Üble Nachrede und Verleumdung
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Üble Nachrede und Verleumdung
Üble Nachrede und Verleumdung
Durch eine üble Nachrede (§ 186 StGB) wird die persönliche Ehre auf besondere Weise angegriffen. Im Zusammenhang mit Dritten wird dem Opfer eine ehrenrührige Tatsache zugeschrieben. Es handelt sich somit um eine Dreiecksform des Verletzungsgeschehens. Das selbe gilt auch für die Verleumdung im Sinne von § 187 StGB. Das wesentliche Unrecht der üblen Nachrede ergibt sich aus der Ermöglichung der Missachtung eines Dritten. Aus diesem Grund ist die Bejahung des Unrecht bereits dann ausgeschlossen, wenn es sich bei der verbreiteten bzw. behaupteten Tatsache um die Wahrheit handelt. Ist die Tatsache also erweislich wahr, wird der Täter nicht bestraft. Da die Dreiecksstruktur eine sachliche Anforderung der Norm ist, ist es nicht relevant, ob das Opfer zur Tatzeit anwesend ist.
I. Tatsachen
Was sind Tatsachen?
Nach üblicher Bestimmung sind Tatsachen Geschehnisse oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die dem Beweis zugänglich sind. Auch innere Vorgänge und Zustände können Tatsachen sein, wenn sie zu äußeren Geschehnissen in Beziehung gesetzt werden können, durch die sie in das Gebiet der wahrnehmbaren äußeren Welt getreten sind. Der Begriff der Tatsache im Zusammenhang mit dem § 186 StGB ist allerdings vielmehr aus dem umschriebenen Unrecht heraus zu bestimmen. Entscheidend ist dann nicht die in der üblichen Definition stark hervorgehobene Äußerlichkeit des Behaupteten, sondern, dass mit einer Person ein Geschehnis oder ein Zustand so verbunden wird, dass für den Empfänger der Äußerung die Grundlage für eine selbständige Stellungnahme zur Ehre des Opfers geschaffen wird. Eine Äußerung ist also dann eine Tatsachenbehauptung, wenn durch sie das Opfer so gekennzeichnet wird, dass Dritten unabhängig von der Person des Äußernden eine selbständige Überprüfung des Geäußerten möglich ist; dies kann dann auch zum Gegenstand des Wahrheitsbeweises gemacht werden.
II. Vollendung der Tat
Die üble Nachrede im Sinne von § 186 StGB ist mit der Kundgabe einer ehrverletzenden Tatsache gegenüber einem Drittem, die zu einer Missachtung oder Herabwürdigung geeignet ist, vollendet, wenn der Dritte sie zur Kenntnis genommen hat. Anders als bei der Beleidigung im Sinne von § 185 StGB ist es nicht erforderlich, dass der Dritte den ehreverletzenden Inhalt verstanden hat. Die üble Nachrede setzt demnach nicht voraus, dass sich der Dritte tatsächlich eine Missachtungsurteil über das Opfer bildet.
III. Rechtswidrigkeit
Eine vorherige Zustimmung zur Behauptung/Verbreitung (etwa eines Prominenten gegenüber einem Journalisten, um auf sich aufmerksam zu machen) ist ein tatbestandsausschließendes Einverständnis. Ferner kann die Rechtswidrigkeit auch durch den § 193 StGB (Wahrnehmung berechtigter Interessen) ausgeschlossen sein, wobei hier jedoch besonders hohe Anforderungen zu stellen sind.
IV. Wahrheitsbeweis
Beruht die geäußerte Tatsache auf der Wahrheit und lässt sich die Wahrheit auch beweisen, so ist eine Bestrafung nach § 186 StGB ausgeschlossen. Die Beweislast trägt das Gericht gemäß §§ 155 Abs.2, 244 Abs. 2 StPO. Nach herrschender Meinung treffen den Angeklagten jedoch die Folgen, wenn das Gericht keine Überzeugung von der Wahrheit gewinnen kann. Der Satz „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten) soll hier nicht gelten.
V. Qualifikation der üblen Nachrede
Wurde die Tat „öffentlich“ oder durch „verbreiten von Schriften“ begangen handelt es sich um eine qualifizierte Modifikation des Grundtatbestands. Das gesteigerte Unrecht dieser Begehungsweisen liegt darin, dass das Opfer in einer nicht mehr kontrollierbaren Weise der Gefahr fremder Missachtung ausgesetzt wird. Dies wird auch dadurch deutlich, dass ein Widerruf der Äußerung nicht mehr persönlich an bestimmte Adressaten gerichtet werden kann. Die Qualifikation gewinnt insbesondere wegen der technischen Möglichkeiten des Internet zunehmend an Bedeutung (LG Augsburg vom 07.08.2009 – 4 Ns 101 Js 125786/08).
2. Verbreiten einer Schrift bedeutet, dass die gegenständlich fixierte Änderung so in fremde Hände gelangen muss, dass der Täter nicht mehr kontrollieren kann, wer die Äußerung wahrnimmt (Beispiel: Abgabe von Flugblättern an Passanten). Die Übergabe der Schrift an eine Person in ihrer Substanz (nicht entscheidend ist der Inhalt) genügt nur, wenn sie mit der Absicht erfolgt, dass sie dadurch noch weiteren Personen zugänglich gemacht wird. Zusätzlich ist es erforderlich, dass weitere Einzelpersonen dadurch die Möglichkeit der Kenntnisnahme erhalten. Ist dies nicht der Fall, befindet sich die Tat noch im straflosen Versuchsstadium (OLG Bremen vom 03. 12. 1986 - Ws 156/86).
Die Verleumdung im Sinne von § 187 StGB enthält zwei unterschiedliche Tatbestände,
1. Verleumdung
2. Kreditgefährdung
Die Verleumdung schützt, wie auch die §§ 185, 186 StGB die Ehre. Die Kreditgefährdung hingegen schützt den Kredit des Betroffenen. Der Tatbestand der Verleumdung knüpft weitestgehend an den § 186 StGB an und stellt einen qualifizierten Fall der üblen Nachrede dar. Die Vorschriften des § 186 und § 187 StGB unterscheiden sich darin, dass im Rahmen der Verleumdung die Unwahrheit der behaupteten oder verbreiteten Tatsache Bestandteil dieser Norm ist und hiermit ein übereinstimmender Vorsatz erforderlich ist. Der Tatbestand der Kreditgefährdung setzt ebenfalls das Behaupten / Verbreiten einer unwahren Tatsache voraus, jedoch muss diese geeignet sein, den Kredit eines anderen zu gefährden. Hierbei handelt es sich somit vielmehr um ein Vermögensdelikt.
Einen der Kreditgefährdung ähnelnden Straftatbestand enthält § 15 UWG (Geschäftliche Verleumdung). Der personelle Schutz ist dort jedoch, dem Anwendungsbereich des UWG entsprechend, auf Gewerbetreibende beschränkt.
Ferner enthält auch der § 187 StGB eine Qualifikation für beide Tatbestände, sofern diese öffentlich oder durch das Verbreiten von Schriften verwirklicht werden.
I. Vollendung der Tat
2. Bei der Kreditgefährdung muss sich der Täter neben der Kenntnis der Unwahrheit der behaupteten Tatsache auch bewusst sein, dass sich die Behauptung für eine Kreditgefährdung des Betroffenen eignet. (LG München I vom 18.02.2003 - 33 O 8439/02). Da die Kreditgefährdung ein Vermögensdelikt ist, kann sich die Tat, unabhängig von der Frage der Beleidigungsfähigkeit von Personengemeinschaften, auch gegen juristische Personen, Handelsgesellschaften o.ä. richten.
II. Rechtswidrigkeit
Hier ist es umstritten, ob eine Rechtswidrigkeit der Verleumdung aufgrund des § 193 StGB zur Wahrnehmung berechtigter Interessen ausgeschlossen werden kann. In Ausnahmefällen soll die Rechtfertigung gemäß § 193 StGB in Betracht kommen, insbesondere in solchen Fällen, in denen die Verleumdung der Verteidigung eigener Rechte dienen soll, z.B. wenn ein Angeklagter einen Belastungszeugen verleumdet, um diesen unglaubwürdig erscheinen zu lassen (BGH vom 03.08.1994 - 2 StR 161/94).
Wird aggressiv in die fremde Ehre eingegriffen, kommt hingegen eine Rechtfertigung nur noch über § 34 StGB (Rechtfertigender Notstand) in Betracht.
Die Anwendung des § 193 StGB auf die Kreditgefährdung kommt nicht in Betracht, denn eine Rechtfertigung nach dieser Norm ist für Vermögensdelikte nach dem Strafgesetzbuch (StGB) grundsätzlich ausgeschlossen.
Die Einwilligung des Opfers wirkt als tatbestandsauschließendes Einverständnis.
III. Qualifikation der Verleumdung
Der § 187 StGB enthält eine Qualifikation, die auf beide Tatbestände (Verleumdung und Kreditgefährdung) anwendbar ist. Die Tat ist demnach wie bei der üblen Nachrede qualifiziert, wenn sie öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften begangen wird. Darüber hinaus wird in § 187 StGB die Begehung der Tat in einer Versammlung erwähnt. Bei einer Versammlung handelt es sich um eine räumlich zu einem bestimmten Zweck vereinigte größere Anzahl von Menschen. Anders als bei der öffentlichen Begehungsweise sind hier auch geschlossene Veranstaltungen erfasst.