Kapitalmarktrecht: Aufklärungspflicht eines Anlagevermittlers über Innenprovision
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Die Aufklärungspflicht des Anlagevermittlers oder Anlageberaters besteht unabhängig davon, ob die Kapitalanlage mittels eines Prospekts vertrieben wird oder nicht.
Für das Bestehen der Aufklärungspflicht über die Innenprovision von mehr als 15 % ist es unerheblich, ob der Kaufpreis den tatsächlichen Wert der Immobilie um mehr als 15 % übersteigt.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang mit einer Anlagevermittlung beziehungsweise Anlageberatung geltend. Er erwarb 1992 auf Empfehlung des für die Beklagte tätigen Vertriebsmitarbeiters F. eine Eigentumswohnung für 97.020 DM, die er entsprechend dem ihm erteilten Rat vollständig fremdfinanzierte. Nachdem die Mieteinnahmen nicht die prognostizierte Höhe erreichten, geriet der Kläger mit der Rückzahlung des Darlehens in Rückstand. 2004 kündigte die finanzierende Bank den Kredit. Die daraufhin eingeleitete Zwangsversteigerung der Wohnung erbrachte lediglich einen Erlös von 7.000 €.
Mit Anwaltsschreiben vom 15. November 2004 forderte der Kläger die Beklagte zur Anerkennung ihrer Schadensersatzpflicht wegen der Vermittlung der streitgegenständlichen Wohnung auf. Hierin heißt es unter anderem:
"Darüber hinaus konnte in Erfahrung gebracht werden, dass Sie als A. vom Verkäufer eine Innenprovision erhalten haben, die bei etwa 15 % des Kaufpreises lag. Auch auf diese Innenprovision wurde nicht hingewiesen. Hätte mein Auftraggeber gewusst, dass der Kaufpreis eine Innenprovision von rund 15.000 DM enthielt und somit die Immobilie an sich nur 82.000,00 DM wert war, anstatt der bezahlten 97.000,00 DM, hätte er die Wohnung ebenfalls nicht gekauft."
Den nach der Verwertung der Sicherheiten verbliebenen Schaden, den der Kläger mit 67.117,43 Euro beziffert, verlangt er von der Beklagten ersetzt. Er begehrt zudem die Freistellung von weiteren Zahlungsverpflichtungen aus dem Darlehensvertrag, den er zur Finanzierung der Eigentumswohnung aufgenommen hat.
Der Kläger hat behauptet, der für die Beklagte tätige Vertriebsmitarbeiter habe mehrere unzutreffende Angaben über das Anlageobjekt gemacht und seine Aufklärungspflichten verletzt. Er hat unter anderem geltend gemacht, die Beklagte habe von den Verkäufern eine Provision von 20 % für die Vermittlung der streitgegenständlichen Eigentumswohnung erhalten. Hierüber sei er nicht aufgeklärt worden. Wäre er hierüber aufgeklärt worden, hätte er die Wohnung nicht erworben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Kammergericht hat die Berufung des Klägers durch Beschluss vom 12. Februar 2013 gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Der Senat hat diese Entscheidung durch Beschluss vom 5. November 2014 - III ZR 559/13 - gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Kammergericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Berufung durch Urteil vom 24. März 2015 erneut zurückgewiesen. Der Senat hat auf die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers die Revision insoweit zugelassen, als die Klageforderung auf den Vorwurf einer unterlassenen Aufklärung über Innenprovisionen von 20 % des Kaufpreises für die Vermittlung der streitgegenständlichen Eigentumswohnung gestützt wird.
Mit der Revision erstrebt der Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils und die Verurteilung der Beklagten entsprechend den Klageanträgen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Zulassung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Nach Auffassung des Kammergerichts ist die Behauptung des Klägers zu einer an die Beklagte bezahlten Provision von 20 % des Kaufpreises offensichtlich ins Blaue hinein aufgestellt worden, da für die Höhe der Provision jegliche tatsächlichen Anhaltspunkte fehlten. Daran ändere auch der Vortrag des Klägers, wonach der Zeuge F. dies anhand einer Rückrechnung der ihm persönlich zugeflossenen Provisionen bestätigt habe, nichts. Eine Vernehmung des Verkäufers als Zeugen verbiete sich, weil bislang jeglicher konkreter Vortrag dazu fehle, wie die Prozentzahl von 20 % ermittelt worden sein solle. Der Vortrag des Klägers zu verschwiegenen Innenprovisionen sei aber auch aus Rechtsgründen irrelevant. Eine Aufklärungspflicht über Provisionen bestehe nur bei Kapitalanlagen, insbesondere Fondsbeteiligungen, die mittels eines Prospekts vertrieben würden. Bei der schlichten Vermittlung einer Immobilie bestehe keine Pflicht des Vermittlers, über eine Provision aufzuklären.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Berufungsgerichts, wonach eine Aufklärungspflicht eines Anlagevermittlers oder Anlageberaters über Innenprovisionen von über 15 % nur bei Kapitalanlagen, die mittels eines Prospekts ver- trieben werden, nicht jedoch bei der Vermittlung einer Immobilie bestehe.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Anlagevermittler oder ein Anlageberater den Erwerber einer von ihm vermittelten Anlage unaufgefordert über Vertriebsprovisionen aufzuklären, wenn diese 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass Vertriebsprovisionen solchen Umfangs Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit und Rentabilität der Kapitalanlage eröffnen und dies wiederum einen für die Anlageentscheidung derart bedeutsamen Umstand darstellt, dass der Anlageinteressent hierüber informiert werden muss.
Diese Rechtsprechung gilt unabhängig davon, welche Kapitalanlage vermittelt wird. Sie gilt insbesondere auch für die Vermittlung von Kapitalanlagen in Form einer Eigentumswohnung. Auch bei Eigentumswohnungen lassen Vertriebsprovisionen von über 15 % auf eine geringere Werthaltigkeit schließen, weshalb die Gewährung derartiger Provisionen einen für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstand darstellt, über den aufgeklärt werden muss.
Dies steht nicht im Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach der Verkäufer einer Immobilie grundsätzlich nicht verpflichtet ist, den Interessenten über die Zahlung einer Innenprovision an den von ihm beauftragten Vertrieb aufzuklären, wenn das Objekt nicht mittels eines Prospekts vertrieben wird, sondern durch mündliche Beratung anhand eines konkreten Berechnungsbeispiels. Diesen Entscheidungen liegt die Erwägung zu Grunde, dass der Käufer einer Immobilie grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert hat, so dass für den Verkäufer selbst dann keine Pflicht zur Offenlegung über den Wert des Kaufobjekts besteht, wenn dieser erheblich unter dem geforderten Preis liegt. Dementsprechend begründet der Umstand, dass bei dem Käufer eine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts entstehen kann, selbst dann noch keine Offenbarungspflicht, wenn die Höhe der Provisionen tatsächlich zu einem Kaufpreis führt, der den objektiven Wert der Immobilie übersteigt. Diese Erwägungen, die für die Verneinung der Aufklärungspflicht des Verkäufers maßgeblich sind, gelten für die Aufklärungspflicht des Anlageberaters oder Anlagevermittlers nicht. Die Pflichten eines Anlagevermittlers oder Anlageberaters aus dem Vertragsverhältnis mit dem Anleger unterscheiden sich grundsätzlich von den Pflichten eines Verkäufers gegenüber dem Käufer. Anlagevermittler und Anlageberater sind nicht Vertragspartner des Kaufvertrags. Die ihnen obliegenden Aufklärungspflichten ergeben sich nicht als Nebenpflichten aus dem Kaufvertrag oder einem zusätzlich zwischen den Parteien des Kaufvertrags bestehenden Beratungsvertrag. Die Aufklärungspflichten ergeben sich vielmehr aus dem selbständig zwischen dem Anlageberater bzw. Anlagevermittler und dem Anleger bestehenden Vertragsverhältnis, woraus diese dem Anleger eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände schulden, die für dessen Anlageentscheidung von besonderer Bedeutung sind. Die Werthaltigkeit des Anlageobjekts ist für die Anleger von besonderer Bedeutung, weshalb über Umstände wie Innenprovisionen von über 15 %, die Rückschlüsse auf die Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage eröffnen, aufgeklärt werden muss.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Beklagten kommt es für das Bestehen der Aufklärungspflicht des Anlagevermittlers bzw. Anlageberaters nicht darauf an, ob die Anlage mittels eines Prospekts vertrieben wurde. Die Aufklärungspflicht des Anlagevermittlers oder Anlageberaters über die an ihn von dem Verkäufer bezahlte Innenprovision besteht unabhängig hiervon. Der Anlageberater bzw. Anlagevermittler ist stets zur richtigen und vollständigen Information über diejenigen tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für die Anlageentscheidung von besonderer Bedeutung sind. Er kann sich zur Erfüllung dieser Pflichten eines Prospekts bedienen, muss dies aber nicht. Existiert kein Prospekt, hat er die Pflicht durch eine eigenständige Aufklärung zu erfüllen.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus den Entscheidungen des Senats vom 12. Februar 2004 und vom 28. Juli 2005. Die Entscheidung vom 12. Februar 2004 befasst sich mit der Frage, ob Innenprovisionen in einem Prospekt ausgewiesen werden müssen. Der Senat hat dies bei Innenprovisionen von über 15 % auf Grund der Besonderheiten des Vertriebs mittels Prospekts bejaht. Er hat sich in dieser Entscheidung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der fehlenden Aufklärungspflicht des Verkäufers über Innenprovisionen auf Grund der fehlenden Pflicht des Verkäufers zur Offenlegung über den Wert des Kaufobjekts befasst und hiervon die Pflicht zur Offenlegung der Innenprovisionen in einem Prospekt abgegrenzt. Der Entscheidung ist dagegen nicht zu entnehmen, dass auch der Anlagevermittler bzw. Anlageberater nur dann über Innenprovisionen von über 15 % aufzuklären hat, wenn die Anlage mittels eines Prospekts vertrieben wird. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird dementsprechend zwar bei der Inanspruchnahme des Verkäufers regelmäßig differenziert danach, ob dem Kaufinteressenten bei dem Verkauf einer Immobilie das Objekt mittels eines Prospekts vorgestellt wird mit der Folge einer bestehenden Aufklärungspflicht in dem Prospekt oder ob das Objekt durch mündliche Beratung anhand eines konkreten Berechnungsbeispiels vertrieben wird mit der Folge einer fehlenden Aufklärungspflicht des Verkäufers. Bei der Inanspruchnahme des Anlagevermittlers oder Anlageberaters spielt diese Differenzierung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dagegen keine Rolle.
Auch die Entscheidung des Senats vom 28. Juli 2005 besagt nichts darüber, ob die Aufklärungspflicht des Anlagevermittlers und Anlageberaters über Innenprovisionen nur bei Vertrieb mittels Prospekts besteht. Die Entscheidung betrifft die Haftung eines Geschäftsbesorgers, der nur als Abwicklungsbeauftragter tätig wurde und dem auch mit dem Argument der besonderen Schutzbedürftigkeit des Anlegers bei einer über einen Prospekt vermittelten Anlage die Pflicht zur Offenlegung seiner Kenntnisse über Innenprovisionen auferlegt wurde. Hieraus ergibt sich demnach nicht, dass auch Anlagevermittler und Anlageberater nur bei mittels Prospekts vermittelten Anlagen zur Aufklärung über Innenprovisionen verpflichtet sind.
Auch die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es eine Beweisaufnahme ablehnt zu der Frage, ob eine Innenprovision in Höhe von 20 % an die Beklagte bezahlt wurde, halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Diese beruhen, wie die Revision mit Recht geltend macht, auf einer Verletzung des Grundrechts des Klägers auf Gewährung des rechtlichen Gehörs.
Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet. Die Ablehnung eines Beweises für eine erhebliche Tatsache ist nur zulässig, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie ins Blaue hinein aufgestellt worden ist, mithin aus der Luft gegriffen ist und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellt. Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast dabei bereits dann, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden.
Der Vortrag des Klägers genügt diesen Anforderungen. Der Kläger hat eine konkrete Tatsache - die Zahlung einer Innenprovision in Höhe von 20 % des Kaufpreises durch die Verkäufer -, die im Kenntnisbereich der Beklagten liegt, behauptet und unter Zeugenbeweis gestellt. Er hat hierzu weiter unter Benennung des Vertriebsmitarbeiters F. als Zeugen erklärt, dieser habe die Höhe der Innenprovisionen durch Rückrechnung der ihm persönlich zugeflossenen Provision bestätigt. Dies macht deutlich, dass es sich hierbei nicht um eine Behauptung ins Blaue hinein handelt. Weiterer Vortrag hierzu und eine weitere Plausibilisierung dieser Behauptung durch den Kläger sind zur Substantiierung nicht erforderlich. Es ist auch nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Kläger hierzu weitere Umstände vorbringen könnte, nachdem die Höhe der Innenprovision eine im Kenntnisbereich der Be- klagten und nicht des Klägers liegende Tatsache darstellt.
Das Berufungsgericht hat die Substantiierungsanforderungen somit überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag des Klägers in der gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und den angebotenen Beweis zu erheben, was einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG darstellt.
Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte demgegenüber darauf, dass der Kläger nicht vorgetragen habe, dass eine Provision von 20 % in den Kaufpreis der Wohnung derart einkalkuliert worden sei, dass dieser in einer Größenordnung von über 15 % den objektiven Wert der Wohnung überstiegen habe. Würde sich der Vortrag des Klägers, dass Innenprovisionen von 20 % des Kaufprei19ses gezahlt worden seien, als wahr erweisen, genügte dies, um eine Aufklärungspflicht zu begründen, weil hieraus Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts gezogen werden können. Entscheidend ist, dass der Verkäufer die Provisionen bei der Bemessung des Kaufpreises regelmäßig berücksichtigen und deshalb den Kaufpreis in Höhe des von ihm angenommenen Werts der Immobilie zuzüglich der Provisionen ansetzen wird. Je höher die Provisionen sind, desto geringer ist demnach der Anteil des angenommenen Immobilienwertes am Kaufpreis. Darauf, welchen Wert die Wohnung tatsächlich hat und ob der Preis den Wert um über 15 % übersteigt, kommt es nicht an.
Die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht ist auch entscheidungserheblich. Es ist nicht auszuschließen, dass unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu einer bestehenden Aufklärungspflicht über Innenprovisionen nach ordnungsgemäßer Durchführung der Beweisaufnahme die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs zu bejahen sind. Sofern der Vortrag des Klägers zutrifft, dass die Beklagte von der Verkäuferin Innenprovisionen von 20 % des Kaufpreises erhalten hat, ohne den Kläger hierüber aufzuklären, liegt eine Verletzung der vertraglichen Aufklärungspflicht durch die Beklagte vor. Das Verschulden wird vermutet. Ebenso spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Kläger als Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Investition abgesehen hätte.
Auf Grundlage des bislang festgestellten und der Revision zu Grunde zu legenden Sachverhalts kann auch nicht von einer Verjährung des Anspruchs ausgegangen werden. Da nach der Rechtsprechung des Senats eine Aufklärungspflicht erst bei einer Innenprovision von mehr als 15 % besteht, könnte allenfalls die Kenntnis einer Innenprovisionshöhe von über 15 % eine Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände im Sinne des Verjährungsrechts begründet haben. Entgegen der in der Revisionserwiderung vertretenen Auffassung ergibt sich diese Kenntnis nicht aus dem Anwaltsschreiben vom 15. November 2004. Dort wird von einer zur Kenntnis gelangten Innenprovision von etwa 15 % gesprochen, woraus nicht auf eine Kenntnis einer Innenprovision von über 15 % geschlossen werden kann. Diese Kenntnis ergibt sich auch nicht daraus, dass das Schreiben weiter eine Innenprovision von rund 15.000 DM erwähnt, was rechnerisch einem Prozentsatz von 15,46 % des Kaufpreises entspricht. Aus dem Zusammenhang wird deutlich, dass der angegebene Betrag von 15.000 DM gerundet wurde ausgehend von einer Provision von 15 %. Eine Aussage über die exakte Höhe der Provision kann dieser Zahl deshalb ebenso wenig entnommen werden wie die Kenntnis einer Provision von über 15 %.
Das angefochtene Urteil ist im Umfang der Zulassung aufzuheben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann das Bestehen einer Aufklärungspflichtpflichtverletzung der Beklagten im Hinblick auf etwaige Innenprovisionen auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht selbst beurteilen. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben.
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BUNDESGERICHTSHOF
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2016 durch die Richter Seiters, Hucke und Reiter sowie die Richterinnen Dr. Liebert und Pohl
für Recht erkannt:
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang mit einer Anlagevermittlung beziehungsweise Anlageberatung geltend. Er erwarb 1992 auf Empfehlung des für die Beklagte tätigen Vertriebsmitarbeiters F. eine Eigentumswohnung für 97.020 DM, die er entsprechend dem ihm erteilten Rat vollständig fremdfinanzierte. Nachdem die Mieteinnahmen nicht die prognostizierte Höhe erreichten, geriet der Kläger mit der Rückzahlung des Darlehens in Rückstand. 2004 kündigte die finanzierende Bank den Kredit. Die da- raufhin eingeleitete Zwangsversteigerung der Wohnung erbrachte lediglich einen Erlös von 7.000 €.
- 2
- Mit Anwaltsschreiben vom 15. November 2004 forderte der Kläger die Beklagte zur Anerkennung ihrer Schadensersatzpflicht wegen der Vermittlung der streitgegenständlichen Wohnung auf. Hierin heißt es unter anderem: "Darüber hinaus konnte in Erfahrung gebracht werden, dass Sie als A. vom Verkäufer eine Innenprovision erhalten haben, die bei etwa 15 % des Kaufpreises lag. Auch auf diese Innenprovision wurde nicht hingewiesen. Hätte mein Auftraggeber gewusst, dass der Kaufpreis eine Innenprovision von rund 15.000 DM enthielt und somit die Immobilie an sich nur 82.000,00 DM wert war, anstatt der bezahlten 97.000,00 DM, hätte er die Wohnung ebenfalls nicht gekauft."
- 3
- Den nach der Verwertung der Sicherheiten verbliebenen Schaden, den der Kläger mit 67.117,43 Euro beziffert, verlangt er von der Beklagten ersetzt. Er begehrt zudem die Freistellung von weiteren Zahlungsverpflichtungen aus dem Darlehensvertrag, den er zur Finanzierung der Eigentumswohnung aufgenommen hat.
- 4
- Der Kläger hat behauptet, der für die Beklagte tätige Vertriebsmitarbeiter habe mehrere unzutreffende Angaben über das Anlageobjekt gemacht und seine Aufklärungspflichten verletzt. Er hat unter anderem geltend gemacht, die Beklagte habe von den Verkäufern eine Provision von 20 % für die Vermittlung der streitgegenständlichen Eigentumswohnung erhalten. Hierüber sei er nicht aufgeklärt worden. Wäre er hierüber aufgeklärt worden, hätte er die Wohnung nicht erworben.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Kammergericht hat die Berufung des Klägers durch Beschluss vom 12. Februar 2013 gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Der Senat hat diese Entscheidung durch Beschluss vom 5. November 2014 - III ZR 559/13 - gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Kammergericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Berufung durch Urteil vom 24. März 2015 erneut zurückgewiesen. Der Senat hat auf die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers die Revision insoweit zugelassen, als die Klageforderung auf den Vorwurf einer unterlassenen Aufklärung über Innenprovisionen von 20 % des Kaufpreises für die Vermittlung der streitgegenständlichen Eigentumswohnung gestützt wird.
- 6
- Mit der Revision erstrebt der Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils und die Verurteilung der Beklagten entsprechend den Klageanträgen.
Entscheidungsgründe
- 7
- Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Zulassung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 8
- Nach Auffassung des Kammergerichts ist die Behauptung des Klägers zu einer an die Beklagte bezahlten Provision von 20 % des Kaufpreises offensichtlich ins Blaue hinein aufgestellt worden, da für die Höhe der Provision jegliche tatsächlichen Anhaltspunkte fehlten. Daran ändere auch der Vortrag des Klägers, wonach der Zeuge F. dies anhand einer Rückrechnung der ihm persönlich zugeflossenen Provisionen bestätigt habe, nichts. Eine Vernehmung des Verkäufers als Zeugen verbiete sich, weil bislang jeglicher konkreter Vortrag dazu fehle, wie die Prozentzahl von 20 % ermittelt worden sein solle. Der Vortrag des Klägers zu verschwiegenen Innenprovisionen sei aber auch aus Rechtsgründen irrelevant. Eine Aufklärungspflicht über Provisionen bestehe nur bei Kapitalanlagen, insbesondere Fondsbeteiligungen, die mittels eines Prospekts vertrieben würden. Bei der schlichten Vermittlung einer (gebrauchten ) Immobilie bestehe keine Pflicht des Vermittlers, über eine Provision aufzuklären.
II.
- 9
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 10
- 1. Rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Berufungsgerichts, wonach eine Aufklärungspflicht eines Anlagevermittlers oder Anlageberaters über Innenprovisionen von über 15 % nur bei Kapitalanlagen, die mittels eines Prospekts vertrieben werden, nicht jedoch bei der Vermittlung einer (gebrauchten) Immobilie bestehe.
- 11
- a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Anlagevermittler oder ein Anlageberater den Erwerber einer von ihm vermittelten Anlage unaufgefordert über Vertriebsprovisionen aufzuklären, wenn diese 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten. Dem liegt die Erwägung zugrunde , dass Vertriebsprovisionen solchen Umfangs Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit und Rentabilität der Kapitalanlage eröffnen und dies wiederum einen für die Anlageentscheidung derart bedeutsamen Umstand darstellt , dass der Anlageinteressent hierüber informiert werden muss (vgl. Senat, Urteile vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 116, 121; vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685 Rn. 5 und vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, NJW-RR 2011, 913 Rn. 16, 22; Beschluss vom 29. Januar 2015 - III ZR 547/13, BeckRS 2015, 04824 Rn. 8).
- 12
- Diese Rechtsprechung gilt unabhängig davon, welche Kapitalanlage vermittelt wird. Sie gilt insbesondere auch für die Vermittlung von Kapitalanlagen in Form einer Eigentumswohnung (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar2006 aaO und Beschluss vom 29. Januar 2015 aaO). Auch bei Eigentumswohnungen lassen Vertriebsprovisionen von über 15 % auf eine geringere Werthaltigkeit schließen, weshalb die Gewährung derartiger Provisionen einen für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstand darstellt, über den aufgeklärt werden muss.
- 13
- b) Dies steht nicht im Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach der Verkäufer einer Immobilie grundsätzlich nicht verpflichtet ist, den Interessenten über die Zahlung einer Innenprovision an den von ihm beauftragten Vertrieb aufzuklären, wenn das Objekt nicht mittels eines Prospekts vertrieben wird, sondern durch mündliche Beratung anhand eines konkreten Berechnungsbeispiels (vgl. BGH, Urteile vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, NJW 2003, 1811 f; vom 8. Oktober 2004 - V ZR 18/04, NJW 2005, 820, 822; vom 13. Oktober 2006 - V ZR 66/06, NJW 2007, 1874 Rn. 7 und vom 10. November 2006 - V ZR 73/06, BeckRS 2007, 00583 Rn. 15). Diesen Entscheidungen liegt die Erwägung zu Grunde, dass der Käufer einer Immobilie grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert hat, so dass für den Verkäufer selbst dann keine Pflicht zur Offenlegung über den Wert des Kaufobjekts besteht, wenn dieser erheblich unter dem geforderten Preis liegt (vgl. BGH, Urteile vom 14. März 2003 aaO und vom 13. Oktober 2006 aaO Rn. 8). Dementsprechend begründet der Umstand, dass bei dem Käufer eine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts entstehen kann, selbst dann noch keine Offenbarungspflicht, wenn die Höhe der Provisionen tatsächlich zu einem Kaufpreis führt, der den objektiven Wert der Immobilie übersteigt (vgl. Senat, Urteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 119; BGH, Urteil vom 14. März 2003 aaO). Diese Erwägungen, die für die Verneinung der Aufklärungspflicht des Verkäufers maßgeblich sind, gelten für die Aufklärungspflicht des Anlageberaters oder Anlagevermittlers nicht. Die Pflichten eines Anlagevermittlers oder Anlageberaters aus dem Vertragsverhältnis mit dem Anleger unterscheiden sich grundsätzlich von den Pflichten eines Verkäufers gegenüber dem Käufer. Anlagevermittler und Anlageberater sind nicht Vertragspartner des Kaufvertrags. Die ihnen obliegenden Aufklärungspflichten ergeben sich nicht als Nebenpflichten aus dem Kaufvertrag oder einem zusätzlich zwischen den Parteien des Kaufvertrags bestehenden Beratungsvertrag (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 13. Oktober 2006 aaO Rn. 13 ff und vom 10. November 2006 aaO Rn. 7 ff jeweils mwN). Die Aufklärungspflichten ergeben sich vielmehr aus dem selbständig zwischen dem Anlageberater bzw. Anlagevermittler und dem Anleger bestehenden Vertragsverhältnis, woraus diese dem Anleger eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände schulden, die für dessen Anlageentscheidung von besonderer Bedeutung sind. Die Werthaltigkeit des Anlageobjekts ist für die Anleger von besonderer Bedeutung, weshalb über Umstände wie Innenprovisionen von über 15 %, die Rückschlüsse auf die Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage eröffnen, aufgeklärt werden muss.
- 14
- c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Beklagten kommt es für das Bestehen der Aufklärungspflicht des Anlagevermittlers bzw. Anlageberaters nicht darauf an, ob die Anlage mittels eines Prospekts vertrieben wurde. Die Aufklärungspflicht des Anlagevermittlers oder Anlageberaters über die an ihn von dem Verkäufer bezahlte Innenprovision besteht unabhängig hiervon. Der Anlageberater bzw. Anlagevermittler ist stets zur richtigen und vollständigen Information über diejenigen tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für die Anlageentscheidung von besonderer Bedeutung sind. Er kann sich zur Erfüllung dieser Pflichten eines Prospekts bedienen, muss dies aber nicht. Existiert kein Prospekt, hat er die Pflicht durch eine eigenständige Aufklärung zu erfüllen.
- 15
- Etwas anderes ergibt sich nicht aus den Entscheidungen des Senats vom 12. Februar 2004 (III ZR 359/02, BGHZ 158, 110) und vom 28. Juli 2005 (III ZR 290/04, NJW 2005, 3208). Die Entscheidung vom 12. Februar 2004 (aaO) befasst sich mit der Frage, ob Innenprovisionen in einem Prospekt ausgewiesen werden müssen. Der Senat hat dies bei Innenprovisionen von über 15 % auf Grund der Besonderheiten des Vertriebs mittels Prospekts bejaht. Er hat sich in dieser Entscheidung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der fehlenden Aufklärungspflicht des Verkäufers über Innenprovisionen auf Grund der fehlenden Pflicht des Verkäufers zur Offenlegung über den Wert des Kaufobjekts befasst und hiervon die Pflicht zur Offenlegung der Innenprovisionen in einem Prospekt abgegrenzt. Der Entscheidung ist dagegen nicht zu entnehmen, dass auch der Anlagevermittler bzw. Anlageberater nur dann über Innenprovisionen von über 15 % aufzuklären hat, wenn die Anlage mittels eines Prospekts vertrieben wird. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird dementsprechend zwar bei der Inanspruchnahme des Verkäufers regelmäßig differenziert danach, ob dem Kaufinteressenten bei dem Verkauf einer Immobilie das Objekt mittels eines Prospekts vorgestellt wird mit der Folge einer bestehenden Aufklärungspflicht in dem Prospekt oder ob das Objekt durch mündliche Beratung anhand eines konkreten Berechnungsbeispiels vertrieben wird mit der Folge einer fehlenden Aufklärungspflicht des Verkäufers (vgl. BGH, Urteile vom 8. Oktober 2004 - V ZR 18/04, NJW 2005, 820, 822; vom 13. Oktober 2006 - V ZR 66/06, NJW 2007, 1874 Rn. 7 und vom 10. November 2006 - V ZR 73/06, BeckRS 2007, 00583 Rn. 15). Bei der Inanspruchnahme des Anlagevermittlers oder Anlageberaters spielt diese Differenzierung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dagegen keine Rolle (z.B. Senat, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, NJW-RR 2011, 913 Rn. 16, 22 und Beschluss vom 29. Januar 2015 - III ZR 547/13, BeckRS 2015, 04824 Rn. 8).
- 16
- Auch die Entscheidung des Senats vom 28. Juli 2005 (III ZR 290/04, NJW 2005, 3208) besagt nichts darüber, ob die Aufklärungspflicht des Anlagevermittlers und Anlageberaters über Innenprovisionen nur bei Vertrieb mittels Prospekts besteht. Die Entscheidung betrifft die Haftung eines Geschäftsbesorgers , der nur als Abwicklungsbeauftragter tätig wurde und dem auch mit dem Argument der besonderen Schutzbedürftigkeit des Anlegers bei einer über einen Prospekt vermittelten Anlage die Pflicht zur Offenlegung seiner Kenntnisse über Innenprovisionen auferlegt wurde. Hieraus ergibt sich demnach nicht, dass auch Anlagevermittler und Anlageberater nur bei mittels Prospekts vermittelten Anlagen zur Aufklärung über Innenprovisionen verpflichtet sind.
- 17
- 2. Auch die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es eine Beweisaufnahme ablehnt zu der Frage, ob eine Innenprovision in Höhe von 20 % an die Beklagte bezahlt wurde, halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Diese beruhen, wie die Revision mit Recht geltend macht, auf einer Verletzung des Grundrechts des Klägers auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
- 18
- Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet. Die Ablehnung eines Beweises für eine erhebliche Tatsache ist nur zulässig, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie ins Blaue hinein aufgestellt worden ist, mithin aus der Luft gegriffen ist und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 01. Juni 2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710, 2711 und vom 12. Juni 2008 - V ZR 221/07, WM 2008, 2068 Rn. 5, 9). Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast dabei bereits dann, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. Senat, Beschluss vom 26. November 2015 - III ZR 78/15, BeckRS 2015, 20464 Rn. 8; BGH, Beschlüsse vom 1. Juni 2005 aaO; vom 12. Juni 2008 aaO Rn. 6 f; vom 31. Juli 2013 - VII ZR 59/12, NJW 2013, 3180 Rn. 11 und vom 6. Februar 2014 - VII ZR 160/12, NJW-RR 2014, 456 Rn. 12).
- 19
- Der Vortrag des Klägers genügt diesen Anforderungen. Der Kläger hat eine konkrete Tatsache - die Zahlung einer Innenprovision in Höhe von 20 % des Kaufpreises durch die Verkäufer -, die im Kenntnisbereich der Beklagten liegt, behauptet und unter Zeugenbeweis (Zeugnis E. ) gestellt. Er hat hierzu weiter unter Benennung des Vertriebsmitarbeiters F. als Zeugen erklärt, dieser habe die Höhe der Innenprovisionen durch Rückrechnung der ihm persönlich zugeflossenen Provision bestätigt. Dies macht deutlich, dass es sich hierbei nicht um eine Behauptung ins Blaue hinein handelt. Weiterer Vortrag hierzu und eine weitere Plausibilisierung dieser Behauptung durch den Kläger sind zur Substantiierung nicht erforderlich. Es ist auch nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Kläger hierzu weitere Umstände vorbringen könnte, nachdem die Höhe der Innenprovision eine im Kenntnisbereich der Beklagten und nicht des Klägers liegende Tatsache darstellt.
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- Das Berufungsgericht hat die Substantiierungsanforderungen somit überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag des Klägers in der gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und den angebotenen Beweis zu erheben , was einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG darstellt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. November 2014 - III ZR 559/13, NJW-RR 2015, 125 Rn. 9 und vom 26. November 2015 - III ZR 78/15, BeckRS 2015, 20464 Rn. 9; BGH, Beschluss vom 6. Februar 2014 - VII ZR 160/12, NJW-RR 2014, 456 Rn. 12).
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- Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte demgegenüber darauf, dass der Kläger nicht vorgetragen habe, dass eine Provision von 20 % in den Kaufpreis der Wohnung derart einkalkuliert worden sei, dass dieser in einer Größenordnung von über 15 % den objektiven Wert der Wohnung überstiegen habe. Würde sich der Vortrag des Klägers, dass Innenprovisionen von 20 % des Kaufprei- ses gezahlt worden seien, als wahr erweisen, genügte dies, um eine Aufklärungspflicht zu begründen, weil hieraus Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts gezogen werden können. Entscheidend ist, dass der Verkäufer die Provisionen bei der Bemessung des Kaufpreises regelmäßig berücksichtigen und deshalb den Kaufpreis in Höhe des von ihm angenommenen Werts der Immobilie zuzüglich der Provisionen ansetzen wird. Je höher die Provisionen sind, desto geringer ist demnach der Anteil des angenommenen Immobilienwertes am Kaufpreis. Darauf, welchen Wert die Wohnung tatsächlich hat und ob der Preis den Wert um über 15 % übersteigt, kommt es nicht an.
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- Die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht ist auch entscheidungserheblich. Es ist nicht auszuschließen, dass unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu einer bestehenden Aufklärungspflicht über Innenprovisionen nach ordnungsgemäßer Durchführung der Beweisaufnahme die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs zu bejahen sind. Sofern der Vortrag des Klägers zutrifft, dass die Beklagte von der Verkäuferin Innenprovisionen von 20 % des Kaufpreises erhalten hat, ohne den Kläger hierüber aufzuklären, liegt eine Verletzung der vertraglichen Aufklärungspflicht durch die Beklagte vor. Das Verschulden wird vermutet. Ebenso spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Kläger als Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Investition abgesehen hätte (st. Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 14. April 2011 - III ZR 27/10, NJW-RR 2011, 1139 Rn. 13 mwN).
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- Auf Grundlage des bislang festgestellten und der Revision zu Grunde zu legenden Sachverhalts kann auch nicht von einer Verjährung des Anspruchs ausgegangen werden. Da nach der Rechtsprechung des Senats eine Aufklärungspflicht erst bei einer Innenprovision von mehr als 15 % besteht, könnte allenfalls die Kenntnis einer Innenprovisionshöhe von über 15 % eine Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände im Sinne des Verjährungsrechts begründet haben. Entgegen der in der Revisionserwiderung vertretenen Auffassung ergibt sich diese Kenntnis nicht aus dem Anwaltsschreiben vom 15. November 2004. Dort wird von einer zur Kenntnis gelangten Innenprovision von etwa 15 % gesprochen, woraus nicht auf eine Kenntnis einer Innenprovision von über 15 % geschlossen werden kann. Diese Kenntnis ergibt sich auch nicht daraus, dass das Schreiben weiter eine Innenprovision von rund 15.000 DM erwähnt, was rechnerisch einem Prozentsatz von 15,46 % des Kaufpreises entspricht. Aus dem Zusammenhang wird deutlich, dass der angegebene Betrag von 15.000 DM gerundet wurde ausgehend von einer Provision von 15 %. Eine Aussage über die exakte Höhe der Provision kann dieser Zahl deshalb ebenso wenig entnommen werden wie die Kenntnis einer Provision von über 15 %.
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- 3. Das angefochtene Urteil ist im Umfang der Zulassung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann das Bestehen einer Aufklärungspflichtpflichtverletzung der Beklagten im Hinblick auf etwaige Innenprovisionen auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht selbst beurteilen. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben.
Liebert Pohl
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 30.05.2012 - 22 O 35/12 -
KG Berlin, Entscheidung vom 24.03.2015 - 27 U 79/12 -
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Klägers wird dieser Beschluss gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des dritten Rechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche wegen fehlerhafter Angaben im Zusammenhang mit einer Anlagevermittlung beziehungsweise -beratung geltend. Er erwarb 1992 auf Empfehlung des für die seinerzeit noch anderweitig firmierende Beklagte tätigen Vertriebsmitarbeiters F. eine Eigentumswohnung für 97.020 DM, die er entsprechend dem ihm erteiltenRat vollständig fremdfinanzierte. Nachdem die Mieteinnahmen nicht die prognostizierte Höhe erreichten, geriet der Kläger mit der Rückzahlung des Darlehens in Rückstand. 2004 kündigte die finanzierende Bank den Kredit. Die daraufhin eingeleitete Zwangsversteigerung der Wohnung erbrachte lediglich einen Erlös von 7.000 €. Den nach der Verwertung der Sicherheiten verbliebenen Schaden, den der Kläger mit 67.117,43 € beziffert, verlangt er von der Beklagten ersetzt.
- 2
- Der Kläger hat behauptet, der für die Beklagte tätige Vertriebsmitarbeiter habe mehrere unzutreffende Angaben über das Anlageobjekt gemacht. Unter anderem macht er geltend, der Mitarbeiter habe ihm gegenüber erklärt, die finanzierende Bank habe selbst den Substanzwert und die Ertragskraft der zum Verkauf stehenden Wohnungen durch einen Sachverständigen ermitteln lassen. Dieser habe bestätigt, dass die geforderten Kaufpreise dem tatsächlichen Wert der Wohnungen entsprächen. Die Aussage des Vertriebsmitarbeiters sei jedoch falsch gewesen. Das angeblich eingeholte Gutachten habe es nicht gegeben. Tatsächlich habe die Bank den Kaufpreis allein im Hinblick auf seine, des Klägers , Bonität finanziert. Hätte er gewusst, dass das Kreditinstitut eine den Kaufpreis bestätigende Bewertung der Immobilie nicht vorgenommen habe, hätte er die Wohnung nicht erworben.
- 3
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen worden. Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich die Beschwerde des Klägers.
II.
- 4
- 1. Die Beschwerde ist zulässig. Dem Kläger war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren, da er infolge seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten des Beschwerdeverfahrens nur in Raten aufbringen kann. Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch den Senat hat der Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb der Fristen des § 234 Abs. 1 ZPO eingelegt und begründet.
- 5
- 2. Die Beschwerde ist auch begründet. Sie führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 6
- a) Das Berufungsgericht hat die Behauptung des Klägers, F. habe erklärt, die finanzierende Bank habe ein die Angemessenheit des Kaufpreises bestätigendes Gutachten eingeholt, als wahr unterstellt, jedoch ausgeführt , der Kläger wolle damit offensichtlich zum Ausdruck bringen, dass er darauf vertraut habe, die Wohnung sei nicht überteuert. Allein ein Vertrauen auf irgendein Gutachten, dessen Inhalt er nicht gekannt habe, hätte keinen Sinn gemacht. Es sei deshalb auch nicht nachvollziehbar, dass der Kläger glauben machen wolle, er hätte von einem Kauf Abstand genommen, wenn er gewusst hätte, dass das Gutachten von der Bank tatsächlich nicht erstellt worden sei. Er habe über dessen Inhalt überhaupt nichts gewusst, und dieser sei ihm offensichtlich egal gewesen. Im Übrigen fehlten jegliche konkrete Angaben dazu, dass es 1992 tatsächlich kein Gutachten gegeben habe.
- 7
- b) Dies beruht, wie die Beschwerde mit Recht geltend macht, auf einer Verletzung des Grundrechts des Klägers auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
- 8
- aa) Das Berufungsgericht hat dadurch, dass es davon ausgegangen ist, dem Kläger sei der Inhalt des Gutachtens gänzlich unbekannt und auch egal gewesen, offenbart, dass es den Klägervortrag nicht vollständig zur Kenntnis genommen hat. Der Kläger hat dementgegen behauptet, ihm sei das Ergebnis des nach Angaben des Vertriebsmitarbeiters F. von der finanzierenden Bank eingeholten Gutachtens mitgeteilt worden. Der Kläger hat ausgeführt, ihm sei erklärt worden, der von der Bank eingeschaltete Sachverständige habe den Substanzwert und die Ertragskraft der Wohnungen bewertet und bestätigt, dass die geforderten Kaufpreise ihrem tatsächlichen Wert entsprächen (Klageschrift S. 14, Schriftsatz vom 25. Juni 2012 S. 8, Schriftsatz vom 12. September 2012 S. 8). Damit war dem Kläger seinem Vortrag zufolge das Gutachten, das nach den Angaben F. s existieren sollte, zwar nicht im Einzelnen bekannt geworden. Jedoch hatte er Kenntnis von dessen Ergebnis und damit von dem für den Kaufentschluss entscheidenden Teil seines (angeblichen) Inhalts. Die Würdigung des Berufungsgerichts ist damit unvereinbar.
- 9
- bb) Entgegen der Ansicht der Vorinstanz können dem Kläger auch nicht nähere Angaben dazu abverlangt werden, dass es 1992 tatsächlich kein solches Gutachten gegeben habe. Es ist nicht ersichtlich und wird auch von der Vorinstanz nicht aufgezeigt, welche weiteren Umstände der Kläger zur Darlegung dieser negativen Tatsache hätte vortragen können. Das Berufungsgericht hat damit die Anforderungen an die Substantiierung des Sachvortrags offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag des Klägers in der gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen, was ebenfalls einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG darstellt (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2014 - VII ZR 160/12, NJW-RR 2014, 456 Rn. 12).
- 10
- c) Das übergangene beziehungsweise nicht in der gebotenen Weise zur Kenntnis genommene Vorbringen des Klägers ist entscheidungserheblich. Bei ordnungsgemäßer Berücksichtigung der Behauptungen ist es nicht auszuschließen , dass die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Klägers nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung erfüllt sind, die gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB auf den Streitfall noch anwendbar sind.
- 11
- aa) Das Berufungsgericht hat die Richtigkeit der Behauptung des Klägers unterstellt, der Vertriebsmitarbeiter habe erklärt, es liege ein die Angemessenheit der Kaufpreise bestätigendes, für die finanzierende Bank erstelltes Gutachten vor. Hiervon ist deshalb auch im dritten Rechtszug auszugehen. Für das neue Berufungsverfahren ist vorsorglich anzumerken, dass der Kläger für seinen Vortrag zu den von F. gemachten Angaben durch dessen Benennung als Zeugen tauglichen Beweis angetreten hat (Klageschrift S. 14).
- 12
- Hinsichtlich der von der Beklagten mit Nichtwissen bestrittenen Behauptung des Klägers, die Erklärung des Vertriebsmitarbeiters sei falsch gewesen, da es das angeblich von der Bank eingeholte Gutachten nicht gegeben habe, fehlt es zwar an einem Beweisantritt. Jedoch wird zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen für ein Bestreiten mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) erfüllt sind. Es mag sein, dass die Organe der Beklagten keine Kenntnis von der Existenz oder Nichtexistenz des Gutachtens haben. Die Rechtsprechung stellt jedoch Vorgänge im eigenen Geschäfts- oder Verantwortungsbereich einerPartei den "eigenen" Handlungen oder Wahrnehmungen im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO gleich. Die Partei hat eine Erkundigungspflicht, sofern die maßgebenden Tatsachen Personen bekannt sind, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind. Dies hat zur Folge, dass eine Erklärung mit Nichtwissen unzulässig ist, wenn und soweit diese Informationspflicht besteht (z.B. Senatsurteil vom 2. Juli 2009 - III ZR 333/08, NJW-RR 2009, 1666 Rn. 16 mwN). Es liegt nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nahe, dass sich die Beklagte das Wissen des seinerzeit für sie tätigen Mitarbeiters über das Vorliegen des (angeblich) von der finanzierenden Bank eingeholten Gutachtens zurechnen lassen muss.
- 13
- Sofern der Vortrag des Klägers, dass der für die Beklagte tätige Vertriebsmitarbeiter ihm gegenüber wahrheitswidrige Angaben über ein von der Bank eingeholtes Wertgutachten gemacht hat, zutrifft, liegt eine Verletzung der vertraglichen Aufklärungs- und Beratungspflicht vor. Das Verschulden wird vermutet (entsprechend § 282 BGB aF).
- 14
- bb) Vor dem Hintergrund des Ergebnisses der angeblich eingeholten Stellungnahme eines Sachverständigen ist es ohne weiteres nachvollziehbar, dass sich der Kläger hierdurch zum Kauf der Wohnung hat motivieren lassen und dass dies nicht der Fall gewesen wäre, wenn ihm gegenüber das Gutachten nicht erwähnt worden wäre. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang in seiner Stellungnahme vom 23. Januar 2013 zu dem Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts möglicherweise etwas missverständlich ausgeführt hat, es komme nicht entscheidend darauf an, ob der damalige Verkehrswert dem Kaufpreis entsprochen habe, sondern darauf, dass der Kläger in seiner freien Mei- nungsbildung manipuliert worden sei, indem ihm das Vorliegen des Gutachtens vorgespiegelt worden sei, ist darin keine Änderung seines tatsächlichen Vorbringens zu sehen. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine Nuance der rechtlichen Bewertung. Sollte sich erweisen, dass dem Kläger wahrheitswidrig das Vorliegen der Sachverständigenstellungnahme vorgegaukelt wurde, streitet ohnedies zu seinen Gunsten eine durch die Lebenserfahrung begründete (tatsächliche ) Vermutung dafür, dass er als Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Investition abgesehen hätte (vgl. st. Senatsrechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 14. April 2011 - III ZR 27/10, NJW-RR 2011, 1139 Rn. 13 mwN).
- 15
- cc) Die auf die übergangenen beziehungsweise nicht in der gebotenen Weise berücksichtigten Behauptungen gestützte Schadensersatzforderung ist nach dem im vorliegenden Verfahrensstadium zugrunde zu legenden Vortrag des Klägers nicht verjährt. Er hat danach erst im Jahr vor der Klageerhebung davon erfahren, dass das Gutachten, dessen Vorliegen der Vertriebsmitarbeiters wahrheitswidrig angegeben hat, tatsächlich nicht existierte (§ 195, § 199 Abs. 1 BGB).
- 16
- Die absolute Verjährung gemäß § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB ist nicht eingetreten. Die Klage nebst Prozesskostenhilfeantrag ist am 30. Dezember 2011 bei Gericht eingegangen und hat den Ablauf der Verjährungsfrist rechtzeitig gehemmt. Ob dies der Fall gewesen wäre, wenn die Klage unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingereicht worden wäre, ist im Hinblick darauf, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers erst mit Schriftsatz vom 18. Januar 2012 - und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist - mitgeteilt hat, das Prozesskostenhilfegesuch möge unverzüglich zugestellt werden, fraglich (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 - IX ZR 195/06, NJW 2008, 1939 Rn. 17; siehe hierzu auch BVerfG NJW 2010, 3083 Rn. 15 ff), kann jedoch auf sich beruhen. Aus der Klageschrift geht hinreichend deutlich hervor, dass die Klage unbedingt erhoben werden sollte. Es werden dort nach der Einleitung "Namens und in Vollmacht des Klägers erhebe ich Klage und werde beantragen:" die Klageanträge formuliert. Im Anschluss hieran folgt nach der Einleitung "Weiterhin beantrage ich," der Prozesskostenhilfeantrag. Dem ist zu entnehmen, dass dieser kumulativ zu den Klageanträgen hinzutreten sollte und jene demgemäß nicht von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig sein sollten. Die Zustellung der Klageeschrift an die Beklagte am 12. April 2012 war noch "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO. Der Kläger hatte mit Einreichung der unbedingt erhobenen Klage und des Prozesskostenhilfeantrags am 30. Dezember 2011 alles ihm Zumutbare getan, um eine alsbaldige Zustellung der Klageschrift zu ermöglichen. Der anschließende Zeitablauf lag in der Sphäre des Gerichts und ist ihm nicht zuzurechnen. Zwar obliegt es einem Kläger, sofern er - wie hier - den Gerichtskostenvorschuss nicht sogleich entrichtet, grundsätzlich , spätestens nach sechs Wochen nachzufragen, wenn die Gerichtskostenrechnung ausbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 1. April 2004 - IX ZR 117/03, NJW-RR 2004, 1575, 1576 mwN). Dies war in der vorliegenden Fallgestaltung jedoch entbehrlich, weil der Kläger darauf vertrauen durfte, dass vor einer etwaigen Gerichtskostenanforderung über sein Prozesskostenhilfegesuch befunden werden würde.
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- 3. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit, sich mit dem weiteren Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde zu befassen, auf das einzugehen der Senat im vorliegenden Verfahrensstadium keine Veranlassung hat.
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 30.05.2012 - 22 O 35/12 -
KG Berlin, Entscheidung vom 12.02.2013 - 27 U 79/12 -
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.