Umgangsrecht: Zur Untersuchung durch psychologischen Sachverständigen
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Die Begleitperson darf sich aber nicht äußern oder sonst am Verfahren beteiligen.
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Kindesvaters beschlossen. Dieser erstrebt eine Umgangsregelung mit seinen 2001 und 2004 geborenen minderjährigen Kindern. Die Richter haben eine psychologische Begutachtung angeordnet. Die gerichtlich bestellte Sachverständige hat den Kindesvater zum Explorationsgespräch einbestellt. Sie war bereits im erstinstanzlichen Verfahren tätig. Dabei wurde sie vom Kindesvater erfolglos abgelehnt, weil er sie für befangen hielt. Er konnte allerdings eine von ihm behauptete unsachliche Äußerung der Sachverständigen nicht beweisen. Nun wollte der Kindesvater das bevorstehende Gespräch im Ton aufzeichnen oder eine Begleitperson mitbringen. Das hat die Sachverständige verweigert. Der Kindesvater hat sie deswegen erneut wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Auch dieses Ablehnungsgesuch des Kindesvaters blieb erfolglos. Die beanstandete Verfahrensweise der Sachverständigen gebe keinen Grund, so die Richter, an ihrer Unparteilichkeit zu zweifeln. Sie sei nachvollziehbar begründet und verstoße nicht gegen eine eindeutige Rechtslage. Eine gefestigte oder höchstrichterliche Rechtsprechung dazu, dass ein psychologisch oder auch medizinisch zu Begutachtender eine Begleitung durch einen Beistand oder eine Tonaufzeichnung beanspruchen könne, gebe es bislang nicht.
In der Sache hat das OLG die Sachverständige angewiesen, bei den mit dem Kindesvater durchzuführenden Explorationsgesprächen die Anwesenheit einer vom Kindesvater mitgebrachten, sich an den Gesprächen nicht beteiligenden Begleitperson in angemessener Hörweite zuzulassen. Andernfalls habe ein zu Begutachtender keine Möglichkeit, gegenüber abstrakt immer denkbaren Wahrnehmungsfehlern des Sachverständigen effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Behaupte er nach dem Vorliegen des schriftlichen Gutachtens ein in diesem in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend dargestelltes Explorationsgespräch, werde sich der Sachverständige in der Regel auf die Richtigkeit seiner Aufzeichnungen berufen. Wenn dann nicht ausnahmsweise objektive Umstände deren Unrichtigkeit belegen würden, habe der Beteiligte ohne das Hinzuziehen einer später als Zeuge zur Verfügung stehenden Begleitperson keine Möglichkeit, die von ihm behauptete Unrichtigkeit zu beweisen. Gegenüber diesem wesentlichen Verfahrensgesichtspunkt müsse die Besorgnis einer etwaigen Beeinflussung des Untersuchungsgangs durch die bloße Anwesenheit einer Begleitperson hingenommen werden. Eine etwaige Beeinflussung könne der gerichtliche Sachverständige zudem in seinem Gutachten thematisieren. Das Gericht könne diesen Umstand dann bei seiner Entscheidung würdigen.
Die Begleitperson dürfe sich allerdings am Untersuchungsgespräch weder durch Fragen, Vorhalte oder sonstige Äußerungen beteiligen. Andernfalls wäre eine Störung oder Beeinflussung der medizinischen oder psychologischen Begutachtung zu befürchten. Die Rechte des zu Begutachtenden würden durch die Möglichkeit einer nachträglichen Stellungnahme gewahrt. Das OLG weist im Übrigen darauf hin, dass auch mit einer zwischen der Sachverständigen und dem Kindesvater vereinbarten Tonaufzeichnung der Weisung des Senats Genüge getan werde.
Die Entscheidung im Einzelnen lautet:
OLG Hamm, Beschluss vom 2.2.2015, erlassen am 03.02.2015, (Az.: 14 UF 135/14).
Sachverhalt:
Zugrunde liegt eine Beschwerde des Antragsgegners und Vaters gegen eine amtsgerichtliche Umgangsregelung. Der Senat hat Anhörungstermin anberaumt und dazu die psychologische Sachverständige, die in erster Instanz ein schriftliches Gutachten erstattet hatte, zur mündlichen Erläuterung und Ergänzung geladen. Zur Terminsvorbereitung hat die Sachverständige den Antragsgegner zu Explorationsgesprächen einbestellt. Der Antragsgegner wollte diese nur wahrnehmen, wenn ihm das Mitbringen einer Begleitperson gestattet oder Tonaufzeichnungen des Gespräches vorgenommen würden. Er hat zur Begründung angeführt, im erstinstanzlichen Verfahren sei eine Befangenheitsablehnung derselben Sachverständigen daran gescheitert, dass er eine von ihm behauptete unsachliche Äußerung der Sachverständigen nicht habe nachweisen können. Nachdem die Sachverständige die Anwesenheit einer Begleitperson und die Anfertigung einer Tonaufnahme verweigerte, lehnte der Antragsgegner sie erneut als befangen ab und beantragte hilfsweise ihre Ablösung durch einen anderen Sachverständigen.
Das Ablehnungsgesuch sowie der Hilfsantrag auf Entpflichtung der Sachverständigen hatten keinen Erfolg. Der Senat hat jedoch die Sachverständige angewiesen, die Anwesenheit einer sich an den Gesprächen nicht beteiligenden Begleitperson zu gestatten.
Gründe:
Das Ablehnungsgesuch ist gemäß § 406 ZPO i. V. m. §§ 30 Abs. 1, 6 Abs. 1 S. 1 FamFG zulässig, in der Sache aber nicht gerechtfertigt. Gründe, die geeignet sind, objektiv oder bei einer vernünftigen Betrachtung aus Beteiligtensicht Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Sachverständigen zu rechtfertigen , liegen nicht vor.
Der Antragsgegner begründet sein Ablehnungsgesuch damit, dass die Sachverständige eine Begleitung der Explorationsgespräche durch einen Beistand und/oder eine Tonaufzeichnung der Gespräche verweigert habe. Bedenken gegen die Unparteilichkeit der Sachverständigen können daraus jedoch nicht hergeleitet werden. Denn eine eindeutige Rechtslage im Sinne einer gefestigten oder gar höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass ein psychologisch oder auch medizinisch zu Begutachtender eine Begleitung durch einen Beistand oder eine Tonaufzeichnung beanspruchen könne, existiert bisher nicht. Soweit ersichtlich, ist bisher erst durch zwei obergerichtliche Entscheidungen, die auch vom Antragsgegner zitiert worden sind , ein Anspruch auf Anwesenheit einer Begleitperson anerkannt worden. Die weiter zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf und München betreffen dagegen bautechnische Gutachten, bei denen die Befugnis zur Hinzuziehung einer fachkundigen Begleitperson zu Ortsterminen ohnehin bereits allgemein anerkannt ist. Ferner hat die Sachverständige für ihre Weigerung eine Begründung angeführt, die erkennen lässt, dass es sich um ihre auf nachvollziehbare Gesichtspunkte gestützte fachliche Auffassung handelt, und nicht um eine bewusste Missachtung eines eindeutigen Verfahrensrechts eines Beteiligten.
In der Sache schließt sich der Senat allerdings den beiden oben zitierten Entscheidungen an. Ausschlaggebend ist dabei vor allem der Gesichtspunkt, dass ein medizinisch oder psychologisch zu begutachtender Beteiligter ansonsten keine Möglichkeit hätte, gegenüber abstrakt immer denkbaren Wahrnehmungsfehlern des Sachverständigen effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Behauptet er nach Vorliegen des Gutachtens, der dort wiedergegebene Hergang einer Untersuchung oder eines Explorationsgesprächs sei in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend, so wird sich der Sachverständige in der Regel darauf berufen, den Hergang nach seiner Überzeugung und Erinnerung richtig aufgezeichnet zu haben. Wenn die Unrichtigkeit der Wiedergabe dann nicht ausnahmsweise durch objektive Anhaltspunkte gestützt wird, hat der Beteiligte keine Möglichkeit, sie zu belegen und sich damit erfolgreich gegen ein ihm nachteiliges Gutachtenergebnis zu wenden. Die Hinzuziehung einer Begleitperson hingegen erlaubt es ihm in diesem Fall, mit Aussicht auf Erfolg einen Zeugenbeweis anzutreten. Gegenüber diesem wesentlichen Verfahrensgesichtspunkt muss die Besorgnis einer etwaigen Beeinflussung des Untersuchungsganges - speziell im psychiatrischen und psychologischen Bereich - durch die bloße Anwesenheit der Begleitperson in einer angemessenen Hörweite hingenommen werden. Falls der Sachverständige nach der Untersuchung zu der begründbaren Auffassung gelangen sollte, dass eine Beeinflussung erfolgt sei und das Untersuchungsergebnis deshalb eine geringere Aussagekraft habe als wenn es ohne Begleitperson gewonnen worden wäre, kann er dies in seinem Gutachten darlegen, ebenso wie er es tun müsste, wenn die Aussagekraft durch eine gänzliche Weigerung, sich begutachten zu lassen, oder durch sonstige fehlende Tatsachengrundlagen herabgesetzt wäre. Die Würdigung hätte dann letztlich das Gericht vorzunehmen.
Nicht zu gestatten ist hingegen einer mitgebrachten Begleitperson, sei es dem anwaltlichen Bevollmächtigten oder einem Privatgutachter, eine Beteiligung an dem Untersuchungsgespräch durch Fragen, Vorhalte oder sonstige Äußerungen. Hierdurch wäre bei einer medizinischen oder psychologischen Untersuchung, anders als z. B. bei einem baurechtlichen Ortstermin, eine erhebliche Störung der Untersuchung und auch Beeinflussung ihres Ergebnisses zu befürchten, wohingegen die Rechte des zu Begutachtenden in diesem Punkt durch die Möglichkeit nachträglicher schriftlicher Stellungnahmen und/oder einer mündlichen Befragung des Sachverständigen im Gerichtstermin hinreichend gewahrt sind.
Deshalb hat der Senat die Sachverständige zur Zulassung einer sich am Gespräch nicht beteiligenden Begleitperson angewiesen. Sofern sie allerdings noch zu einem Einvernehmen mit dem Antragsgegner darüber gelangen sollte, dass eine Tonaufzeichnung der Anwesenheit einer Begleitperson vorzuziehen ist, weil dies zu einer noch geringeren Beeinträchtigung des Explorationsergebnisses führt und die Begleitperson ohnehin kein Beteiligungsrecht hat, wäre der Weisung des Senats auch durch die Tonaufzeichnungsmöglichkeit Genüge getan.
Nicht gerechtfertigt ist eine Entpflichtung der Sachverständigen und die Einholung eines neuen Gutachtens mit der Begründung, dass bereits jetzt feststehe, dass das erst noch zu erstattende Gutachten wegen Verletzung der Sachverständigenpflichten ungenügend i. S. d. § 412 Abs. 1 ZPO sein werde. Denn auch wenn die Sachverständige bisher die Auffassung vertreten hat, die Anwesenheit einer Begleitperson sei wegen Beeinflussung der Explorationsgespräche nicht zu gestatten, ist damit nicht gesagt, dass sie sich auch der nunmehr ergangenen gerichtlichen Anweisung widersetzen und demzufolge ein ungenügendes Gutachten erstatten wird.
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Tenor
Auf die Beschwerde des Vaters und Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Bochum vom 30.6.2014 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Umgang des Antragsgegners mit den beiden betroffenen Kindern wird – mit Ausnahme von Kontakten durch Briefverkehr und sonstige schriftliche Fernkommunikationsmittel – für die Dauer von zwei Jahren ausgeschlossen.
Die gerichtlichen Kosten beider Instanzen haben die beteiligten Elternteile je zur Hälfte zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.000 € festgesetzt.
1
Gründe:
2Die zulässige Beschwerde führt in der Sache zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Abänderung.
31.
4Der angefochtene Beschluss konnte aus mehreren Gründen keinen Bestand haben.
5Zum einen ist das Amtsgericht von dem Votum der von ihm bestellten Sachverständigen Dipl.-Psych. A, dem Vater durch einen Umgangspfleger organisierte und begleitete Umgänge einzuräumen, zu dessen Lasten abgewichen, indem es lediglich briefliche Kontakte zugelassen hat. Dabei hat es nicht dargelegt, warum es selbst über die notwendige familienpsychologische Sachkunde verfüge, um die Abweichung zu begründen (vgl. BGH NJW 1997, 1446; BVerfG FamRZ 2009, 399, Juris-Rn. 52). Jedenfalls wegen dieser beabsichtigten Abweichung hätte es einer ergänzenden Befragung der Sachverständigen bedurft, beispielsweise im Rahmen einer mündlichen Anhörung im Termin, wie sie das Amtsgericht ursprünglich auch selbst beabsichtigt und durch die Terminsverfügung vom 21.3.2014 angeordnet hatte. Dass bei der Verlegung des zunächst anberaumten Termins die Umladung der Sachverständigen versehentlich unterblieben ist und die Sachverständige folglich in dem stattgefundenen Termin nicht anwesend war, konnte keinen Grund darstellen, die Sache nunmehr ohne ihre ergänzende Anhörung zu entscheiden.
6Zum zweiten hat das Amtsgericht den Ausschluss des persönlichen Umgangs zwischen dem Antragsgegner und den Kindern nicht mit einer Befristung versehen, was zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. BVerfG FamRZ 2013, 361, Juris-Rn. 34) indes grundsätzlich erforderlich ist, wenngleich es auch ausreichend sein kann, wenn ein Zeitraum, nach dem eine erneute Prüfung des Umgangsrechts begehrt werden kann, aus den Entscheidungsgründen erkennbar ist (vgl. BVerfG FamRZ 2006, 1005, Juris-Rn. 10; Palandt/Götz, BGB, 75. Aufl. 2016, Rn. 36 zu § 1684), hier ggf. aufgrund der Formulierung, „bei einem vernünftig ablaufenden brieflichen Kontakt“ könnten die Kinder in den nächsten 6 Monaten „durchaus wieder so weit Vertrauen“ zum Antragsgegner fassen, dass sodann die Möglichkeit von begleiteten Kontakten geprüft werden könne.
7Zum dritten schließlich fehlt es an einer Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen für die Einrichtung einer Umgangspflegschaft, nämlich einer dauerhaften oder wiederholten erheblichen Verletzung der Wohlverhaltenspflichten (§ 1684 Abs. 3 S. 3 i. V. m. Abs. 2 S. 1 BGB). Ob überdies durch den Umstand, dass der Umgangspfleger im vorliegenden Fall einen brieflichen Umgang überwachen sollte, das durch Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistete Briefgeheimnis berührt wäre, kann dahingestellt bleiben.
82.
9Nach dem Ergebnis der vom Senat ergänzten Beweisaufnahme ist die amtsgerichtliche Regelung allerdings durch eine Regelung zu ersetzen, durch die der Antragsgegner im Ergebnis stärker beschwert ist, nämlich durch einen Ausschluss des persönlichen Umgangs, der erst nach Ablauf von 2 Jahren einer erneuten Überprüfung zugänglich ist. Dies ist im vorliegenden Fall zulässig, weil im Umgangsverfahren von Amts wegen die nach materiellem Recht gebotene Regelung zu treffen ist, das Umgangsrecht dem Senat mit der Beschwerde auch in vollem Umfang angefallen ist, und schließlich, anders als in Familienstreitsachen (vgl. § 117 Abs. 2 i. V. m. § 528 ZPO), das Verschlechterungsverbot nicht gilt.
10Der Ausschluss des persönlichen Umgangs des Antragsgegners mit den betroffenen Kindern in Abänderung des Vergleichs vom 30.11.2010 beruht auf den §§ 1684 Abs. 4 S. 1, 2, § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB. Er ist zur Abwendung einer ansonsten eintretenden Kindeswohlgefährdung, d. h. einer Gefährdung der seelischen oder körperlichen Entwicklung (vgl. BVerfG FamRZ 2008, 494, Juris-Rn. 17 m. w. N.), und damit zugleich aus triftigen, das Wohl der Kinder nachhaltig berührenden Gründen erforderlich.
11Wie die im Termin mündlich ergänzten Ausführungen der psychologischen Sachverständigen X ergeben haben, besteht bei dem aktuell 14jährigen Kind bzw. Jugendlichen P ein seit Jahren beständiger Wille, keine persönlichen Kontakte mit dem Antragsgegner zu pflegen. Würden in dem für die Beurteilung maßgeblichen jetzigen Zeitpunkt entgegen diesem Willen Umgangskontakte gleich welchen Umfangs angeordnet, wären bei P gravierende psychische Schädigungen bin hin zu einem Zusammenbruch die Folge. Bezüglich des aktuell 11jährigen Kindes M, die ebenfalls persönliche Kontakte mit dem Antragsgegner ablehnt, hat die Sachverständige zunächst ausgeführt, sie könne die durch die Anordnung solcher Kontakte zu erwartenden schädigenden Folgen nicht sicher angeben. Auf Nachfrage des Senats vermochte sie jedoch eine Wahrscheinlichkeit im Bereich von etwa 50 % dafür zu benennen, dass ein über die Pubertätszeit und damit über mehrere Jahre anhaltendes aggressives Verhalten die Folge sein könne. Angesichts der Schwere einer derartigen Folge muss auch dieser Wahrscheinlichkeitsgrad als hinreichende Gefahr für die seelische Entwicklung des Kindes angesehen werden, zumal bereits die Missachtung des ernsthaft geäußerten Willens in einem Alter von 11 Jahren als solche eine negative Beeinflussung des Kindeswohls darstellt. Dass ein ernsthafter, autonomer und stabiler, den Umgang ablehnender Kindeswille einen hinreichend gewichtigen Grund für einen Umgangsausschluss darstellen kann, ist auch verfassungsgerichtlich anerkannt (vgl. BVerfG FamRZ 2013, 361, Juris-Rn. 31).
12Mildere Maßnahmen als einen persönlichen Umgangsausschluss, durch den die genannten Gefahren vermieden werden könnten, konnte die Sachverständige nicht benennen. Sie hielt zwar eine Mediation oder alternativ eine Familientherapie, die der Anbahnung von Umgangskontakten vorzuschalten wären, für aussichtsreich, um bei den Eltern und insbesondere dem umgangsberechtigten Vater Verhaltensänderungen zu bewirken, die sodann in einem zweiten Schritt eine behutsame Umgangsanbahnung ohne Schäden ermöglichen könnten. Bei beiden Maßnahmen handelt es jedoch nicht um Hilfen, die im Wege einer familiengerichtlichen Entscheidung angeordnet werden können. Bei einer zwangsweise angeordneten therapeutischen Maßnahme würde es sich um einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht handeln (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 179, Juris-Rn. 13 ff.); die zwangsweise Anordnung einer Mediation würde die allgemeine Handlungsfreiheit beeinträchtigen, ist aber jedenfalls im Umkehrschluss aus § 156 Abs. 1 S. 3 FamFG, wonach lediglich die Teilnahme an einem einmaligen Informationsgespräch über Mediation o. ä. angeordnet werden kann, unzulässig.
13Soweit die Sachverständige noch in ihrem schriftlichen Gutachten jedenfalls in Bezug auf P ausdrücklich ausgeführt hatte, ein vollständiger Umgangsausschluss sei dem Kindeswohl nicht dienlich, ist dies vor dem Hintergrund der als realistisch erachteten Alternative zu sehen, ihn durch eine vorherige Veränderung der Situation, eben durch eine Mediation oder ähnliches, vermeiden zu können. Nachdem der Sachverständigen dann aber im Termin die rechtliche Situation vorgegeben worden war, die eine Anordnung solcher Maßnahmen nicht zulässt, hat auch sie für den Jetztzeitpunkt die Anordnung von Umgängen wegen der zu befürchtenden Schäden für nicht vertretbar gehalten, was in der Sache die Notwendigkeit eines Ausschlusses bedeutet. Dabei ist ihren Ausführungen in dem schriftlichen Gutachten zugleich zu entnehmen, dass sie sich der damit verbundenen Nachteile für die Vater-Kind-Beziehung selbstverständlich bewusst war. Auch aus der Sicht des Senats ist es aber ohne weiteres nachvollziehbar und selbstverständlich, dass diese Nachteile gegenüber der Gefahr einer jahrelangen Verhaltensauffälligkeit (bei M) oder gar einer mit Gewissheit zu erwartenden schweren psychischen Schädigung bis hin zum Zusammenbruch (bei P) als das kleinere Übel hinzunehmen sind.
14Die Ernsthaftigkeit der Ablehnung von Kontakten durch die Kinder wird durch die Ausführungen in dem schriftlichen Gutachten, insbesondere auch durch die Wiedergabe der Telefonkontakte und der Verhaltensweisen der Kinder im Zusammenhang hiermit (S. 31-33 des Gutachtens), unterstrichen. Die Sachverständige hat im Termin zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass weitergehende Kontaktbeobachtungen, nämlich in Gestalt von unmittelbar persönlichen Zusammentreffen, gerade an der ernsthaft ablehnenden Haltung der Kinder gescheitert seien, wobei sie solche Zusammentreffen an verschiedenen Orten vorgeschlagen habe.
15Auch eine nachvollziehbare Motivation für die ablehnende Haltung der Kinder ergibt sich aus dem Sachverständigengutachten, nämlich die Beiträge des Verhaltens des Antragsgegners zu dem erheblichen Konfliktverhältnis zwischen den Eltern, welches die Kinder seit der Trennung und damit inzwischen über mehrere Jahre hinweg miterleben müssen. Der Antragsgegner müsse „noch lernen, dass aus seiner Sicht vernünftiges und für ihn begründetes Verhalten bei seinen Kindern einen anderen, eher negativen Stellenwert hat“ (S. 34 des Gutachtens). Dieses Verhalten des Antragsgegners bedürfe der Veränderung (S. 37 des Gutachtens). Dass die Verhaltensweisen und Äußerungen des Antragsgegners bei den Empfängern bzw. betroffenen Personen vielfach als negativ und herabsetzend empfunden werden, ist für den Senat nach dem Akteninhalt, aber auch nach seinem persönlichen Eindruck im Termin ohne weiteres nachvollziehbar. So verwendete er im Rahmen seiner Anhörung einmal zur Beschreibung des Umstandes, dass die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der Antragstellerin haben, den völlig unangemessenen Ausdruck, dass sie dort „gehalten“ würden, was nicht nur den Senatsmitgliedern, sondern auch der Sachverständigen unmittelbar negativ aufgefallen ist.
16Hingegen haben sich Anhaltspunkte dafür, dass die ablehnende Haltung der Kinder gegenüber dem Antragsgegner auf einer Beeinflussung durch die Antragstellerin beruhen und damit nicht autonom ist, nicht ergeben. Die Sachverständige hat die Antragstellerin im Gegenteil als sehr unterstützend und positiv auf die Kinder einwirkend beschrieben. Soweit der Antragsgegner im Zusammenhang mit behaupteten Beeinflussungen eine mangelnde Bindungstoleranz der Antragstellerin aufzeigen will, wäre eine solche für die Entscheidung ohnehin unerheblich, weil es nicht um eine sorgerechtliche Frage geht, sondern lediglich um sein Umgangsrecht. Dieses könnte von vornherein nicht als „Sanktion“ für eine etwaige Bindungsintoleranz des betreuenden Elternteiles eingeräumt oder erweitert werden, weil es sich hierbei nicht um ein Kindeswohlkriterium handeln würde.
17Dass die Ablehnung von persönlichen Umgangskontakten durch beide Kinder in dem ca. halbjährigen Zeitraum seit der Begutachtung nicht mehr oder nicht mehr in der Ernsthaftigkeit vorhanden sei, vermochte die Sachverständige z. B. aus der vom Vater vorgelegten E-Mail Ps vom 7.1.2016 nicht herzuleiten, auch wenn sie diese als positiv bewertete. Das ist auch nachvollziehbar, weil die Bereitschaft zu schriftlicher Kommunikation nicht auf eine Bereitschaft zu persönlichen Kontakten schließen lässt. Der Senat hat schließlich in der persönlichen Anhörung der Kinder am Terminstag selbst den übereinstimmenden Eindruck gewonnen, dass sich an der ablehnenden Haltung der Kinder und deren Ernsthaftigkeit nichts geändert hat. Dass ein gewisser Zeitraum zwischen der letzten Exploration durch einen Sachverständigen und der gerichtlichen Entscheidung liegt, ist im übrigen unvermeidbar, weil das Gutachten gefertigt, dem Gericht übersandt, durch dieses durchgearbeitet, ein Verhandlungstermin angesetzt und schließlich das rechtliche Gehör der Beteiligten durch die Gewährung von Stellungnahmefristen gewahrt werden muss. Eine tagesaktuelle sachverständige Beurteilung ist daher niemals möglich.
18Die in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 9.2.2016 enthaltenen Ausführungen einschließlich der privatgutachterlichen Stellungnahme der Diplom-Psychologin L hat der Senat vollumfänglich zur Kenntnis genommen; sie veranlassen ihn jedoch nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Die dort erhobenen Einwände gegen einen Umgangsausschluss waren sämtlich bereits Gegenstand der Erörterung mit der Sachverständigen im Termin, deren Ergebnis in Verbindung mit den übrigen getroffenen Feststellungen zu der obigen Beurteilung durch den Senat geführt hat. Angesichts dessen vermag die abweichende Wertung der Privatgutachterin, wonach die mit einem Umgangsausschluss verbundenen Nachteile schwerer wögen als die mit angeordneten Umgangskontakten verbundenen Auswirkungen, den Senat nicht zu überzeugen. Insbesondere die Einschätzung der Sachverständigen bezüglich der Autonomie und Ernsthaftigkeit des Umgangskontakte ablehnenden Kindeswillens sowie ihre Prognose bezüglich der bei den Kindern zu befürchtenden Schäden, welche jeweils auf eigenen Untersuchungen und Eindrücken beruhen, wird durch die privatgutachterliche Stellungnahme, der solche Untersuchungen und Eindrücke nicht zugrundeliegen, nicht erschüttert.
19Zur Dauer des notwendigen Umgangsausschlusses konnte die Sachverständige auf Befragen keine näheren Angaben machen. Da es für die Aussicht, dass es in Zukunft doch durch eine Mediation oder Therapie zu einer Situationsveränderung kommt, an dem erforderlichen Einvernehmen der Elternteile fehlt, kann eine solche Veränderung auch nicht prognostiziert werden. Um außerdem die Kinder der mit dem Umgangsrechtsverfahren – neben dem ebenfalls stattgefundenen Sorgerechtsverfahren – verbundenen Unsicherheit möglichst nicht schon bald erneut auszusetzen, hält der Senat eine Befristung des Umgangsausschlusses von 2 Jahren für geboten, angemessen und auch verhältnismäßig.
20Dass der Umgangsausschluss nur persönliche Zusammentreffen sowie Telefonkontakte betrifft, nicht hingegen auch schriftliche Kontakte, ergibt sich aus dem bereits jetzigen problemlosen Stattfinden solcher Kontakte, das eine Kindeswohlgefährdung ausschließt.
21Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG. Insbesondere ist nicht aufgrund des Umstandes, dass die Beschwerde im Ergebnis sogar zu einer Verschlechterung für den Antragsteller geführt hat, eine volle Auferlegung der Kosten auf ihn geboten. Die Voraussetzungen der Regelbeispiele des § 81 Abs. 2 FamFG oder ein diesen vergleichbarer Fall liegen nicht vor. Die Beschwerde hatte aus den oben unter 1. dargelegten Erwägungen durchaus Aussicht auf Erfolg. Das letztendliche Ergebnis beruhte auf der erst in der Beschwerdeinstanz abgeschlossenen Beweisaufnahme. Andererseits ist auch keine Niederschlagung der für die ursprüngliche Sachverständige Dipl.-Psych. A angefallenen Auslagen gemäß § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG geboten. Die erstinstanzliche Tätigkeit der Sachverständigen A war entgegen der Auffassung des Antragsgegners beanstandungsfrei. In zweiter Instanz hat die Sachverständige zwar ihre Entpflichtung durch ihre Weigerung, bei einer ergänzenden Exploration des Antragsgegners eine Begleitperson zuzulassen, selbst verursacht. Dass sie zur Zulassung einer Begleitperson verpflichtet gewesen wäre, ist jedoch erst durch den Senatsbeschluss vom 3.2.2015 verbindlich festgestellt worden, nachdem zuvor, wie bereits in diesem Beschluss ausgeführt wurde, die Rechtslage hierzu nicht eindeutig gewesen war. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits vorbereitende Tätigkeiten auf den ursprünglich anberaumten Senatstermin vom 26.1.2015 bzw. 4.5.2015 entfaltet, über die sie am 7.7.2015 abgerechnet hat. Die Vergütung hierfür war ihr nicht gemäß § 8a Abs. 2 JVEG wegen Unverwertbarkeit zu versagen. Zwar hat sie ihre Leistung im Ergebnis nicht vollständig erbracht; zu der Verhängung von Ordnungsgeldern, wie es nach § 8a Abs. 2 Nr. 4 JVEG Voraussetzung für eine Nichtvergütung gewesen wäre, ist es jedoch nicht gekommen. Wie bereits im Beschluss vom 30.3.2015 ausgeführt, hat der Senat aus sachlichen Gründen von einer zwangsweisen Durchsetzung der Gutachtenerstattung durch die Sachverständige A bewusst abgesehen.
22Die Wertfestsetzung beruht im Hinblick auf die außergewöhnliche Schwierigkeit des Verfahrens, die auch zu Beginn der Beschwerdeinstanz bereits absehbar war, auf § 45 Abs. 3 FamFG.
23Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.
(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.
(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.
(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.
(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Das Gericht entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob es die entscheidungserheblichen Tatsachen durch eine förmliche Beweisaufnahme entsprechend der Zivilprozessordnung feststellt.
(2) Eine förmliche Beweisaufnahme hat stattzufinden, wenn es in diesem Gesetz vorgesehen ist.
(3) Eine förmliche Beweisaufnahme über die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung soll stattfinden, wenn das Gericht seine Entscheidung maßgeblich auf die Feststellung dieser Tatsache stützen will und die Richtigkeit von einem Beteiligten ausdrücklich bestritten wird.
(4) Den Beteiligten ist Gelegenheit zu geben, zum Ergebnis einer förmlichen Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, soweit dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich ist.
(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.
(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.