Unternehmenspersönlichkeitsrecht: Wann können sich Unternehmen auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht berufen?
Mithilfe des sogenannten Unternehmenspersönlichkeitsrechts in Verbindung mit Unterlassungsansprüchen, soll unterschiedlichen Unternehmen verstärkter Rechtsschutz geboten werden. Trotz zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen ist es nicht gelungen das Persönlichkeitsrechts des Unternehmens zu konkretisieren. Die Gerichte beschränken sich hierzu auf offene Begriffe wie den sozialen Achtungs – bzw. Geltungsanspruch. Die Frage, ob sich ein Unternehmen auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht berufen kann, mithin ob Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden können, ist in der Rechtswissenschaft strittig und Bedarf – wie sonst auch immer - einer genauen Betrachtung des Einzelfalles.
Patrick Jacobshagen - Streifler&Kollegen - Rechtsanwälte Berlin
Abwehransprüche gegen ruf- und existenzgefährdende Äußerungen
Insgesamt soll das Unternehmenspersönlichkeitsrecht verbunden mit Unterlassungsansprüchen vor rufschädigenden Äußerungen gegenüber Unternehmen schützen. Zu beachten ist, dass Unternehmen bewusst am öffentlichen Handel teilnehmen und somit ein Öffentlichkeitsinteresse hinsichtlich der beworbenen Produkte und Dienstleistungen, provozieren. Trotz des Öffentlichkeitsinteresses müssen Unternehmen jedoch nicht jede Äußerung hinnehmen. Schmähkritik und unwahre Tatsachenbehauptungen sind grundsätzlich zu unterlassen und begründen immer einen Unterlassungs- und unter Umständen auch einen Schadensersatzanspruch.
Deshalb existieren bereits Vorschriften, welche ermöglichen sich gegen solche Äußerungen zu wehren, ihr Anwendungsbereich ist jedoch begrenzt: Diese Normen kommen aus dem Wettbewerbsrecht, aus dem Markengesetz und aus dem Urheberrecht und setzen ein Wettbewerbsverhältnis voraus, so dass Äußerungen von unbeteiligten Dritten ohne direkte Beziehung zum Unternehmen nicht erfasst werden.
Darüber hinaus existieren Abwehransprüche aus dem Deliktsrecht: § 824 BGB schützt vor Kreditgefährdungen, indem es den Betroffenen die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs bei unwahren Tatsachenbehauptungen eröffnet. Daneben bietet § 826 BGB Schutz vor sittenwidriger vorsätzlicher Handlung.
Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
Wenn eine Person ein Rechtsgut einer anderen verletzt, ist sie zum Ersatz des darauf entstandenen Schadens verpflichtet (§ 823 Abs. 1 BGB). Unternehmen können sich hierbei auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, welches als „sonstiges Rechtsgut“ i.S.d § 823 Abs. 1 BGB anerkannt ist, berufen. Auf diesen Schutz können Unternehmen subsidär zugreifen, wenn keine anderen Regelungen oder Normen einschlägig sind. Schadensersatzansprüche bestehen darüber hinaus jedoch nur, wenn es sich bei den Geschädigten tatsächlich um einen Gewerbebetrieb handelt und wenn der Eingriff betriebsbezogen war.
Betriebsbezogen sind nur unmittelbare Eingriffe, welche sich gegen den Betrieb als solchen richten und nicht nur vom Betrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betreffen (BGHZ 29, 65, 74).
Letztendlich ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen unumgänglich. In den meisten Fällen stehen sich das Unternehmenspersönlichkeitsrechts und die Meinungsfreiheit gegenüber. Hier ist oft die Abgrenzung zwischen zulässigen und unzulässigen Meinungsäußerungen entscheidend.
Herleitung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts
Die Frage, ob Unternehmen ein Persönlichkeitsrecht haben können beziehungsweise, ob das ursprünglich für natürliche Personen entwickelte Recht auch auf juristische Personen Anwendung finden kann, ist umstritten. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitet. Der unmittelbare Bezug zur Menschenwürde, lässt somit eher auf die Verneinung des Bestehens einer Unternehmenspersönlichkeitsrechts schließen. Weder gewinnorientierte noch ehrenamtlich tätige Unternehmen haben eine Würde. So hat auch das Bundesverfassungsgericht bisher die Frage, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch auf juristische Personen gem. Art. 19 Abs. 3 GG anwendbar sein soll, offengelassen.
Einige Stimmen in der Literatur fordern eine weitere Auslegung des Würdekerns: Da das Persönlichkeitsrecht verschiedene Ausprägungen hat, welche jeweils verschiedenen weit vom Würdekern entfernt sind, sollen zumindest einige Teilgehalte auf juristische Personen anwendbar sein, vgl. BGH, GRUR 1994, 394, 395 = NJW 2008, 2110 2112. Deshalb hat sich herauskristallisiert, dass zumindest in Hinblick auf den sozialen Geltungsanspruch ein Unternehmenspersönlichkeitsrechts bestehen soll. So wird auch in der ständigen Rechtsprechung des BVerwG Personenvereinigungen mit ideeller Zielsetzung ein sozialer Geltungsanspruch zugesprochen, vgl. BVerwGE 82, 76, 78. Wird das Unternehmen in seinem „sozialen Geltungsanspruch als Arbeitgeber oder als Wirtschaftsunternehmen“ (BGHZ 98, 94, 97) betroffen, so spricht auch der BGH diesen, einen Abwehranspruch gegen beanstande Äußerungen zu.
Fazit
Insgesamt lässt sich feststellen, dass wirtschaftlich orientierte Unternehmen umfangreicheren Schutz, insbesondere durch Wettbewerbs-, Marken- und Urheberrecht genießen als nicht wirtschaftlich organisierte Unternehmen. Nicht- wirtschaftlich organisierte Unternehmen wie Kirschen, Vereine etc. haben keine Möglichkeit auf diesen gewerblichen Rechtsschutz zurückgreifen und bedürfen eines verstärkten Schutzes durch das Unternehmenspersönlichkeitsrecht. In jedem Fall ist Einzelfallbezogen zu untersuchen, ob das Persönlichkeitsrecht auf das jeweilige Unternehmen anwendbar ist. Holen Sie sich hierzu Hilfe von einem Fachanwalt.
Haben Sie noch Fragen zum Thema Persönlichkeitsrecht des Unternehmens? Dann kontaktieren Sie Streifler & Kollegen und lassen Sie sich fachkundig beraten.
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Annotations
(1) Wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat dem anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muss.
(2) Durch eine Mitteilung, deren Unwahrheit dem Mitteilenden unbekannt ist, wird dieser nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hat.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.