Räum-und Streupflicht: Aufstellen eines „Schneeräumplans“ genügt nicht
So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Die Richter bestätigten zwar, dass der verkehrssicherungspflichtige Eigentümer und Vermieter die ihm obliegende Räum- und Streupflicht auf die Mieter eines Mehrfamilienhauses übertragen könne. Seine Pflichten würden sich dann auf Kontroll- und Überwachungspflichten verkürzen. Voraussetzung hierfür sei jedoch eine klare und eindeutige Vereinbarung, die eine Ausschaltung von Gefahren zuverlässig sicherstelle. Das bloße Aufstellen und Einwerfen eines sogenannten „Schneeräumplans“ in die Briefkästen der Mieter reiche aber insoweit nicht aus (OLG Hamm, 9 U 38/12).
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Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 16. Januar 2012 – Az.: 3 O 1176/11 – abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin
a) 1.529,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. Juni 2011;
b) 3.555,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. August 2011 sowie
c) 360,22 Euro seit 28. August 2011
zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Kosten der ersten Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zu 3/5 und der Beklagten zu 2/5 zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Entscheidungsgründe
B.
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Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). In der Sache hat sie zumindest teilweise Erfolg und führt zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung, soweit diese auf einer entscheidungserheblichen Rechtsverletzung nach §§ 513, 546 ZPO beruht. Die Klägerin kann Miete für den Zeitraum vom 1. bis 14.07.2011 (dazu I.), Schadensersatz für die Zeit vom 15.07. bis 31.08.2011 (dazu II.) sowie Nebenkosten für das Jahr 2009 (dazu III.) verlangen, nicht jedoch die Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die Betriebspflicht in der Zeit vom 20.06. bis 14.07.2011 (dazu IV.).
I.
- 3
Die Beklagte ist nach § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, die Miete für ihr Lokal im Einkaufspark H. für die Zeit vom 01. bis 14.07.2011 in Höhe von 1.529,50 Euro zu zahlen.
- 4
1. Die Parteien waren durch einen Mietvertrag miteinander verbunden. Die ursprünglich zwischen der C. und der Beklagten geschlossene Vereinbarung vom 27./28.10.2006 (Anlage K 1) ist durch die trilaterale erste Nachtragsvereinbarung (Anlage K 2) auf die E. KG übertragen worden, die identitätswahrend auf den Namen der Klägerin umfirmiert hat.
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2. Der Mietvertrag ist nicht bereits durch die ordentliche Kündigung der Beklagten zum 30.06.2012 beendet worden. Denn diese Erklärung war nach § 542 Abs. 2 BGB (dazu a) sowie nach § 242 BGB (dazu b) unwirksam.
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a) Aus § 542 Abs. 2 BGB folgt, dass befristete Mietverhältnisse nicht ordentlich gekündigt werden können. Weil der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag nach § 3 Nr. 1 bis zum 31.12.2011 befristet war, konnte die Beklagte ihn nur aus wichtigem Grund vorzeitig beenden. Die in § 3 Nr. 1 des Mietvertrages vorgesehene Befristung ist durch die mündliche Vereinbarung vom 11.02.2009 über die Ermäßigung der Miete von 2.296,00 Euro auf 1.500,00 Euro nicht gegenstandslos geworden. Zwar sieht der gesetzliche Formzwang nach §§ 550, 578 BGB vor, dass wesentliche Änderungen eines schriftlichen Vertrages, die lediglich mündlich erfolgen und für länger als ein Jahr Geltung haben sollen, dazu führen, dass der ursprünglich formgerechte Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen anzusehen ist (vgl. Palandt, BGB, 71. Aufl., § 550 Rn. 18 m.w.N.) und sich demgemäß auch ordentlich kündigen lässt. Allerdings ist die mündliche Vereinbarung der Parteien vom 11.02.2009 wegen Verstoßes gegen die qualifizierte Schriftformklausel in § 31 Nr. 5 des Mietvertrages nicht wirksam geworden und konnte daher die in §§ 550, 578 BGB vorgesehenen Rechtsfolgen nicht auslösen. Anders als die einfache vertragliche Schriftform, die durch mündliche Vereinbarung konkludent abbedungen werden kann, ist dies bei einer qualifizierten Schriftformklausel, die also auch für den Formwechsel eine schriftliche Fixierung verlangt, nicht möglich (vgl. Palandt, BGB, 71. Aufl., § 125 Rn. 19). Die mündliche Vereinbarung vom 11.02.2009 war daher nach § 125 Satz 2 BGB nichtig. Aspekte, die gegen die gesetzliche Auslegungsregel („im Zweifel“) sprechen, sind nicht ersichtlich.
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b) Die Beklagte ist auch nach Treu und Glauben daran gehindert, sich auf einen Formmangel der Vereinbarung vom 11.02.2009 und die daraus folgende ordentliche Kündbarkeit des Mietverhältnisses zu berufen. Zwar verstößt es grundsätzlich nicht gegen § 242 BGB, aus der Formunwirksamkeit eines Geschäftes Einwendungen herzuleiten. Die Vorschrift darf ferner nicht dazu benutzt werden, einen Streitfall nach allgemeinen Billigkeitserwägungen zu entscheiden. Allerdings ist der Rückgriff auf Treu und Glauben immer dann möglich, wenn – wie hier – besondere Fallgruppen vorliegen, die durch die Rechtsprechung konkretisiert und damit anerkannt sind.
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Haben die Parteien für den Fall eines Mangels die Nachholung der Form vereinbart, greifen die in § 550 BGB vorgesehenen Rechtsfolgen nicht ein (vgl. OLG Düsseldorf, NZM 2005, 147; OLG Köln, GuT 2006, 14; Wichert, ZMR 2006, 259; Jud, NZM 2006, 913; Timme/Hülk, NZM 2008, 774). In einer solchen Konstellation wäre der Gegner berechtigt, die andere Partei auf Abschluss eines schriftlichen Vertrages zu verklagen. Ein derartiger Anspruch macht die auf den bisher vorliegenden Formmangel gestützte Kündigung des Gegners treuwidrig (vgl. BGH, MDR 1964, 229; OLG München, NJW-RR 1996, 1223). Die Treuwidrigkeit folgt daraus, dass derjenige, der den Formmangel für sich in Anspruch nimmt, etwas verlangt, was er sofort wieder herausgeben müsste (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est).
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Im Streitfall haben die Parteien in § 5 der ersten Nachtragsvereinbarung Folgendes vereinbart:
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„Den Parteien ist das Schriftformerfordernis nach §§ 550, 526 BGB bekannt. Die Parteien wollen dieses Schriftformerfordernis jetzt und in Zukunft erfüllen. Dies gilt sowohl für den Ursprungsvertrag als auch für sämtliche Änderungs- und Ergänzungsvereinbarungen. […] Sie verpflichten sich, auf Anfordern einer Partei etwaige Schriftformmängel unverzüglich zu beheben.“
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Die Beklagte nimmt also die Konsequenzen einer – hier nicht wirksamen – mündlichen Vertragsänderung für sich in Anspruch, obwohl sie verpflichtet ist, den sie begünstigenden Mangel zu beheben.
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Die Berufung wegen einem Formmangel ist ferner treuwidrig, wenn eine Partei auf die vereinbarte Einhaltung der Schriftform verzichtet hat (vgl. KG, DWW 2003, 262 und NJW-RR 2007, 805; kritisch Leo, NZM 2006, 815).
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Im vorliegenden Fall enthält der Vertrag nicht nur eine qualifizierte Schriftformklausel (§ 31 Nr. 5 Mietvertrag), sondern die Beklagte hat auch individualvertraglich auf eine vorzeitige Kündigung infolge Schriftformmangels verzichtet (§ 5 Nachtragsvereinbarung).
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Schließlich ist es einer Partei verwehrt, sich auf einen Formmangel zu berufen, wenn sie zuvor längerer Zeit besondere Vorteile aus dem Vertrag gezogen hat (vgl. BGH, NJW 2004, 113 m.w.N.) oder durch eine nicht formgerechte Vertragsänderung begünstigt wird (vgl. BGHZ 65, 49; NJW 2007, 288; NJW 2008, 365; OLG Koblenz, NZM 2002, 293; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2003, 945; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2004, 373). Denn es widerspricht dem Anstands- und Billigkeitsgefühl, wenn eine Partei aus einer allein ihr vorteilhaften Abrede, die der vertraglich vorgeschriebenen Schriftform ermangelt, den weiteren Vorteil ziehen will, sich von dem ihr inzwischen lästig gewordenen Mietvertrag ganz zu lösen, obwohl die Formvorschrift, aus der sie dieses Recht ableitet, jedenfalls nach ihrem ursprünglichen Zweck nicht ihren, sondern den Schutz eines Dritten, nämlich eines etwaigen Erwerbers des Mietgrundstücks im Auge hat.
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Im vorliegenden Fall ist die mündliche Preisanpassung vom 11.02.2009 auf Initiative und allein im Interesse der Beklagten erfolgt, weil sich die von ihr zu erbringende Gegenleistung (Miete) dadurch um ca. ein Drittel reduzierte. Es wäre treuwidrig, wenn sie das Entgegenkommen der Klägerin nunmehr dazu nutzt, um sich ganz von dem Vertrag zu lösen.
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3. Weil der Mietvertrag durch die außerordentliche Kündigung der Klägerin vom 14.07.2011 nach §§ 543 BGB, 20 Nr. 2 a Mietvertrag beendet worden ist, kann die Klägerin ihren vertraglichen Primäranspruch nur bis zu diesem Zeitpunkt geltend machen. Die Monatsmiete kann ihr daher nur pro rata temporis, jedoch gewiss nicht „aus Praktikabilitätsgründen“ für den gesamten Monat Juli zugesprochen werden. Berechnungsgrundlage ist die Nettomiete zuzüglich Umsatzsteuer sowie – da die Abrechnungsreife noch nicht eingetreten ist – auch die Nebenkostenvorauszahlung. Damit ergibt sich ein Betrag von 1.529,50 Euro (14/31 von 3.386,74 Euro), die gem. §§ 280, 286 BGB seit Eintritt des Verzuges zu verzinsen sind.
II.
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Die Klägerin kann nach §§ 280, 281, 314 Abs. 4 BGB Schadensersatz für die ihr entgangene Miete im Zeitraum vom 15.07. bis 31.08.2011 verlangen. Nach diesen Vorschriften haftet, wer seine vertraglichen Pflichten trotz Fristsetzung schuldhaft nicht erfüllt.
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1. Die Parteien waren durch einen Mietvertrag miteinander verbunden (vgl. oben I.1.).
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2. Die Beklagte hat sowohl durch ihre unwirksame ordentliche Kündigung zum 30.06.2011 (dazu a) als auch durch die Schließung ihres Ladenlokals zum 20.06.2011 gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen (dazu b).
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a) Die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses durch die Beklagte war nicht wirksam (vgl. oben I. 2.). Eine unwirksame Kündigung stellt eine Verletzung von Vertragspflichten dar (vgl. Palandt, BGB, 71. Aufl., § 280 Rn. 26).
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b) Die Schließung des Ladenlokals zum 20.06.2011 verstieß gegen die Betriebspflicht nach § 23 des Mietvertrages. Solche Klauseln können auch formularmäßig wirksam vereinbart werden (vgl. BGH, ZMR 1992, 292, 294). Einschränkungen ergeben sich zwar, wenn der Mieter daran gehindert wird, eine vorübergehende Betriebseinstellung wegen Betriebsferien, branchenüblichen Ruhetagen, Inventur oder zur Durchführung erforderlicher Schönheitsreparaturen vorzunehmen. Hiervon sind aber Ausnahmen zuzulassen, wenn die Pflicht zur dauerhaften Öffnung des Betriebs branchentypisch ist bzw. der Verkehrssitte entspricht. Dies gilt insbesondere beim Betrieb eines Einkaufszentrums, der bei den Kunden regelmäßig eine durchgehende Öffnung suggeriert (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl., § 535 Rn. 222 m.w.N.; Senat, NZM 2008, 772 – Mittagspause im Lebensmittel-Discounter).
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Im vorliegenden Fall betrieb die Beklage ein Fastfood-Restaurant nach dem Franchise-System (vg. § 2 Nr. 1 Mietvertrag). In solchen Lokalen erwartet der angesprochene Verkehrskreis – anders als etwa bei familiengeführten Gastronomiebetrieben – eine durchgehende Öffnung, weil sie vom Franchisegeber in der Regel vorgegeben wird.
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3. Das Verschulden der Beklagten wird nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Sie hat es nicht vermocht, sich zu entlasten.
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4. Auch wenn die Klägerin sich mit ihrer außerordentlichen Kündigung selbst die Grundlage für einen vertraglichen Primäranspruch nach dem 14.07.2011 entzogen hat, kann sie nach § 314 Abs. 4 BGB Schadensersatz verlangen, allerdings nur bis zum Termin der nächstmöglichen ordentlichen Kündigung (vgl. BGHZ 95, 49, 60), hier also bis zum 31.12.2011. Der Schaden beschränkt sich der Höhe nach allerdings auf die Nettomiete. Dass ohne Nutzung überhaupt ein Verbrauch stattgefunden hat, ist nicht näher dargelegt. Auf die Miete ist aber auch keine Umsatzsteuer zu entrichten, weil der Schadensersatz infolge einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht steuerbar ist (vgl. Bunjes/Geist, UStG, 9. Aufl., § 1 Rn. 28 und Rn. 30 Stichwort: „Leasingentschädigung“). Die Ersatzpflicht stellt nämlich – anders etwa als die Nutzungsentschädigung nach § 546 a BGB oder als die vorzeitige Entlassung aus dem Mietvertrag gegen Entschädigung – keinen Gegenwert für eine Leistung dar.
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Die Ansprüche der Klägerin errechnen sich somit wie folgt:
- 26
Zeitraum
Betrag in €
15.-31.07.2011 (17/31 x 2.296,00 €)
1.259,10
01.-31.08.2011
2.296,00
Summe
3.555,10
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5. Der Ersatzanspruch der Klägerin ist nicht wegen Mitverschuldens nach § 254 BGB gemindert. Zwar ist ein Vermieter gehalten, den Schaden durch anderweitige Vermietung gering zu halten (vgl. Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., Rn. XII 200). Allerdings hatte die Beklagte einen Nachmieter für ihr Ladenlokal zu einem früheren Zeitpunkt ins Spiel gebracht, nicht aber nach der wirksamen Kündigung vom 14.07.2011. Im Übrigen musste sich die Klägerin nicht auf jeden Nachmieter einlassen. Dabei kann offen bleiben, ob sie sich auf den (von ihr nicht näher dargelegten) Branchenmix berufen kann. Jedenfalls war es ihr nicht zumutbar, mit der „S. GmbH & Co. KG P.“ ein Dauerschuldverhältnis einzugehen, weil sie mit diesem Unternehmen bereits im Streit liegt. Vor dem Landgericht Halle ist zum Aktenzeichen 3 O 1074/11 eine Klage anhängig.
III.
- 29
Die Beklagte ist nach § 7 des Mietvertrages verpflichtet, die Nebenkosten für das Jahr 2009 zu tragen. Die Beträge von 127,28 Euro (Abrechnung als Anlage K 8) sowie von weiteren 232,94 Euro (Nachtrag als Anlage K 9) sind unstreitig und ab Eintritt der Rechtshängigkeit nach §§ 288, 291 BGB zu verzinsen.
IV.
- 30
Das angefochtene Urteil war indes abzuändern, soweit es die Vertragsstrafe betrifft. Die Klägerin kann einen Anspruch weder aus § 23 Nr. 1 des Mietvertrages noch aus anderem Rechtsgrund herleiten. Zwar hat die Beklagte gegen die von ihr übernommene Verpflichtung, ihr Lokal während der vorgegebenen Geschäftszeiten durchgängig zu öffnen, in der Zeit vom 20.06.2011 bis 14.07.2011 verstoßen. Aber auch wenn die Betriebspflicht als solche wirksam vereinbart werden konnte (vgl. oben II. 2.), ist die in § 23 Nr. 1 am Ende des Mietvertrages vorgesehene Klausel unwirksam, in der es heißt:
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„Kommt die Mieterin ihrer Betriebspflicht nicht nach, so hat sie für jeden Tag des Verstoßes eine Vertragsstrafe in Höhe von 10 % der Monatsmiete an die Vermieterin zu zahlen.“
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Klauseln, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, unterliegen nach §§ 310 Abs. 1, 307 Abs. 1 BGB der Kontrolle, ob sie den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen. Es besteht eine Vermutung dafür, dass der Mietvertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin darstellt, weil sie ein mit den Bankdaten der Klägerin vorgefertigten Text enthalten (vgl. § 5 Nr. 4 Mietvertrag), weil, einzelne – auf das vermietete Ladenlokal offensichtlich nicht zutreffende – Passagen ausgelassen werden (vgl. §§ 5 Nr. 9 und 10; 7 Nr. 5 e) und weil das Einkaufszentrum mehrere, zweckmäßigerweise zu gleichen Bedingungen zu vermietende Lokale enthält. Die Parteien unterstellen jedenfalls beim Mietvertrag, dass es sich um AGB der Klägerin handelt, während die Nachtragsvereinbarung eine Individualvereinbarung sei.
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Die Strafklausel hält einer richterlichen Inhaltskontrolle nicht statt. Von einer unangemessen hoch angesetzten Strafe, die nach § 307 Abs. 1 BGB die Unwirksamkeit zur Folge hat, ist auszugehen, wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und zu dessen Folgen für den Vertragspartner steht (vgl. BGH, ZIP 1998, 1049; ZIP 1997, 1240). Um dies bewerten zu können, muss man sich die zwei Funktionen vor Augen führen, die der Vertragsstrafe zukommen: Einerseits soll sie als Druckmittel dienen und den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung der versprochenen Leistung anhalten (dazu 1.). Andererseits eröffnet sie dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung ohne Einzelnachweis (dazu 2.). Die zu Lasten der Beklagten vorgesehene Strafe ist so hoch, dass sie für die Sicherstellung der beiden berechtigten Anliegen der Klägerin nicht erforderlich und daher unwirksam ist.
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1. Eine Vertragsstrafe soll eine Partei dazu anhalten, ihren Pflichten nachzukommen. Diese Funktion kann sie erfüllen, wenn mit einer Pflichtverletzung wesentliche Einbußen verbunden sind.
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Bei der zulässigen Höhe der Vertragsstrafe muss allerdings berücksichtigt werden, welche Gefahr einer Pflichtverletzung ex ante besteht. Für Gewerbetreibende stellt die Miete in der Regel einen nicht unerheblichen Teil ihrer Werbungskosten dar. Es liegt daher in ihrem Eigeninteresse, ein angemietetes Lokal auch tatsächlich zu betreiben. Denn die Mietkosten fallen nach § 537 BGB unabhängig davon an, ob das Lokal genutzt wird oder nicht. Wegen dieser typischerweise gleichgerichteten Interessen der Parteien des Mietverhältnisses besteht eine nur eingeschränkte Notwendigkeit, auf die Einhaltung der Vertragspflichten überhaupt hinzuwirken. Hier liegt ein bedeutsamer Unterschied zu Vertragsstrafen, die etwa in der Bauwirtschaft üblich sind. Auch wenn sein Werklohn erst bei Abnahme fällig wird, hat ein Unternehmer oft ein Interesse daran, sich mit der Bauausführung mehr Zeit zu lassen (z.B. wegen Einsatzes von Maschinen und Personal auf einer anderen Baustelle). Der Bauherr will das zu errichtende Werk hingegen möglichst schnell nutzen. Wegen dieser Interessenkollision besteht ein besonderes Interesse an Konventionalstrafen, die daher auch höher ausfallen dürfen.
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Die Klägerin erzielt ihre Einnahmen primär damit, dass sie Räumlichkeiten gegen Entgelt überlässt. Eine dauerhafte Gewährleistung des Betriebs stellt nur eine Nebenpflicht der Beklagten dar, welche die Attraktivität des Standorts sicherstellen soll. Sie steht aber nicht im Synallagma (Gegenseitigkeitsverhältnis). Es erscheint unangemessen, wenn die Verletzung einer bloßen Nebenpflicht mit einer Strafe belegt wird, die deutlich höher ist, als das eigentliche Leistungsinteresse. Geht man nämlich von bis zu 25 Werktagen (einschließlich Samstagen) im Monat aus, müsste die Beklagte neben der eigentlichen Miete das 2,5-fache der Miete als Strafe zahlen. Bei der Frage, in welchem Verhältnis die Sanktion zum eigentlichen Leistungsinteresse stehen darf, kann der Rechtsgedanken der laesio enormis einen Anhaltspunkt bieten: Nach § 934 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches von 1811 konnte ein Verkäufer die Wandlung verlangen, wenn der objektive Wert der Sache mehr als das Doppelte des Kaufpreises betrug. Diese Vorschrift gibt es im geltenden Recht nicht mehr. Der Rechtsgedanke der laesio enormis, wonach eine Zumutbarkeitsgrenze erreicht ist, wenn etwas das Doppelte des eigentlichen Werts kostet, lebt aber fort und findet auch in der aktuellen Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB ihren Niederschlag (vgl. Palandt, BGB, 71. Aufl., § 138 Rn. 34 a). Bei der Bewertung, welche Strafe noch zumutbar ist, hat das Oberlandesgericht Rostock einen vergleichbaren, wenngleich etwas großzügigeren Maßstab angelegt. Danach soll eine Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die Betriebspflicht noch wirksam sein, die das 1,25-fache der Monatsmiete betrug (vgl. NZM 2004, 461). Entspricht die Strafe aber – wie hier – 2,5 Mieten, ist die Grenze der Zumutbarkeit überschritten.
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2. Die Vertragsstrafe soll auch der Erleichterung des Schadensersatzes ohne Nachweis im Einzelfall dienen. Diese Funktion hat vorliegend eine besondere Bedeutung. Denn es liegt auf der Hand, dass der Betreiber eines Einkaufszentrums durch Leerstand Nachteile erleidet. Sein Objekt wird entwertet, weil das Interesse der Kundschaft und damit auch anderer Mietinteressenten abnimmt und eine Verwahrlosung droht. Andererseits hat der Betreiber eines Einkaufsparks kaum die Möglichkeit, einen derartigen Schaden zu beziffern und durchzusetzen. Denn der Nachweis, dass sich der Leerstand eines einzelnen Lokals auf die Vermietbarkeit der anderen Geschäfte oder die Attraktivität des Standorts als Ganzem auswirkt, ist dem Beweise kaum zugänglich. Trotzdem darf eine Vertragsstrafe nicht dazu führen, dass eine Überkompensation des Vermieters eintritt.
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Im vorliegenden Fall stellt sich die Strafe jedoch als verdeckte Einnahmequelle der Klägerin dar. Es ist kaum nachvollziehbar, dass die negativen Folgen des Leerstandes einen Schaden herbeiführen können, der 2,5mal so hoch wie das eigentliche Leistungsinteresse der Klägerin ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Konsequenzen eines Leerstandes nicht sofort, sondern erst mit Verzögerung eintreten. Denn die Akzeptanz eines Einkaufsparks bei der Kundschaft sinkt erst, wenn sich ein Leerstand herumgesprochen hat. Eine spürbare Wirkung ist jedenfalls durch den Leerstand kleiner Lokale, wie sie die Beklagte gemietet hat (125m²), erst zu befürchten, wenn er gehäuft auftritt.
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Im Hinblick auf die Funktion der Vertragsstrafe, die Durchsetzung eines Schadens zu erleichtern, ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Wiedervermietung der anderen Geschäfte grundsätzlich in die Risikosphäre der Klägerin (als Vermieterin) fällt. Dieses Risiko darf nicht dadurch faktisch auf den Mieter abgewälzt werden, in dem ihm eine Vertragsstrafe auferlegt wird, die in keinem angemessenen Verhältnis zu potentiellen Schäden steht.
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3. Da das Vertragsstrafenversprechen in § 23 Nr. 1 Satz 4 des Mietvertrages die Beklagte unangemessen benachteiligt, ist es nach § 307 BGB unwirksam. Wegen des Verbotes einer geltungserhaltenden Reduktion kann es nicht in Höhe einer noch zulässigen Strafe aufrecht erhalten werden. Vielmehr fällt der Anspruch insgesamt weg. Damit erübrigen sich auch Ausführungen zur streitigen Frage der Berechnung der Strafhöhe.
C.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO. Wegen unterschiedlicher Streitwerte in den Instanzen waren jeweils unterschiedliche Unterliegensquoten zu bilden.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet seine rechtliche Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
- 43
Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
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Beschluss
- 46
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13.493,70 Euro festgesetzt.