Arbeitsgericht Nürnberg Endurteil, 28. März 2017 - 8 Ca 6967/14

published on 28/03/2017 00:00
Arbeitsgericht Nürnberg Endurteil, 28. März 2017 - 8 Ca 6967/14
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Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Weisung der Beklagten an die Klägerin, nach dem die Klägerin entsprechend der Kleiderordnung und ohne auffällige, großflächige, religiöse, politische und sonstige weltanschauliche Zeichen am Arbeitsplatz zu erscheinen und ihre Arbeit aufzunehmen hat, unwirksam ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Juni 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2016 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Juli 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2016 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat August 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2016 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat September 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto abzüglich € 286,50 netto nebst Zinsen aus dem Differenzbetrag hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2016 zu zahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Oktober 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto abzüglich € 573,00 netto nebst Zinsen aus dem Differenzbetrag hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2016 zu zahlen.

7. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat November 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto abzüglich € 573,00 netto nebst Zinsen aus dem Differenzbetrag hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2016 zu zahlen.

8. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere € 440,71 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.10.2016 zu zahlen.

9. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Dezember 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto abzüglich € 573,00 netto nebst Zinsen aus dem Differenzbetrag hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2017 zu zahlen.

10. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Januar 2017 an die Klägerin

€ 391,84 brutto abzüglich € 191,00 netto nebst Zinsen aus dem Differenzbetrag hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2017 zu zahlen.

11. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

12. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

13. Der Streitwert wird auf 8.633,81 € festgesetzt.

14. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

I.

Die am ... geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Klägerin war seit 02.11.2002 zunächst befristet bei der Firma E. in C-Stadt in deren Filiale in A-Stadt im Verkauf als Verkaufsberaterin und Kassiererin beschäftigt. Sie führte Verkaufsgespräche mit den Kunden und beriet diese zu den Kaufentscheidungen. Zum Tätigkeitsbereich als Kassiererin gehörten die mit dem Kassieren, der Kasse und ihrer Abrechnung verbundenen Aufgaben. Gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 15.06.2014 ( AV) wurde sie ab 01.07.2004 unbefristet unter Anerkennung der bisherigen Betriebszugehörigkeit in vollem Umfang mit einer durchschnittlichen Dauer der Arbeitszeit von 160 Stunden im Monat und einem Tarifgehalt von 1.259,39 € brutto pro Monat gemäß dem Gehaltstarifvertrag für die Angestellten im Einzelhandel in Bayern weiterbeschäftigt ( Ziffern 1, 2 und 3 AV). Soweit nichts anderes vereinbart wurde, gelten die für den Betrieb jeweils einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung. Das sind die Tarifverträge des Einzelhandels in Bayern. Im Übrigen gelten die für den Betrieb jeweils gültigen Regelungen, wie Betriebsordnungen, Betriebsvereinbarungen, Organisationsanweisungen, Brandschutzordnungen sowie Kassenanweisungen ( Ziffer 10 AV). Der Arbeitgeber ist berechtigt, dem Mitarbeiter auch andere, seiner Ausbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeiten zuzuweisen ( Ziffer 1 Abs. 3 Satz 1 AV).

Am 01.11.2005 ging der Betrieb auf die Beklagte, die Firma C. in C-Stadt über. Darüber informierte die Geschäftsleitung die Belegschaft mit Schreiben vom 18.08.2005. Die Beklagte beschäftigt insgesamt 14.794 Mitarbeiter aus 88 Nationen, davon 75 in der Filiale in A-Stadt. Eine Betriebsordnung vom 18.03.2003/02.04.2015 enthält hinsichtlich der Kleiderordnung unter Ziffer 9 folgende Weisung:

„Wir legen größten Wert auf ein gepflegtes, professionelles Erscheinungsbild gegenüber unseren Kunden. Als Arbeitskleidung ist die für den jeweiligen Bereich vorgesehene Berufskleidung ( zum Beispiel weißer Berufsmantel) zu tragen. Legere Freizeitbekleidung, wie insbesondere Trainings- und Jogginganzüge sowie Kopfbedeckungen aller Art dürfen bei Kundenkontakt nicht getragen werden.“

In der Zeit vom 04.12.2011 bis zum 07.10.2014 war die Klägerin in Elternzeit freigestellt, nach deren Ablauf sie absprachegemäß am 08. und 11.10.2014 jeweils von 10.00 bis 19.00 Uhr an der Kasse arbeiten sollte. Bereits einige Tage vor der geplanten Arbeitsaufnahme wurde die Klägerin von der Filialleiterin F. darauf hingewiesen, dass man sie nicht beschäftigen werde, wenn sie ein Kopftuch trage. Am 08.10. erschien die Klägerin mit einem Kopftuch bekleidet und bot ihre Arbeitsleistung an. Nach einem kurzen Gespräch mit der Filialleiterin wurde sie gegen 10.00 Uhr nach Hause geschickt. Daraufhin machte die anwaltschaftlich vertretene Klägerin mit Schreiben vom 21.10.2014 unter Fristsetzung den Beschäftigungsanspruch erfolglos wegen in der Betriebsordnung geregelten Verbots des Tragens einer Kopfbedeckung geltend.

II.

Mit der am 12.11.2014 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangenen, gegen die Firma E. gerichteten Klage hat die Klägerin zunächst die vertragsgemäße Weiterbeschäftigung gefordert. Diese Klage hat sie mit Schriftsatz vom 08.05.2015 auf die Firma „C.“ erweitert sowie den Klageantrag mit Schriftsatz vom 12.10.2015 konkretisiert und ergänzt. Mit Schriftsatz vom 27.05.2016 hat sie die Klage sodann hinsichtlich der Firma E. zurückgenommen. Damit richtet sich die Klage nunmehr allein gegen die Firma C.

In der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2015 haben die Parteien im Hinblick auf die Möglichkeit einer gütlichen Einigung angeregt, das Arbeitsverhältnis unter bezahlter Freistellung der Klägerin bis dahin probeweise ab 08.06.2015 ohne Kundenkontakt wie folgt durchzuführen:

„Die Klägerin wird mit Inventurtätigkeiten in der Filiale in A-Stadt mit einem Arbeitsbeginn 08.00 Uhr und einer monatlichen Arbeitszeit von 80 Stunden wie bisher bis auf Weiteres beschäftigt. Im Übrigen verbleibt es bei den arbeitsvertraglichen Regelungen gemäß Arbeitsvertrag vom 15.06.2004. Mit dieser Regelung ist keine Änderung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts verbunden.“

Entsprechend wurde die Klägerin in der Filiale A-Stadt überwiegend mit Inventurtätigkeiten und dem Auffüllen von Regalen eingesetzt. Während dieser Zeit wurde sie nicht aufgefordert, das Kopftuch abzulegen.

In der Zeit vom 06. bis 18.06.2016 befand sich die Klägerin im Urlaub. Am 21.06. trat sie die Arbeit wieder an, ein Kopftuch tragend. Zunächst mit Auffüllarbeiten beschäftigt wurde ihr dann im Büro deutlich gemacht, dass sie nur weiterarbeiten dürfe, wenn sie ihr Kopftuch abnehme. Da sie sich weigerte, wurde sie nach Hause geschickt. Daraufhin wurde im folgenden Briefwechsel der Prozessvertreter der Parteien die Beklagte mit Schreiben vom 22.06. aufgefordert, die Klägerin vertragsgemäß zu beschäftigen. Die Beklagte wies mit Antwortschreiben vom 14.07. auf ihre im Schriftsatz vom 03.06.2016 erteilte Weisung hin, die Arbeit ohne sichtbare religiöse, politische und/oder sonstige weltanschauliche Zeichen aufzunehmen. Am 18.10. erschien die Klägerin arbeitsbereit mit einem Kopftuch und wurde wiederum von der Filialleiterin abgewiesen. Mit Schreiben vom 18.10. erging dann nochmals an die Beklagte die Aufforderung, den Beschäftigungsanspruch der Klägerin zu erfüllen sowie die ausstehende Vergütung ab 01.10.2016 abzurechnen und auszuzahlen. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 26.10. ab und verneinte einen Annahmeverzug, weil die Klägerin einer zulässigen Weisung nicht nachgekommen sei.

Im Schriftsatz vom 18.08.2016 gab die Beklagte die Erklärung ab, dass die mit Schriftsatz vom 03.06.2016 mitgeteilte Änderung der betrieblichen Ordnung seit 27.07.2016 nicht mehr in Kraft sei, die Weisung an die Klägerin hiervon aber unberührt bleibe. Die Klägerin sei in der Vergangenheit mit schwarzem Kopftuch und komplett schwarzer Kleidung zur Arbeit erschienen. Durch dieses Erscheinungsbild werde der Eindruck einer vollständigen Verhüllung hervorgerufen, der von einem Arbeitgeber nicht hinzunehmen sei.

Mit einer beim Arbeitsgericht Nürnberg am 07.12.2016 eingegangenen und unter dem Aktenzeichen 8 Ca 6359/16 anhängigen Forderungsklage vom 06.12.2016 sowie der Klageerweiterung vom 10.03.2017 begehrt die Klägerin die Zahlung der tariflich festgelegten ausstehenden Vergütung unter Anrechnung des zwischenzeitlich bezogenen Arbeitslosengeldes nebst Urlaubsgeldanspruch. Seit dem 11.01.2017 bezieht die Klägerin von der G. Krankenkasse in A-Stadt Mutterschaftsgeld.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 14.03.2017 die Verfahren 8 Ca 6967/14 und 8 Ca 6359/16 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die Weiterführung unter dem Aktenzeichen 8 Ca 6967/14 angeordnet.

Die Klägerin beruft sich auf den Grundrechtsschutz aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und trägt vor:

Eine im Betrieb geltende Verpflichtung, auf auffällige religiöse Symbole aller Art zu verzichten, sei ihr nicht bekannt. Die Betriebsordnung Stand 02.04.2015 könne nicht als Nachweis dafür dienen, dass sie bereits seit 18.03.2003 bestanden habe. Das Arbeitsverhältnis habe bereits vor Einführung einer solchen Kleiderordnung bestanden. Das Informationsschreiben „Regeln für Mitarbeiter“ enthalte kein Verbot, Kopfbedeckungen aller Art zu tragen. Sie sehe das Tragen des Kopftuchs als unbedingte religiöse Pflicht an. Das Verbot führe zur Verletzung ihrer Religionsfreiheit. Das Beschäftigungsinteresse überwiege gegenüber arbeitgeberseitigem Interesse an einer Beschäftigung ohne Kopftuch. Zwar habe sie vor Beginn ihrer Elternzeit kein Kopftuch getragen, die Änderung ihrer religiösen Überzeugung sei jedoch zu respektieren. Eine Beeinträchtigung anderer Mitarbeiter oder Kunden behaupte die Beklagte konkret nicht. Die Weisung der Beklagten, der Arbeitspflicht ohne das Tragen eines Kopftuchs nachzukommen, sei unwirksam. Die Zuweisung der seit dem 08.06.2015 ausgeübten Tätigkeiten sei nicht durch das Direktionsrecht gedeckt. Wegen Annahmeverzugs der Beklagten stehe ihr das mit der Klage vom 06.12.2016 und Klageerweiterung vom 10.03.2017 geforderte Entgelt zu.

Die Klägerin stellt den Antrag:

1. Es wird festgestellt, dass die Weisung der Beklagten an die Klägerin, nachdem die Klägerin entsprechend der Kleiderordnung und ohne auffällige großflächige religiöse, politische und sonstige weltanschauliche Zeichen am Arbeitsplatz zu erscheinen und ihre Arbeit aufzunehmen hat, unwirksam ist.

Hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin mit Kopftuch als Verkaufsberaterin und Kassiererin oder mit einer anderen, ihrer Ausbildung und ihren Fähigkeiten entsprechenden zumutbaren Tätigkeit in der Filiale in A-Stadt oder an einem anderen zumutbaren Arbeitsort gemäß Arbeitsvertrag vom 15.06.2004 zu beschäftigen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Juni 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2016 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Juli 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2016 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Juli 2016 an die Klägerin einen weiteren pauschalen Schadenersatz in Höhe von € 40,00 netto zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat August 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2016 zu zahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat August 2016 an die Klägerin einen weiteren pauschalen Schadenersatz in Höhe von € 40,00 netto zu zahlen.

7. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat September 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto abzüglich € 286,50 netto nebst Zinsen aus dem Differenzbetrag hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2016 zu zahlen.

8. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat September 2016 an die Klägerin einen weiteren pauschalen Schadenersatz in Höhe von € 40,00 netto zu zahlen.

9. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Oktober 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto abzüglich € 573,00 netto nebst Zinsen aus dem Differenzbetrag hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2016 zu zahlen.

10. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Oktober 2016 an die Klägerin einen weiteren pauschalen Schadenersatz in Höhe von € 40,00 netto zu zahlen.

11. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat November 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto abzüglich € 573,00 netto nebst Zinsen aus dem Differenzbetrag hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2016 zu zahlen.

12. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat November 2016 an die Klägerin einen weiteren pauschalen Schadenersatz in Höhe von € 40,00 netto zu zahlen.

13. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere € 440,71 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.10.2016 zu zahlen.

14. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Dezember 2016 an die Klägerin

€ 1.214,72 brutto abzüglich € 573,00 netto nebst Zinsen aus dem Differenzbetrag hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2017 zu zahlen.

15. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Dezember 2016 an die Klägerin einen weiteren pauschalen Schadenersatz in Höhe von € 40,00 netto zu zahlen.

16. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Januar 2017 an die Klägerin

€ 391,84 brutto abzüglich € 191,00 netto nebst Zinsen aus dem Differenzbetrag hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2017 zu zahlen.

17. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Dezember 2016 an die Klägerin einen weiteren pauschalen Schadenersatz in Höhe von € 40,00 netto zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Sie hält die Weisung, bei der Arbeit ohne Kopftuch zu erscheinen, für rechtswirksam, da sie die Rechte der Klägerin nicht verletze und billigem Ermessen entspreche.

Die Beklagte führt aus:

In ihrem Unternehmen bestehe seit jeher eine Kleiderordnung, die das Tragen des Kopftuchs untersagt. Die Betriebsordnung vom 18.03.2003 sei mehrfach angepasst worden. Daneben bestehe die Verpflichtung, auf auffällige religiöse Symbole aller Art zu verzichten. Im Verkauf sei man bestrebt, dass sich Kunden in ihrer religiösen Überzeugung nicht verletzt sehen und deswegen fernbleiben. Ziel sei es, alle Mitarbeiter gleich zu behandeln. Insbesondere soll das Tragen religiöser Symbole vermieden werden, um das Betriebsklima nicht zu stören. Die betriebliche Ordnung sei erst seit dem 27.07.2016 nicht mehr in Kraft. Jedoch bleibe die mündliche Weisung an die Klägerin davon unberührt. Die letzte Weisung entspreche der Vereinbarung der Parteien vom 20.05.2015. Die betriebliche Regelung entspreche dem Ansinnen des Berliner Neutralitätsgesetzes, eine Diskriminierung sei nicht zu erkennen. Der Arbeitgeber sei berechtigt, Weisungen zu geben, die die Ordnung und das Verhalten im Betrieb betreffen. Er könne unter Beachtung billigen Ermessens eine Kleiderordnung vorgeben. Die Klägerin habe beim Abschluss des unbefristeten Arbeitsvertrags gewusst, dass Kopfbedeckungen nicht geduldet seien und von ihr erwartet werde, dass sie die vorgegebene Dienstkleidung trage. Sie habe vor Beginn der Elternzeit bis zum 03.12.2011 während ihrer Tätigkeit kein Kopftuch getragen und sei mit der Kleiderordnung einverstanden gewesen. Das Interesse an der Einhaltung des Verzichts auf sichtbare religiöse Symbole und der Kleiderordnung überwiege selbst dann, wenn sich die Klägerin auf den Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG berufen könne. Die ihr erteilten Weisungen entsprächen billigem Ermessen und seien rechtens. Der Einsatz der Klägerin gemäß der Vereinbarung der Parteien vom 20.05.2015 sei nach Ziffer 4 AV und dem Gehaltstarifvertrag zulässig.

Im Übrigen wird wegen des weiteren umfangreichen Sachvortrags der Parteien im Einzelnen auf den AV, die „Regel für Mitarbeiter“, den Gehaltstarifvertrag für die Angestellten im Einzelhandel in Bayern vom 06.07.2011, den Bescheid der G. Krankenkasse in A-Stadt vom 17.02.2017 sowie die Sitzungsniederschriften vom 20.05.2015, 07.03.2016 und 14.03.2017 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist eröffnet und das Arbeitsgericht Nürnberg - Gerichtstag Ansbach - im Urteilsverfahren örtlich zuständig ( §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a, 46 Abs. 2 ArbGG, 17 ZPO).

Die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Weisung vom Juli 2016 gerichtete Klage in Ziffer 1. ist zulässig ( ErfKo, Preis, 16. Aufl., 2016, Gew 320, Rn. 7). Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, weil die Klägerin ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird, da sich die Beklagte der Wirksamkeit der Weisung berühmt. Auch einzelne Beziehungen und Folgen eines Rechtsverhältnisses können Gegenstand einer Feststellungsklage sein ( BAG, Urteil vom 19.06.1985, Az.: 5 AZR 57/84 = DB 86,132). Die Klägerin macht mit ihrer Antragsformulierung deutlich, welche konkrete Weisung hinsichtlich welcher konkreten Tätigkeit sie anfechten möchte. Dabei ist es auch möglich, im Wege der negativen Feststellungsklage geltend zu machen, dass der AG die Weisung nicht erteilen darf. Die Grenzen des Direktionsrechts sind in vollem Umfang gerichtlich nachprüfbar.

Die Klage ist begründet.

Die der Klägerin im Juli 2016 von der Beklagten unter Berufung auf das ihr zustehende Direktionsrecht erteilte Weisung, entsprechend der Kleiderordnung und ohne auffällige großflächige religiöse, politische und sonstige weltanschauliche Zeichen am Arbeitsplatz zu erscheinen und ihre Arbeit aufzunehmen, ist rechtsunwirksam.

Zwar war die Beklagte arbeitsvertraglich nicht daran gehindert, nach Maßgabe des § 106 GewO i.V.m Ziffer 1. AV der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts andere zumutbare Tätigkeiten als Verkaufsberaterin und Kassiererin auch an einem anderen Arbeitsort zuzuweisen. Bei der Ausübung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts ist zum Einen festzustellen, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat ( BAG, Urteil vom 26.09.2012, Az.: 10 AZR 311/11 = NZA-RR 2013, 403). Der Ausübung des Direktionsrechts steht nicht entgegen, dass die Klägerin seit mehr als 9 Jahren die Tätigkeit als Verkaufsberaterin und Kassiererin ausgeübt hat. Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf diese Tätigkeiten konkretisiert, weil diese seit Vertragsbeginn die wesentlichen gewesen sind. Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft regelmäßig keinen Vertrauensbestand dahingehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, auf Grund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen ( BAG, Urteil vom 28.08.2013, Az.: 10 AZR 569/12 = NZA-RR 2014, 181, m.w.N .). Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Dies ist letztlich jedoch auch nicht ( mehr) Klagegegenstand, sondern die Frage, ob sich die Beklagte zur Begründung der Ausübung ihres Direktionsrechts, welches ihr auch bei Weisungen hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer zusteht, vorliegend auf § 106 GewO berufen kann.

Die geschuldete Arbeitsleistung bestimmt sich nach der zulässigen Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber ( Erf Ko, Preis, a.a.O., § 106 GewO 320 Rn. 2). Auf Grund seines Weisungsrechts kann der Arbeitgeber eine im Arbeitsvertrag nur abstrakt umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers nach Zeit, Ort und Art der Leistung einseitig näher bestimmen soweit diese Leistungspflicht nicht durch Gesetz oder Vertrag festgelegt ist; der Regelung des § 106 Satz 1 GewO kommt insoweit klarstellende Bedeutung zu ( BAG, Urteil vom 24.02.2011, Az.: 2 AZR 636/09 = NZA 2011, 1087). Auch die Frage, in welcher Kleidung der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung verrichtet, gehört zum Inhalt der Arbeitsleistung und ist Weisungen des Arbeitgebers zugänglich ( ErfKo, Preis, a.a.O. § 106 GewO 320 Rn. 15). Zwar kann das Tragen einer bestimmten Kleidung zur vertragsgemäßen Erfüllung der Arbeitsleistung geboten sein ( BAG, Beschluss vom 03.02.2007, Az.: 1 ABR 18/06 = NZA 2007, 640). Ebenso kann es hierzu geboten sein, es zu unterlassen, sich in einer bestimmten Art zu kleiden. Eine bestimmte Bekleidung kann - ohne besondere vertragliche Vereinbarung - eine arbeitsleistungsbezogene Nebenpflicht des Arbeitnehmers darstellen, die der Arbeitspflicht nahekommt. Bekleidungsobliegenheiten können sich auch aus der Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag ergeben. In diesem Fall sind sie Teil der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht (vgl. Brose/Greiner/Preis, NZA 2011, 369 ff.). Bei der Bestimmung sich aus dem Arbeitsvertrag ergebender Handlungs- bzw. Unterlassungspflichten in Bezug auf die Kleidung während der Arbeitszeit gebietet der Schutz des Arbeitnehmers vor Überforderung eine Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien unter Berücksichtigung der widerstreitenden Grundrechtspositionen und der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Beklagte hat mit ihrer Weisung an die Klägerin im Juli klargestellt, dass sie entsprechend der Kleiderordnung und ohne auffällige großflächige religiöse, politische und sonstige weltanschauliche Zeichen am Arbeitsplatz zu erscheinen und ihre Arbeit aufzunehmen habe, das Tragen eines religiös motivierten Kopftuches während der Arbeitszeit demnach nicht gestattet ist. Sie solle vielmehr „neutral und entsprechend der geltenden Kleiderordnung in angemessener Kleidung professionell und leicht erkennbar gegenüber Kunden auftreten“. Diese Anordnung ist vorliegend vom Weisungsrecht nicht gedeckt. Ob das Verbot, während der Arbeit ein religiös motiviertes Kopftuch zu tragen, bereits aus der nach wie vor geltenden Kleiderordnung in der Fassung aus dem Jahr 2013 folgt, kann dahinstehen. Zu Gunsten der Klägerin kann davon ausgegangen werden, dass die Beklagte aus dieser Kleiderordnung keine weitergehenden Rechte ableiten kann als durch die Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts ( LAG Hamm, Urteil vom 17.02.2012, Az.: 18 Sa 867/11 = NZA 2014, 1407). Mit dieser Weisung hat die Beklagte die Grenzen billigen Ermessens gem. § 106 Satz 1 GewO nicht gewahrt. Dem AG obliegt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen billigen Ermessens ( BAG, Urteil vom 21.07.2009, Az.: 9 AZR 404/08 = NZA 2009, 1369). Eine Weisung entspricht billigem Ermessen, wenn der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat; dabei ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Arbeitgeber seine Entscheidung trifft ( BAG, Urteil vom 24.02.20011, Az.: 2 AZR 636/09, a.a.O.). Die in § 106 Satz 1 GewO geforderte Billigkeit wird inhaltlich durch die Grundrechte und damit auch durch das Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG und die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung des Art. 4 Abs. 2 GG mitbestimmt. Bei der Ausübung seines Weisungsrechts muss der Arbeitgeber die Glaubensfreiheit des Arbeitnehmers beachten, die durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG grundrechtlich geschützt ist; der Arbeitgeber muss auf einen beachtlichen Glaubens- oder Gewissenskonflikt, den der Arbeitnehmer offenbart, Rücksicht nehmen ( BAG, a.a.O.). Die somit erforderliche Interessenabwägung führt nach Ansicht der Kammer vorliegend zu dem Ergebnis, dass das Interesse der Beklagten, der Klägerin während der Arbeit das Tragen eines religiös motivierten Kopftuches zu untersagen, gegenüber dem Interesse der Klägerin, aus religiösen Gründen während der Arbeit ein Kopftuch zu tragen, zurückzutreten hat. Das gebietet die verfassungskonforme Auslegung und Anwendung des § 106 Satz 1 GeWO. GewO. Das bei der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts zu wahrende billige  Ermessen wird inhaltlich durch die Grundrechte des Arbeitnehmers mitbestimmt. Kollidieren diese mit dem Recht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer im Rahmen der gleichfalls grundrechtlich geschützten unternehmerischen Betätigungsfreiheit ( Art. 12 GG ) eine von der vertraglichen Vereinbarung gedeckte Tätigkeit zuzuweisen, sind die gegensätzlichen Rechtspositionen grundrechtskonform auszugleichen. Dabei sind die kollidierenden Grundrechte in ihrer Wechselwirkung zu sehen und so zu begrenzen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden. Es ist die Intensität des umstrittenen Eingriffs ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, dass die Vertragspartner mit dem Abschluss des Vertrags in eine Begrenzung grundrechtlicher Freiheiten eingewilligt haben ( BAG, Az.: 2 AZR 472/01, a.a.O ). Ob und inwieweit der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Weisungsrechts auf die Glaubensüberzeugungen des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen muss, ist damit eine Frage des Einzelfalls. Art. 4 GG garantiert in Abs. 1 die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, in Abs. 2 das Recht der ungestörten Religionsausübung. Beide Absätze des Art. 4 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht. Es erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten. Dazu gehört auch das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln ( BVerfG, 24.09.2003, Az.: 2 BvR 1436/02 ). Das Tragen eines Kopftuchs aus religiöser Überzeugung fällt in den Schutzbereich der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ( BAG, Urteil vom 10.10.2002, Az.: 2 AZR 472/01 = NZA 2003, 483 ), das Interesse der Klägerin, während der Arbeit aus religiösen Gründen ein Kopftuch zu tragen, ist durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützt. Die grundrechtlich geschützte Glaubensfreiheit umfasst nicht nur die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln ( BVerfG, Beschluss vom 19.10.1971- 1 BvR 387/65 ). Wegen der Bedeutung, die Muslime dem Kopftuch beilegen, gilt es als Sinnbild einer bestimmten Glaubensüberzeugung, als Ausdruck des Bekenntnisses der Trägerin zum islamischen Glauben und damit als sichtbares Zeichen für die Ausübung ihrer Religion ( ErfKo, Schmidt, Art. 4 GG 10, Rn. 12). Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Tragen eines Kopftuchs Ausdruck eines zwingenden religiösen Gebots des Korans ist, was innerhalb des Kreises islamischer Glaubensgelehrter umstritten sein mag. Maßgeblich ist allein, dass das Verhalten überhaupt von einer wirklichen religiösen Überzeugung getragen und nicht anders motiviert ist. Unter den Schutzbereich des Art. 4 GG fallen auch Verhaltensweisen, die nicht allgemein von den Gläubigen geteilt werden ( BAG, Urteil vom 10.10.2002, a.a.O. ). Allerdings kann die nicht ernsthafte, möglicherweise nur vorgeschobene Berufung auf bestimmte Glaubensinhalte und -gebote keine Beachtung finden. Es muss erkennbar sein, dass der Arbeitnehmer, der sich auf einen Glaubenskonflikt beruft, den von ihm ins Feld geführten Ge- oder Verboten seines Glaubens absolute Verbindlichkeit beimisst, dass es sich also um eine für ihn zwingende Verhaltensregel handelt, von der der Betroffene nicht ohne innere Not absehen kann (BAG, Az.: 2 AZR 636/09 a.a.O , LAG Hamm, Urteil vom 20.04.2011, Az.: 4 Sa 2230/10; LAG Schleswig- Holstein, Urteil vom 20.01.2009, Az.: 5 Sa 270/08). Anhaltspunkte hierfür sind nicht feststellbar. Die Klägerin befindet sich nach dem unbestrittenen Sachvortrag ( § 138 Abs. 3 ZPO ) in einem ernsthaften Glaubenskonflikt und betrachtet das Tragen eines Kopftuchs als für sich als essentiellen Bestandteil ihrer Glaubensrichtung verbindlich von den Regeln ihrer Religion vorgegeben. Das Befolgen dieser Bekleidungsregel ist für sie Ausdruck ihres religiösen Bekenntnisses. Sie ist bereit, die Unwägbarkeiten des vorliegenden Rechtsstreits und damit ein erhebliches wirtschaftliches Risiko auf sich zu nehmen. Die Klägerin hat das Angebot der Beklagten, die Arbeit ohne das Tragen eines Kopftuches fortzusetzen, nicht angenommen, sondern stattdessen den Verlust ihres Arbeitseinkommens in Kauf genommen. Dass sie bei Abschluss des Arbeitsvertrages den hier streitgegenständlichen Konflikt hätte vorhersehen können, nimmt ihr nicht die Möglichkeit, sich auf Art 4 GG zu berufen. Zwar kann es dem Arbeitnehmer verwehrt sein, einen Glaubenskonflikt geltend zu machen, wenn er bei Vertragsschluss bereits positiv wusste, dass er die vertraglich eingegangenen Verpflichtungen aufgrund seiner Glaubensüberzeugungen nicht würde erfüllen können. Der Umstand, dass die Möglichkeit eines Glaubenskonfliktes für den Arbeitnehmer vorhersehbar war, nimmt jedoch dessen späterer Erklärung, er berufe sich nunmehr auf seine Glaubensüberzeugung, nichts von ihrer rechtlichen  Beachtlichkeit; der aktuelle Glaubenskonflikt des Arbeitnehmers ist deshalb nicht weniger bedeutsam im Sinne des Art. 4 GG. Glaubensüberzeugungen können sich ändern (BAG, Az.: 2 AZR 636/09, a.a.O.). Der Arbeitgeber muss einen ihm offenbarten und beachtlichen Glaubens- oder Gewissenskonflikt des Arbeitnehmers bei der Ausübung seines Weisungsrechts berücksichtigen. Die Relevanz und Gewichtigkeit der Gewissensbildung unterliegt dabei keiner gerichtlichen Kontrolle (BAG, Urteil vom 22.05.2003, Az.: 2 AZR 426/02 = AP Nr. 18 zu § 1 KSchG Wartezeit). 

In Anwendung dieser Grundsätze vermochte die Beklagte keine Rechtfertigungsgründe darzulegen, die eine derartige Einschränkung der Religionsfreiheit der Klägerin rechtfertigen würden. Insbesondere sind betriebliche Ablaufstörungen, Streitigkeiten zwischen den Mitarbeitern und Beschwerden von Kunden nur pauschal behauptet und nicht ausreichend unter Beweis gestellt worden. Das Grundrecht der Religionsfreiheit kann nicht derart eingeschränkt werden, wenn die Beklagte - wie vorliegend - Kundenbeschwerden und Streitigkeiten zwischen Mitarbeitern lediglich vermutet, ohne tatsächliche konkrete Anhaltspunkte hierfür hinreichend darlegen zu können.

Zwar ergibt sich aus der Rechtsprechung des EuGH ( Urteil. v. 14.3.2017, Az.: C-157/15 = NZA 2017,373), dass das grundsätzliche Verbot, ein islamisches Kopftuch bei der Arbeit zu tragen, welches sich aus einer internen Regel eines privaten Unternehmens ergibt, die allgemein das sichtbare Tragen jedes politischen, philosophischen oder religiösen Zeichens am Arbeitsplatz verbietet, gerechtfertigt werden kann aus der betrieblichen Entscheidung heraus, eine allgemeine Neutralitätspolitik zu verfolgen.

Der EuGH hat in dieser Entscheidung folgende Rechtsgrundsätze aufgestellt:

„Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass das Verbot, ein islamisches Kopftuch zu tragen, das sich aus einer internen Regel eines privaten Unternehmens ergibt, die das sichtbare Tragen jedes politischen, philosophischen oder religiösen Zeichens am Arbeitsplatz verbietet, keine unmittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung im Sinne dieser Richtlinie darstellt.

Eine solche interne Regel eines privaten Unternehmens kann hingegen eine mittelbare Diskriminierung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 darstellen, wenn sich erweist, dass die dem Anschein nach neutrale Verpflichtung, die sie enthält, tatsächlich dazu führt, dass Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung in besonderer Weise benachteiligt werden, es sei denn, sie ist durch ein rechtmäßiges Ziel wie die Verfolgung einer Politik der politischen, philosophischen und religiösen Neutralität durch den Arbeitgeber im Verhältnis zu seinen Kunden sachlich gerechtfertigt, und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind angemessen und erforderlich; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.“

Nach dieser Rechtsprechung werden keine konkreten Anhaltspunkte gefordert, um eine Beschränkung der Religionsfreiheit zu rechtfertigen. Allerdings muss klar und eindeutig eine Neutralitätspolitik im Unternehmen verfolgt werden. Schreibt die betriebliche Regelung allen Arbeitnehmern gleicher Maßen allgemein und undifferenziert vor, sich neutral zu kleiden, was das Tragen eines Kopftuchs ausschließt, liegt keine unmittelbare Diskriminierung vor. Diese Voraussetzungen der Verfolgung einer Neutralitätspolitik sind vorliegend jedenfalls nicht feststellbar. Die Beklagte vermochte nicht zur Überzeugung der Kammer ( § 287 ZPO) hinreichend darlegen, dass sie tatsächlich in ihrem Betrieb eine bisher offensichtlich nicht betriebene Neutralitätspolitik als nunmehrige betriebliche Entscheidung verfolgt. Die letzte Weisung der Beklagten, die sich auf die Neutralitätspolitik beruft, gründet gerade nicht auf einer internen Regelung, die allgemein und undifferenziert auf alle Mitarbeiter der Beklagte wirkt. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die mit Schriftsatz vom 06. Juni 2016 angekündigte Änderung der betrieblichen Ordnung durch die Beklagte, mit dem Inhalt an alle Mitarbeiter ohne sichtbare, religiöse, politische und sonstige weltanschauliche Zeichen am Arbeitsplatz zu erscheinen, bereits zum 07. Juli 2016 nicht mehr in Kraft war. Zum Anderen kann sich die Weisung auch nicht auf die kodifizierte Betriebsordnung bei der Beklagten stützen, ganz unabhängig davon seit wann diese betriebliche Ordnung überhaupt in Kraft ist. Nach dieser Ordnung ergibt sich lediglich, dass das Tragen legerer Freizeitbekleidung, wie insbesondere Training- und Jogginganzüge sowie „Kopfbedeckungen aller Art bei Kundenkontakt“ nicht gestattet werden. Auch hierbei handelt es sind nicht um eine ausreichende interne Regelung, die die Verfolgung einer Neutralitätspolitik hinreichend zu beweisen vermag. Diese Regelung zielt zur Überzeugung der Kammer ganz offensichtlich auf die Gewährleistung einer ordentlichen und seriösen Arbeitsbekleidung und nicht auf die Wahrung politischer, religiöser und weltanschaulicher Neutralität. Im Vordergrund standen erkennbar allgemeine Ordnungs- und Betriebsverhaltensregeln für das äußere Erscheinungsbild der Mitarbeiter beim Auftreten iSd Kundenzufriedenheit und des Images. Eine klare Regelung hinsichtlich religiöser Neutralität, insbesondere bei Mitarbeitern mit Kundenkontakt hat die Beklagte nur behauptet, eine solche aber nicht durch ein allgemeinverbindlich betriebsöffentlich oder unternehmensweit verpflichtend bekanntgemachtes unternehmerisches Konzept untermauert. Erst im Streitfall im Zusammenhang mit der Weisung an die Klägerin wurde ein solches überhaupt erst zur Begründung des Kopftuchverbots angeführt. Wollte man diese Regelung in religiöser Hinsicht auslegen, wäre sie unmittelbar diskriminierend, da sie nicht allgemein und undifferenziert wirkt. Religionen, die das Tragen von Kopfbedeckungen ( z.B. Islam, Judentum) zwingend erfordern, werden eindeutig stärker diskriminiert, eingeschränkt und ungleich behandelt als andere Religionen die diese Verpflichtung nicht beinhalten ( z.B. Christentum). Die Weisung kann überdies auch nicht auf der angeblich allgemein im Betrieb geltenden Verpflichtung beruhen, die das Tragen politischer, religiöser und weltanschaulicher Zeichen verbietet. Da es sich bei der Verpflichtung um eine mündliche Anordnung handelt, die in keiner Form schriftlich kodifiziert ist, ist nicht ausreichend erkennbar, ob diese Verpflichtung tatsächlich besteht und ob alle Mitarbeiter gleichermaßen verpflichtet werden, sich daran zu halten. Auf Grund der fehlenden Kodifizierung bestehen bereits Zweifel an einer essentiellen Ernsthaftigkeit der behaupteten Neutralitätspolitik. Die Beklagte könnte diese unschwer kodifizieren und zum Bestandteil des Arbeitsvertrags machen ( § 105 GewO). Die Beklagte hätte daher zudem prüfen müssen, das Direktionsrecht eingeschränkt dahin auszuüben, die Klägerin mit Kopftuch anderweitig zu beschäftigen. Dies hat sie ernsthaft gar nicht in Erwägung gezogen, außer zum Zweck der gütlichen Einigung.

Nach alldem erweist sich die Weisung als rechtswidrig und unwirksam.

Der Klägerin steht somit Entgeltfortzahlung wegen der verweigerten Beschäftigung ein Anspruch auf die begehrte Entgeltzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zu ( §§ 615 Satz 1, 293 ff. BGB). Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, die vereinbarte Vergütung zu zahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste in Verzug kommt. Voraussetzung dafür ist, dass er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt ( § 293 BGB). Die Beklagte ist in Annahmeverzug geraten, weil die Klägerin die am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und in der richtigen Weise angebotene Leistung nicht angenommen hat. Gemäß § 294 muss die Leistung dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden, nach § 295 BGB ist ein wörtliches Angebot unter den dort genannten Voraussetzungen ausreichend. Die leistungsbereite undwillige Klägerin wollte die Arbeitsleistung stets mit der Maßgabe erbringen, dass sie bei der Arbeit aus religiösen Gründen zulässiger Weise ein Kopftuch trägt und Klägerin hat der Beklagten sowohl am 21.06.2016 als auch am 18.10.2016 ihre Arbeitskraft persönlich in rechtmäßiger Weise mit Kopftuch angeboten. Die Beklagte hat jedoch aufgrund einer rechtswidrigen Weisung die Arbeitskraft zu Unrecht abgelehnt und ist so in Annahmeverzug geraten.

Die Höhe des Anspruchs ist im Wesentlichen unbestritten, ein Schriftsatznachlass zu Ziffer 16 des klägerischen Schriftsatzes vom 10.03.2017 war in Ermangelung substanziierten Sachvortrags nicht veranlasst.

Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 247 BGB.

Die Klägerin hat hingegen keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Verzugspauschale gem. § 288 Abs. 5 BGB.

Danach hat der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, ungeachtet eines Anspruchs auf Verzugszinsen oder sonstigen Verzugsschadens einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Mit dieser Vorschrift ist Art. 6 Abs. 1 und 2 der Europäischen Richtlinie 2011/7/EU zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr in deutsches Recht umgesetzt worden.Eine Anwendbarkeit dieser Norm ist im Arbeitsrecht heftig umstritten. Für deren Anwendbarkeit spricht der klare und eindeutige Wortlaut, der dem Arbeitnehmer die Pauschale bei einer Entgeltforderung ausnahmslos zuspricht. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die Norm im Arbeitsrecht nicht durchgreift, hätte er wohl eine Ausnahmeregelung in die Norm aufgenommen ( vgl. LAG Köln, Urteil vom 22.11.2016, Az.: 12 Sa 524/16 = ZTR 17, 105; LAG BadenWürttemberg, Urteil vom 13.10.2016, Az.: 3 Sa 34/16 = ArbR 2016, 579). Die Kammer jedoch folgt der Gegenmeinung, wonach die Verzugspauschale im Arbeitsrecht wegen Unvereinbarkeit mit dem Ausschluss der Kostenerstattung im arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz gemäß § 12a ArbGG unanwendbar ist ( Palandt/Grüneberg, 75. Aufl. 2016, § 288 Rn. 15, Diller in NZA 2015, 1095, ArbG Düsseldorf, Urteil vom 12.05.2016, Az.: 2 Ca 5416/15, ArbG Nürnberg, Urteil vom 11.11.2016, Az.: 12 Ca 6016/15 = NZA-RR 2017, 185). Dies folgt bereits zum Einen aus dem Sinn und Zweck der Verzugspauschale. Nach der ausdrücklichen Regelung in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2011/7/EU stellt die Verzugspauschale eine Entschädigung für die Beitreibungskosten des Gläubigers dar. Auch die Begründung des Regierungsentwurfs zur Einführung der Verzugspauschale verweist ausdrücklich darauf, dass die Pauschale Ersatz für Beitreibungskosten bzw. Rechtsverfolgungskosten des Gläubigers darstellen soll. Dieser Zweck ergibt sich ferner aus § 288 Abs. 5 Satz 3 BGB, wonach die Pauschale auf Schadensersatz für Rechtsverfolgungskosten anzurechnen ist.

Der Sinn und Zweck steht im Widerspruch zu § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, der im Urteilsverfahren erster Instanz einen Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistands ausschließt. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber im Arbeitsrecht grundsätzlich die Erstattung der Rechtsverfolgungskosten in der ersten Instanz ausschließen wollte. Anhaltspunkte, dass § 288 Abs. 5 BGB an diesem Grundsatz etwas ändern wollte, sind nicht ersichtlich.

Nach alldem war der Klage überwiegend stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Streitwertentscheidung folgt aus §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, 495, 3 ff. ZPO i.V.m. I Nr. 12 Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtbarkeit vom 05.04.2016.

Gründe für eine gesonderte Berufungszulassung liegen nicht vor ( § 64 Abs. 3 ArbGG). Im Übrigen wird auf die Rechtsmittelbelehrungverwiesen.

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3 Referenzen - Urteile
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published on 28/08/2013 00:00

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. März 2012 - 15 Sa 1204/11 - wird zurückgewiesen.
published on 26/09/2012 00:00

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. März 2011 - 1 Sa 571/10 - wird zurückgewiesen.
published on 24/02/2011 00:00

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 20. Januar 2009 - 5 Sa 270/08 - aufgehoben, soweit es die ordentliche Kündigun
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Annotations

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Abschluss, Inhalt und Form des Arbeitsvertrages frei vereinbaren, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften, Bestimmungen eines anwendbaren Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung entgegenstehen. Soweit die Vertragsbedingungen wesentlich sind, richtet sich ihr Nachweis nach den Bestimmungen des Nachweisgesetzes.

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands. Vor Abschluß der Vereinbarung über die Vertretung ist auf den Ausschluß der Kostenerstattung nach Satz 1 hinzuweisen. Satz 1 gilt nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, daß der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- oder Sozialgerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat.

(2) Werden im Urteilsverfahren des zweiten und dritten Rechtszugs die Kosten nach § 92 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung verhältnismäßig geteilt und ist die eine Partei durch einen Rechtsanwalt, die andere Partei durch einen Verbandsvertreter nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 vertreten, so ist diese Partei hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten so zu stellen, als wenn sie durch einen Rechtsanwalt vertreten worden wäre. Ansprüche auf Erstattung stehen ihr jedoch nur insoweit zu, als ihr Kosten im Einzelfall tatsächlich erwachsen sind.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands. Vor Abschluß der Vereinbarung über die Vertretung ist auf den Ausschluß der Kostenerstattung nach Satz 1 hinzuweisen. Satz 1 gilt nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, daß der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- oder Sozialgerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat.

(2) Werden im Urteilsverfahren des zweiten und dritten Rechtszugs die Kosten nach § 92 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung verhältnismäßig geteilt und ist die eine Partei durch einen Rechtsanwalt, die andere Partei durch einen Verbandsvertreter nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 vertreten, so ist diese Partei hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten so zu stellen, als wenn sie durch einen Rechtsanwalt vertreten worden wäre. Ansprüche auf Erstattung stehen ihr jedoch nur insoweit zu, als ihr Kosten im Einzelfall tatsächlich erwachsen sind.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.