Amtsgericht Bochum Urteil, 26. März 2014 - 67 C 3/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagtenseite gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird gem. §§ 3- 5 ZPO auf 1.106,00 Euro festgesetzt.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin verlangt mit der vorliegenden Klage Schadensersatz wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung durch die Beklagten. Die Beklagten sind Inhaber eines Internetanschlusses mit wahrscheinlich dynamischer IP. Ein genauer Sachvortrag zu diesem Punkt fehlt.
3Die Klägerin behauptet, mit einer festgestellten IP Nummer sei vom Internetanschluss der Beklagten der Film „X“ im Rahmen einer Tauschbörse zum Herunterladen angeboten worden.
4Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Klägerin zur Rechteinhaberschaft bezogen auf das Filmwerk „X“, der Berechnung des geltend gemachten Schadens und der Abmahnung nebst Unterlassungsverlangen wird auf den Inhalt der Klagebegründungsschrift vom 16.12.2013 nebst Anlagen (Bl. 21 ff. d.A.) verwiesen.
5Die Klägerin beantragt,
6die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie
7einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag von
8mindestens 600,00 Euro zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozent-
9punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem
1001.02.2013 sowie 506,00 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5
11Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem
1201.02.2013 zu zahlen.
13Die Beklagten beantragen,
14die Klage abzuweisen.
15Sie behaupten, sie hätten von dem Internetanschluss die Tauschbörse nicht besucht und besonders auch nicht den hier streitgegenständlichen Film heruntergeladen oder zum Download angeboten.
16Im Übrigen habe zu der hier fraglichen Tatzeit die minderjährige Tochter im Haushalt der Beklagten gelebt. Damit bestünde die Möglichkeit, dass auch dieses den Computer bedient habe.
17Die Tochter sei von den Beklagten auch darauf hingewiesen worden, dass sie Tauschbörsenseiten der vorliegenden Art nicht benutzen dürfe.
18Zu den weiteren Einwendungen der Beklagten, insbesondere auch zur Schadenshöhe, wird auf den Inhalt der Klageerwiderung vom 10.02.2014 nebst Anlagen (Bl. 105 ff. d.A.) verwiesen.
19Hierauf hat die Klägerin erwidert.
20Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten des Sachvortrags der Klägerin, insbesondere auch zum Beweisantritt durch Vernehmung der Tochter der Beklagten, wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Klägerin vom 11.03.2014 (Bl. 130 ff. d.A.) verwiesen.
21Entscheidungsgründe:
22Die Klage ist bereits nach dem Sachvortrag beider Parteien unbegründet.
23Die Klägerin hat zunächst keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten. Ein solcher Anspruch folgt hier nicht aus § 97 Abs. 2 UrhG.
24Die insoweit darlegungs- und voll beweisbelastete Klägerin hat schon keinen hinreichenden Beweis dafür angetreten, dass die Beklagten einzeln oder erst recht gemeinschaftlich tatsächlich die hier streitgegenständlichen Daten zum Download im Internet angeboten haben.
25Ausschlaggebend ist die Tatsache, dass es sich hier um eine Mehrheit erwachsener Personen handelt, und nicht festgestellt werden kann, dass beide gemeinschaftlich tatsächlich den Computer bedient haben.
26Unter lebensnaher Betrachtung bleibt die Möglichkeit, dass nur einer der beiden Beklagten die Handlung begangen hat.
27Dabei trug hier die Klägerin auch die volle Beweislast für die Täterschaft und nicht die Beklagten.
28Diese genügten ihrer sekundären Darlegungslast nämlich bereits dadurch, dass sie vortragen, beide Ehepartner sowie das insoweit belehrte Kind hätten Zugriff auf den Computer und damit das Internet.
29Damit ist nämlich ein vernünftiger Grund gegeben, die durch die Anschlussinhaberschaft gegebene tatsächliche Vermutung der Täterschaft zu durchbrechen.
30Nach der obergerichtlichen neuen Rechtsprechung ist im Grunde anerkannt, dass bei einer Zugriffsmöglichkeit mehrerer erwachsener Personen die sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers nicht so weit geht, dass er ermitteln muss, wer der Täter der Rechtsverletzung ist (vgl. OLG Köln, MMR 2012, 549).
31Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch wegen der aufgewandten Abmahnkosten gem. § 97 I UrhG.
32Alleine die Anschlussinhaberschaft beider Beklagten macht diese nämlich nicht zu Störern i.S.d. § 97 I UrhG.
33Hier gelten die Grundsätze bei Personenmehrheiten zur oben erörterten Täterschaft entsprechend.
34Störer ist nämlich nur derjenige, der schuldhaft und adäquat kausal zur Verletzung des Urheberrechts beiträgt.
35Bei nicht feststellbarer Täterschaft des Anschlussinhabers (wie oben erörtert) kann eine Störereigenschaft nur dann bejaht werden, wenn der Anschlussinhaber zumutbare Verhaltenspflichten, wie z.B. Prüf- und Hinweispflichten, nicht erfüllt.Trägt der Anschlussinhaber beispielsweise vor, Dritte hätten auf den Internetanschluss Zugriff gehabt, muss er zumindest zusätzlich vortragen, dass er ordnungsgemäße Schutzmaßnahmen gegen den Eingriff Dritter installiert hat.
36Auf diese Umstände kommt es hier nicht an, wenn es sich um Personen handelt, die dem Haushalt zugehörig sind. In diesem Fall können Prüf- u. Hinweispflichten nur darin bestehen, den im Haushalt lebenden Personen darauf hinzuweisen, keine illegalen Handlungen über den Internetanschluss zu begehen oder diesen zu kontrollieren. Eine solche Kontroll- oder Hinweispflicht ist nach der Rechtsprechung des angerufenen Gerichts in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls bei erwachsenen Familienangehörigen oder Ehepartnern ohne weiteres nicht zu bejahen (vgl. OLG Köln a.a.O.).Es kommt daher nicht auf die Frage an, ob die minderjährige Tochter belehrt worden ist oder nicht oder ob diese die Tat begangen hat. Daher war auch nicht über diese Fragen Beweis zu erheben.
37Daher kann hier auch dahinstehen, ob das wesentlich zu weit gefasste Unterlassungsbegehren überhaupt wirksam war. Hieran bestehen Zweifel, weil der in Anspruch Genommene aus der Unterlassungserklärung nicht entnehmen kann, welche Werke im Einzelnen betroffen sind.
38Jedenfalls bei Verbrauchern muss auch vor Neufassung des UrhG zumindest konkretisiert werden, um welche Werke es sich im Einzelnen handelt (vgl. OLG Düsseldorf ZUM-RD, 2012, 135).
39Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
40Rechtsbehelfsbelehrung:
41A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
42a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
43b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
44Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bochum, Westring 8, 44787 Bochum, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
45Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.
46Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
47Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
48Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bochum statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Bochum, Viktoriastr. 14, 44787 Bochum, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
49Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.
(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.