Versicherungsrecht: Verletzung von Aufklärungspflichten bei Lebensversicherungsvertrag
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Die Anrufung einer Gütestelle zum Zwecke der Verjährungshemmung ist rechtsmissbräuchlich, wenn schon vor der Einreichung des Güteantrags feststeht, dass der Antragsgegner nicht bereit ist, an einem Güteverfahren mitzuwirken und sich auf eine außergerichtliche Einigung einzulassen, und er dies dem Antragsteller schon im Vorfeld in eindeutiger Weise mitgeteilt hat. In diesem Fall ist es dem Gläubiger gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf eine Hemmung der Verjährung durch Bekanntgabe des Güteantrags zu berufen.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten, einem englischen Lebensversicherer, Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages. Diese Versicherung war Bestandteil eines als "Geared Investment Pack" bezeichneten Altersvorsorge- und Kapitalanlagemodells.
Geworben durch einen Untervermittler schloss der Kläger bei der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag "W." mit Versicherungsbeginn zum 20. Dezember 2001 ab. Zur Finanzierung des von ihm gezahlten Einmalbetrages in Höhe von 383.468,90 € schlossen der Kläger und seine Ehefrau unter Abtretung aller gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus der Lebensversicherung einen Darlehensvertrag mit einer Bank über 309.842,87 € ab. Zudem brachte der Kläger Eigenkapital in Höhe von 76.693,78 € ein. Die Darlehenszinsen sollten durch regelmäßige Auszahlungen aus der Lebensversicherung gedeckt werden.
Der Vertrag wurde zum 20. Dezember 2011 zur Auszahlung fällig.
Der Vertragswert in Höhe von 402.937,25 € wurde auf ein Konto des Klägers bei der finanzierenden Bank eingezahlt. Bis zum 22. Dezember 2011 machte diese eine Darlehensforderung von etwa 586.000 € geltend. Mit Blick auf die Ablaufleistung der streitgegenständlichen Lebensversicherung reduzierte sich dieser Betrag auf etwas mehr als 200.000 € inklusive Zinsen. In der Folge schlossen der Kläger und seine Ehefrau mit der finanzierenden Bank einen Vergleich, nach dem noch 75.000 € gezahlt werden sollten und die Bank im Gegenzug auf 132.000 € verzichtete.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts reichte der Kläger über seinen Anwalt mit Eingang vom 31. Dezember 2009 bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators Franz X. R. in F.einen Güteantrag ein, von dem die Beklagte mit Schreiben der Gütestelle vom 17. März 2010 unterrichtet wurde. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 23. März 2010, eingegangen bei der Gütestelle am 26. März 2010, mitgeteilt hatte, dass sie an dem Güteverfahren nicht teilnehmen werde, stellte die Gütestelle mit Schrei- ben vom 20. April 2010, eingegangen bei den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21. April 2010, das Scheitern des Verfahrens fest. In § 7 Buchst. b der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle heißt es: "Das Verfahren endet, wenn eine Partei erklärt, dass sie nicht an einem Mediationstermin teilnehmen wird."
Am 17. Oktober 2012 hat der Kläger beim Landgericht Klage eingereicht, die der Beklagten am 30. Oktober 2012 zugestellt worden ist. Mit seiner Klage hat der Kläger ursprünglich die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 192.143,83 € zuzüglich Zinsen, die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten, sowie die Feststellung, dass die Beklagte auch verpflichtet sei, ihm zukünftig entstehende Schäden im Zusammenhang mit dem Abschluss des streitgegenständlichen Lebensversicherungsvertrages zu ersetzen, verlangt.
Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage größtenteils - mit Ausnahme von entgangenem Gewinn und einem Teil der Zinsen und Rechtsanwaltskosten - stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Revision. Mit seiner Anschlussrevision begehrt der Kläger weiteren Schadensersatz, soweit das Berufungsgericht ihm seinen Zinsanspruch abgesprochen hat.
Entscheidungsgründe:
Revision und Anschlussrevision sind erfolgreich. Sie führen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Ersatz des geltend gemachten Vertrauensschadens bejaht. Die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht verletzt, da sie dem Kläger bei Vertragsschluss weder durch ihr Prospekt- und Informationsmaterial noch im Rahmen eines persönlichen Gespräches das Glättungsverfahren und die damit zusammenhängende Reservenbildung im Rahmen der nach dem With-Profit Funds organisierten Police sowie deren Folgen klar vor Augen geführt habe. Diese Pflichtverletzung sei für die Anlageentscheidung des Klägers kausal gewesen. Er sei daher so zu stellen, als hätte er den streitgegenständlichen Lebensversicherungsvertrag nicht abgeschlossen. Sein noch bestehendes negatives Interesse belaufe sich auf 157.829,28 €. Weiteren entgangenen Gewinn wegen entgangener Anl a-gezinsen könne der Kläger nicht verlangen. Der Feststellungsantrag sei hingegen begründet, da der endgültige Schaden noch nicht feststehe.
Der Betrag von 157.829,28 € sei erst ab Rechtshängigkeit zu verzinsen, weil die Zahlungsaufforderung im anwaltlichen Schreiben vom 26. Dezember 2009 keine wirksame Mahnung dargestellt habe.
Der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch sei auch nicht kenntnisunabhängig verjährt. Die hierfür zunächst geltende regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 BGB a.F. sei gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB von dem 1. Januar 2002 an durch die neue zehnjährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB n.F. abgelöst worden und hätte damit ohne Hemmung am 31. Dezember 2011 geendet. Das vom Kläger eingeleitete Güteverfahren habe jedoch eine Hemmung der Verjährung herbeigeführt. Der Hemmungszeitraum sei ab dem 31. Dezember 2009 zu berechnen, als der - nicht als rechtsmissbräuch-lich anzusehende und inhaltlich durch das Begleitschreiben hinreichend bestimmte - Güteantrag des Klägers bei der Gütestelle eingereicht worden sei, da die Bekanntgabe am 17. März 2010 trotz der durch die Gütestelle zu vertretenden Verzögerung noch "demnächst" erfolgt sei. Das Verfahren vor der Gütestelle habe seinen Abschluss mit der Erteilung der Erfolglosigkeitsbescheinigung im Schreiben vom 20. April 2010 und dem damit verbundenen Zugang der Mitteilung der Beklagten vom 23. März 2010 gefunden. Die sechsmonatige Nachfrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB habe am 21. April 2010 begonnen, als dem Prozessbevollmächti g-ten des Klägers die Erfolglosigkeitsbescheinigung und das Ablehnungsschreiben der Beklagten zuging. Danach ergebe sich ein Hemmungszeitraum von 294 Tagen, was gemäß § 209 BGB zu einem Hinausschieben der Verjährung bis zum 20. Oktober 2012 geführt habe. Die am 17. Oktober 2012 per Telefax eingereichte und am 30. Oktober 2012 zugestellte Klage sei daher unter Heranziehung von § 167 ZPO noch vor Eintritt der Verjährung erhoben worden.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
Die Revision ist insgesamt statthaft, § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Soweit das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen die Zulassung "auf die Frage des Endes der Hemmung der Verjährung bei Beendigung eines Verfahrens zur außergerichtlichen Streitschlichtung" beschränkt hat, ist diese Beschränkung unwirksam. Eine Beschränkung der Revisionszulassung ist nur im Hinblick auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Streitgegenstands zulässig, nicht aber auf einzelne Rechtsfragen wie zum Beispiel die Frage der Verjährung oder gar einzelne Aspekte der Verjährung.
Die unwirksame Beschränkung führt dazu, dass das Urteil in vollem Umfang revisionsrechtlich zu überprüfen ist.
Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Dessen Feststellungen zu Grund und Höhe des zuerkannten Anspruchs lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Insoweit erhebt die Revision auch keine Angriffe.
Zu Recht beanstandet die Revision dagegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verjährung.
Dabei geht dieses noch zutreffend davon aus, dass die zehnjährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und deshalb zum Jahresende 2011 ablief , sofern nicht vorher eine Hem10mung der Verjährungs eintrat. Dies folgt aus Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB. Nicht ausreichend sind jedoch die Feststellungen dazu, dass der Güteantrag des Klägers eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB bewirkt habe.
Keinen Bedenken begegnet es allerdings, dass das Berufungsgericht eine hinreichend genaue Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs in dem gestellten Güteantrag angenommen hat.
Damit die Verjährung eines Anspruchs durch einen Güteantrag gehemmt werden kann, muss dieser Anspruch in dem Antrag ausreichend individualisiert sein. Ohne diese Individualisierung tritt eine Hemmung der Verjährung nicht ein; sie kann nach Ablauf der Verjährungsfrist auch nicht mehr verjährungshemmend nachgeholt werden.
Dazu muss der Güteantrag zum einen die formalen Anforderungen erfüllen, die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden und zum anderen für den Schuldner erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte. Der Güteantrag muss dementsprechend einen bestim m-ten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete B e-gehren erkennen lassen. Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen. Allerdings sind insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Denn das Güteverfahren zielt - anders als die Klageerhebung oder das Mahnverfahren - auf eine außergerichtliche gütliche Bei19legung des Streits ab und führt erst im Falle einer Einigung der Parteien zur Schaffung eines dieser Einigung entsprechenden vollstreckbaren Titels ; auch besteht keine strikte Antragsbindung wie im Mahn- oder Klageverfahren. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss.
Den so beschriebenen Anforderungen genügte der im Streitfall gestellte Güteantrag des Klägers.
Dem steht zunächst nicht entgegen, dass sich einige wesentliche Angaben zur Darstellung des Streitgegenstands hier nicht in dem Güteantrag selbst befanden, sondern lediglich in einem vorprozessualen Anspruchsschreiben, das dem Antrag beigefügt war.
Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich wie hier um ein einzelnes Schreiben handelt, mit dem die Erkennbarkeit des Begehrens des Antragstellers gewährleistet wird, auf dessen Inhalt in dem Antrag ausdrücklich Bezug genommen ist und das dem Antrag beigefügt wurde; es wäre demgegenüber bloßer Formalismus und würde lediglich unnötige Schreibarbeit erfordern, wenn man die Übernahme der entsprechenden Textpassagen aus dem beigefügten Schreiben in den Antrag selbst verlangte.
Inhaltlich waren die Angaben in dem Güteantrag und dem beigefügten und in Bezug genommenen Anspruchsschreiben ausreichend.
Zwar ist in Anlageberatungsfällen regelmäßig nicht nur die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen und die Zeichnungssumme mitzuteilen, sondern auch der Beratungszeitraum anzugeben und der Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen , und im Streitfall fehlen Angaben zum Beratungsgespräch, das dem Vertragsab-schluss zugrunde liegt. Das ist aber unschädlich, weil es hier nicht um einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung, sondern um einen solchen wegen Aufklärungsmängeln infolge ungenügender Aufklärung über Besonderheiten des von der Beklagten angebotenen Versicherungsprodukts geht, der nicht unmittelbar vom Verlauf des Beratungsgesprächs abhängig ist und allein hierauf gestützt wird. Eine Anlageberatung war von der Beklagten unstreitig nicht geschuldet.
Im Übrigen ist den skizzierten Anforderungen durch die Beifügung des an die Beklagte gerichteten Anspruchsschreibens vom 26. Dezember 2009, in welchem Policennummer, Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs bezeichnet werden, Genüge getan. Hierdurch wurde es der Beklagten problemlos möglich, den Streitfall zuzuordnen und zu erkennen, welcher Anspruch gegen sie geltend gemacht wird. Ebenso war dem Gegner ein Rück-schluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich. Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten.
Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich insoweit auch von demjenigen, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. August 2015 zugrunde lag. Anders als dort war hier bereits dem Güteantrag selbst zu entnehmen, dass der Abschluss der Lebensversicherung als Teil eines Kapitalanlagemodells erfolgte, in dem zur Einzahlung in den Lebensversicherungsvertrag ein Darlehen aufgenommen wurde, mithin eine Fremdfinanzierung vorlag , und dass der Erblasser unter anderem die Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten und den Ersatz des daraus resultierenden Aufwands in Form von Zinszahlungen und Tilgungsaufwand begehrte. Jedenfalls die Größenordnung der insoweit verfolgten Ansprüche ergab sich zudem aus den Angaben zum Schaden auf Seite 7 des beigefügten und in Bezug genommenen Anspruchsschreibens.
Auch soweit Umfang und Inhalt der Aufklärungspflichten der Beklagten unter Umständen vom - im Güteantrag nicht mitgeteilten - Zeitpunkt des Vertragsschlusses abhängig sein können, ist dessen fehlende Angabe im Güteantrag hier nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die Beklagte konnte den Zeitpunkt der an sie gerichteten Antragstellung ohne weiteres aufgrund der ihr mitgeteilten Policennummer ermitteln. Die Gütestelle wiederum war für einen möglichen Einigungsvorschlag ohnehin auf die Stellungnahme der Beklagten zum Güteantrag angewiesen, der sie entnehmen konnte, welchen der geltend gemachten Pflichtverletzungen die Beklagte mit welchen tatsächlichen Behauptungen entgegentreten wollte.
Das Berufungsgericht hat für den Beginn des eventuellen Hemmungszeitraums auch zu Recht und mit zutreffender Begründung auf den 31. Dezember 2009 abgestellt, obwohl die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags erst am 17. März 2010 erfolgte. Da die Bekanntgabe hier noch "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgte, wirkte sie auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück, § 204 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 2 BGB. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.
Zu Recht beanstandet sie aber, dass das Berufungsgericht nicht ausreichend geprüft hat, ob im Streitfall die Einreichung des Güteantrags einen Rechtsmissbrauch des Güteverfahrens darstellt, was einer Hemmung der Verjährung entgegenstünde.
Anders als die Revision meint, stellt es allerdings keine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Güteverfahrens dar, dass die Prozessbevollmächtigen des Klägers insgesamt 904 gegen die Beklagte gerichtete Güteanträge gleichzeitig bei der Gütestelle eingereicht haben. Dies ist im Rahmen sinnvoller Prozessführung nicht zu beanstanden, weil es einer sachgerechten Erledigung eher förderlich sein kann, wenn gleichgelagerte Parallelfälle an derselben Stelle erörtert und gegebenenfalls verhandelt werden. Die Prozessbevollmächtigen des Klägers waren daher nicht gehalten, die Güteanträge auf unterschiedliche Gütestellen zu verteilen, nur um deren Arbeitsbelastung gering zu halten. Vielmehr lag es im Aufgabenbereich der Gütestelle, ihre Arbeitsabläufe auch bei zahlreichen weitestgehend gleichlautenden Eingängen zu organisieren.
Es ist auch grundsätzlich legitim und begründet im Regelfall keinen Rechtsmissbrauch, wenn ein Antragsteller eine Gütestelle ausschließlich zum Zwecke der Verjährungshemmung anruft.
Hiervon ist aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn schon vor der Einreichung des Güteantrags feststeht, dass der Antragsgegner nicht bereit ist, an einem Güteverfahren mitzuwirken und sich auf eine außergerichtliche Einigung einzulassen, und er dies dem Antragsteller schon im Vorfeld in eindeutiger Weise mitgeteilt hat. In einem solchen Fall ist von vornherein sicher, dass der Zweck des außergerichtlichen Güteverfahrens - die Entlastung der Justiz und ein dauerhafter Rechtsfrieden durch konsensuale Lösungen -nicht erreicht werden kann, weshalb sich eine gleichwohl erfolgte Inanspruchnahme der Gütestelle als rechtsmissbräuchlich erweist. Als Rechtsfolge einer derartigen missbräuchlichen Inanspruchnahme des Verfahrens ist es dem Gläubiger gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf eine Hemmung der Verjährung durch Bekanntgabe des Güteantrags zu berufen.
Die Voraussetzungen dieses Ausnahmetatbestands hat die B e-klagte unter Beweisantritt schlüssig vorgetragen. Sie hat behauptet, den Prozessbevollmächtigten des Klägers sei schon vor Einleitung des Güteverfahrens bekannt gewesen, dass die Beklagte zu einer gütlichen Einigung nicht bereit ist. Sowohl im Rahmen eines Gesprächs zwischen der Anwaltskanzlei des Klägers, der Beklagten und einem Vertreter der Beklagten im Oktober 2008 als auch bereits im Vorfeld dieser Besprechung habe die Beklagte deutlich gemacht, dass eine gütliche Einigung nicht in Betracht komme und angesichts der Vielzahl von Verfahren keine außergerichtlichen Lösungsmöglichkeiten bestünden. Dies sei den Prozessbevollmächtigten des Klägers somit bekannt gewesen.
Das Berufungsgericht ist diesem Vortrag bislang nicht nachgegangen und hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Aus diesem Grunde ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Sofern das Berufungsgericht kein rechtsmissbräuchliches Verhalten feststellen sol l-te, wird es im Weiteren die Grundsätze des Senatsurteils in der SacheIV ZR 405/14 vom heutigen Tage zu beachten haben.
Die Anschlussrevision ist ebenfalls begründet. Die Abweisung des vom Kläger verfolgten weitergehenden Zinsanspruchs kann nicht bereits unabhängig vom Hauptanspruch Bestand haben.
Die Anschlussrevision macht zu Recht geltend, dass die Beklagte mit Schreiben vom 7. Januar 2010 - mit dem sich das Berufungsgericht nicht befasst hat - die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat, so dass sie auch ohne Mahnung in Verzug geraten ist, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. In diesem Schreiben hat die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche bestimmt und ohne Einschränkung zurückgewiesen.
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger verlangt von der Beklagten, einem englischen Lebensversicherer , Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages. Diese Versicherung war Bestandteil eines als "Geared Investment Pack" bezeichneten Altersvorsorge- und Kapitalanlagemodells.
- 2
- Geworben durch einen Untervermittler schloss der Kläger bei der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag "W. " mit Versicherungsbeginn zum 20. Dezember 2001 ab. Zur Finanzierung des von ihm gezahlten Einmalbetrages in Höhe von 383.468,90 € schlossen der Kläger und seine Ehefrau unter Abtretung aller gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus der Lebensversicherung einen Darlehensvertrag mit einer Bank über 309.842,87 € ab. Zudem brachte der Kläger Eigenkapital in Höhe von 76.693,78 € ein. Die Darlehenszinsen sollten durch regelmäßige Auszahlungen aus der Lebensversicherung gedeckt werden.
- 3
- Der Vertrag wurde zum 20. Dezember 2011 zur Auszahlung fällig. Der Vertragswert in Höhe von 402.937,25 € wurde auf ein Konto des Klägers bei der finanzierenden Bank eingezahlt. Bis zum 22. Dezember 2011 machte diese eine Darlehensforderung von etwa 586.000 € geltend. Mit Blick auf die Ablaufleistung der streitgegenständlichen Lebens- versicherung reduzierte sich dieser Betrag auf etwas mehr als 200.000 € inklusive Zinsen. In der Folge schlossen der Kläger und seine Ehefrau mit der finanzierenden Bank einen Vergleich, nach dem noch 75.000 € gezahlt werden sollten und die Bank im Gegenzug auf 132.000 € verzichtete.
- 4
- Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts reichte der Kläger über seinen Anwalt mit Eingang vom 31. Dezember 2009 bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators Franz X. R. in F. einen Güteantrag ein, von dem die Beklagte mit Schreiben der Gütestelle vom 17. März 2010 unterrichtet wurde. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 23. März 2010, eingegangen bei der Gütestelle am 26. März 2010, mitgeteilt hatte, dass sie an dem Güteverfahren nicht teilnehmen werde, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 20. April 2010, eingegangen bei den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21. April 2010, das Scheitern des Verfahrens fest. In § 7 Buchst. b der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle heißt es: "Das Verfahren endet, (…) wenn eine Partei erklärt, dass sie nicht an einem Mediationstermin teilnehmen wird."
- 5
- Am 17. Oktober 2012 hat der Kläger beim Landgericht Klage eingereicht , die der Beklagten am 30. Oktober 2012 zugestellt worden ist. Mit seiner Klage hat der Kläger ursprünglich die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 192.143,83 € zuzüglich Zinsen, die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten, sowie die Feststellung, dass die Beklagte auch verpflichtet sei, ihm zukünftig entstehende Schäden im Zusammenhang mit dem Abschluss des streitgegenständlichen Lebensversicherungsvertrages zu ersetzen, verlangt.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage größtenteils - mit Ausnahme von entgangenem Gewinn und einem Teil der Zinsen und Rechtsanwaltskosten - stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Revision. Mit seiner Anschlussrevision begehrt der Kläger weiteren Schadensersatz, soweit das Berufungsgericht ihm seinen Zinsanspruch abgesprochen hat.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Revision und Anschlussrevision sind erfolgreich. Sie führen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 8
- I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Ersatz des geltend gemachten Vertrauensschadens bejaht. Die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht verletzt, da sie dem Kläger bei Vertragsschluss weder durch ihr Prospekt- und Informationsmaterial noch im Rahmen eines persönlichen Gespräches das Glättungsverfahren und die damit zusammenhängende Reservenbildung im Rahmen der nach dem WithProfit Funds organisierten Police sowie deren Folgen klar vor Augen geführt habe. Diese Pflichtverletzung sei für die Anlageentscheidung des Klägers kausal gewesen. Er sei daher so zu stellen, als hätte er den streitgegenständlichen Lebensversicherungsvertrag nicht abgeschlossen. Sein noch bestehendes negatives Interesse belaufe sich auf 157.829,28 €. Weiteren entgangenen Gewinn wegen entgangener Anlagezinsen könne der Kläger nicht verlangen. Der Feststellungsantrag sei hingegen begründet, da der endgültige Schadennoch nicht feststehe.
- 9
- Der Betrag von 157.829,28 € sei erst ab Rechtshängigkeit zu verzinsen , weil die Zahlungsaufforderung im anwaltlichen Schreiben vom 26. Dezember 2009 keine wirksame Mahnung dargestellt habe.
- 10
- Der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch sei auch nicht kenntnisunabhängig verjährt. Die hierfür zunächst geltende regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 BGB a.F. sei gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB von dem 1. Januar 2002 an durch die neue zehnjährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB n.F. abgelöst worden und hätte damit ohne Hemmung am 31. Dezember 2011 geendet. Das vom Kläger eingeleitete Güteverfahren habe jedoch eine Hemmung der Verjährung herbeigeführt. Der Hemmungszeitraum sei ab dem 31. Dezember 2009 zu berechnen, als der - nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehende und inhaltlich durch das Begleitschreiben hinreichend bestimmte - Güteantrag des Klägers bei der Gütestelle eingereicht worden sei, da die Bekanntgabe am 17. März 2010 trotz der durch die Gütestelle zu vertretenden Verzögerung noch "demnächst" erfolgt sei. Das Verfahren vor der Gütestelle habe seinen Abschluss mit der Erteilung der Erfolglosigkeitsbescheinigung im Schreiben vom 20. April 2010 und dem damit verbundenen Zugang der Mitteilung der Beklagten vom 23. März 2010 gefunden. Die sechsmonatige Nachfrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB habe am 21. April 2010 begonnen, als dem Prozessbevollmächtigten des Klägers die Erfolglosigkeitsbescheinigung und das Ablehnungsschreiben der Beklagten zuging. Danach ergebe sich ein Hemmungszeitraum von 294 Tagen, was gemäß § 209 BGB zu einem Hinausschieben der Verjährung bis zum 20. Oktober 2012 geführt habe. Die am 17. Oktober 2012 per Telefax eingereichte und am 30. Oktober 2012 zugestellte Klage sei daher unter Heranziehung von § 167 ZPO noch vor Eintritt der Verjährung erhoben worden.
- 11
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 12
- 1. Die Revision ist insgesamt statthaft, § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
- 13
- Soweit das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen die Zulassung "auf die Frage des Endes der Hemmung der Verjährung bei Beendigung eines Verfahrens zur außergerichtlichen Streitschlichtung" beschränkt hat, ist diese Beschränkung unwirksam. Eine Beschränkung der Revisionszulassung ist nur im Hinblick auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Streitgegenstands zulässig, nicht aber auf einzelne Rechtsfragen wie zum Beispiel die Frage der Verjährung oder gar einzelne Aspekte der Verjährung (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - VII ZR 71/10, NJW 2011, 1228 Rn. 11 m.w.N.).
- 14
- Die unwirksame Beschränkung führt dazu, dass das Urteil in vollem Umfang revisionsrechtlich zu überprüfen ist (BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, VersR 2003, 1396).
- 15
- 2. Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 16
- a) Dessen Feststellungen zu Grund und Höhe des zuerkannten Anspruchs lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Insoweit erhebt die Revision auch keine Angriffe.
- 17
- b) Zu Recht beanstandet die Revision dagegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verjährung.
- 18
- Dabei geht dieses noch zutreffend davon aus, dass die zehnjährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und deshalb zum Jahresende 2011 ablief (hier am 2. Januar 2012, weil der 31. Dezember 2011 ein Samstag war), sofern nicht vorher eine Hem- mung der Verjährungs eintrat. Dies folgt aus Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB. Nicht ausreichend sind jedoch die Feststellungen dazu, dass der Güteantrag des Klägers eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB bewirkt habe.
- 19
- aa) Keinen Bedenken begegnet es allerdings, dass das Berufungsgericht eine hinreichend genaue Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs in dem gestellten Güteantrag angenommen hat.
- 20
- (1) Damit die Verjährung eines Anspruchs durch einen Güteantrag gehemmt werden kann, muss dieser Anspruch in dem Antrag ausreichend individualisiert sein. Ohne diese Individualisierung tritt eine Hemmung der Verjährung nicht ein; sie kann nach Ablauf der Verjährungsfrist auch nicht mehr verjährungshemmend nachgeholt werden (BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407 Rn. 17 m.w.N.).
- 21
- Dazu muss der Güteantrag zum einen die formalen Anforderungen erfüllen, die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden und zum anderen für den Schuldner erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte (BGH aaO Rn. 21 f.). Der Güteantrag muss dementsprechend einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete Begehren erkennen lassen. Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen. Allerdings sind insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Denn das Güteverfahren zielt - anders als die Klageerhebung oder das Mahnverfahren - auf eine außergerichtliche gütliche Bei- legung des Streits ab und führt erst im Falle einer Einigung der Parteien zur Schaffung eines dieser Einigung entsprechenden vollstreckbaren Titels (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); auch besteht keine strikte Antragsbindung wie im Mahn- oder Klageverfahren. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss (BGH aaO Rn. 23 f. m.w.N.).
- 22
- (2) Den so beschriebenen Anforderungen genügte der im Streitfall gestellte Güteantrag des Klägers.
- 23
- (a) Dem steht zunächst nicht entgegen, dass sich einige wesentliche Angaben zur Darstellung des Streitgegenstands (Policennummer, Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs) hier nicht in dem Güteantrag selbst befanden, sondern lediglich in einem vorprozessualen Anspruchsschreiben, das demAntrag beigefügt war.
- 24
- Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich wie hier um ein einzelnes Schreiben handelt, mit dem die Erkennbarkeit des Begehrens des Antragstellers gewährleistet wird, auf dessen Inhalt in dem Antrag ausdrücklich Bezug genommen ist und das dem Antrag beigefügt wurde; es wäre demgegenüber bloßer Formalismus und würde lediglich unnötige Schreibarbeit erfordern, wenn man die Übernahme der entsprechenden Textpassagen aus dem beigefügten Schreiben in den Antrag selbst verlangte (vgl. Assies/Faulenbach, BKR 2015, 89, 95).
- 25
- (b) Inhaltlich waren die Angaben in dem Güteantrag und dem beigefügten und in Bezug genommenen Anspruchsschreiben ausreichend.
- 26
- Zwar ist in Anlageberatungsfällen regelmäßig nicht nur die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen und die Zeichnungssumme mitzuteilen, sondern auch der (ungefähre) Beratungszeitraum anzugeben und der Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen (BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407 Rn. 25), und im Streitfall fehlen Angaben zum Beratungsgespräch, das dem Vertragsabschluss zugrunde liegt. Das ist aber unschädlich, weil es hier nicht um einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung, sondern um einen solchen wegen Aufklärungsmängeln infolge ungenügender Aufklärung über Besonderheiten des von der Beklagten angebotenen Versicherungsprodukts geht, der nicht unmittelbar vom Verlauf des Beratungsgesprächs abhängig ist und allein hierauf gestützt wird. Eine Anlageberatung war von der Beklagten unstreitig nicht geschuldet.
- 27
- Im Übrigen ist den skizzierten Anforderungen durch die Beifügung des an die Beklagte gerichteten Anspruchsschreibens vom 26. Dezember 2009, in welchem Policennummer, Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs bezeichnet werden, Genüge getan. Hierdurch wurde es der Beklagten problemlos möglich, den Streitfall zuzuordnen und zu erkennen, welcher Anspruch gegen sie geltend gemacht wird. Ebenso war dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich. Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten (BGH aaO).
- 28
- Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich insoweit auch von demjenigen, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. August 2015 (III ZR 373/14, WM 2015, 1807) zugrunde lag. Anders als dort (vgl. dazu BGH aaO Rn. 22) war hier bereits dem Güteantrag selbst zu entnehmen , dass der Abschluss der Lebensversicherung als Teil eines Kapitalanlagemodells erfolgte, in dem zur Einzahlung in den Lebensversicherungsvertrag ein Darlehen aufgenommen wurde, mithin eine Fremdfinanzierung vorlag (Seite 2 Absatz 3 des Antrags), und dass der Erblasser unter anderem die Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten und den Ersatz des daraus resultierenden Aufwands in Form von Zinszahlungen und Tilgungsaufwand begehrte (Seite 3 Absatz 4). Jedenfalls die Größenordnung der insoweit verfolgten Ansprüche ergab sich zudem aus den Angaben zum Schaden auf Seite 7 des beigefügten und in Bezug genommenen Anspruchsschreibens.
- 29
- Auch soweit Umfang und Inhalt der Aufklärungspflichten der Beklagten unter Umständen vom - im Güteantrag nicht mitgeteilten - Zeitpunkt des Vertragsschlusses abhängig sein können, ist dessen fehlende Angabe im Güteantrag hier nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die Beklagte konnte den Zeitpunkt der an sie gerichteten Antragstellung ohne weiteres aufgrund der ihr mitgeteilten Policennummer ermitteln. Die Gütestelle wiederum war für einen möglichen Einigungsvorschlag ohnehin auf die Stellungnahme der Beklagten zum Güteantrag angewiesen, der sie entnehmen konnte, welchen der geltend gemachten Pflichtverletzungen die Beklagte mit welchen tatsächlichen Behauptungen entgegentreten wollte.
- 30
- bb) Das Berufungsgericht hat für den Beginn des eventuellen Hemmungszeitraums auch zu Recht und mit zutreffender Begründung auf den 31. Dezember 2009 abgestellt, obwohl die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags erst am 17. März 2010 erfolgte. Da die Bekanntgabe hier noch "demnächst" im Sinne von § 167 ZPOerfolgte, wirkte sie auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück, § 204 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 2 BGB. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.
- 31
- cc) Zu Recht beanstandet sie aber, dass das Berufungsgericht nicht ausreichend geprüft hat, ob im Streitfall die Einreichung des Güteantrags einen Rechtsmissbrauch des Güteverfahrens darstellt, was einer Hemmung der Verjährung entgegenstünde.
- 32
- (1) Anders als die Revision meint, stellt es allerdings keine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Güteverfahrens dar, dass die Prozessbevollmächtigen des Klägers insgesamt 904 gegen die Beklagte gerichtete Güteanträge gleichzeitig bei der Gütestelle eingereicht haben. Dies ist im Rahmen sinnvoller Prozessführung nicht zu beanstanden , weil es einer sachgerechten Erledigung eher förderlich sein kann, wenn gleichgelagerte Parallelfälle an derselben Stelle erörtert und gegebenenfalls verhandelt werden. Die Prozessbevollmächtigen des Klägers waren daher nicht gehalten, die Güteanträge auf unterschiedliche Gütestellen zu verteilen, nur um deren Arbeitsbelastung gering zu halten. Vielmehr lag es im Aufgabenbereich der Gütestelle, ihre Arbeitsabläufe auch bei zahlreichen weitestgehend gleichlautenden Eingängen zu organisieren.
- 33
- (2) Es ist auch grundsätzlich legitim und begründet im Regelfall keinen Rechtsmissbrauch, wenn ein Antragsteller eine Gütestelle ausschließlich zum Zwecke der Verjährungshemmung anruft (BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - VI ZR 306/92, BGHZ 123, 337, 345).
- 34
- (3) Hiervon ist aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn schon vor der Einreichung des Güteantrags feststeht, dass der Antragsgegner nicht bereit ist, an einem Güteverfahren mitzuwirken und sich auf eine außergerichtliche Einigung einzulassen, und er dies dem Antragsteller schon im Vorfeld in eindeutiger Weise mitgeteilt hat. In einem solchen Fall ist von vornherein sicher, dass der Zweck des außergerichtlichen Güteverfahrens - die Entlastung der Justiz und ein dauerhafter Rechtsfrieden durch konsensuale Lösungen (BT-Drucks. 14/980, S. 1 und 5) - nicht erreicht werden kann, weshalb sich eine gleichwohl erfolgte Inanspruchnahme der Gütestelle als rechtsmissbräuchlich erweist. Als Rechtsfolge einer derartigen missbräuchlichen Inanspruchnahme des Verfahrens ist es dem Gläubiger gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf eine Hemmung der Verjährung durch Bekanntgabe des Güteantrags zu berufen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 - III ZR 238/14, WM 2015, 1559 Rn. 23 m.w.N. [für Hemmung durch Mahnverfahren]).
- 35
- Die Voraussetzungen dieses Ausnahmetatbestands hat die Beklagte unter Beweisantritt schlüssig vorgetragen. Sie hat behauptet, den Prozessbevollmächtigten des Klägers sei schon vor Einleitung des Güteverfahrens bekannt gewesen, dass die Beklagte zu einer gütlichen Einigung nicht bereit ist. Sowohl im Rahmen eines Gesprächs zwischen der Anwaltskanzlei des Klägers, der Beklagten und einem Vertreter der Beklagten im Oktober 2008 als auch bereits im Vorfeld dieser Besprechung habe die Beklagte deutlich gemacht, dass eine gütliche Einigung nicht in Betracht komme und angesichts der Vielzahl von Verfahren keine außergerichtlichen Lösungsmöglichkeiten bestünden. Dies sei den Prozessbevollmächtigten des Klägers somit bekannt gewesen.
- 36
- Das Berufungsgericht ist diesem Vortrag bislang nicht nachgegangen und hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Aus diesem Grunde ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Sofern das Berufungsgericht kein rechtsmissbräuchliches Verhalten feststellen sollte , wird es im Weiteren die Grundsätze des Senatsurteils in der Sache IV ZR 405/14 vom heutigen Tage (zur Veröffentlichung bestimmt) zu beachten haben.
- 37
- 3. Die Anschlussrevision ist ebenfalls begründet. Die Abweisung des vom Kläger verfolgten weitergehenden Zinsanspruchs kann nicht bereits unabhängig vom Hauptanspruch Bestand haben.
- 38
- Die Anschlussrevision macht zu Recht geltend, dass die Beklagte mit Schreiben vom 7. Januar 2010 - mit dem sich das Berufungsgericht nicht befasst hat - die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat, so dass sie auch ohne Mahnung in Verzug geraten ist, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. In diesem Schreiben hat die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche bestimmt und ohne Einschränkung zurückgewiesen.
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 30.04.2014- 4 O 170/12 Ko -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 24.11.2014- 7 U 101/14 -
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin verlangt als Alleinerbin ihres im August 2011 verstorbenen Vaters (im Folgenden: Erblasser) von der Beklagten, einem englischen Lebensversicherer, die Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten gegenüber dem Erblasser im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages. Diese Versicherung war Bestandteil eines als "Geared Investment Pack" bezeichneten Altersvorsorge- und Kapitalanlagemodells.
- 2
- Geworben durch einen Untervermittler schloss der Erblasser bei der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag "W. " mit Versicherungsbeginn zum 3. August 2001 ab. Zur Finanzierung des von ihm gezahlten Einmalbetrages in Höhe von 217.280 DM schloss der Erblasser einen Darlehensvertrag mit einer Bank über 224.000 DM ab. Zudem zahlte er einen Betrag in Höhe von 56.000 DM in Form von Wertpapieren an die kreditgebende Bank. Die Darlehenszinsen sollten durch regelmäßige Auszahlungen aus der Lebensversicherung gedeckt werden. Daneben investierte der Erblasser im Rahmen des "Geared Investment Pack" in ein Wertpapierdepot, das bei Endfälligkeit zur Tilgungdes Darlehens verwendet werden sollte. Im Februar 2005 wurden die vertraglichen Ansprüche aus der Lebensversicherung im Zuge einer Umfinanzierung an eine andere Bank abgetreten.
- 3
- Am 31. Dezember 2009 reichte der Erblasser über seinen Anwalt bei der staatlich anerkannten Gütestelle des Rechtsanwalts und Mediators Franz X. R in F. Güteantrag ein, von dem die Beklagte mit Schreiben der Gütestelle vom 17. März 2010 unterrichtet wurde. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 23. März 2010, eingegangen bei der Gütestelle am 25. oder 26. März 2010, mitgeteilt hatte, dass sie an dem Güteverfahren nicht teilnehmen werde, stellte die Gütestelle mit Schreiben vom 20. April 2010, eingegangen bei den Prozessbevollmächtigten des Erblassers am 21. April 2010, das Scheitern des Verfahrens fest. In § 7 Buchst. b der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle heißt es: "Das Verfahren endet, (…) wenn eine Partei erklärt, dass sie nicht an einem Mediationstermin teilnehmen wird."
- 4
- Am 16. Oktober 2012 hat die Klägerin beim Landgericht Klage eingereicht , die der Beklagten am 4. Januar 2013 zugestellt worden ist. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin zuletzt die Feststellung, dass ihr die Beklagte den ihr und dem Erblasser entstandenen und den ihr noch entstehenden Schaden im Zusammenhang mit dem vom Erblasser abgeschlossenen Altersvorsorge- und Kapitalanlagemodell zu ersetzen habe; hilfsweise sei der Schadensersatz an die kreditgebende Bank zu leisten.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung hat keinen Erfolg gehabt. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage für zulässig, jedoch unbegründet erachtet. In Bezug auf die Quersubventionierung und das Glättungsverfahren lägen zwar durch das Landgericht zutreffend festgestellte Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten vor, der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch sei aber kenntnisunabhängig verjährt. Die hierfür zunächst geltende regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 BGB a.F. sei gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB von dem 1. Januar 2002 an durch die neue zehnjährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB n.F. abgelöst worden und hätte damit ohne Hemmung am 31. Dezember 2011 geendet. Zwar habe das vom Erblasser eingeleitete Güteverfahren eine Hemmung der Verjährung herbeigeführt, diese habe aber am 25. September 2010 geendet, also sechs Monate nach Eingang des Ablehnungsschreibens der Beklagten bei der Gütestelle. Nach der maßgeblichen Verfahrensordnung der Gütestelle ende das Güteverfahren und damit auch die Hemmung der Verjährung , wenn eine Partei erkläre, dass sie an einem Mediationstermin nicht teilnehmen werde; in der Mitteilung, am gesamten Verfahren nicht teilzunehmen , sei diese Erklärung enthalten. Auf die Kenntnis des Antragstellers von der Erklärung der Gegenseite komme es nicht an. Die Klageeinreichung sei mithin in verjährter Zeit erfolgt.
- 8
- II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Eine Verjährung des Anspruchs lässt sich mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht feststellen.
- 9
- 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die zehnjährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und deshalb zum Jahresende 2011 ablief (hier am 2. Januar 2012, weil der 31. Dezember 2011 ein Samstag war), sofern nicht vorher eine Hemmung der Verjährung eintrat. Dies folgt aus Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB.
- 10
- 2. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass am 31. Dezember 2009 zunächst eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB eintrat, als der Erblasser seinen Güteantrag bei der staatlich anerkannten Gütestelle einreichte, der der Beklagten sodann "demnächst" bekanntgegeben wurde.
- 11
- a) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war der geltend gemachte Anspruch in dem Güteantrag bestimmt genug bezeichnet, um eine Hemmung der Verjährung herbeizuführen.
- 12
- aa) Damit die Verjährung eines Anspruchs durch einen Güteantrag gehemmt werden kann, muss dieser Anspruch in dem Antrag ausreichend individualisiert sein. Ohne diese Individualisierung tritt eine Hemmung der Verjährung nicht ein; sie kann nach Ablauf der Verjährungsfrist auch nicht mehr verjährungshemmend nachgeholt werden (BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407 Rn. 17 m.w.N.).
- 13
- Dazu muss der Güteantrag zum einen die formalen Anforderungen erfüllen, die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden und zum anderen für den Schuldner erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte (BGH aaO Rn. 21 f.). Der Güteantrag muss dementsprechend einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete Begehren erkennen lassen. Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen. Allerdings sind insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Denn das Güteverfahren zielt - anders als die Klageerhebung oder das Mahnverfahren - auf eine außergerichtliche gütliche Beilegung des Streits ab und führt erst im Falle einer Einigung der Parteien zur Schaffung eines dieser Einigung entsprechenden vollstreckbaren Titels (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); auch besteht keine strikte Antragsbindung wie im Mahn- oder Klageverfahren. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Güteantrag an die Gütestelle als neutralen Schlichter und Vermittler gerichtet wird und diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert werden muss (BGH aaO Rn. 23 f. m.w.N.).
- 14
- bb) Den so beschriebenen Anforderungen genügte der im Streitfall gestellte Güteantrag des Erblassers.
- 15
- (1) Dem steht zunächst nicht entgegen, dass sich einige wesentliche Angaben zur Darstellung des Streitgegenstands (Policennummer, Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs) hier nicht in dem Güteantrag selbst befanden, sondern lediglich in einem vorprozessualen Anspruchsschreiben, das dem Antrag beigefügt war.
- 16
- Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich wie hier um ein einzelnes Schreiben handelt, mit dem die Erkennbarkeit des Begehrens des Antragstellers gewährleistet wird, auf dessen Inhalt in dem Antrag ausdrücklich Bezug genommen ist und das dem Antrag beigefügt wurde; es wäre demgegenüber bloßer Formalismus und würde lediglich unnötige Schreibarbeit erfordern, wenn man die Übernahme der entsprechenden Textpassagen aus dem beigefügten Schreiben in den Antrag selbst verlangte (vgl. Assies/Faulenbach, BKR 2015, 89, 95).
- 17
- (2) Inhaltlich waren die Angaben in dem Güteantrag und dem beigefügten und in Bezug genommenen Anspruchsschreiben ausreichend.
- 18
- Zwar ist in Anlageberatungsfällen regelmäßig nicht nur die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen und die Zeichnungssumme mitzuteilen, sondern auch der (ungefähre) Beratungszeitraum anzugeben und der Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen (BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407 Rn. 25), und im Streitfall fehlen Angaben zum Beratungsgespräch, das dem Vertragsabschluss zugrunde liegt. Das ist aber unschädlich, weil es hier nicht um einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung, sondern um einen solchen wegen Aufklärungsmängeln infolge ungenügender Aufklärung über Besonderheiten des von der Beklagten angebotenen Versicherungsprodukts geht, der nicht unmittelbar vom Verlauf des Beratungsgesprächs abhängig ist und allein hierauf gestützt wird. Eine Anlageberatung war von der Beklagten unstreitig nicht geschuldet.
- 19
- Im Übrigen ist den skizzierten Anforderungen durch die Beifügung des an die Beklagte gerichteten Anspruchsschreibens vom 28. Dezember 2009, in welchem Policennummer, Zeichnungssumme, Art und Umfang der behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen und des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs bezeichnet werden, Genüge getan. Hierdurch wurde es der Beklagten problemlos möglich, den Streitfall zuzuordnen und zu erkennen, welcher Anspruch gegen sie geltend gemacht wird. Ebenso war dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich. Eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten (BGH aaO).
- 20
- Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich insoweit auch von demjenigen, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. August 2015 (III ZR 373/14, WM 2015, 1807) zugrunde lag. Anders als dort (vgl. dazu BGH aaO Rn. 22) war hier bereits dem Güteantrag selbst zu entnehmen , dass der Abschluss der Lebensversicherung als Teil eines Ka- pitalanlagemodells erfolgte, in dem zur Einzahlung in den Lebensversicherungsvertrag ein Darlehen aufgenommen wurde, mithin eine Fremdfinanzierung vorlag (Seite 2 Absatz 3 des Antrags), und dass der Erblasser unter anderem die Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten und den Ersatz des daraus resultierenden Aufwands in Form von Zinszahlungen und Tilgungsaufwand begehrte (Seite 3 Absatz 4). Jedenfalls die Größenordnung der insoweit verfolgten Ansprüche ergab sich zudem aus den Angaben zum Schaden auf Seite 7 des beigefügten und in Bezug genommenen Anspruchsschreibens.
- 21
- Auch soweit Umfang und Inhalt der Aufklärungspflichten der Beklagten unter Umständen vom - im Güteantrag nicht mitgeteilten - Zeitpunkt des Vertragsschlusses abhängig sein können, ist dessen fehlende Angabe im Güteantrag hier nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die Beklagte konnte den Zeitpunkt der an sie gerichteten Antragstellung ohne weiteres aufgrund der ihr mitgeteilten Policennummer ermitteln. Die Gütestelle wiederum war für einen möglichen Einigungsvorschlag ohnehin auf die Stellungnahme der Beklagten zum Güteantrag angewiesen, der sie entnehmen konnte, welchen der geltend gemachten Pflichtverletzungen die Beklagte mit welchen tatsächlichen Behauptungen entgegentreten wollte.
- 22
- b) Das Berufungsgericht hat für den Beginn des Hemmungszeitraums auch zu Recht und mit zutreffender Begründung auf den 31. Dezember 2009 abgestellt, obwohl die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags erst am 17. März 2010 erfolgte. Da die Bekanntgabe hier noch "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgte, wirkte sie auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück, § 204 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 BGB.
- 23
- c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung vermögen die von der Beklagten vorgetragenen Umstände auch keine rechtsmissbräuchliche Einleitung des Güteverfahrens zu begründen, die einer Berufung der Klägerin auf die Hemmung der Verjährung nach § 242 BGB entgegenstehen könnte.
- 24
- aa) So stellt es keine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Güteverfahrens dar, dass die Prozessbevollmächtigen des Erblassers insgesamt 904 gegen die Beklagte gerichtete Güteanträge gleichzeitig bei der Gütestelle eingereicht haben. Dies ist im Rahmen sinnvoller Prozessführung nicht zu beanstanden, weil es einer sachgerechten Erledigung eher förderlich sein kann, wenn gleichgelagerte Parallelfälle an derselben Stelle erörtert und gegebenenfalls verhandelt werden. Die Prozessbevollmächtigen des Erblassers waren daher nicht gehalten, die Güteanträge auf unterschiedliche Gütestellen zu verteilen, nur um deren Arbeitsbelastung gering zu halten. Vielmehr lag es im Aufgabenbereich der Gütestelle, ihre Arbeitsabläufe auch bei zahlreichen weitestgehend gleichlautenden Eingängen zu organisieren.
- 25
- bb) Es ist ferner grundsätzlich legitim und begründet im Regelfall keinen Rechtsmissbrauch, wenn ein Antragsteller eine Gütestelle ausschließlich zum Zwecke der Verjährungshemmung anruft (BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - VI ZR 306/92, BGHZ 123, 337, 345). Gesichtspunkte, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz rechtfertigen würden (vgl. dazu das Senatsurteil vom heutigen Tage IV ZR 526/14, zur Veröffentlichung bestimmt Rn. 34 f.), hat die Beklagte im Streitfall in den Tatsa- cheninstanzen nicht mit ausreichender Substanz vorgebracht und auch keinen Beweis angetreten.
- 26
- 3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber angenommen, Anknüpfungspunkt für den Beginn der Nachlauffrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sei bereits der 25. März 2010, als die Mitteilung der Beklagten bei der Gütestelle einging, dass sie nicht am Güteverfahren teilnehme, so dass die Verjährungshemmung mit Ablauf des 25. September 2010 geendet habe. Die Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB vielmehr erst sechs Monate nach dem Zeitpunkt, in dem die Gütestelle die Bekanntgabe dieser Mitteilung der Beklagten an die Prozessbevollmächtigten des Erblassers veranlasste.
- 27
- a) In § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB wird für alle Ziffern des ersten Absatzes der genannten Vorschrift bestimmt, dass die Hemmung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens endet. Grundsätzlich endet ein Güteverfahren i.S. des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB durch Abschluss eines Vergleiches, die Rücknahme des Güteantrages oder durch die Einstellung des Verfahrens wegen Scheitern des Einigungsversuches (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 67; Urteile vom 22. September 2009 - XI ZR 230/08, BGHZ 182, 284, 291; vom 6. Juli 1993 - VI ZR 306/92, BGHZ 123, 337, 346). Die konkrete Beendigung des Verfahrens kann nur innerhalb der Verfahrensordnung der jeweiligen Gütestelle festgestellt werden (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 67).
- 28
- Umstritten ist jedoch, ob im Falle eines Güteverfahrens i.S. des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den Beginn der Nachlauffrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB - wie das Berufungsgericht angenommen hat - der Tag der Verfahrenseinstellung bzw. Beendigung des Güteverfahrens nach der Verfahrensordnung ist (OLG München , Urteil vom 24. November 2014 - 21 U 5058/13, juris Rn. 28 ff.; OLG Bamberg, Urteil vom 14. November 2014 - 1 U 39/14, nicht veröffentlicht ) oder der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Einstellungsverfügung an den Gläubiger maßgeblich ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 8. Januar 2015 - 7 U 224/13, nicht veröffentlicht; OLG Celle, Urteil vom 16. Januar 2007 - 16 U 160/06, juris Rn. 68).
- 29
- Der Bundesgerichtshof hat diese Frage im Jahre 2009 ausdrücklich offen gelassen (BGH, Urteil vom 22. September 2009 - XI ZR 230/08, BGHZ 182, 284 Rn. 21). Im Beschluss vom 21. Oktober 2014 hat er sich insbesondere mit der Frage befasst, ob ein Scheitern des Verfahrens festgestellt werden kann, nicht aber mit dem Zeitpunkt, wann nach festgestelltem Scheitern die Nachlauffrist beginnt (XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1 Rn. 160). In einem Urteil vom 26. November 2013, das die Vorschrift des § 35 ArbnErfG betraf, hat der X. Zivilsenat allerdings bei Berechnung des Hemmungsendes ohne nähere Begründung - und ohne dass es tragend hierauf ankam - auf die Abgabe der Widerspruchserklärung der Beklagten gegen den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle abgestellt (X ZR 3/13, juris Rn. 31). Demgegenüber hat der VII. Zivilsenat - ebenso wenig tragend und ohne nähere Begründung - im Fall einer Vereinbarung eines Stillhalteabkommens durch Anrufung einer Schiedsstelle ein Ende der Hemmung erst mit dem Zugang einer ablehnenden Entscheidung des Vorsitzenden angenommen (Urteil vom 28. Februar 2002 - VII ZR 455/00, NJW 2002, 1488 unter I 4 b).
- 30
- b) Der Senat entscheidet die Streitfrage dahingehend, dass im Anwendungsbereich des § 204 BGB im Regelfall auf den Zeitpunkt der Veranlassung der Bekanntgabe durch die Gütestelle an den Gläubiger abzustellen ist. Entscheidend hierfür sprechen der Zweck der Nachlauffrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB, der darin besteht, dass dem Gläubiger insbesondere dann, wenn im Verfahren keine Sachentscheidung ergeht, in jedem Falle eine Frist bleibt, in der er weitere Rechtsverfolgungsmaßnahmen einleiten kann (BT-Drucks. 14/6040, S. 117 li. Sp.), sowie die Regelung zum Beginn der Hemmung in § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB.
- 31
- aa) Die Gewährleistung des vorstehend genannten Zwecks setzt die Kenntnis des Gläubigers von der Verfahrensbeendigung voraus. Ähnlich hat der Bundesgerichtshof zur Vorschrift des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift argumentiert: Es komme im Falle der Beendigung der Unterbrechungswirkung durch Nichtbetrieb des Prozesses darauf an, dass die Partei, die die Verjährung erneut unterbrechen wolle, die letzte Prozesshandlung des Gerichts und damit die Notwendigkeit kenne, den Prozess weiter zu betreiben (BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 - VII ZR 227/96, BGHZ 134, 387, 390 f.).
- 32
- Das gilt ebenso für die Beendigung des Güteverfahrens. Auch hier ist im Grundsatz eine Kenntnisnahme des Gläubigers vom Beendigungsgrund geboten, damit er die vom Gesetzgeber eingeräumte Nachlauffrist nutzen kann. Daher ist § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB nach seinem Sinn und Zweck so auszulegen, dass es in dem Ausnahmefall, in dem die Beendigung eines Hemmungstatbestandes vom Gläubiger nicht unmittelbar wahrnehmbar ist, für den Lauf der sechsmonatigen Nachlauffrist darauf ankommt, dass dieser Umstand dem Gläubiger zur Kenntnis gebracht wird.
- 33
- bb) Dieser Auslegung stehen die vom Berufungsgericht aufgezeigten Fälle, in denen die Beendigung der Hemmung ebenfalls nicht von einem Ereignis in der Sphäre des Gläubigers abhänge, nicht entscheidend entgegen.
- 34
- Im Fall der Klagerücknahme nach mündlicher Verhandlung, die mit Zustimmung des Beklagten oder Ablauf einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Schriftsatzes an ihn wirksam wird, liegt der Ausgangspunkt in einem Verhalten des Klägers selbst, von dem er zwangsläufig Kenntnis hat, so dass er sich auf den bevorstehenden Beginn der Notfrist vorbereiten kann. Die Beendigung der Hemmung bei Stillstand des Verfahrens nach § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB ist nicht vergleichbar, da hier der Beginn der 6-Monatsfrist gerade nicht von einer Erklärung, sondern von einem Untätigbleiben der Parteien abhängt.
- 35
- cc) Soweit sich die Revisionserwiderung unter Hinweis auf einen Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1954 - GSZ 3/54, BGHZ 14, 39) darauf beruft, dass der Gläubiger vom Verkündungstermin keine Kenntnis haben müsse, so stellt der zitierte Beschluss lediglich klar, dass in einem Fall des Verstoßes gegen die zwingenden Vorschriften über die Verkündung von Urteilen zwar ein schwerwiegender Verfahrensmangel, aber aus Gründen der Rechtssicherheit kein Scheinurteil vorliegt.
- 36
- dd) Die aufgezeigte Auslegung des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB steht zudem im Einklang mit der Rechtsprechung zu § 203 BGB. Im dort gere- gelten Fall endet die Hemmung durch Verweigerung der Fortsetzung von Verhandlungen. Diese muss grundsätzlich durch ein klares und eindeutiges Verhalten einer Partei zum Ausdruck kommen (BGH, Urteil vom 30. Juni 1998 - VI ZR 260/97, NJW 1998, 2819, 2820). Ein Beginn der Nachlauffrist des § 203 Satz 2 BGB ist demnach ohne Kenntnis oder Kennenmüssen des Gläubigers nicht möglich.
- 37
- ee) Anzuknüpfen ist im Güteverfahren allerdings nicht an den - wegen der nicht vorgeschriebenen förmlichen Zustellung (vgl. auch § 15a EGZPO) oftmals nicht nachweisbaren - Zugang der Erfolglosigkeitsbescheinigung beim Gläubiger, sondern an die bei der Gütestelle aktenmäßig nachprüfbare Veranlassung ihrer Bekanntgabe.
- 38
- Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Regelung in § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB sachgerecht. Zwar gilt diese Bestimmung unmittelbar nur für die Frage, wann eine Hemmung der Verjährung durch Einreichung eines Güteantrags beginnt. Der Gesetzgeber hat aber für diese Frage gerade deshalb auf die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags anstatt auf die Bekanntgabe selbst abgestellt, wie es noch im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen war, weil auch dort mangels vorgeschriebener Zustellung des Antrags anderenfalls zu besorgen sei, dass der Zugang im Falle des Bestreitens nicht nachgewiesen werden könne (BTDrucks. 14/7052 S. 181). Dieser Gesichtspunkt trifft in gleicher Weise auf die Situation bei Beendigung des Güteverfahrens durch eine Mitteilung an den Gläubiger zu, für die der Gesetzgeber den maßgeblichen Zeitpunkt nicht ausdrücklich geregelt hat. Es erscheint deshalb angemessen, auch hier auf den Zeitpunkt der Veranlassung der Bekanntgabe abzustellen , zumal der tatsächliche Zugang in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle binnen kurzer Frist erfolgen wird. Da der Gläubiger den maßgeblichen Zeitpunkt sodann bei der Gütestelle in Erfahrung bringen kann, besteht für ihn auch keine unzumutbare Unklarheit über den Beginn der ihm zur Verfügung stehenden Nachlauffrist. Die Anknüpfung an die aktenmäßig nachprüfbare Veranlassung der Bekanntgabe durch die Gütestelle trägt damit zum einen dem Umstand Rechnung, dass der Gläubiger ausreichend Kenntnis von der Nachlauffrist erhalten muss, und vermeidet andererseits, dass Unklarheit über den Lauf der Verjährungsfrist entsteht; zugleich wird eine Verlängerung der Verjährungsfrist über Gebühr vermieden.
- 39
- c) Da das Berufungsgericht zum Zeitpunkt, in dem das auf den 20. April 2010 datierte Schreiben der Gütestelle an den Erblasser veranlasst worden ist, keine Feststellungen getroffen hat, ist es offen, ob die Einreichung der Klage am 16. Oktober 2012 noch in nicht verjährterZeit erfolgte. Die Sache ist daher zwecks Nachholung der erforderlichen Feststellung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 25.02.2014- 1 O 470/12 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 09.10.2014- 1 U 39/14 -
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.