Strafrecht: Die Äußerung "üble Justizkumpanei" ist eine üble Nachrede i.S.d. §186 StGB
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Es erfüllt den Tatbestand der üble Nachrede gem. § 186 StGB, wenn ein Strafverteidiger im Rahmen eines Befangenheitsantrages eine Richterkammer als Tatsachenbehauptung der „üblen Justizkumpanei“ beschuldigt, weil sie den Befangenheitsantrag gegen einen Sachverständigen abgelehnt hat. Der Ehrenschutz der betroffenen Richter hat hierbei Vorrang vor den Rechten des Anwaltes im Rahmen der Mandatsausübung.
Gründe:
Der verheiratete Angeklagte ist von Beruf Rechtsanwalt. Er ist bislang nicht vorbestraft.
Im Verfahren 106 Js 127086/04 verteidigte der Angeklagte während der Verhandlung vor dem LG Augsburg, 8. Strafkammer, im sogenannten „Stahlseilverfahren“. In diesem Verfahren stellte der Angeklagte am 19.05.2005 gegen den Vorsitzenden Richter am LG die Beisitzenden Richter, Richter am LG und Richterin am LG einen Befangenheitsantrag. Zur Begründung dieses Antrages, der als Anlage 10 zu Protokoll genommen wurde, führte er aus:
„Der Sachverständige habe unter Verletzung elementarer Berufspflichten die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten i.S. eines Gefälligkeitsgutachtens bestätigt“. Er behauptete weiterhin einen kausalen Zusammenhang zwischen dieser Gefälligkeit des und der Ablehnung des Befangenheitsantrages gegen durch die Strafkammer. Er führte weiterhin wörtlich aus: „Im Vordergrund der Anträge der Verteidigung steht die vernichtende Kritik des Sachverständigen. Dieser Sachverständige hat nicht nur seine Vertrauensstellungen der Öffentlichkeit durch schwerste Verletzungen seiner Berufspflichten herabgewürdigt, sondern sich darüber hinaus durch Erstattung eines falschen Gutachtens strafbar gemacht.
Die größte menschenverachtende Schäbigkeit in seinem Verhalten besteht jedoch darin, dass er sich nicht davor gescheut hat einen Menschen, der sich in einer Demenz befindet und völlig hilflos ist, der Erniedrigung auszuliefern, dass er durch ein Gericht, das sich auf das Gutachten stützt, den Angeklagten als kriminellen Lügner behandelt und in den Schmutz zieht. Der Sachverständige hat durch sein verantwortungsloses Gutachten das Ansehen der gesamten Justiz auf das Schwerste gegen übergeordnetes Internationales Recht in Form des Menschen- und Völkerrechts verstoßen.
Auch die in Artikel V und VI der Menschenrechtskonvention geregelten Grundsätze eines fairen Strafverfahrens sind durch diesen Sachverständigen in den Schmutz gezogen. Vor diesem Hintergrund aus bewertet, hat dieser Sachverständige die Menschenwürde des Angeklagten auf das Schwerste erniedrigt. Wenn bei diesem Sachverhalt sich dann die abgelehnten Richter in der Lage sehen, mit wenigen Worten das Befangenheitsgesuch gegen den Sachverständigen abzulehnen, dann spiegelt sich darin i.S. einer üblen Justizkumpanei die Befangenheit der Richter wieder.“
Der Dienstvorgesetzte der beleidigten Richter, der Präsident des LG Augsburg, hat von diesem Sachverhalt am 23.05.2005 Kenntnis erhalten und am 01.07.2005, und somit form- und fristgerecht Strafantrag gestellt.
Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung des Gerichts fest auf Grund der in der Hauptverhandlung vom Verteidiger für den Angeklagten abgegebenen Erklärung sowie auf Grund des verlesenen Antrages vom 19.05.2005 (Bl. 15 ff d. Akten) sowie des teilweise verlesenen Sitzungsprotokolls im Verfahren 8 KLs 106 Js 127086/04 vom 19.05.2005.
Der Angeklagte hat sich also schuldig gemacht der üblen Nachrede in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen gem. §§ 186, 52 StGB.
Die Behauptung, eine Strafkammer würde mit dem Sachverständigen zum Nachteil des Angeklagten zusammenwirken und dessen falsche Gutachtenerstattung decken, und nur so sind die Ausführungen des Angeklagten zum Befangenheitsantrag vom 19.05.2005 zu verstehen, enthält neben wertenden Elementen überwiegend tatsächliche Elemente, so dass insgesamt von einer Tatsachenbehauptung auszugehen ist.
Die Zulässigkeit einer Tatsachenbehauptung hängt von ihrem Wahrheitsgehalt ab.
Bei – wie vorliegend – offenkundig unwahren Tatsachenbehauptungen ist weder eine Berufung auf Artikel V Grundgesetz noch auf den Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB möglich. Im vorliegenden Fall hat der Ehrenschutz der betroffenen Richter eindeutig den Vorrang vor den Rechten des Angeklagten im Rahmen seiner Mandatsausübung.
Bei der Strafzumessung wirkte strafmildernd, dass der bereits betagte Angeklagte bislang nicht vorbestraft ist. Auch sprach für den Angeklagten, dass er sich um weitesten Sinne bei den betroffenen Richtern entschuldigt hat und dass er im Rahmen seiner Mandatsausübung im vermeintlichen Interesse seines Mandanten tätig geworden ist.
Auf der anderen Seite fiel ins Gewicht, dass durch das Verhalten des Angeklagten gleich drei Personen betroffen wurden.
Bei Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hielt das Gericht eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen. Entsprechend den geschätzten wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten wurde die Höhe eines Tagessatzes auf 200,- € festgesetzt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 464, 465 StPO.
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Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.
(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.
(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.
(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.