Verwaltungsrecht: Zur Haftung bei Betriebsuntersagung von Sportwettenannahmestellen
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Weisungen einer übergeordneten Körperschaft, die der nachgeordneten Verwaltung zur gleichmäßigen Ausführung behördlicher Aufgaben allgemein eine bestimmte Gesetzesauslegung vorschreiben, begründen regelmäßig keine Amtspflichten gegenüber dem einzelnen Bürger. Sie führen - anders als die Weisung in einem konkreten Einzelfall - auch nicht zu einer Haftungsverlagerung von der nachgeordneten auf die übergeordnete Behörde.
Die verschuldensunabhängige Haftung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW erfasst nicht den Fall, dass das von der Ordnungsbehörde zutreffend angewandte Gesetz verfassungswidrig ist. Dem steht es gleich, wenn die Ordnungsbehörde nationales Recht für sich genommen korrekt ausführt, das - für die Verwaltung nicht ohne weiteres erkennbar - mit Unionsrecht nicht vereinbar ist.
Tatbestand
Die Kläger machen gegen die beklagte Stadt Ersatzansprüche geltend, weil ihnen durch zwei Ordnungsverfügungen der Betrieb einer Sportwettenannahmestelle untersagt wurde.
Zunächst unterhielt die Klägerin zu 1 im Gebiet der Beklagten eine solche Annahmestelle und vermittelte dort ab dem 30. November 2006 auf Grund eines Geschäftsbesorgungsvertrags Sportwetten für ein in Gibraltar ansässiges und durch die dortige Regierung lizenziertes Unternehmen.
Mit Ordnungsverfügung vom 18. Januar 2007 untersagte die Beklagte der Klägerin zu 1 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den Betrieb der Annahmestelle. Die Klägerin zu 1 erhob gegen diese Verfügung Widerspruch, der später zurückgewiesen wurde. Ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs beim Verwaltungsgericht blieb ebenso ohne Erfolg wie der Widerspruch der Klägerin zu 1 gegen die Festsetzung eines Zwangsgelds von 10.000 € und dessen Beitreibung sowie gegen die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes von 20.000 €. Daraufhin stellte die Klägerin zu 1 am 16. März 2007 den Vermittlungsbetrieb ein und meldete wenige Monate später ihr Gewerbe ab.
Ab dem 21. August 2007 betrieb sodann der Kläger zu 2 in denselben Betriebsräumen die Sportwettenvermittlung. Dies wurde ihm mit sofort vollziehbarer Ordnungsverfügung der Beklagten vom Folgetag untersagt. Nach einer Zwangsgeldfestsetzung in Höhe von 20.000 € und Androhung eines weiteren Zwangsgelds von 30.000 € sowie der erfolglosen Durchführung von Widerspruchsverfahren stellte der Kläger zu 2 den Vermittlungsbetrieb am 4. September 2007 ein und meldete das Gewerbe am 14. Februar 2008 ab. Ab Februar 2008 wurde das Geschäftslokal weiterverpachtet.
Mit an die Bezirksregierungen gerichtetem Erlass vom 31. März 2006 hatte das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen unter Bezugnahme auf das zur Verfassungsmäßigkeit des Sportwettenmonopols ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 ausgeführt, die Veranstaltung und Vermittlung privater Sportwetten sei in Nordrhein-Westfalen ebenso wie in anderen Bundesländern verboten und nicht erlaubnisfähig. Wer hiergegen verstoße, müsse mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen. Das Ministerium bat, die bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzten Ordnungsverfügungen zügig zu vollstrecken. Soweit noch keine Unterlassungsverfügungen ergangen seien, werde gebeten, solche unverzüglich zu erlassen und gegebenenfalls parallel strafprozessuale Maßnahmen zu veranlassen.
Die Bevollmächtigten der Kläger, die diese wegen gleichartiger Untersa-gungsverfügungen auch gegenüber anderen Kommunen vertraten, erhielten auf Anfrage mit Schreiben des Innenministeriums vom 11. November 2010 die Auskunft, der Erlass vom 31. März 2006 habe Weisungscharakter für die Ordnungsbehörden in Nordrhein-Westfalen.
Unter dem 7. Dezember 2010 kündigten die Bevollmächtigten der Kläger gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche wegen der Untersagungs-verfügung vom 18. Januar 2007 an und erklärten, von einer Klageerhebung gegen die Stadt abzusehen, wenn durch Vorlage entsprechender Dokumente nachgewiesen werde, dass der Erlass der Verfügung auf konkrete Weisung einer Landesbehörde erfolgt sei. Hierauf erwiderte die Beklagte, die Klägerin zu 1 müsse die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch darlegen und beweisen. Es sei nicht Aufgabe der Stadt nachzuweisen, warum sie in bestimmter Weise tätig geworden sei.
Die Kläger haben daraufhin Klage auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten erhoben, den Klägern die infolge der Ordnungsverfügungen vom 18. Januar und 22. August 2007 und deren Vollstreckung entstandenen Schäden zu ersetzen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung, mit der der Kläger zu 2 aufgrund einer Abtretung an die Klägerin zu 1 die von ihm erhobenen Ansprüche zuletzt nur noch im Wege der Prozessstandschaft geltend gemacht hat, ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Antrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es an der Passivlegitimation der Beklagten. Der Erlass der Ordnungsverfügungen vom 18. Januar und 22. August 2007 sowie sämtliche Vollziehungsmaßnahmen hätten auf einer bindenden Weisung in Form des Erlasses des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31. März 2006 beruht.
Nach amtshaftungsrechtlichen Grundsätzen trage gemäß Art. 34 GG in der Regel diejenige Körperschaft die haftungsrechtliche Verantwortung, in deren Dienst der pflichtwidrig handelnde Beamte stehe. Abweichendes gelte allerdings dann, wenn eine übergeordnete Behörde eine bindende Weisung erteilt habe, da der angewiesene Beamte in diesem Fall auch bei Gesetzeswidrigkeit gehalten sei, die ihm erteilte Weisung auszuführen. Liege eine solche vor, treffe die Haftung die Anstellungskörperschaft des anweisenden Beamten, die durch Erteilung der Weisung zugleich die Verantwortung für die Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns übernehme. Diese dem Amtshaftungsrecht entspringenden Grundsätze fänden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gleichfalls auf die verschuldensunabhängige Haftung aus § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW und auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch Anwendung.
Bei dem Erlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31. März 2006 handele es sich um eine bindende Weisung. Dies ergebe sich eindeutig aus dessen Wortlaut beziehungsweise Inhalt und werde zudem durch das Schreiben des Ministeriums vom 11. November 2010 bestätigt. Der Erlass vom 31. März 2006 sei entgegen der Auffassung der Kläger nicht lediglich eine Mahnung zur Einhaltung der in den dort genannten Urteilen aufgeführten Rechtsnormen. Auch dem Einwand der Kläger, der Beklagten sei ein eigener Handlungs- und Beurteilungsspielraum verblieben, sei angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht zu folgen. Dem Erlass sei unzweideutig zu entnehmen, dass nach dem Willen einer der Beklagten vorgesetzten Behörde, dem Innenministerium des Landes, der Betrieb privater Sportwettenbüros endgültig und zeitnah habe unterbunden werden sollen.
Auch nach Inkrafttreten des ab dem 1. Januar 2008 geltenden neuen Glücksspielstaatsvertrags habe eine durchgehende Weisungslage des Landes Nordrhein-Westfalen bestanden, nach der gegen private Wettbüros ordnungsrechtlich vorzugehen gewesen sei. Dies ergebe sich unter anderem aus einem Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 14. September 2010. Weiterhin habe das Ministerium mit Schreiben vom 18. November 2010 mitgeteilt, nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. November 2010 bestehe kein Anlass mehr, in ordnungsrechtlichen Verfahren von einer Vollstreckung abzusehen, wie es nach dem Erlass vom 14. September 2010 noch zulässig gewesen sei. Dieser Erlass sei dahin geändert geworden, dass angedrohte Zwangsmaßnahmen mit sofortiger Wirkung konsequent zu vollstrecken seien.
Die Beklagte hafte auch nicht aus einer Verletzung der beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht. Selbst wenn eine solche Pflicht des Angewiesenen auch für den Fall zu bejahen sein sollte, dass die Weisung gegen andere gesetzliche Bestimmungen als Strafgesetze verstoße, also rechtswidrig sei, führe dies nicht zu einer Haftung der Beklagten. Es sei bereits nicht erkennbar, dass diese Zweifel an der Rechtmäßigkeit der erteilten Weisung vom 31. März 2006 hätte haben müssen. Diese Anordnung und damit der Erlass der Verfügungen vom 18. Januar und 22. August 2007 sowie deren Vollziehung hätten im Einklang mit der im damaligen Zeitraum einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung gestanden. Auch nach dem 31. Dezember 2007 habe eine Remonstrationspflicht nicht bestanden. In dem ab dem 1. Januar 2008 geltenden Glücksspielstaatsvertrag sei in dessen § 10 Abs. 1, 2 und 5 ebenfalls eine staatliche Monopolregelung - jedenfalls in Bezug auf das von der Klägerin zu 1 vermittelte Wettangebot - enthalten gewesen, so dass ausschließlich die Wettangebote der Monopolträger hätten vermittelt werden dürfen und private Vermittlungstätigkeiten weiterhin illegal gewesen seien. Allein das Vorhandensein einer Monopolregelung in dem ab dem 1. Januar 2008 geltenden Glücksspielstaatsvertrag habe eine Remonstrationspflicht nicht begründen können. Dieser Staatsvertrag sei gerade vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 in Bezug auf die alte Rechtslage erarbeitet worden, wonach ein staatliches Monopol als solches nicht per se ausgeschlossen gewesen sei. Gleiches gelte für die Zeit ab Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags ab dem 1. Dezember 2012. Auch dieser enthalte die Regelung eines staatlichen Monopols. Zwar sei die Monopolregelung nach der Experimentierklausel des § 10a Abs. 1 GlüStV 2012 auf sieben Jahre ausgesetzt. Gemäß Absatz 2 der Vorschrift dürften Sportwetten in diesem Zeitraum nur mit einer Konzession veranstaltet werden, und nach
§ 10a Abs. 3 GlüStV 2012 bestehe die Möglichkeit, insgesamt 20 Konzessionen an Private zu vergeben. Vor diesem Hintergrund sei für eine Remonstrations-pflicht der Beklagten nichts ersichtlich, da die vollständige Untersagung der Tätigkeit privater Sportwettenveranstalter und -vermittler, die nicht über eine Konzession verfügten, weiterhin möglich und die Beklagte zudem in das länderübergreifende Vergabeverfahren für die Konzessionen nicht involviert sei.
Die Beklagte habe die Weisung vom 31. März 2006 auch nicht aus eigener Entscheidungsbefugnis heraus wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts unangewendet lassen müssen. Die Amtswalter der Beklagten hätten im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon ausgehen dürfen, dass der Vorrang des Unionsrechts in der vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich ausgesprochenen Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2007 der Untersagung der Tätigkeit privater Sportwettenveranstalter und -vermittler nicht entgegengestanden habe. Auch nach dem 31. Dezember 2007 hätten die Amtswalter der Beklagten im Geltungsbereich der ab dem 1. Januar 2008 und dem 1. Dezember 2012 geltenden Glücksspielstaatsverträge davon ausgehen dürfen, dass durch die darin jeweils enthaltenen Monopolregelungen die europäischen Grundfreiheiten nicht verletzt worden seien.
Dies hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
Mit Recht allerdings macht die Revision geltend, die Passivlegitimation der Beklagten sei nicht aufgrund des Erlasses des Innenministeriums des Lan- des Nordrhein-Westfalen vom 31. März 2006 ausgeschlossen.
Zwar ist es richtig, dass ein Beamter, der aufgrund einer ihn bindenden Weisung einer vorgesetzten Stelle eine - objektiv - rechtswidrige Maßnahme trifft, nicht amtspflichtwidrig handelt. Das geltende Recht bindet den Amtsträger grundsätzlich auch dann an die Weisung seines Vorgesetzten, wenn die Verwirklichung dieses Befehls eine Außenpflicht des Staates verletzt, ausgenommen den Fall, dass die Ausführung erkennbar den Strafgesetzen zuwiderlaufen würde. Befolgt der Angewiesene die ihn bindende Anordnung, so verletzt er seine Amtspflichten nicht. Mit der Weisung gehen ein Stück Zuständigkeit und ein Teil von Amtspflichten, die generell bei einem bestimmten Beamten liegen, auf die anweisende Behörde und - für die Anwendbarkeit des § 839 BGB - auf einen Beamten dieser Behörde über, weshalb insoweit auch keine Amtshilfe vorliegt. Diese Entlastung des angewiesenen Beamten ist keine Frage fehlenden Verschuldens, sondern eine solche der objektiven Haftungszurechnung. Dementsprechend haftet im Außenverhältnis zu dem Geschädigten allein die anweisende Behörde.
Jedoch begründen nach der Rechtsprechung des Senats Erlasse, die der nachgeordneten Verwaltung allgemein eine bestimmte Gesetzesauslegung vorschreiben, regelmäßig keine Amtspflichten gegenüber dem einzelnen Bürger, wenn unbestimmt viele Sachverhalte geordnet werden , so dass in diesen Fällen eine Haftungsverlagerung von der nachgeordneten auf die übergeordnete Behörde ausscheidet. Der Erlass vom 31. März 2006 hatte einen solchen allgemeinen Charakter, was das Berufungsgericht bei seiner Würdigung nicht in Betracht gezogen hat. Ungeachtet dessen, dass der Erlass bindend gewesen sein mag, war er auf die Regelung einer unbestimmten Vielzahl von Sachverhalten gerichtet. Es handelte sich um eine allgemeine Weisung der obersten Aufsichtsbehörde gemäß § 9 Abs. 2 Buchst. a OBG NW, um die gleichmäßige Durchführung der ordnungsbehördlichen Aufgaben im Gefolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 durch die örtlichen Stellen zu gewährleisten. Der Erlass, der sich zudem unmittelbar nur an die Bezirksregierungen als Aufsichtsbehörden richtete, regelte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts landesweit das weitere Vorgehen der Ordnungsbehörden im Zusammenhang mit dem Verbot privat veranstalteter Sportwetten aufgrund des seinerzeit geltenden Lotteriestaatsvertrags. Er bezog sich dabei auf eine unbestimmte Vielzahl von Einzelfällen, denen zudem unterschiedliche Sachverhalte zugrunde lagen. So betraf er gleichermaßen Sportwettenveranstalter, Vermittler solcher Wetten und die Werbung für Sportwetten. Zudem bezog sich der Erlass auf verschiedene Verfahrenskonstellationen. Er regelte unter anderem die Fälle, in denen bereits eine Untersagungsverfügung ergangen, jedoch noch keine Vollstreckung eingeleitet war, Sachverhalte, in denen die Vollstreckung einer Untersagungsverfügung bereits eingeleitet, jedoch ausgesetzt war und Fallgestaltungen, in denen die Ordnungsbehörden gegen nach der Weisungslage illegale Sportwettenaktivitäten noch nicht vorgegangen waren.
Hieran ändert auch das von der Beklagten angeführte Schreiben des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 11. November 2010 nichts, durch das den Bevollmächtigten der Kläger in einer anderen Sache bestätigt wurde, dass der Erlass vom 31. März 2006 Weisungscharakter gehabt habe. Wie ausgeführt, reicht für eine Haftungsverlagerung auf die höhere Verwaltungskörperschaft der bindende Charakter einer an die untere Ebene gerichteten Verfügung nicht aus. Maßgeblich ist, ob sie einen Einzelfall beziehungsweise einen überschaubaren Kreis bestimmter Personen betrifft , was hier aus den vorgenannten Gründen nicht der Fall ist.
Damit erübrigen sich auch die von der Revision aufgeworfenen Fragen, ob die Haftungsverlagerung aufgrund bindender Weisung der höheren Behörde auch für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch und den Entschädigungsanspruch nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW gilt.
Dessen ungeachtet ist die Klage unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung wegen der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Ordnungsverfügungen.
Ein Anspruch nach den Grundsätzen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs scheidet aus, da die Bediensteten der Beklagten zwar - bei ex post-Betrachtung - objektiv unionsrechtswidrig handelten, dieser Verstoß jedoch nicht hinreichend qualifiziert ist. Dies betrifft sowohl den Erlass als auch das Aufrechterhalten der Ordnungsverfügungen vom 18. Januar und 22. August 2007 und die unterlassene Remonstration gegenüber den Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen, sofern eine Pflicht hierzu überhaupt in Betracht zu ziehen ist.
Hinsichtlich des Zeitraums bis zum 31. Dezember 2007 nimmt der Senat auf seine Urteile vom 18. Oktober 2012 Bezug. Nach diesen Urteilen ergab sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bis zu den Entscheidungen in den Sachen Carmen Media , Stoß u.a. und Winner Wetten vom 8. September 2010 nicht mit der für einen qualifizierten Rechtsverstoß im Sinne des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs erforderlichen Deutlichkeit, dass das auf den Lotteriestaatsvertrag 2004 gegründete Glücksspiel- und Sportwettenmonopol mit dem Unionsrecht nicht vereinbar war. Allerdings folgte aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 die Europarechtswidrigkeit des seinerzeitigen Monopols, da das Gericht eine mit dem Grundgesetz nicht vereinbare Inkohärenz angenommen und zugleich betont hat, die Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts liefen parallel zu den vom Gerichtshof der Europäischen Union zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben. Gleichwohl konnte ein qualifizierter Verstoß wegen der Aufrechterhaltung des Monopols auch für die Folgezeit nicht angenommen werden, da das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsfrist zur gesetzlichen Neuregelung bis zum 31. Dezember 2007 eingeräumt hatte, und die in den damaligen Verfahren des Senats betroffenen bayerischen Behörden die Maßgaben einhielten, die das Gericht zur Beseitigung der von ihm festgestellten Inkohärenz für die Interimszeit aufgestellt hatte. Dies traf, wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 28. Februar 2013 ausgeführt hat, auch auf die Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen zu, wie das Bundesverfassungsgericht und die Verwaltungsgerichte bestätigt haben.
Da die verfassungs- und unionsrechtlichen Kriterien für die Kohärenz des Sportwettenmonopols, wie die Revision nicht in Abrede stellt, identisch waren, durften die Behörden davon ausgehen, dass mit Einhaltung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßgaben zur Herstellung der notwendigen Kohärenz nicht nur die verfassungsrechtlichen, sondern auch die unionsrechtlichen Bedenken behoben waren. Daran ändert nichts, dass das Bundesverfassungsgericht formal grundsätzlich nicht abschließend über das Unionsrecht zu befinden hat. Dessen ungeachtet durfte sich die Verwaltung der Sache nach auf die höchstrichterlichen Ausführungen und auf die sich hieraus ohne Weiteres ergebenden Schlussfolgerungen verlassen.
Soweit sich die Revision auf den Vortrag der Kläger in der Vorinstanz bezieht, nach dem auch für die Amtsträger der Beklagten gleichwohl erkennbar gewesen sei, dass das Sportwettenmonopol dem Unionsrecht widersprochen habe, überzeugt dies angesichts der vorstehend zitierten Rechtsprechung nicht. Fehl geht auch der Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juni 2013 , das ausgeführt hat, das in NordrheinWestfalen bis zum 30. November 2012 bestehende staatliche Sportwettenmonopol sei wegen einer seinen Zielsetzungen widersprechenden Werbepraxis inkohärent und habe deshalb gegen die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit verstoßen. Aus dieser ex post im Jahr 2013 getroffenen Feststellung lässt sich nicht ableiten, dass für die Amtsträger der beklagten Kommune im maßgeblichen Zeitraum die vom Bundesverwaltungsgericht beanstandeten Kohärenzmängel entgegen der vorzitierten Rechtsprechung hinreichend deutlich waren. Dessen ungeachtet versucht die Revision ohnehin nur - revisionsrechtlich unbeachtlich - ihre Sachverhaltswürdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts zu setzen, die in dessen Ausführungen zur Remonstrationspflicht enthalten ist.
Die gleichen Erwägungen gelten, wie sich ohne Weiteres aus der Begründung der Senatsurteile vom 18. Oktober 2012 ableiten lässt, ebenso für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 bis zu den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010. Ab dem 1. Januar 2008 galt der neue Glücksspielstaatsvertrag , durch den das Sportwettenmonopol unter Beachtung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßgaben grundsätzlich aufrechterhalten wurde. Davon dass die Maßgaben zur Begrenzung der Gefahren der Glücksspielsucht in dem Vertrag ordnungsgemäß umgesetzt waren, ist auch das Bundesverfassungsgericht ausgegangen. Erst aufgrund der vorgenannten Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 wurde hinreichend deutlich, dass auch der neue Staatsvertrag nicht die Einhaltung der unionsrechtlichen Vorgaben gewährleistete und das in dem Staatsvertrag geregelte Monopol für Sportwetten mit der durch Art. 56 AEUV garantierten Dienstleistungsfreiheit nicht in Einklang stand.
Für den Zeitraum ab dem 8. September 2010 ist im Ergebnis ebenfalls keine andere Bewertung geboten. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind ungeachtet der Unzulässigkeit des in den bisherigen Staatsverträgen enthaltenen Sportwettenmonopols sowohl Erlaubnisvorbehalte für die Tätigkeit von Wettanbietern als auch Beschränkungen auf bestimmte Arten von Wetten möglich. Die Revision zeigt keinen Sachvortrag in den Vorinstanzen auf, aus dem sich ergibt, dass die Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für das von ihnen zu vermittelnde Wettangebot haben könnten, so dass die unterbliebene Aufhebung der Unter-sagungsverfügungen vom 18. Januar und 22. August 2007 einen hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß darstellen würde.
Da weitere Aufklärung nicht zu erwarten ist, kann der Senat die vorstehenden Würdigungen, die teilweise grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten sind und über die im Zusammenhang mit der Remonstrations-pflicht angestellten Erwägungen des Berufungsgerichts hinausgehen, selbst vornehmen.
Die vorstehenden Erwägungen gelten für eine etwaige Forderung der Kläger aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG entsprechend, sofern diese Anspruchsgrundlage für Sachverhalte wie den vorliegenden neben dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch zur Anwendung kommen kann. Es fehlt aus den vorstehenden Gründen an dem notwendigen Verschulden der Amtsträger der Beklagten für den Erlass und das Aufrechterhalten der in Rede stehenden Verfügungen.
Schließlich scheidet auch ein Anspruch aus § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW aus. Danach kann derjenige, der durch eine rechtswidrige Maßnahme einer Ordnungsbehörde einen Schaden erlitten hat, diesen ersetzt verlangen, gleichgültig, ob die Behörde ein Verschulden trifft oder nicht. Diese Vorschrift ist jedoch auf den der Beklagten durch den Erlass der Verfügungen vom 18. Januar und 22. August 2007 objektiv unterlaufenen Verstoß gegen das Unionsrecht nicht anwendbar. Gleiches gilt für das Aufrechterhalten dieser Verfügungen. Entscheidend hierfür ist, dass die Verwaltungsmaßnahmen der Beklagten im Einklang mit den nationalen Gesetzen standen. Nach § 5 Abs. 2 und 4 des zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügungen maßgeblichen, am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland bestand für die hier in Rede stehenden Wetten ein staatliches Veranstaltungsmonopol. Nach § 14 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LoStV - hier in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 2 des nordrhein-westfälischen Sportwettengesetzes in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 14. Dezember 1999 - durften die Behörden die Vermittlung von gegen das Sportwettenmonopol verstoßenden Wetten untersagen. Für den ab dem 1. Januar 2008 geltenden Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland folgte das Monopol aus dessen § 10 Abs. 2 und 5. Die Untersagungsbefugnis der Behörden ergab sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV 2008.
Der Erlass der Ordnungsverfügungen sowie die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung standen zwar im Ermessen der Ordnungsbehörden. Nach der nationalen Rechtslage erfüllte die Vermittlung von Sportwetten außerhalb des Monopols jedoch den Straftatbestand des § 284 Abs. 1 StGB. Vor diesem Hintergrund stellte sich das sofortige Einschreiten der Ordnungsbehörden lediglich als konsequente Durchsetzung des nationalen Rechts dar und beruhte deshalb keinesfalls auf einer unzureichenden Ermessensausübung.
Damit beruht die objektive Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Maßnahmen ausschließlich darauf, dass das Recht, das die Verwaltung für sich genommen zutreffend angewandt hat, dem Verfassungs- und dem Unionsrecht widersprach. Diese Fallgestaltung wird von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW nicht erfasst.
Bei dem verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch für Schäden infolge rechtswidriger Maßnahmen der Ordnungsbehörden nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW handelt es sich um eine spezialgesetzliche Konkretisierung der Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff. Aus diesem Grund ist zur Auslegung dieser Vorschrift die zum enteignungsgleichen Eingriff ergangene Rechtsprechung heranzuziehen. Im Zusammenhang mit dem richterrechtlich geprägten und ausgestalteten Institut des enteignungsgleichen Eingriffs hat der Senat wiederholt entschieden, dass eine Haftung für legislatives Unrecht in Gestalt eines mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarenden formellen Gesetzes ausscheidet. Dies beruht nicht zuletzt auf der Erwägung, die Haushaltsprärogative des Parlaments in möglichst weitgehendem Umfang zu wahren und die Gewährung von Entschädigungen für legislatives Unrecht angesichts der hiermit verbundenen erheblichen finanziellen Lasten für die öffentliche Hand der Entscheidung des Parlamentsgesetzgebers vorzubehalten. Auch für den Vollzug eines verfassungswidrigen Gesetzes haftet die öffentliche Hand nicht unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs. Ansonsten würde der Aus-schluss der verschuldensunabhängigen Haftung für legislatives Unrecht in weiten Teilen unterlaufen, da Gesetze regelmäßig erst mit der Umsetzung durch die Verwaltung ihre Wirkung auf das Eigentum des Einzelnen entfalten.
Eine Erstreckung der Haftungsregelung des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG auf die Fälle legislativen Unrechts käme deshalb nur in Betracht, wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Haftungsausweitung beabsichtigt hätte. Ein solcher Wille kann vorliegend jedoch nicht angenommen werden. Vielmehr ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, dass der Gesetzgeber lediglich in Orientierung an dem richterrechtlich entwickelten Institut des enteignungsgleichen Eingriffs die Haftung für den Bereich des Verwaltungshandelns von Ordnungsbehörden gesetzlich regeln wollte. So wurde die vom Ausschuss für Innere Verwaltung vorgeschlagene Ausweitung der Haftung auf die Schädigung von Personen, die als Störer in Anspruch genommen wurden , im Landtagsplenum dahin erläutert, dass in Anlehnung an das in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelte Institut des enteignungsgleichen Eingriffs eine Haftung auch für rechtswidrig-schuldlose Verwaltungsmaßnahmen eingeführt werden solle. Auch die Ablehnung eines Antrags der Fraktion des Zentrums, den Haftungsumfang auf entgangenen Gewinn zu erstrecken , und die Ablehnung einer Haftung für immaterielle Schäden wurden auf die richterrechtlich konkretisierten Anforderungen aus Art. 14 GG zurückgeführt.
Der Umstand, dass die Rechtsprechung zum Ausschluss der Haftung für legislatives Unrecht im Zusammenhang mit dem Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff zeitlich nach Schaffung des Ordnungsbehördengesetzes ergangen ist, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die entsprechende Haftungsbegrenzung wurde durch die Rechtsprechung des Senats nicht neu geschaffen, diese ist vielmehr dem Rechtsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs immanent. Zwar hat der Senat, worauf die Revision hingewiesen hat, in seinem Urteil vom 29. März 1971 in einem obiter dictum eine Haftung auf dieser Grundlage auch für einen unmittelbaren Eingriff in das Eigentum durch ein Gesetz für denkbar gehalten. Im Urteil vom 12. März 1987 hat er jedoch klargestellt, dass sich die Haftung für legislatives Unrecht nicht im Rahmen dieses richterrechtlich geprägten und ausgestalteten Haftungsinstitut hält , mithin mit ihm konzeptionell nicht vereinbar ist.
Mangels ausdrücklicher Regelung im Gesetz und ohne Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit der Entschädigungshaftung nach dem Ordnungsbehördengesetz auch die Fälle erfassen wollte, in denen Nachteile durch - von der Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff nicht umfasstes - legislatives Unrecht entstanden sind.
Ist hiernach die Haftung für legislatives Unrecht und seinen verwaltungsmäßigen Vollzug von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW nicht erfasst, gilt dies nicht nur für die Fälle des Verstoßes eines Gesetzes gegen nationales Verfassungsrecht, sondern gleichermaßen, wenn, wie hier, ein innerstaatliches Gesetz gegen Recht der Europäischen Union verstößt. Der Senat hat nach seinem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union in der Sache "Brasserie du Pecheur" auf der Grundlage der Antworten des Gerichtshofs auf die Vorlagefragen bereits entschieden, dass eine Haftung des Gesetzgebers nach den Grundsätzen des enteignungsgleichen Eingriffs auch für Nachteile ausscheidet, die durch ein gegen das europäische Unionsrecht verstoßendes formelles Gesetz verursacht werden. Der Gerichtshof hat auf die Frage des Senats, ob die Entschädigung für die Nichtanpassung des nationalen Rechts an das europäische Recht davon abhängig gemacht werden kann, dass den verantwortlichen staatlichen Amtsträgern ein Verschulden zur Last fällt, ausgeführt, dass die Haftung nicht von einem Verschulden abhängig gemacht werden dürfe, das über den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht hinausgehe. Dem ist im Umkehrschluss zu entnehmen, dass es bei Verstößen des Gesetzgebers gegen Unionsrecht einer vom Verschuldenserfordernis beziehungsweise von den Voraussetzungen eines hinreichend qualifizierten EU-Rechtsverstoßes losgelösten Haftung nicht bedarf. Es reicht vielmehr aus, wenn das nationale Gericht in solchen Fällen eine Haftung unmittelbar aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht herleitet.
Da § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW aus den vorgenannten Gründen eine Konkretisierung des Grundsatzes der Haftung für enteignungsgleiche Eingriffe darstellt, sind die vorstehenden Erwägungen auf diese Bestimmung übertragbar.
Soweit der Ersatzanspruch, wie im vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt, nicht unmittelbar auf das gegen höherrangiges Recht verstoßende Gesetz selbst gestützt wird, sondern auf dessen Vollzug, ist allerdings der folgende - im Ergebnis jedoch nicht entscheidende - Gesichtspunkt zu beachten. Widerspricht die betreffende Norm nationalem Verfassungsrecht, hat die Verwaltung sie gleichwohl anzuwenden, da sie keine Verwerfungskompetenz hat. Diese ist gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Demgegenüber sind aufgrund des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs auch die Behörden verpflichtet, dem Unionsrecht widersprechende mitgliedstaatliche Normen von sich aus unangewendet zu lassen. Wendet die Verwaltung das nationale Rechtgleichwohl an, könnte dieses Vorgehen bei einer rein begrifflichen Betrachtung deshalb eher dem administrativen als dem legislativen Unrecht zuzuordnen sein, so dass ein Anspruch aus § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW im Ausgangspunkt in Betracht zu ziehen sein könnte. Diese Erwägung greift jedoch in der vorliegenden Fallgestaltung bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht durch.
Der mit dem Ausschluss legislativen Unrechts vom Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW verfolgte Zweck trifft auf die vorliegende Fallgestaltung ebenfalls zu. Würde man auch dann, wenn es nicht um Vollzugsdefizite der Verwaltung im Einzelfall geht, sondern um den für sich genommen korrekten Gesetzesvollzug in einer Vielzahl von Fällen, die verschuldensunabhängige Haftung nach dem Ordnungsbehördengesetz durchgreifen lassen, würde der Ausschluss der Haftung der öffentlichen Hand wegen legislativen Unrechts weitgehend leerlaufen. Darüber hinaus wäre eine Erstreckung der "reinen Erfolgshaftung" der Ordnungsbehörden auf den Vollzug eines gegen Unionsrecht verstoßenden Gesetzes mit so weit reichenden finanziellen Folgen für die öffentlichen Haushalte verbunden, dass sich ohne einen eindeutig feststellbaren gesetzgeberischen Willen eine derartige Ausweitung der Haftung verbietet.
Damit ist das "administrative" Unrecht in der vorliegenden Fallgestaltung der Vollziehung von dem Unionsrecht widersprechenden nationalen Recht dem legislativen Unrecht im Sinne des enteignungsgleichen Eingriffs und des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW gleichzusetzen. Denn die Ursache für die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsmaßnahme liegt ihrem Schwerpunkt nach in der Sphäre der Legislative, wenn, wie hier, die Verwaltung ein nationales Gesetz vollzieht, das - für sie nicht ohne weiteres erkennbar - mit dem Unionsrecht unvereinbar ist.
Der Ausschluss der verschuldensunabhängigen Haftung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW für die Vollziehung von dem Unionsrecht widersprechenden nationalen Recht ist seinerseits mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar, so dass auch die unionsrechtskonforme Auslegung von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW zu keinem anderen Ergebnis führt. Wie bereits erwähnt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 5. März 1996 auf die entsprechende Frage des Senats ausgeführt, dass die Haftung für ein dem europäischen Recht widersprechendes Gesetz nicht von einem Verschulden abhängig gemacht werden dürfe, das über den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht hinausgehe. Dem ist im Umkehrschluss zu entnehmen, dass bei Verstößen des Gesetzgebers gegen Unionsrecht eine hiervon unabhängige Haftung, nicht anders als in Fällen verfassungswidrigen nationalen Rechts, nicht geboten ist. Dafür, dass dies nur für die Haftung des Gesetzgebers gelten soll, nicht aber für die Exekutive, die das EU-rechtswidrige nationale Gesetz anwendet, gibt es keinen Anhaltspunkt. Eine solche Einschränkung ist dem Urteil des Gerichtshofs nicht zu entnehmen. Sie wäre auch mit der Erwägung nicht in Einklang zu bringen, dass den Erfordernissen der vollen Wirksamkeit des Unionsrecht und des effektiven Schutzes der aus ihm folgenden Rechte mit einer Staatshaftung unter den genannten einschränkenden Voraussetzungen genüge getan ist. Hinzu tritt auch in diesem Zusammenhang, dass die nach der Entscheidung des Gerichtshofs jedenfalls für die Legislative zulässige Beschränkung der Haftung auf Sachverhalte, in denen ein hinreichend qualifizierter und unmittelbar schadenskausaler Verstoß gegen Unionsrecht vorliegt, weitgehend leerliefe, wenn die Exekutive für den Vollzug des entsprechenden nationalen Gesetzes unabhängig von diesen Voraussetzungen haften müsste.
Weiterhin ist das Erfordernis erfüllt, dass die Voraussetzungen für eine Haftung wegen eines Unionsrechtsverstoßes nicht ungünstiger sein dürfen als bei entsprechenden Ansprüchen wegen Verletzung innerstaatlichen Rechts. § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ist im Fall eines gegen nationales Verfassungsrecht verstoßenden Gesetzes ebenso wenig anwendbar wie bei einem dem Unionsrecht widersprechenden Gesetz. Schließlich wird durch den Ausschluss der von einem hinreichend qualifizierten Unionsrechtsverstoß unabhängigen Haftung in diesen Fällen auch nicht die Erlangung einer Entschädigung praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert , da der Geschädigte unter den Voraussetzungen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs Ersatz für seine Schäden erlangen kann.
Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV ist entbehrlich.
Die Würdigung, ob ein Verstoß der Beklagten gegen das Unionsrecht im konkreten Einzelfall hinreichend qualifiziert ist, obliegt nach den vom Gerichtshof der Europäischen Union hierfür entwickelten Leitlinien den nationalen Gerichten. Unionsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Frage des hinreichend qualifizierten Charakters des EU-Rechtsverstoßes der Beklagten, die über die bloße Anwendung der Grundsätze des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf den vorliegenden konkreten Sachverhalt hinausgehen, wirft der Fall nicht auf.
Soweit die Anwendbarkeit von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW auf die vorliegende Fallgestaltung betroffen ist, steht aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 5. März 1996 mit der nach der "acteclair-" beziehungsweise "acteeclaire-Doktrin" erforderlichen Gewissheit fest, dass die Erwägungen des Senats zur Vereinbarkeit seiner Auslegung der Vorschrift mit dem Unionsrecht zutreffen. Den Ausführungen des Gerichtshofs im Urteil vom 5. März 1996 ist - wie erwähnt - unzweifelhaft zu entnehmen, dass das Unions- recht keine verschuldensunabhängige, von einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß losgelöste Haftung gebietet, wenn das nationale Recht im Widerspruch zum Unionsrecht steht. Dass dies nicht nur für die Haftung der gesetzgebenden Körperschaft gilt, sondern auch für die Behörde, die ein solcher- maßen rechtswidriges nationales Gesetz anwendet, folgt ebenfalls mit der erforderlichen Gewissheit aus der genannten Entscheidung. Auch wenn Gegen- stand des Urteils - bezogen auf die vom Senat und dem Londoner High Court unterbreiteten Sachverhalte - unmittelbar lediglich die Haftung der Legislative war, enthält es keinerlei Einschränkung, dass die Zulässigkeit des Ausschlusses einer vom Verschulden und einem qualifizierten Verstoß unabhängigen Haftung nur für die gesetzgebende Körperschaft gelten soll. Die hierzu angestellte ergänzende Erwägung des Senats, dass anderenfalls die Beschränkung der Haftung wegen "legislativen" Unrechts auf qualifizierte Verstöße de facto weitgehend leerliefe, wenn für den Vollzug unionsrechtswidriger nationaler Gesetze verschuldensunabhängig gehaftet werden müsste, ist in dem Urteil des Gerichtshofs - den zugrunde liegenden Sachverhalten entsprechend - zwar nicht enthalten. Sie liegt aber so klar auf der Hand, dass ernsthafte Zweifel ebenfalls nicht bestehen.
Die vorstehende Würdigung wird bestätigt durch die Begründung der Schlussanträge des Generalanwalts in jener Sache. Dieser hat seine Erörterung der Haftung auf der Grundlage des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs und ihrer Grenzen auch auf die Schäden bezogen, die durch die Anwendung eines nationalen Gesetzes entstanden sind, das im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht steht. Zu einer Differenzierung danach, ob der Schaden unmittelbar durch das Gesetz verursacht wurde oder erst infolge seines verwaltungsmäßigen Vollzugs, hat er offensichtlich keinen Anlass gesehen.
Gleichfalls auf der Hand liegen die Würdigungen, dass mit der Nichtanwendbarkeit von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG auf die vorliegende Fallgestaltung die Haftung für einen Unionsrechtsverstoß nicht ungünstiger ausgestaltet ist als für einen Anspruch wegen eines gleichartigen Verstoßes gegen höherrangiges nationales Recht und dass die Erlangung einer Entschädigung nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird.
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Rechtsanwalt
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Klägerin zu 1 zu 2/5 und der Kläger zu 2 zu 3/5 zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Kläger machen gegen die beklagte Stadt Ersatzansprüche geltend, weil ihnen durch zwei Ordnungsverfügungen der Betrieb einer Sportwettenannahmestelle untersagt wurde.
- 2
- Zunächst unterhielt die Klägerin zu 1 im Gebiet der Beklagten eine solche Annahmestelle und vermittelte dort ab dem 30. November 2006 auf Grund eines Geschäftsbesorgungsvertrags Sportwetten für ein in Gibraltar ansässiges und durch die dortige Regierung lizenziertes Unternehmen.
- 3
- Mit Ordnungsverfügung vom 18. Januar 2007 untersagte die Beklagte der Klägerin zu 1 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den Betrieb der Annahmestelle. Die Klägerin zu 1 erhob gegen diese Verfügung Widerspruch, der später zurückgewiesen wurde. Ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs beim Verwaltungsgericht blieb ebenso ohne Erfolg wie der Widerspruch der Klägerin zu 1 gegen die Festsetzung eines Zwangsgelds von 10.000 € und dessen Beitreibung sowie gegen die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes von 20.000 €. Daraufhin stellte die Klägerin zu 1 am 16. März 2007 den Vermittlungsbetrieb ein und meldete wenige Monate später ihr Gewerbe ab.
- 4
- Ab dem 21. August 2007 betrieb sodann der Kläger zu 2 in denselben Betriebsräumen die Sportwettenvermittlung. Dies wurde ihm mit sofort vollziehbarer Ordnungsverfügung der Beklagten vom Folgetag untersagt. Nach einer Zwangsgeldfestsetzung in Höhe von 20.000 € und Androhung eines weiteren Zwangsgelds von 30.000 € sowie der erfolglosen Durchführung von Widerspruchsverfahren stellte der Kläger zu 2 den Vermittlungsbetrieb am 4. September 2007 ein und meldete das Gewerbe am 14. Februar 2008 ab. Ab Februar 2008 wurde das Geschäftslokal weiterverpachtet.
- 5
- Mit an die Bezirksregierungen gerichtetem Erlass vom 31. März 2006 hatte das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen unter Bezugnahme auf das zur Verfassungsmäßigkeit des Sportwettenmonopols ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 ausgeführt, die Veranstaltung und Vermittlung privater Sportwetten sei in Nordrhein-Westfalen ebenso wie in anderen Bundesländern verboten und nicht erlaubnisfähig. Wer hiergegen verstoße, müsse mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen. Das Ministerium bat, die bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausge- setzten Ordnungsverfügungen zügig zu vollstrecken. Soweit noch keine Unterlassungsverfügungen ergangen seien, werde gebeten, solche unverzüglich zu erlassen und gegebenenfalls parallel strafprozessuale Maßnahmen zu veranlassen.
- 6
- Die Bevollmächtigten der Kläger, die diese wegen gleichartiger Untersagungsverfügungen auch gegenüber anderen Kommunen vertraten, erhielten auf Anfrage mit Schreiben des Innenministeriums vom 11. November 2010 die Auskunft, der Erlass vom 31. März 2006 habe Weisungscharakter für die Ordnungsbehörden in Nordrhein-Westfalen.
- 7
- Unter dem 7. Dezember 2010 kündigten die Bevollmächtigten der Kläger gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche wegen der Untersagungsverfügung vom 18. Januar 2007 an und erklärten, von einer Klageerhebung gegen die Stadt abzusehen, wenn durch Vorlage entsprechender Dokumente nachgewiesen werde, dass der Erlass der Verfügung auf konkrete Weisung einer Landesbehörde erfolgt sei. Hierauf erwiderte die Beklagte, die Klägerin zu 1 müsse die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch darlegen und beweisen. Es sei nicht Aufgabe der Stadt nachzuweisen, warum sie in bestimmter Weise tätig geworden sei.
- 8
- Die Kläger haben daraufhin Klage auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten erhoben, den Klägern die infolge der Ordnungsverfügungen vom 18. Januar und 22. August 2007 und deren Vollstreckung entstandenen Schäden zu ersetzen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung, mit der der Kläger zu 2 aufgrund einer Abtretung an die Klägerin zu 1 die von ihm erhobenen Ansprüche zuletzt nur noch im Wege der Prozessstandschaft geltend gemacht hat, ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Antrag weiter.
Entscheidungsgründe
- 9
- Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
- 10
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es an der Passivlegitimation der Beklagten. Der Erlass der Ordnungsverfügungen vom 18. Januar und 22. August 2007 sowie sämtliche Vollziehungsmaßnahmen hätten auf einer bindenden Weisung in Form des Erlasses des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31. März 2006 beruht.
- 11
- Nach amtshaftungsrechtlichen Grundsätzen trage gemäß Art. 34 GG in der Regel diejenige Körperschaft die haftungsrechtliche Verantwortung, in deren Dienst der pflichtwidrig handelnde Beamte stehe. Abweichendes gelte allerdings dann, wenn eine übergeordnete Behörde eine bindende Weisung erteilt habe, da der angewiesene Beamte in diesem Fall auch bei Gesetzeswidrigkeit gehalten sei, die ihm erteilte Weisung auszuführen. Liege eine solche vor, treffe die Haftung die Anstellungskörperschaft des anweisenden Beamten, die durch Erteilung der Weisung zugleich die Verantwortung für die Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns übernehme. Diese dem Amtshaftungsrecht entspringenden Grundsätze fänden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gleichfalls auf die verschuldensunabhängige Haftung aus § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW und auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch Anwendung.
- 12
- Bei dem Erlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31. März 2006 handele es sich um eine bindende Weisung. Dies ergebe sich eindeutig aus dessen Wortlaut beziehungsweise Inhalt und werde zudem durch das Schreiben des Ministeriums vom 11. November 2010 bestätigt. Der Erlass vom 31. März 2006 sei entgegen der Auffassung der Kläger nicht lediglich eine Mahnung zur Einhaltung der in den dort genannten Urteilen aufgeführten Rechtsnormen. Auch dem Einwand der Kläger, der Beklagten sei ein eigener Handlungs- und Beurteilungsspielraum verblieben, sei angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht zu folgen. Dem Erlass sei unzweideutig zu entnehmen, dass nach dem Willen einer der Beklagten vorgesetzten Behörde, dem Innenministerium des Landes, der Betrieb privater Sportwettenbüros endgültig und zeitnah habe unterbunden werden sollen.
- 13
- Auch nach Inkrafttreten des ab dem 1. Januar 2008 geltenden neuen Glücksspielstaatsvertrags habe eine durchgehende Weisungslage des Landes Nordrhein-Westfalen bestanden, nach der gegen private Wettbüros ordnungsrechtlich vorzugehen gewesen sei. Dies ergebe sich unter anderem aus einem Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 14. September 2010. Weiterhin habe das Ministerium mit Schreiben vom 18. November 2010 mitgeteilt, nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. November 2010 bestehe kein Anlass mehr, in ordnungsrechtlichen Verfahren von einer Vollstreckung abzusehen, wie es nach dem Erlass vom 14. September 2010 noch zulässig gewesen sei. Dieser Erlass sei dahin geändert geworden, dass angedrohte Zwangsmaßnahmen mit sofortiger Wirkung konsequent zu vollstrecken seien.
- 14
- Die Beklagte hafte auch nicht aus einer Verletzung der beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht. Selbst wenn eine solche Pflicht des Angewiesenen auch für den Fall zu bejahen sein sollte, dass die Weisung gegen andere gesetzliche Bestimmungen als Strafgesetze verstoße, also (schlicht) rechtswidrig sei, führe dies nicht zu einer Haftung der Beklagten. Es sei bereits nicht erkennbar , dass diese Zweifel an der Rechtmäßigkeit der erteilten Weisung vom 31. März 2006 hätte haben müssen. Diese Anordnung und damit der Erlass der Verfügungen vom 18. Januar und 22. August 2007 sowie deren Vollziehung hätten im Einklang mit der im damaligen Zeitraum einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung gestanden. Auch nach dem 31. Dezember 2007 habe eine Remonstrationspflicht nicht bestanden. In dem ab dem 1. Januar 2008 geltenden Glücksspielstaatsvertrag sei in dessen § 10 Abs. 1, 2 und 5 ebenfalls eine staatliche Monopolregelung - jedenfalls in Bezug auf das von der Klägerin zu 1 vermittelte Wettangebot - enthalten gewesen, so dass ausschließlich die Wettangebote der Monopolträger hätten vermittelt werden dürfen und private Vermittlungstätigkeiten weiterhin illegal gewesen seien. Allein das Vorhandensein einer Monopolregelung in dem ab dem 1. Januar 2008 geltenden Glücksspielstaatsvertrag habe eine Remonstrationspflicht nicht begründen können. Dieser Staatsvertrag sei gerade vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 in Bezug auf die alte Rechtslage erarbeitet worden, wonach ein staatliches Monopol als solches nicht perse ausgeschlossen gewesen sei. Gleiches gelte für die Zeit ab Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags ab dem 1. Dezember 2012 (GlüStV 2012). Auch dieser enthalte die Regelung eines staatlichen Monopols. Zwar sei die Monopolregelung nach der Experimentierklausel des § 10a Abs. 1 GlüStV 2012 auf sieben Jahre ausgesetzt. Gemäß Absatz 2 der Vorschrift dürften Sportwetten in diesem Zeitraum nur mit einer Konzession veranstaltet werden, und nach § 10a Abs. 3 GlüStV 2012 bestehe die Möglichkeit, insgesamt 20 Konzessionen an Private zu vergeben. Vor diesem Hintergrund sei für eine Remonstrationspflicht der Beklagten nichts ersichtlich, da die vollständige Untersagung der Tätigkeit privater Sportwettenveranstalter und -vermittler, die nicht über eine Konzession verfügten, weiterhin möglich und die Beklagte zudem in das länderübergreifende Vergabeverfahren für die Konzessionen nicht involviert sei.
- 15
- Die Beklagte habe die Weisung vom 31. März 2006 auch nicht aus eigener Entscheidungsbefugnis heraus wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts unangewendet lassen müssen. Die Amtswalter der Beklagten hätten im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon ausgehen dürfen, dass der Vorrang des Unionsrechts in der vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich ausgesprochenen Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2007 der Untersagung der Tätigkeit privater Sportwettenveranstalter und -vermittler nicht entgegengestanden habe. Auch nach dem 31. Dezember 2007 hätten die Amtswalter der Beklagten im Geltungsbereich der ab dem 1. Januar 2008 und dem 1. Dezember 2012 geltenden Glücksspielstaatsverträge davon ausgehen dürfen, dass durch die darin jeweils enthaltenen Monopolregelungen die europäischen Grundfreiheiten nicht verletzt worden seien.
II.
- 16
- Dies hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
- 17
- 1. Mit Recht allerdings macht die Revision geltend, die Passivlegitimation der Beklagten sei nicht aufgrund des Erlasses des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31. März 2006 ausgeschlossen.
- 18
- a) Zwar ist es richtig, dass ein Beamter, der aufgrund einer ihn bindenden Weisung einer vorgesetzten Stelle eine - objektiv - rechtswidrige Maßnahme trifft, nicht amtspflichtwidrig handelt (ständige Rechtsprechung z.B. Senatsurteile vom 21. Mai 1959 - III ZR 7/58, NJW 1959, 1629, 1630; vom 16. Dezember 1976 - III ZR 3/74, NJW 1977, 713; vom 7. Februar 1985 - III ZR 212/83, NVwZ 1985, 682, 683 und vom 11. Dezember 2008 - III ZR 216/07, VersR 2009, 930 Rn. 5). Das geltende Recht bindet den Amtsträger grundsätzlich auch dann an die Weisung seines Vorgesetzten, wenn die Verwirklichung dieses Befehls eine Außenpflicht des Staates verletzt, ausgenommen den Fall, dass die Ausführung erkennbar den Strafgesetzen zuwiderlaufen würde. Befolgt der Angewiesene die ihn bindende Anordnung, so verletzt er seine Amtspflichten nicht (vgl. § 36 Abs. 2 BeamtStG). Mit der Weisung gehen ein Stück Zuständigkeit und ein Teil von Amtspflichten, die generell bei einem bestimmten Beamten liegen, auf die anweisende Behörde und - für die Anwendbarkeit des § 839 BGB - auf einen Beamten dieser Behörde über, weshalb insoweit auch keine Amtshilfe vorliegt (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG). Diese Entlastung des angewiesenen Beamten ist keine Frage fehlenden Verschuldens, sondern eine solche der objektiven Haftungszurechnung. Dementsprechend haftet im Außenverhältnis zu dem Geschädigten allein die anweisende Behörde (Senatsurteil vom 11. Dezember 2008 aaO; BeckOGK/Dörr § 839 BGB [Stand: 3. November 2014] Rn. 592; Staudinger/Wöstmann, BGB [2013], § 839 Rn. 66).
- 19
- b) Jedoch begründen nach der Rechtsprechung des Senats Erlasse, die der nachgeordneten Verwaltung allgemein eine bestimmte Gesetzesauslegung vorschreiben, regelmäßig keine Amtspflichten gegenüber dem einzelnen Bürger , wenn unbestimmt viele Sachverhalte geordnet werden (Senatsurteile vom 28. Juni 1971 - III ZR 111/68, NJW 1971, 1699, 1700 und vom 12. Dezember 1974 - III ZR 76/70, BGHZ 63, 319, 324), so dass in diesen Fällen eine Haf- tungsverlagerung von der nachgeordneten auf die übergeordnete Behörde ausscheidet. Der Erlass vom 31. März 2006 hatte einen solchen allgemeinen Charakter , was das Berufungsgericht bei seiner Würdigung nicht in Betracht gezogen hat. Ungeachtet dessen, dass der Erlass bindend gewesen sein mag, war er auf die Regelung einer unbestimmten Vielzahl von Sachverhalten gerichtet. Es handelte sich um eine allgemeine Weisung der obersten Aufsichtsbehörde (§ 7 Abs. 3 OBG NW) gemäß § 9 Abs. 2 Buchst. a OBG NW, um die gleichmäßige Durchführung der ordnungsbehördlichen Aufgaben im Gefolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 durch die örtlichen Stellen zu gewährleisten. Der Erlass, der sich zudem unmittelbar nur an die Bezirksregierungen als Aufsichtsbehörden (§ 7 Abs. 2 OBG NW) richtete, regelte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts landesweit das weitere Vorgehen der Ordnungsbehörden im Zusammenhang mit dem Verbot privat veranstalteter Sportwetten aufgrund des seinerzeit geltenden Lotteriestaatsvertrags. Er bezog sich dabei auf eine unbestimmte Vielzahl von Einzelfällen, denen zudem unterschiedliche Sachverhalte zugrunde lagen. So betraf er gleichermaßen Sportwettenveranstalter , Vermittler solcher Wetten und die Werbung für Sportwetten. Zudem bezog sich der Erlass auf verschiedene Verfahrenskonstellationen. Er regelte unter anderem die Fälle, in denen bereits eine Untersagungsverfügung ergangen, jedoch noch keine Vollstreckung eingeleitet war, Sachverhalte, in denen die Vollstreckung einer Untersagungsverfügung bereits eingeleitet, jedoch ausgesetzt war und Fallgestaltungen, in denen die Ordnungsbehörden gegen nach der Weisungslage illegale Sportwettenaktivitäten noch nicht vorgegangen waren.
- 20
- Hieran ändert auch das von der Beklagten angeführte Schreiben des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 11. November 2010 nichts, durch das den Bevollmächtigten der Kläger in einer anderen Sache bestätigt wurde, dass der Erlass vom 31. März 2006 Weisungscharakter gehabt habe. Wie ausgeführt, reicht für eine Haftungsverlagerung auf die höhere Verwaltungskörperschaft der bindende Charakter einer an die untere Ebene gerichteten Verfügung nicht aus. Maßgeblich ist, ob sie einen Einzelfall beziehungsweise einen überschaubaren Kreis bestimmter Personen betrifft (vgl. hierzu Senatsurteil vom 12. Dezember 1974 - III ZR 76/70, BGHZ 63, 319, 324), was hier aus den vorgenannten Gründen nicht der Fall ist.
- 21
- Damit erübrigen sich auch die von der Revision aufgeworfenen Fragen, ob die Haftungsverlagerung aufgrund bindender Weisung der höheren Behörde auch für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch und den Entschädigungsanspruch nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW gilt.
- 22
- 2. Dessen ungeachtet ist die Klage unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung wegen der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Ordnungsverfügungen.
- 23
- a) Ein Anspruch nach den Grundsätzen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs scheidet aus, da die Bediensteten der Beklagten zwar - bei ex post-Betrachtung - objektiv unionsrechtswidrig handelten, dieser Verstoß jedoch nicht hinreichend qualifiziert ist. Dies betrifft sowohl den Erlass als auch das Aufrechterhalten der Ordnungsverfügungen vom 18. Januar und 22. August 2007 und die unterlassene Remonstration gegenüber den Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen, sofern eine Pflicht hierzu überhaupt in Betracht zu ziehen ist.
- 24
- aa) Hinsichtlich des Zeitraums bis zum 31. Dezember 2007 nimmt der Senat auf seine Urteile vom 18. Oktober 2012 Bezug (III ZR 197/11, NJW 2013, 168 Rn. 23 ff und III ZR 196/11, EuZW 2013, 194 Rn. 23 ff; Verfassungsbe- schwerden gegen diese Urteile nicht angenommen durch BVerfG, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 1 BvR 2571/12, juris; siehe auch Senatsbeschluss vom 28. Februar 2013 - III ZR 87/12, juris, Verfassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung nicht angenommen durch BVerfG, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 1 BvR 1318/12; Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - III ZR 83/13, BeckRS 2014, 22063). Nach diesen Urteilen ergab sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bis zu den Entscheidungen in den Sachen Carmen Media (NVwZ 2010, 1422), Stoß u.a. (NVwZ 2010, 1409) und Winner Wetten (NVwZ 2010, 1419) vom 8. September 2010 nicht mit der für einen qualifizierten Rechtsverstoß im Sinne des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs erforderlichen Deutlichkeit, dass das auf den Lotteriestaatsvertrag 2004 (siehe nordrhein-westfälisches Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland vom 22. Juni 2004 nebst Anlage, GV. NRW. S. 293) gegründete Glücksspiel- und Sportwettenmonopol mit dem Unionsrecht nicht vereinbar war. Allerdings folgte aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276) die Europarechtswidrigkeit des seinerzeitigen Monopols, da das Gericht eine mit dem Grundgesetz nicht vereinbare Inkohärenz angenommen und zugleich betont hat, die Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts liefen parallel zu den vom Gerichtshof der Europäischen Union zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben (Senatsurteile vom 18. Oktober 2012 aaO jeweils Rn. 27). Gleichwohl konnte ein qualifizierter Verstoß wegen der Aufrechterhaltung des Monopols auch für die Folgezeit nicht angenommen werden, da das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsfrist zur gesetzlichen Neuregelung bis zum 31. Dezember 2007 eingeräumt hatte, und die in den damaligen Verfahren des Senats betroffenen bayerischen Behörden die Maßgaben einhielten, die das Gericht zur Beseitigung der von ihm festgestellten Inkohärenz für die Interimszeit aufgestellt hatte (Senat aaO jeweils Rn. 32). Dies traf, wie der Senat bereits in seinem Be- schluss vom 28. Februar 2013 (aaO Rn. 3) ausgeführt hat, auch auf die Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen zu, wie das Bundesverfassungsgericht und die Verwaltungsgerichte bestätigt haben (z.B BVerfG, WM 2007, 183, 185; OVG Münster, Beschluss vom 23. Oktober 2006 - 4 B 1060/06, jurisRn. 16 f; VG Düsseldorf, Urteil vom 6. November 2007 - 3 K 162/07, juris Rn. 29 ff).
- 25
- Da die verfassungs- und unionsrechtlichen Kriterien für die Kohärenz des Sportwettenmonopols, wie die Revision nicht in Abrede stellt, identisch waren, durften die Behörden davon ausgehen, dass mit Einhaltung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßgaben zur Herstellung der notwendigen Kohärenz nicht nur die verfassungsrechtlichen, sondern auch die unionsrechtlichen Bedenken behoben waren. Daran ändert nichts, dass das Bundesverfassungsgericht formal grundsätzlich nicht abschließend über das Unionsrecht zu befinden hat. Dessen ungeachtet durfte sich die Verwaltung der Sache nach auf die höchstrichterlichen Ausführungen und auf die sich hieraus ohne Weiteres ergebenden Schlussfolgerungen verlassen.
- 26
- Soweit sich die Revision auf den Vortrag der Kläger in der Vorinstanz bezieht, nach dem auch für die Amtsträger der Beklagten gleichwohl erkennbar gewesen sei, dass das Sportwettenmonopol dem Unionsrecht widersprochen habe, überzeugt dies angesichts der vorstehend zitierten Rechtsprechung nicht. Fehl geht auch der Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juni 2013 (8 C 12.12, juris Rn. 35 ff), das ausgeführt hat, das in NordrheinWestfalen bis zum 30. November 2012 bestehende staatliche Sportwettenmonopol sei wegen einer seinen Zielsetzungen widersprechenden Werbepraxis inkohärent und habe deshalb gegen die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit verstoßen (siehe auch BVerwGE 147, 47 Rn. 33 ff). Aus dieser ex post im Jahr 2013 getroffenen Feststellung lässt sich nicht ableiten, dass für die Amtsträger der beklagten Kommune im maßgeblichen Zeitraum die vom Bundesverwaltungsgericht beanstandeten Kohärenzmängel entgegen der vorzitierten Rechtsprechung hinreichend deutlich waren. Dessen ungeachtet versucht die Revision ohnehin nur - revisionsrechtlich unbeachtlich - ihre Sachverhaltswürdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts zu setzen, die in dessen Ausführungen zur (vermeintlichen) Remonstrationspflicht enthalten ist.
- 27
- bb) Die gleichen Erwägungen gelten, wie sich ohne Weiteres aus der Begründung der Senatsurteile vom 18. Oktober 2012 (jeweils aaO Rn. 23 ff) ableiten lässt, ebenso für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 bis zu den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 (aaO). Ab dem 1. Januar 2008 galt der neue Glücksspielstaatsvertrag (siehe nordrhein-westfälisches Gesetz zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 30. Oktober 2007 nebst Anlage, GV. NRW. S. 445), durch den das Sportwettenmonopol unter Beachtung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßgaben grundsätzlich aufrechterhalten wurde. Davon dass die Maßgaben zur Begrenzung der Gefahren der Glücksspielsucht in dem Vertrag ordnungsgemäß umgesetzt waren, ist auch das Bundesverfassungsgericht ausgegangen (vgl. NVwZ 2008, 1338 Rn. 28 ff). Erst aufgrund der vorgenannten Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 wurde hinreichend deutlich, dass auch der neue Staatsvertrag nicht die Einhaltung der unionsrechtlichen Vorgaben gewährleistete und das in dem Staatsvertrag geregelte Monopol für Sportwetten mit der durch Art. 56 AEUV garantierten Dienstleistungsfreiheit nicht in Einklang stand.
- 28
- cc) Für den Zeitraum ab dem 8. September 2010 ist im Ergebnis ebenfalls keine andere Bewertung geboten. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind ungeachtet der Unzulässigkeit des in den bisherigen Staatsverträgen enthaltenen Sportwettenmonopols sowohl Erlaubnisvorbehalte für die Tätigkeit von Wettanbietern (vgl. § 4 Abs. 1 des Glücksspielstaatsvertrags vom 30. Oktober 2007) als auch Beschränkungen auf bestimmte Arten von Wetten möglich (z.B. Urteil vom 8. September 2010 - Carmen Media, NVwZ 2010, 1422 Rn. 84 ff, 102 ff). Die Revision zeigt keinen Sachvortrag in den Vorinstanzen auf, aus dem sich ergibt, dass die Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für das von ihnen zu vermittelnde Wettangebot haben könnten, so dass die unterbliebene Aufhebung der Untersagungsverfügungen vom 18. Januar und 22. August 2007 einen hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß darstellen würde.
- 29
- Da weitere Aufklärung nicht zu erwarten ist, kann der Senat die vorstehenden Würdigungen, die teilweise grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten sind und über die im Zusammenhang mit der (vermeintlichen) Remonstrationspflicht angestellten Erwägungen des Berufungsgerichts hinausgehen, selbst vornehmen.
- 30
- b) Die vorstehenden Erwägungen gelten für eine etwaige Forderung der Kläger aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG entsprechend, sofern diese Anspruchsgrundlage für Sachverhalte wie den vorliegenden neben dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch zur Anwendung kommen kann. Es fehlt aus den vorstehenden Gründen an dem notwendigen Verschulden der Amtsträger der Beklagten für den Erlass und das Aufrechterhalten der in Rede stehenden Verfügungen.
- 31
- c) Schließlich scheidet auch ein Anspruch aus § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW aus. Danach kann derjenige, der durch eine rechtswidrige Maßnahme einer Ordnungsbehörde einen Schaden erlitten hat, diesen ersetzt verlangen, gleichgültig, ob die Behörde ein Verschulden trifft oder nicht. Diese Vorschrift ist jedoch auf den der Beklagten durch den Erlass der Verfügungen vom 18. Januar und 22. August 2007 objektiv unterlaufenen Verstoß gegen das Unionsrecht nicht anwendbar. Gleiches gilt für das Aufrechterhalten dieser Verfügungen. Entscheidend hierfür ist, dass die Verwaltungsmaßnahmen der Beklagten im Einklang mit den nationalen Gesetzen standen. Nach § 5 Abs. 2 und 4 des zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügungen maßgeblichen, am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland (LoStV) bestand für die hier in Rede stehenden Wetten ein staatliches Veranstaltungsmonopol. Nach § 14 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LoStV - hier in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 2 des nordrhein-westfälischenSportwettengesetzes in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 14. Dezember 1999 (GV. NRW. S. 687) - durften die Behörden die Vermittlung von gegen das Sportwettenmonopol verstoßenden Wetten untersagen. Für den ab dem 1. Januar 2008 geltenden Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV 2008) folgte das Monopol aus dessen § 10 Abs. 2 und 5. Die Untersagungsbefugnis der Behörden ergab sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV 2008 (siehe jetzt § 10 Abs. 2, 6, § 4 Abs. 1 Satz 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 unter der Maßgabe von § 10a des in Nordrhein-Westfalen gemäß Art. 2 § 24 Abs. 1 des Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 13. November 2012 mit Anlage, GV. NRW. 524, am 1. Dezember 2012 in Kraft getretenen geltenden GlüStV).
- 32
- Der Erlass der Ordnungsverfügungen sowie die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung standen zwar im Ermessen der Ordnungsbehörden. Nach der nationalen Rechtslage erfüllte die Vermittlung von Sportwetten außerhalb des Monopols jedoch den Straftatbestand des § 284 Abs. 1 StGB. Vor diesem Hintergrund stellte sich das sofortige Einschreiten der Ordnungsbehörden lediglich als konsequente Durchsetzung des nationalen Rechts dar und beruhte deshalb keinesfalls auf einer unzureichenden Ermessensausübung.
- 33
- Damit beruht die objektive Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Maßnahmen ausschließlich darauf, dass das (nationale) Recht, das die Verwaltung für sich genommen zutreffend angewandt hat, dem Verfassungs- und dem Unionsrecht widersprach. Diese Fallgestaltung wird von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW nicht erfasst.
- 34
- aa) Bei dem verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch für Schäden infolge rechtswidriger Maßnahmen der Ordnungsbehörden nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW handelt es sich um eine spezialgesetzliche Konkretisierung der Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff (Senatsurteile vom 16. Oktober 1978 - III ZR 9/77, BGHZ 72, 273, 276; vom 12. Oktober 1978 - III ZR 162/76, NJW 1979, 34, 36 jeweils zu § 42 Abs. 1 Buchst. b OBG NW in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes; Krohn, Enteignung, Entschädigung, Staatshaftung , 1993, S. 102 Rn. 95; Schönenbroicher/Heusch, Ordnungsbehördengesetz Nordrhein-Westfalen, § 39 Rn. 24; Denninger/Rachor, Handbuch des Polizeirechts , 5. Aufl., M Rn. 69 f). Aus diesem Grund ist zur Auslegung dieser Vorschrift die zum enteignungsgleichen Eingriff ergangene Rechtsprechung heranzuziehen (Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., § 33 S. 664 f). Im Zusammenhang mit dem richterrechtlich geprägten und ausgestalteten Institut des enteignungsgleichen Eingriffs hat der Senat wiederholt ent- schieden, dass eine Haftung für legislatives Unrecht in Gestalt eines mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarenden formellen Gesetzes ausscheidet (Senatsurteile vom 12. März 1987 - III ZR 216/85, BGHZ 100, 136, 145; vom 10. Dezember 1987 - III ZR 220/86, BGHZ 102, 350, 359 und vom 7. Juli 1988 - III ZR 198/87, VersR 1988, 1046, 1047; siehe auch Krohn, VersR 1991, 1085, 1087; Papier in Maunz/Dürig, GG, Stand 2014, Art. 34 Rn. 45). Dies beruht nicht zuletzt auf der Erwägung, die Haushaltsprärogative des Parlaments in möglichst weitgehendem Umfang zu wahren und die Gewährung von Entschädigungen für legislatives Unrecht angesichts der hiermit verbundenen erheblichen finanziellen Lasten für die öffentliche Hand der Entscheidung des Parlamentsgesetzgebers vorzubehalten (Senatsurteil vom 12. März 1987 aaO, S. 145 f; Papier in Maunz/Dürig, aaO). Auch für den Vollzug eines verfassungswidrigen Gesetzes haftet die öffentliche Hand nicht unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs (Senatsurteile vom 12. März 1987 aaO S. 145; vom 10. Dezember 1987 aaO; Krohn aaO). Ansonsten würde der Ausschluss der verschuldensunabhängigen Haftung für legislatives Unrecht in weiten Teilen unterlaufen, da Gesetze regelmäßig erst mit der Umsetzung durch die Verwaltung ihre Wirkung auf das Eigentum des Einzelnen entfalten.
- 35
- Eine Erstreckung der Haftungsregelung des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG auf die Fälle legislativen Unrechts käme deshalb nur in Betracht, wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Haftungsausweitung beabsichtigt hätte. Ein solcher Wille kann vorliegend jedoch nicht angenommen werden (vgl. BVerwGE 147, 47 Rn. 20). Vielmehr ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, dass der Gesetzgeber lediglich in Orientierung an dem richterrechtlich entwickelten Institut des enteignungsgleichen Eingriffs die Haftung für den Bereich des Verwaltungshandelns von Ordnungsbehörden gesetzlich regeln wollte. So wurde die vom Ausschuss für Innere Verwaltung vorgeschlagene Ausweitung der Haftung auf die Schädigung von Personen, die als Störer in Anspruch genommen wurden (Beschlussvorschlag des Ausschusses vom 11. Oktober 1955, LT-Drucks. 3/243 S. 19 zu § 48), im Landtagsplenum dahin erläutert, dass in Anlehnung an das in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelte Institut des enteignungsgleichen Eingriffs eine Haftung auch für rechtswidrig-schuldlose Verwaltungsmaßnahmen eingeführt werden solle (vgl. das Protokoll der 2. Lesung des Entwurfs des Ordnungsbehördengesetzes, LT-Protokolle 3. Wahlperiode Bd. 1 S. 827 f, 837). Auch die Ablehnung eines Antrags der Fraktion des Zentrums, den Haftungsumfang auf entgangenen Gewinn zu erstrecken (LTDrucks. 3/273 S. 3 zu § 48), und die Ablehnung einer Haftung für immaterielle Schäden wurden auf die richterrechtlich konkretisierten Anforderungen aus Art. 14 GG zurückgeführt (LT-Protokolle aaO).
- 36
- Der Umstand, dass die Rechtsprechung zum Ausschluss der Haftung für legislatives Unrecht im Zusammenhang mit dem Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff zeitlich nach Schaffung des Ordnungsbehördengesetzes ergangen ist, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die entsprechende Haftungsbegrenzung wurde durch die Rechtsprechung des Senats nicht neu geschaffen , diese ist vielmehr dem Rechtsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs immanent (BVerwG aaO). Zwar hat der Senat, worauf die Revision hingewiesen hat, in seinem Urteil vom 29. März 1971 (III ZR 110/68, BGHZ 56, 40) in einem obiter dictum eine Haftung auf dieser Grundlage auch für einen unmittelbaren Eingriff in das Eigentum durch ein Gesetz für denkbar gehalten. Im Urteil vom 12. März 1987 hat er jedoch klargestellt, dass sich die Haftung für legislatives Unrecht nicht im Rahmen dieses richterrechtlich geprägten und ausgestalteten Haftungsinstitut hält (III ZR 216/85, BGHZ 100, 136, 145), mithin mit ihm konzeptionell nicht vereinbar ist.
- 37
- Mangels ausdrücklicher Regelung im Gesetz und ohne Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit der Entschädigungshaftung nach dem Ordnungsbehördengesetz auch die Fälle erfassen wollte, in denen Nachteile durch - von der Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff nicht umfasstes - legislatives Unrecht entstanden sind (so auch OLG Köln, ZfWG 2012, 287, 291; OLG Hamburg, Urteil vom 30. November 2012 - 1 U 74/11, juris Rn. 69 f; Dietlein /Burgi/Hellermann, Öffentliches Recht Nordrhein-Westfalen, 5. Aufl., S. 441 f Rn. 281a; a. A. Schönenbroicher/Heusch aaO § 39 Rn. 30).
- 38
- bb) (1) Ist hiernach die Haftung für legislatives Unrecht und seinen verwaltungsmäßigen Vollzug von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW nicht erfasst, gilt dies nicht nur für die Fälle des Verstoßes eines Gesetzes gegen nationales Verfassungsrecht , sondern gleichermaßen, wenn, wie hier, ein innerstaatliches Gesetz gegen Recht der Europäischen Union verstößt (so auch OLG Köln aaO). Der Senat hat nach seinem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union in der Sache "Brasserie du Pêcheur" (Senatsbeschluss vom 28. Januar 1993 - III ZR 127/91, ZIP 1993, 345) auf der Grundlage der Antworten des Gerichtshofs auf die Vorlagefragen (Urteil vom 5. März 1996 - C-46/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame, NJW 1996, 1267) bereits entschieden, dass eine Haftung des Gesetzgebers nach den Grundsätzen des enteignungsgleichen Eingriffs auch für Nachteile ausscheidet, die durch ein gegen das europäische Unionsrecht verstoßendes formelles Gesetz verursacht werden (Senatsurteil vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91, BGHZ 134, 30, 33 ff). Der Gerichtshof hat auf die Frage des Senats, ob die Entschädigung für die Nichtanpassung des nationalen Rechts an das europäische Recht davon abhängig gemacht werden kann, dass den verantwortlichen staatlichen Amtsträgern ein Verschulden zur Last fällt, ausgeführt, dass die Haf- tung nicht von einem Verschulden abhängig gemacht werden dürfe, das über den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht hinausgehe (aaO Rn. 78 ff). Dem ist im Umkehrschluss zu entnehmen, dass es bei Verstößen des Gesetzgebers gegen Unionsrecht einer vom Verschuldenserfordernis beziehungsweise von den Voraussetzungen eines hinreichend qualifizierten EURechtsverstoßes losgelösten (auf nationalem Recht beruhenden) Haftung nicht bedarf. Es reicht vielmehr aus, wenn das nationale Gericht in solchen Fällen eine Haftung (nur) unmittelbar aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht herleitet (Senatsurteil vom 24. Oktober 1996 aaO).
- 39
- Da § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW aus den vorgenannten Gründen eine Konkretisierung des Grundsatzes der Haftung für enteignungsgleiche Eingriffe darstellt, sind die vorstehenden Erwägungen auf diese Bestimmung übertragbar.
- 40
- (2) Soweit der Ersatzanspruch, wie im vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt , nicht unmittelbar auf das gegen höherrangiges Recht verstoßende Gesetz selbst gestützt wird, sondern auf dessen Vollzug, ist allerdings der folgende - im Ergebnis jedoch nicht entscheidende - Gesichtspunkt zu beachten. Widerspricht die betreffende Norm nationalem Verfassungsrecht, hat die Verwaltung sie gleichwohl anzuwenden, da sie keine Verwerfungskompetenz hat. Diese ist gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Demgegenüber sind aufgrund des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs auch die Behörden verpflichtet, dem Unionsrecht widersprechende mitgliedstaatliche Normen von sich aus unangewendet zu lassen (z.B. EuGH, Urteil vom 22. Juni 1989 - C-103/88 - Costanzo, juris Rn. 31; Streinz, EUV/AEUV, 2. Aufl., EUV Art. 4 Rn. 37, 39; siehe auch EuGH, NJW 1978, 1741 f zur Verwerfungskompetenz der Gerichte). Wendet die Verwaltung das nationale Recht gleichwohl an, könnte dieses Vorgehen bei einer rein begrifflichen Betrachtung deshalb eher dem administrativen als dem legislativen Unrecht zuzuordnen sein, so dass ein Anspruch aus § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW im Ausgangspunkt in Betracht zu ziehen sein könnte. Diese Erwägung greift jedoch in der vorliegenden Fallgestaltung bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht durch.
- 41
- Der mit dem Ausschluss legislativen Unrechts vom Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW verfolgte Zweck trifft auf die vorliegende Fallgestaltung ebenfalls zu. Würde man auch dann, wenn es nicht um Vollzugsdefizite der Verwaltung im Einzelfall geht, sondern um den für sich genommen korrekten Gesetzesvollzug in einer Vielzahl von Fällen, die verschuldensunabhängige Haftung nach dem Ordnungsbehördengesetz durchgreifen lassen, würde der Ausschluss der Haftung der öffentlichen Hand wegen legislativen Unrechts weitgehend leerlaufen. Darüber hinaus wäre eine Erstreckung der "reinen Erfolgshaftung" der Ordnungsbehörden auf den Vollzug eines gegen Unionsrecht verstoßenden Gesetzes mit so weit reichenden finanziellen Folgen für die öffentlichen Haushalte verbunden, dass sich ohne einen eindeutig feststellbaren gesetzgeberischen Willen eine derartige Ausweitung der Haftung verbietet.
- 42
- Damit ist das "administrative" Unrecht in der vorliegenden Fallgestaltung der Vollziehung von dem Unionsrecht widersprechenden nationalen Recht dem legislativen Unrecht im Sinne des enteignungsgleichen Eingriffs und des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW gleichzusetzen. Denn die Ursache für die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsmaßnahme liegt ihrem Schwerpunkt nach in der Sphäre der Legislative, wenn, wie hier, die Verwaltung ein nationales Gesetz vollzieht, das - für sie nicht ohne weiteres erkennbar - mit dem Unionsrecht unvereinbar ist.
- 43
- (3) Der Ausschluss der verschuldensunabhängigen Haftung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW für die Vollziehung von dem Unionsrecht widersprechenden nationalen Recht ist seinerseits mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar, so dass auch die unionsrechtskonforme Auslegung von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW zu keinem anderen Ergebnis führt. Wie bereits erwähnt , hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 5. März 1996 (NJW 1996, 1267) auf die entsprechende Frage des Senats ausgeführt , dass die Haftung für ein dem europäischen Recht widersprechendes Gesetz (nur) nicht von einem Verschulden abhängig gemacht werden dürfe, das über den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht hinausgehe (aaO Rn. 78 f). Dem ist im Umkehrschluss zu entnehmen, dass bei Verstößen des Gesetzgebers gegen Unionsrecht eine hiervon unabhängige Haftung , nicht anders als in Fällen verfassungswidrigen nationalen Rechts, nicht geboten ist. Dafür, dass dies nur für die Haftung des Gesetzgebers gelten soll, nicht aber für die Exekutive, die das EU-rechtswidrige nationale Gesetz anwendet , gibt es keinen Anhaltspunkt. Eine solche Einschränkung ist dem Urteil des Gerichtshofs nicht zu entnehmen. Sie wäre auch mit der Erwägung nicht in Einklang zu bringen, dass den Erfordernissen der vollen Wirksamkeit des Unionsrecht und des effektiven Schutzes der aus ihm folgenden Rechte mit einer Staatshaftung unter den genannten einschränkenden Voraussetzungen genüge getan ist. Hinzu tritt auch in diesem Zusammenhang, dass die nach der Entscheidung des Gerichtshofs jedenfalls für die Legislative zulässige Beschrän- kung der Haftung auf Sachverhalte, in denen ein hinreichend qualifizierter und unmittelbar schadenskausaler Verstoß gegen Unionsrecht vorliegt, weitgehend leerliefe, wenn die Exekutive für den Vollzug des entsprechenden nationalen Gesetzes unabhängig von diesen Voraussetzungen haften müsste.
- 44
- Weiterhin ist das Erfordernis erfüllt, dass die Voraussetzungen für eine Haftung wegen eines Unionsrechtsverstoßes nicht ungünstiger sein dürfen als bei entsprechenden Ansprüchen wegen Verletzung innerstaatlichen Rechts (vgl. hierzu EuGH aaO Rn. 67, 70). § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ist im Fall eines gegen nationales Verfassungsrecht verstoßenden Gesetzes ebenso wenig anwendbar wie bei einem dem Unionsrecht widersprechenden Gesetz. Schließlich wird durch den Ausschluss der von einem hinreichend qualifizierten Unionsrechtsverstoß unabhängigen Haftung in diesen Fällen auch nicht die Erlangung einer Entschädigung praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert (vgl. hierzu EuGH aaO), da der Geschädigte unter den Voraussetzungen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs Ersatz für seine Schäden erlangen kann.
- 45
- 3. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV ist entbehrlich.
- 46
- Die Würdigung, ob ein Verstoß der Beklagten gegen das Unionsrecht im konkreten Einzelfall hinreichend qualifiziert ist, obliegt nach den vom Gerichtshof der Europäischen Union hierfür entwickelten Leitlinien den nationalen Gerichten (vgl. Senatsurteile vom 18. Oktober 2012 - III ZR 197/11, NJW 2013, 168 Rn. 38 und III ZR 196/11 - EuZW 2013, 194 Rn. 38 jeweils mwN). Unions-
- 47
- rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Frage des hinreichend qualifizierten Charakters des EU-Rechtsverstoßes der Beklagten, die über die bloße Anwendung der Grundsätze des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf den vorliegenden konkreten Sachverhalt hinausgehen, wirft der Fall nicht auf.
- 48
- Soweit die Anwendbarkeit von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW aufdie vorliegende Fallgestaltung betroffen ist, steht aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 5. März 1996 (NJW 1996, 1267) mit der nach der "acte-clair-" beziehungsweise "acte-éclairé-Doktrin" erforderlichen Gewissheit (siehe hierzu z.B. EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03 - Intermodal Transports, Slg. 2005, I-8191 Rn. 33) fest, dass die Erwägungen des Senats zur Vereinbarkeit seiner Auslegung der Vorschrift mit dem Unionsrecht zutreffen. Den Ausführungen des Gerichtshofs im Urteil vom 5. März 1996 ist - wie erwähnt - unzweifelhaft zu entnehmen, dass das Unionsrecht keine verschuldensunabhängige, von einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß losgelöste Haftung gebietet, wenn das nationale Recht im Widerspruch zum Unionsrecht steht. Dass dies nicht nur für die Haftung der gesetzgebenden Körperschaft gilt, sondern auch für die Behörde, die ein solchermaßen rechtswidriges nationales Gesetz anwendet, folgt ebenfalls mit der erforderlichen Gewissheit aus der genannten Entscheidung. Auch wenn Gegenstand des Urteils - bezogen auf die vom Senat und dem Londoner High Court unterbreiteten Sachverhalte - unmittelbar lediglich die Haftung der Legislative war, enthält es keinerlei Einschränkung, dass die Zulässigkeit des Ausschlusses einer vom Verschulden und einem qualifizierten Verstoß unabhängigen Haftung nur für die gesetzgebende Körperschaft gelten soll. Die hierzu angestellte ergänzende Erwägung des Senats, dass anderenfalls die Beschränkung der Haftung wegen "legislativen" Unrechts auf qualifizierte Verstöße de facto weitgehend leerliefe, wenn für den Vollzug unionsrechtswidriger nationaler Gesetze verschuldensunabhängig gehaftet werden müsste, ist in dem Urteil des Gerichtshofs - den zugrunde liegenden Sachverhalten entsprechend - zwar nicht enthalten. Sie liegt aber so klar auf der Hand, dass ernsthafte Zweifel ebenfalls nicht bestehen.
- 49
- Die vorstehende Würdigung wird bestätigt durch die Begründung der Schlussanträge des Generalanwalts in jener Sache. Dieser hat seine Erörterung der Haftung auf der Grundlage des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs und ihrer Grenzen auch auf die Schäden bezogen, die durch die Anwendung eines nationalen Gesetzes entstanden sind, das im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht steht (Schlussanträge vom 28. November 1995 zu C46 /93, juris Rn. 3, 10). Zu einer Differenzierung danach, ob der Schaden unmittelbar durch das Gesetz verursacht wurde oder erst infolge seines verwaltungsmäßigen Vollzugs, hat er offensichtlich keinen Anlass gesehen.
- 50
- Gleichfalls auf der Hand liegen die Würdigungen, dass mit der Nichtanwendbarkeit von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG auf die vorliegende Fallgestaltung die Haftung für einen Unionsrechtsverstoß nicht ungünstiger ausgestaltet ist als für einen Anspruch wegen eines gleichartigen Verstoßes gegen höherrangiges nationales Recht und dass die Erlangung einer Entschädigung nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird.
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 09.09.2011 - 5 O 156/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 14.06.2013 - I-11 U 89/11 -
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.
(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1
- 1.
gewerbsmäßig oder - 2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.