Arbeitsgericht Hamburg Urteil, 01. März 2017 - 24 Ca 190/16
Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits zu einem Kostenstreitwert 2.636,28 Euro.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 439,38 Euro festgesetzt.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger nimmt die Beklagte aus dem fortbestehenden Arbeitsverhältnis auf Zahlung in Anspruch. Die Parteien streiten über die Anhebung der gezahlten Vergütung entsprechend einer Tariferhöhung im Bankengewerbe und über deren Anrechnung auf die übertarifliche Vergütung.
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Die Kläger stand seit dem 1. Juli 1997 auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 29. Mai 1997 (Anlage K 1, Bl. 6 ff d. A.) in einem Arbeitsverhältnis eines Bankenkonsortiums, das in der Rechtsform einer G. unter der Firma N. geführt wurde (im Folgenden: N. G.). In seinem Arbeitsvertrag heißt es u.a.:
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„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Tarifvertrag für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken sowie der Dienstordnung in ihren jeweiligen Fassungen.“
- 4
Ursprünglich gab es die S. und die N.. Die Durchführung der N. einschließlich der Eingehung von Arbeitsverhältnissen übertrugen die Trägerländer der N. G.. Konsortialführerin war die Hamburgische Landesbank. Im Jahr 2000 wurde die N. der Länder als ein gemeinsamer Eigenbetrieb öffentlichen Rechts der Länder ins Handelsregister eingetragen. Arbeitgeberin der für die N. tätigen Mitarbeiter blieb weiterhin die N. G..
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Die N. G. wandte das hausinterne Vergütungssystem der Bank 1 für ihre Mitarbeiter an. Dieses Vergütungssystem beinhaltet neben den 9 Tarifgruppen und den nach Berufsjahren gestaffelten Stufen des Bankentarifvertrages noch 4 übertarifliche Stufen (21, 31, 41 und 51, „ÜT“) und außertarifliche Stufen („AT“, vgl. beispielhaft Gehaltstabelle ab 01. November 1990, Anlage B 2, Bl. 41d. A.).
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Der Kläger ist in die Tarifgruppe 9/11 des Bankentarifvertrags mit einem Bruttomonatsgehalt von 4.771,00 € sowie in eine übertarifliche Vergütungsgruppe ÜT 9/21 mit einem Gehalt von 4.882,00 € brutto eingruppiert, wobei die Eingruppierung in Anerkennung der mit Engagement und Einsatzbereitschaft erfüllten gestiegenen Anforderungen in seinem Aufgabengebiet erfolgte (vgl. Schreiben vom 16. Februar 2011, Anlage B3, Bl. 43 d.A.). Die Vergütung in den übertariflichen Stufen wurde dabei in den Abrechnungen und Gehaltstabellen einheitlich als „Tarifgehalt“ ausgewiesen (vgl. Anlage K6, Bl. 13 d.A.).
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Am 01. April 2009 errichteten die Länder mit dem Staatsvertrag die länderübergreifende Anstalt des öffentlichen Rechts, die nicht Mitglied in einem Arbeitgeberverband war. Diese war Gesamtrechtsnachfolgerin des Eigenbetriebs und der N. G.. Die Arbeitsverhältnisse der bei der N. G. angestellten Mitarbeiter – auch das des Klägers - wurden durch dreiseitige Überleitungsvereinbarungen von der N. G. auf die Anstalt übergeleitet (vgl. Überleitungsvereinbarung, Anlage B5, Bl. 50 ff d.A.). Alle Mitarbeiter wurden über den Betriebsübergang unterrichtet. Dabei wurde ihnen mitgeteilt, dass die Bankentarifverträge zunächst statisch weitergelten sollten, soweit sich aus den Arbeitsverträgen nichts anderes ergebe (vgl. Unterrichtungsschreiben vom 08. Oktober 2008, Anlage B4, Bl. 44 ff d. A.). Tatsächlich waren die Verweisungsklausel auf die Bankentarifverträge in den Arbeitsverträgen der Mitarbeiter der N. G. unterschiedlich formuliert, teilweise dynamisch, teilweise statisch und teilweise war auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes und des Datums des Vertragsschlusses unklar, inwiefern die Verweisung nach dem Betriebsübergang ab dem 01. April 2009 dynamisch oder statisch auszulegen war.
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Aufgrund der Problematik, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge teils dynamisch, teils statisch fortgalten, und einer etwaigen daraus resultierenden Ungleichbehandlung beschloss der Aufsichtsrat der neu gegründeten Anstalt des öffentlichen Rechts N. am 01. April 2009 für alle Mitarbeiter, die vor dem 01. April 2009 für die N. tätig waren, eine dynamische Besitzstandswahrung. Am 10. Juli 2009 sandte der Vorstandsvorsitzende Herr S1 unter dem Betreff „dynamische Besitzstandswahrung für alle Mitarbeiter“ eine E-Mail an alle Beschäftigten (Anlage K 2, Bl. 9 d.A.). Diese lautet auszugsweise wie folgt:
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„Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
wie Sie wissen, war im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang der N. vom Eigenbetrieb auf die Anstalt öffentlichen Rechts über die wichtige Frage der statischen oder dynamischen Anwendung des Bankentarifvertrages auf die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, bei denen sich eine dynamische Anwendung nicht aufgrund der Rechtslage „automatisch“ ergab, zu entscheiden.
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Auf seiner 1. Sitzung am 1. April 2009 ist unser Aufsichtsrat unserem Vorschlag gefolgt und hat der dynamischen Besitzstandswahrung für alle Mitarbeiter zugestimmt. Der Beschluss des Gremiums lautet konkret: “der Aufsichtsrat stimmt einer Anwendung der dynamischen Besitzstandswahrung für alle Mitarbeiter der N. zu, die vor dem 1. April 2009 für die N. tätig waren.“ Dies bedeutet, dass zukünftige Änderungen im Bankentarifvertrag wie z.B. Lohnerhöhungen, neue Regelungen zum Urlaub oder zur Arbeitszeit auch weiterhin für sie alle gelten (…).“
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Mit Staatsvertrag vom 15. Dezember 2011 wurde die Beklagte mit Wirkung zum 01. Juli 2012 gegründet. Sie ist Gesamtrechtsnachfolgerin der N. und der S..
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Bislang wurde die Bruttovergütung des Klägers stets zu dem Zeitpunkt und in der Höhe gesteigert, wie die Vergütung nach dem Bankentarifvertrag angehoben wurde. Ein Vorbehalt oder ähnliches wurde im Zusammenhang mit der Steigerung der Vergütung entsprechend der Steigerung nach dem Bankentarifvertrag nicht vorgenommen. Vielmehr wurde sowohl das Tarifgehalt als auch der übertarifliche Anteil der Vergütung entsprechend der Tarifentwicklung des Bankentarifvertrages erhöht.
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Mit Schreiben vom 17. Juli 2014 und 22. Juni 2015 unterrichtete die Beklagte den Kläger, dass sich sein Tarifgehalt ab Juli 2014 um 2,4 % und ab Juli 2015 um weitere 2,1 % entsprechend dem Inhalt des Tarifabschlusses erhöhe. Sie wies darauf hin, dass auf eine Erhöhung des über- bzw. außertariflichen Teils des Gehalts kein Anspruch bestehe (Anlagen B 6 und B7, Bl. 53 f d.A.).
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Mit Schreiben vom 07. September 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Tarifsteigerung im Bankenbereich ab dem 01. Oktober 2016 von 1,5 % vollständig auf den übertariflichen Anteil der übertariflichen Gehälter angerechnet werde, so dass sich sein Gehalt nicht erhöhe (Anlage B 8, Bl. 55 d. A.).
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Mit seiner Klage begehrt der Kläger zuletzt die Tarifsteigerung von 1,5 % auf seine übertarifliche Vergütung, d.h. 73,23 € brutto monatlich (4.882,00 € brutto x 1,5 %) für den Zeitraum vom 1. Oktober 2016 bis 28. Februar 2017, wobei für den Monat November 2016 dieser Betrag zweimal begehrt wird, da im Monat November ein weiteres Gehalt gezahlt wird.
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Der Kläger trägt vor:
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der Zahlungsanspruch ergebe sich bereits aus der E-Mail vom 10. Juli 2009, weil diese eine bindende Gesamtzusage darstelle. Die sogenannte tarifliche Vergütung, welche rechtlich mangels Tarifbindung keine tarifliche Vergütung darstelle, und die sogenannten übertariflichen Stufen sowie die Gehälter der leitenden Mitarbeiter hätten in der internen Sprachregelung den sogenannten „Haustarif“ gebildet. Mangels Tarifbindung habe es sich um eine vertragliche Vergütung gehandelt. Bei den Parteien sei hausintern immer von einer einheitlichen Vergütung ausgegangen worden. So zeige sich auch anhand der Vergütungsmitteilungen, dass eine Differenzierung der einzelnen Gehaltsbestandteile nur hinsichtlich besonderer Zulagen erfolgt sei, während die übertarifliche Zulage eben nicht gesondert benannt, sondern als fester Gehaltsbestandteil bewertet worden sei. Den Mitarbeitern sei eine höhere Stufe zugewiesen worden, wenn eine besondere Leistung oder eine besondere Aufgabe oder eine besondere Position honoriert werden sollte. Vor diesem Hintergrund sei die Mail vom 10. Juli 2009 dahingehend auszulegen, dass sich die dynamische Besitzstandswahrung auf die Fortführung der bisherigen Praxis bezogen habe, den Haustarif weiterhin entsprechend der Tarifentwicklung des Bankentarifvertrages zu steigern. Dies korrespondiere mit der Aussage des Vorstandes der Beklagten Herrn S1, welcher unter anderem auf einer Betriebsversammlung gesagt habe, dass „alles bleibe wie bisher“.
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Daneben bestehe der Anspruch aufgrund einer betrieblichen Übung, weil die Beklagte unstreitig nach dem Betriebsübergang im Jahr 2008 sämtliche Tariflohnerhöhungen auf sämtliche Gehaltsbestandteile bezogen habe.
- 19
Die auf künftige Leistung gerichtete Klage nahm der Kläger zurück.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von 439,38 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2016 auf 73,23 € brutto, seit dem 01.11.2016 auf 146,46 € brutto, seit dem 1.12.2016 auf 73,23 € brutto, seit dem 01.01.2017 auf 73,23 € brutto und seit dem 01. 2.2017 auf 73,23 € brutto zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte trägt vor:
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die N. G. sei Mitglied im Arbeitgeberverband und daher tarifgebunden gewesen; dies ergebe sich auch aus dem unstreitigen Inhalt der Anlage B 1 (Bl. 40 d. A.). Die E-Mail vom 10. Juli 2009 beziehe sich nur auf die dynamische Anwendung der Bankentarifverträge vor dem Hintergrund der fehlenden Tarifbindung der Betriebserwerberin und der unterschiedlichen Ausgestaltung der Verweisungsklauseln. Trotz der Weitergabe der Tariferhöhung auf die übertarifliche Vergütung in der Vergangenheit sei eine Anrechnung zulässig. Ein anrechnungsfester, übertariflicher Gehaltsbestandteil sei nicht vereinbart worden, dafür spreche bereits der Umstand, dass die Vergütung als einheitlicher Betrag ausgewiesen worden sei. Die übertariflichen Stufen – auch im Fall des Klägers – dienten nicht dazu, besondere Leistungen oder Erschwernisse abzugelten. Es handele sich um eine rein übertarifliche Vergütung.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die überreichten Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Differenzvergütung von € 73,23 brutto pro Monat zu.
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1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die eingeklagte Gehaltsanpassung aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Regelung. Der Arbeitsvertrag verweist in seinem dritten Absatz lediglich auf den Tarifvertrag für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken sowie der Dienstordnung in ihren jeweiligen Fassungen. Es gibt keine ausdrückliche Regelung, durch die auf einen „Haustarifvertrag“ oder ein internes, übertarifliches Vergütungssystem verwiesen wird.
- 29
2. Der Kläger kann seinen Anpassungsanspruch nicht auf die E-Mail vom 10. Juli 2009 stützen. Dazu führt das Arbeitsgericht Hamburg in der Entscheidung vom 21. Februar 2017, 20 Ca 221/16, überzeugend das Folgende aus, was sich die erkennende Kammer nach eigener Rechtsprüfung zu Eigen macht:
- 30
„Auch wenn diese als Gesamtzusage zu verstehen ist, so hat sie nicht den vom Kläger gewünschten Inhalt.
- 31
a) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Eine ausdrückliche Annahme des in der Erklärung enthaltenen Antrags iSv. § 145 BGB wird dabei nicht erwartet. Ihrer bedarf es nicht. Das in der Zusage liegende Angebot wird gemäß § 151 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf dessen konkrete Kenntnis kommt es nicht an. Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Von der seitens der Arbeitnehmer angenommenen, vorbehaltlosen Zusage kann sich der Arbeitgeber individualrechtlich nur durch Änderungsvertrag oder wirksame Änderungskündigung lösen (BAG, Urteil vom 20. August 2014, 10 AZR 453/13, zit. nach juris Rn. 14).
- 32
b) Nach diesen Maßgaben stellt die E-Mail des Herrn S1 vom 10. Juli 2009 eine Gesamtzusage dar. Sie ist an alle Mitarbeiter der N. gerichtet und beinhaltet die Erklärung der dynamischen Besitzstandswahrung für alle Mitarbeiter der N.. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine unverbindliche Information, sondern um eine rechtsverbindliche Zusage, die Bankentarifverträge – ungeachtet der fehlenden Tarifbindung der Arbeitgeberin und der jeweiligen Formulierung der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel - weiterhin auf alle Arbeitsverhältnisse dynamisch anzuwenden. Die Frage der statischen oder dynamischen Anwendbarkeit der Tarifverträge ist für die Arbeitsvertragsparteien von erheblicher Bedeutung, da der Kernbereich des Arbeitsverhältnisses – u.a. die Vergütung und der Umfang der Arbeitszeit – betroffen ist. Über diese Fragen soll erkennbar Rechtssicherheit hergestellt werden. Aus diesem Grund hat der Aufsichtsrat der Beklagten auch verbindlich durch Beschluss der vorgeschlagenen dynamischen Besitzstandswahrung zugestimmt.
- 33
c) Die Zusage beinhaltet jedoch nicht die Weitergabe der Tariferhöhung auf übertarifliche Vergütungsbestandteile.
- 34
aa) Bei einer Gesamtzusage handelt es sich um ein an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtetes Vertragsangebot iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht. Maßgeblich für den Arbeitnehmer ist bei der Gesamtzusage der Inhalt, den sie zum Zeitpunkt des Eintritts des Arbeitnehmers hatte (BAG vom 20. August 2014, aaO, Rn. 18-25 m.w.N.).
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bb) Nach diesen Auslegungsgrundsätzen ist zunächst festzustellen, dass der Wortlaut der Zusage eindeutig ist, da ausschließlich vom „Bankentarifvertrag“, nicht jedoch von einem hausinternen über-/ außertariflichen Vergütungssystem der Bank 1 oder der N. G. die Rede ist. Eine Unklarheit besteht insofern nicht. Die Zusage ist – auch für die Arbeitnehmer erkennbar – in dem Bestreben erfolgt, aufgrund der fehlenden Tarifbindung der Betriebserwerberin und der unterschiedlichen Formulierung der Verweisungsklauseln in den Arbeitsverträgen nach dem Betriebsübergang Rechtssicherheit und eine Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer – ungeachtet ihrer jeweiligen Verweisungsklausel – zu schaffen. So hatten bereits die Betriebsveräußerin und die Betriebserwerberin in dem Unterrichtungsschreiben über den Betriebsübergang (Seite 3, 4 der Anlage K 2) und in dem Überleitungsvertrag (Seite 2 der Anlage K 3) auf die Problematik hingewiesen und u.a. erklärt, dass der Lotterieausschuss auf seiner Sitzung am 24. April 2008 eine Empfehlung abgegeben habe,
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„dass die Anstalt öffentlichen Rechts die Tarifverträge der Tarifgemeinschaft öffentlicher Banken auf alle Mitarbeiter, die zum Stichtag bei dem Bankenkonsortium angestellt sind und auf die Anstalt öffentlichen Rechts übergehen, weiterhin - unabhängig von der Reichweite der arbeitsvertraglichen Tarif-Verweisungsklausel und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts – dynamisch anwendet, d. h. in ihrer jeweils gültigen Fassung einschließlich künftiger Tarifentwicklungen.“ (vgl. 4. Absatz Seite 2 der Überleitungsvereinbarung Anlage K 3)
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Auf diese Empfehlung, die sich ebenfalls nur auf die Tarifverträge der Tarifgemeinschaft öffentlicher Banken bezieht, nimmt die Zusage Bezug, indem mitgeteilt wird, dass der Aufsichtsrat dieser Empfehlung gefolgt ist und ihr zugestimmt hat. Weiterhin spricht gegen die vom Kläger gewünschte Auslegung der Zusage, dass den Mitarbeitern nur eine „Besitzstandswahrung“ gewährt werden sollte. Vor dem Betriebsübergang hatten die Arbeitnehmer der N. G. auch keinen Anspruch auf Anpassung der übertariflichen Vergütung entsprechend der Tarifsteigerung. Eine entsprechende Anspruchsgrundlage ist nicht erkennbar. Der Kläger hat insbesondere keine konkreten Umstände vorgetragen, die dafür sprechen könnten, dass das tatsächlich gezahlte übertarifliche Entgelt als tarifliches Entgelt galt (sog. Effektivgarantieklausel) oder dass vereinbart worden ist, dass jedenfalls keine Anrechnung der Tariferhöhung auf den übertariflichen Lohnbestandteil erfolgt (sog. begrenzte Effektivklausel).
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Dass die Arbeitnehmer aufgrund der Erklärung tatsächlich davon ausgegangen sein mögen, dass damit auch künftig die Tariferhöhungen voll weitergegeben werden, wie es in der Vergangenheit stets erfolgt ist, ist rechtlich unerheblich, da es für die Auslegung der Erklärung nicht auf das tatsächliche Verständnis des Klägers oder seiner Kollegen, sondern auf den objektiven Empfängerhorizont der beteiligten Personen ankommt. Die Weitergabe der Tariferhöhung bzw. die Anrechnung auf die übertarifliche Vergütung ist jedoch weder vor noch im Zuge des Betriebsübergangs thematisiert worden.“
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3. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus der behaupteten und von der Beklagten bestrittenen Äußerung des Vorstandsvorsitzenden S1, es werde sich auch nach dem Betriebsübergang nichts ändern, alles bleibe wie bisher. Ob aus einer Äußerung dieses Inhalts überhaupt ein Rechtsbindungswille herzuleiten ist, kann offen bleiben. Jedenfalls aber ist sie nicht hinreichend konkret, um anzunehmen, sie beinhalte eine Zusage dahingehend, dass künftige Tariferhöhungen weiterhin auf die übertarifliche Vergütung gewährt werden.
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4. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus betrieblicher Übung.
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Auch insoweit wird Bezug genommen auf die überzeugenden Ausführungen in der bereits zitierten Entscheidung (Arbeitsgericht Hamburg, 21. Februar 2017, 20 Ca 221/16):
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„Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Erbringt der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen Rechtspflicht, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden (BAG, Urteil vom 27. April 2016, 5 AZR 311/15, zit. nach juris Rn. 27).
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Allein der Umstand, dass die Beklagte und deren Rechtsvorgänger in der Vergangenheit die jeweiligen Tarifsteigerungen auf die übertarifliche Vergütung übertragen haben, rechtfertigt nicht den berechtigten Schluss der Arbeitnehmer, dass die Beklagte dies auch künftig tun werde. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, führt allein der Umstand, dass der Arbeitgeber das Gehalt in der Vergangenheit in Anlehnung an die Tarifentwicklung im Vorjahr erhöht hat, nicht zu einer betrieblichen Übung, die Ansprüche auf Gehaltserhöhungen in der Zukunft begründet. Im Bereich außertariflicher Gehälter ist regelmäßig davon auszugehen, dass Gehaltserhöhungen im Wege freier Vereinbarung erfolgen sollen. Der Arbeitgeber muss bei der Frage, ob und in welcher Höhe er Gehaltserhöhungen vornehmen will, jeweils eine Reihe von wirtschaftlichen Gegebenheiten berücksichtigen und sich die Entscheidung jeweils offenhalten, was dem Beschäftigten auch erkennbar ist. Die dargestellten Grundsätze gelten ebenso dann, wenn ein Arbeitgeber - wie auch im vorliegenden Fall - jährlich in Anlehnung an tarifliche Erhöhungen die bereits über dem Tarifgehalt liegenden Effektivgehälter seiner Arbeitnehmer anhebt (BAG, Urteile vom 13. März 2002, 5 AZR 755/00, Rn. 17 f., vom 11. Dezember 1991, 5 AZR 94/91, Rn. 29 und vom 04. September 1985, 7 AZR 262/83, Rn. 27, jeweils zit. nach juris m.w.N.). Auf die zwischen den Parteien streitige Frage der Tarifbindung der N. G. kommt es insofern nicht an.“
- 44
6. Die von der Beklagten vorgenommene Anrechnung der Entgelterhöhung aufgrund der dynamischen Einbeziehung des Bankentarifvertrages auf die übertarifliche Vergütung erweist sich als zulässig.
- 45
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber eine Tariferhöhung grundsätzlich auf übertarifliche Zulagen anrechnen, sofern dem Arbeitnehmer die Zulage nicht vertraglich als selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt war. Durch die Anrechnung reduziert sich die übertarifliche Zulage. Eine Vereinbarung darüber, dass die Zulage auch nach einer Tariferhöhung als selbständiger Lohnbestandteil weiter gezahlt werden soll, kann nicht nur ausdrücklich geschlossen werden, sondern sich auch aus den besonderen Umständen bei den Vertragsverhandlungen, aus dem Zweck der Zulage - zum Beispiel Ausgleich besonderer Leistungen oder Erschwernisse - oder aus einer betrieblichen Übung ergeben. Allein in der tatsächlichen Zahlung liegt noch keine vertragliche Abrede, die Zulage solle auch nach einer Tariflohnerhöhung als selbständiger Lohnbestandteil neben dem jeweiligen Tariflohn gezahlt werden. Dies gilt auch, wenn die Zulage über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos gezahlt und nicht mit Tariflohnerhöhungen verrechnet worden ist (BAG, Urteil vom 25. Juni 2002, 3 AZR 167/01, zit. nach juris Rn. 22).
- 46
b) Im Streitfall sind keine ausreichenden Anhaltspunkte erkennbar, die dafür sprechen, dass der das Tarifgehalt übersteigende Gehaltsbestandteil stets unvermindert zusätzlich zum jeweiligen Tarifgehalt gezahlt werden soll. Sie folgen auch nicht aus dem Inhalt der E-Mail des Herrn S1 vom 10. Juli 2009; insoweit wird zur Begründung auf die Ausführungen oben verwiesen.
- 47
c) Mit Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 16. Februar 2011 (vgl. Anlage B3, Bl. 43 d.A.) kann als unstreitig angesehen werden, dass dem Kläger die übertarifliche Stufe 21 nicht nur zugewiesen wurde, um den gestiegenen Anforderungen in seinem Aufgabengebiet Rechnung zu tragen, sondern es sollten ausdrücklich auch Engagement und Einsatzbereitschaft honoriert werden. Allerdings folgt daraus nicht zugleich, dass dadurch die höhere Vergütung als anrechnungsfester Vergütungsbestandteil im Sinne einer Leistungszulage anzusehen ist. Der Kläger selbst bewertet die ihm gezahlte übertariflichen Vergütung gemäß „Haustarif“ als eine hausinterne Eingruppierung, die gerade nicht als selbstständiger Vergütungsbestandteil gewährt worden sei. Nach der o.a. Rechtsprechung spricht die Ausweisung der Vergütung in den Gehaltsabrechnungen als einheitlicher Betrag (bezeichnet als „Tarifgehalt“) ohnehin dafür, dass kein anrechnungsfester Gehaltsbestandteil vereinbart worden ist.
- 48
d) Das um 1,5 % gestiegene Tarifgehalt des Klägers (101,5 % x 4.771,00 € brutto = 4.842,57 €) übersteigt die übertarifliche Vergütung des Klägers iHv insgesamt 4.882,00 nicht.
II.
- 49
Die Entscheidung über die Tragung der Kosten des Rechtsstreits beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG. Soweit der Kläger die Klage teilweise zurückgenommen hat, trifft ihn die Kostenlast gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Es war eine sog. Kostenmischentscheidung zu einem einheitlichen Kostenstreitwert zu treffen, der gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 GKG bewertet ist.
- 50
Die Streitwert für das Urteil ist mit dem zuletzt gestellten Antrag gemäß §§ 3 ff ZPO, 61 Abs. 1, 46 Abs.2 ArbGG festgesetzt und bewertet.
- 51
Die Berufung war gemäß § 64 Abs. 2 lit. a) ArbGG gesondert zuzulassen, weil mit Hinblick auf eine Vielzahl von Parallelverfahren eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vorliegt (§ 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG).
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Annotations
Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.
Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
- 1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und - 2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.
(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.
(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.