Arbeitsgericht Dortmund Urteil, 28. Apr. 2015 - 5 Ca 3735/14
Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert wird auf 2.773,23 Euro festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d:
2Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers.
3Der 56 Jahre alte Kläger ist seit dem 08.07.2002 als Sicherheitsmitarbeiter für die Beklagte tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für Sicherheitsdienstleistungen NRW Anwendung.
4Der Kläger wird im Zweischichtsystem beschäftigt. In der Tagschicht erhält er jeweils die Vergütung nach der Lohngruppe B9, in der Spätschicht zwischen 14.00 Uhr und 18.00 Uhr ebenfalls die Vergütung nach Lohngruppe B9 jedoch ab 18:00 Uhr die Vergütung der Lohngruppe B7.
5Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe die Vergütung der Lohngruppe B9 durchgängig zu, da er überwiegend Lohn entsprechend der Lohngruppe B9 erhalte. Von monatlich 170 Stunden würden ca. 130 Stunden mit einem Stundenlohn von 10,67 Euro entsprechend der Vergütungsgruppe B9 bezahlt und 30 bis 40 Stunden mit dem geringeren Stundenlohn von 9,00 Euro entsprechend der Lohngruppe B7. Er behauptet er übe in der Zeit zwischen 05.00 Uhr und 18.00 Uhr dieselben Tätigkeiten aus wie nach 18:00 Uhr, so dass die unterschiedliche Eingruppierung ungerechtfertigt sei. Die Beklagte arbeite im 3-Schicht-System so dass in der Zeit ab 18:00 Uhr unwesentlich weniger Arbeit zu erledigen sei und die Arbeitsaufgaben identisch seien. Die Telefonvermittlung werde ab 18:00 Uhr zum Tor umgestellt, was zur Folge habe, dass Telefonate entgegengenommen und weitergeleitet werden müssten. Es bestünden Lohndifferenzen in Höhe von 613,23 Euro.
6Der Kläger beantragt,
7- 8
1. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger in die Lohngruppe B9 des Tarifvertrages Wach- und Sicherheitsgewerbe NRW einzugruppieren und entsprechend zu vergüten.
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2. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 613,23 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte meint, der Kläger habe keinen Anspruch auf eine ständige Eingruppierung in die Lohngruppe B9 des Lohntarifvertrages für Sicherheitsdienstleistungen NRW.
13Der Vortrag des Klägers sei unsubstantiiert. Er begründe nicht, weshalb seine Tätigkeiten unter diese Lohngruppe zu subsumieren seien. Sie bestreitet, dass der Kläger ab 18:00 Uhr die Eingruppierungsmerkmale der Lohngruppe B9 erfülle. Es werde nicht vorgetragen, welches die entsprechenden Merkmale seien und dass der Kläger diese tatsächlich erfülle. Weiter bestreitet sie, dass ab 18:00 Uhr die gleichen Tätigkeiten zu verrichten seien wie zwischen 05:00 Uhr und 18:00 Uhr. Der Vortrag zu angeblich nach 18:00 Uhr eingehenden Anrufen sei nicht einlassungsfähig. Soweit der Kläger zur Begründung seines Anspruchs darauf abstelle, dass er aufgrund der überwiegenden Beschäftigung in der Lohngruppe B9 generell in dieser zu vergüten sei widerspreche diese Rechtsansicht dem Wortlaut des Tarifvertrages. Dieser stelle auf die tatsächlich erbrachten Tätigkeiten ab, was eine stundengenaue Abrechnung der erbrachten Leistungen ermögliche. Zu berücksichtigen sei hierbei insbesondere, dass durch die stundengenaue Abrechnung auch die Arbeitnehmer gerecht vergütet würden, die Tätigkeiten der höheren Lohngruppe nur zu einem geringen Teil ihrer Arbeitszeit verrichteten. Anderenfalls müssten diese trotz teilweiser Erbringung höherwertiger Leistungen generell mit der niedrigeren Lohngruppe vergütet werden.
14Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Kammerverhandlung vom 28.04.2015 Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
16I.
17Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
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1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine durchgängige Eingruppierung in die Lohngruppe B9 des Lohntarifvertrages für Sicherheitsdienstleistungen in NRW.
a) Auf das Arbeitsverhältnis findet unstreitig der Lohntarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in NRW Anwendung.
21b) Für die Bewertung der Tätigkeit des Klägers sind die nachstehenden Regelungen des Lohntarifvertrages für Sicherheitsdienstleistungen in NRW maßgebend:
22„2. Löhne
23Die Löhne betragen in den Lohngruppen
24[…]
25B
267. Sicherheitsmitarbeiter im Objektschutzdienst, der den Dienst hauptsächlich in geschlossenen Objekten auszuführen hat und Sicherheitsmitarbeiter im Pförtnerdienst.
27Ab dem 01.05.2013 8,62 Euro
288. Sicherheitsmitarbeiter im Objektschutzdienst, der den Dienst hauptsächlich außerhalb geschlossener Objekte auszuführen hat und Sicherheitsmitarbeiter im Pförtnerdienst mit regelmäßiger Telefon-, Auskunfts- und Registriertätigkeit.
29Ab dem 01.05.2013 8,85 Euro
309. Sicherheitsmitarbeiter im Pförtnerdienst, der sich von den Lohngruppen 7. Und 8. dadurch abhebt, indem ihm verantwortlich Ein- und Ausgangskontrollen von Personen und Kraftfahrzeugen obliegen und von dem der Arbeitgeber eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz verlangen kann.
31Ab dem 01.05.2013 9,79 Euro
32[…]“
33Für die zwischen den Parteien streitige Eingruppierung in die Entgeltgruppe B9 ist Voraussetzung, dass die Tätigkeit des Klägers auf dem ihm übertragenen Arbeitsplatz die Tätigkeitsmerkmale der begehrten Entgeltgruppe erfüllt.
34Zwischen den Parteien ist lediglich streitig, ob die Tätigkeit des Klägers in der Spätschicht, in der Zeit ab 18:00 Uhr die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe B 9 erfüllt. In den übrigen Zeiten wird der Kläger entsprechend der Vergütungsgruppe B9 vergütet.
35Der Kläger einer Eingruppierungsfeststellungsklage hat diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, dass er die für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen im geforderten zeitlichen Umfang erfüllt (vgl. BAG 16.11.2001 – 4 AZR 773/09 – JURIS).
36Der Kläger hat nicht vorgetragen, welche Tätigkeiten er im Pfortendienst ab 18.00 Uhr konkret verrichtet.
37Mangels schlüssigem Vortrag kann die Kammer daher nicht feststellen, dass der Kläger tatsächlich auch nach 18:00 Uhr Tätigkeiten der verlangten Lohngruppe verrichtet.
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2. Der Kläger stützt seine Klage im Wesentlichen auf die Rechtsansicht, dass er in die Vergütungsgruppe B9 einzugruppieren sei, weil er überwiegend Tätigkeiten der Lohngruppe B9 verrichte.
Der Lohntarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in NRW enthält jedoch keine Regelung dahingehend, dass für die Eingruppierung wesentlich ist, welche Tätigkeiten der Arbeitnehmer überwiegend verrichtet.
41- 42
3. Aus einer Auslegung der tarifvertraglichen Regelung nach den vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Regeln ergibt sich nicht, dass sich die Eingruppierung nach der überwiegend ausgeübten Tätigkeit richtet.
Die Auslegung von Tarifnormen folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regelungen. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung ohne Haftung am Buchstaben zu erforschen ist. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Stets ist auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggfs. auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. Urteil des BAG vom 14.11.2007, - 4 AZR 945/06 -, n.a.v.).
44Bei Anwendung dieser Grundsätze für die Auslegung des Lohntarifvertrages für Sicherheitsdienstleistungen in NRW ist nicht feststellbar, dass die überwiegende Tätigkeit ausschlaggebend für die Eingruppierung ist. Eine wörtliche Regelung hierzu ist im Tarifvertrag nicht vorhanden, noch hat sie sich in der Systematik des Tarifvertrages niedergeschlagen. Eine seiner Ansicht entsprechende Tarifübung bezogen auf den vorliegenden Tarifvertrag hat der Kläger nicht vorgetragen. Schließlich ist nicht ersichtlich, weshalb das Weglassen einer derartigen Regelung insbesondere in diesem Dienstleistungsbereich nicht vernünftig und sachgerecht sein soll. Gerade im Sicherheitsgewerbe üben Arbeitnehmer häufig verschiedene Tätigkeiten in unterschiedlichen Objekten aus. Es liegt eine praktisch brauchbare Regelung vor, da eine Vergütung je nach Einsatz des Mitarbeiters in den verschiedenen Bereichen erfolgen kann, sie ermöglicht dem Arbeitgeber die Mitarbeiter flexibel einzusetzen und lediglich die einsatzspezifische Vergütung zu zahlen. Sie schützt auch die Arbeitnehmer die nur gelegentlich höherwertige Tätigkeiten verrichten und sodann für diese Tätigkeiten nach der höheren Vergütungsgruppe vergütet werden und nicht nach der Vergütungsgruppe in der sie überwiegend einzugruppieren sind.
45Der Feststellungsantrag ist daher unbegründet.
46II.
47Da der Kläger nicht durchgängig in die Vergütungsgruppe B9 einzugruppieren ist, hat er keinen Anspruch auf Nachzahlung der Differenz zwischen Vergütungsgruppe B7 und B9 für den streitgegenständlichen Zeitraum
48III.
49Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO, wonach die Kosten die in dem Rechtsstreit unterliegende Partei zu tragen hat.
50Der Wert des Streitgegenstandes ist gem. den §§ 42 Abs. 4 GKG, 46 Abs. 2 Satz 1, 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO im Urteil festgesetzt worden.
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(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.
(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.
(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.