Amtsgericht Flensburg Beschluss, 19. Apr. 2017 - 90 F 7/17

ECLI: ECLI:DE:AGFLENS:2017:0419.90F7.17.00
published on 19/04/2017 00:00
Amtsgericht Flensburg Beschluss, 19. Apr. 2017 - 90 F 7/17
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Tenor

1. Die elterliche Sorge für die beteiligten Kinder V. (*xx.xx.2008) und W. (*xx.xx.2011) wird den beteiligten Kindeseltern gemeinsam übertragen.

2. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen, außergerichtliche Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.

3. Der Verfahrenswert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der antragstellende Kindesvater begehrt die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge für seine beiden verfahrensbeteiligten Kinder, für welche die Kindesmutter seit der Geburt die alleinige elterliche Sorge innehat.

2

Die beteiligten Kindeseltern leben seit Juni 2012 getrennt voneinander. Nach der Trennung blieben die Kinder zunächst bei der Kindesmutter und wurden sodann im September 2012 zunächst in Kurzzeitpflege fremduntergebracht. Seit dem 21.09.2012 leben sie durchgehend bis jetzt in der Pflegefamilie B./M. Nachdem die alleinsorgeberechtigte Kindesmutter ihre Zustimmung zur Fremdunterbringung widerrufen hatte, wurden im Januar 2013 auf Anregung des Stadtjugendamtes Flensburg Verfahren auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts initiiert (eA = Az. 96 F 7/13, Hauptsache = 96 F 34/13), die nach sachverständiger Begutachtung damit endeten, dass die Kindesmutter ihre Zustimmung zum Verbleib der beiden Kinder in der Pflegefamilie erteilte. Wegen der Einzelheiten und des Ergebnisses der Begutachtung (u.a. erheblich eingeschränkte Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter; nur durch Fremdunterbringung auszuschließende Gefährdung des Wohles beider Kinder) wird auf das schriftliche Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Psych. S. vom 06.09.2013 verwiesen (Bl. 54-117 der Akte 96 F 34/13).

3

Seit Februar 2015 befindet sich V. in einer Traumatherapie, während der ein vollständiger Ausschluss der Elternkontakte angezeigt war und auch einvernehmlich zwischen den Beteiligten eingehalten wurde. Dabei bezog sich der Ausschluss der Umgangskontakte nicht nur auf V., sondern auch auf seine Schwester W., da es mittelbar Kindeswohl beeinträchtigende Einflüsse auf V. durch einen Umgang W.../Eltern zu verhindern galt, und zwar im Interesse V.s, wegen dessen besonderer psychischer Konstitution auf den Bericht des Jugendamtes vom 02.12.2016 (Bl. 1-4 d.A. 90 F 188/16) sowie den Bericht des Kinderzentrums P. vom 02.10.2014 (Bl. 38-56 der v.g. Akte) verwiesen wird.

4

Ein jüngst durch das Stadtjugendamt F. initiiertes Verfahren gemäß § 1632 Abs. 4 BGB (Aktenzeichen 90 F 188/16, AG Flensburg) endete im Januar 2017 erneut mit einer Zustimmung der Kindesmutter zum Verbleib der Kinder in der Pflegefamilie. Der Kindesvater, der in diesem - wie auch den übrigen - Verfahren beteiligt war, hat im letzten Verfahren einen Antrag auf Beteiligung an der elterlichen Sorge angekündigt, den er nun im vorliegenden Verfahren verfolgt.

5

Der Kindesvater beantragt,

6

wie erkannt.

7

Die Kindesmutter beantragt,

8

den Antrag des Kindesvaters zurückzuweisen.

9

Die Pflegeeltern der Kinder sind gemäß § 161 FamFG (schriftlich) angehört worden und haben sich für die Begründung einer gemeinsamen elterlichen Sorge ausgesprochen (schriftliche Stellungnahme vom 13.02.2017 - Bl. 15 d.A.). Gleiches gilt für die beteiligte Verfahrensbeiständin (vgl. Terminsvermerk vom 06.03.2017 - Bl. 25 d.A.).

II.

10

Die Entscheidung zur Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge, für die das hiesige Familiengericht aufgrund des gewöhnlichen Aufenthaltes der beiden beteiligten Kinder im hiesigen Bezirk in der Obhut einer Pflegefamilie zuständig ist (§ 152 Abs. 2 FamFG), beruht auf § 1626a BGB. Nach dieser Vorschrift überträgt das Familiengericht bei - wie hier gegebener - mütterlicher Alleinsorge auf Antrag eines Elternteils - hier des Vaters - die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Dies ist hier der Fall; im Ergebnis kann nicht festgestellt werden, dass die Übertragung der elterlichen Sorge auf beide Elternteile gemeinsam in Abkehr von der mütterlichen Alleinsorge dem Wohl der beiden beteiligten Kinder zuwiderläuft.

1.

11

Vorrangiger Maßstab der Entscheidung nach § 1626a Abs. 2 BGB ist das Kindeswohl (BT-Drucks. 17/11048 S. 14). Für die Prüfung, ob die Übertragung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht, gelten die zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB entwickelten Grundsätze (vgl. grundlegend: BGH v. 15.06.2016, XII ZB 419/15 - juris Rnrn. 10-17 m.w.Nachw. = FamRZ 2016, 1439).

12

Die Entscheidung hängt in den von § 1626a Abs. 2 BGB erfassten Verfahrenskonstellationen davon ab, ob die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Eltern gemeinsam dem Kindeswohl widerspricht. Wie bei § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB sind alle für und gegen die gemeinsame Sorge sprechenden Umstände im Rahmen einer einzelfallbezogenen und umfassenden Betrachtung gegeneinander abzuwägen (BGH aaO. - juris Rn. 19 m.V.a. BGHZ 185, 272 = FamRZ 2010, 1060 Rn. 18 ff.; BVerfG FamRZ 2010, 1403 Rn. 58).

13

Gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls sind die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens. Diese Kriterien stehen aber nicht kumulativ nebeneinander. Jedes von ihnen kann im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung sein, was dem Kindeswohl entspricht. Zu berücksichtigen sind dabei auch die durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Elternrechte (Senatsbeschluss BGHZ 185, 272 = FamRZ 2010, 1060 Rn. 19 f.).

14

Bei der Entscheidung über die Anordnung oder Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist auch zu berücksichtigen, wenn es im Verhältnis der Eltern an einer Grundlage für ein Zusammenwirken im Sinne des Kindeswohls fehlt. Ein nachhaltiger und tiefgreifender Elternkonflikt kann zur Folge haben, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl widerspricht (BGH aaO. - juris Rn. 21).

15

Das Vorliegen eines Elternkonflikts oder die Ablehnung der gemeinsamen elterlichen Sorge durch die Mutter sprechen allerdings für sich genommen noch nicht gegen die gemeinsame elterliche Sorge (BGH aaO. - juris Rn. 22 m.V.a. BT-Drucks. 17/11048 S. 17). Allein die Verweigerungshaltung eines Elternteils ist kein entscheidender Gesichtspunkt dafür, dass die Beibehaltung oder Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl widerspricht (BGH aaO. m.V.a. OLG Köln NJW-RR 2008, 1319, 1320). Dass Eltern in Einzelfragen verschiedener Meinung sind und ihre Meinungsverschiedenheiten im Einzelfall streitig ausgetragen haben, genügt ebenfalls nicht, um die gemeinsame elterliche Sorge abzulehnen. Es gehört zur Normalität im Eltern-Kind-Verhältnis, dass sich in Einzelfragen die für das Kind beste Lösung erst aus Kontroversen herausbildet (BGH aaO. m.V.a. OLG Karlsruhe Beschluss vom 2. April 2015 - 18 UF 253/14 - juris Rn. 16). Hierdurch können sogar mehr Argumente abgewogen werden als bei Alleinentscheidungen und so dem Kindeswohl besser entsprechende Ergebnisse erreicht werden (BGH aaO. m.V.a. vgl. BT-Drucks. 17/11048 S. 17; KG FamRZ 2011, 1659). Insbesondere sieht das Gesetz für einzelne kontrovers diskutierte und von den Eltern nicht lösbare Fragen mit § 1628 BGB ein geeignetes Instrumentarium vor (BGH aaO.).

16

Die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt allerdings ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus (BGH aaO. - juris Rn. 23 m.V.a. BGH vom 12. Dezember 2007 - XII ZB 158/05 - FamRZ 2008, 592 Rn. 11 m.w.N.; BT-Drucks. 17/11048 S. 17 m.w.N.). Die gemeinsame elterliche Sorge ist daher nicht anzuordnen, wenn eine schwerwiegende und nachhaltige Störung auf der Kommunikationsebene der Eltern vorliegt, die zudem befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind folglich erheblich belastet würde, würde man die Eltern zwingen, die Sorge gemeinsam zu tragen (BGH aaO. - juris Rn. 24 m.V.a. OLG Schleswig FamRZ 2014, 1374, 1375; KG FamRZ 2014, 1375; OLG Koblenz FamRZ 2014, 319; BT-Drucks. 17/11048 S. 17; vgl. auch OLG Stuttgart [11. ZS] FamRZ 2015, 674; OLG Brandenburg [2. FamS] FamRZ 2014, 1856; OLG Köln NJW-RR 2008, 1319, 1320; Schilling NJW 2007, 3233, 3238). Maßgeblich ist, welche Auswirkungen die mangelnde Einigungsfähigkeit der Eltern bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben wird (BGH aaO. m.V.a. BGH v. 29.09.1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1648). Die Gefahr einer erheblichen Belastung des Kindes kann sich im Einzelfall auch aus der Nachhaltigkeit und der Schwere des Elternkonflikts ergeben.

17

Eine vollständige Kommunikationsverweigerung der Eltern muss allerdings nicht gegeben sein (BGH aaO. - juris Rn. 25 m.V.a. die abw. Auffassung des OLG Brandenburg [4. FamS] FamRZ 2016, 240, 243). Die Kommunikation der Eltern ist bereits dann schwer und nachhaltig gestört, wenn sie zwar miteinander in Kontakt treten, hierbei aber regelmäßig nicht in der Lage sind, sich in der gebotenen Weise sachlich über die Belange des Kindes auszutauschen und auf diesem Wege zu einer gemeinsamen Entscheidung zu gelangen. Dann ist zu prüfen, ob hierdurch eine erhebliche Belastung des Kindes zu befürchten ist (BGH aaO. - juris Rn. 25).

18

Entgegen einer in der Rechtsprechung vertretenen Meinung (OLG Brandenburg [4. FamS] FamRZ 2016, 240, 243; OLG Celle [10. ZS] FamRZ 2014, 857; OLG Stuttgart [16. ZS] FamRZ 2014, 1715, 1716) muss die Belastung des Kindes nicht bereits tatsächlich bestehen. Es genügt die begründete Befürchtung, dass es zu einer solchen Belastung kommt (BGH aaO. m.V.a. OLG Celle [15. ZS] FamRZ 2016, 385, 386; BGH vom 15. November 2007 - XII ZB 136/04 - FamRZ 2008, 251 Rn. 24). Dafür genügt die begründete Besorgnis, dass die Eltern auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, ihre Streitigkeiten in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen. Denn ein fortgesetzter destruktiver Elternstreit führt für ein Kind zwangsläufig zu erheblichen Belastungen (BGH aaO. m.V.a. BGH v. 12.12.2007 - XII ZB 158/05 - FamRZ 2008, 592 Rn. 15; Gödde ZfJ 2004, 201, 207, 209 sowie BGH vom 15.11.2007 - XII ZB 136/04 - FamRZ 2008, 251 Rn. 24). Notwendig ist hierfür die Einschätzung im Einzelfall, ob der Elternkonflikt so nachhaltig und so tiefgreifend ist, dass gemeinsame, dem Kindeswohl dienliche Entscheidungen der Eltern in den wesentlichen Belangen der elterlichen Sorge auch für die Zukunft nicht gewährleistet sind (BGH aaO. - juris Rn. 27 m.w.N.). Ebenfalls nicht erforderlich ist die teilweise geforderte zusätzliche Feststellung einer günstigen Prognose der Alleinsorge eines Elternteils dahingehend, dass die Eltern aufgrund der gerichtlichen Entscheidung für die Alleinsorge ihren Streit nicht fortsetzen werden (BGH aaO. entgegen OLG Brandenburg [4. FamS] FamRZ 2016, 240, 243 und FamRZ 2015, 760, 762). In die Abwägung ist vielmehr einzubeziehen, ob durch die Alleinsorge die Konfliktfelder zwischen den Eltern eingegrenzt werden, was für sich genommen bereits dem Kindeswohl dienlich sein kann (BGH aaO. - juris Rn. 28 m.V.a. Staudinger/Coester BGB [2016] § 1671 Rn. 137), während bereits das Risiko, dass das Kind durch die Begründung der gemeinsamen Sorge verstärkt dem fortdauernden Konflikt der Eltern ausgesetzt wird, dem Kindeswohl entgegenstehen kann (BGH aaO. m.V.a. BGH v, 15.11.2007 - XII ZB 136/04 - FamRZ 2008, 251 Rn. 24). Dabei gehören zu den wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge, für die ein Mindestmaß an Verständigungsmöglichkeiten gefordert werden muss, alle nach § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB gemeinsam zu treffenden Entscheidungen (BGH aaO. - juris Rn. 29).

19

Werden im familiengerichtlichen Verfahren nach § 1626a II BGB konkrete tatsächliche Umstände dargelegt oder sind solche Umstände erkennbar, die ein Indiz gegen die gemeinsame elterliche Sorge sein können, hat das Gericht im Rahmen seiner in diesem Fall zum Tragen kommenden uneingeschränkten Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) umfassend und ergebnisoffen aufzuklären, ob die Anhaltspunkte, die (auf den ersten Blick) geeignet erscheinen, einer gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenzustehen, auch tatsächlich durchgreifende Bedenken gegen die Begründung der gemeinsamen elterliche Sorge rechtfertigen (vgl. hierzu BGH aaO. Rnrn. 32, 37). Dabei enthält die Neuregelung des § 1626a BGB weder ein Regel-Ausnahme-Verhältnis noch einen Vorrang noch eine Vermutung zugunsten der gemeinsamen elterlichen Sorge (BGH aaO. - juris Rnrn. 35-37 m.w.Nachw.). Erst wenn sich nach erschöpfender Sachaufklärung nicht feststellen lässt, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widerspricht, ergibt sich aus der negativen Formulierung der Kindeswohlprüfung eine gesetzgeberische Entscheidung zur (objektiven) Feststellungslast. Aus dieser insoweit entsprechend dem gesetzlichen Leitbild zu Lasten der Aufrechterhaltung der Alleinsorge der Mutter getroffenen Regelung folgt, dass im Zweifelsfall die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Eltern gemeinsam auszusprechen ist (BGH aaO. - juris Rn. 38; vgl. zum Ganzen auch Splitt in FF 2017, 47-54; Burschel NZFam 2016, 801; Etzold/Löhnig NZFam 2016, 769).

2.

20

Gemessen an diesen Maßstäben sind im vorliegenden Fall im Ergebnis keinerlei Umstände festzustellen, die durchgreifend gegen die erstmalige Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge sprechen. Dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Wohl der beiden hier beteiligten Kinder widerspricht, kann nicht festgestellt werden:

21

Es mag zwar sein - und dies ist in den beiden Erörterungsterminen vom 06.03.2017 im hiesigen Verfahren sowie vom 12.01.2017 im damaligen Kindschaftsverfahren i.S.v. § 1632 IV BGB (Az. 90 F 188/16) durchaus erkennbar geworden -, dass die Kommunikationsebene der Beteiligten - wie insbesondere von der beteiligten Kindesmutter ins Feld geführt - (deutlich) gestört ist. Dass diese Störung jedoch derart tiefgreifend ist, dass eine konstruktive Erörterung der wesentlichen sorgerechtlichen Fragen und Belange ihrer Kinder nicht möglich wäre, kann nicht festgestellt werden. Wenn auch unter Beteiligung eines „Helfersystems“ haben die beteiligten Kindeseltern im Verfahren 90 F 188/16 im Erörterungstermin vom 12.01.2017 zum weiteren Aufenthalt bzw. Verbleib ihrer gemeinsamen Kinder in der aktuellen Pflegefamilie eine gemeinsame Auffassung gefunden und den Verbleib dort befürwortet.

22

Angesichts der im vorliegenden Fall gegebenen besonderen Ausgangssituation kann nicht prognostiziert werden, dass künftig die kommunikativen Probleme der Kindeseltern auf der Elternebene der Erarbeitung und dem konsensualen Treffen gemeinsamer Entscheidungen im Bereich des Sorgerechts entgegenstehen werden. Denn - zumindest mittelfristig - werden die beteiligten Kindeseltern im Wesentlichen im Rahmen der planmäßigen oder auch außerplanmäßigen Hilfeplangespräche zusammen mit dem zuständigen Jugendamt aufeinandertreffen. Insofern ist das „Setting“ auch künftig dem des gerichtlichen Erörterungstermins vergleichbar, indem es den Kindeseltern im Ergebnis auch gelungen ist, eine übereinstimmende Entscheidung zu entwickeln.

23

Im Übrigen kann derzeit aufgrund dieser besonderen Ausgangslage der in der Pflegefamilie befindlichen Kinder und der entsprechend starken Einbindung des bzw. der Unterstützung durch das Jugendamt im sorgerechtlichen Kontext ebenfalls nicht prognostiziert werden, dass sich etwaige Uneinigkeiten der Kindeseltern negativ auf die Kinder auswirken würden. Die Kinder sind dem (dauerhaften) Konflikt nicht ausgesetzt, sie bekommen von diesem derzeit und mittelfristig vielmehr gar nichts mit. In Verfahren nach §1626a BGB ist es schon per se schwierig, das künftige Scheitern einer gemeinsamen Elternverantwortung zu prognostizieren, da - anders als im Bereich des § 1671 BGB - bisher keine gemeinsame Verantwortung vorgelegen hat, die kindeswohldienlich wahrzunehmen gewesen wäre und nicht entsprechend ausgefüllt worden ist. Vorliegend gilt dies im besonderen Maße, weil die beteiligten Kindeseltern zumindest mittelfristig keinerlei Kontakt zu ihren Kindern haben werden und gleichzeitig in das unterstützende Helfersystem des Jugendamtes eingebunden sein werden.

24

Kann insofern nicht hinreichend begründbar prognostiziert werden, dass aufgrund der Kommunikationsprobleme der Eltern eine diesen obliegende gemeinsame Elternverantwortung (wahrscheinlich) scheitern wird, spricht nach Auffassung des zur Entscheidung berufenen Gerichts - auch wenn dies im Ergebnis für die Entscheidung dahinstehen kann - im Gegenteil sogar einiges für die Einrichtung einer gemeinsamen elterlichen Sorge. Im vorliegenden Fall besteht nämlich aufgrund der besonderen Konstellation - wenn auch gegebenenfalls derzeit nur abstrakt - eine gegen über dem „Normalfall“ erhöhte Möglichkeit eines künftig notwendig werdenden Eingriffs in das bisher alleinige Sorgerecht der Mutter. In diesem Fall wäre gemäß § 1680 Abs. 2, Abs. 3 BGB der (bisher nicht sorgeberechtigte) Kindesvater vorrangig vor einem Ergänzungspfleger/Vormund zur „Übernahme“ der elterlichen Sorge bzw. des entzogenen Teilbereichs berufen. Durch die jetzige Installation der gemeinsamen elterlichen Sorge besteht für diesen Fall nicht nur der Vorteil, dass dem Kindesvater dann der entzogene Teil des Sorgerechts der Kindesmutter „automatisch kraft Gesetzes anwachsen“ würde (vgl. § 1680 Abs. 1, Abs. 3 BGB), sondern insbesondere auch der Vorteil, dass der dann bereits mitsorgeberechtigte Vater aufgrund der mit dem Sorgerecht einhergehenden Verantwortung einerseits und der Möglichkeit der Informationserlangung vom Jugendamt andererseits, deutlich besser den ihm „angewachsenen“ Verantwortungsbereich ausfüllen könnte, als er dies ohne vorherige gemeinsame elterliche Sorge und Verweisung auf den § 1686 Abs.1 BGB könnte.

3.

25

Das Gericht hat im wohlverstandenen Interesse der Kinder - entsprechend dem Einverständnis aller übrigen Verfahrensbeteiligten sowie der Anregung der Pflegeeltern - von der Anhörung der Kinder abgesehen (§ 159 Abs. 3 FamFG), da eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes zu besorgen wäre (vgl. Haberland, jurisPR-BGHZivilR 15/2016 Anm. 1 m.w.Nachw.). Denn angesichts der (psychischen) Besonderheiten des beteiligten, in fortlaufender Therapie befindlichen Kindes V., die derzeit nach wie vor notwendig machen, dass beide Elternteile keinen Kontakt zu diesem wie zu seiner Schwester haben, ist jegliche Störung - wie sie auch eine gerichtliche Anhörung und Konfrontation mit den verfahrensgegenständlichen Themen bedeuten würde - unbedingt zu vermeiden. Dies gilt auch für eine mittelbare Irritation des beteiligten Kindes V. durch entsprechende Äußerungen oder Verhaltensweisen seiner Schwester, so dass auch diese im vorliegenden Verfahren nicht persönlich angehört werden konnte. Unabhängig davon ist im Übrigen ein Erkenntnisgewinn durch die Anhörung der beiden Kinder (insbesondere bei V.) zu der sehr abstrakten Frage der Begründung der gemeinsamen Sorge ihrer Eltern, zu denen sie seit geraumer Zeit keinerlei Kontakt haben, nicht zu erwarten.

4.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG. Die Verfahrenswertfestsetzung beruht auf § 45 Abs.1 FamGKG. Gründe, vom Regelverfahrenswert von 3.000,00 € Unterbilligkeitsgesichtspunkten nach oben oder unten abzuweichen (§ 45 Abs. 3 FamGKG), sind vorliegend nicht ersichtlich.


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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
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Annotations

(1) Die Personensorge umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes von jedem zu verlangen, der es den Eltern oder einem Elternteil widerrechtlich vorenthält.

(2) Die Personensorge umfasst ferner das Recht, den Umgang des Kindes auch mit Wirkung für und gegen Dritte zu bestimmen.

(3) Über Streitigkeiten, die eine Angelegenheit nach Absatz 1 oder 2 betreffen, entscheidet das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils.

(4) Lebt das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege und wollen die Eltern das Kind von der Pflegeperson wegnehmen, so kann das Familiengericht von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson anordnen, dass das Kind bei der Pflegeperson verbleibt, wenn und solange das Kindeswohl durch die Wegnahme gefährdet würde. Das Familiengericht kann in Verfahren nach Satz 1 von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson zusätzlich anordnen, dass der Verbleib bei der Pflegeperson auf Dauer ist, wenn

1.
sich innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes vertretbaren Zeitraums trotz angebotener geeigneter Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen die Erziehungsverhältnisse bei den Eltern nicht nachhaltig verbessert haben und eine derartige Verbesserung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig nicht zu erwarten ist und
2.
die Anordnung zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

(1) Das Gericht kann in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, die Pflegeperson im Interesse des Kindes als Beteiligte hinzuziehen, wenn das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege lebt. Satz 1 gilt entsprechend, wenn das Kind auf Grund einer Entscheidung nach § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bei dem dort genannten Ehegatten, Lebenspartner oder Umgangsberechtigten lebt.

(2) Die in Absatz 1 genannten Personen sind anzuhören, wenn das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege lebt.

(1) Während der Anhängigkeit einer Ehesache ist unter den deutschen Gerichten das Gericht, bei dem die Ehesache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war, ausschließlich zuständig für Kindschaftssachen, sofern sie gemeinschaftliche Kinder der Ehegatten betreffen.

(2) Ansonsten ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(3) Ist die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts nach den Absätzen 1 und 2 nicht gegeben, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge bekannt wird.

(4) Für die in den §§ 1693 und 1802 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit § 1867 bezeichneten Maßnahmen ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge bekannt wird. Es soll die angeordneten Maßnahmen dem Gericht mitteilen, bei dem eine Vormundschaft oder Pflegschaft anhängig ist.

(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,

1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen),
2.
wenn sie einander heiraten oder
3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.

(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.

(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,

1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen),
2.
wenn sie einander heiraten oder
3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.

(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.

(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden werden.

(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, hat die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Solange sich das Kind mit Einwilligung dieses Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung bei dem anderen Elternteil aufhält, hat dieser die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung. § 1629 Abs. 1 Satz 4 und § 1684 Abs. 2 Satz 1 gelten entsprechend.

(2) Das Familiengericht kann die Befugnisse nach Absatz 1 Satz 2 und 4 einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,

1.
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen),
2.
wenn sie einander heiraten oder
3.
soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.

(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.

(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Stand die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam zu und ist ein Elternteil gestorben, so steht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu.

(2) Ist ein Elternteil, dem die elterliche Sorge gemäß § 1626a Absatz 3 oder § 1671 allein zustand, gestorben, so hat das Familiengericht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, soweit einem Elternteil die elterliche Sorge entzogen wird.

Jeder Elternteil kann vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(1) Das Gericht hat das Kind persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen.

(2) Von der persönlichen Anhörung und der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks nach Absatz 1 kann das Gericht nur absehen, wenn

1.
ein schwerwiegender Grund dafür vorliegt,
2.
das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun,
3.
die Neigungen, Bindungen und der Wille des Kindes für die Entscheidung nicht von Bedeutung sind und eine persönliche Anhörung auch nicht aus anderen Gründen angezeigt ist oder
4.
das Verfahren ausschließlich das Vermögen des Kindes betrifft und eine persönliche Anhörung nach der Art der Angelegenheit nicht angezeigt ist.
Satz 1 Nummer 3 ist in Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die die Person des Kindes betreffen, nicht anzuwenden. Das Gericht hat sich in diesen Verfahren einen persönlichen Eindruck von dem Kind auch dann zu verschaffen, wenn das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun.

(3) Sieht das Gericht davon ab, das Kind persönlich anzuhören oder sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen, ist dies in der Endentscheidung zu begründen. Unterbleibt eine Anhörung oder die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks allein wegen Gefahr im Verzug, ist sie unverzüglich nachzuholen.

(4) Das Kind soll über den Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in einer geeigneten und seinem Alter entsprechenden Weise informiert werden, soweit nicht Nachteile für seine Entwicklung, Erziehung oder Gesundheit zu befürchten sind. Ihm ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Hat das Gericht dem Kind nach § 158 einen Verfahrensbeistand bestellt, soll die persönliche Anhörung und die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in dessen Anwesenheit stattfinden. Im Übrigen steht die Gestaltung der persönlichen Anhörung im Ermessen des Gerichts.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) In einer Kindschaftssache, die

1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge,
2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft,
3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes,
4.
die Kindesherausgabe oder
5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
betrifft, beträgt der Verfahrenswert 4 000 Euro.

(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.

(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.