Arbeitsgericht Bamberg Endurteil, 23. März 2016 - 2 Ca 402/15

published on 23/03/2016 00:00
Arbeitsgericht Bamberg Endurteil, 23. März 2016 - 2 Ca 402/15
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Gericht

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Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 10.04.2015 nicht zum 30.06.2015 aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Einsteller weiterzubeschäftigen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Der Streitwert des Verfahrens wird auf EURO 13.200,-- festgesetzt.

5. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 1/5, die Beklagte 4/5.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung der Beklagten vom 10.04.2015 zum 30.06.2015 aufgelöst worden ist und ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger als Einsteller bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiterzubeschäftigen.

Der am ...1985 geborene, ledige und keiner Person zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 01.08.2008 bei der Beklagten als Einsteller beschäftigt. Er bezog zuletzt ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.640,00 € bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden.

Die Beklagte beschäftigt mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden.

Der Kläger ist im 21-Schichtsystem eingesetzt. Es gelten folgende betriebliche Arbeitszeiten: Die erste Schicht (Frühschicht) dauert von 6:00 Uhr bis 14:00 Uhr, die zweite Schicht (Spätschicht) dauert von 14:00 Uhr bis 22:00 Uhr und die dritte Schicht (Nachtschicht) dauert von 22.00 Uhr bis 6:00 Uhr.

Zur Frühschicht am 03.07.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 8:30 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Spätschicht am 05.07.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 14:03 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Frühschicht am 05.08.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 6:13 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Frühschicht am 06.08.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 6:07 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Frühschicht am 07.08.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 6:01 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Frühschicht am 08.08.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 6:02 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Spätschicht am 22.08.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 14:02 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Frühschicht am 30.08.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 6:01 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Frühschicht am 02.09.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 6:12 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Nachtschicht am 07.09.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 22:03 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Nachtschicht am 09.09.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 22:01 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Spätschicht am 16.09.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 14:01 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Spätschicht am 18.09.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 14:01 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Spätschicht am 19.09.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 14:02 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Spätschicht am 20.09.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 14:06 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Frühschicht am 27.09.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 6:10 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Nachtschicht am 01.10.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 22:41 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Nachtschicht am 02.10.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 22:09 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Nachtschicht am 04.10.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 22:07 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Nachschicht am 05.10.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 22:04 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Spätschicht am 11.10.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 14:08 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Spätschicht am 13.10.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 14:04 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Frühschicht am 18.10.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 6:07 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Frühschicht am 19.10.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 6:10 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Frühschicht am 20.10.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 6:05 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Frühschicht am 11.12.2011 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 6:05 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Nachtschicht am 13.01.2012 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 22:19 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Spätschicht am 19.01.2012 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 14:02 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Zur Nachtschicht am 05.02.2012 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 23.00 Uhr an seinem Arbeitsplatz.

Wegen dieser 29 Vorfälle sprach die Beklagte mit Schreiben vom 30. Januar 2012 (Anlage B1, Bl. 82/83 dA) eine Abmahnung wegen mehrfachen Verstoßes gegen die bestehende Arbeitszeitregelung aus. In dem Abmahnungsschreiben sind die jeweiligen Zeitbuchungen mit Datum aufgeführt und es ist ein Hinweis auf den Beginn der jeweiligen Schichten enthalten. Es enthält außerdem die Aufforderung an den Kläger, künftig seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen, insbesondere die bestehende Arbeitszeitregelung einzuhalten. Für den Fall eines erneuten Pflichtverstoßes wird die Kündigung des Arbeitsverhältnisses angekündigt.

Zur Frühschicht am 03.06.2012 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 6:01 Uhr. Zur Nachtschicht am 08.06.2012 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 22:15 Uhr.

Im Hinblick auf diese Vorfälle mahnte die Beklagte den Kläger wegen wiederholten Verstoßes gegen die bestehende Arbeitszeitregelung „letztmalig“ mit Schreiben vom 29.06.2012 (vgl. Anlage B 2, Bl. 84 der Akte) ab. In dem Abmahnungsschreiben sind wiederum die jeweiligen Zeitbuchungen mit Datum aufgeführt und es ist ein Hinweis auf den Beginn der jeweiligen Schichten enthalten. Es enthält außerdem die „dringende“ Aufforderung an den Kläger, künftig seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen, insbesondere die bestehende Arbeitszeitregelung einzuhalten. Für den Fall eines erneuten Pflichtverstoßes wird die Kündigung des Arbeitsverhältnisses angekündigt.

Zur Frühschicht am 16.01.2015 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 22:00:01 Uhr am Arbeitsplatz. Im Hinblick darauf wurde er mit Schreiben vom 19.01.2015 (vgl. Anlage B 3, Bl. 85 der Akte) wegen Verstoßes gegen die bestehende Arbeitszeitregelung abgemahnt. Das Schreiben enthält die Angabe, dass der Kläger am 16.01.2015 um 22:00:01 Uhr gestempelt habe und einen Hinweis auf den Beginn der jeweiligen Schichten. Es enthält außerdem die Aufforderung an den Kläger, künftig seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen, insbesondere die bestehende Arbeitszeitregelung einzuhalten. Für den Fall eines erneuten Pflichtverstoßes wird die Kündigung des Arbeitsverhältnisses angekündigt.

Zur Frühschicht am 24.03.2015 erschien der Kläger ausweislich seiner Zeitbuchung um 7:09 Uhr.

Mit Schreiben vom 02.04.2015 (Anlage B 4, Bl. 87 der Akte) hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat zur ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung des Klägers mit Wirkung zum 30.06.2015 an. Der Betriebsrat hat am 09.04.2015 erklärt, abschließend beraten zu haben und dass keine Stellungnahme abgeben werde.

Mit Schreiben vom 10.04.2015 (Bl. 9 der Akte), dem Kläger am gleichen Tag zugegangen, erklärte die Beklagte die ordentliche Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2015.

Die gegen diese Kündigung gerichtete Kündigungsschutzklage ist am 29.04.2015 beim Arbeitsgericht eingegangen und wurde der Beklagten am 11.05.2015 zugestellt.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Kündigung unverhältnismäßig und damit nicht sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG sei. Der Kläger sei nicht wirksam abgemahnt worden. Die Abmahnung vom 30.01.2012 sei unwirksam, weil sie nur eine relevante Verspätung - am 03.07.2011 - zum Gegenstand habe und im Übrigen nur marginale Verspätungen um wenige Minuten, die keinerlei Auswirkung auf den Betriebsablauf gehabt hätten und bei denen Mess-Intoleranzen des Zeiterfassungssystems zu berücksichtigen seien. Unwirksam sei auch die Abmahnung vom 29.06.2012, bei der sich der erste Vorfall in einem nicht exakt messbaren Bereich von einer Minute bewege. Die Abmahnung vom 19.01.2015 wegen des Vorfalls am 16.01.2015 sei unwirksam, weil der Kläger an diesem Tag pünktlich zur Arbeit erschienen sei. Bei einem Schichtbeginn um 22:00 Uhr hätten die Mitarbeiter bis 22:00:59 Uhr Zeit, sich einzustempeln. Im Übrigen müsse nach Ansicht des Klägers berücksichtigt werden, dass zwischen dem 08.06.2012 und dem 16.01.2015 kein weiterer Verstoß gegen die Arbeitszeitregelung erfolgt sei und der Kläger in diesem Zeitraum immer pünktlich zur Arbeit erschienen sei.

Der Kläger beantragt zuletzt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 10.04.2015 nicht beendet wird.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht.

3. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. und/oder zu 2. wird die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Einsteller weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Kündigung vom 10.04.2015 aus verhaltensbedingten Gründen nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sei. Der Kläger habe in einer Vielzahl von Fällen und trotz Ausspruchs mehrerer Abmahnungen am 24.03.2015 erneut gegen seine Hauptleistungspflichten verstoßen. Wegen dem ständigen Zuspätkommen des Klägers sei es zu erheblichen betrieblichen Störungen gekommen, da eine Schichtübergabe mit der vorangegangenen Schicht nicht mehr möglich gewesen sei. Innerhalb der Abteilung habe keine Planungssicherheit mehr bestanden und andere Mitarbeiter hätten die Arbeit des Klägers mit übernehmen und mit leisten müssen.

Wegen des weitergehenden Sachvortrags wird auf die wechselseitig eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Bezug genommen wird auch auf die Sitzungsprotokolle vom 23.07.2015 (Bl. 24/25 der Akte) und vom 09.03.2016 (Bl. 114 bis116 der Akte).

Mit Beschluss vom 17.03.2016 (Bl. 122/123 der Akte) hat das Gericht gem. § 278 Abs. 6 ZPO dass Zustandekommen eines Teilvergleichs zur Vereinbarung eines sog. Prozessarbeitsverhältnisses festgestellt.

Gründe

Die Klage ist hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags und des Weiterbeschäftigungsantrags zulässig und begründet. Die Kündigung der Beklagten vom 10.04.2015 ist nicht durch Gründe, die im Verhalten des Klägers liegen, i. S. d. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt, so dass sie gem. § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auflösen konnte. Die festgestellte Unwirksamkeit der Kündigung hat zur Folge, dass auch dem Weiterbeschäftigungsantrag stattzugeben ist. Hinsichtlich des allgemeinen Feststellungsantrags ist die Klage mangels Vorliegens eines Feststellungsinteresses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig.

I.

Die Kündigung der Beklagten vom 10.04.2015 ist nicht durch Gründe, die im Verhalten des Klägers liegen, iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Zwar hat Kläger trotz zweier einschlägiger und wirksamer Abmahnungen vom 30.01.2012 und vom 29.06.2012 am 24.03.2015 erneut gegen seine arbeitsvertragliche Pflicht zur pünktlichen Arbeitsaufnahme in nicht unerheblicher Weise verstoßen. Die Kündigung hält jedoch nach Ansicht der Kammer einer Interessenabwägung im Einzelfall nicht stand.

1. Das KSchG ist vorliegend gem. §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG anwendbar.

2. Eine Kündigung ist durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers i. S. v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG „bedingt“, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht (vgl. etwa BAG, Urteil vom 23.01.2014 - 2 AZR 638/13 -, NZA 2014, 965, Rn. 16). Insbesondere kann ein wiederholt verspätetes Erscheinen im Betrieb trotz einschlägiger Abmahnungen als Verletzung der Arbeitspflicht eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen (vgl. BAG, Urteil vom 15.11.2001 - 2 AZR 609/00 -; LAG Thüringen, Urteil vom 17.12.2009 - 5 Sa 365/09 -). Allerdings ist auch bei der Prüfung, ob verhaltensbedingte Gründe die Kündigung bedingen oder dem Arbeitgeber trotz Pflichtverletzung des Arbeitnehmers eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zumutbar ist, eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (vgl. etwa BAG Urteil vom 11.07.2013 - 2 AZR 994/12 - NZA 2014, 250, Rn.44).

2. Der Kläger hat am 24.03.2015 seine Arbeitspflicht nicht unerheblich verletzt, indem er nicht pünktlich zum Beginn der Frühschicht um 06:00 Uhr, sondern erst um 07.09 Uhr an seinem Arbeitsplatz erschienen ist. Auch ist er insoweit bereits - zwar nicht mit dem Schreiben vom 19.01.2015, aber mit den Schreiben vom 30.01.2012 und vom 29.06.2012 - einschlägig und wirksam abgemahnt worden.

a) Die Abmahnung vom 19.01.2015 ist nach Ansicht der Kammer unwirksam, weil sie keine Pflichtverletzung des Klägers zum Gegenstand hat. Die Kammer teilt die Auffassung des Klägers, dass bei einem Arbeitsbeginn um 22:00 Uhr keine Verspätung vorliegt, wenn der Kläger um 22:00:01 Uhr an seinem Arbeitsplatz erscheint. Eine Abmahnung wegen einer Verspätung von einer Sekunde wäre zudem unverhältnismäßig (der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt auch für die Abmahnung, vgl. BAG vom 23. 6. 2009 - 2 AZR 606/08 -, NZA 2009, 1011, Rn.14).

b) Demgegenüber sind die beiden einschlägigen Abmahnungen vom 30.01.2012 und vom 29.06.2012 wirksam.

aa) Beide Abmahnungen sind nach Ansicht der Kammer hinreichend bestimmt und erfüllen ihre Rüge - und Warnfunktion (vgl. zu den Funktionen einer Abmahnung etwa BAG, Urteil vom 19. 7. 2012 - 2 AZR 782/11, NZA 2013, 91, Rn.20). Der Kläger kann aus den Abmahnungen aufgrund der Angaben des Datums, der Uhrzeit der Zeitbuchungen und des Beginns der jeweiligen Schichtbeginns erkennen, an welchen Tagen er in welchem zeitlichen Umfang zu spät gekommen ist und dass die Beklagte diese Verspätungen beanstandet. Auch wird jeweils für den Wiederholungsfall die Kündigung des Arbeitsverhältnisses angedroht. Ob die Abmahnung in jedem einzelnen abgemahnten Fall - also auch bei den Verspätungen um eine Minute - gerechtfertigt ist, ist nach Ansicht der Kammer nicht entscheidend. Maßgeblich ist insoweit allein, dass die Abmahnungen vom 30.01.2012 und vom 29.06.2012 jeweils auch Verspätungen von mindestens 10 Minuten zum Gegenstand haben, die jedenfalls nicht mehr als unerheblich angesehen werden können. Die Abmahnungen beziehen sich daher (zumindest auch) auf - im Hinblick auf den Grund der Kündigung vom 10.04.2015 - einschlägige und tatsächlich vom Kläger begangene, nicht unerhebliche Verletzungen der Arbeitspflicht.

bb) Die beiden Abmahnungen vom 30.01.2012 und vom 29.06.2012 sind nicht durch Zeitablauf wirkungslos geworden. Zwar kann eine Abmahnung im Einzelfall ihre Warnfunktion verlieren, wenn sich der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum einwandfrei verhält (vgl. BAG, Urteil vom 19. 7. 2012 - 2 AZR 782/11, NZA 2013, 91, Rn.20). Das setzt allerdings voraus, dass der Arbeitnehmer wieder im Ungewissen sein konnte, was der Arbeitgeber von ihm erwartet bzw. wie er auf eine etwaige Pflichtverletzung reagieren werde. Vorliegend konnte der Kläger am 24.03.2015 trotz des Zeitablaufs seit seiner letzten wirksam abgemahnten Verspätung am 08.06.2012 nicht im Ungewissen darüber sein, dass die Beklagte von ihm weiterhin erwartet, dass er pünktlich zum Schichtbeginn am Arbeitsplatz erscheint. Diese Erwartung hat die Beklagte in dem - wenn auch als Abmahnung unwirksamen - Schreiben vom 19.01.2015 zum Ausdruck gebracht.

c) Die Kammer ist jedoch der Ansicht, dass die Interessenabwägung im Einzelfall ergibt, dass der Beklagten trotz der erneuten, bereits einschlägig abgemahnten und zahlreichen Pflichtverletzungen des Klägers eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus (noch) zumutbar ist. Insoweit hat die Kammer vor allem zugunsten des Klägers berücksichtigt, dass zwischen den letzten beiden Verspätungen am 08.06.2012 und am 24.03.2015 ein Zeitraum von immerhin fast drei Jahren liegt. Das zeigt, dass die Abmahnungen vom 30.01.2012 und vom 29.06.2012 offenbar nicht ohne Einfluss auf den Kläger geblieben sind und er sie sich in dieser Zeit hat zur Warnung gereichen lassen. Vor diesem Hintergrund ist die Kammer der Ansicht, dass das Interesse des über sechs Jahre bei der Beklagten beschäftigten Klägers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses - auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten (allerdings sehr pauschal) vorgetragenen verspätungsbedingten Betriebsablaufstörungen - dem Interesse der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ablauf der Kündigungsfrist (noch) überwiegt.

II.

Das Obsiegen mit dem Kündigungsschutzantrag hat zur Folge, dass der Kläger einen Anspruch darauf hat, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen weiterbeschäftigt zu werden.

III.

Der allgemeine Feststellungsantrag ist unzulässig, so dass die Klage insoweit abzuweisen war. Der Kläger hat keine Tatsachen vorgebracht, aus denen sich ein über den Kündigungsschutzantrag hinausgehendes Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO ergibt.

IV.

Die Kostentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

V.

Der Streitwert wurde gem. § 61 Abs. 1 ArbGG in Höhe von insgesamt fünf Bruttomonatsgehältern festgesetzt.

VI.

Anlass für eine Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 2 Buchst. a i. V. m.. Abs. 3 ArbGG bestand nicht. Die Berufung ist jedoch für beide Parteien - für den Kläger hinsichtlich der Klageabweisung und der Beklagten hinsichtlich der Klagestattgabe - gem. § 64 Abs. 2 Buchst. c ArbGG statthaft.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

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published on 23/01/2014 00:00

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 5. Juni 2013 - 2 Sa 252/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
published on 19/07/2012 00:00

Tenor 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 23. November 2010 - 7 Sa 427/09 - aufgehoben.
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Annotations

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.