Insolvenzanfechtung: BGH: Gläubigerbenachteiligung bei Leistung aus lediglich geduldeter Kontoüberziehung - Rechtsprechungsänderung

published on 11/11/2009 14:01
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Anwalt für Insolvenzanfechtung - Insolvenzrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Der BGH hat mit dem Urteil vom 6. Oktober 2009 (Az: IX ZR 191/05) folgendes entschieden: Schöpft der Schuldner neue Gelder aus einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung und fließen sie infolge seiner Rechtshandlung einem Gläubiger direkt zu, so kommt die Anfechtung dieser mittelbaren Zuwendung durch den Insolvenzverwalter ohne Rücksicht darauf in Betracht, ob aus der Einräumung des Überziehungskredits für die Masse ein pfändbarer Anspruch gegen die Bank entsteht oder durch die Valutierung von Sicherheiten ein entsprechender Rückübertragungsanspruch verloren geht (Aufgabe von BGHZ 170, 276).

Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. Oktober 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.


Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag der Beklagten vom 14. Mai 2002 am 16. September 2002 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH (fortan: Schuldnerin).

Wegen eines Beitragsrückstandes von 60.382,69 DM pfändete die Beklagte am 9. November 2001 das Geschäftskonto der Schuldnerin bei der Sparkasse S. (fortan: Sparkasse) und überwies sich die dieses Konto betreffenden Ansprüche der Schuldnerin zur Einziehung. Das Konto war zum Zeitpunkt der Pfändung über die eingeräumte Kreditlinie von 350.000 DM hinaus belastet. Zur Sicherung aller Forderungen aus der gesamten Geschäftsverbindung hatte die Schuldnerin der Sparkasse sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen gegen Dritte abgetreten.
Am 12. November 2001 unternahm die Beklagte einen fruchtlosen Pfändungsversuch in den Geschäftsräumen der Schuldnerin. Am gleichen Tag schlossen die Schuldnerin und die Beklagte eine Vereinbarung, nach der die Schuldnerin die Beitragsrückstände in fünf Raten zu zahlen hatte. Die Schuldnerin zog auf ihr gepfändetes Geschäftskonto Schecks über 21.763,36 DM (Nr. 529) und zweimal 10.000 DM (Nun. 1608 und 1673), die dem Konto am 16. November 2001, 11. Dezember 2001 und 28. Dezember 2001 belastet wurden. Das Konto befand sich zu diesen Zeitpunkten nach den Belastungen mit 393.500,16 DM, 401.820,77 DM und 393.438,70 DM im Soll.

Die auf Zahlung von 21.353,27 € [= 41.763,36 DM] gerichtete Klage des Insolvenzverwalters war in beiden Tatsacheninstanzen erfolgreich. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.


Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet.

Das Berufungsgericht hat angenommen, die Zahlungen aufgrund der Scheck-Nrn. 529, 1608 und 1673 seien nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Es liege eine Rechtshandlung der Schuldnerin vor, weil diese eine freiwillige Zahlung zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung erbracht und nicht nur die Wahl gehabt habe, die geforderte Leistung sofort zu erbringen oder die Zwangsvollstreckung durch die anwesende Vollziehungsperson zu dulden. Die Zahlungen aus den geduldeten Überziehungen des Kontos hätten auch die Insolvenzgläubiger benachteiligt. Mit der Einlösung der Schecks habe die Sparkasse der Schuldnerin weiteren Kredit gewährt, auf den die weiteren Gläubiger hätten Zugriff nehmen können. Unerheblich sei, ob die Duldung der Kontoüberziehung eine pfändbare Forderung schaffe.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.

Zutreffend hat das Berufungsgericht die Übergabe der Schecks als Rechtshandlungen der Schuldnerin angesehen. An einer Rechtshandlung des Schuldners fehlt es zwar dann, wenn er nur noch die Wahl hat, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung durch die anwesende Vollziehungsperson zu dulden, so dass jede Möglichkeit zu einem selbstbestimmten Handeln ausgeschaltet ist. Eine Rechtshandlung des Schuldners liegt aber dann vor, wenn der Schuldner der anwesenden Vollziehungsperson zur Vermeidung eines - mangels pfändbarer Gegenstände voraussichtlich erfolglosen - Pfändungsversuchs einen Scheck über den geforderten Betrag übergibt. Nach dem von den Tatsacheninstanzen festgestellten Sachverhalt bestand bei allen Zahlungen für die Schuldnerin die Möglichkeit zu einem anderweitigen Verhalten. Bei Begabung des ersten Schecks stand bereits fest, dass die Vollstreckungsversuche der Beklagten fruchtlos verlaufen waren. Die weiteren Zahlungen erfolgten ohne einen unmittelbaren Vollstreckungsdruck.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts liegen Deckungen aus geduldeten Überziehungen vor. Von einer besonderen Überziehungsvereinbarung zur Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers, hier der Beklagten, oder konkludenten Einigung über eine Erweiterung der Kreditlinie kann im Streitfall nicht ausgegangen werden, weil Vortrag des Klägers hierzu fehlt und das Berufungsgericht keine entsprechenden Feststellungen getroffen hat. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen die konkludente Vereinbarung einer erhöhten Kreditlinie in Betracht kommt, wenn das Kreditinstitut eine an sich vertragswidrige Überziehung für einen längeren Zeitraum zulässt. Die allein festgestellte mehrfache Duldung einer Überziehung in wechselnder Höhe reicht für eine konkludente Einigung über eine bestimmte Erweiterung der Kreditlinie nicht aus.

In seinem Urteil vom 11. Januar 2007 hat der Senat angenommen, dass eine Deckung in der Regel mangels Gläubigerbenachteiligung nicht angefochten werden kann, wenn ein Gläubiger mit Mitteln befriedigt wird, die der Schuldner aus einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung schöpft. Dementsprechend hat er in seinen Beschlüssen vom 1. Februar 2007 und vom 27. März 2007 für die schlüssige Darlegung einer Gläubigerbenachteiligung bei Zahlungen über Bankkonten regelmäßig den Vortrag verlangt, dass diese Zahlungen aus einem Guthaben oder einer eingeräumten Kreditlinie erbracht worden sind. Eine objektive Gläubigerbenachteiligung kann deshalb nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Anfechtungsrecht nur dann ausnahmsweise eintreten, wenn der Anspruch des Kreditinstituts auf Rückzahlung des Darlehens, auf dessen Gewährung der Schuldner keinen Anspruch hatte (Überziehungskredit), für die Insolvenzmasse ungünstiger ist als der Anspruch des befriedigten Gläubigers, weil das Kreditinstitut für seinen Darlehensrückzahlungsanspruch über freie und werthaltige Sicherheiten verfügt, die nach Valutierung zu Lasten der Masse in abgesonderter Befriedigung verwertet werden können.
Diese Voraussetzungen sind in dem Berufungsurteil nicht hinreichend festgestellt. Gleichwohl stellt es sich im Ergebnis als richtig dar, weil der Senat an seiner bisherigen Auslegung des § 129 Abs. 1 InsO für den Fall von Zahlungen unter Inanspruchnahme von Überziehungskredit nach nochmaliger Prüfung nicht mehr festhält.

Bei allen bargeldlosen Zahlungen zu Lasten von Geschäftskonten hat der andere Teil regelmäßig keine Kenntnis vom Stand des Kontos (Guthaben, Dispositionskredit oder geduldeter Überziehungskredit) und etwaigen Sicherheiten der Bank. Eine nur geduldete Kontoüberziehung ohne Valutierung vorhandener Sicherheiten kann der Anfechtungsgegner fast nie ausschließen. Er ist also auch bei Kenntnis drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im Hinblick auf eine Gläubigerbenachteiligung nach dem Verständnis des Senatsurteils BGHZ 170, 276 unwissend. Es gibt keine Grundlage für eine tatsächliche Vermutung, dass über ein Girokonto nur innerhalb eines Gut- habens oder einer eingeräumten Kreditlinie verfügt wird. Da dem Anfechtungsgegner die Unkenntnis von Kontenstand und Kreditlinie des Schuldners sowie der Sicherheiten der kontoführenden Bank regelmäßig nicht widerlegt werden kann (der Streitfall bietet durch die vorausgegangene Kontenpfändung wegen der Erkenntnisse, welche die Beklagte gewonnen hat, möglicherweise eine Besonderheit), versagen die Anfechtungstatbestände des § 133 Abs. 1 InsO und des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO typischerweise nicht allein dann, wenn tatsächlich nur ein geduldeter Überziehungskredit besteht, sondern für den gesamten bargeldlosen Zahlungsverkehr. Eine solche Verkümmerung der Anfechtung liefe dem allgemeinen Ziel des Gesetzgebers zuwider, die Masse mit der Insolvenzordnung auch durch wirksamere Anfechtungsmöglichkeiten für den Insolvenzverwalter zu stärken. Sie würde auch dem mehrfach ausgesprochenen Erfahrungssatz, dass ein Gläubiger, der die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kennt, in der Regel von der gläubigerbenachteiligenden Wirkung der angefochtenen Deckungshandlung weiß, den Boden entziehen. Vorzugswürdig ist deshalb eine Gesetzesauslegung, die das beschriebene Ergebnis vermeidet.

Aufgrund der Insolvenzanfechtung soll vornehmlich dasjenige, was aus dem Vermögen des Schuldners unter Benachteiligung der Insolvenzmasse veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist, zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden (§ 129 Abs. 1, § 143 Abs. 1 InsO). Das ist nicht ausschließlich der Fall, wenn der Schuldner pfändbare Vermögensgegenstände dem Gläubigerzugriff entzieht (vgl. aber die Begründung des Regierungsentwurfs zum Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung vom 24. November 1992 BT-Drucks. 12/3803 S. 55); denn die Insolvenzgläubiger werden auch benachteiligt, wenn durch die angefochtene Rechtshandlung die Schuldenmasse vermehrt wird. Der Begriff der Gläubigerbenachteiligung darf demnach nicht zu sehr verengt und nicht allein auf seine praktischen Hauptfallgestaltungen beschränkt werden, sondern er muss auch in seinen Randbereichen dem Zweck des Anfechtungsrechts Rechnung tragen. Deshalb hat der Senat die vom Reichsgericht für richtig erachtete Zusammenschau der Wirkungen neuer Kreditaufnahme zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung im Sinne eines masseneutralen Gläubigertausches verlassen und auch für die Gläubigerbefriedigung mit Mitteln eines zuvor eingeräumten und vom Schuldner abgerufenen Dispositionskredits in einzelner Betrachtung von Kreditschöpfung und Mittelverwendung die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Deckungshandlung bejaht. Das steht im Einklang mit dem von der neueren Rechtsprechung allgemein entwickelten Grundsatz, dass die abtrennbaren Wirkungen anfechtbarer Rechtshandlungen bei Prüfung der objektiven Gläubigerbenachteiligung gemäß § 129 Abs. 1 InsO einzeln zu betrachten sind.
Anerkannt ist ferner, dass die nach § 143 Abs. 1 InsO zurückzugewährenden Werte nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners stammen müssen. Anfechtbar können vielmehr auch solche Rechtshandlungen des Schuldners sein, durch die er Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebt, ohne notwendigerweise mit diesem äußerlich in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten. Für den Dritten muss hierbei erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners gehandelt hat. Darum handelt es sich auch hier. Die von der Schuldnerin begebenen Schecks waren mangels Deckung bis zu ihrer Einlösung wertlos. Anders als bei einer Gläubigerbefriedigung aus einer offenen Kreditlinie, bei welcher das Recht zum Abruf des Dispositionskredits schon Vermögensbestandteil des Schuldners ist, während die Valuta direkt von der kontoführenden Bank dem Gläubiger zufließt, besteht zwar für den Schuldner bei Inanspruchnahme eines ungenehmigten Überziehungskredits nur die Chance und Hoffnung, auf diesem Wege an den begünstigten Gläubiger leisten zu können. Die mittelbare Zuwendung kann aber nur infolge und nach Einräumung des vom Schuldner beantragten Überziehungskredits bewirkt werden. Dieser unmittelbar aus dem Vermögen der Bank herrührende Zahlungsfluss ist deshalb dem Schuldner zuzurechnen. In anfechtungsrechtlicher Wertung kann eine solche Direktzahlung grundsätzlich nicht anders behandelt werden als wenn Geldmittel, auf die der Schuldner keinen Anspruch hatte, ihm durch ein neu gewährtes Darlehen zunächst überlassen und sodann zur Deckung von Verbindlichkeiten verwendet werden. Im Streitfall war der Schuldner der Bank für die Überziehung "gut". Er konnte insofern seine Bonität, die letztlich auch einen Vermögenswert darstellen kann, in die Waagschale werfen; da diese Bonität aus der Sicht der Bank nicht unbeschränkt weitere Überziehungen rechtfertigte, hat der Schuldner sie teilweise zugunsten der Beklagten "verbraucht" und somit auch einen zumindest "potentiellen" Vermögenswert geopfert.
Werden Darlehensmittel an einen Gläubiger des Kreditnehmers durch den Kreditgeber direkt ausgezahlt, ist dieser Gläubiger anfechtungsrechtlich nicht stärker schutzwürdig, als wenn er die so bereit gestellten Gelder nach vorausgegangenem Empfang durch den Schuldner erst im zweiten Schritt von diesem erhalten hätte, sofern für den Gläubiger nur erkennbar ist, dass es sich bei der Direktzahlung des Kreditgebers um eine Leistung des Schuldners handelte. Darauf, ob die Bank zur Einlösung der begebenen Schecks verpflichtet war, kommt es im Verhältnis der Parteien nicht an. Die Gläubigerbenachteiligung der Direktauszahlung des Überziehungskredits von der Bank an den begünstigten Gläubiger liegt gerade darin, dass die Kreditmittel nicht in das Vermögen des Schuldners gelangt und dort für den Zugriff der Gläubigergesamtheit verblieben sind.

Dass auch die Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge insolvenzrechtlich aus dem Vermögen der Schuldnerin geleistet sind und die Fiktion des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3024) im Streitfall nicht rückwirkend angewendet werden kann, sofern sie überhaupt anfechtungsrechtliche Wirkungen erzielen soll, ist durch den Senatsbeschluss vom 27. März 2008 (IX ZR 210/07, aaO Rn. 9 ff m.w.N.) zu Lasten der Beklagten geklärt.

Den inneren Tatbestand der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO hat das Berufungsgericht nicht in Frage gestellt. Dagegen bestehen in der revisionsrechtlichen Prüfung keine Bedenken. Ein Rechtsirrtum der Schuldnerin, der ihren Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung ausschließen könnte, kommt selbst in Anbetracht der aufgegebenen Senatsrechtsprechung vom 11. Januar 2007 schon zeitlich nicht in Betracht. Gegen die Beklagte wirkt die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO.

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published on 06/10/2009 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 191/05 Verkündet am: 6. Oktober 2009 Hauck Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja InsO § 129 Abs. 1, § 133
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 191/05
Verkündet am:
6. Oktober 2009
Hauck
Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Schöpft der Schuldner neue Gelder aus einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung
und fließen sie infolge seiner Rechtshandlung einem Gläubiger direkt zu, so kommt
die Anfechtung dieser mittelbaren Zuwendung durch den Insolvenzverwalter ohne
Rücksicht darauf in Betracht, ob aus der Einräumung des Überziehungskredits für die
Masse ein pfändbarer Anspruch gegen die Bank entsteht oder durch die Valutierung
von Sicherheiten ein entsprechender Rückübertragungsanspruch verloren geht (Aufgabe
von BGHZ 170, 276).
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05 - OLG Stuttgart
LG Ellwangen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Raebel, Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Pape

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. Oktober 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

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Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag der Beklagten vom 14. Mai 2002 am 16. September 2002 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH (fortan: Schuldnerin).
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Wegen eines Beitragsrückstandes von 60.382,69 DM pfändete die Beklagte am 9. November 2001 das Geschäftskonto der Schuldnerin bei der Sparkasse S. (fortan: Sparkasse) und überwies sich die dieses Konto betreffenden Ansprüche der Schuldnerin zur Einziehung. Das Konto war zum Zeitpunkt der Pfändung über die eingeräumte Kreditlinie von 350.000 DM hinaus belastet. Zur Sicherung aller Forderungen aus der gesamten Geschäftsverbindung hatte die Schuldnerin der Sparkasse sämtliche bestehenden und künf- tigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen gegen Dritte abgetreten.
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Am 12. November 2001 unternahm die Beklagte einen fruchtlosen Pfändungsversuch in den Geschäftsräumen der Schuldnerin. Am gleichen Tag schlossen die Schuldnerin und die Beklagte eine Vereinbarung, nach der die Schuldnerin die Beitragsrückstände in fünf Raten zu zahlen hatte. Die Schuldnerin zog auf ihr gepfändetes Geschäftskonto Schecks über 21.763,36 DM (Nr. 529) und zweimal 10.000 DM (Nrn. 1608 und 1673), die dem Konto am 16. November 2001, 11. Dezember 2001 und 28. Dezember 2001 belastet wurden. Das Konto befand sich zu diesen Zeitpunkten nach den Belastungen mit 393.500,16 DM, 401.820,77 DM und 393.438,70 DM im Soll.
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Die auf Zahlung von 21.353,27 € [= 41.763,36 DM] gerichtete Klage des Insolvenzverwalters war in beiden Tatsacheninstanzen erfolgreich. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


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Die Revision ist unbegründet.

I.


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Berufungsgericht Das hat angenommen, die Zahlungen aufgrund der Scheck-Nrn. 529, 1608 und 1673 seien nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Es liege eine Rechtshandlung der Schuldnerin vor, weil diese eine freiwillige Zahlung zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung erbracht und nicht nur die Wahl gehabt habe, die geforderte Leistung sofort zu erbringen oder die Zwangsvollstreckung durch die anwesende Vollziehungsperson zu dulden. Die Zahlungen aus den geduldeten Überziehungen des Kontos hätten auch die Insolvenzgläubiger benachteiligt. Mit der Einlösung der Schecks habe die Sparkasse der Schuldnerin weiteren Kredit gewährt, auf den die weiteren Gläubiger hätten Zugriff nehmen können. Unerheblich sei, ob die Duldung der Kontoüberziehung eine pfändbare Forderung schaffe.

II.


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Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
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1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Übergabe der Schecks als Rechtshandlungen der Schuldnerin angesehen. An einer Rechtshandlung des Schuldners fehlt es zwar dann, wenn er nur noch die Wahl hat, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung durch die anwesende Vollziehungsperson zu dulden, so dass jede Möglichkeit zu einem selbstbestimmten Handeln ausgeschaltet ist (BGHZ 162, 143, 152; BGH, Urt. v. 25. Oktober 2007 - IX ZR 157/06, ZIP 2008, 131, 132 Rn. 16; BGH, Beschl. v. 19. Februar 2009 - IX ZR 22/07, ZIP 2009, 728 Rn. 3). Eine Rechtshandlung des Schuldners liegt aber dann vor, wenn der Schuldner der anwesenden Vollziehungsperson zur Vermeidung eines - mangels pfändbarer Gegenstände voraussichtlich erfolglosen - Pfändungsversuchs einen Scheck über den geforderten Betrag übergibt (BGH, Beschl. v. 19. Februar 2009, aaO Rn. 5). Nach dem von den Tatsacheninstanzen festgestellten Sachverhalt bestand bei allen Zahlungen für die Schuldnerin die Möglichkeit zu einem anderweitigen Verhalten. Bei Begebung des ersten Schecks stand bereits fest, dass die Vollstreckungsversuche der Beklagten fruchtlos verlaufen waren. Die weiteren Zahlungen erfolgten ohne einen unmittelbaren Vollstreckungsdruck.
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Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts liegen Deckungen aus geduldeten Überziehungen vor. Von einer besonderen Überziehungsvereinbarung zur Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers (vgl. BGH, Urt. v. 28. Februar 2008 - IX ZR 213/06, WM 2008, 704, 705 Rn. 9), hier der Beklagten , oder konkludenten Einigung über eine Erweiterung der Kreditlinie kann im Streitfall nicht ausgegangen werden, weil Vortrag des Klägers hierzu fehlt und das Berufungsgericht keine entsprechenden Feststellungen getroffen hat. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen die konkludente Vereinbarung einer erhöhten Kreditlinie in Betracht kommt, wenn das Kreditinstitut eine an sich vertragswidrige Überziehung für einen längeren Zeitraum zulässt (vgl. BGHZ 170, 276, 283 Rn. 16). Die allein festgestellte mehrfache Duldung einer Überziehung in wechselnder Höhe reicht für eine konkludente Einigung über eine bestimmte Erweiterung der Kreditlinie nicht aus (vgl. Bitter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl. § 33 Rn. 85; a.A. Mock ZInsO 2007, 561, 563 f).
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2. In seinem Urteil vom 11. Januar 2007 hat der Senat angenommen, dass eine Deckung in der Regel mangels Gläubigerbenachteiligung nicht angefochten werden kann, wenn ein Gläubiger mit Mitteln befriedigt wird, die der Schuldner aus einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung schöpft (BGHZ 170, 276, 279 Rn. 11). Dementsprechend hat er in seinen Beschlüssen vom 1. Februar 2007 (IX ZB 248/05, ZIP 2007, 601, 602 Rn. 14) und vom 27. März 2007 (IX ZR 210/07, ZIP 2008, 747 Rn. 2) für die schlüssige Darlegung einer Gläubigerbenachteiligung bei Zahlungen über Bankkonten regelmäßig den Vortrag verlangt, dass diese Zahlungen aus einem Guthaben oder einer eingeräumten Kreditlinie erbracht worden sind. Eine objektive Gläubigerbenachteiligung kann deshalb nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Anfechtungsrecht nur dann ausnahmsweise eintreten, wenn der Anspruch des Kreditinstituts auf Rückzahlung des Darlehens, auf dessen Gewährung der Schuldner keinen Anspruch hatte (Überziehungskredit), für die Insolvenzmasse ungünstiger ist als der Anspruch des befriedigten Gläubigers, weil das Kreditinstitut für seinen Darlehensrückzahlungsanspruch über freie und werthaltige Sicherheiten verfügt (BGH, Beschl. v. 1. Februar 2007, aaO Rn. 13; Urt. v. 28. Februar 2008, aaO Rn. 8; RGZ 81, 144, 145), die nach Valutierung zu Lasten der Masse in abgesonderter Befriedigung verwertet werden können.
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Diese Voraussetzungen sind in dem Berufungsurteil nicht hinreichend festgestellt. Gleichwohl stellt es sich im Ergebnis als richtig dar, weil der Senat an seiner bisherigen Auslegung des § 129 Abs. 1 InsO für den Fall von Zahlungen unter Inanspruchnahme von Überziehungskredit nach nochmaliger Prüfung nicht mehr festhält.
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a) Bei allen bargeldlosen Zahlungen zu Lasten von Geschäftskonten hat der andere Teil regelmäßig keine Kenntnis vom Stand des Kontos (Guthaben, Dispositionskredit oder geduldeter Überziehungskredit) und etwaigen Sicherheiten der Bank. Eine nur geduldete Kontoüberziehung ohne Valutierung vorhandener Sicherheiten kann der Anfechtungsgegner fast nie ausschließen. Er ist also auch bei Kenntnis drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im Hinblick auf eine Gläubigerbenachteiligung nach dem Verständnis des Senatsurteils BGHZ 170, 276 unwissend. Es gibt keine Grundlage für eine tatsächliche Vermutung, dass über ein Girokonto nur innerhalb eines Gut- habens oder einer eingeräumten Kreditlinie verfügt wird (BGH, Beschl. v. 1. Februar 2007, aaO Rn. 14). Da dem Anfechtungsgegner die Unkenntnis von Kontenstand und Kreditlinie des Schuldners sowie der Sicherheiten der kontoführenden Bank regelmäßig nicht widerlegt werden kann (der Streitfall bietet durch die vorausgegangene Kontenpfändung wegen der Erkenntnisse, welche die Beklagte gewonnen hat, möglicherweise eine Besonderheit), versagen die Anfechtungstatbestände des § 133 Abs. 1 InsO und des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO typischerweise nicht allein dann, wenn tatsächlich nur ein geduldeter Überziehungskredit besteht, sondern für den gesamten bargeldlosen Zahlungsverkehr. Eine solche Verkümmerung der Anfechtung liefe dem allgemeinen Ziel des Gesetzgebers zuwider, die Masse mit der Insolvenzordnung auch durch wirksamere Anfechtungsmöglichkeiten für den Insolvenzverwalter zu stärken (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 85 rechte Spalte a.E., S. 156 rechte Spalte oben). Sie würde auch dem mehrfach ausgesprochenen Erfahrungssatz, dass ein Gläubiger, der die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kennt, in der Regel von der gläubigerbenachteiligenden Wirkung der angefochtenen Deckungshandlung weiß (BGHZ 162, 143, 153 m.w.N.; BGH, Urt. v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189, 190; vgl. auch BGH, Urt. v. 13. August 2009 - IX ZR 159/06, Rn. 10, z.V.b.), den Boden entziehen. Vorzugswürdig ist deshalb eine Gesetzesauslegung, die das beschriebene Ergebnis vermeidet.
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Aufgrund b) der Insolvenzanfechtung soll vornehmlich dasjenige, was aus dem Vermögen des Schuldners unter Benachteiligung der Insolvenzmasse veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist, zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden (§ 129 Abs. 1, § 143 Abs. 1 InsO). Das ist nicht ausschließlich der Fall, wenn der Schuldner pfändbare Vermögensgegenstände dem Gläubigerzugriff entzieht (vgl. aber die Begründung des Regierungsentwurfs zum Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung vom 24. November 1992 BT-Drucks. 12/3803 S. 55); denn die Insolvenzgläubiger werden auch benachteiligt , wenn durch die angefochtene Rechtshandlung die Schuldenmasse vermehrt wird (ständige Rechtsprechung, siehe zuletzt BGHZ 174, 228, 233 f Rn. 18; BGH, Urt. v. 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674, 1675 Rn. 25, jeweils m.w.N.). Der Begriff der Gläubigerbenachteiligung darf demnach nicht zu sehr verengt und nicht allein auf seine praktischen Hauptfallgestaltungen beschränkt werden, sondern er muss auch in seinen Randbereichen dem Zweck des Anfechtungsrechts Rechnung tragen (vgl. auch Marotzke ZInsO 2007, 897, 899 f). Deshalb hat der Senat die vom Reichsgericht für richtig erachtete Zusammenschau der Wirkungen neuer Kreditaufnahme zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung im Sinne eines masseneutralen Gläubigertausches (vgl. RGZ 48, 148, 151) verlassen und auch für die Gläubigerbefriedigung mit Mitteln eines zuvor eingeräumten und vom Schuldner abgerufenen Dispositionskredits in einzelner Betrachtung von Kreditschöpfung und Mittelverwendung die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Deckungshandlung bejaht (vgl. BGHZ 170, 276, 280 Rn. 12; BGH, Urt. v. 7. Juni 2001 - IX ZR 196/00, WM 2001, 1476, 1477; v. 7. Februar 2002 - IX ZR 115/99, WM 2002, 561, 563; Beschl. v. 27. März 2008 - IX ZR 210/07, ZIP 2009, 747, 748 Rn. 4). Das steht im Einklang mit dem von der neueren Rechtsprechung allgemein entwickelten Grundsatz, dass die abtrennbaren Wirkungen anfechtbarer Rechtshandlungen bei Prüfung der objektiven Gläubigerbenachteiligung gemäß § 129 Abs. 1 InsO einzeln zu betrachten sind (vgl. BGHZ 147, 233, 236; BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 - IX ZR 263/03, ZIP 2005, 1521, 1523 unter II. 2. d, bb; v. 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674, 1676 Rn. 29, 36).
14
Anerkannt ist ferner, dass die nach § 143 Abs. 1 InsO zurückzugewährenden Werte nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners stammen müssen. Anfechtbar können vielmehr auch solche Rechtshandlungen des Schuldners sein, durch die er Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebt, ohne notwendigerweise mit diesem äußerlich in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten (mittelbare Zuwendungen - BGHZ 38, 44, 46; 72, 39, 41 f; 142, 284, 287; 174, 228, 236 f Rn. 25). Für den Dritten muss hierbei erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners gehandelt hat (BGHZ 142, 284, 287; BGH, Urt. v. 9. Oktober 2008 - IX ZR 59/07, WM 2008, 2178, 2179 f Rn. 21; v. 19. Februar 2009 - IX ZR 16/08, WM 2009, 809 Rn. 7). Darum handelt es sich auch hier. Die von der Schuldnerin begebenen Schecks waren mangels Deckung bis zu ihrer Einlösung wertlos. Anders als bei einer Gläubigerbefriedigung aus einer offenen Kreditlinie, bei welcher das Recht zum Abruf des Dispositionskredits schon Vermögensbestandteil des Schuldners ist, während die Valuta direkt von der kontoführenden Bank dem Gläubiger zufließt, besteht zwar für den Schuldner bei Inanspruchnahme eines ungenehmigten Überziehungskredits nur die Chance und Hoffnung, auf diesem Wege an den begünstigten Gläubiger leisten zu können. Die mittelbare Zuwendung kann aber nur infolge und nach Einräumung des vom Schuldner beantragten Überziehungskredits bewirkt werden. Dieser unmittelbar aus dem Vermögen der Bank herrührende Zahlungsfluss ist deshalb dem Schuldner zuzurechnen (vgl. BGHZ 174, 228, 236 f Rn. 25). In anfechtungsrechtlicher Wertung kann eine solche Direktzahlung grundsätzlich nicht anders behandelt werden als wenn Geldmittel, auf die der Schuldner keinen Anspruch hatte, ihm durch ein neu gewährtes Darlehen zunächst überlassen und sodann zur Deckung von Verbindlichkeiten verwendet werden (vgl. dazu BGHZ 155, 75, 81 f). Im Streitfall war der Schuldner der Bank für die Überziehung "gut". Er konnte insofern seine Bonität, die letztlich auch einen Vermögenswert darstellen kann, in die Waagschale werfen; da diese Bonität aus der Sicht der Bank nicht unbeschränkt weitere Überziehungen rechtfertigte, hat der Schuldner sie teilweise zugunsten der Beklagten "verbraucht" und somit auch einen zumindest "potentiellen" Vermögenswert geopfert (vgl. Bitter, Festschrift für Karsten Schmidt S. 123 ff, 127 ff).
15
Werden Darlehensmittel an einen Gläubiger des Kreditnehmers durch den Kreditgeber direkt ausgezahlt, ist dieser Gläubiger anfechtungsrechtlich nicht stärker schutzwürdig, als wenn er die so bereit gestellten Gelder nach vorausgegangenem Empfang durch den Schuldner erst im zweiten Schritt von diesem erhalten hätte, sofern für den Gläubiger nur erkennbar ist, dass es sich bei der Direktzahlung des Kreditgebers um eine Leistung des Schuldners handelte. Darauf, ob die Bank zur Einlösung der begebenen Schecks verpflichtet war, kommt es im Verhältnis der Pateien nicht an (vgl. auch BGHZ 174, 228, 232 Rn. 11). Die Gläubigerbenachteiligung der Direktauszahlung des Überziehungskredits von der Bank an den begünstigten Gläubiger liegt gerade darin, dass die Kreditmittel nicht in das Vermögen des Schuldners gelangt und dort für den Zugriff der Gläubigergesamtheit verblieben sind (ähnlich bereits Bitter, Festschrift für Gero Fischer S. 15 ff, 36).
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c) Dass auch die Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge insolvenzrechtlich aus dem Vermögen der Schuldnerin geleistet sind und die Fiktion des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3024) im Streitfall nicht rückwirkend angewendet werden kann, sofern sie überhaupt anfechtungsrechtliche Wirkungen erzielen soll, ist durch den Senatsbeschluss vom 27. März 2008 (IX ZR 210/07, aaO Rn. 9 ff m.w.N.) zu Lasten der Beklagten geklärt.
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3. Den inneren Tatbestand der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO hat das Berufungsgericht nicht in Frage gestellt. Dagegen bestehen in der revisionsrechtlichen Prüfung keine Bedenken. Ein Rechtsirrtum der Schuldnerin , der ihren Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung ausschließen könnte, kommt selbst in Anbetracht der aufgegebenen Senatsrechtsprechung vom 11. Januar 2007 schon zeitlich nicht in Betracht. Gegen die Beklagte wirkt die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO.
Ganter Raebel Kayser
RiBGH Dr. Pape ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert. Lohmann Ganter
Vorinstanzen:
LG Ellwangen, Entscheidung vom 13.01.2005 - 3 O 539/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 19.10.2005 - 3 U 101/05 -

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag hat der Arbeitgeber und in den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen. Die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gilt als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht. Ist ein Träger der Kranken- oder Rentenversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit der Arbeitgeber, gilt der jeweils für diesen Leistungsträger oder, wenn eine Krankenkasse der Arbeitgeber ist, auch der für die Pflegekasse bestimmte Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag als gezahlt; dies gilt für die Beiträge zur Rentenversicherung auch im Verhältnis der Träger der Rentenversicherung untereinander.

(2) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers haftet bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind. Er kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist. Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unwirksam ist, so hat er auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Hinsichtlich der Zahlungspflicht nach Satz 3 gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(2a) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht, die sich für den Arbeitgeber knappschaftlicher Arbeiten im Sinne von § 134 Absatz 4 des Sechsten Buches ergibt, haftet der Arbeitgeber des Bergwerkbetriebes, mit dem die Arbeiten räumlich und betrieblich zusammenhängen, wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers von Seeleuten nach § 13 Absatz 1 Satz 2 haften Arbeitgeber und Reeder als Gesamtschuldner.

(3a) Ein Unternehmer des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne des § 101 Absatz 2 des Dritten Buches beauftragt, haftet für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmers oder eines von diesem Unternehmer beauftragten Verleihers wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Satz 1 gilt entsprechend für die vom Nachunternehmer gegenüber ausländischen Sozialversicherungsträgern abzuführenden Beiträge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(3b) Die Haftung nach Absatz 3a entfällt, wenn der Unternehmer nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt. Ein Verschulden des Unternehmers ist ausgeschlossen, soweit und solange er Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers durch eine Präqualifikation nachweist, die die Eignungsvoraussetzungen nach § 6a der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz. AT 19.02.2019 B2) erfüllt.

(3c) Ein Unternehmer, der Bauleistungen im Auftrag eines anderen Unternehmers erbringt, ist verpflichtet, auf Verlangen der Einzugstelle Firma und Anschrift dieses Unternehmers mitzuteilen. Kann der Auskunftsanspruch nach Satz 1 nicht durchgesetzt werden, hat ein Unternehmer, der einen Gesamtauftrag für die Erbringung von Bauleistungen für ein Bauwerk erhält, der Einzugsstelle auf Verlangen Firma und Anschrift aller Unternehmer, die von ihm mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt wurden, zu benennen.

(3d) Absatz 3a gilt ab einem geschätzten Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen von 275 000 Euro, wobei für Schätzungen die Vergabeverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624) in der jeweils geltenden Fassung gilt.

(3e) Die Haftung des Unternehmers nach Absatz 3a erstreckt sich in Abweichung von der dort getroffenen Regelung auf das von dem Nachunternehmer beauftragte nächste Unternehmen, wenn die Beauftragung des unmittelbaren Nachunternehmers bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände als ein Rechtsgeschäft anzusehen ist, dessen Ziel vor allem die Auflösung der Haftung nach Absatz 3a ist. Maßgeblich für die Würdigung ist die Verkehrsanschauung im Baubereich. Ein Rechtsgeschäft im Sinne dieser Vorschrift, das als Umgehungstatbestand anzusehen ist, ist in der Regel anzunehmen,

a)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder selbst eigene Bauleistungen noch planerische oder kaufmännische Leistungen erbringt oder
b)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder technisches noch planerisches oder kaufmännisches Fachpersonal in nennenswertem Umfang beschäftigt oder
c)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer in einem gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptunternehmer steht.
Besonderer Prüfung bedürfen die Umstände des Einzelfalles vor allem in den Fällen, in denen der unmittelbare Nachunternehmer seinen handelsrechtlichen Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums hat.

(3f) Der Unternehmer kann den Nachweis nach Absatz 3b Satz 2 anstelle der Präqualifikation auch für den Zeitraum des Auftragsverhältnisses durch Vorlage von lückenlosen Unbedenklichkeitsbescheinigungen der zuständigen Einzugsstellen für den Nachunternehmer oder den von diesem beauftragten Verleiher erbringen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung enthält Angaben über die ordnungsgemäße Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge und die Zahl der gemeldeten Beschäftigten.

(3g) Für einen Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist und der einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragt, gelten die Absätze 3a, 3b Satz 1, 3e und 3f entsprechend. Absatz 3b Satz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Präqualifikation die Voraussetzung erfüllt, dass der Nachunternehmer in einem amtlichen Verzeichnis eingetragen ist oder über eine Zertifizierung verfügt, die jeweils den Anforderungen des Artikels 64 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2365 (ABl. L 337 vom 19.12.2017, S. 19) geändert worden ist, entsprechen. Für einen Unternehmer, der im Auftrag eines anderen Unternehmers Pakete befördert, gilt Absatz 3c entsprechend. Beförderung von Paketen im Sinne dieses Buches ist

a)
die Beförderung adressierter Pakete mit einem Einzelgewicht von bis zu 32 Kilogramm, soweit diese mit Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen erfolgt,
b)
die stationäre Bearbeitung von adressierten Paketen bis zu 32 Kilogramm mit Ausnahme der Bearbeitung im Filialbereich.

(3h) Die Bundesregierung berichtet unter Beteiligung des Normenkontrollrates zum 31. Dezember 2023 über die Wirksamkeit und Reichweite der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge für die Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragen, insbesondere über die Haftungsfreistellung nach Absatz 3b und Absatz 3f Satz 1.

(4) Die Haftung umfasst die Beiträge und Säumniszuschläge, die infolge der Pflichtverletzung zu zahlen sind, sowie die Zinsen für gestundete Beiträge (Beitragsansprüche).

(5) Die Satzung der Einzugsstelle kann bestimmen, unter welchen Voraussetzungen vom Arbeitgeber Vorschüsse auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag verlangt werden können.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.