AGHECHI 6 XV 2/16

published on 02/11/2016 00:00
AGHECHI 6 XV 2/16
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Gericht

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Tenor

1. Unter Aufhebung des Bescheides Az: I/13-4150 8481.02/0277-2015 des Landratsamts …vom 15.01.2016 wird die mit Abschluss des Kaufvertrages vom 07.09.2015 - UR Nr. 545/2015 erfolgte Veräußerung der Flurstücke Nr. 2426 und Nr. 2434 - Gemarkung …- genehmigt.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Der Gegenstandswert wird auf 82.530,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Schreiben vom 26.01.2016 beantragte die Stadt die gerichtliche Entscheidung über den Bescheid des Landratsamts … vom 15.01.2016. Mit Kaufvertrag vom 07.09.2015 - UR 545/2015 - kaufte die Stadt … die auf der Gemarkung … liegenden Grundstücke mit der Flst.Nr. 2426 mit einer Größe von 1,2282 ha und Flst.Nr. 2434 mit einer Größe von 1,1298 ha zum Preis von 3,50 EUR pro Quadratmeter, mithin 82.530,00 EUR insgesamt. Bei beiden Flurstücken handelt es sich um Ackerland. Mit Bescheid vom 15.01.2016 versagte das Landratsamt gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ASVG das Rechtsgeschäft.
Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung verfolgt die Antragstellerin die Aufhebung des Bescheides und Erteilung der Genehmigung für das Rechtsgeschäft. Die Antragsgegnerin beantragt als zuständige untere Landwirtschaftsbehörde die Versagung der Genehmigung aufrechtzuerhalten und den Antrag zurückzuweisen.
II.
Der Antrag ist zulässig und begründet. Eine agrarstrukturell nachteilige Verteilung des Grund und Bodens sowie ein grobes Missverhältnis des Kaufpreises zum Wert des Grundstückes ist vorliegend nicht gegeben. Im Einzelnen:
1. Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 b) ASVG ist der Anwendungsbereich des Agrarstrukturverbesserungsgesetzes eröffnet, da Gegenstand die Rechtsgeschäfte die Veräußerung eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks ist.
Gem. § 3 Abs. 1 ASVG handelt es sich bei dem Kauf um ein genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft. Zudem liegt keine Ausnahme nach § 4 ASVG, insbesondere nicht Nr. 5 vor.
2. Entgegen dem Bescheid des Landratsamts vom 15.01.2016 liegt kein Versagungsgrund nach § 7 ASVG vor, weshalb der Bescheid aufzuheben war und die Genehmigung zu erteilen ist.
a) Ein grobes Missverhältnis des vereinbarten Kaufpreises zum Wert des Grundstücks (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 ASVG) ist vorliegend nicht gegeben. Von einem groben Missverhältnis des Gegenwertes zum Wert des Grundstücks ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert des Grundstücks um mehr als 50 % übersteigt und besondere Umstände eine andere Beurteilung nicht rechtfertigen (BGH B.v. 29.04.2016 - BLw 2/12; OLG Celle B.v. 29.01.2016 - 7 W 10/15 (L)). Nach der Entscheidung des BGH vom 29.04.2016 - BLw 2/12 - ist maßgeblich für die Wertermittlung nicht mehr der innerlandwirtschaftliche Verkehrswert, sondern der Marktwert des Grundstücks. Dabei ist der Verkehrswert eines Grundstücks keine genau errechenbare Größe, vielmehr handelt es sich um eine Schätzung des Tatrichters (BGH B.v. 02.07.1968 - V. BLw 10/68). Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung ist dabei der des Vertragsschlusses, mithin das Jahr 2015.
Das Gericht zieht als Schätzgrundlage die Kaufpreissammlung des Landratsamtes für die Stadt … heran. Unter Berücksichtigung des gewogenen Mittels ergibt sich in den Jahren 2014 und 2015 ein durchschnittlicher Verkaufspreis von 2,30 EUR. Demnach liegt der vereinbarte Kaufpreis von 3,50 EUR je Quadratmeter um 52 % über dem Verkehrswert. Nach der Rechtsauffassung des Gerichts, handelt es sich vorliegend um einen Grenzfall, der jedoch unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Marktlage und Entwicklung der Grundstückspreise insgesamt, insbesondere im letzten Jahr, kein grobes Missverhältnis im Sinne des Versagensgrund darstellt.
Im Rahmen der Anhörung und im Verfahren war zwischen den Beteiligten die Ermittlung des Verkehrswertes streitig. Die Antragsgegnerin ermittelte einen Durchschnittswert anhand des Mittels der Verkaufspreise aus den letzten 3 Jahren (2013 bis 2015). Die Antragstellerin war demgegenüber der Auffassung, dass maßgeblich allein das Jahr 2015 ist.
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Zweck des Versagensgrund gem. § 7 Abs. 1 Nr. 3 ASVG ist die Unterbindung von Spekulationsgeschäften mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken (BGH B.v. 02.07.1968 - V BLw 10/68; OLG Celle B.v. 29.01.2016 - 7 W 10/15 (L)). Nach dem Gesetzeszweck soll verhindert werden, dass die auf den Betriebsertrag angewiesenen Landwirte mit hohen Anschaffungskosten belastet werden, die den Bestand und die Wirtschaftlichkeit ihrer Betriebe bedrohen können (BGH aaO). Ausgehend vom Gesetzeszweck ist die Schätzgrundlage zur Wertermittlung derart zu wählen, dass ausgehend von der allgemeinen Marktlage spekulative Geschäfte unterbunden werden. Problematisch ist jedoch, dass je geringer der Zeitraum bemessen wird, der zur Ermittlung des Wertes anhand der Kaufpreissammlung herangezogen wird, die Anzahl der Fälle zu gering wird, um einen realistischen Marktpreis abzubilden. So ergibt sich aus der Übersicht (Bl. 34 d.A.), für das Jahr 2015 lediglich 5 Verkäufe unter Berücksichtigung von Landwirten und Nicht-Landwirten. Die Kaufpreissammlung weist für das Jahr 2014 insgesamt 7 Fälle und für das Jahr 2013 insgesamt 14 Fälle aus. Insoweit ist es nachvollziehbar und nach Ansicht des Gerichts auch berechtigt, grundsätzlich einen Zeitraum über mehrere Jahre hinweg zur Ermittlung heranzuziehen. Voraussetzung ist allerdings, dass innerhalb des Ermittlungszeitraumes die Marktlage einigermaßen stabil geblieben ist. Vorliegend zeigt sich anhand der seitens des Landratsamtes zur Verfügung gestellte Kaufpreissammlung eine deutliche Steigerung der Preise, insbesondere im Jahr 2015. Eine relativ stabile Marktlage ist vorliegend nicht gegeben. Wie sich im Verfahren gezeigt hat, steigen die Preise für landwirtschaftliche Flächen seit ca. 2012 kontinuierlich. Dies entspricht zudem der gerichtsbekannten allgemeinen Marktlage auf dem Immobilien- und Grundstücksmarkt. Ein derartiger Preisanstieg innerhalb des Ermittlungszeitraumes hat zur Folge, dass der so ermittelte Durchschnittspreis gerade nicht die aktuelle Marktlage wiederspiegelt, sondern infolge der eingetretenen Preissteigerung hinter dem aktuell erzielbaren Marktpreis zurückbleibt. Dies wiederum stellt eine Benachteiligung von potentiellen Erwerbern landwirtschaftlicher Grundstücke dar, die nicht entsprechend dem aktuellen Marktwert im Rahmen des § 7 Abs. 1 Nr. 3 ASVG Grundstücke erwerben können. Mithin könnten bereits nicht privilegierte Erwerber i.S.d. ASVG keine Grundstücke zum Marktwert erwerben, was diese vom Erwerb ausschließt. Ziel des Agrarstrukturverbesserungsgesetzes ist es, spekulative Geschäfte mit landwirtschaftlichen Grundstücken zu unterbinden, jedoch nicht einen generell aufgeheizten Immobilien- und Grundstücksmarkt zu regulieren. Wer, wie nach Ansicht des Landratsamtes (im Jahr 2015), bereit ist einen allgemein überhöhten Kaufpreis für landwirtschaftliche Flächen zu bezahlen, kauft, wenn auch auf hohem, ggf. auch überhöhtem Preisniveau, jedoch nicht spekulativ i.S. des ASVG. Das grobe Missverhältnis ist in diesem Fall am allgemeinen ggf. auch überhöhten Preisniveau zu messen. Eine Ermittlung des Durchschnittswertes anhand von mehreren Jahren stellt folglich eine Verzerrung der allgemeinen Marktlage für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke dar. Das Agrarstrukturverbesserungsgesetz schützt Landwirte nicht vor einem allgemein hohen Preisniveau bzw. gar vor einer „Grundstücksblase“, sondern vor singulär spekulativen Geschäften, die gerade nicht der allgemeinen Marktlage entsprechen.
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Unter Berücksichtigung dessen, schätzt das Gericht den Grundstückswert anhand der Kaufpreissammlung auf Grundlage der Daten der Jahre 2014/2015. Allein das Jahr 2015 kann demgegenüber nicht herangezogen werden, da lediglich 5 Fälle verzeichnet sind, was eine zu geringe Datenbasis darstellt. Unter weiterer Berücksichtigung der 7 Fälle aus dem Jahr 2014 kann hieraus ein Anhaltspunkt für den Marktwert ermittelt werden. Vor dem Hintergrund, dass auch im Jahr 2014 und 2015 eine deutliche Preissteigerung insgesamt (gewogenes Mittel 2014: 2,15 EUR je m²; gewogenes Mittel 2015: 2,44 EUR je m²) festgestellt werden kann, ist ein grobes Missverhältnis bei einer, wie vorliegend, geringfügigen Überschreitung der von der Rechtsprechung angenommenen 50 %-Grenze nicht anzunehmen. Vorliegend liegt der vereinbarte Kaufpreis mit 3,50 EUR um ca. 52 % über dem ermittelten Durchschnittswert der Jahre 2014 und 2015, was unter Berücksichtigung der in diesen Jahren ansteigenden Preise kein grobes Missverhältnis, sondern eine ggf. auch überhöhte allgemeine Marktlage darstellt. In derartigen Marktlagen, obliegt es allein den Kaufinteressenten zu entscheiden, ob landwirtschaftliche Grundstücke erworben werden oder nicht.
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b) Vorliegend wurde das Vorkaufsrecht gem. § 17 ASVG nicht ausgeübt, weshalb mangels grobem Missverhältnis gem. § 7 Abs. 6 Nr. 2 ASVG eine agrarstrukturell nachteilige Verteilung von Grund und Boden nach § 7 Abs. 1 Nr. ASVG nicht angenommen werden kann.
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c) Weitere Versagungsgründe sind nicht ersichtlich.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 34, 42 LwVG.
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published on 29/04/2016 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS BLw 2/12 vom 29. April 2016 in der Landwirtschaftssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 3 a) Unter dem Wert des Grundstücks im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG ist nich
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