Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein Urteil, 10. Okt. 2013 - 2c C 491/12
Gericht
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.09.2012 sowie weitere 489,45 € zu bezahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Klägerin macht Regressansprüche geltend wegen Leistungen, die sie als Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer wegen eines Unfalls erbracht hat, bei dem der Beklagte Fahrer war.
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Die Ehefrau des Beklagten ist Vertragspartnerin der Klägerin in einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung.
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Mit dem versicherten Fahrzeug verursachte der Beklagte am 16.12.11 gegen 6.00 Uhr einen Verkehrsunfall an der Kreuzung der Bundesstraße x mit der Bundesstraße y. Der Unfall ereignete sich, weil der Beklagte das Fahrzeug unter Alkoholeinwirkung führte. Die unfallaufnehmenden Polizeibeamten bemerkten Alkoholgeruch beim Beklagten und führten eine Atemalkoholmessung durch. Die daraufhin entnommene Blutprobe wies eine BAK von 0,91 Promille aus.
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Aufgrund des Unfalls leistete die Klägerin an den geschädigten Unfallgegner insgesamt 5.135,36 €.
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Die Klägerin fordert unter Berufung auf die dem Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsvertrag zugrunde gelegten Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) den von ihr geleisteten Betrag bis zur Grenze ihrer Leistungsfreiheit zurück. Sie forderte unter Fristsetzung bis zum 22.9.12 den Beklagten zur Zahlung auf. Als weitere Nebenforderung macht sie die angefallenen vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten geltend.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.9.2012 sowie weitere 489,45 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt dazu vor, dass nach seiner Ansicht ausschließlich seine Ehefrau im Wege eines Regresses belangt werden könnte, wenn ihr gegenüber die Voraussetzungen vorlägen. Nur sie sei Versicherungsnehmerin, nicht er selbst, gegenüber dem ein Rückgriff ausgeschlossen sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zur Akte gelangten Schriftsätze mit ihren Anlagen, sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch aus § 116 Abs. 1 VVG zu. Die Klägerin hat wegen des Unfalls vom 16.12.11 Leistungen an den Geschädigten erbracht, wozu sie als Haftpflichtversicherer verpflichtet war. Sie war indes von der Leistungspflicht wegen des Obliegenheitsverstoßes des Beklagten frei geworden und kann daher bei ihm Rückgriff nehmen.
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Die Klägerin hat wegen des Unfalls insgesamt 5.135,36 € an den Geschädigten geleistet. Sie hat die Summe ins einzelne gehend aufgeschlüsselt und dazu vorgetragen. Das pauschale Bestreiten des Beklagten dazu ist unsubstantiiert und mithin unbeachtlich.
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Die Klägerin hat erklärt, in welcher Reihenfolge sie die Teilforderungen ihrer Regressforderung unterlegt, so dass die einzelnen Teilforderungen auch hinreichend abgegrenzt sind, was ihre Berücksichtigung bei dem Rückgriff angeht.
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Versicherungsnehmerin und Vertragspartnerin der Klägerin in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ist die Ehefrau des Beklagten. Der Rückgriff steht dem Versicherer aber auch gegen den mitversicherten Fahrer des Kraftfahrzeuges zu, wenn dieser gegen die vertraglichen Obliegenheiten verstoßen hat. Unter der Geltung des § 3 PflVersG in seiner Fassung bis zum 31.12.7 war dies anerkannt (BGH, Urt. v. 24.10.7, IV ZR 39/06, Urt. v. 14.9.5, IV ZR 216/04). Nach der Neuregelung des Pflichtversicherungsrechts gilt nichts anderes. Die Interessenlage hat sich nicht geändert und eine Absicht des Gesetzgebers, die Regressmöglichkeit des Versicherers gegen den mitversicherten Fahrer durch die Gesetzesänderung abzuschaffen, ist nicht ersichtlich. Der berechtigte Fahrer eines Kraftfahrzeugs ist in das, für dieses Fahrzeug durch einen anderen Versicherungsnehmer bestehende, Haftpflichtversicherungsverhältnis einbezogen. Er erwirbt einen eigenen Deckungsanspruch gegen den Versicherer und ist somit als Mitversicherter in den Versicherungsvertrag einbezogen. So treffen auch ihn Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag. Demgemäß besteht die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 116 Abs. 1 VVG nicht nur dem Versicherungsnehmer gegenüber. Die Norm findet entsprechende Anwendung auf das Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem mitversicherten Fahrer (OLG Celle, Beschluss vom 26.7.12, 8 W 39/12, zitiert nach juris).
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Der Beklagte hat gegen seine Obliegenheiten verletzt. Diese ergeben sich auch gegenüber ihm aus den AKB, die dem Versicherungsvertrag zwischen seiner Ehefrau und der Klägerin zugrunde liegen. Eine der wesentlichen Obliegenheiten ist dort zu D.2.1 festgeschrieben und lautet: „Das Fahrzeug darf nicht gefahren werden, wenn der Fahrer durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen.“ Diese Pflicht galt ausweislich F und F.1 der AKB auch für den Beklagten, denn dort ist geregelt (F): „Für Mitversicherte Personen(...) finden alle Regelungen dieses Vertrages entsprechende Anwendung“ und konkret (F.1): „Mitversicherte Personen haben alle für sie als Versicherungsnehmer geltenden Pflichten entsprechend zu beachten. Die dann folgenden, einzeln benannten Ausnahmen von dieser entsprechenden Geltung beziehen sich auf ureigenste Pflichten des Versicherungsnehmers, so die Pflicht zur Beitragszahlung und die Pflicht, keine unberechtigten, fahrerlaubnislosen oder fahruntüchtigen Fahrer fahren zu lassen. Diese Ausnahmen gelten mithin nicht für den Beklagten, erfassen aber auch nicht sein ihm hier vorgehaltenes eigenes Verhalten.
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Der Beklagte verstieß gegen die Pflicht, das Fahrzeug nicht zu fahren, wenn er alkoholbedingt fahruntüchtig war. Er führte das Fahrzeug mit einer BAK von 0,91 Promille, also schon im nahen Bereich zur strafrechtlichen absoluten Fahruntüchtigkeit. Zudem verursachte er den Verkehrsunfall aufgrund seiner alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit, was unstreitig ist. Überdies besteht als Indiz, das auf die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit schließen lässt, dass die zur Unfallstelle gekommenen Polizisten Atemalkoholgeruch beim Beklagten wahrnahmen und deshalb sogleich die Feststellung der Alkoholisierung des Beklagten veranlassten.
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Die Klägerin kann sich auf die Obliegenheitsverletzung berufen und sich auf die daraus ergebende Leistungsfreiheit gegenüber dem Beklagten, was sich aus F.3 der AKB ergibt, denn die Umstände, die zur Leistungsfreiheit führen, lagen in der Person des Mitversicherten, also des Beklagten vor.
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Die Zinsforderung ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet, §§ 286, 288 BGB. Der Ersatz der Kosten der vorgerichtlichen rechtsanwaltlichen Tätigkeit steht der Klägerin als weiterer Verzugsschadensersatz zu.
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(1) Im Verhältnis der Gesamtschuldner nach § 115 Abs. 1 Satz 4 zueinander ist der Versicherer allein verpflichtet, soweit er dem Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsverhältnis zur Leistung verpflichtet ist. Soweit eine solche Verpflichtung nicht besteht, ist in ihrem Verhältnis zueinander der Versicherungsnehmer allein verpflichtet. Der Versicherer kann Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte.
(2) Die Verjährung der sich aus Absatz 1 ergebenden Ansprüche beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch des Dritten erfüllt wird.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.