 21, juris; 19. Mai 1998 - 9 AZR 395/97 - zu I 1 der Gründe, EzB AWbG § 1 Nr. 74; 9. Mai 1995 - 9 AZR 185/94 - zu III 1 der Gründe, BAGE 80, 94). Diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts lässt sich auf das BzG BW übertragen. Zwar hat der Landesgesetzgeber in Nordrhein-Westfalen in § 1 Abs. 4 AWbG ausdrücklich aufgenommen, dass durch die politische Arbeitnehmerweiterbildung das Verständnis der Beschäftigten für gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge verbessert und die in einem demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mitsprache und Mitverantwortung in Staat, Gesellschaft und Beruf gefördert werden soll. Durch die in § 1 Abs. 4 BzG BW gewählte Formulierung „politische Zusammenhänge“ und „Mitwirkungsmöglichkeiten im politischen Leben“ hat der Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg jedoch keine Einschränkung auf Informationsinhalte über staatsbürgerliche Rechte und Pflichten vorgenommen, sondern „politische Weiterbildung“ in einem sehr viel weiteren, auch Fragen der Mitwirkung und Mitverantwortung in Gesellschaft und Beruf erfassenden Sinne verstanden(ebenso: ArbG Lörrach 24. August 2016 - 5 Ca 198/16 - nV). Dies ergibt die Auslegung der Norm.
36 
(1) Schon aus dem Wortlaut, „politische Weiterbildung dient der Information über politische Zusammenhänge und der Mitwirkungsmöglichkeit im politischen Leben“, ergibt sich keine Einschränkung auf einen engen Politikbegriff im Sinne staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten. Der Begriff „Politik“ stammt vom griechischen Wort „polis“ ab. Die Polis bezeichnete die Gemeinde der Bürger und deren Verbund. Schon aus diesem Wortursprung wird deutlich, dass mit dem Begriff „Politik“ Fragen des Gemeinwohls weitergehend angesprochen sind. Politik bezeichnet alle Maßnahmen, die sich auf die Führung einer Gemeinschaft beziehen und eine Methode, bestimmte eigene Vorstellungen gegen andere Interessen durchzusetzen (vgl. Duden, Bedeutungswörterbuch „Politik“). Sie umfasst allgemein jegliche Einflussnahme, Gestaltung und Durchsetzung von Forderungen und Zielen in privaten oder öffentlichen Bereichen (siehe Wikipedia „Politik“). Dementsprechend fallen auch solche Inhalte unter den Begriff der „politischen“ Zusammenhänge oder des „politischen“ Lebens, welche gesellschaftliche und soziale Dimensionen des Gemeinwesens betreffen und über Mitwirkungsmöglichkeiten in Gesellschaft und Beruf unterrichten. Dem Gesetzeswortlaut kann keine Einschränkung des Politikbegriffs entnommen werden. Vielmehr wurde das Gesetz am 17. März 2015 verkündet, weshalb schon deshalb davon auszugehen ist, dass der Landesgesetzgeber von einem modernen, weiten Politikbegriff ausgegangen ist.
37 
(2) Auch aus Sinn und Zweck des Gesetzes und einer völkerrechtskonformen Auslegung folgt, dass „politische Weiterbildung“ iSv. § 1 Abs. 4 BzG BW weit über die Vermittlung von Inhalten zu staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten hinaus, auch Inhalte umfasst, die das Verständnis der Arbeitnehmer für gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge verbessern sowie die in einem demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mitsprache und Mitverantwortung in Staat, Gesellschaft und Beruf fördern soll. Damit bewegt sich der Landesgesetzgeber in dem durch das Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Rahmen, dh. eine weite Auslegung des Begriffs „politische Weiterbildung“ ist auch verfassungskonform.
38 
(a) Der Landesgesetzgeber verfolgt mit dem BzG BW das Ziel, die Weiterbildungsbereitschaft von Beschäftigten in Baden-Württemberg zu erhöhen und zu fördern (Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 15/6403 S. 1). Vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklung, des strukturellen Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft und der demographischen Veränderungen gewinnt vor allem die berufliche Weiterbildung zunehmend an Bedeutung. Daneben geht es in einem funktionierenden demokratischen Gemeinwesen aber auch um die gesellschaftliche Teilhabe seiner Bürgerinnen und Bürger. Deshalb sind nach dem Willen des Gesetzgebers auch die politische Bildung und die Stärkung des ehrenamtlichen Engagements Bestandteil des Gesetzes geworden (Drucks. 15/6403 S. 1, 10). Der Landesgesetzgeber verfolgt ausdrücklich das Ziel, mit der politischen Weiterbildung der Information über gesellschaftliche Zusammenhänge und der Verbesserung der Teilhabe und Mitwirkung am gesellschaftlichen und politischen Leben zu dienen. Diese elementare Grundlage für ein funktionierendes demokratisches Gemeinwesen soll explizit gestärkt werden (Drucks. 15/6403 S. 11). Nach Einschätzung des Landesgesetzgebers dient auch die politische Weiterbildung der Persönlichkeitsentwicklung des Beschäftigten, die sich positiv auf die betrieblichen Belange auswirken kann (Drucks. 15/6402 S. 11). Deshalb versteht des Landesgesetzgeber unter politischer Weiterbildung die Befähigung zur Teilhabe und Mitwirkung am politischen Leben, worunter auch die Teilnahme an Tagungen, Lehrgängen und Veranstaltungen fallen soll, die staatsbürgerlichen Zwecken dienen oder an denen ein öffentliches Interesse besteht (Drucks. 15/6403 S. 13). Damit verfolgt der Gesetzgeber - wenn er ausdrücklich auch Veranstaltungen nennt, an denen bzw. an deren Inhalten ein öffentliches Interesse besteht - ein sehr viel weitergehendes Ziel als die bloße Unterrichtung über staatsbürgerliche Rechte und Pflichten. Vielmehr soll umfassend, anknüpfend an das Gemeinwohl, die Teilhabe in der Gesellschaft gefördert werden. Mitsprache und Mitverantwortung in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen, dh. auch im Beruf soll zur Stärkung des Gemeinwesens gefördert werden.
39 
(b) Das so gefundene Ergebnis entspricht auch einer völkerrechtskonformen Auslegung.
40 
(aa) Mit dem BzG BW will der Landesgesetzgeber ausdrücklich das Übereinkommen Nr. 140 der Internationalen Arbeitsorganisation über den bezahlten Bildungsurlaub vom 24. Juni 1974 (ILO Übereinkommen Nr. 140) umsetzen (Drucks. 15/6403 S. 10). Danach haben sich die Unterzeichnerstaaten verpflichtet, gesetzliche Regelungen zur Bildungsfreistellung zu schaffen. Nachdem jedoch die Bundesrepublik ihrer Verpflichtung hierzu bislang nicht nachgekommen ist, haben mehrere Bundesländer - hierunter nunmehr auch Baden-Württemberg - von ihrer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz (Art. 74 Nr. 12 GG) Gebrauch gemacht.
41 
(bb) Nach der deutschen Fassung des Art. 2 des ILO Übereinkommens Nr. 140 hat jedes Mitglied eine Politik festzulegen und durchzuführen, die dazu bestimmt ist, mit Methoden, die den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten angepasst sind, und zwar nötigenfalls schrittweise, die Gewährung von bezahltem Bildungsurlaub zu fördern, und zwar zum Zwecke a) der Berufsbildung auf allen Stufen, b) der allgemeinen und politischen Bildung, c) der gewerkschaftlichen Bildung. Nach Art. 10 des ILO Übereinkommens Nr. 140 können die Voraussetzungen für die Gewährung von bezahltem Bildungsurlaub unterschiedlich sein, je nachdem, ob der bezahlte Bildungsurlaub einem der folgenden Zwecke dienen soll: a) der Berufsbildung auf allen Stufen, b) der allgemeinen und politischen Bildung bzw. c) der gewerkschaftlichen Bildung. Schon nach dem Wortlaut der deutschen Fassung ergibt sich kein Hinweis darauf, dass das Völkerrecht, dh. das ILO Übereinkommen Nr. 140 eine politische Bildung zu staatsbürgerlichen Fragen verlangt bzw. vor Augen hat. Nach Art. 10 Buchst. b des ILO Übereinkommens Nr. 140 wird die allgemeine und die politische Bildung gemeinsam genannt. Schon mit der deutschen Fassung des ILO Übereinkommens Nr. 140 wäre eine verengende Auslegung von „politische Weiterbildung“ als Weiterbildung zu staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten nicht zu vereinbaren. Vor allem ergibt sich aus Art. 3 Buchst. b des ILO Übereinkommens, dass die nach Art. 2 festzulegende und durchzuführende Politik, falls erforderlich auf verschiedene Weise, einen Beitrag zur sachkundigen und aktiven Beteiligung der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter am Geschehen im Betrieb und in der Gemeinschaft und (Buchst. c) zum persönlichen, sozialen und kulturellen Fortschritt der Arbeitnehmer zu leisten hat. Dies setzt ein weites Verständnis von „politischer Bildung“ gerade voraus.
42 
(cc) Die Auslegung des ILO Übereinkommens Nr. 140 selbst hat allerdings nach völkerrechtlichen Grundsätzen und in erster Linie im Wege der authentischen Interpretation (vgl. dazu bspw.: BFH 25. Oktober 2006 - I R 81/04 - Rn. 20, BFHE 215, 237) zu erfolgen, dh. maßgeblich kann nur die französische und die englische Sprachfassung sein (Art. 19 ILO Übereinkommen Nr. 140). Art. 2 der englischen Sprachfassung spricht nicht von „politischer“ Bildung, sondern von „general, social and civic education“ (Buchst. b). Art. 10 der englischen Sprachfassung sieht vor, dass die Voraussetzungen für den bezahlten Bildungsurlaub unterschiedlich sein können, je nachdem, ob dieser vorgesehen ist für „a) training at any level, b) general, social or civic education or c) trade union education“. Aus der maßgeblichen englischen Textfassung ergibt sich aus Art. 2 und Art. 10 des ILO Übereinkommens Nr. 140 ein sehr breiter Bereich für mögliche Bildungsinhalte, insb. auch für soziale (social) und bürgerliche (civic), nicht notwendig staatsbürgerliche Inhalte. Indem in der deutschen Textfassung stattdessen lediglich von „politischer Bildung“ gesprochen wird, zeigt sich, dass diesem Begriff von „politischer Bildung“ ein weites Verständnis zugrunde liegt; nur ein weites Verständnis wird einer authentischen Interpretation gerecht. Wenn der Landesgesetzgeber, wie dies aus den Gesetzesmaterialen ersichtlich ist, von einem weiten Verständnis von „politischer Weiterbildung“ ausgegangen ist, so deckt sich dieses weite Verständnis mit der völkerrechtlichen Verpflichtung, welche die Bundesrepublik Deutschland eingegangen ist.
43 
(c) Mit einem weiten Verständnis von politischer Weiterbildung und der Anknüpfung am öffentlichen Interesse bzw. dem Gemeinwohl verlässt der Landesgesetzgeber auch nicht den verfassungsrechtlichen Rahmen. Wie das Bundesverfassungsgericht schon ausgeführt hat, hilft die Weiterbildung dem Einzelnen, die Folgen des Wandels beruflich und sozial besser zu bewältigen. Wirtschaft und Gesellschaft erhält sie die erforderliche Flexibilität, sich auf veränderte Lagen einzustellen. Da bei Arbeitnehmern die Bereitschaft zur Weiterbildung schon wegen der begrenzten Verfügung über ihre Zeit und des meist engeren finanziellen Rahmens nicht durchweg vorausgesetzt werden kann, liegt es im Interesse des Allgemeinwohls, die Bildungsbereitschaft dieser Gruppe zu verbessern. Unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohls begegnet es auch keinen Bedenken, dass Bildungsurlaub nicht nur für berufsbildende, sondern auch für politisch bildende Veranstaltungen vorgesehen ist. Der technische und soziale Wandel bleibt in seinen Auswirkungen nicht auf die Arbeits- und Berufssphäre beschränkt. Er ergreift vielmehr auch Familie, Gesellschaft und Politik und führt zu vielfältigen Verflechtungen zwischen diesen Bereichen. Daraus ergeben sich zwangsläufig Verbindungen zwischen beruflicher und politischer Bildung, die der Gesetzgeber bei der Verfolgung seines Ziels berücksichtigen durfte. Es liegt daher im Gemeinwohl, neben dem erforderlichen Sachwissen für die Berufsausübung auch das Verständnis der Arbeitnehmer für gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge zu verbessern, um damit die in einem demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mitsprache und Mitverantwortung in Staat, Gesellschaft und Beruf zu fördern (vgl. BVerfG 15. Dezember 1987 - 1 BvR 563/85, 1 BvR 582/85, 1 BvR 974/86, 1 BvL 3/86 - zu C II 2 a der Gründe, BVerfGE 77, 308). Diese Bewertung gilt uneingeschränkt auch für das BzG BW. Es ist davon auszugehen, dass der Landesgesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht den Begriff der „politischen Weiterbildung“ verwendet, wofür besonders spricht, dass Tagungen erfasst sein sollen, an denen ein öffentliches Interesse besteht (Drucks. 15/6403 S. 13).
44 
(3) Der Beklagten kann auch nicht darin gefolgt werden, infolge des Fehlens eines Maßnahmenanerkennungsverfahrens nach dem BzG BW, dh. aus systematischen Gründen müsse von einem engen Verständnis des Begriffs „politische Weiterbildung“ ausgegangen werden.
45 
(a) Richtig ist zunächst im Ausgangspunkt dass im BzG BW nur eine Trägeranerkennung (§ 9 BzG BW) und ein dazu geschaffenes Trägeranerkennungsverfahren (§ 10 BzG BW), nicht aber eine Maßnahmenanerkennung und ein dazugehöriges Verfahren statuiert wurde. Damit ist die Frage, ob eine vom Arbeitnehmer besuchte bzw. zu besuchende Veranstaltung eine solche im Themenbereich des § 1 BzG BW war bzw. ist und der Arbeitnehmer daher Anspruch auf bezahlte Freistellung zum Besuch dieser Veranstaltung hat, im Streitfall von der Gerichten für Arbeitssachen zu klären.
46 
(b) Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt aber aus der in anderen Landesgesetzen (bspw. Bildungsgesetz Hessen) zu findenden Maßnahmenanerkennung gerade nicht, dass mit der Anerkennung der Maßnahme auch über die Voraussetzungen des Bestehens eines Anspruchs auf bezahlte Freistellung entschieden wäre. Vielmehr folgt aus verfassungsrechtlichen Gründen, dass der Anerkennung einer Bildungsveranstaltung nach dem Recht anderer Bundesländer keine weitere Bedeutung als der eines zusätzlichen Tatbestandsmerkmals zukommt, weil anderenfalls die betreffenden Regelungen nicht mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG iVm. Art 12 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar wären. Folglich kann im Streitfall auch nach den Gesetzen anderer Bundesländer - von den Gerichten für Arbeitssachen - überprüft werden, ob eine thematisch umstrittene Bildungsveranstaltung inhaltlich den gesetzlichen Leitvorgaben entspricht (vgl. zum Bildungsurlaubsgesetz Hessen: BAG 9. Februar 1993 - 9 AZR 648/90 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 72, 200; 9. Februar 1993 - 9 AZR 203/90 - zu I 3 der Gründe, AP BildungsurlaubsG Hessen 1984 § 1 Nr. 1 = EzA HBUG § 9 Nr. 1). Damit sind die Anspruchsberechtigten nach den Landesgesetzen anderer Bundesländer nicht dadurch besser gestellt, dass die einzelne Maßnahme in einem gesetzlich bestimmten Verfahren anerkannt wurde. Vielmehr kann in diesem Fall weiter vom Arbeitgeber geltend gemacht werden, die einzelne Maßnahme sei keine in den Anwendungsbereich der maßgeblichen Norm fallende Veranstaltung. Deshalb gebietet es das Fehlen eines Maßnahmenanerkennungsverfahrens auch nicht, die Tatbestandsvoraussetzungen einer „politischen Weiterbildung“ eng bzw. einschränkend auszulegen. Ein gesetzliches Maßnahmenanerkennungsverfahren hat auf die Rechtsschutzmöglichkeiten von Arbeitgebern keinen Einfluss.
47 
(4) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich auch aus der Gesetzgebungshistorie kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber nur Tagungen, die über staatsbürgerliche Rechte und Pflichten unterrichten, unter den Begriff der „politischen Weiterbildung“ fassen wollte.
48 
(a) Richtig ist, dass sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, dass der Landesgesetzgeber im Rahmen der Regelungsfolgenabschätzung und Nachhaltigkeitsprüfung die tatsächliche Inanspruchnahme von Bildungsfreistellungen in anderen Bundesländern mit jährlich ca. einem Prozent der Anspruchsberechtigten herangezogen und angenommen hat, ein solcher Umfang der Inanspruchnahme von Bildungsfreistellungen sei (für die Anspruchsgegner) zumutbar (Drucks. 15/6403 S. 11).
49 
(b) Daraus folgt jedoch gerade nicht, dass der Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg von einem engeren Verständnis des Begriffs „politische Weiterbildung“ ausgegangen wäre. Vielmehr zeigt der angestellte Vergleich, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Bildungsurlaub in den - einen Anspruch vorsehenden - Bundesländern im Wesentlichen gleich sind. Der andernorts zu findende Umfang der Inanspruchnahme ist bei dieser Grundannahme folglich auch für eine Regelungsfolgenabschätzung für Baden-Württemberg tragfähig. Dies ist auch insoweit nachvollziehbar, als die mögliche Reichweite von Bildungsurlaubsregelungen verfassungsrechtlich determiniert (BVerfG 15. Dezember 1987 - 1 BvR 563/85, 1 BvR 582/85, 1 BvR 974/86, 1 BvL 3/86 - aaO) und davon auszugehen ist, dass der Landesgesetzgeber verfassungskonformes Recht schaffen will. Deshalb ergibt sich aus dem vom Gesetzgeber angestellten Vergleich gerade, dass er von einem weiten Anwendungsbereich des BzG BW und damit auch von einem weiten Verständnis des Begriffs der „politischen Weiterbildung“ ausgegangen ist.
50 
bb) Das vom Kläger besuchte Seminar „Aktiv im Betrieb“ fällt nach dem Vorstehenden unter die politische Weiterbildung und diente der Information über politische Zusammenhänge und der Mitwirkungsmöglichkeiten im politischen Leben iSv. § 1 Abs. 4 BzG BW. Dies hat der Kläger unter Vorlage der entsprechenden Seminarunterlagen dargelegt (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast: BAG 9. Februar 1993 - 9 AZR 203/90 - zu II der Gründe, aaO). Maßgeblich ist insoweit zunächst das vom Veranstalter herausgegebene Programm und dessen Erklärungen, bspw. im Einladungsschreiben (vgl. BAG 9. Mai 1995 - 9 AZR 185/94 - zu III 2 der Gründe, aaO). Das einwöchige Seminar informierte und forderte zur Mitwirkung zu Fragen guter Arbeitsbedingungen im Betrieb auf. Es informierte über das System der betrieblichen Interessenvertretung, über die Rechte der Beschäftigten und der Interessenvertreter, forderte zum gemeinsamen Handeln für gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen und zukunftssichere Arbeitsplätze und machte vor allem die betriebliche Kommunikation (insb. auch in der Betriebsversammlung) zum (mitzugestaltenden) Thema. Die gesellschaftspolitische Bedeutung der betrieblichen Beteiligung von Beschäftigten und ihren Vertretern wurde thematisiert. Damit wurde über den Bestand verschiedener Institutionen in Unternehmen und Betrieben und zu Fragen der betriebs-politischen Zusammenarbeit von Arbeitnehmern und ihren Interessenvertretern informiert. Der Kläger erfuhr damit zugleich Grundzüge über den Aufbau demokratisch legitimierter Vertretungen und deren Mitsprache auf betrieblicher Ebene. Für den Kläger als Seminarteilnehmer war damit ein Erkenntnisprozess verbunden, der nicht nur seinem Verständnis über seinen Standort im Betrieb diente. Die Verbesserung seines Wissensstandes über Mitsprache und Mitwirkung für gute Arbeitsbedingungen im Betrieb kommt auch mittelbar der Beklagten als Arbeitgeberin zugute, die mit besser informierten Arbeitnehmern neue Ziele in wirtschaftlicher und betrieblich-sozialer Hinsicht besser verwirklichen kann als mit gleichgültigen, an Veränderungen desinteressierten Mitarbeitern, auch wenn es vordergründig so scheint, als sei der weniger gebildete, uninformierte Arbeitnehmer bequemer und damit leichter zu führen. Es besteht ein öffentliches Interesse daran, dass Arbeitgeber und die bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer möglichst innovationsfähig und auf die Herausforderungen der künftigen Arbeitswelt gut vorbereitet sind. Unschädlich ist, dass der Themenplan auch die Stellung der Gewerkschaften und ihrer Funktionsträger im Betrieb vorsah. Den Gewerkschaften sind durch das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich bestimmte Aufgaben zugewiesen worden. Ein Seminar, das die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb zum Gegenstand hat, darf auch Stellung und Funktion der Gewerkschaften erörtern, soweit damit die betriebsverfassungsrechtliche Unterstützung der Gewerkschaften, nicht aber ihre allgemeinen Koalitionsaufgaben angesprochen werden (vgl. BAG 9. Februar 1993 - 9 AZR 648/90 - zu II 3 der Gründe, aaO). Letzteres ist - jedenfalls in einem nach § 6 Abs. 4 BzG BW schädlichem Umfang - aus dem Themenplan nicht ersichtlich und wird auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Entscheidend ist, ob insgesamt eine Veranstaltung der politischen oder beruflichen Weiterbildung stattgefunden hat (vgl. BAG 11. Mai 1993 - 9 AZR 289/89 - zu II der Gründe, BAGE 73, 138). Dies ist zu bejahen.
51 
d) Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt auch kein Ausschlussgrund nach § 6 Abs. 2 BzG BW vor, insbesondere war die Teilnahme nicht von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei, Gewerkschaft, einem Berufsverband, einer Religionsgemeinschaft oder einer ähnlichen Vereinigung abgängig gemacht worden, § 6 Abs. 2 Nr. 1 BzG BW.
52 
aa) Der Verwaltungsakt über die Anerkennung einer Bildungsstätte entfaltet allerdings weder Tatbestandswirkung noch begründet er eine Vermutung dafür, dass Veranstaltungen dieser Bildungseinrichtung für jedermann zugänglich sind. Die Zugänglichkeit für jedermann gehört zu den Tatbestandsmerkmalen des Entgeltfortzahlungsanspruchs und ist von demjenigen, der den Anspruch geltend macht, darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 26, aaO; 16. August 1990 - 8 AZR 654/88 - zu III 3 b aa der Gründe, BAGE 65, 352).
53 
bb) Die vom Kläger besuchte Veranstaltung stand dem in § 2 Abs. 1 BzG BW als anspruchsberechtigt bezeichneten Personenkreis offen. Weder unmittelbar noch mittelbar hat der Veranstalter die Teilnahme von der Gewerkschaftszugehörigkeit abhängig gemacht.
54 
(1) Wendet sich die Veranstaltung nur an Gewerkschaftsmitglieder, ist sie nicht für jedermann zugänglich. Zur Begründung der Jedermannzugänglichkeit genügt nicht der Hinweis im Bildungsprogramm des Trägers, dass die Veranstaltung auch anderen Personen als Gewerkschaftsmitgliedern offensteht. Er muss außerdem so verlautbart sein, dass auch nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer davon Kenntnis nehmen können (BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 29, aaO; 9. November 1993 - 9 AZR 9/92 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 75, 58). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Nach der Beschreibung des Seminars wendet sich dieses ausdrücklich an „interessierte Arbeitnehmer(innen), Mitglieder des Betriebsrates, der Jugend- und Auszubildenden- sowie der Schwerbehindertenvertretung“, nicht hingegen nur an Gewerkschaftsmitglieder. Das gesamte Programm des IG Metall Bildungszentrums wird über die Internetseite der IG Metall publik gemacht, dh. auch gewerkschaftlich nicht organisierte Arbeitnehmer können vom Programm Kenntnis nehmen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es hierbei völlig unerheblich, dass die Internetseite - selbstverständlich - mit dem Logo der IG Metall versehen ist. Dies schließt in keiner Weise aus, dass nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer das Programm zu Kenntnis nehmen können. Auch die Beklagte behauptet nicht, das Programm sei nur über einen nicht frei zugänglichen „Mitgliederbereich“ einsehbar. Die Information über das Internet ist anerkannt, gebräuchlich und gewährleistet eine allgemeine Zugänglichkeit (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 31, aaO).
55 
(2) Ebenso wenig stellen die Gesamtkosten für das einwöchige Seminar iHv. insgesamt 1.575,50 Euro (Hotel-, Verpflegungskosten und Seminarkosten) ein die Zugänglichkeit für Arbeitnehmer mit Durchschnittsverdienst ausschließendes Hindernis dar. Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer die Kosten einer Bildungsveranstaltung selbst zu tragen. Die Bildungseinrichtungen sind nicht verpflichtet, die Kosten für die Lehrmaterialien und Referenten sowie für die Unterbringung und Verpflegung der Teilnehmer selbst aufzubringen. Ob ein Arbeitnehmer das Weiterbildungsangebot eines Veranstalters annimmt, unterliegt seiner freien Entscheidung. Dazu hat jeder Arbeitnehmer die Möglichkeit, aus den vielfältigen, preislich höher oder niedriger gestalteten Angeboten auszuwählen. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, diese Wahlfreiheit zu beschränken (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 35, aaO). Der Träger einer Weiterbildungsveranstaltung ist nicht verpflichtet, diese kostenfrei anzubieten. Wie das Bundesarbeitsgericht zudem klargestellt hat, kann der individuelle Gewerkschaftsbeitrag kein Kriterium für die ein Jedermannzugänglichkeit ausschließende Kostenbelastung sein; dieser Beitrag deckt den gesamten Aufgabenbereich der Gewerkschaft ab (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 36, aaO). Anhaltspunkte, die zu weiteren Ausführungen zum Gewerkschaftsbeitrag veranlassen könnten, liegen nicht vor.
56 
(3) Der Zugänglichkeit für jedermann steht nicht entgegen, dass das Seminar als geeignet iSv. § 37 Abs. 7 BetrVG gekennzeichnet war. Grundsätzlich sind alle Themen, die sich mit der Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb befassen, geeignet, Gegenstand der Arbeitnehmerweiterbildung zu sein. Die Zugänglichkeit für jedermann wurde auch nicht durch den in das Programm aufgenommenen Hinweis auf eine Anerkennung der Veranstaltung für Betriebsräte nach § 37 Abs. 7 BetrVG aufgehoben. Die Veranstaltung war weder als Spezialschulung für Betriebsräte ausgeschrieben, noch wurden betriebsverfassungsrechtliche Fragen im engeren Sinne behandelt. Im Übrigen sind grundsätzlich alle Themen, die sich mit der Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb befassen, geeignet, Gegenstand der Arbeitnehmerweiterbildung zu sein. Diese bezweckt nicht nur die Information über gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge, sondern soll insbesondere auch den Einzelnen befähigen, sein soziales Umfeld mitzugestalten. Hierzu gehört auch die Mitwirkung in Arbeitnehmervertretungen. Eine gesellschaftspolitische Weiterbildung kann deshalb auch Kenntnisse vermitteln, die gleichzeitig Inhalt von Betriebsräteschulungen nach § 37 Abs. 6 oder Abs. 7 BetrVG sind(vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 418/14 - Rn. 34 mwN, aaO).
B.
57 
Nachdem die Beklagte unterlegen ist, hat sie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 46 Abs. 2 ArbGG iVm. §§ 495, 91 Abs. 1 ZPO.
C.
58 
Die Festsetzung des Urteilsstreitwerts beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG, es liegt die fortzuzahlende Vergütung im Zeitraum 12. bis 16. Dezember 2016 zugrunde.
D.
59 
Wegen grundsätzlicher Bedeutung war nach § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG die Berufung für die Beklagte zuzulassen.
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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published on 28/09/2016 00:00

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Februar 2014 - 7 Sa 57/13 - wird zurückgewiesen.
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Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger vom 29. August 2016 bis 2. September 2016 zum Zwecke der Teilnahme an dem Seminar SH03516 "Unsere Arbeitswelt gestalten" von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des vertragsgemäßen A
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Tenor I. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 2. Juli 2013 - 14 Sa 1706/12 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben un
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Annotations

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Für das Verfahren vor den Amtsgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten, soweit nicht aus den allgemeinen Vorschriften des Buches 1, aus den nachfolgenden besonderen Bestimmungen und aus der Verfassung der Amtsgerichte sich Abweichungen ergeben.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Für das Verfahren vor den Amtsgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten, soweit nicht aus den allgemeinen Vorschriften des Buches 1, aus den nachfolgenden besonderen Bestimmungen und aus der Verfassung der Amtsgerichte sich Abweichungen ergeben.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.